Mit dir unter dem Stern des Südens

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Fünf Jahre ist Leas sinnliche Liebesnacht mit Rodeo-Star Reilly her. Die süßen Folgen hat sie ihm verschwiegen, denn sie war fest davon überzeugt, dass Reilly kein Mann für Familienbande ist. Doch jetzt macht Lea sich auf den Weg zu seiner Ranch im australischen Outback, denn sie braucht dringend seine Hilfe. Vielleicht ist Reilly wütend, wenn er ihr Geheimnis erfährt, vielleicht will er sie wegschicken. Aber Lea wird um ihn und ihr Glück kämpfen – und um die Zukunft ihrer gemeinsamen kleinen Tochter Molly …


  • Erscheinungstag 13.05.2025
  • Bandnummer 102025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534826
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Nikki Logan

Mit dir unter dem Stern des Südens

1. KAPITEL

„Du mogelst!“

Lea Curran wischte sich die Tränen fort. Sie fürchtete, jede Sekunde von dem Schotterweg abzukommen. Todesursache? Lachen.

„Seit wann fängt Baobab mit einem T an?“, fragte sie ihre Tochter auf dem Rücksitz.

Baobab nicht, aber Tree. Baobab Tree. Baobab-Baum.“ Die vierjährige Molly kicherte. Aus dem Kichern wurde lautes Lachen. Das Lachen ging in schweres Husten über.

Durch schiere Willenskraft gelang es Lea, ihr Lächeln beizubehalten. Sie beobachtete ihre Tochter im Rückspiegel und suchte nach Anzeichen dafür, dass der Anfall schwerer war als sonst. Aber Molly – die wunderbare kleine Molly – ließ das Husten einfach vorübergehen, kam wieder zu Atem und fuhr mit ihrem Spiel fort.

„Du bist dran, Mum.“ Als sei es vollkommen normal, dass man nach dem Lachen husten musste.

Lea wandte den Blick wieder der Straße zu. „Ich sehe was, was du nicht siehst …“

Ihr Spiel ging weiter, Kilometer um Kilometer.

Mollys Körper mochte schwächer werden, aber ihr Verstand war so hellwach wie immer. Ihre Begeisterung für dieses Spiel kannte keine Grenzen. Inzwischen waren sie seit drei Stunden unterwegs.

Nachdem Molly Leas Wort mit S gefunden hatte – Seitenspiegel –, sah sie ihre Mutter erwartungsvoll an. Sie wollte mehr.

„Ich sehe was …“ Leas Brust zog sich zusammen, als sie nach vorn blickte. „… etwas, das mit einem M beginnt.“

Ihre kleine Tochter hatte sofort einen Verdacht. „Mum?“

„Nein.“

„Molly?“

Gott, wie sie ihre Tochter liebte! „Nicht im Wagen.“

„Oh.“ Molly runzelte die Stirn über den großen braunen Augen. Ihr fiel nicht auf, dass Lea mit der Geschwindigkeit heruntergegangen war. „Muh?“

„Siehst du irgendwo eine Kuh, Molly? Aber ein guter Versuch.“ Leas Blick fiel auf die Abzweigung vor ihr. Sie schluckte. Ein großes Schild wies auf die Martin-Ranch hin.

„Min…am…“ Molly versuchte, die großen Buchstaben zu lesen.

„Minamurra“, half Lea ihr, bevor sie den Wagen unter dem Schild hindurchlenkte. Sogar sie selbst hörte die merkwürdige Tonlosigkeit ihrer Stimme, als sie hinzufügte: „Du hast gewonnen.“

„Wollen wir da hin?“

„Nein.“ Lea schluckte. „Wir sind schon da.“

Molly richtete sich in ihrem Kindersitz auf und sah aus dem Fenster. Dabei nagte sie an ihrer Unterlippe – eine Angewohnheit, die sie eindeutig von ihrer Mutter hatte. Dann verzog sie ihre Lippen zu einem breiten Lächeln.

Erkennbar das ihres Vaters.

„Pferde!“ Sie deutete auf eine Weide, auf der ein Dutzend Arbeitspferde friedlich grasten. Die Eukalyptusbäume, die die lange Auffahrt säumten, ließen die Idylle wirken wie einen alten Film aus den Dreißigern.

Molly verschwand in ihrer kleinen Traumwelt, in die sie sich immer zurückzog, wenn sie besonders glücklich und nicht zu erschöpft war. Dabei sprach sie mit ihren unsichtbaren Schwestern Anna und Sapphie, die sie überall mit hinnahm.

Lea sah zum Haus hinüber, das hinter den Eukalyptusbäumen zum Vorschein kam. Es schien immer größer und bedrohlicher zu werden.

Ihre Anspannung wuchs.

Sie lenkte den Wagen auf den Hof. Ein schön angelegter Garten auf der Seite des Wohnhauses, schwere Arbeitsgeräte, Scheunen und Ställe gegenüber. Sie mussten direkt über einer Wasserader liegen, wenn sie mitten in der Trockenperiode hier solch üppiges Grün hatten. Sie stoppte den Wagen im Schatten von zwei Kurrajongs – die Bäume standen wie Wächter zu beiden Seiten des Weges, der zu den Eingangsstufen des Hauses führte. Sie ließ Motor und Klimaanlage laufen, während sie zu Mollys Tür ging.

Aus den Augenwinkeln sah sie eine große Gestalt aus dem Haus auf die Veranda treten. Ein Mann. Er schob sich einen breitkrempigen Hut auf den Kopf, während er neugierig zu ihnen herübersah.

Lea hielt den Atem an.

Reilly Martin.

Das letzte Mal hatte sie ihn gesehen, als er nackt auf dem Motelbett lag und tief und fest schlief, während sie sich wie eine Diebin im Morgengrauen davonstahl. Ein treffendes Bild, wie sich später herausstellte.

Sie hauchte Molly durch das offene Fenster einen Kuss auf die Wange und bat sie, sich einen Moment zu gedulden.

Reilly erwartete niemanden – schon gar nicht eine Frau mit solchen Beinen. Was machte sie denn da? Versuchte sie, durch das Fenster auf den Rücksitz zu klettern? Es sah so aus, als wolle der Wagen sie verschlingen.

Oder versuchte sie nur, einen denkwürdigen Eindruck zu machen? Sie wäre nicht die erste, die den ganzen Weg hierher auf sich genommen hatte, um ihr Glück bei ihm zu versuchen. Eine reine Verschwendung – von ihrem Benzin und seiner Zeit.

Er hatte ihnen nichts zu bieten. Heute nicht mehr. Sie kamen, um Reilly Martin, den nationalen Rodeo-Champion, König des Suicide Rides, des Selbstmord-Ritts, zu treffen. Später konnten sie gar nicht schnell genug wieder fortkommen und verfluchten ihn. Die Zeit dazwischen war zu vorhersehbar. Zu schmerzlich.

Falls diese jetzt Koffer aus ihrem Wagen holte, würde er einfach wieder ins Haus gehen und die Tür hinter sich verschließen. Zum Teufel mit dem Busch-Kodex, der Gastfreundschaft gebot.

Die Frau drehte sich um – ohne Koffer. Er sah genauer hin. Versuchte, sie irgendwie unterzubringen, als sie die Stufen heraufkam. Sie hatte etwas an sich, das ihm bekannt vorkam … Je höher sie kam, desto mehr wurde sie von der sengenden Sonne vor dem blauen Himmel Nordwestaustraliens beschienen. Durch das in die Jeans gesteckte T-Shirt hatte sie eine perfekte kurvige Figur. Sie bewegte sich mit der Eleganz einer seiner Stuten.

Das war keiner der üblichen Rodeo-Fans.

„Hey!“, sagte sie leise.

Nur seine schmutzverkrusteten Stiefel hielten ihn davon ab, beim Klang dieser Stimme zurückzuweichen. Eine Silbe genügte, und er wusste sofort wieder, wer die Besucherin war. Diese weiche Stimme hatte sich seinem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt, so wie sein M in das Fleisch der Pferde von Minamurra gebrannt war.

Sie war es.

Es war schwer, eine Frau zu vergessen, die ihm das Gefühl gegeben hatte, einfach nur billig zu sein.

Es hatte mit Sex begonnen – dem typischen verschwitzten heißen Taumel durch die Laken –, aber es hatte nicht so geendet. Nicht für ihn. Anfangs hatte sie etwas Ungezähmtes an sich gehabt. Er musste sie mit seiner Stimme und seiner Kraft beruhigen wie ein Brumby, eines dieser scheuen australischen Wildpferde.

Als sie ihn jetzt ansah, begriff er, wie verloren sie war. Ein Eindruck, den er schon in der Bar gehabt hatte. Wie ein Fisch, der wusste, dass er meilenweit vom Wasser entfernt war und der dennoch bleiben wollte. Auch wenn es ihn umbrachte.

Dieser Blick hatte ihn sofort fasziniert.

Gefolgt waren neunzehn erinnerungsträchtige Stunden in einem Motelzimmer. Noch nie hatte eine Frau ihn derart umgehauen – durch ihren Körper und durch dieses gewisse Etwas, das ihn gleich in der Bar angesprochen hatte. Es war das erste und einzige Mal, dass er nicht zu einem Wettkampf erschien. Sein Antrittsgeld verfiel, aber das war es wert gewesen.

Sie war es wert gewesen.

Aufgewacht war er allein. Ihr Anteil an der Miete für das Zimmer lag auf dem Fernseher. Keine Telefonnummer, keine Adresse, nicht einmal ein flüchtig hingeworfenes ‚Sorry‘ auf einem Zettel. Ganz gleich, wie viele Trophäen er hatte und wie groß die Zahl seiner Fans war – sie hatte ihm schmerzlich deutlich gemacht, was er wirklich wert war.

Sein Herz schien für einen Moment auszusetzen, als sie jetzt auf der obersten Stufe stehen blieb.

„Weißt du noch, wer ich bin?“ Derselbe nervöse Unterton, dieselbe weiche Stimme wie vor fünf Jahren.

Als hätte er sie je vergessen können! Das wollte er ihr nicht zeigen. Er schob den Akubra – die australische Kopfbedeckung für Männer schlechthin, vergleichbar dem amerikanischen Stetson – etwas höher und musterte sie einen Moment stumm aus zusammengekniffenen Augen. „Natürlich. Lisa, oder?“

Sie trat in den Schatten der Veranda, und er sah für einen Moment Frust in ihrem Blick aufblitzen. „Lea.“

„Tut mir leid. Ist ja schon eine Weile her. Wie geht es dir?“ Belangloser Small Talk fiel ihm leicht. Das hatte er in seiner Familie früh gelernt.

Sie atmete tief durch. „Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?“

Die schöne Lea hatte offenbar keine Lust auf Small Talk. Sein Blick folgte ihrem zu den getönten Scheiben des Wagens. Der Motor lief noch. Er runzelte die Stirn. Hatte sie es so eilig, wieder fortzukommen? Endlich registrierte er auch, wie blass sie war. Fast schon grünlich.

Seine Neugier war geweckt. Er musterte sie eindringlich. „Wir können hier sprechen. Es ist niemand im Haus.“

„Deine Eltern?“

„Die leben nicht hier.“ Wieso sollten sie hier im Outback des australischen Nordwestens leben wollen? Besuchen, ja. Leben – nein. Das war ihm nur recht so.

„Eine … äh … Freundin?“

Sein Blick fiel flüchtig auf ihre Lippen. „Nein.“

Sie sah sich auf dem Hof um. „Irgendwelche Helfer?“

„Was willst du, Lea?“

Sie drückte den Rücken durch.

Was bildete sie sich ein? Ein paar schöne Stunden gaben ihr kein Recht auf irgendetwas.

Gut, nicht nur ein paar Stunden, sondern eine ganze Nacht. Und ein Teil des Tages.

Sie sah erneut zurück zu ihrem verdammten Wagen. „Ich … Es geht um das Wochenende.“ Sie räusperte sich.

Obwohl sie erkennbar nervös war, reizte es Reilly, zu sticheln. Das war das wenigste, was er sich gönnen konnte. „Die Entschuldigung kommt fünf Jahre zu spät.“

Sie wurde noch blasser. „‚Die Entschuldigung‘?“

Er lehnte sich betont lässig gegen einen der Pfeiler des Geländers. „Dafür, dass du einfach so verschwunden bist.“

Sie wurde rot. „Wir haben uns in einer Bar kennengelernt, Reilly. Mir war nicht klar, dass dazu irgendeine Form der Etikette gehört.“

Oh, wütend ist sie mir noch lieber. Es ließ ihre Augen blitzen – fast wie bei jener Leidenschaft, an die er sich erinnerte. „Wie hast du mich gefunden?“

Ihr Zorn wich der Vorsicht. „Du warst an dem Wochenende das Gesprächsthema der Stadt. Der große Champion! Ich habe dich bei den Meisterschaften gegoogelt.“

Ihre geweiteten Pupillen verrieten, dass sie log. Warum?

„Damit wären wir wieder am Anfang. Was willst du, Lea?“, wiederholte er.

Sie atmete tief durch und ging ein paar Schritte auf Abstand. „Es gibt da etwas, was diese Nacht betrifft. Etwas, das du wissen solltest …“

Es traf ihn wie ein Schlag. „Du hast gesagt, du bist clean.“

Sie sah ihn verblüfft an. „Was?“

„Du hast gesagt, du bist clean und du verhütest. Deswegen haben wir uns nicht weiter geschützt.“

Die Stimme der Vernunft sagte ihm, dass er sich bei dieser Frau nichts eingefangen hatte. Das hätte sich bei irgendeinem der vielen Tests, die er seither gehabt hatte, mit Sicherheit gezeigt. Reines Glück, wenn man bedachte, wie dumm es war, ungeschützten Sex zu haben. Aber in der Nacht hatte sein Verstand sich irgendwie verabschiedet.

„Ich bin nicht gekommen, um dir zu sagen, dass du dir bei mir etwas geholt hast …“

„Was zum Teufel ist es dann?“

Ich habe mir in der Nacht etwas geholt.“

Was? „Nicht bei mir, Lady.“

„Doch, Reilly. Es ist von dir.“

„Bist du der Mann mit dem Pferd?“

Die hohe Stimme kam unerwartet. Er und Lea fuhren gleichzeitig herum. Sie ging sofort in die Hocke vor einer kleinen dunkeläugigen Elfe, die oben auf den Stufen stand. Das dunkle Haar fiel gerade zu beiden Seiten eines viel zu blassen Gesichtchens herunter.

„Molly, ich habe dir doch gesagt, du sollst im Wagen warten.“ Lea strich den Pony beiseite und legte eine Hand auf die Stirn.

Erst jetzt bemerkte er, dass das Kind schwer atmete. Sehr schwer.

Die Kleine riss sich von ihrer Mutter los und sah Reilly mit riesigen schokoladenbraunen Augen groß an. „Kann ich es sehen?“

Irgendwo in seinem tiefsten Innern regte sich etwas. Er kannte diese Augen. Sein Puls begann zu rasen, aber er behielt einen betont leichten Ton bei: „Was willst du sehen?“

Das Kind schaute zuerst Lea an, dann wieder ihn. „Mum hat gesagt, sie will zu einem Mann, der ein Pferd hat.“ Die Kleine sog die Lippe zwischen die Zähne. „Ich wollte das Pferd sehen.“ Ihr Keuchen wurde von heftigem Husten unterbrochen.

Lea warf ihm einen verzweifelten Blick zu.

Er trat näher. „Ist alles in Ordnung? Braucht sie ein Glas Wasser oder so etwas?“

„Ja, bitte.“

Reilly war erleichtert, der surrealen Szene für einen Moment entkommen zu können. Er ließ die Gittertür hinter sich zufallen. Von innen konnte er die beiden besser sehen als sie ihn. Nachdenklich betrachtete er Frau und Kind.

Lea war älter, als er sie von damals in Erinnerung hatte, aber es zeigte sich nur in den Sorgenfalten um ihre Augen. Alles andere an ihr war so rank und schlank wie damals. Sie nahm die Kleine auf den Arm. Zwei dünne Ärmchen legten sich wie von selbst um ihren Nacken. Mutter und Tochter führten eine leise Unterhaltung, unterbrochen von leichten, liebevollen Küssen.

Es war alles so fremd, und doch konnte er den Blick nicht abwenden.

Ich habe mir in der Nacht etwas geholt.

Ihm wurde kalt. Es konnte nicht sein!

Und doch. Es war fünf Jahre her. Es war sogar sehr wohl möglich!

Die kleine Molly lehnte den Kopf an die Schulter ihrer Mutter.

Er kannte dieses Gesicht. Es glich dem auf dem einzigen Foto, das er von sich selbst als Kind hatte.

Oh, Gott!!!

Eine Million Möglichkeiten schossen ihm durch den Sinn. Möglichkeiten, die er für immer abgeschrieben hatte. Wie benommen füllte er in der Küche drei Gläser mit eiskaltem Wasser und leerte eines davon in einem Zug, bevor er auf die Veranda zurückkehrte.

Mutter und Tochter fuhren herum, als die Gittertür aufging. Er deutete auf die bequemen Korbmöbel in der Ecke der Veranda. Lea setzte Molly auf einen der Stühle. Natürlich war er viel zu groß für sie. Ihre kleinen Beinchen waren gerade vor ihr ausgestreckt.

Beine, die genauso dünn waren wie die Arme.

„Danke.“ Lea nahm ihm das Wasser ab. Eines der Gläser stellte sie außer Reichweite. „Glas in Mollys Nähe ist gefährlich.“

Reilly runzelte die Stirn. Lea tippte das Glas an Mollys blutleere Lippen. Das Kind trank gierig. Erst dann trank Lea selbst. In dem Moment erschien sein Kater Max auf der Veranda und schlängelte sich um Leas Beine. Sie sprang vor Schreck – und sichtlicher Anspannung – gefühlt ein paar Zentimeter in die Höhe.

Es war kein Gespräch, das sie vor dem Kind führen sollten, aber er musste es wissen. Sofort! „Ist sie von mir, Lea?“

Sie fuhr abrupt zu ihm herum, die Augen weit aufgerissen.

„Pussy!“ Mollys erfreuter Ausruf durchbrach das Schweigen. Reilly schnappte sich den Kater und setzte ihn auf Mollys Stuhl. Das Mädchen umfing ihn mit beiden Armen. Max schien die Freude nicht zu teilen.

Lea öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn aber gleich wieder.

„Darf sie auch nicht in der Nähe von Katzen sein?“ Reillys Schock war dem Zorn gewichen.

Lea sprang auf. Sie wandte sich an ihre Tochter. „Spiel nur mit dem Kater, Sweetheart.“ Sie begab sich an das andere Ende der Veranda. Reilly folgte ihr.

„Sie ist von mir, oder?“

Lea nickte stumm.

Für einen Moment stockte ihm der Atem. Seine Gedanken rasten.

„Bist du nicht auf den Gedanken gekommen, es könnte mich interessieren?“, fragte er schließlich. Lea hatte ihm den Rücken zugewandt. „Dachtest du, ich schicke dich zum Teufel?“

„Ich wollte keine Beziehung“, flüsterte sie. „Ich hielt es nicht für nötig, dass du es erfährst.“

„‚Nicht für nötig‘?“

Sie verzog das Gesicht, und er bemühte sich, seinen Ton etwas zu dämpfen. „Ich hätte dich unterstützt. Dich und Molly.“

Sie fuhr herum. „Ich bin schwanger geworden, Reilly. Ich brauchte deine Hilfe nicht. Es ging mir gut.“

„Du hattest nicht die Absicht, es mir zu sagen?“

„Nein“, gestand sie nach einigem Zögern.

„Nett“, bemerkte er sarkastisch.

„Du hast kein Recht, mich zu verurteilen, Reilly Martin!“, fuhr sie ihn an. „Wenn es dich interessiert hätte, was aus deiner DNA wird, dann hättest du sie nicht so großzügig im Lande verteilt.“

Die Ohrfeige saß! Die Tatsache, dass es wahr war, machte es nicht angenehmer. Er konnte jede Menge kleiner Mollys haben. Theoretisch. Er hatte viele Frauen geliebt und wieder verlassen.

Die Emotionen zwischen ihnen kochten hoch. „Dachtest du, ich wäre ein guter Fang, Lea?“ Wie dumm von ihm, zu glauben, dass er der Grund gewesen war dafür, dass sie so lange geblieben war! Wie hatte er glauben können, sie habe dieselbe innere Verbindung zwischen ihnen gespürt wie er? „Der reiche Erbe! Bist du dem Rodeo so lange gefolgt, bis wir uns endlich zufällig kennengelernt haben?“

„Ich habe es nicht geplant! Ich mag vor fünf Jahren ein paar schlechte Entscheidungen getroffen haben, aber diese gehörte nicht dazu.“

„Du hast nicht gewusst, wer ich war?“

Sie wurde rot. „Jeder kannte dich, Reilly. Du hattest gerade den Rodeo Champion’s Cup gewonnen. Reilly Martin, König des Suicide Rides! Die Frauen standen doch förmlich Schlange bei dir.“

„Ich bin sicher, das hat mich nur noch interessanter gemacht.“

„Du willst mir hoffentlich nicht erzählen, dass ich die erste Frau war, die du in einer Bar aufgelesen hast.“

„Ganz und gar nicht, Sweetheart.“ Die Verachtung in seinem Ton war unüberhörbar.

Ihre Verlegenheit wuchs. Er wandte sich ab. „Es geht hier nicht um mich, sondern um dich, beziehungsweise um Molly. Du hast mich um die Möglichkeit gebracht, meine Tochter kennenzulernen.“

Es fühlte sich merkwürdig an, das auszusprechen.

Lea schien mit sich zu ringen. „Niemand hat dich gezwungen, Sex mit mir zu haben. Das Risiko der Vaterschaft bist du bei jeder Frau eingegangen, mit der du geschlafen hast.“

„Vor allem bei denen, die es mit der Verhütung nicht so ernst genommen haben.“

Sie schüttelte den Kopf. „So etwas passiert eben, Reilly. Verhütungsmittel sind nicht hundertprozentig sicher. Du hättest an dem Abend einfach gehen können.“

Nein, das hätte ich nicht. Nicht einmal, wenn ich es gewollt hätte.

Sie maßen einander argwöhnisch mit Blicken. „Wieso ich, Lea? Es waren doch genügend Männer im Pub.“

Das war offenbar nicht die Frage, die sie erwartet hatte, aber sie ließ sich nicht beirren. „Du bist mir durch zwei Dinge aufgefallen. Du warst …“

„Männlich und dumm?“

Ihr Blick verhärtete sich. „Attraktiv, aber unglücklich.“

Er lachte bitter. „‚Unglücklich‘? Ich hatte gerade den Cup gewonnen. Ich war umgeben von Frauen und habe das Bier genossen. Wieso sollte ich unglücklich gewesen sein?“

Falls ihr auffiel, an wie viele Details er sich erinnerte, sagte sie nichts dazu. Zum Glück. Es wäre ihm schwergefallen, es zu erklären.

Sie ignorierte seine Frage. „Ich … Ich habe mich an dem Abend nicht sehr gut gefühlt.“ Etwas in ihrem Ausdruck verriet ihm, dass hinter dieser Bemerkung noch sehr viel mehr steckte. „In deinem Blick war etwas, das ich wiedererkannte. Ein Schmerz, der mir vertraut war.“

Er schnaubte verächtlich, um zu überspielen, wie nah sie der Wahrheit gekommen war. „Ich nehme an, mein Erbe hat dich am lautesten angesprochen. Hast du es jetzt auch im Blick?“

Sie schnappte hörbar nach Luft. „Habe ich dich um Geld gebeten?“

„Zu dem Punkt wirst du sicher bald kommen.“

„Deswegen bin ich nicht hier.“

„Wieso dann? Wieso jetzt, Lea, nachdem meine Tochter schon fünf Jahre alt ist?“ Da war das Wort wieder. Er würde etwas brauchen, sich daran zu gewöhnen.

Ein Schatten glitt über ihre Züge. „Glaub mir, ich wäre nicht hier, wenn ich eine Wahl hätte. Es ging uns gut, Molly und mir.“

Vergangenheit? Sein Blick glitt zu dem kleinen Mädchen, das den Kater immer noch an sich drückte. Sein Schwanz zuckte gereizt hin und her, aber die Krallen waren eingezogen.

Lea atmete tief durch. „Meine Tochter stirbt.“

Reilly taumelte förmlich rückwärts. Er hatte die Kleine gerade erst kennengelernt, und nun zog Lea eine solche Karte aus dem Ärmel!

Unsere Tochter.“ Ihre Stimme war jetzt vollkommen tonlos. „Sie hat eine aplastische Anämie. Dabei bildet das Knochenmark zu wenige Blutzellen. Ich würde ihr Knochenmark spenden, aber ich habe nicht die richtige Blutgruppe.“

Ihm schwirrte der Kopf. „Du willst wissen, ob ich als Spender infrage käme?“

Sie schüttelte den Kopf. „Sogar wenn es so wäre – der Erfolg von einem Transfer von einem Erwachsenen zu einem Kind ist zu gering.“

Er fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. „Ich verstehe nicht. Was willst du von mir?“

Sie atmete tief durch und sah ihm in die Augen. Noch nie hatte er etwas so Beeindruckendes gesehen wie die Entschlossenheit, die in ihrem Blick brannte. Für den Bruchteil eines Augenblicks wünschte er, Lea brenne für ihn. Wann hatte ihn jemals jemand so angesehen?

Das Schweigen zwischen ihnen zog sich in die Länge. Wurde unerträglich.

„Ich muss noch einmal von dir schwanger werden. Nur so können wir Molly retten.“

Lea hatte noch nie erlebt, dass jemand direkt vor ihren Augen so in sich zusammensank. Reilly musste sich an das Geländer der Veranda lehnen.

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