Pikanter Deal mit dem Milliardär

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Es verschlägt Sophie glatt den Atem: Ihr guter Freund Will nimmt sie beim Wort, als sie ihm anbietet, ihn für eine Million Pfund zu heiraten. Denn der schottische Playboy-Milliardär braucht dringend eine Ehefrau, um die Vormundschaft für seine kleine Schwester zu erhalten. Der pikante Deal steht: Sie werden eine platonische Vernunftehe führen und nach achtzehn Monaten friedlich auseinandergehen. Aber unerwartet prickelt es heiß zwischen ihnen! Dabei weiß Sophie, dass Will nicht an die Liebe glaubt. Hat sie etwa ihr Herz für eine Million verkauft?


  • Erscheinungstag 13.08.2019
  • Bandnummer 172019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712396
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ein rascher Blick verriet Sophie, dass sie vor Will im Restaurant in Soho angekommen war. Das war ungewöhnlich.

„Dafür steht mir ein Orden zu“, murmelte sie, ehe sie dem heraneilenden Kellner ein strahlendes Lächeln schenkte. „Sie haben eine Reservierung für Trent-Paterson“, informierte sie ihn.

„Gewiss, Madam.“

Er brauchte nicht einmal in der Reservierungsliste nachzuschauen, sondern führte sie unverzüglich zu einem Tisch im Alkoven, vom Rest des Restaurants durch Palmen abgeschirmt. Wie sie Will kannte, hatte er auf dem besten Tisch im Haus bestanden. Ob er wohl alle seine Frauen hierherbrachte? Sie hatte etliche in seinem Leben ein- und ausgehen sehen.

Wie bei Will nicht anders zu erwarten, war dies eines der berühmtesten Restaurants der Stadt. Allerdings war es nicht, wie zurzeit modern, minimalistisch eingerichtet, sondern in überbordendem Stil, wie er vor mehr als hundert Jahren in den Kolonien üblich war. Es erinnerte sie an Singapur … ohne die Hitze und die Feuchtigkeit.

„Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Madam?“

„Ja bitte. Ein Mineralwasser wäre nett.“

Der Kellner zuckte kurz, ehe seine Miene wieder zur glatten Maske wurde. Hatte er sie erkannt? Sophie widerstand der Versuchung, darauf einzugehen. Vergiss nicht, du hast eine neue Seite in deinem Leben aufgeschlagen!

Sie blickte zwischen den Palmblättern hindurch auf den Rest des Raumes und schüttelte den Kopf. „Schrecklich!“, murmelte sie angesichts der altmodischen Einrichtung. Normalerweise traf sie sich mit Will im Café des Tate Modern. Das war auch viel besser besucht. In der Enge stießen sie dann gelegentlich aneinander. Versehentlich natürlich! Will würde niemals absichtlich die kleine Schwester seines besten Freundes berühren. Schon gar nicht, seit Peter nicht mehr lebte. Aber diese zufälligen Berührungen halfen ihr, sich nicht so allein zu fühlen.

„Verrückt“, murmelte sie erneut, um sogleich fortzufahren: „Und jetzt hör auf, mit dir selbst zu reden, sonst hält man dich für verrückt!“

Sie dachte einen Moment darüber nach und zuckte dann mit den Schultern. „Na und?“ Sie war von der Presse und von ihrem Vater schon mit weit weniger charmanten Bezeichnungen belegt worden als nur verrückt.

Der Kellner kam mit ihrem Mineralwasser zurück, und gleich darauf erblicke sie auch Will. Fürs Erste war sie für Will hinter ihrem Palmenschirm verborgen. Dennoch widerstand sie der Versuchung, ihn allzu eindringlich zu mustern. Wie gewöhnlich beschleunigte sich ihr Herzschlag beim Anblick dieser breiten Schultern, der langen Beine und seiner schmalen Hüften. William Trent-Paterson war eine Erscheinung, die nicht nur Sophies, sondern die Aufmerksamkeit aller Frauen erregte. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, denn sie wusste, dass bei ihrem Anblick Wills sinnlich volle Lippen zu schmalen, zusammengepressten Strichen würden.

Was für ein Jammer, dachte sie, denn sie mochte ihn wirklich sehr. Sie wünschte sich nur, dass er hin und wieder eine einzige Schwäche zeigen würde. Eine einzige Unvollkommenheit, damit sie sich ihm nicht immer so unterlegen fühlen musste. Genauso gut kannst du dir den Mond wünschen, dachte sie, während sie Will näher kommen sah.

„Sophie“, begrüßte er sie knapp. Wie vorhergesehen, wurden seine Lippen schmal und der Blick aus seinen Augen kühl. Sie wusste, wie herzlich er lächeln konnte. Nur sie bekam das selten zu sehen.

„Hallo, Will.“

Sie erhob sich, und sie gaben sich pflichtschuldig Begrüßungsküsse auf die Wangen. Dabei achteten sie auf den größtmöglichen Abstand zwischen ihren Körpern. Dennoch begann das Blut in ihren Adern wie immer in seiner Nähe heftiger zu pulsieren. Es musste daran liegen, dass niemand auf dieser Welt Peter so sehr geliebt hatte wie sie … und Will.

Seit der hässlichen Scheidung ihrer Eltern, bei der die beiden nichts anderes im Sinn zu haben schienen, als sich gegenseitig zu verletzen, waren sie und ihr fünf Jahre älterer Bruder eng zusammengerückt. Sie hatten verstanden, dass sie keine Familie mehr hatten, auf die sie sich verlassen konnten. Wo immer es nötig war, hatten sie einander geholfen, aber Sophie war immer die Kleine geblieben, die zu ihrem großen Bruder aufschaute und ihn vergötterte.

Nun war er nicht mehr für sie da. Er hatte eine riesige Lücke in ihrem Leben hinterlassen. Eigentlich hätten sie und Will sich gegenseitig trösten müssen, aber Will schien sie nicht wirklich leiden zu können. Anscheinend hielten ihn nur sein Ehrgefühl und die gemeinsame Erinnerung an Peter davon ab, den Kontakt zu ihr abzubrechen. Ob er wohl erleichtert wäre, wenn sie ihre monatliche Kaffeeverabredung verpasst hätte? Würde er sich von einer lästigen Verpflichtung befreit fühlen? Der Gedanke ließ ihr Herz schwer werden. Sie brauchte diese Treffen. Will war ihre einzige Verbindung zu Peter, und Peter war der einzige Mensch, der sie so geliebt hatte, wie sie war.

„Du siehst betrübt aus.“

Wills Worte rissen sie aus ihren Gedanken. „Entschuldigung. Ich habe gerade daran gedacht, wie es wäre …“ Sie musste dringend die Stimmung aufbessern. „Hier bin ich noch nie gewesen“, stellte sie mit einer Geste durch das Restaurant fest.

Er warf einen Blick umher. „Gefällt es dir?“

„Es ist wundervoll“, entgegnete sie. In Wills Gegenwart war sie immer um ihr bestes Benehmen bemüht.

Erstaunlicherweise lachte er. „Du findest es scheußlich.“

„Um ehrlich zu sein, bin ich halb verhungert. Solange das Essen gut ist, ist mir alles andere egal.“

Seine Lippen wurden wieder zu schmalen Strichen. „Üblicherweise rührst du dein Essen kaum an.“

„Heute werde ich alles aufessen, versprochen!“

Er sah sie skeptisch an. „Dann wirst du also nur einen kleinen Salat bestellen?“

Sie schloss ihre Speisekarte. „Ich nehme das Lamm.“

„Gute Wahl, das nehme ich auch.“ Er reichte dem Kellner seine Speisekarte, ohne den Blick von Sophie zu lassen. „Wie geht es deinem Vater?“

So begannen die üblichen Fragen. Sie unterdrückte einen Seufzer. „Er triumphiert, weil er mich wieder einmal eine seiner Wohltätigkeitsveranstaltungen hat organisieren lassen.“ Sie hätte sich weigern können, aber sie musste dringend viel Geld auftreiben und hatte keine Ahnung, wie sie es sonst anstellen sollte. Ihr Vater zahlte zwar gut dafür, dass sie Veranstaltungen für ihn plante, doch um ein Darlehen konnte sie ihn unmöglich bitten. Er würde ihr mit Vergnügen vorhalten, dass sie genauso sei wie ihre Mutter, die sich im Übrigen zum Teufel scheren solle.

Will sah sie mürrisch über den Tisch hinweg an. „Das ist deine eigene Schuld.“ Das stimmte zwar, aber ein taktvoller Mann würde es ihr nicht unter die Nase reiben.

Er schien zu merken, dass er unhöflich war. „Ich bin heute nicht in der Stimmung, besonders galant zu sein, Sophie“, bemerkte er. „Am liebsten würde ich etwas an die Wand knallen.“

Sophie sah ihn erstaunt an. Wow, das passte gar nicht zu ihm. Interessant!

Doch gleich darauf hatte er sich wieder gefasst und fragte: „Wie geht es Carla?“

Bei der Erwähnung von Peters Verlobter schwand schlagartig ihr Appetit. Sie wich Wills Blick aus und betrachtete angelegentlich die grünen Palmen. Seine Frage erinnerte sie an die große Verantwortung, die sie auf sich geladen hatte.

„So schlecht?“

Carla machte gerade eine Entziehungskur … für die Sophie das Geld auftreiben musste. Carla hatte sie zu Verschwiegenheit verpflichtet, und das war das Mindeste, was Sophie ihr schuldig war. Das Gefühl, an allem schuld zu sein, stieg in ihr auf. Wie hatten die Dinge ihr nur so aus den Händen gleiten können? Wie hatte sie Carla und … und Peter … so im Stich lassen können?

Sophie presste die Hände zusammen, um das Zittern zu unterdrücken. „Sie kann Peter einfach nicht vergessen.“

„Und wir können das?“

Die Worte kamen unerwartet scharf, und Sophie hob erschrocken die Arme wie zum Schutz. Nach dem Ausbruch wirkte das folgende Schweigen umso bedrohlicher. Schließlich räusperte sich Will. „Es tut mir leid.“

Sie spürte, dass er sie ansah, doch sie wich seinem Blick aus und sortierte stattdessen das Besteck vor ihrem Platz. „Du hast ja recht“, brachte sie mühsam hervor. „Es ist erst zwei Jahre her. Das ist zu kurz zum Vergessen.“

Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er sich mit den Händen durchs Haar strich. „Manchmal glaube ich, dass diese Treffen niemandem nützen und dass …“

„Nein!“ Es war mehr Aufschrei als Widerspruch. „Bitte“, flüsterte sie dann. Zu ihrem Entsetzen spürte sie Tränen auf ihren Wangen. Seit Peters Beerdigung hatte sie nicht zugelassen, dass Will sie weinen sah. Es war ihr so peinlich, dass sie am liebsten aufgestanden und aus diesem schrecklichen Restaurant gerannt wäre.

„Bitte Will, ich kann das noch nicht aufgeben.“ Der Gedanke erfüllte sie mit Panik. Sie musste sich zusammenreißen, sonst würde sie Will vertreiben. „Ich weiß, du hast ihn ebenso geliebt wie ich. Und dieses Wissen … hilft mir.“

Seine Lippen waren kaum noch sichtbar, so fest hatte er sie zusammengepresst. Sophie konnte sehen, wie seine Kiefer mahlten. Sie strich sich die Tränen von den Wangen. „Wirst du noch hier sein, wenn ich kurz zur Toilette gehe?“

Sie hielt den Atem an, bis sie ihn nicken sah. Ohne ein weiteres Wort floh sie aus dem Raum. Sie gönnte sich gerade genügend Zeit, um sich ein wenig Wasser ins Gesicht zu spritzen und ihren Lidschatten zu erneuern. Glücklicherweise war ihr Mascara wasserfest.

Als sie wieder an ihren Platz zurückkehrte, war ihr Essen bereits serviert. „Der heutige Tag ist jedes Mal schrecklich. Es tut mir leid, dass ich es dir immer wieder zumute.“

„Mir tut es leid, dass ich nicht mitfühlender war.“

Sie wusste, dass er sie am liebsten erwürgen würde. Seine steife Körperhaltung und die verkniffenen Lippen sprachen eine deutliche Sprache.

„Wie geht es Carol Ann?“, fragte sie nach einem Moment peinlicher Stille.

„Gut von der Operation erholt. Ich soll mich bei dir für die DVDs bedanken. Allerdings treibt sie damit alle anderen im Haushalt zum Wahnsinn.“

Das ließ sie schmunzeln. Carol Ann war Wills kleine Schwester, etwa so alt wie Sophie selbst. Sie litt am Down Syndrom mit allen damit verbundenen Gesundheitsproblemen. Sophie war ihr nur ein paarmal begegnet, schickte ihr aber regelmäßig Karten zu Weihnachten und zum Geburtstag. Zuletzt hatte sie ihr eine DVD-Box mit Musicals geschickt. „Es freut mich, dass sie ihr gefallen. Die Welt braucht mehr von König der Löwen und Mary Poppins.“

Es schien, als hätte er fast gelächelt. Sophie verbuchte das als halben Erfolg.

„Und wie geht es deinem Großvater?“

Die eben noch halbwegs freundliche Miene versteinerte.

„Die Buschtrommeln sagen, er wolle dich zwingen, dich endlich niederzulassen.“

„Die Buschtrommeln verbreiten viel Mist. Ich nehme an, du warst am letzten Wochenende bei Catriona McManus’ Geburtstag.“

„Nein.“ Sie hatte ihr wildes Leben hinter sich gelassen und mied alle Partys, auf denen sie früher Stammgast gewesen war. Das alles war Teil ihres neuen Lebens. Aber natürlich wurde auch sie nicht von der Gerüchteküche verschont. „Es stimmt also?“

„Diesmal hat er mir ein Ultimatum gestellt.“

Sie ließ ihre Gabel auf halbem Weg zum Mund hängen. „Was für ein Ultimatum?“

„Entweder ich heirate innerhalb der nächsten zwölf Monate, oder er übergibt alles an Harold.“

Harold war Wills ungeliebter Cousin. Die Gedanken in Sophies Kopf überschlugen sich. Will brauchte das Geld nicht, und er hatte nie ein Interesse daran gezeigt, das Vermögen seines Großvaters zu erben. Aber … „Was wird dann aus Carol Ann?“

„Wenn Harold übernimmt, wird es für Carol Ann keinen Platz auf Ashbarrow Castle geben.“

Aber das Schloss war Carol Anns Zuhause! Sophie wusste aus Peters Erzählungen, dass Will seine Verantwortung für Carol Ann sehr ernst nahm. Und sie wusste ebenfalls, dass Ashbarrow Castle der Anker in Carol Anns kompliziertem Leben war. Will hatte einmal versucht, sie zu sich nach London zu holen, doch das hatte in einem kompletten Desaster geendet. Vor lauter Heimweh war Carol Ann krank geworden.

„Was wirst du tun?“

Er schüttelte nur stumm den Kopf.

„Vielleicht blufft er?“

„Diesmal nicht.“

Sophie spürte, wie sich ein dicker Knoten in ihrem Bauch zusammenzog. Die Ehe von Wills Eltern war eine Katastrophe gewesen, alle hatten am Ende seelische Verletzungen davongetragen. Vermutlich hatte er deshalb geschworen, niemals heiraten zu wollen. Niemand sonst in ihrem Bekanntenkreis hatte sich so radikal gegen die Institution Ehe geäußert. Es war kein Wunder, wenn er jetzt schmallippig und missgelaunt war.

Sie musste irgendetwas tun, um die Stimmung aufzuheitern. Sie aß ein paar Bissen, während ihre Gedanken rasten. Dann erklärte sie übermütig: „Für eine Million Pfund könnte ich dich heiraten, Will.“

Will sah sie erstaunt an. „Und was würdest du mit einer Million Pfund anfangen?“

Sein herablassender Blick verriet, dass er offenbar dachte, sie würde das Geld für Partys und Klamotten verschleudern. Sie vergaß alle Benimmregeln und stemmte die Ellbogen auf die Tischkante. „Ich würde ein neues Leben beginnen. Mit einer Million Pfund könnte ich alles zum Guten wenden.“ Sie könnte damit Carlas Behandlung bezahlen und die Stallungen in Schuss bringen, sodass Carla nach ihrer Genesung einen befriedigenden Job finden würde.

Auch er beugte sich jetzt vor. „Genauer bitte!“, forderte er sie mit eigenartigem Gesichtsausdruck auf. Zum ersten Mal seit zwei Jahren sah er ein wenig von Sophies altem Feuer in ihren Augen aufleuchten.

Sie blickte ihn aus ihren perfekten blauen Augen eindringlich an. „Einzelheiten?“

„Wie würdest du mit dieser hypothetischen Million dein Leben ändern?“ Vermutlich würde sie ihren Vorschlag als Scherz abtun?

Sie hielt den Kopf aufrecht und das Kinn vorgereckt. Er wusste nicht, wie das zu deuten war. Er wusste nur, dass bei Peters Tod ein Teil von ihr mit ihm gegangen zu sein schien.

Er hatte Peter versprochen, ein Auge auf Sophie zu haben, doch heute hatte er den Eindruck, dass ihr diese regelmäßigen Begegnungen mehr schadeten als nützten. Er hatte sie zum Weinen gebracht, dabei wollte er ihren Schmerz lindern und nicht neuen hinzufügen.

Doch eben hatte er das kurze Aufblitzen in ihren Augen gesehen, als habe sie eine Vision gehabt. Diesen Lebensfunken wollte er wiedersehen. Er wünschte sich, dass sie ihre verlorene Hälfte wiederfinden würde.

Mit der ihr eigenen Eleganz spießte sie eine Bohne auf ihre Gabel und Will fiel auf, dass sie bereits die Hälfte ihrer Mahlzeit verzehrt hatte. Das allein war schon ein Grund zum Feiern.

„Willst du es wirklich wissen?“

„Unbedingt!“

„Also gut. Als Erstes würde ich diese Stadt verlassen.“

„Ich dachte, du liebst London?“

„Das tue ich auch, aber die Stadt ist nicht gut für mich. In den letzten beiden Jahren habe ich mich zum Vergessen von einer Party in die nächste gestürzt. Es hat trotzdem nicht funktioniert. Ich habe nur zu viel Champagner getrunken, habe allzu oft indiskrete Fotos von mir in der Zeitung gefunden und bin so oft zu spät zu meiner Arbeit gekommen, dass sie gar nicht anders konnten als mich zu entlassen.“ Bis vor einem Monat hatte sie in einer Kunstgalerie im West End gearbeitet.

„Das einzig Gute daran war, dass ich meinen Vater damit ärgern konnte.“

Sie und Lord Collingford hatten immer schon eine schwierige Beziehung gehabt. Seit Peter nicht länger als Vermittler helfen konnte, war es nur noch schlimmer geworden.

„Aber damit muss nun Schluss sein!“ Die nächste Bohne wurde weit weniger elegant attackiert. „Genug ist genug!“

Ihre Selbstkritik überraschte ihn.

„Wohin würdest du gehen?“

„Cornwall.“

Für einen Augenblick blieb ihm der Mund offen stehen. Seine Überraschung schien sie zu amüsieren. Das Leuchten in ihren Augen war eindeutig zurück.

„Meine Großmutter hat mir ein Stück Land am Rande von Bodmin Moor hinterlassen. Es ist nicht groß, aber es sind alte Stallungen darauf und ich dachte …“ Mit einem Schulterzucken ließ sie den Gedanken unausgesprochen.

Er musste sich zwingen, sich nicht zu ihr hinzubeugen. „Du reitest wieder?“ Das war ihre Leidenschaft gewesen, seit er sie als pummelige Elfjährige kennengelernt hatte.

„Nach Peters Tod dachte ich, ich müsste damit aufhören. Es fühlte sich so falsch an, einem Vergnügen nachzugehen, während er nicht mehr da war.“

Er wusste genau, was sie meinte. „Er hätte bestimmt gewollt, dass du weiter reitest.“

Sie blickte bedrückt auf ihren Teller nieder. Er hoffte, sie würde nicht wieder zu weinen beginnen. Doch einen Augenblick später reckte sie das Kinn und lächelte ihn tapfer an. „Mit einer Million Pfund würde ich die Stallungen renovieren und eine Reitschule daraus machen. Es gehören ein paar Hektar dazu, sodass ich vielleicht auch fremde Pferde weiden lassen könnte.“

„Wie viele Hektar?“

„Knapp achtzehn. Es fließt sogar ein Bach durch das Gelände, aber es steht kein Haus darauf.“

„Aha.“

„Von einer Million Pfund könnte ich mir sogar ein bescheidenes Häuschen leisten.“

Sie machte sich daran, den Rest ihres Lamms zu vertilgen. Will sah erstaunt zu, wie sie ihren Teller komplett leerte. Dann legte sie ihr Besteck sorgfältig auf den Tisch zurück, tupfte sich die Lippen mit der Serviette und sagte: „Will, die letzten fünf Minuten hast du mich angesehen, ohne ein einziges Wort zu sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so faszinierend ist, mir beim Essen zuzusehen. Mir wäre es lieber, du würdest geradeheraus sagen, was du denkst.“

Ihre Worte veranlassten ihn, sich auf seinem Stuhl zurücklehnen. „Es tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein. Ich war in Gedanken.“

„Worüber?“

„Ich möchte, dass du mich nicht missverstehst.“ Er schob seinen Teller von sich und stützte seine Ellenbogen auf die Tischkante.

Sie sah ihn verständnislos an. „Wie meinst du das?“

„Was lässt dich glauben, dass du diesen hypothetischen Plan durchsetzen könntest? Eine Reitschule zu betreiben ist nicht sehr glamourös. Es ist harte Arbeit und …“

„Und durch harte Arbeit habe ich mich in den letzten Jahren nicht gerade hervorgetan.“ Seine Worte schienen sie nicht im Geringsten gekränkt zu haben. „Ich muss einfach etwas ändern, Will. Das Partygirl zu spielen, ist keine Lösung. Ich fühle mich so hohl dabei … und schäme mich.“

Will war beeindruckt. Er wählte seine Worte sorgfältig. „Ich finde, du urteilst ein bisschen zu hart über dich selbst.“

„Die Gesellschafterin bei den Veranstaltungen meines Vaters zu spielen, raubt mir das letzte bisschen Selbstachtung.“ Sie schob sich das Haar aus dem Gesicht. Die dadurch sichtbar gewordenen Falten um die Augen verrieten ihre Erschöpfung. Will erschrak bei dem Anblick. Nur zu gern würde er ihr eine Million Pfund geben, doch er wusste, dass ihr Stolz es ihr verbieten würde, sie anzunehmen.

„Natürlich ist eine Million Pfund nur ein verrückter Traum.“ Sie ließ ihr Haar wieder auf die Schultern zurückfallen. „Aber ich will mir einen Job in Cornwall suchen und so lange sparen, bis ich mit meinem kleinen Anwesen etwas anfangen kann.“

„An was für Arbeit denkst du denn?“ Erwartete sie etwa dort draußen auf dem Land eine Kunstgalerie? Die Chancen dürften schlecht stehen.

„Eventmanagement. Ich weiß, auf den ersten Blick klingt das, als würde ich meine Karriere als Partygirl fortsetzen. Aber ein Fest zu planen und zu organisieren, ist etwas anderes, als daran teilzunehmen. Es klingt vielleicht wie Eigenlob, aber ich weiß, dass ich jederzeit einen großen Ball oder eine Wohltätigkeitsveranstaltung organisieren kann.“

Will richtete sich auf. Er war überzeugt, dass sie einer solchen Aufgabe gewachsen wäre. Lord Collingford verlangte immer das Beste, wenn er Gäste empfing. Sie hatte nicht nur einen bekannten Namen und ihre Erfahrung, sondern auch gute Verbindungen. „Du scheinst wirklich ernsthaft darüber nachgedacht zu haben.“

„Ja!“ Seine Anerkennung schien sie zu freuen.

„Wenn du mich wirklich für eine Million Pfund heiraten würdest, Sophie, wie stellst du dir dann eine solche Ehe vor?“

Nun hatte er die Genugtuung, sie einen Moment mit offenem Mund zu sehen. Allerdings wählte der Kellner diesen Moment, um ihr Gedeck abzuräumen. „Möchten Sie noch Kaffee oder einen Nachtisch?“

„Schokoladenkuchen“, antwortete Sophie, ohne ihren Blick von Will zu lassen. „Bitte.“

„Und Champagner“, fügte Will hinzu.

„Es war doch nicht ernst gemeint, dass ich dich für eine Million Pfund heiraten würde“, flüsterte Sophie, nachdem der Kellner sich wieder entfernt hatte.

„Ich weiß. Du hast nur gescherzt. Aber wenn ich dir rein hypothetisch …“ Er ließ den Rest des Satzes einen Moment in der Luft hängen und sah am Blick aus ihren wunderbaren blauen Augen, wie die Gedanken in ihrem Kopf hin und her wirbelten. „… eine Million Pfund auf dein Konto überwiese, was würde ich dafür bekommen?“, fuhr er dann fort.

„Eine Million Pfund?“

„So lautete das Angebot.“

Sie schüttelte heftig den Kopf, als könne sie damit ihre Gedanken klären. „Nur hypothetisch?“

Er nickte.

„Es müsste natürlich ein rein geschäftliches Arrangement sein. Eine Ehe auf dem Papier. Kein Sex, keine Kinder, keine Komplikationen.“

Er nickte abermals.

„Aber du hast niemals heiraten wollen!“

Die elendige Ehe seiner Eltern hatte ihn für immer davon kuriert, sein Junggesellendasein für die Segnungen eines Familienlebens einzutauschen. Der gegenseitige Vernichtungsfeldzug seiner Eltern war ihm ein abschreckendes Beispiel.

„Aber Carol Ann zuliebe wärest du sogar dazu bereit“, fuhr sie fort.

Sie kannte ihn besser als alle Frauen, mit denen er je zusammen gewesen war. Diese Erkenntnis löste ein beklemmendes Gefühl in ihm aus. Während er sich noch bemühte, seine Fassung wiederzugewinnen, strahlte sie den Kellner an, der den Champagner brachte und ein Stück Schokoladenkuchen vor ihr abstellte. „Vielen Dank.“

Der Kellner strahlte zurück. „Sehr gern, Madam.“

Das war eine weitere Eigenschaft, die Will schon immer an Sophie gefallen hatte. Sie besaß nicht nur ausgezeichnete Manieren, sondern ihr Respekt für ihre Mitmenschen war echt. Sie vermittelte ihnen das Gefühl von Wertschätzung.

„Du wärest die meiste Zeit in London und ich in Cornwall. Es gibt eigentlich keinen Grund, warum wir überhaupt zusammenleben müssten“, nahm sie die Idee wieder auf.

Das Gedankenspiel nahm langsam Fahrt auf.

„Ab und zu könnte ich dir natürlich auch als Gastgeberin bei festlichen Veranstaltungen behilflich sein.“

Er gab nicht oft Partys, aber manchmal verlangten geschäftliche Interessen gewisse Zugeständnisse. Bei solchen Gelegenheiten eine „Gattin“ an seiner Seite zu haben, könnte von Vorteil sein.

„Du müsstest mich natürlich rechtzeitig informieren. Ich habe keine Lust, auf ein Fingerschnippen herbeigesprungen zu kommen.“

Das war einleuchtend. „Und wenn du mich für irgendetwas brauchst, musst du es nur meine Sekretärin wissen lassen“, entgegnete er.

Sie schüttelte den Kopf. „In dieser hypothetischen Situation gibst du mir eine Million Pfund, Will. Mehr könnte ich von dir nicht verlangen.“

Er runzelte die Stirn. Das kam ihm recht fair vor.

Nachdem sie sich mit der ihr eigenen Anmut ein kleines Stück Schokoladenkuchen in den Mund geschoben hatte, fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen, um ein paar hängen gebliebene Krümel zu beseitigen. Der Anblick löste eine unerwartete Reaktion in Will aus.

Nein! Hör auf damit! Du darfst Peters kleine Schwester nicht ansehen, als sei sie eine Frau!

„Ich weiß ja, wie sehr du deine Unabhängigkeit schätzt.“

Ihre Worte brachten ihn auf den Boden zurück. Er verschob das eigenartige Gefühl in die hinterste Ecke.

„Worauf willst du hinaus?“

Sie hob die Schultern wie zu einer resignierenden Geste. „Ich weiß, dass dich der Gedanke, monogam an eine Frau gebunden zu sein, in Angst und Schrecken versetzt.“

Er richtete sich steif auf. „Es ist keine Angst. Es ist nur …?“ Der Satz blieb unvollendet.

Sie hob eine Augenbraue. „Wie auch immer. Ich will nur sagen, dass du dich während einer solchen hypothetischen Scheinehe nicht zurückhalten müsstest. Du könntest so viele Geliebte haben wie du willst, aber …“

Er wartete einen Moment auf die Fortsetzung. „Aber …?“, fragte er dann.

„Es wäre gut, wenn du dabei diskret vorgehen könntest.“

„Ich habe nicht vor, dich bloßzustellen, Sophie.“

Sie tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab. „Das ist zwar nett von dir, aber das meinte ich nicht. Ich nehme an, vor deinem Großvater müssten wir eine überzeugende Show bieten.“

„Nur bis zur Eheschließung. Die Verträge sind wasserdicht. Er kann mit seinem Titel und seinem Vermögen machen, was er will, aber Ashbarrow Castle geht an mich über, sobald ich heirate.“

„Wenn das so ist, könntest du nach Belieben indiskret sein, falls wir jemals hypothetisch verheiratet sein sollten.“

„Und was ist mit dir?“

„Auf meine Diskretion kannst du dich verlassen.“ Nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: „Wir müssten uns auch auf eine Dauer für die Scheinehe einigen. Achtzehn Monate vielleicht?“

Er nickte abermals.

Autor

Michelle Douglas

Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden.

Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der...

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