Romana Exklusiv Band 288

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KAT UND DER HEIßBLÜTIGE SPANIER von KENDRICK, SHARON
Als ihr Vater sie auf die Jacht eines spanischen Millionärs schickt, denkt Kat sich nichts dabei. Mit Luxussegeln im Mittelmeer kennt sie sich aus! Womit sie nicht rechnet: Sie soll an Bord als Zimmermädchen arbeiten - für Carlos Guerrero, der gefährlich viel Sex-Appeal hat …

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  • Erscheinungstag 22.09.2017
  • Bandnummer 0288
  • ISBN / Artikelnummer 9783733744144
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Sharon Kendrick, Margaret McDonagh, Fiona Hood-Stewart

ROMANA EXKLUSIV BAND 288

1. KAPITEL

Selbst die strahlende Mittelmeersonne konnte ihre Stimmung nicht aufhellen.

Mit einer ungeduldigen Handbewegung strich Kat das schimmernde dunkle Haar aus der Stirn und lehnte sich in den weichen Ledersitz der Limousine zurück. Eine Woche war inzwischen vergangen, doch die Erinnerungen an den grauenvollen Abend standen ihr noch sehr lebendig vor Augen. Gegenseitige Anklagen und Vorwürfe waren wie die Rotorblätter eines Helikopters durch die Luft geschwirrt, nachdem ein weiteres dunkles Familiengeheimnis aufgedeckt worden war …

Wenn das alles bloß nicht ausgerechnet auf dem glanzvollen Balfour Charity Ball passiert wäre, wo die Hälfte der Weltpresse vor dem Anwesen ihre Zelte aufgeschlagen hatte, um auch ja nichts zu verpassen!

Gepeinigt schloss Kat die Augen. Die Paparazzi hatten ihr Glück sicher kaum fassen können!

Vor allem, da sie sich selbst bereits auf dem Ball im letzten Jahr vor dem arroganten Spanier Carlos Guerrero und allen anderen zur Närrin gemacht hatte! Doch damals konnte wenigstens niemand behaupten, ihr Vater wäre in den Skandal verwickelt gewesen.

Dieses Mal war es viel schlimmer.

Immer noch konnte Kat es kaum fassen, dass ihre Zwillingsschwestern vor den anderen Ballbesuchern laut darüber diskutiert hatten, dass ihre geliebte kleine Schwester Zoe von einem anderen Erzeuger stammte als sie und damit gar keine echte Balfour war.

Einmal auf die Fährte gesetzt, hatte die blutrünstige Pressemeute das Anwesen tagelang belagert. Erneut hatte der Name Balfour in sämtlichen Zeitungen für reißerische Schlagzeilen und hässliche Worte gesorgt. Worte, die immer noch die Macht hatten, sie zutiefst zu verletzen, egal, wie oft Kat sie inzwischen gelesen oder gehört hatte.

Geheimnisse! Skandal! Schande und Scham!

Ja, die Balfours mussten gerade mit all dem kämpfen … und mit mehr. Doch weder Reichtum noch Prominentenstatus machten immun gegen Verletzungen und Schmerz. Aber das ließ man die Öffentlichkeit natürlich nicht sehen und würde es auch zukünftig so halten.

Und ich erst recht! dachte Kat mit einem grimmigen Lächeln. Denn in dem Moment, wo man die Maske fallen lässt oder auch nur lockert, ist man verwundbar. Das hatte sie frühzeitig gelernt.

Blind starrte sie aus dem Seitenfenster und dachte daran zurück, wie sie mit der letzten Demütigung umgegangen war. Eigentlich so wie immer …

Sie war davongelaufen. Nicht zu weit weg von Balfour Manor, nur bis London, wo sie sich, mit einer riesigen Sonnenbrille getarnt, unter falschem Namen in einem Hotel eingemietet hatte, um ihre Wunden zu lecken. Bis ihr Vater sie gestern angerufen und ihr eine einmalige Gelegenheit als Ausweg aus dem selbstgewählten Exil angeboten hatte.

Allerdings hatte sie bei seinem Vorschlag sofort einen Anflug von Misstrauen gespürt. Vielleicht weil Oscar, obwohl er ihr leiblicher Vater war, ihrem Herzen nie so nahe gestanden hatte wie ihr geliebter Stiefvater Viktor? Kat blinzelte die aufsteigenden Tränen weg und ersetzte sie durch den trotzig herausfordernden Gesichtsausdruck, den sie sich für ähnliche Situationen zugelegt hatte. Sie wollte nicht an Viktor oder die Vergangenheit denken. Damit waren ohnehin nur Schmerz, Reue und weitere quälende Emotionen verbunden.

„Was für eine einmalige Gelegenheit soll das sein?“, hatte sie Oscar zurückhaltend gefragt.

In der darauffolgenden Pause überlegte Kat, ob sie sich den stählernen Unterton in der sonoren Stimme ihres Vaters nur einbildete.

„Eine, die du auf keinen Fall ausschlagen solltest“, erwiderte er schließlich gedehnt. „Hast du mir nicht gerade erst am Ballabend gestanden, wie sehr dich dein augenblickliches Leben langweilt?“

In einem Moment der Schwäche war sie tatsächlich dumm genug gewesen, dem Patriarchen des mächtigen Clans Einblick in ihr Seelenleben zu geben, und ihm die lähmende Einsamkeit zu gestehen, die sie langsam auffraß.

„Habe ich das?“

„Ja, Darling. Also … warum nicht die Gelegenheit für einen Orts- und Klimawechsel beim Schopf packen? Wie hört sich eine Mittelmeerkreuzfahrt für dich an?“

Exakt nach dem, was sie brauchte. Die Chance, klare, salzige Seeluft einzuatmen und dem Ganzen hier eine Weile zu entfliehen, war wirklich verlockend. Obwohl Oscar sich weigerte, genauere Details preiszugeben, konnte Kat einen Funken aufkeimender Vorfreude nicht unterdrücken. Denn trotz der Ungeduld und Missbilligung, die ihr Vater seinen Töchtern gegenüber manchmal an den Tag legte, freute ihn nichts mehr, als den Balfour-Prinzessinnen, wie sie häufig genannt wurden, jede gewünschte Extravaganz zu ermöglichen.

Darum saß sie jetzt hier, im Fond der vollklimatisierten, luxuriösen Limousine, unterwegs zum Hafen von Antibes, während draußen die provenzalische Sonne erbarmungslos auf die schwerreichen Feriengäste herunterbrannte. Die glitzernde Wasseroberfläche des Mittelmeers changierte zwischen Kobaltblau und Azur. Im Hafen gaben sich die größten und schnellsten Motorjachten der Welt ein Stelldichein.

Aber hier war sie ja auch an der Côte d’Azur – der französischen Riviera und der Spielwiese der Reichen und Schönen.

Entschlossen verdrängte Kat ihre trüben Gedanken, als die Limousine direkt am Kai neben den Luxusjachten anhielt.

„Wir sind da, Miss“, informierte sie der Chauffeur und wies mit dem Finger auf das größte Schiff von allen.

Angesichts der exklusivsten Jacht, die ihr je unter die Augen gekommen war, hob sich Kats Laune schlagartig. Der elegante, stromlinienförmige Schiffskörper bewegte sich in der leichten Dünung sanft auf und ab. Von ihrem Standort aus konnte Kat ein poliertes Echtholzdeck olympischen Ausmaßes bewundern – inklusive Pool und Hubschrauberlandeplatz – auf dem sich mehrere weißuniformierte Crewmitglieder tummelten und einen geschäftigen Eindruck vermittelten.

„Wow …“, machte sie bewundernd. Da sie ihr Leben lang in Kreisen verbracht hatte, in denen Reichtum und Exzentrik eine große Rolle spielten, war Kat mit Spielzeugen dieser Art absolut vertraut und wusste sehr wohl, dass Superjachten im Erwerb und Unterhalt ein Vermögen verschlangen. Doch dieses Prachtstück vor ihr gehörte noch einmal in eine ganz andere Liga.

Es war einfach … spektakulär!

Touristen aller Länder fotografierten das Luxusschiff aus verschiedenen Blickwinkeln. Kat überlegte flüchtig, wer wohl der Eigner sein mochte, und warum sich ihr Vater geweigert hatte, ihr den Namen zu nennen.

Wenigstens erlaubte der Schiffsname der in Schwarz und Weiß gehaltenen Jacht einige dürftige Spekulationen: Corazón Frío. Kat war zwar keine Sprachwissenschaftlerin, aber selbst sie wusste, dass dies Spanisch war. Zu ihrem Entsetzen spürte sie ihr Herz plötzlich oben im Hals klopfen. Der einzige Mann, der sie je zurückgewiesen und sie vor den Augen der Öffentlichkeit gedemütigt hatte, war ein unerträglich arroganter Spanier gewesen.

Und trotzdem beherrschte er seitdem in jeder einzelnen Nacht ihre Träume. Ein Bild von einem Mann, mit hartem, durchtrainierten Körper, wildem schwarzen Haar und den kältesten Augen, in die sie je geschaut hatte.

Unversehens überfiel Kat eine Erinnerung, die noch viel beängstigender war als jene vom verpatzten letzten Ball. Rasch schob sie das quälende Bild beiseite. Mit erhobenem Kinn stieg sie graziös aus dem Wagen, schob die riesige Sonnenbrille auf dem Nasenrücken zurecht und schlenderte betont lässig auf die Gangway zu. Dabei war sie sich der neugierigen Blicke der Umstehenden sehr wohl bewusst.

Sie war seit Langem daran gewöhnt, dass wildfremde Menschen jeden einzelnen ihrer Schritte beobachteten. Präsentiere ihnen eine interessante, aufregende Hülle, dann schauen sie nicht hinter die Maske. Diese Regel beherzigte sie längst ganz instinktiv, ohne darüber nachzudenken. Kleider konnten als eine Art Rüstung dienen – und als Trick, andere davon abzuhalten, einem zu nahe zu kommen. Je extravaganter, desto wirksamer.

Zu hautengen Designer-Hotpants aus verwaschenem Jeansstoff trug Kat ein knappes weißes Oberteil, das bei jeder Bewegung einen Blick auf ihren flachen Bauch im zarten Goldton freigab. Das glänzende schwarze Haar fiel ihr in weichen Wellen bis weit auf den Rücken hinab. Die strahlendblauen Augen, wie sie für alle Balfours typisch waren, verbarg die Riesenbrille.

Kat wusste genau, was für eine Art von Uniform an Bord dieser privaten Luxusjachten gefordert war. Nur ein Außenstehender würde auf den täuschend schlichten Stil ihrer Kleidung hereinfallen, den sich die Designer teuer bezahlen ließen.

„Bringen Sie bitte mein Gepäck an Bord“, wies sie den Chauffeur an, bevor sie auf hohen Korksandaletten die Gangway hinauftänzelte. Oben angekommen wandte sie sich dem Mann zu, der ihr am kompetentesten erschien, und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Er war mittleren Alters, schlank und ziemlich groß mit etwas schütterem sandfarbenem Haar.

„Hallo, Sie erwarten mich sicher bereits. Ich bin Kat Balfour.“

„Yeah …“ Der Mann musterte sie scharf aus blassblauen Augen. Erst jetzt fiel Kat auf, dass er einen kleinen silbernen Ring im Ohr trug. „Das dachte ich mir.“

Neugierig schaute sie um sich. „Ist schon einer der anderen Gäste an Bord?“

„Nein.“

„Und mein … Gastgeber?“ Wie verrückt, ihn oder sie nicht einmal beim Namen nennen zu können! Warum hatte sie nicht darauf bestanden, ihn von Oscar zu erfahren?

Weil du viel zu sehr damit beschäftigt warst, dich wieder bei ihm einzuschmeicheln, gestand sie sich kläglich ein. Weil du genau gespürt hast, dass er ziemlich verstimmt und in der Laune war, dir womöglich die regelmäßige und außerordentlich großzügige finanzielle Unterstützung zu streichen! Und was würdest du dann tun?

Angesichts seiner starren Miene wagte Kat nicht, den Mann vor sich zu fragen, wer sein Arbeitgeber war. „Ist mein Gastgeber bereits eingetroffen?“, konnte sie sich aber doch nicht verkneifen.

„Noch nicht.“

„Okay, dann seien Sie doch so gut und bringen Sie schon mal das Gepäck in meine Kabine“, bat sie betont nüchtern und verkniff sich noch im letzten Moment ein guter Mann.

„Warum erledigen Sie das nicht selbst?“, kam es prompt und ebenso ungerührt zurück.

„Wie bitte?“, fragte Kat ungläubig.

„Ich bin Ingenieur und kein Gepäckträger“, erklärte ihr Gegenüber kühl.

Irgendwie gelang es Kat, das Lächeln auf den Lippen zu behalten, während sie fieberhaft nachdachte. Angesichts der offensichtlichen Kaltschnäuzigkeit des Mannes hatte es wohl wenig Zweck, auf ihrem Wunsch zu beharren. Dennoch nahm sie sich vor, diesbezüglich ein paar deutliche Worte mit seinem Boss zu wechseln. Niemand sprach in diesem Ton mit einer Balfour!

„Dann zeigen Sie mir wenigstens den Weg zu meiner Kabine“, forderte sie mit stolz erhobenem Kopf.

Jetzt lächelte der unverschämte Kerl auch noch frech! „Ist mir ein Vergnügen. Folgen Sie mir, Miss.“

Seit ihrer Entlassung aus der Highschool hatte Kat ihre Koffer nicht mehr selbst tragen müssen. Diese hier waren schwer und sperrig, und das polierte Teakdeck war kein Laufsteg. Darum fiel es Kat auf ihren hohen Hacken ziemlich schwer, einen graziösen Eindruck zu machen oder auch nur das Gleichgewicht zu halten.

Das unangenehme Gefühl, das sich schleichend in ihr ausbreitete, verstärkte sich noch, als sie ihre Kabine erreichten. Ungläubig und mit offenem Mund schaute Kat um sich. Es war zwar Ewigkeiten her, seit sie zuletzt auf einer Jacht mitgefahren war, doch bisher waren ihr stets die besten Kabinen angeboten worden, die zur Verfügung standen. Zum Beispiel ein luxuriöser Schlafplatz in Decknähe, sodass man am Morgen gleich hinaustreten konnte, um die ersten Sonnenstrahlen und den weiten Blick übers Meer zu genießen. Oder in der Mitte des Schiffs, wo man den Vorteil der stabilsten Lage für sich beanspruchen konnte. Aber dies hier …

Kat sah sich zweifelnd um. Die Kabine war winzig und nur notdürftig eingerichtet. Keine Bilder an den Wänden und vor allem … nicht das kleinste Bullauge! Und irgendjemand hatte auch noch einen undefinierbaren Stofffetzen an einem Haken innen an der Tür hängen lassen.

Sie stellte die Koffer geräuschvoll auf dem Boden ab und wandte sich an ihren Begleiter. „Hören Sie, guter Mann …

„Mein Name ist Mike“, unterbrach er sie. „Mike Price.“

Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass sein Name sie nicht im Mindesten interessiere, da er sich ohnehin noch heute einen neuen Job suchen konnte, sobald sie ein ernstes Wörtchen mit seinem Arbeitgeber gewechselt hätte. Aber dazu war sie zu gut erzogen.

Also holte Kat erst einmal tief Luft und atmete sie langsam wieder aus. „Ich denke, da liegt ein Irrtum vor“, sagte sie mit erzwungener Ruhe.

„Warum?“

„Die Kabine ist viel zu klein und absolut … inakzeptabel.“

„Es ist exakt die, die ich Ihnen zeigen sollte.“ Mike zuckte nachlässig mit den hageren Schultern. „An Ihrer Stelle würde ich mich nicht gleich am ersten Tag mit dem Boss anlegen.“

Wenn sie nur wüsste, wer sein Boss war! Aber sie konnte wohl kaum so weit ihr Gesicht verlieren, Mike jetzt noch danach zu fragen. „Ich glaube nicht, dass Sie verstehen …“

„Ich glaube eher, dass Sie nicht verstehen, Miss“, unterbrach sie der Ingenieur brüsk. „Der Boss erwartet von seinem Personal, dass es selbstständig arbeitet und ansonsten unsichtbar ist, darum bezahlt er uns so gut.“

„Aber ich bin kein Crewmitglied!“, protestierte Kat empört. „Ich bin als Gast an Bord!“

Einen Moment hob Mike die Brauen, dann lachte er, als hätte Kat einen guten Witz gemacht. „Das glaube ich weniger. Jedenfalls entspricht es nicht dem, was mir gesagt wurde.“

Kats Nackenhärchen richteten sich alarmiert auf. „Wovon reden Sie?“

Mit dem Kinn wies Mike auf das Stoffteil am Türhaken. Er griff danach und schüttelte es aus, bevor er es Kat reichte.

„Was ist das?“

„Wonach sieht es denn aus?“

Erst nach ein paar Sekunden erkannte Kat, was sie in der Hand hielt. Mit derartigen Utensilien war sie bisher kaum in Berührung gekommen. „Eine … eine Schürze?“ Angewidert schleuderte sie das sperrige Baumwollteil von sich. „Was soll ich damit?“

Mike runzelte die Stirn. „Am besten, ich zeige es Ihnen.“

Was blieb ihr anderes übrig, als ihm zu folgen? Denn auf keinen Fall wollte sie ihre teure Designergarderobe in diesem Karnickelstall auspacken, wo es nicht einmal ausreichend Platz gab, um sie angemessen zu verstauen.

Oder sollte sie einfach tun, was ihr Instinkt ihr gebot? Dann würde sie dieses erbärmliche Schiff sofort wieder verlassen und die ganze Mittelmeerkreuzfahrt ein für allemal vergessen. Doch zunächst stakste sie mürrisch hinter Mike her, der sie durch einen langen, holzgetäfelten Gang zu einer Doppelflügeltür führte, die er abrupt aufstieß.

Kat orientierte sich kurz und seufzte erleichtert. Na, das sah schon mehr nach dem aus, was sie sich vorgestellt hatte. Dieser Raum wies endlich die Dimensionen auf, die sie gewohnt war. Ein feudaler Speisesaal, dessen verglaste Türen direkt nach draußen führten. In die Holzdecke eingelassene Spots simulierten einen funkelnden Sternenhimmel und gaben dem Ganzen eine romantische Note, die aber die Eleganz des Mobiliars aus glänzendem dunklem Holz nicht beeinträchtigte. Momentan schien aber die strahlende Mittagssonne, die helle Kringel auf die Kabinenwände und den Esstisch zauberte, an dem mindestens zwölf Personen Platz hatten.

Mehrere geöffnete Wein- und Champagnerflaschen standen entlang der Tischmitte zwischen heruntergebrannten Kerzen in silbernen Leuchtern. Wachs war auf das kostbare Chinaporzellan getropft. Bei genauerem Hinsehen stellte Kat fest, dass es sich nur zwei Personen hier hatten gut gehen lassen. Doch die kostbare Kristallplatte mit den frischen exotischen Früchten war nur halb gegessen, der Champagner in den hohen Kristallflöten längst schal. In einem Glas schwamm sogar ein zerknülltes Goldpapier, in das wahrscheinlich eine Praline eingewickelt gewesen war.

Angesichts der dekadenten Szenerie schürzte Kat missbilligend die vollen Lippen und bedauerte schon jetzt die arme Seele, die das Chaos würde beseitigen müssen.

„Was für ein grauenhaftes Durcheinander!“

Mike lachte. „Nicht wahr? Der Boss macht eben keine halben Sachen, wenn er eine Party schmeißt.“

Das klang fast anerkennend, und Kat schüttelte sich innerlich. Wenigstens wusste sie jetzt sicher, dass der Boss ein Mann war, denn keine Frau brächte es fertig, ein derartiges Schlachtfeld zu hinterlassen. Auf jeden Fall sprach die herrschende Unordnung nicht gerade für ihren Gastgeber.

Mit einem satten Schnurren sprangen die Maschinen an und das Schiff begann sanft zu vibrieren. Kats Augen weiteten sich überrascht, und sie lauschte kurz, wurde aber gleich darauf von etwas abgelenkt, das ihre ganze Aufmerksamkeit gefangen nahm. Vor ihr auf dem polierten Teakboden, halb versteckt unter dem Tisch, lag ein goldener Hauch von einem Nichts – ein winziger Stofffetzen, den sie erst auf den zweiten Blick als Bikinioberteil identifizieren konnte. Ein Symbol für haltlosen, dekadenten Sex. Heiße Schamesröte bedeckte ihre Wangen.

Aber es sollte noch schlimmer kommen.

Während sie mehr als peinlich berührt zur Seite sah, blickte sie direkt in ein dunkles, attraktives Männergesicht. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, nur um gleich darauf mit doppelter Geschwindigkeit weiter zu hämmern.

Das konnte nicht sein! Das durfte einfach nicht sein!

Der Mann auf dem Foto in dem schweren silbernen Rahmen war kaum älter als Anfang zwanzig. Doch an dem schon damals markanten Gesicht und den herausfordernden schwarzen Augen würde sie ihn immer und überall wiedererkennen. Er wirkte etwas schlaksiger als heute, trug eine üppig bestickte und verzierte Glitzerjacke zu hautengen Hosen und auf dem rabenschwarzen Haar einen flachen, seltsam geformten Hut.

Der kuriose Aufzug ließ ihn fremd und gleichzeitig absurd vertraut erscheinen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Kat realisierte, dass es sich um das traditionelle Kostüm eines Stierkämpfers handelte. Doch das schien angesichts der wachsenden Panik, die sich ihrer bemächtigte, schon gar nicht mehr relevant zu sein.

Der junge, verwegene Stierkämpfer, der sie aus dem schweren Silberrahmen kalt musterte, war niemand anders als Carlos Guerrero … der Mann, den sie nie wieder in ihrem Leben hatte sehen wollen.

„Wessen Jacht ist das hier?“, fragte sie heiser.

Mike war ihrem Blick gefolgt. „Seine“, erwiderte er lakonisch.

„C…Carlos Guerrero?“ Allein den verhassten Namen auszusprechen, jagte ihr eisige Schauer über den Rücken.

„Aber sicher, wer sonst? Wussten Sie das denn nicht?“ Mikes Neugier schien geweckt.

Natürlich hatte sie es nicht gewusst! Wäre sie sonst hier an Bord? Nicht auf eine Million Kilometer wäre sie diesem verdammten Schiff nahe gekommen! Aber den unverschämt grinsenden Ingenieur über ihre Gefühle gegenüber seinem Arbeitgeber aufzuklären, daran dachte sie schon gar nicht.

„Ich glaube, es handelt sich hier um eine Verwechslung“, murmelte sie spröde. „Nicht mehr als ein kleines Missgeschick, trotzdem möchte ich augenblicklich zurück an Land gehen.“

„Ich befürchte, das wird nicht möglich sein.“

„Und warum, wenn ich fragen darf?“, forderte Kat arrogant Aufklärung des Missverständnisses.

„Weil Carlos mir eine neue Arbeitskraft angekündigt hat, die Kat Balfour heißt.“

Nur ein einziges Wort war bei Kat hängengeblieben. „Arbeitskraft …“, echote sie.

„So ist es. Sie sind nach eigener Aussage Kat Balfour, und auf der Corazón Frío gibt es sechs hungrige Crewmitglieder.“ Er grinste breit. „Wir brauchen dringend jemand, der uns die Mahlzeiten zubereitet und hinter uns aufräumt und saubermacht. Das sehen Sie doch wohl ein, oder nicht?“

Kat blinzelte verwirrt und war immer noch der Ansicht, dass dieser seltsame Spaßvogel von Ingenieur sich einen dummen Scherz auf ihre Kosten erlaube. Als wenn sie auch nur im Traum daran dächte, derart niedrige Arbeiten zu verrichten – und dann auch noch für die Crewmitglieder auf einer Luxusjacht, wie sie sie bisher nur als Gast betreten hatte! Doch die grimmige Entschlossenheit hinter Mikes schadenfrohem Grinsen belehrte sie schnell eines Besseren. Dieser Mann scherzte keineswegs.

Was, zur Hölle, ging hier eigentlich vor sich?

„Lassen Sie mich von Bord gehen!“, verlangte Kat. „Und zwar auf der Stelle!“

„Tut mir leid, das kann ich nicht. Am besten klären Sie das mit dem Boss persönlich. Ich habe nicht die Befugnis, Sie gehen zu lassen. Aber wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: Ich an Ihrer Stelle würde hier erst mal klar Schiff machen, bevor Sie irgendwelche Forderungen stellen. Der Boss wird bald an Bord kommen.“

Carlos Guerrero kam hierher auf die Jacht?

Kat schnappte nach Luft, als treibe sie unversehens in stürmischer See, ohne Boot oder wenigstens einen Rettungsanker in Sicht. Und dann überfiel sie gleich die nächste schockierende Erkenntnis. Ihr Vater hatte diese Kreuzfahrt für sie arrangiert.

Warum?

Das alles ergab keinen Sinn. Doch sich noch länger mit wilden Spekulationen aufzuhalten, brachte sie momentan auch nicht weiter. Das Wichtigste war, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.

Der Fensterfront zugewandt starrte Kat mit offenem Mund übers weite Meer zu den winzigen Booten im Hafen von Antibes zurück, die wie glitzernde Spielzeuge wirkten. Sie saß in der Falle! Es sei denn, sie konnte den stoischen Ingenieur dazu bewegen, sie freizulassen.

„Hören Sie, Mike …“, versuchte Kat es zur Abwechslung im einschmeichelnden Ton, garniert mit einem herzzerreißenden Augenaufschlag, der ihr eigentlich immer zu dem verhalf, was sie sich wünschte. „Sie werden mir doch helfen, nicht wahr?“

Sein Grinsen wurde noch breiter. „Sorry, Darling, keine Chance. Ich mag meinen Job.“

Binnen eines Wimpernschlags änderte Kat ihre Taktik. „Okay … dann lassen Sie mich Ihnen zur Abwechslung einen Tipp geben. Ich bin nicht Ihre Dienstmagd, und ich werde ganz sicher nicht für Sie oder sonst wen kochen und putzen, verstanden? Und auf gar keinen Fall werde ich den Müll wegräumen, den Ihr schlampiger Boss und seine … seine … Bekannte hinterlassen haben. Ist das angekommen?“

Mike zuckte nur achtlos mit den Schultern. „Laut und deutlich. Machen Sie doch, was Sie wollen. Ich möchte allerdings nicht in Ihrer Haut stecken, wenn Carlos an Bord kommt.“ Er schaute auf die Uhr an seinem Handgelenk. „Ich gehe jetzt zum Käpt’n. Wenn Sie sich beruhigt haben, können Sie nachkommen, dann zeige ich Ihnen die Kombüse.“

Damit überließ er Kat, die vor Empörung und Schock wie Espenlaub zitterte, einfach sich selbst. Namenlose Furcht presste ihr Herz zusammen. Eine Angst, die sie tief in ihrem Innern begraben und seit Langem nicht mehr verspürt hatte. Der beklemmende Gedanke, sich auf Feindesland zu befinden, schnürte ihr die Luft ab und machte sie hilflos.

Nein, nicht ganz hilflos!

Das durfte sie sich gar nicht erst einreden. Es gab immer einen Ausweg. Auf keinen Fall aber würde sie nach diesem unangenehmen Ingenieur suchen, um sich von ihm in die Kombüse sperren zu lassen! Schlimm genug, dass sie hier festsaß, bis Carlos und die Besitzerin des goldenen Mikro-Mini-Bikinioberteils auf der Bildfläche erscheinen würden. Irgendetwas Unangenehmes regte sich in ihr, doch Kat weigerte sich, es als Eifersucht zu bezeichnen und verdrängte das alberne Gefühl gleich wieder.

Warum sollte sie auch auf eine Frau eifersüchtig sein, der ein arroganter Spanier offenbar brutal den Bikini vom Leib gerissen hatte? Wenn überhaupt, dann bedauerte sie das arme, fehlgeleitete Geschöpf höchstens ob seiner Naivität. Sollte der Mistkerl ruhig hier auftauchen! Mit ihr konnte er nicht so umgehen. Sie würde ihn wegen Kidnapping anzeigen, sobald sie auch nur einen Fuß an Land gesetzt hatte!

Oder noch früher! Mit bebenden Fingern fischte Kat ihr Handy aus der Tasche und versuchte vergeblich, eine Verbindung mit dem Festland zu bekommen. Noch wütender und verstörter als zuvor und unfähig, auf einem Platz zu verharren und sich in ihr Schicksal zu ergeben, beschloss sie, das Schiff zu erkunden. Es dauerte nicht lange, bis Kat feststellte, dass die Realität ihren ersten Eindruck noch bei Weitem übertraf.

Die Jacht war nicht einfach nur groß, sondern riesig! Geradezu bombastisch!

Es gab ein Kino, eine Bibliothek und sogar eine Art Weinkeller. Direkt an das luxuriöse Speisezimmer schloss sich eine ebenso gestylte wie bequem aussehende Wohnlandschaft mit vorgelagertem Sonnendeck. Zusätzlich zählte Kat sechs luxuriöse Gästekabinen, jeweils mit einem eigenen angrenzenden Bad und einem privaten Fahrstuhl ausgestattet, der die Bewohner direkt an Deck brachte.

All das symbolisierte einen Reichtum, der selbst Oscars übertraf, und Kat fragte sich insgeheim, womit Carlos Guerrero sein Geld verdiente. Sicherlich nicht immer noch als Torero, oder?

Beim Herumwandern verspürte Kat ein nagendes Hungergefühl und stellte fest, dass sie außer Tee und Toast am frühen Morgen noch nichts zu sich genommen hatte. Inzwischen war es Nachmittag. Sie musste etwas essen, wollte aber auf der Suche nach der Kombüse auf keinen Fall Mike oder einem anderen Crewmitglied über den Weg laufen. Das könnte sonst womöglich als stille Kapitulation gewertet werden!

Also schlenderte sie zurück ins Speisezimmer und nahm sich eine Banane und zwei Granatäpfel aus der verschmähten Fruchtschale. Dann griff sie beherzt in die danebenstehende Bonbonniere und stibitzte eine Handvoll dunkler Pralinen. Und zuletzt, mehr aus Opposition und Trotz als aus Neigung, öffnete sie eine Flasche Wein, die noch verkorkt war. Kat verstand zwar nicht viel von Wein, doch das Etikett wies den Flascheninhalt als einen der weltbesten Rebensäfte aus. Zufrieden schenkte sie sich ein Glas voll.

Da sie kaum Alkohol trank, waren das besondere Bouquet und feine Aroma des unschätzbaren Clairets zwar an sie verschwendet, doch wenigstens fühlte sich Kat nach einigen großen Schlucken bereits viel besser. Und sogar ein wenig rebellisch.

Gut so! dachte sie. Warte nur, Carlos Guerrero, diesmal bin ich vorbereitet und nicht mehr so naiv wie vor einem Jahr!

Sie leerte das Glas auf einen Zug und schenkte sich ein zweites ein, bevor sie sich seufzend auf einem tiefen, weichen Sofa niederließ und versonnen durch die hohen Glastüren auf die glitzernde blaue Wasserfläche hinausschaute. Dabei nippte sie immer wieder genüsslich an dem kostbaren Getränk. Die Flasche war fast leer, als ein seltsames Geräusch sie aufschreckte.

Ihr Herzschlag stockte, und nachdem Kat die Laute endlich identifiziert hatte, stieß sie einen kleinen Schrei aus und sprang förmlich auf die Füße.

So hörte sich das Lieblingsspielzeug des reichen Mannes an! Das Brummen und Schwirren über ihr konnte nur eines bedeuten – ein Helikopter machte Anstalten, auf der Luxusjacht zu landen. Wer immer ihn steuerte, würde bestimmt Mitleid und Verständnis für ihre prekäre Situation haben und sie aus ihrem schwimmenden Gefängnis befreien! Sie musste sich einfach der Gnade des Piloten ausliefern und ihm oder ihr sagen, dass sie hier gegen ihren Willen festgehalten wurde und so schnell wie möglich zur nächsten Polizeistation gebracht werden musste.

Entweder lag es an der Hast, mit der sie ihrem Retter entgegeneilen wollte, oder an den unpraktischen Sandaletten – oder vielleicht auch ein wenig am ungewohnten Alkohol –, auf jeden Fall rutschte Kat zu ihrem Entsetzen kurz vor dem Aufgang zum Helikopterlandedeck aus und landete unsanft auf dem Hinterteil.

Und noch bevor sie sich richtig aufrappeln konnte, hörte sie die typischen Geräusche, die ein Hubschrauber verursachte, wenn er wieder abhob.

„Oh, nein!“, rief sie verzweifelt und ließ sich kraftlos zurücksinken.

In diesem Moment ging die Luke von oben auf, und ein Schatten schob sich vor die Sonne. Kat schaute auf und blinzelte.

„Buenas tardes, querida …“, ertönte eine dunkle Stimme hoch über ihr.

Kat sog scharf den Atem ein und schaute wie paralysiert in das harte Gesicht von Carlos Guerrero.

2. KAPITEL

„Sie …“, stieß sie angewidert hervor und ignorierte Carlos’ hilfreich entgegengestreckte Hand, während sie taumelnd auf die Füße kam. Ihre Knie fühlten sich an wie aus Watte. Aber welcher Frau würde es anders ergehen, wenn sie sich unverhofft mit einem wahren Prachtstück von Mann konfrontiert sah?

Die enganliegenden schwarzen Jeans betonten den perfekt trainierten Körper, das markante Gesicht wirkte so unbewegt und kalt wie aus dunklem Marmor gehauen.

„Wen hast du denn erwartet?“, fragte er seidenweich. „Immerhin ist es meine Jacht, auf der wir uns hier befinden.“

Verzweifelt versuchte Kat ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen, ohne allzu unsicher und nervös zu wirken. Hatten sie sich eigentlich geduzt, anlässlich ihrer kurzen, aber umso heftigeren Begegnung beim letztjährigen Balfour Charity Ball? Sie erinnerte sich nicht mehr. Oder gebrauchte Carlos die vertrauliche Anrede etwa nur, weil er sie bereits zu seinen Untergebenen zählte?

Egal! Was er konnte, stand ihr schon lange zu!

„Ich wusste nicht, dass du …“ Hilflos brach sie ab und verwünschte innerlich ihre Unbeholfenheit. „Ich dachte zuerst, ich sei mitten in einem Albtraum gefangen, und jetzt entpuppt er sich als Realität.“

„Soll das heißen, es gefällt dir hier nicht?“

Das kam so scharf, dass Kat instinktiv ein paar Schritte nach hinten machte. Außerdem musste sie seiner dominanten, maskulinen Ausstrahlung und der beunruhigenden Hitze, die sie zu versengen drohte, entkommen. Und sie musste weit weg von den erotischen Schwingungen, die ihn wie eine gefährliche Aura umgaben und in ihr den Wunsch erweckten, die Finger in seinen wilden schwarzen Locken zu vergraben.

„Ich wäre überall lieber als hier … mit dir!“, behauptete sie vehement und hatte das peinigende Gefühl, dass Carlos ihr ebenso wenig glaubte wie sie sich selbst. „Überall sonst!“, bekräftigte sie deshalb noch einmal.

„Ganz meinerseits, querida.“

„Dann lass mich gehen“, sagte sie schnell. „Ruf den Helikopter zurück, damit er mich an Land bringt.“

„Nein“, gab er sanft zurück. „Das kann ich nicht, und ich will es auch nicht.“

„Du darfst mich nicht gegen meinen Willen hier festhalten.“

„Nicht?“ Carlos lachte leise, aber es klang nicht fröhlich. „Bist du nicht wenigstens ein kleines bisschen neugierig zu erfahren, warum du überhaupt hier vor mir stehst? Du kannst doch nicht wirklich glauben, dass es mich nach deiner exklusiven Gesellschaft verlangt hat, oder?“

„Natürlich nicht! Ebenso wenig, wie ich mich um deine reiße!“, fauchte Kat.

„Gut. Denn du wärst sicher nicht an Bord, wenn ich darüber zu entscheiden hätte!“, konterte er brutal und musterte Oscars kapriziöse Tochter.

Sie war sehr schön, dass musste er widerstrebend zugeben. Sogar noch attraktiver, als er sie in Erinnerung hatte. Glänzendes schwarzes Haar fiel ihr weich über die Schultern auf den Rücken hinab. Die großen Augen leuchteten im erstaunlichsten Blau, das er je gesehen hatte, umrahmt von langen dichten Wimpern, die wie schwarze Vogelschwingen auf den hohen Wangenknochen ruhten, wenn sie wie jetzt den Blick senkte. Die fein geschwungenen, aber vollen Lippen erinnerten an zarte Rosenblätter, und der aufregende Körper war in jedem Fall eine Sünde wert.

Betont weibliche Kurven, im Zusammenspiel mit unfassbar langen Beinen, perfekt zur Geltung gebracht in den knappen Denim-Shorts und hochhackigen Korksandaletten, die Kats knallrot lackierte Zehennägel zeigten. Ihre prallen Brüste unter dem engen weißen T-Shirt schienen ihn förmlich aufzufordern, sie mit seinen Händen zu umfassen … wie zwei reife Pfirsiche.

Doch sie ließ ihn kalt. Absolut kalt. Frauen wie sie hatten ihn noch nie gereizt.

Die typische, oberflächliche moderne Hexe, die ihre vordergründige Sexualität aggressiv wie eine Waffe einsetzte, um zu bekommen, was sie begehrte. Unerwartet überfielen ihn Erinnerungen an den extravaganten Ball, den ihre Familie jährlich zelebrierte. Damals, vor einem Jahr, hatte sie ihn ungefähr so subtil zu verführen versucht wie ein billiges Flittchen.

¡Maldición!

Es war eine Schande, dass er gezwungen war, so eine Frau an Bord seiner geliebten Jacht zu dulden! Doch er schuldete ihrem Vater etwas. Mehr, als man in Worten ausdrücken konnte, um es genau zu sagen. Andererseits könnte es sich vielleicht auch als ganz amüsant erweisen, diese verwöhnte kleine Lady mal aus ihrem Wolkenkuckucksheim auf den harten Boden der Realität zu befördern.

„B… bist du fertig mit deiner Inspektion?“, presste Kat zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ihre Stimme bebte vor Wut und einem Gefühl der Erniedrigung, weil noch niemand sie derart unverblümt gemustert hatte wie Carlos eben. Ja, sie erregte Aufmerksamkeit, wo immer sie auftauchte, aber kein Mann hatte das Recht, sie so dreist mit den Augen auszuziehen, dass sie sich splitterfasernackt fühlte.

Oder zitterst du noch aus einem ganz anderen Grund? fragte eine kleine boshafte Stimme in ihrem Hinterkopf. Weil es dir eigentlich ganz gut gefallen hat, wie er dich angesehen hat?

„Fertig?“, höhnte Carlos. „Ich habe noch nicht einmal angefangen, querida.“

Kats Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust, aber das würde sie sich nicht anmerken lassen. Dieser Mann bedeutete ihr nichts. Absolut gar nichts! Furchtlos hob sie das Kinn und erwiderte kalt seinen sengenden Blick. „Dann erklär mir endlich, was zur Hölle hier vor sich geht.“

„Du bist völlig ahnungslos?“

„Würde ich sonst fragen?“ Genau in diesem Moment erinnerte sich Kat an die Weigerung ihres Vaters, Details zu der Mittelmeerkreuzfahrt preiszugeben. Und jetzt stand sie hier vor diesem arroganten Spanier und ihr Unbehagen wuchs. „Es … es geht um eine Absprache zwischen dir und meinem Vater, habe ich recht?“

Carlos hob die Hände und applaudierte lautlos. „Bravo, querida“, forderte er sie heraus und wartete gespannt auf eine Reaktion.

Kat ballte die Hände zu Fäusten und zählte innerlich bis zehn. „Ich verlange, mit Oscar zu sprechen, auf der Stelle!“

„Hat dir nie jemand beigebracht, bitte zu sagen, wenn du etwas möchtest?“

„Ich glaube nicht, dass ausgerechnet du dazu geeignet bist, mir Manieren beizubringen, wenn du mich hier an Bord als deine Gefangene festhältst!“

Angesichts der kalten blauen Flamme, die in ihren wundervollen Augen loderte, spürte Carlos sein Blut heiß wie glühende Lava durch die Adern rauschen. Oh, ja, es würde ihm Spaß machen, diese kleine Wildkatze zu zähmen. Er würde ihr beibringen, dass sie nicht einfach nur sorglos durchs Leben tanzen und ihre Krallen an jedem Mann schärfen konnte, auf den ihr Raubtierblick fiel – ungeachtet etwaiger Konsequenzen.

„Beruhige dich erst einmal.“

„Aber ich …“

„Schluss jetzt!“, unterbrach er sie. „Komm mit!“

Seine Haltung drückte selbst von hinten gesehen Missfallen über das noch immer herrschende Chaos aus, das sie laut Mike auf sein Geheiß längst hätte beseitigen sollen. Aber das war allein sein Problem, entschied Kat, während sie Carlos mürrisch folgte. Im Gehen zog er einen cremefarbenen Umschlag aus seiner rückwärtigen Jeanstasche, wandte kurz den Kopf und reichte ihn ihr.

„Von deinem Vater.“

Darauf riss Kat ihm den Brief förmlich aus der Hand und öffnete ihn mit zitternden Fingern. Hastig begann sie zu lesen.

Meine liebste Kat …

Unverständliche Worte sprangen ihr förmlich entgegen, bei denen sie einen starken Drang verspürte, sich gegen sie zu wehren. Fassungslos las Kat sie wieder und immer wieder. Es war das bizarrste Dokument, das sie je in Händen gehalten hatte.

Mächtig, stolz und treu … Und das Ganze auch noch mal auf Lateinisch. Validus, Superbus et Fidelis …

In Kats Kopf begann sich alles zu drehen.

Das sind die Worte unseres alten Familienmottos, die dem Geschlecht der Balfours über viele, viele Jahre hinweg als Richtlinie gedient haben. Doch es gibt noch weitere Tugenden, die wir seit jeher als Leitfaden achten und die unter dem Begriff Balfour-Familientugenden zusammengefasst wurden.

Was, um alles in der Welt, mochte ihren Vater bewogen haben, ihr diesen seltsamen Brief zu schreiben? Sie las weiter.

Gerade in der letzten Zeit wurden diese Prinzipien mutwillig und gedankenlos außer Kraft gesetzt und unser guter Name der Lächerlichkeit preisgegeben – nicht nur hierzulande, sondern in der ganzen Welt. Dafür gebe ich hauptsächlich mir selbst die Schuld, weil ich meinen Kindern über Jahre hin ein schlechtes Beispiel war. Aber ich bin entschlossen zu verhindern, dass meine Töchter meinen mehr als bewegten Lebensstil kritiklos nachahmen.

Dann kam der Absatz, der Kat schlagartig das Blut aus den erhitzten Wangen trieb.

Darum streiche ich sämtliche Zuwendungen an dich, Kat, damit du gezwungen bist, zum ersten Mal im Leben selbst für deinen Unterhalt aufzukommen. Ich möchte ganz sicher gehen, dass du besonders die sechste Familientugend, die das Wort Verantwortungsbewusstsein beinhaltet, in ihrer ganzen Tragweite auslotest und erfasst.

Läufst du einmal vor deinen Problemen davon, wirst du immer auf der Flucht sein.

Du hast dein ganzes Leben damit verbracht wegzulaufen, Kat. Es ist höchste Zeit, dass du lernst, den Schwierigkeiten, die sich dir in den Weg stellen, ins Antlitz zu schauen und ihnen mutig zu begegnen. Nur Feiglinge laufen davon, aber keine Balfour! Finde eine Richtung, in die dein Leben gehen soll, anstatt dich ziellos treiben zu lassen. Ein wenig harte Arbeit kann dir dabei helfen, dich auf eine Sache zu fokussieren.

Ich habe es so arrangiert, dass du dir deine Schiffsreise auf Carlos Guerreros Jacht mit deiner eigenen Hände Arbeit verdienen musst. Er ist ein Mann, den ich gut kenne und dem ich zutraue, dass er dich auf den rechten Pfad bringen kann. Und er ist meines Wissens auch der einzige Mann, der dir gewachsen ist und der sich nicht von dir auf der Nase herumtanzen lässt. Außerdem kannst du auf hoher See nicht weglaufen.

Vergib mir, was du zunächst wahrscheinlich als eine unangemessene Tortur betrachtest, Kat Darling, aber ich bin mir ganz sicher, dass du mir eines Tages sogar dankbar dafür sein wirst.

Dein dich liebender Vater

Oscar

Kats perfekt manikürte Fingernägel gruben sich in das teure Büttenpapier. Sie brauchte ein paar Sekunden, bevor sie sich selbst genügend traute, um den Blick zu heben und ihren, von Oscar verordneten, Peiniger anzuschauen, der sie die ganze Zeit über aufmerksam beobachtet hatte. Um seine Lippen lag ein zufriedenes, eine Spur schadenfrohes Lächeln … oder bildete sie sich das nur ein?

„Du wusstest davon!“, klagte sie ihn an.

„Selbstverständlich.“

„Tugenden … Balfour-Familientugenden!“, stieß Kat angewidert hervor. „Das ist … das ist ungeheuerlich!“

„Darin stimme ich dir ausnahmsweise zu“, erklärte Carlos überraschend. „Es ist wirklich ungeheuerlich, dass eine moderne junge Frau von zweiundzwanzig noch nie ihre feinen Hände hat schmutzig machen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.“

„Das geht dich nichts an!“

„Und ob es das tut, querida. Dein Vater hat es zu meiner Sache gemacht, als er mich Unglücksraben dazu bestimmte, deinem nutzlosen Dasein ein Ende zu bereiten und dich bei mir anzustellen. Wobei ich ernsthaft bezweifle, dass sich jemand anderer überhaupt dazu herabgelassen hätte.“

„Warum hast du dich denn darum gerissen, wenn es dir offensichtlich derart widerstrebt“, fauchte Kat ein wenig eingeschnappt. Schließlich war sie kein Monster, oder?

„Weil ich ihm einen Gefallen schuldete.“

Dieses knappe, nur widerwillig abgegebene Statement stellte sie keineswegs zufrieden. „Ich kann es einfach nicht fassen, dass mich Oscar ausgerechnet jemandem ausliefert, der …“

Seine schwarzen Augen verengten sich zu gefährlichen Schlitzen. „Der was?“

„Der als einer der berühmtesten Playboys auf der ganzen Welt angesehen wird!“, platzte Kat heraus und hätte sich am liebsten dafür die Zunge abgebissen.

Sekundenlang blieb es still.

Immer wieder den gleichen Müll über sich zu hören, erfüllte Carlos jedes Mal mit heißer Wut. Dabei hätte er längst daran gewöhnt sein müssen, dass die Paparazzi sein angeblich ausschweifendes Liebesleben zu ihrem Topthema gekürt hatten. Und das nur, weil sämtliche Frauen, die seinen Weg kreuzten, versuchten, sich an ihn zu hängen. Wenn er nur einen Euro für jede von ihnen bekommen würde, die vor den Pressegeiern behauptete, mit ihm im Bett gewesen zu sein, würde sein zugegebenermaßen sehr gut bestücktes Bankkonto längst aus allen Nähten platzen.

Düster schaute er in die strahlendblauen Augen der schwarzhaarigen Schönheit direkt vor ihm und fragte sich, woher ausgerechnet sie – von allen Frauen auf der Welt – das Recht ableitete, ihn in diesem brisanten Punkt zu kritisieren.

„Dabei bin ich mehr als wählerisch und penibel, was Frauen betrifft … das solltest du doch am besten wissen“, erwiderte er gedehnt. „Immerhin habe ich dich abgewiesen, du erinnerst dich, querida? Und das, obwohl du mich quasi auf Knien angefleht hast, dich in mein Bett zu nehmen.“

Ich hasse ihn! dachte Kat und presste instinktiv die Hände an die brennenden Wangen, während die unwillkommenen Erinnerungen sie quälten.

Das Schlimmste an dieser demütigenden Szene war: Carlos sagte nur die bittere Wahrheit! Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen und sich auf eine Art und Weise vor ihm produziert, die sie noch nie zuvor an sich erlebt hatte. Denn was Männer betraf, war Kat trotz ihres draufgängerischen, provokanten Auftretens in der Öffentlichkeit ein absoluter Frischling. Unsicher und unerfahren wie ein alberner Teenager.

Manchmal zogen ihre Schwestern sie auf, weil sie keinen festen Freund hatte, und sie selbst fragte sich ernsthaft, ob sie jemals dieses himmelstürmende Gefühl überwältigender Liebe und sexueller Lust erleben würde, von dem andere Frauen schwärmten.

Dabei war sich Kat gar nicht sicher, ob sie es überhaupt wollte. Anderen Menschen zu nahe zu kommen, hieß, verletzbar zu sein, und das wollte sie nie wieder riskieren. Darum versteckte sie sich hinter auffallenden Outfits und einer frivolen, leichtlebigen Maske. Das fiel ihr schon deshalb nicht schwer, weil sie sich noch nie von einem Mann besonders angezogen gefühlt hatte.

Nicht bis zu jenem Ball vor einem Jahr …

Das Kleid, das sie damals getragen hatte, war mehr als gewagt gewesen, selbst für ihre Verhältnisse. Ein hautenger Designertraum aus rubinrotem Satin, dessen bestickte Korsage ihre Oberweite mehr preisgab als bedeckte. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch den berühmten Balfour-Diamanten, einem unschätzbar kostbaren Juwel in Tropfenform, der an einer langen Kette hing und in dem sanften Tal zwischen ihren prallen Brüsten funkelte. Die fast hüfthohen Seitenschlitze der langen Robe ließen ihre langen Beine bei jedem Schritt hervorblitzen. Kostbare Edelsteine funkelten in ihrem aufgesteckten Haar und um den schlanken Hals.

Kat erinnerte sich noch sehr gut daran, wie sie müde und etwas gelangweilt die Treppe zum großen Ballsaal hinunterschritt, sehr wohl wissend, dass aller Augen auf ihr ruhten. Doch das war sie gewohnt, und es machte ihr nichts aus.

Und dann sah sie ihn! Inmitten Hunderter von Ballgästen stach er heraus wie ein strahlender Komet am nachtschwarzen Himmel. Ihr Herz schlug einen wilden Trommelwirbel, und plötzlich wusste Kat, wovon ihre Schwestern und Freundinnen immer geredet hatten.

Le coup de foudre! Ohne Vorwarnung – Liebe auf den ersten Blick!

Da stand er, ihr Traummann in Fleisch und Blut … und in einem eleganten, maßgeschneiderten Abendanzug.

Das schwarze Haar trug er etwas länger als die anderen Männer und irgendwie wilder. Insgesamt hatte er etwas Ungezähmtes. Gleichzeitig wirkte er arrogant, stolz und unfassbar sexy – ihn nur anzuschauen, ließ jeden Nerv in ihrem Körper vibrieren.

Doch es gab ein Problem, er war offensichtlich nicht allein da. Die Frau an seiner Seite war gertenschlank, und den Ausdruck auf ihrem klaren Gesicht, das kaum eine Spur von Make-up aufwies, konnte man als heiter und gelassen beschreiben. Eine natürliche Schönheit wie ihre muss nicht künstlich hervorgehoben werden, dachte Kat mit einer Spur Neid, während sie die Fremde kritisch betrachtete. Der klassische französische Knoten passte perfekt zum gewollt schlichten Stil der cremefarbenen Abendrobe aus fließender Seide. Als einzigen Schmuck trug sie ein Paar Perlenohrringe.

Im Vergleich dazu fühlte Kat sich plötzlich wie ein völlig übertakelter Weihnachtsbaum. Doch das hinderte sie nicht daran, den verdammt attraktiven Begleiter der eleganten Lady offen anzuschmachten, während in ihr ein wildes Begehren wuchs, von dem sie nie auch nur etwas geahnt hatte.

Kat war davon so überwältigt, dass sie gar nicht erst versuchte es zu verstecken, denn das hätte sie ohnehin nicht fertiggebracht. Aber der umwerfende Adonis mit den funkelnden schwarzen Augen ignorierte den ihm zugespielten Ball nicht nur, sondern maß Kat, als sie einander vorgestellt wurden, mit einem so kalten, vernichtenden Blick, dass sie eigentlich auf der Stelle tot hätte umfallen müssen vor Scham.

Stattdessen tat sie weiterhin alles, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Da sie aber schrecklich unerfahren in diesem Metier war und er der erste Mann, den sie wirklich wollte, übertrieb Kat dabei maßlos. Jedes Mal, wenn sie glaubte, er schaue in ihre Richtung, warf sie den Kopf zurück, brach in glockenhelles Gelächter aus und schüttelte die dunkle Haarpracht. Oder sie senkte lasziv die Lider und warf ihm unter den dichten, gebogenen Wimpern einen schwelenden Blick zu. Die Wirkung konnte sie allerdings nicht überprüfen, weil sie viel zu beschäftigt mit ihrer schauspielerischen Leistung war.

Doch irgendwann dämmerte es Kat, dass sie genauso gut versuchen konnte, einen Felsbrocken zum Leben zu erwecken. Aber so leicht würde sie nicht aufgeben!

Carlos Guerrero … was für ein Name! Was für ein Mann!

Das Nächste, was sie sah, war, dass seine Begleiterin ihm etwas zuraunte und in Richtung der Toilettenräume verschwand, worauf Carlos den Ballsaal verließ und auf die illuminierte Terrasse hinaustrat. Sofort heftete Kat sich an seine Fersen.

Es war Vollmond. In der lauen Luft lag der betäubende Duft von Jasmin, und Kat hatte plötzlich das Gefühl, in einer Nacht wie dieser sei alles möglich … wenn man nur tapfer genug war, die Hand auszustrecken und sich zu nehmen, wovon man träumte.

„Hallo …“, gurrte sie sanft, als sie dicht hinter Carlos Guerrero stand.

Langsam drehte er sich um und musterte kalt Kats sanft gerötetes Gesicht. „Sie sind die Frau, die schon den ganzen Abend auf Teufel komm raus mit mir zu flirten versucht“, stellte er in einem ebenso resignierten wie verärgerten Ton fest.

„Habe ich das?“ Glücklicherweise war es hier draußen so dunkel, dass er nicht sehen konnte, wie sich ihre Röte dramatisch vertiefte. Aber hatten ihre Schwestern ihr nicht immer eingeschärft, Frauen und Männer seien heutzutage absolut gleichberechtigt, auch was die Liebe und speziell die Partnerwahl betraf?

„Ich … ich dachte nur, Sie … Sie würden vielleicht gern tanzen?“, fragte sie stammelnd und versuchte wenigstens optisch einen selbstsicheren Eindruck zu machen. Darum war sie mit jedem Wort ein Stückchen näher an ihn herangerückt, sodass sie unerwartet seinen Atem auf ihrer Haut spürte. Ganz tief sog sie den magischen Duft nach Limone, Sandelholz und etwas Unbekanntem, Aufregenden in sich ein und hob den Blick.

In diesem Moment kam der Mond hinter einer Wolke hervor, und Kat gefror zu Eis. Solange sie lebte, würde sie den Ausdruck in seinen schwarzen Augen nicht vergessen. Sein Blick glitt an ihr hinunter wie kalter Stahl und blieb an dem riesigen Diamanten zwischen ihren Brüsten haften. Ganz langsam wandelte sich der Ausdruck, den man am ehesten mit Ärger beschreiben konnte, zu offenkundiger Missbilligung und schließlich tiefster Verachtung.

„Führst du dich eigentlich jedem Mann gegenüber wie ein Flittchen auf, querida?“, fragte er gedehnt. „Oder interessiert er dich nur, wenn er einer anderen gehört?“

Sein unverhohlener Widerwille schockierte Kat so, dass sie kaum wahrnahm, dass inzwischen jemand in der offenen Terrassentür aufgetaucht war und sie stumm beobachtete.

„Aber … aber ich …“

Abrupt beugte Carlos sich vor, sodass seine Lippen ihre Ohrmuschel berührten. Kat hatte das Gefühl, einen elektrischen Schlag zu bekommen.

„Du bist aufgedonnert wie eine Hure, und genauso benimmst du dich auch!“, zischte er ihr zu. „Warum verschwindest du nicht einfach, ziehst dir etwas Anständiges an und nimmst ein paar Lehrstunden in korrektem Auftreten, bevor du dich wieder in die Öffentlichkeit wagst?“

Noch ehe Kat überhaupt die Chance hatte zu reagieren, kehrte Carlos Guerrero auch schon wieder in den Ballsaal und zu seiner schönen Begleiterin zurück – vorbei an ihrem Vater, der die ganze Szene aufmerksam von der Tür her verfolgt hatte.

Wie sie später von ihren Schwestern erfuhr, legte Carlos der Dame in Beige kurz darauf eine schimmernde Stola um die bloßen Schultern und entführte sie in die Nacht.

Kat blieb wie paralysiert zurück und fasste es kaum, dass sie sich so hatte vergessen können. Sie hatte sich tatsächlich aufgeführt wie eine …

Ihre Schwestern, denen ihr ungewohntes Verhalten natürlich nicht entgangen war, amüsierten sich in erster Linie über Kats Entgleisung und versorgten sie ohne Extraaufforderung mit allen wichtigen Details über Carlos Guerrero.

Nicht nur, dass er ein geradezu legendärer Stierkämpfer gewesen war, den gleichen Ruf genoss er auch als Playboy, dem die schönsten und aufregendsten Frauen der Welt zu Füßen lagen. Eine Eröffnung, die Kat quasi den Rest gab.

Und seit jenem Abend hatte sie Carlos Guerrero nicht mehr gesehen – bis heute.

Seufzend strich sie sich abwesend über die Stirn, während sie versuchte, die peinigenden Erinnerungen zu verdrängen. Immer noch hielt sie den Brief ihres Vaters in der Hand, und immer noch beobachtete Carlos sie.

Vergiss, wie du dich an jenem schrecklichen Abend benommen hast, und vergiss, wie grausam und brutal dich dieser Mann niedergemacht hat. Das alles liegt in der Vergangenheit, sagte Kat sich selbst und begegnete seinem Blick mit Offenheit und einer Spur Trotz.

„Hör zu, Carlos, wenn ich dich richtig verstanden habe, gefällt dir dieses von meinem Vater inszenierte Theater ebenso wenig wie mir“, sagte sie fest.

Noch vor wenigen Minuten hätte er ihr kompromisslos zugestimmt, jetzt zögerte er mit einer Antwort.

Als Oscar ihn gebeten hatte, seine Tochter bei sich anzustellen, war sein erster Instinkt strikte Ablehnung gewesen. Er wollte weder Babysitter noch Mentor sein – und schon gar nicht für verwöhnte reiche Mädchen, die das Leben für eine Art Abenteuerspielplatz hielten.

Aber warum, zur Hölle, hatte er dann nicht einfach Nein gesagt?

Weil Oscar Balfour in der Vergangenheit sehr gut zu ihm gewesen war und ihm half, sein Immobilien-Imperium aufzubauen, dem er seinen Wohlstand verdankte. Zu der Zeit gab es niemanden außer Oscar, der einem aufbrausenden und unbeherrschten jungen Spanier, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, sein Leben von Grund auf zu ändern, auch nur den kleinen Finger gereicht hätte.

Carlos Guerrero war damals nicht mehr als ein Ex-Matador mit großen Flausen im Kopf gewesen, versessen darauf, jeden seiner eisern gesparten Cents zu investieren, um ein Vermögen zu machen. Oscar gefielen sein Ehrgeiz und sein Ungestüm, darum gab er ihm das Darlehen, das die Banken ihm verweigerten, und zeigte sich, was die Höhe und den Zinssatz betraf, zudem noch äußerst großzügig.

Und so etwas würde kein Mann je vergessen. Wie hätte er Oscar den Gefallen abschlagen können?

„Natürlich gefällt mir das Ganze ebenso wenig wie dir“, erwiderte er ruhig. „Ich habe wahrlich Wichtigeres zu tun, als Kindermädchen für ein verwöhntes Gör zu spielen. Aber in diesem Fall zählen meine eigenen Wünsche und Befindlichkeiten nicht. Dein Vater hat mich um meine Hilfe gebeten, und ich gewähre sie ihm. Das schulde ich ihm einfach.“

Jetzt grinste er auch noch und zuckte mit den breiten Schultern! „Außerdem ist es nicht so eine Tortur, dich hier auf meiner Jacht zu beschäftigen, zumal uns ohnehin ein Smutje und ein Leichtmatrose fehlen.“

„Willst du Geld?“, fragte sie. „Ich kann dir einen Scheck ausschreiben.“

Fassungslos über so viel Dreistigkeit schüttelte Carlos langsam den Kopf. Hielt sie ihn ernsthaft für käuflich? Möglich wäre es, angesichts der Art und Weise, wie sie sich offenbar bisher durch ihr nutzloses Leben laviert hatte.

Ohne es zu wollen, fühlte er sich an die Armut in seiner Kindheit und Jugend erinnert. Daran, dass seine Mutter in jeder freien Minute die Böden der Reichen geschrubbt hatte, bis ihre Hände rot und rissig waren und die dunklen Ringe unter ihren schönen Augen von der Erschöpfung sprachen, die sie ihm gegenüber nie eingestehen wollte.

„Schon vergessen, dass Freikaufen keine Option mehr ist, nachdem dein Vater dir das Konto gesperrt hat?“, fragte er zynisch.

„Dann verkaufe ich eben meine Juwelen!“, fuhr sie auf.

„Hier? Auf der offenen See?“

Erst jetzt traf die Realität Kat mit ihrer ganzen Härte und machte sie regelrecht sprachlos. Immer wieder schüttelte sie fassungslos den Kopf, und als sie Carlos anschaute, glänzten ihre blauen Augen vor ungeweinten Tränen. „Ich … ich bin sicher, wir werden zu irgendeiner, wie auch immer gearteten Einigung kommen …“ Das hörte sich fast flehend an.

„Das glaube ich weniger“, sagte Carlos, während sein Blick auf ihrem knappen weißen Top ruhte, bevor er ihn bedächtig zu dem flachen, goldgetönten Bauch wandern ließ, der zwischen Oberteil und Hot-Pants aufblitzte. „Es sei denn, du dachtest an etwas ganz Besonderes. Passend angezogen bist du ja …“

Kat brauchte einen Moment, bis sie seine Anspielung verstand, dann spürte sie heiße Wut in sich aufsteigen und fühlte, wie ihr Kampfgeist wieder erwachte.

Wie sollte sie es an Bord auf einer Jacht mit einem Mann aushalten, der seine Verachtung für sie so offen und unverblümt zur Schau stellte? Und dabei auch noch ihn und seine Crew bekochen und hinter ihnen herräumen?

„Vielleicht bist du es ja gewöhnt, für Sex zu bezahlen!“, fauchte sie ihn an. „Und wahrscheinlich auch daran, alles zu bekommen, wonach dein Herz begehrt. Diesmal nicht, Señor Guerrero! Da spiele ich nicht mit!“

Ohne Vorwarnung stürmte sie an ihm vorbei durch die offene Tür und hinauf aufs Deck. Dort streifte sie ihre Korksandaletten von den Füßen, stieg auf die Reling, schien sekundenlang zwischen Himmel und Erde zu schweben und starrte hinunter ins azurblaue Meer. Dann holte sie tief Luft und sprang ins Meer.

3. KAPITEL

Der Schock des Aufpralls und die Kälte verschlugen Kat den Atem, aber sie war eine gute Schwimmerin. Während ihrer Zeit in Sri Lanka hatte sie sich fast nur im Wasser getummelt und wurde von allen Fischlein genannt.

Doch in einem Pool oder vom sicheren Strand aus zu schwimmen war etwas anderes als hier, mitten auf offener See. Es dauerte noch eine Weile, bis Kat die ganze Tragweite ihrer spontanen Aktion bewusst wurde. Ihr Körper wurde zunehmend steifer, die Jeans-Pants schienen eine Tonne zu wiegen und sie immer weiter in die Tiefe zu ziehen.

Wahrscheinlicher aber war es, dass ihr der ungewohnte Wein immer noch das Hirn vernebelte und ihre Urteilskraft trübte. Trotzdem bewegte sie sich mit kräftigen Schwimmstößen stetig vorwärts, als kämpfe sie um ihr Leben … oder gegen das Schicksal. Heiße Tränen der Wut mischten sich mit kaltem Salzwasser, und irgendwann stellte Kat fest, dass sie Gefahr lief, sich völlig auszupowern. Darum drehte sie sich auf den Rücken und begann, Wasser zu treten.

Aus ihrer neuen Position konnte sie sehen, dass die Corazón Frío gestoppt hatte und bereits ein kleines Beiboot zu Wasser gelassen worden war, das in ihre Richtung steuerte. Doch vor dem Boot würde etwas … oder besser jemand anderer sie erreichen. Ein stromlinienförmiger Körper schoss zielsicher auf sie zu und tauchte als goldbronzener Koloss direkt neben ihr auf.

Mit einer Hand strich Carlos sich die klatschnassen dunklen Locken aus dem Gesicht, mit der anderen umfing er Kats Taille mit hartem Griff. Als sie wütend protestieren wollte, begegnete sie seinem flammenden Blick und klappte den Mund wieder zu.

„Verdammte kleine Idiotin!“, knirschte er und atmete erleichtert auf, als er ihren Widerstand fühlte. Courage hatte diese kleine Hexe, das musste man ihr lassen. Und Ausdauer!

„Lass mich!“, keuchte sie dann doch, als sie seinen Mund an ihrem nassen Ohr spürte. „Ich will hier weg!“

„Du gehst oder schwimmst nirgendwo hin, querida!“, grollte er. „Du hältst jetzt still, bis das Boot da ist, sonst gehen wir noch beide unter!“

Das Absurde war, genau in dieser Sekunde fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben sicher – beschützt und gut aufgehoben in Carlos’ starken Armen, sodass niemand ihr etwas tun konnte.

Wie verrückt ist das denn? schoss es ihr gleich darauf durch den Kopf. Ausgerechnet die intime Nähe ihres Peinigers weckte derartige Emotionen in ihr? Wahrscheinlich war der Wein doch schwerer gewesen, als sie angenommen hatte.

„Verdammt! Dabei bin ich gewarnt worden, dass du versuchen würdest zu fliehen. Aber niemand hielt es für nötig, mir zu sagen, dass du auch noch eine potenzielle Selbstmörderin bist!“, schimpfte Carlos vor sich hin.

Inzwischen war das Beiboot angelangt, und helfende Hände streckten sich über die Reling, um Kat in Sicherheit zu bringen. Doch sie war sich einzig und allein der kräftigen Hand auf ihren knappen Jeansshorts bewusst, die fest auf einer ihrer nassen Pobacken lag und sie eher grob als fürsorglich nach oben schob.

Kat kniete noch erschöpft am Boden, als sich ihr Retter geschickt an der Bordwand hochzog und neben ihr auf den nackten Füßen landete. Grob umfasste er ihre Schultern und drängte sie, sich auf eine Bank zu setzen. Heimlich betrachtete Kat seine muskulöse Statur in den nassen Jeans und dem weißen Hemd, das an seinem mächtigen Oberkörper klebte.

„Versuch nie wieder, einen derartigen Stunt mit mir abzuziehen“, warnte Carlos, als sich ihre Blicke trafen. „Verstanden?“, fauchte er.

Sie schaute zur Seite und sah, dass Mike ihnen ostentativ den Rücken zuwandte, während er das Boot in Richtung der Jacht steuerte. Natürlich bekam er trotzdem mit, dass sein Boss sie abkanzelte wie ein dummes Schulmädchen. Ihn zu bitten, sie gegen Carlos’ erklärten Willen mit dem Beiboot heimlich an Land zu bringen, war also auch keine realistische Option.

Was bedeutete: Sie saß tatsächlich in der Falle. Gefesselt an den einzigen Mann, von dem sie sich jemals … körperlich angezogen gefühlt hatte und immer noch fühlte, wenn sie ehrlich war. Selbst wenn sie dieser Zustand psychisch und physisch an ihre Grenzen brachte.

„Verstanden?“, wiederholte Carlos scharf und riss sie damit aus ihren Tagträumen.

„Habe ich denn eine Wahl?“, erwiderte sie und fuhr sich mit der Zungenspitze über die salzigen Lippen.

„Nein, außer der, endlich vernünftig zu werden, dich deinen Aufgaben während dieser Schiffsreise zu widmen, dich auf deine eigenen Beine zu stellen und zu beweisen, dass du mehr bist als ein verwöhntes It-Girl. Danach kannst du gehen, und wir müssen nie wieder auch nur ein Wort miteinander wechseln.“

Unverhofft wurde Kat von den emotionalen Nachwehen ihrer unbedachten Aktion überrollt und begann, am ganzen Körper zu zittern. Anfangs stutzte Carlos, doch als er sicher war, keinem neuen Trick von ihrer Seite auf den Leim zu gehen, legte er stützend einen Arm um ihre bebenden Schultern. Kats Gesichtsfarbe changierte zwischen schneeweiß und aschgrau, die Lippen wiesen eine bläuliche Färbung auf.

¡Por Dios! Wie konnte jemand von der einen Sekunde zur anderen so schrecklich hinfällig und zerbrechlich aussehen?

„Beeil dich, Mike!“, herrschte Carlos’ seinen Schiffsingenieur voller Sorge an. „Sie hat heftigen Schüttelfrost.“

Wie durch einen Nebel bekam Kat mit, dass sie an Bord der Corazón Frío gehoben wurde und Carlos gleich darauf Mike und die anderen hilfreich herbeigeeilten Crewmitglieder fortschickte. Er hob Kat auf die Arme und trug sie quer übers Schiff und unter Deck, wo er am Ende eines langen Gangs die Tür zu einer holzgetäfelten Kabine öffnete, ohne seinen potenziellen Smutje abzusetzen. Erst in der Raummitte stellte er Kat behutsam auf die Beine.

Mühsam versuchte sie den Kopf zu wenden, war aber immer noch sehr schwach. Eines wusste sie allerdings genau: „Das ist nicht meine K…Kabine …“ Ihre Zähne klapperten so heftig, dass die Kiefer schmerzten. „Ist es etwa d… deine?“

„Meine?“ Carlos lachte. „Ich glaube, du überschätzt deine Wirkung maßlos, querida. Verwöhnte, reiche Mädchen gehören nicht zu meinen bevorzugten Gespielinnen …“

Normalerweise hätte sie diese unverschämte Bemerkung in Rage gebracht, doch Kat fühlte sich immer noch wie betäubt und konnte sich kaum bewegen, geschweige denn gegen Carlos rüde Bemerkungen protestieren. Erst als er begann, ihr klatschnasses Shirt hochzurollen, und sie die Hitze seiner Hände auf ihrer kalten, klammen Haut spürte, murrte sie und wehrte sich schwächlich.

„Was … was tust du da?“

„Wonach sieht es denn für dich aus?“, knurrte er sarkastisch. „Nach einer heißen Verführung?“ Verflixte kleine Hexe! Warum musste Kat Balfour auch derart herausfordernde weibliche Kurven haben, die ihn fast vergessen ließen, was für eine schreckliche Nervensäge sie war? „Ich befreie dich von deinen nassen Sachen, bevor ich noch einen Arzt vom Festland kommen lassen muss.“

Da Kat gefiel, was seine Berührungen in ihrem tiefsten Innern anrichteten, und sie sich ohnehin zu elend fühlte, um mit Carlos zu kämpfen, ließ sie es stumm geschehen, dass er ihr das feuchte Top über den Kopf zog und zu Boden fallen ließ. Dann nahm er sie bei den Schultern, drehte sie überraschend sanft um, löste den Verschluss ihres BHs und ließ das zarte Spitzengebilde ebenfalls auf den Kabinenboden fallen. Danach drückte er Kat aufs breite Bett hinunter und zog eine weiche Kaschmirdecke über die zitternde Gestalt.

„D…anke“, stammelte sie immer noch mit klappernden Zähnen. „D…as fühlt sich w…underbar an.“

„Zieh endlich die verdammten Shorts aus!“, murrte er. Doch entweder hörte sie ihn nicht oder ignorierte seinen harschen Befehl. Oder sie stand unter Schock. Dann erinnerte er sich an ihren Weinatem. Oder sie war betrunken!

Carlos Guerrero war der beste und unerschrockenste Stierkämpfer seiner Zeit gewesen. Die Geschicklichkeit seiner schlanken, kräftigen Hände hatte Menschenmassen zu wahren Begeisterungsstürmen hingerissen – doch hier versagten sie ihm den Dienst. Wie ein unbeholfener Teenager fühlte er sich, als er die knappen nassen Jeans-Pants von Kats Hüften zog und über die langen schlanken Beine nach unten rollte. Zu seinem und ihrem Glück war sie so benommen, dass sie es kaum wahrnahm und sich wie ein Kätzchen zusammenrollte, sobald sie von dem nassen Zeug befreit war.

Für den Bruchteil einer Sekunde starrte Carlos auf den sanft gebräunten nackten Körper, dann warf er abrupt die Decke darüber, trat vom Bett zurück und war so erregt, wie seit Ewigkeiten nicht mehr.

¡Maldición!

Carlos holte noch eine zweite Kaschmirdecke und breitete sie über die erste. Kat seufzte leise und kuschelte sich ganz tief in die wohlige Wärme. Die Augen waren ihr längst zugefallen, die Lippen leicht geöffnet, und in die blassen Wangen kehrte endlich ein Hauch Farbe zurück. Mit den noch feuchten, glänzenden Locken, die ihr in die Stirn fielen, sah sie so … sauber, so rein und unschuldig aus.

Aber der äußere Schein konnte trügen, erinnerte er sich selbst und hielt sich alle Gründe vor Augen, weshalb er sie nicht mochte. Kat Balfour war ebenso schamlos wie rücksichtslos und verwöhnt, und sie stand für alles, was ihn an Frauen ihrer Art abstieß. Für ihn rangierten harte Arbeit und Bescheidenheit ganz weit vor hohen Positionen in Beruf und Gesellschaft oder familienbedingten Privilegien.

Er war mit einer Begleiterin am Arm zum Balfour Charity Ball erschienen. Doch hatte das Kat Balfour davon abgehalten, ihn auf Teufel komm raus anzubaggern? Nein! Selbst jetzt, da sie halb bewusstlos vor ihm lag, sandte sie noch instinktiv erotische Signale aus – wie eine Sirene, die den Mann, den sie begehrte, ins Verderben ziehen wollte.

Und wenigstens einen Augenblick war er versucht gewesen, darauf zu antworten, wenn er ehrlich mit sich selbst war …

Aus Erbitterung über die eigene Schwäche kniff Carlos die Lippen zusammen. Er hätte darauf bestehen sollen, von ihrem Vater eine Gefahrenzulage zu erhalten! Oder noch besser, er hätte Oscar einfach abblitzen lassen und ihm raten sollen, einen anderen Dummen für den Job zu suchen. Doch für beides war es definitiv zu spät.

Im Schlaf zog Kat einen Arm unter der Decke hervor und legte ihn über ihrem Kopf auf dem Kissen ab. Die brillantenbesetzte Uhr an ihrem schmalen Handgelenk hatte das Abenteuer offensichtlich noch schlechter überstanden als ihre Trägerin und war vom Seewasser ruiniert worden. Doch sie Kat abzunehmen, wagte Carlos nicht, um die schlafende Schönheit nicht aufzuwecken.

Wenn, dann würde er es auf die Art tun wie der Prinz im Märchen …

Mit einem unterdrückten Fluch wandte Carlos sich ab, ging zur Tür, wo er das Licht löschte, und verließ die Kabine, als wäre er auf der Flucht.

4. KAPITEL

Kat erwachte in einer fremden Umgebung und mit einem ungewohnten Gefühl.

Verwirrt schaute sie um sich und versuchte, sich zu orientieren. Wo war sie hier … und warum war sie hier und wie war sie hierhergekommen?

Der Raum war vom Boden bis zur Decke mit schimmerndem Holz getäfelt und luxuriös eingerichtet. An den Wänden hingen venezianische Spiegel, auf dem Boden lagen persische Teppiche, und ihr Gepäck stand direkt neben einem eingebauten Wandschrank. Und an der Tür auf einem Haken hing diese verflixte Schürze!

Schlagartig saß Kat kerzengerade im Bett. Sie war auf Carlos Guerreros Jacht!

Mit einem frustrierten Stöhnen ließ sie sich in die weichen Kissen zurückfallen und zog die kuscheligen Kaschmirdecken bis zum Kinn hoch. Und … Kat gefror zur Salzsäule, während sie mit beiden Händen tastend über ihren Körper strich … sie war splitterfasernackt!

Autor

Fiona Hood Stewart
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Margaret Mc Donagh
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Sharon Kendrick
Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr. Sharon träumte davon, Journalistin zu werden,...
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