Schicksalsnacht in der Toskana

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Als Milliardär Matteo seine Jugendliebe Nastasha wiedersieht, wird er überwältigt von Verlangen. Plötzlich ist vergessen, dass sie ihn einst betrogen hat. Wie im Rausch verführt er sie zu einer Nacht der Leidenschaft in der Toskana - ohne ihr schockierendes Geheimnis zu ahnen!


  • Erscheinungstag 06.06.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746988
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mit starrer Miene sah Matteo Manaserro zu, wie der Sarg in die geweihte Erde des Schlossfriedhofs gesenkt wurde.

Um das offene Grab hatten sich Hunderte von Pieta Pellegrinis Familienangehörigen, Freunden und Kollegen versammelt. Sogar ein paar Staatsoberhäupter waren gekommen, deren Leibwächter sich diskret zurückhielten. Sie alle nahmen ein letztes Mal Abschied von einem für seine Wohltätigkeitsprojekte weltberühmten Mann.

Pietas Mutter Vanessa, deren Mann Fabio erst vor einem Jahr hier auf dem Privatfriedhof des castello bestattet worden war, trat von ihrer Tochter Francesca gestützt vor. Beide Frauen hielten rote Rosen in den Händen. Als Francesca ihre Hand nach Pietas Witwe Natasha ausstreckte, blieb die junge Frau einen Augenblick so reglos stehen wie eine Statue. Kein Lüftchen regte sich. Selbst ihr wunderschönes blondes Haar wirkte wie in Stein verwandelt.

Mit einem Blinzeln löste Natasha ihren Blick vom Sarg, nahm Francescas Hand und trat gemeinsam mit den beiden schluchzenden Frauen ans Grab, um mit einem letzten Rosengruß Abschied von dem Verstorbenen zu nehmen.

Nur mühsam riss Matteo den Blick von der jungen Witwe los. Heute war der Tag, um Abschied zu nehmen, zu trauern und einen Mann zu feiern, der es verdiente, betrauert und gefeiert zu werden. Jedenfalls war nicht der richtige Zeitpunkt, seine auch in ihrer Trauer noch wunderschöne Witwe anzustarren. Oder sich vorzustellen, wie er die Hände auf ihre Schultern legte und …

Pietas Bruder Daniele, der neben Matteo stand, trat einen Schritt vor. Sie waren an der Reihe.

Auf Wiedersehen, Pieta, mein Cousin und Freund. Danke für alles. Ich werde dich vermissen.

Nachdem die engsten Familienangehörigen – Matteo eingeschlossen – ihre Rosen auf den Sarg geworfen hatten, folgten die anderen Trauergäste ihrem Beispiel.

Mit möglichst neutralem Gesichtsausdruck beobachtete Matteo, wie seine Eltern ihrem Neffen den letzten Respekt erwiesen. Sie würdigten ihn, ihren eigenen Sohn, keines Blickes.

Matteo hatte kein Wort mehr mit den beiden gewechselt, seitdem er nach dem Tod seines Bruders vor fünf Jahren seinen Nachnamen geändert hatte …

So viele Todesfälle.

So viele Beerdigungen.

So viel Trauer.

Zu viel Schmerz.

Als die Beerdigung vorbei war und der Priester die Anwesenden zur Trauerfeier ins castello einlud, blieb Matteo zurück, um ein Grab eine Reihe weiter zu besuchen.

Die Inschrift auf dem schlichten Marmorstein lautete:

Roberto Pellegrini

Geliebter Sohn

Nirgendwo stand, dass er auch ein geliebter Bruder gewesen war.

Generationen von Pellegrinis waren hier begraben – seit sechs Jahrhunderten. Mit seinen achtundzwanzig Jahren war Roberto der jüngste Tote seit fünfzig Jahren gewesen.

Matteo hockte sich hin und berührte den Grabstein. „Hallo, Roberto. Tut mir leid, dass ich dich schon länger nicht besucht habe. Ich hatte sehr viel um die Ohren.“

Er lachte bitter auf. In den fünf Jahren seit dem Tod seines Bruders war er nur selten an dessen Grab gewesen, obwohl kein Tag verging, an dem er nicht an ihn dachte. Und keine Stunde, in der er den Verlust nicht schmerzlich spürte. „Ich rechtfertige mich schon wieder. Aber du musst wissen, dass ich dich liebe und vermisse.“

Schweren Herzens ging Matteo zum castello und gesellte sich zu den anderen Trauergästen. Er musste noch mit dem Auto nach Pisa fahren, wo er für die nächsten zwei Tage ein Hotelzimmer gebucht hatte, aber ein kleines Glas Bourbon konnte er sich wohl genehmigen. Er würde nur so lange bleiben wie unbedingt nötig und sich später über die Minibar in seinem Hotelzimmer hermachen.

Er hatte gerade den ersten Schluck getrunken, als seine Cousine Francesca an seiner Seite auftauchte. Er nahm sie in die Arme. „Wie geht es dir?“

Matteo war dreizehn gewesen, als sein Onkel Fabio und seine Tante Vanessa ihn bei sich aufgenommen hatten. Francesca war damals noch ein Baby gewesen. Er hatte ihre ersten Schritte miterlebt, bei ihrem ersten Schulkonzert im Publikum gesessen und war vor brüderlichem Stolz fast geplatzt, als sie vor wenigen Monaten ihr Studium abgeschlossen hatte.

Francesca schüttelte stumm den Kopf. Dann seufzte sie und nahm seinen Arm. „Komm mit, wir müssen etwas besprechen.“

Matteo folgte ihr einen zugigen Korridor entlang zu Fabio Pellegrinis altem Arbeitszimmer, in dem es so muffig roch, als sei es nach seinem Tod nie mehr benutzt worden.

Kurz darauf erschien Daniele in der Tür, Natasha direkt auf den Fersen.

Erschrocken begegnete sie Matteos Blick und schaute dann schnell zur Seite, während Francesca die Tür schloss und alle aufforderte, sich an den ovalen Tisch zu setzen.

Als Matteo Platz nahm, fluchte er innerlich.

Hier mit ihr eingesperrt zu sein war das Letzte, was er gebrauchen konnte. Die Frau hatte ihm vor sieben Jahren übel mitgespielt. Sie hatte ihm Gefühle vorgetäuscht und gleichzeitig mit seinem Cousin angebandelt.

Es gab kein Entrinnen vor ihr. Sie schien überall dort aufzutauchen, wo auch er war. Ständig sah er sie irgendwo aus dem Augenwinkel. Und jetzt saß sie ihm direkt gegenüber – dicht genug, dass er ihr betrügerisches Gesicht hätte berühren können.

Sie hätte Scharlachrot tragen sollen, nicht Schwarz!

Zu seinem Verdruss war Natasha für ihn immer noch die schönste Frau, die er je gesehen hatte. In den letzten Jahren war sie sogar noch schöner geworden.

Nach Makeln suchend ließ er den Blick über ihre leuchtend blauen Augen und ihr ovales Gesicht mit der glatten hellen Haut gleiten. Ihre Nase war etwas zu lang und ihr Mund zu breit, aber das verlieh ihr nur Charakter. Früher einmal hatte er davon geträumt, jeden Morgen neben ihr aufzuwachen.

Und jetzt?

Jetzt verabscheute er sie zutiefst!

„Noch mal zusammengefasst – ich kümmere mich um die Verträge, Daniele um alles Bauliche und Matteo um die Technik. Und was ist mit dir, Natasha? Übernimmst du die PR?“

Natasha hörte Francescas Worte nur wie aus weiter Ferne. Es dauerte eine Weile, bis sie zu ihr vordrangen. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Nur die hitzige Auseinandersetzung zwischen Daniele und Francesca hatte sie während des von Francesca einberufenen Meetings einigermaßen wach gehalten. „Kann ich machen“, flüsterte sie und unterdrückte einen hysterischen Lachanfall.

Reiß dich zusammen! befahl sie sich. Oh Gott, sie hatte gar keine Ahnung von PR! Francesca glaubte anscheinend, Natasha einen Gefallen zu tun, indem sie sie zu diesem Meeting einlud. Sie ging bestimmt davon aus, dass Natasha mit einbezogen werden wollte, so wie jede normale Witwe es tun würde, wenn ihrem geliebten verstorbenen Mann zu Ehren ein bauliches Denkmal errichtet werden sollte.

Und Natasha wollte mitmachen. Pieta mochte als Ehemann ein Versager gewesen sein, aber er hatte viel Gutes getan. Mit seiner vor zehn Jahren gegründeten Stiftung hatte er in verschiedenen Krisenregionen auf der ganzen Welt viel Gutes getan. Er hatte Schulen gebaut, Wohnhäuser und Krankenhäuser.

Als die Karibikinsel Caballeros eine Woche vor seinem Tod von einem schrecklichen Wirbelsturm verwüstet worden war, der fast alle Krankenhäuser zerstört hatte, hatte Pieta sofort beschlossen, dort ein neues zu bauen. Doch noch bevor er die entsprechenden Vorbereitungen hatte treffen können, war er tödlich mit einem Hubschrauber verunglückt.

Er verdiente ein Vermächtnis. Und die leidende Bevölkerung verdiente das Krankenhaus, das Francesca nun in Gedenken an Pieta errichten lassen wollte.

Also versuchte Natasha, sich den Pellegrini-Geschwistern zuliebe zu konzentrieren und gut zuzuhören. Die beiden waren ein Teil ihres Lebens, seitdem sie denken konnte, da ihr Vater und Fabio Schulfreunde gewesen waren. Natasha selbst hatte keine eigenen Geschwister, und während ihrer sechsjährigen Verlobungszeit war sie Pietas Geschwistern sehr nahegekommen.

Wenn nur Matteo nicht da wäre! Dann würde sie sich viel besser konzentrieren können.

In den letzten sieben Jahren hatte er keine Gelegenheit ausgelassen, sie seine Abneigung spüren zu lassen. Natürlich war er nach außen hin immer höflich und korrekt gewesen, doch er hatte ihr nichts vormachen können. Bei jedem seiner Blicke hatte sie das Gefühl gehabt, von seinem Hass verzehrt zu werden. Dabei hatte er sie früher immer so zärtlich angesehen …

Sie spürte seinen hassvollen Blick auch jetzt. Wie war es nur möglich, dass Francesca und Daniele nichts davon merkten? Dieser Blick vergiftete doch die gesamte Atmosphäre!

Sie wusste natürlich, warum er sie so verabscheute. Sie hatte damals weiß Gott versucht, ihm alles zu erklären, aber seitdem waren sieben Jahre vergangen, und eine Menge war passiert. Sie hatte sich verändert, genauso wie er.

Anstatt entstellte Unfallopfer zu operieren, war Matteo inzwischen Schönheitschirurg. Mit achtundzwanzig Kliniken weltweit und einem Patent auf eine von ihm persönlich entwickelte Hautpflegeserie, mit der man Narben und Spuren des Alters mildern konnte, war er zudem ein erfolgreicher Unternehmer. Sein Vermögen war inzwischen so groß wie der Grundbesitz der Pellegrinis und Pietas Privatvermögen zusammengenommen.

Die Klatschpresse nannte ihn „Dr. Charming“. Kein Wunder, so gut, wie er aussah mit seinem dunklen Teint, seinem markanten Kinn und den kurz geschnittenen schwarzen Locken. Natasha konnte kaum an einem Zeitschriftenstand vorbeigehen oder sich ins Internet einloggen, ohne dass ihr sein attraktives Gesicht entgegensah. Meist in Begleitung eines angesagten Models oder einer sonstigen Schönheit …

Doch heute wirkte er weniger überheblich als sonst. Hinter seiner offensichtlichen Verachtung für sie konnte sie seinen Schmerz erkennen. Pieta war nicht nur Matteos Cousin und Ersatzbruder gewesen, sondern auch sein bester Freund.

Ihr blutete das Herz seinetwegen.

Es blutete für sie alle.

Matteo bremste und stellte den Motor aus. Das große Stadthaus, vor dem er geparkt hatte, ragte dunkel vor ihm in den Nachthimmel.

Er beugte sich über das Lenkrad und schloss die Augen. Was wollte er hier überhaupt? Er sollte jetzt in seinem Hotelzimmer sitzen und die Minibar leer trinken. Er hatte extra ein Hotelzimmer gebucht, weil er davon ausgegangen war, dass Natasha mit dem Rest der Familie im castello wohnen würde. Und seitdem sie damals Pietas Heiratsantrag angenommen hatte, hatte er es konsequent vermieden, unter einem Dach mit ihr zu schlafen.

Zu seiner Überraschung war sie nicht im castello geblieben, sondern hatte sich zwei Stunden nach dem Meeting von allen verabschiedet. Oder vielmehr von allen außer ihm, was allerdings niemandem aufgefallen war.

Er legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein, um sein wild klopfendes Herz zu beruhigen. Was zum Teufel war bloß los mit ihm? Warum konnte er Natasha ausgerechnet heute nicht aus dem Kopf bekommen? Warum kehrten auf einmal die Erinnerungen an sie zurück, wo er doch um seinen besten Freund und Cousin trauern sollte?

Vor seinem inneren Auge spielte sich wieder ab, was sich vor sieben Jahren zugetragen hatte …

Matteo hatte damals gerade sein Zimmer im castello verlassen, um zum Rest der Familie zu gehen, die in einem Festzelt im Garten den dreißigsten Hochzeitstag seiner Tante und seines Onkels feierte. Natasha war im selben Moment wie Matteo aus ihrem Zimmer gekommen.

Bei ihrem Anblick hatte Matteos Herz einen Schlag ausgesetzt. Zu seiner Freude hatte er gesehen, dass sie die Kette trug, die er ihr zu ihrem achtzehnten Geburtstag geschickt hatte. Leider hatte er es nicht auf ihre Party geschafft, da er als Krankenhausarzt in Florida zahlreichen Unfallopfern hatte helfen müssen. Und als er fertig gewesen war, hatte er seinen Flug verpasst.

Mit körperlichen Zärtlichkeiten hatte Matteo sich bei Natasha bis dahin immer zurückgehalten. Er hatte warten wollen, bis sie achtzehn war. Doch als er jetzt Natasha in einem eleganten blauen Kleid in dem zugigen Korridor des castello erblickte, wurde ihm bewusst, dass er sich nicht länger zurückzuhalten brauchte: Sie war eine erwachsene Frau.

All die Briefe und abendlichen Telefonate, die sie seit Monaten austauschten, all ihre Träume und Hoffnungen für die Zukunft mündeten in diesen Augenblick. Ihre Zukunft begann genau jetzt. Sie standen sich gegenüber. Er berührte die Kette, bevor er Natashas Gesicht umfasste und sie zum ersten Mal küsste.

Es war der atemberaubendste Kuss, den er mit seinen achtundzwanzig Jahren je erlebt hatte – wunderschön. Nur zu schnell öffnete sich eine weitere Zimmertür, und Francesca trat auf den Flur. Drei Sekunden früher, und sie hätte sie ertappt.

Drei Sekunden …

Wäre dann alles anders gekommen? Denn nur zwei Stunden später war Pieta am Tisch aufgestanden und hatte Natasha vor dreihundert Gästen einen Heiratsantrag gemacht.

Und sie hatte Ja gesagt …

Matteo rieb sich die Augen, als könnte er so die Erinnerungen vertreiben. Es war müßig, an die Vergangenheit zu denken. Als er den Blick wieder auf das Haus richtete, sah er, wie im ersten Stock ein Licht anging. War Natasha gerade aufgewacht? Oder hatte sie die ganze Zeit über im Dunkeln gesessen?

Und war Francescas Sorge um ihre Schwägerin berechtigt?

Sie hatte ihn abgefangen, als er die Trauerfeier gerade verlassen wollte. Eindringlich hatte sie ihn gebeten, nach ihrer Abreise nach Caballeros ein Auge auf Natasha zu haben, weil sie sich große Sorgen um sie machte.

Natasha und Pieta waren nur ein Jahr verheiratet gewesen. Allerdings hatten sie davor jahrelang als Paar zusammengelebt. So geldgierig und herzlos Natasha auch sein mochte – in all den Jahren ihres Zusammenlebens musste sie irgendwelche Gefühle für Pieta entwickelt haben.

Zumindest hatte Matteo das seinem Cousin gewünscht. Aber wie war das möglich, wenn sie mit ihnen beiden ein doppeltes Spiel getrieben hatte?

Abgesehen von den wenigen Familienfeiern, vor denen er sich nicht hatte drücken können, war er Natasha nach Pietas Hochzeitsantrag komplett aus dem Weg gegangen. Sofort nach ihrer Verlobung hatte er ihre Handynummer blockiert, jede Mail und Nachricht von ihr gelöscht und all ihre Briefe vernichtet. Und bei den Anlässen, bei denen er ihr nicht hatte ausweichen können, hatte er sie mehr oder weniger erfolgreich ignoriert.

Er hätte Francescas Bitte, sich um die junge Witwe zu kümmern, einfach ablehnen sollen. Matteo hätte behaupten können, dass er früher nach Miami zurückmusste als geplant. Doch stattdessen hatte er genickt und ihr versprochen, morgen bei Natasha vorbeizuschauen. Schließlich hatte er ja für die nächsten zwei Tage ein Hotelzimmer in Pisa gebucht.

Und warum war er dann nicht wie geplant in sein Hotel gefahren, sondern geradewegs zu Natashas Haus?

Natasha öffnete die Tür zu Pietas Arbeitszimmer, trat zögernd ein und knipste das Licht an. Nachdem sie in dem Haus, das ein Jahr lang ihr Zuhause gewesen war, in kompletter Dunkelheit von Zimmer zu Zimmer gegangen war, brauchten ihre Augen eine Weile, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen.

Sie hatte keine Ahnung, was sie eigentlich hier wollte. Sie wusste gar nichts mehr. Sie war völlig orientierungslos.

Und sehr allein.

Sie war nicht länger auf der Trauerfeier geblieben als unbedingt nötig. All die Beileidsbekundungen hatten ihr fast den Rest gegeben. Genauso wie das Wiedersehen mit Matteo, was sogar noch schlimmer gewesen war. Als ihre Mutter sie dann zur Seite genommen und sie gefragt hatte, ob sie vielleicht schwanger war, hatte Natasha endgültig die Nase voll gehabt.

Fluchtartig hatte sie die Trauerfeier verlassen, bevor sie noch das ganze castello zusammenschrie und Dinge enthüllte, die sie bisher geheim gehalten hatte. Die anderen Pellegrinis hatten ihre Erklärung, allein sein zu wollen, Gott sei Dank mit einer Mischung aus Besorgnis und Mitleid akzeptiert.

Und jetzt war sie zum ersten Mal allein zu Hause, seitdem sie die schreckliche Neuigkeit erfahren hatte.

Sich in der Domäne ihres Mannes wie ein Eindringling vorkommend sah Natasha sich um. Ihr Blick wanderte über die mit vollen Bücherregalen bedeckten Wände und einen Stapel Unterlagen, den Pieta aus seiner Kanzlei oder seiner Stiftung mit nach Hause gebracht hatte. Daneben lag die dicke ledergebundene Biografie, die sie ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatte. Ein Lesezeichen ragte daraus hervor.

Natasha schossen die Tränen in die Augen. Sie nahm das Buch und presste es an die Brust, bevor sie schluchzend zu Boden sank und um den Mann weinte, der sie und alle anderen jahrelang belogen und doch so viel Gutes bewirkt hatte.

Pieta würde dieses Buch hier nie zu Ende lesen. Nie würde er das Krankenhaus sehen, das seine Geschwister ihm zu Ehren errichteten. Oder das neue Auto in Empfang nehmen, das er am Tag vor seinem Tod bestellt hatte.

Vor allem aber würde er nie die Chance bekommen, seiner Familie die Wahrheit über sich selbst zu sagen.

„Ach, Pieta“, flüsterte sie unter Tränen. „Ich hoffe, du hast endlich Frieden gefunden, wo auch immer du gerade bist.“

In diesem Augenblick hörte sie die Türklingel, doch sie rollte sich einfach auf dem Fußboden zusammen und hielt sich die Ohren zu.

Der Besucher blieb beharrlich. Er drückte so oft auf die Klingel, bis Natasha es nicht länger ignorieren konnte. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, erhob sich mühsam und ging die Treppe herunter, wobei sie sich ein paar Worte überlegte, mit denen sie ihren unerwünschten Besucher wieder loswerden wollte.

Wenn es bloß nicht meine Eltern sind!

Die Schultern straffend schloss sie die Tür auf und öffnete sie einen Spalt. Ungläubig öffnete sie sie ein Stück weiter. Ihr Herz machte einen Satz, bevor es heftig weiterschlug.

Matteo stand vor ihr im Mondlicht wie eine Geistererscheinung. Er hatte seine Krawatte abgelegt und sein weißes Hemd am Kragen geöffnet. Sein Blick war finster, und er atmete schwer.

Ihre Blicke trafen sich.

Keiner von ihnen sagte ein Wort.

Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.

Eine gefühlte Ewigkeit standen sie da und sprachen nur mit Blicken. Natasha las hundert Emotionen in Matteos: Schmerz, Trauer, Wut. Und noch etwas anderes – etwas, was sie nicht mehr gesehen hatte, seitdem er sie vor sieben Jahren in die Arme genommen und sie zum ersten und einzigen Mal geküsst hatte.

Es war das erste Mal seit damals, dass sie sich nun wieder allein sahen.

Nie würde sie vergessen, wie verletzt er sie im Festzelt angesehen hatte, als sie Pietas Antrag angenommen hatte. Dieser Blick würde sie bis in den Tod verfolgen. Genauso wie ihre Trauer um all die verpassten Chancen.

Sie schien sich wie von allein auf ihn zuzubewegen und ihm eine Hand auf eine raue warme Wange zu legen.

Matteo zeigte keinerlei Reaktion. Er rührte sich keinen Zentimeter. Doch all die Worte, die er sich zurechtgelegt hatte, lösten sich unter Natashas flehendem Blick in Luft auf. Als er ihre zitternde Hand spürte, stiegen Gefühle in ihm auf, gegen die er machtlos war. Er war zu nichts anderem imstande, als hilflos dazustehen und sie anzustarren.

Etwas, was zu stark war, um dagegen anzukämpfen, ergriff Besitz von ihm. Plötzlich wusste er nicht mehr, warum er Natasha eigentlich hasste. Sein Kopf war wie leer gefegt. Er hatte nur noch Sinn für sie – Natasha.

2. KAPITEL

Wortlos trat Matteo über die Schwelle, stieß die Tür hinter sich zu und nahm Natasha in die Arme. Sie unverwandt ansehend trug er sie die Treppe hoch in eines der Schlafzimmer und legte sie aufs Bett. Er schloss die Augen und küsste sie.

Diese Lippen …

Als er ihren süßen Mund erforschte, den er nie hatte vergessen können, war er endgültig verloren.

Einander hungrig küssend streiften sie sich gegenseitig ihre Kleidungsstücke ab, um nackte Haut zu spüren. Miteinander zu verschmelzen. Matteo vergrub die Finger in Natashas Haar und küsste sie mit hungriger Leidenschaft.

Sein Kopf war wie leer gefegt – es gab nur diesen Rausch, der sie beide mitriss.

Er nahm ihre kleinen perfekten Brüste in die Hände und saugte daran. Natashas lustvolles Stöhnen schoss ihm direkt in die Lenden. Er strich mit seinen Händen über ihren glatten Bauch, verteilte wilde Küsse auf ihrer Haut, bevor er tiefer glitt und ihre duftende Hitze einatmete.

Er verschlang sie förmlich, ließ keinen Quadratzentimeter unberührt oder ungeküsst.

Noch nie hatte er so etwas erlebt – diese explosive primitive Gier, eine Frau zu schmecken, Besitz von ihr zu ergreifen.

Sie zu lieben.

Natasha war überwältigt von ihren Empfindungen und Emotionen. Sie klammerte sich an Matteo fest wie eine Ertrinkende, fuhr mit ihren Fingern durch sein Haar und berührte jedes bisschen glatte Haut, an das sie herankam. Jede Berührung, jeder Kuss steigerten noch ihr Verlangen.

Matteos Kuss vor sieben Jahren hatte etwas in ihr aufflammen lassen – ein Feuer, das kurz aufgelodert war, bevor der Lauf der Ereignisse es wieder abgetötet hatte. Doch jetzt entfachte Matteo es von Neuem. Wieder stand sie in Flammen, brannte so heftig, dass sie nicht wusste, wo ihre Lust endete und ihr Schmerz begann. Sie hätte weinen können, so wundervoll war das alles. Wie lange hatte sie das entbehren müssen …

Aber es reicht noch nicht. Sie brauchte mehr. Sie brauchte alles.

Als hätte Matteo ihre Gedanken gelesen, zog er eine Spur heißer Küsse über ihren Bauch und ihre Brüste, bevor er ihre Lippen fand und Natasha so leidenschaftlich küsste, dass es ihr den Atem verschlug.

Als er sich zwischen ihre Schenkel legte, schlang sie instinktiv die Beine um ihn. Aufkeuchend spürte sie seine harte Erektion an ihrer empfindlichsten Stelle. Als er mit einer raschen Bewegung in sie eindrang, keuchte sie ein zweites Mal auf. Sie empfand keinen Schmerz, nur ein leichtes Unbehagen, als ihr Körper dieses schwindelerregende neue Gefühl absorbierte.

Matteo erstarrte für einen Moment, als habe er gespürt, dass etwas nicht stimmte. Um ihn abzulenken, umfasste Natasha seinen Kopf und küsste ihn hungrig.

Dann vergaß sie ihre Sorgen, vergaß alles um sich herum und gab sich ganz dem köstlichen Gefühl hin, ihn in sich zu spüren, als er sich rhythmisch in ihr zu bewegen begann. Völlig neue herrliche Empfindungen überwältigten sie, steigerten sich zu ungeahnten Höhen, bis sie vor Lust zu explodieren schien. Während Natasha den pulsierenden Wellen ihrer Ekstase nachspürte, steigerte Matteo sein Tempo, bis auch er sich aufbäumte und erschauernd auf ihr zusammenbrach.

Autor

Michelle Smart
Michelle Smart ist ihrer eigenen Aussage zufolge ein kaffeesüchtiger Bücherwurm! Sie hat einen ganz abwechslungsreichen Büchergeschmack, sie liest zum Beispiel Stephen King und Karin Slaughters Werke ebenso gerne wie die von Marian Keyes und Jilly Cooper. Im ländlichen Northamptonshire, mitten in England, leben ihr Mann, ihre beiden Kinder und sie...
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