Neue Liebe auf Rezept

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Die neue Vertretungsärztin Izzy fasziniert Zach mit jedem Tag mehr. Dabei ist er in sein Heimatdorf zurückgekehrt, damit er sich um seinen kranken Vater kümmern kann. Nicht um eine aufregende Affäre mit einer Frau zu beginnen, die eigentlich gar nicht zu ihm passt …


  • Erscheinungstag 15.07.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733717964
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Nicht mal die mehr als siebzehntausend Kilometer, die Izzy zwischen sich und ihre beste Freundin gebracht hatte, konnten ihr weitere peinliche Geburtstagsgeschichten ersparen.

Na toll.

„Ich hab das perfekte Geschenk für dich losgeschickt“, juchzte Hannah in London ins Telefon. „Du bekommst eine Riesenüberraschung.“

Izzy stöhnte im Stillen. Ihre engste Freundin von der Medical School hatte die etwas nervige Angewohnheit, absolut unpassende und mitunter hochnotpeinliche Geburtstagsgeschenke auszusuchen. „Ich weiß, du hältst mich für prüde und verklemmt, aber musst du mir das jedes Jahr unter die Nase reiben? Dieses groteske Sexspielzeug, das du mir voriges Jahr geschenkt hast, treibt mir jetzt noch die Schamesröte ins Gesicht.“

Hannah lachte. „Das ist nun echt viel besser. Und du wirst dich damit weniger einsam fühlen. Doch sag, wie hast du dich eingelebt? Wie sieht’s da unten aus?“

„Da unten“ – das war Jerringa Ridge, lag so ungefähr am anderen Ende der Welt von ihrem Zuhause in England und war heiß und trocken, weil die Sonne nicht nur alles überstrahlte, sondern geradezu durchglühte. Während man andernorts in New South Wales unter ungewöhnlichen Überflutungen litt, hatte es nämlich in diesem Landstrich seit Monaten nicht mehr geregnet – oder zumindest nicht nennenswert.

Und so sah es auch aus.

Eine rötliche Staubwolke war ihr wie ein Derwisch bis ins Ortszentrum hinterhergewirbelt, hatte ihr Auto und ihre Kleidung mit einer feinen Schicht überzogen, sich sogar irgendwie in das kleine Cottage geschmuggelt, das man ihr während ihrer vier Wochen als Vertretungsärztin zur Verfügung stellte.

„Heiß ist es. Ich schwör dir, ich bin auf dem Weg vom Auto zur Haustür braun geworden.“ Izzy blickte auf den schmalen hellen Streifen an ihrem Finger, wo in den letzten vier Jahren ihr Verlobungsring gesessen hatte. Na ja, nicht ganz.

„Hast du schon Einheimische kennengelernt?“

„Bisher nur ein paar“, antwortete sie. „Die Praxismanagerin, Margie Green, scheint sehr nett, richtig mütterlich hat sie im Cottage schon mal alles Nötige für mich herrichten lassen. Dann gibt es hier den Dorfladen des Ehepaars Jim und Meg Collis, die beide auch sehr sympathisch sind. Und der Besitzer des hiesigen Pubs – Mike heißt er, glaube ich – hat morgen eine Party mit Begrüßungsdrink für mich arrangiert. Die Leute hier nutzen offenbar jede Gelegenheit zum Feiern. Da wollte ich nicht sagen, dass ich lieber noch in Ruhe ankommen würde.“

„Passt doch vom Timing perfekt“, meinte Hannah. „So bist du wenigstens an deinem Geburtstag nicht allein.“

Nicht allein.

Izzy musste sich erst wieder daran gewöhnen, Single zu sein. Viel zu sehr war sie es gewöhnt, sich Richard Remington, genauer gesagt, seinem akribisch geplanten Leben anzupassen. Die Ironie daran war: Als sie Schluss gemacht hatte, war er gar nicht besonders am Boden zerstört gewesen. Erstaunlich schnell hatte er sich neu orientiert, und jetzt lebte er mit einer Frau zusammen, die zehn Jahre jünger war und früher gelegentlich bei den Abendgesellschaften seiner Eltern die Drinks serviert hatte.

Doch darüber wollte sie nicht länger grübeln. Ein halbes Jahr Australien lag vor ihr, in dem sie an sechs verschiedenen Orten jeweils für einen Monat als Vertretungsärztin arbeiten würde. Die ersten vier Wochen war sie nun in Jerringa Ridge. Weit weg von zu Hause hatte sie hier die Chance, wie ein Vogel die Flügel auszubreiten und endlich dem ganzen Getue und den Erwartungen ihrer adeligen Familie zu entkommen.

Hier draußen war sie nicht die Lady Isabella Courtney mit einem hundertjährigen Stammbaum.

Sie war bloß eine Allgemeinärztin, die ihren Beitrag zur medizinischen Versorgung im Outback leistete.

„Hast du den neuen Doc schon kennengelernt?“, wollte Jim Collis von Zach Fletcher wissen, als er tags darauf in den Dorfladen kam, um dies und das einzukaufen.

„Noch nicht.“ Zack nahm sich eine Tüte Milch. „Wie ist er denn so?“

„Sie.“

Ungläubig drehte er sich vom Kühlregal weg. „Im Ernst?“

„Wieso, hast du was gegen Ärztinnen?“

„Aber nein. Ich dachte bloß, irgendein Typ wollte ihn vertreten. William Sawyer hat doch vor seinem Urlaub so was gesagt.“

„Tja, scheint, als hätte das nicht geklappt. Dr. Courtney ist kurzfristig eingesprungen. Die kommt aus England, hat diesen makellos britischen Akzent.“

„Ich hoffe, sie weiß, worauf sie sich einlässt“, brummte Zach und zückte sein Portemonnaie.

Jim nahm das Geld und legte es in die Kasse. „Mike gibt heute Abend eine Willkommensparty für sie im Pub. Kommst du auch?“

„Ich hab Dienst.“

„Trotzdem könntest du vorbeischauen und Hallo sagen.“

„Ich möchte aber nicht in Uniform die Party verderben.“

„Also, ich weiß nicht …“, Jim grinste schief, „… manche Frauen stehen ja auf Typen in Uniform. Da könnte was laufen für dich, Fletch. Zeit wär’s. Wie lang ist es jetzt her?“

Zach sah ihn schräg von der Seite an, steckte sein Portemonnaie wieder hinten in die Hosentasche. „Kein Interesse.“

„Du redest bald wie dein alter Herr“, wetterte Jim. „Wie geht’s ihm eigentlich? Hast ihn ja schon eine Weile nicht mehr mit in die Stadt gebracht.“

„Geht ihm gut.“

Jim musterte ihn forschend. „Sicher?“

Zach blieb unbewegt. „Sicher.“

„Richte ihm aus, wir denken an ihn.“

„Mach ich.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Sie heißt Isabella Courtney“, rief Jim ihm hinterher. „Hat eine nette Figur, sieht auch hübsch aus, irgendwie wie so ein sexy Girl von nebenan.“

„Hör auf damit, Jim.“

„Ich meine ja nur …“

„Die Reifen an deinem Pick-up sind abgefahren.“ Zack sah ihn noch mal scharf an, stieß die Tür mit der Schulter auf. „Wechsel sie aus, andernfalls gibt’s ’ne Verwarnung.“

Zachs Vater Doug saß auf der Veranda des Familienfarm Fletcher Downs, und neben ihm stand der Rollator, der in den letzten achtzehn Monaten zu seinem ständigen Begleiter geworden war. Seit einem Quad-Unfall konnte Doug Fletcher seine Beine nur noch eingeschränkt bewegen. Wenn so etwas passierte, war es für jeden katastrophal, aber für einen Mann, der nur auf dem Land leben und arbeiten konnte, war es verheerend.

Für Zach war es schon schlimm gewesen, mit ansehen zu müssen, wie sein starker und sportlich sehr aktiver Vater einfach so aus dem prallen Leben gerissen wurde. Aber seit sein Dad in den letzten Monaten noch dazu in eine tiefe Depression gestürzt war, lebte er tagtäglich in einem Albtraum der Angst. Jedes Mal, wenn er die Zufahrtsstraße zur Farm hinauffuhr, schlug sein Herz schneller, weil er die Panik hatte, sein Dad könnte sich in seiner Abwesenheit etwas angetan haben. Und erst, wenn er wusste, dass sein Vater einen weiteren Tag gemeistert hatte, ging sein Puls wieder runter.

Oftmals lief ihm dann Popeye, der schwarze Zwergpudel, der immer an der Seite seines Dads war, schon entgegen. Heute auch. Kaum hatte er Zach entdeckt, sauste er so aufgeregt auf ihn zu, dass Zach, trotz allem, über den kurzbeinigen Kläffer lachen musste.

„Hey, kleiner Freund“, begrüßte er ihn und kraulte ihm die Ohren. Als er seinen Vater in Sydney aus der Reha abholen wollte, hatte er das Hündchen in einem Tierheim entdeckt. Na ja, eigentlich war es eher andersrum. Popeye entdeckte ihn. Unverwandt richtete er seine kleinen Knopfaugen auf ihn, fast als wollte er Nimm mich! sagen, worauf Zach sich am Ende für ihn entschied. Ursprünglich wollte er ja einen echten Männerhund, einen Australian Shepherd oder Border Collie, eventuell auch so einen Deutschen Schäferhund, mit dem er mal bei der Drogenfahndung gearbeitet hatte.

„Jim lässt dich grüßen“, rief Zach seinem Vater zu, als er die Veranda betrat.

Sein Vater grummelte nur irgendwas und starrte weiter auf die ausgedörrten Koppeln, die sich im matten Dunkelbraun überreifer Birnen statt in frischem Grün zeigten.

„Es gibt einen neuen Doc in der Stadt – eine Frau.“ Mechanisch kickte Zach einen Kiesel vom Holzboden der Veranda nach unten in den mickrigen Garten. Schon lange blühten dort keine Blumen mehr. Dreiundzwanzig Jahre, um genau zu sein. Seine Mutter, die in England geboren und aufgewachsen war, hatte dort mal einen Cottage-Garten anlegen wollen, wie sie ihn vom Landsitz ihrer Familie in Surrey kannte. Doch genau wie sie hatten es auch die Pflanzen nicht lange im rauen Outback ausgehalten.

„Hast du sie getroffen?“ Sein Vater klang, als wäre es ihm so oder so egal. Aber immerhin hatte er geantwortet. Es war also ein guter Tag. Ein besserer Tag.

„Noch nicht“, erwiderte Zach. „Und übrigens, heute Abend hab ich Dienst. Ich vertrete Rob und wollte Margie bitten, herzukommen und …“

Doug wurde schmallippig. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich keinen verdammten Babysitter brauche?“

„Du siehst deine alten Freunde in letzter Zeit kaum noch. Bestimmt würdest du bei einem Drink mit …“

„Ich will nicht beweint und bemitleidet werden.“ Grimmig stemmte sich Doug auf seinem Rollator hoch. „Ich treffe mich mit den Leuten, wenn ich wieder selbst in den Pub gehen kann.“

Bedrückt sah Zach seinem Vater hinterher, der langsam ans andere Ende der Veranda und bis vor die Fenstertüren seines Schlafzimmers schlurfte. Die Spitzengardinen wehten, bauschten sich gespenstisch in einer Brise des heißen Windes, und dann gingen die Türen knarzend zu.

In letzter Zeit schienen alle Gespräche zwischen ihm und seinem Dad im Zwist zu enden. Anfangs hatte er es noch für eine gute Idee gehalten, nach fünf Jahren in der Großstadt wieder nach Hause zurückzukehren. Mittlerweile aber fragte er sich, ob er es nicht besser hätte bleiben lassen sollen. Ihre Beziehung hatte sich seit dem Unfall so stark verändert. Da die Farm ziemlich abgelegen war, ließ sich auch nur schwer Pflegepersonal finden. Doch wenn sein Vater nicht bald täglich eine ambulante Hilfskraft bekam, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als den Grund und Boden zu verlassen, der seit sieben Generationen in Familienbesitz war.

Popeye zu Zachs Füßen jaulte. Zach beugte sich hinunter, woraufhin der Hund an ihm hochsprang und ihm begeistert das Gesicht leckte. Spontan drückte er ihn an sich und murmelte, während sein Blick über die sonnenverbrannten Koppeln schweifte: „Wir bringen ihn da durch, Popeye. Das schwör ich dir.“

Drover’s Rest war kein Pub, wie sie ihn von zu Hause kannte, doch der herzliche Empfang ließ Izzy das vergessen. Mike Grantham, der Besitzer, sorgte gleich dafür, dass sie einen Drink in der Hand hielt, und stellte sie jedem vor, der hereinkam. Und auch wenn sie sich die Namen kaum merken konnte: Als einzige Ärztin im Umkreis von mehr als zweihundertfünfzig Quadratkilometern würde sie sicher bald jeden kennen.

Sobald alle da waren, schlug Mike mit einem Löffel gegen ein Glas, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass Dr. Courtney heute Geburtstag hat. Also lasst uns sie auch gebührend in Jerringa Ridge empfangen!“

Es wurde geklatscht und laut und etwas falsch „Happy Birthday“ gesungen, und zwei Frauen trugen einen Kuchen mit Kerzen herein, auf dem in Zuckerguss Izzys Name geschrieben stand.

„Woher wissen Sie denn, dass ich heute Geburtstag habe?“, wandte Izzy sich an Mike, nachdem sie die Kerzen ausgepustet hatte.

„Eine Freundin von Ihnen aus Ihrer alten Heimat hat mich gestern angerufen“, antwortete er. „Die hat’s mir verraten und auch was von einer Überraschung für Sie gesagt, die jetzt übrigens jeden Moment eintreffen müsste. Gehen Sie doch mal an die Tür, hm? Und ihr macht den Weg frei! Lasst unseren Doc durch.“

Sie spürte, wie ihr ganz heiß im Gesicht wurde, während sie sich durch die lächelnde Schar der Einheimischen zur Tür des Pubs vorarbeitete. Konnte Hannah ihr nicht Blumen schenken, Schokolade oder Champagner wie andere normale Menschen?

Und da sah sie es.

Nicht es – ihn.

Groß. Muskulös. Durchtrainiert. Athletisch. Kantiges, energisches Kinn. Perfekt rasiert. Eine Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Aura, die ihn wie eine unsichtbare Mauer umgab. Scharfe Augen, die einen magisch anzogen.

Ein Stripper.

Verkleidet als Cop.

Ich bring dich um, Hannah.

Fieberhaft überlegte Izzy, wie sie aus der Sache noch heil rauskam. Den Ruf ruiniert zu haben, noch bevor der erste Patient erschien, war das Letzte, was sie gebrauchen konnte. Und bloß weil Hannah diesen Typ – diesen ziemlich heißen Typ – dafür bezahlt hatte, sich auf den weiten Weg zu machen und für sie zu strippen, musste sie ihn das ja nicht bis zum Ende durchziehen lassen.

Dem war doch nur wichtig, dass er sein Geld bekam, oder?

„Tut mir leid, der Plan hat sich geändert“, legte sie los, noch bevor der Mann einen Fuß in die Tür setzen konnte. „Ich brauche Ihre … äh … Dienste doch nicht mehr.“

Der Mann – der ungewöhnlich graublaue Augen hatte – blickte von seiner imposanten Größe auf sie herunter. „Wie bitte?“

Izzy musste die Stimme dämpfen, die anderen rückten schon neugierig näher. „Würden Sie bitte einfach gehen? Ich will Sie hier nicht. Es würde mir alles verderben.“

Er hob fragend eine Braue. „Verstehe ich das richtig: Sie wollen nicht, dass ich den Pub betrete?“

„Ja. Absolut nicht.“ Energisch stemmte sie die Hände in die Hüften. „Und ich verbiete Ihnen strikt, in meiner Gegenwart auch nur eines Ihrer Kleidungsstücke abzulegen. Haben Sie mich verstanden?“

Ein freches Glitzern blitzte in seinen Augen auf, ansonsten blieb seine Miene unbewegt. „Und wenn ich meine Mütze abnehme?“

Sie schnaubte, nahm die Arme wieder herunter, ballte stattdessen die Hände zu Fäusten. Sie musste ihn loswerden. Sofort. „Haben Sie mich nicht verstanden? Ich will Sie hier nicht.“

„Das letzte Mal, als ich hier vorbeikam, war das noch ein freies Land.“

Erbost funkelte sie ihn an. „Hören Sie, ich weiß, dass man Sie für so was bezahlt. Aber sicher wissen Sie doch Besseres mit Ihrer Zeit anzufangen? Finden Sie es nicht furchtbar erniedrigend, auf Partys herumzustolzieren und beschwipste Frauen in einem Ledertanga oder was auch immer Sie da unten anhaben zu erregen? Warum suchen Sie sich nicht einen richtigen Job?“

„Ich liebe meinen Job.“ Das freche Glitzern in seinen Augen blitzte wieder auf. „Den wollte ich schon machen, da war ich erst vier.“

„Dann machen Sie ihn eben jetzt woanders. Und wenn Sie nicht sofort gehen, rufe ich die Polizei.“

„Er ist die Polizei“, rief Mike vom Tresen herüber.

2. KAPITEL

Zach schaute in das hübsche, herzförmige Gesicht, das jetzt feuerrot wurde, schaute auf den Rosenmund, der schockiert offen stand, schaute auch in die nicht weniger schockiert aufgerissenen, toffeebraunen Augen. „Ich bin Sergeant Zach Fletcher“, stellte er sich vor, blieb ganz der ungerührte Cop und streckte ihr seine Hand hin.

Leicht zittrig gab Izzy ihm ihre. „G… guten Tag! Ich bin Isabella Courtney. Die neue Vertretungsärztin. Falls Sie das noch nicht erraten haben.“

Etwas länger als nötig, fast als könnte er sie nicht loslassen, hielt er ihre Hand fest. „Willkommen in Jerringa Ridge.“

„Danke.“ Sie ließ ihre Hand herausgleiten und tat dann so, als wolle sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr streichen, dabei war da gar keine. „Tut mir leid. Wahrscheinlich halten Sie mich jetzt für völlig verrückt, aber meine Freundin hat mir gesagt, dass sie eine Überraschung besorgt hat, und ich dachte … Na ja, ich dachte, Sie wären die Überraschung.“

„Sorry, dass ich Sie enttäuscht habe.“

„Ich bin nicht enttäuscht, sondern erleichtert.“ Sie wurde wieder rot. „Offen gestanden hasse ich Überraschungen. Hannah – das ist meine Freundin – findet es witzig, mich zu schocken. Jedes Jahr kommt sie mit irgendwas Skandalösem an, um mir einen unvergesslichen Geburtstag zu bereiten.“

„Na, den hier werden Sie wohl so schnell nicht vergessen.“

„Ja …“ Sie biss sich auf die Lippe.

„Gibt es hier eine Dr. Courtney?“ Ein junger Mann in Kurier-Uniform kam vom Parkplatz auf sie zu.

„Äh, ich bin Dr. Courtney.“ Isabellas Röte hatte sich mittlerweile auch auf ihr Dekolleté ausgebreitet und Zachs Blick dorthin gelenkt. Sie war schlank, aber mit genau den richtigen weiblichen Attributen, die seine Hormone auf Touren brachten.

Reg dich ab.

Nicht dein Typ.

„Ich hab ein Paket für Sie“, rief der Kurier. „Das müssen Sie mir noch quittieren.“

Zach sah Isabella dabei zu, wie sie auf dem elektronischen Pad unterschrieb und dann das Päckchen mit einem zaghaften Lächeln entgegennahm. Es war so groß wie ein Schuhkarton, und sie presste es wie ein Schild an ihre Brust.

„Wollen Sie es nicht aufmachen?“

Ihre Wangen röteten sich noch mehr. „Ich denke, ich warte, bis … bis später.“

Es wurde kurz still. Still bis auf die Laute der etwa vierzig Leute, die sich neugierig hinter ihnen drängelten, um besser sehen zu können.

Zach lebte lange genug in Jerringa Ridge. Er wusste, wie schnell Gerede aufkam. Als er wieder zu Hause einzog, um sich um seinen Vater zu kümmern, hatte seine Verlobte Naomi die Beziehung gelöst. Und seitdem meinte plötzlich jeder im Ort, ihm Ersatz besorgen zu müssen. Er brauchte eine Frau bloß anzusehen, und die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Buschfeuer. Doch egal, ob er nun in der Großstadt oder auf dem Land lebte, Privates wollte er gern aus der Gerüchteküche raushalten.

„Ich gehe jetzt mal besser zurück aufs Revier.“ Er nickte höflich. „Ich wünsch Ihnen einen schönen Rest-Geburtstag. Gute Nacht.“

Stumm sah Izzy ihm hinterher, wie er energischen Schrittes zu seinem Polizeifahrzeug ging. Grr! Hätte sie doch bloß vor ihrer ganzen Ich-will-Sie-hier-nicht-Tirade die Autos auf dem Parkplatz gecheckt. Das war so was von peinlich! Sie hatte sich absolut lächerlich gemacht. Und nicht nur vor diesem Zach Fletcher, was schon schlimm genug war, nein, quasi vor der ganzen Stadt. Das würde ihr doch auf ewig anhaften, oder? Musste nicht jeder sofort losgrinsen, wenn er sie sah – und er allen voran?

Oh, in ihrem Beisein hatte er nicht einmal die Miene verzogen. Aber hinter ihrem Rücken, da machte sich dieser Cop mit dem versteinerten Gesicht jetzt wahrscheinlich mit seinen Kollegen darüber lustig, wie sie ihn für einen … Oh, ihr wurde ganz schlecht, wenn sie nur daran dachte.

Eigentlich sah er auch überhaupt nicht wie ein Stripper aus. Was nicht heißen sollte, dass sie schon mal einen live erlebt hatte. Aber ein paar Fotos von diesen gut gebauten Typen, die in den Shows in Las Vegas auftraten, die hatte sie gesehen und …

Du Idiotin.

Du Närrin.

Wie konntest du nur denken, er wäre ein …?

„Na, unseren coolen Zach haben Sie ja nun kennengelernt, hm?“, raunte Peggy McLeod, eine ältere Viehzüchterfrau, Izzy hörbar amüsiert über die Schulter zu.

Sie drehte sich um und zwang sich zu lächeln. „Äh, ja, der scheint ganz, äh … nett zu sein.“

„Der ist Single“, ergänzte Peggy. „Seine Exverlobte hat es sich anders überlegt, wollte nicht mehr mit ihm in die Wildnis hier ziehen. Er und sein Vater betreiben weit draußen vor der Stadt eine große Farm – Fletcher Downs. Der Junge hat ja handwerklich was drauf, kann so ziemlich alles. Der gibt mal einen guten Ehemann ab.“

„Das ist … äh, schön.“

„Seine Mum war auch Engländerin, wussten Sie das?“ Peggy redete weiter, als erwarte sie gar keine Antwort. „Zwischen Olivia und Doug hatte es damals mächtig gefunkt. Nach der Blitzverlobung folgte die Blitzhochzeit. Doch Olivia konnte sich einfach nicht an das Landleben gewöhnen. Sie ging fort, da war Zach acht, neun, zehn? Ja, zehn, ich erinnere mich. Er und einer meiner Neffen waren in derselben Klasse.“

Izzy runzelte die Stirn. „Sie ging fort?“

Peggy nickte grimmig. „Ja, und kam auch nie wieder, nicht mal zu Besuch. Zach flog gelegentlich in den Ferien rüber nach England. Dauerte aber ewig, bis er sich daran gewöhnte. Ich glaube, er hat seine Mutter seit Jahren nicht mehr gesehen. Seit dem Unfall steckt er hier allerdings auch irgendwie fest.“

„Dem Unfall?“

„Doug Fletcher überschlug sich vor achtzehn Monaten mit seinem Quad, dabei wurde sein Rückenmark gequetscht.“ Peggy schüttelte traurig den Kopf. „Stark und topfit war der Kerl, jetzt kann er nicht mehr ohne Rollator gehen. Da könnte man weinen, hm?“

„Ja, das ist wirklich traurig.“

„Zack kümmert sich ganz allein um ihn“, ergänzte Peggy. „Wie er das schafft, weiß kein Mensch. Doug will nichts von Hilfe wissen. Dafür ist er viel zu stolz und zu stur. Zach allerdings manchmal auch ein bisschen.“

„Aber er kann sich doch sicher nicht dauerhaft um seinen Vater kümmern. Er hat doch auch ein eigenes Leben, oder?“

Peggy zuckte mit den Achseln. „Nicht dass ich wüsste.“

Kurz danach ging Izzy zurück zu ihrem Cottage. Die Party lief zwar noch, aber das war ihr egal. Dass sie Zach Fletcher mit einem Stripper verwechselt hatte – das war doch bestimmt für die Partygäste ein gefundenes Fressen, oder? Nur gut, dass sie bloß einen Monat blieb …

Das Polizeirevier lag am südlichen Ende der Hauptstraße und bloß ein paar Häuser von der Praxis entfernt. Bisher war ihr das noch gar nicht aufgefallen. Allerdings unterschied es sich tagsüber auch kaum von den Nachbargebäuden. Jetzt, im Dunkeln, leuchtete das Polizeischild, und in der Einfahrt neben einem Pfefferbaum parkte der Polizei-Geländewagen, den Zach vorhin benutzt hatte.

Izzy schlenderte gerade vorbei, da kam Zach heraus. Er wirkte sehr beschäftigt und sah sie erst, als er schon vor dem Dienstfahrzeug stand, stutzte kurz, als wäre sie aus dem Nichts aufgetaucht, tippte dann an seine Schirmmütze und brummte mit seiner Männerstimme in die stille Nacht: „Dr. Courtney.“

„Sergeant Fletcher.“ Wenn er so förmlich war, dann war sie es auch. Sollten Leute vom Land nicht herzlich und freundlich sein? Bei ihm war davon nichts zu merken.

Seine streng gerunzelte Stirn ließ ihn finster wirken. „Ist ja schon ein wenig spät, um spazieren zu gehen.“

„Ich gehe gern spazieren.“

„Ist aber jetzt nicht ungefährlich so allein. Ich würde Ihnen raten, in Zukunft dementsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“

Herausfordernd hob sie den Kopf. „Einen Taxistand konnte ich hier aber nicht entdecken.“

„Haben Sie ein Auto?“

„Natürlich.“

„Benutzen Sie es nächstes Mal, oder lassen Sie sich von jemand aus dem Ort mitnehmen.“ Er öffnete die Beifahrertür des Polizeiwagens. „Steigen Sie ein. Ich fahre Sie nach Hause.“

Jetzt hatte sie aber genug von seiner schroffen Art. „Ich würde lieber zu Fuß gehen, wenn Sie nichts dagegen haben! Es ist nur noch ein Block, und ich …“

Sein Blick wurde hart. „Ich habe was dagegen. Steigen Sie ein! Und das ist jetzt keine Bitte.“

Eine unsichtbare Energie vibrierte zwischen ihnen in der Luft, als er sie eindringlich fixierte. Einen Moment hielt sie seinem Blick stand – dann wich sie aus. Dafür glitt sie mit ihren Augen zu seinem Mund und … ein angenehmes Prickeln lief ihr da über den Rücken, ließ ihre Haut bis unters Haar kribbeln. Auch in ihrem Bauch regte sich etwas … flog Loopings wie ein Schmetterlingsschwarm nach dem Winterschlaf.

Sein Mund wirkte so energisch wie sein Kinn. Seine Wimpern waren dunkel, so dunkelbraun wie seine Brauen und sein Haar. Und seine sonnengebräunte Haut stand in einem atemberaubenden Kontrast zu seinen Augen. Sie waren grau mit einem faszinierend eisblauen Ring um die Iris.

Es waren Augen, die das Leben gezeichnet hatte, die es locker sehen konnten … oder auch verfluchen.

„Okay.“ Widerstrebend stieg Izzy ein. „Aber Ihre Parkweise an der Borsteinkante, die sollten Sie mal überdenken.“

Er warf ihr einen undefinierbaren Blick zu, ließ die Tür zuschnappen. Und ehe sie sich versah, war er mit seinen langen Beinen schon um das Auto herumgegangen. Er war sehr groß und hatte beeindruckend breite Schultern. Als er sich mit seinen mehr als eins neunzig auf den Sitz neben sie setzte, fand Izzy den Raum auf einmal beunruhigend eng. Reflexartig machte sie sich ganz dünn, verschränkte die Arme und schlug die Beine übereinander, um jeden Körperkontakt zu vermeiden.

Die Luft knisterte wie statisch aufgeladen.

Eine halbe Minute später stoppten sie vor ihrem Cottage. „Peggy McLeod hat mir vom Unfall Ihres Vaters erzählt“, sagte sie, den Blick zu ihm gewandt. „Das tut mir leid. Es muss schwer sein für Sie beide.“

Zachs steinerne Miene verriet nichts. Doch ihr fiel auf, dass er das Lenkrad fester hielt. „Machen Sie auch Hausbesuche?“

„Ich … denke schon. Hat Dr. Sawyer welche gemacht?“

„Einmal pro Woche.“

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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