Schöner als jeder Diamant

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Eine Flut feuerroter Haare ergießt sich über Ninas Schultern - und Rafe D‘Angelos Herz steht in Flammen. Wie gerne würde er die Tochter eines Juwelensammlers nach allen Regeln der Lust verführen! Doch Nina wird Tag und Nacht überwacht. Kann er sie aus dem goldenen Käfig befreien?


  • Erscheinungstag 07.04.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514354
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

St Mary’s Church, London.

„Es ist noch nicht zu spät“, flüsterte Rafe D’Angelo in der voll besetzten Kirche seinem jüngeren Bruder zu. „Ich habe vorhin in der Sakristei eine Hintertür gesehen, durch die du entwischen …“

„Halt die Klappe, Rafe“, zischten seine zwei Brüder gleichzeitig; Gabriel mit der Anspannung eines nervösen Bräutigams und Michael so trocken wie immer.

„Pst, Rafe!“ Das kam von ihrem Vater eine Reihe hinter ihnen.

Rafe grinste. „Der Jet steht doch schon am Flughafen bereit, Gabe. Anstatt in die Flitterwochen aufzubrechen, könntest du dich einfach unbemerkt davonmachen.“

„Hörst du jetzt endlich auf?“ Gabriel drehte sich um und funkelte Rafe wütend an. Er sah ganz blass aus, da er seit fünf Minuten auf das Einsetzen der Orgelmusik wartete – und die Ankunft seiner Braut. Jede Minute kam ihm wie eine Stunde vor.

Rafe grinste noch breiter. Lässig lehnte er sich in der Bank zurück. Er betrachtete es schon lange als seine Aufgabe, seine beiden Brüder zu ärgern. „Du und Michael, ihr beide hättet ohne mich nie irgendwelche Abenteuer erlebt.“

„Glaub mir, Bryn zu heiraten, ist das größte Abenteuer meines Lebens“, versicherte Gabriel ihm gereizt.

Rafe wusste, dass sein Bruder seine Braut bereits seit Jahren liebte – eine Liebe, auf deren Erwiderung er bis vor einem Monat jedoch nicht zu hoffen gewagt hätte.

„Sie ist eine tolle Frau, das muss ich zugeben.“

„Rafe, würdest du bitte damit aufhören, Gabriel zu ärgern?“, schaltete Michael, der älteste der drei Brüder, sich ein. „Wir können jetzt beim besten Willen keinen Faustkampf zwischen dem Bräutigam und einem seiner Trauzeugen gebrauchen!“

„Ich wollte doch nur …“ Rafe verstummte abrupt, da sein Handy in diesem Moment laut zu klingeln begann.

„Ich habe dich doch gebeten, das verdammte Ding auszuschalten!“, schimpfte Gabriel, offensichtlich froh über den Vorwand, etwas von seiner inneren Anspannung abreagieren zu können.

„Ich dachte, ich hätte es ausgeschaltet.“ Rafe zog das schmale Handy aus seiner Smokingtasche und stellte es rasch auf lautlos. „Aber mal ganz im Ernst Gabe, noch hast du Zeit, die Flucht anzu…“

„Raphael Charles D’Angelo!“

Rafe zuckte beim Klang der strengen Stimme seiner Mutter hinter sich schuldbewusst zusammen. Er wusste auch nicht, wie die zierliche Frau es immer schaffte, ihre drei über einsneunzig großen Söhne zur Räson zu bringen. Gott sei Dank blieben Rafe weitere Verwarnungen erspart, da die Orgel in diesem Augenblick den Hochzeitsmarsch anstimmte.

Gabriel wirkte plötzlich erheblich entspannter, als er und seine beiden Brüder aufstanden.

Rafe drehte sich zu Bryn um, die am Arm ihres Stiefvaters langsam den Gang zum Altar entlangschritt. „Wow, Gabe, sie sieht absolut umwerfend aus“, sagte er mit aufrichtiger Bewunderung. Bryn war ein Traum aus weißer Spitze und Satin, und ihr Lächeln bei Gabriels Anblick war so glücklich und strahlend, dass es die ganze Kirche zu erhellen schien.

„Natürlich“, murmelte Gabriel selbstzufrieden und sah die Frau, die er mehr als alles andere auf der Welt liebte, voller Verehrung an.

„Wer besitzt eigentlich die Dreistigkeit, dich während der Hochzeit deines Bruders anzurufen?“, fragte Michael eine Viertelstunde später. Er stand mit Rafe vor der Kirche neben den Hochzeitsgästen, während die Braut und der Bräutigam fotografiert wurden.

Rafe blickte von seinem Handy hoch und verzog das Gesicht. „Nur ein Freund, der mich vor Monique warnt. Sie befindet sich anscheinend auf dem Kriegspfad, seitdem sie herausgefunden hat, dass ich nach der Hochzeit nicht nach Paris zurückkehren werde.“

Die drei Brüder wechselten sich mit der Leitung der drei privat geführten und weltbekannten Archangel-Galerien und – Auktionshäuser ab. Michael würde am Montag von Rafe die Pariser Galerie übernehmen, Gabe sich nach seiner Rückkehr aus den Flitterwochen in London einrichten und Rafe morgen zur Niederlassung in New York fliegen.

„Hättest du ihr das nicht schon vor deiner Abreise sagen können?“, fragte Michael.

Rafe zuckte die Achseln. „Ich dachte, das hätte ich.“

„Offensichtlich hat sie die Botschaft nicht verstanden.“ Michael drehte sich stirnrunzelnd zu Gabriel und Bryn um. „Unglaublich, dass unser kleiner Bruder inzwischen verheiratet ist, was?“

Rafe musste beim Anblick des glücklichen Paars lächeln. „Er scheint jede Sekunde davon zu genießen.“

Wirklich „klein“ war Gabriel gar nicht. Er war nur zwei Jahre jünger als der fünfundreißigjährige Michael und ein Jahr jünger als Rafe.

Die drei Brüder waren nicht nur fast gleich alt, sondern ähnelten einander auch äußerlich: Alle waren groß gewachsen und sahen gut aus.

Michael, der zurückhaltendste und verschlossenste der drei Brüder, trug sein Haar kurz geschnitten, während Rafe fast schulterlanges Haar hatte. Gabriel war irgendwo dazwischen. Michaels Augen waren so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten, und genauso unergründlich wie der Mann selbst, während Gabriel schokoladenbraune Augen hatte und Rafes Augen so golden leuchteten wie die einer Raubkatze. Er galt als der frivolste und oberflächlichste der drei D’Angelo-Brüder – zumindest bei den Menschen, die ihn nicht gut kannten. Alle anderen wussten, dass Rafe hinter seiner lockeren amüsanten Fassade genauso zielstrebig und entschlossen sein konnte wie seine zwei Brüder.

Michael zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Dann war Monique also genauso wenig die Richtige für dich wie die Heerscharen anderer Frauen in den letzten fünfzehn Jahren?“

Rafe warf seinem Bruder einen mitleidsvollen Blick zu. „Ich suche nicht nach der ‚Richtigen‘, vielen Dank auch!“

Michael lächelte vielsagend. „Aber vielleicht findet sie eines Tages dich.“

„Nur in deinen Träumen.“ Rafe lachte zynisch. „Ich akzeptiere ja inzwischen, dass Gabe mit Bryn tatsächlich sehr glücklich ist, aber was mich selbst angeht, glaube ich nicht an die große Liebe. Genauso wenig wie du übrigens.“

„Du hast recht“, bestätigte sein Bruder. „Diese Monique wird mich doch in Paris nicht etwa mit Anrufen oder Besuchen nerven, um herauszufinden, wie sie dich erreichen kann, oder?“

„Ich hoffe nicht.“ Rafe seufzte. „Wir hatten ein paar schöne Wochen, aber das ist Vergangenheit.“

Michael schüttelte den Kopf. „Sie scheint das anders zu sehen.“ Er schaute seinen Bruder ernst an. „Vielleicht solltest du deinen Charme in New York ausnahmsweise mal zu einem nützlich Zweck einsetzen. Dmitri Palitovs Tochter kommt am Dienstag in die Galerie“, fügte er hinzu, als er Rafes verständnislosen Blick bemerkte. „Sie überwacht den Einbau der Schaukästen, die sie für die Schmuckausstellung ihres Vaters nächstes Wochenende entworfen hat. Sie und Palitovs Leibwächter werden bis dahin und für die Dauer der Ausstellung anwesend sein.“

Rafe starrte ihn ungläubig an. „Wie bitte?“

„Palitov besteht auf seinem eigenen Wachpersonal.“ Michael zuckte die Achseln. „Zu seinen Bedingungen gehörte auch, dass seine Tochter die Vitrinen entwerfen darf.“

Rafe war genauso wie Michael bewusst, dass die Ausstellung der kostbaren und einzigartigen Juwelensammlung des russischen Milliardärs ein großer Coup für die Archangel-Galerie war. Niemand außer dem sehr zurückgezogen lebenden Mann hatte diesen Schmuck bisher je zu Gesicht bekommen. Einiges davon sollte der russischen Zarin Alexandra gehört haben, bevor es im zwanzigsten Jahrhundert vorübergehend verschollen war.

„Ich möchte dich bitten, dich in den nächsten Wochen um seine Tochter zu kümmern“, fügte Michael hinzu.

„Wie stellst du dir das vor?“ Rafe runzelte irritiert die Stirn. „Palitov ist fast achtzig. Seine Tochter muss mindestens vierzig sein.“

„Na und?“ Michael zuckte gleichgültig die Achseln. „Ich bitte dich ja nicht, mit ihr zu schlafen. Wickel sie nur mit deinem Charme ein.“ Er versetzte Rafe einen herzhaften Schlag auf die Schultern und ging zu seinen Eltern.

Rafe schnaubte verächtlich. Michael hatte vielleicht Nerven! Er hatte absolut keine Lust, seinen Charme an die Tochter eines russischen Millionärs zu verschwenden!

1. KAPITEL

Drei Tage später in der Archangel-Galerie, New York.

„Würden Sie bitte zur Seite gehen? Sie stehen mir im Weg.“

Rafe, der in der Tür des Osteingangs der Archangel-Galerie lehnte, von wo aus er den Aufbau der gerade für Palitovs Schmuckausstellung gelieferten Schaukästen beaufsichtigte, drehte sich zu dem jungen Mann um, der ihn so unhöflich angesprochen hatte. Er schien noch ein Teenager zu sein und wie die anderen Arbeiter trug er ausgeblichene Jeans und ein weites schwarzes Sweatshirt. Und eine Baseballkappe, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte.

Sein Gesicht war ein bisschen zu hübsch für einen Jungen. Schmale Brauen wölbten sich über Augen, die so grün wie frisches Moos und von langen vollen Wimpern umrahmt waren. Er hatte eine Stupsnase mit ein paar Sommersprossen, hohe Wangenknochen und volle sinnliche Lippen über einem spitzen und entschlossenen Kinn. Viel zu hübsch, dachte Rafe mitleidsvoll.

Nachdem er wie immer um halb neun in der Galerie angekommen war, hatte er von seinem Stellvertreter erfahren, dass die Palitov-Crew bereits um acht eingetroffen war. „Ich wollte nur gerade …“

„Würden Sie jetzt bitte zur Seite gehen?“, wiederholte der Junge heiser. „Wir müssen den Rest der Schaukästen reinbringen.“ Hinter ihm standen zwei massige großgewachsene Arbeiter.

Rafe runzelte beim Anblick der beiden Muskelprotze irritiert die Stirn. Wo zum Teufel steckte Dmitri Palitovs Tochter?

Der Junge sah ihn vorwurfsvoll aus grünen Augen an, als Rafe keine Anstalten machte, die Tür freizugeben. „Ich kann nicht fassen, dass Ihr Arbeitgeber einen solchen Mangel an Mitarbeit duldet!“

„Ich stehe nur hier, weil ich nach Ihrem Arbeitgeber Ausschau halte“, antwortete Rafe genervt.

Die dunkelgrünen Augen blitzten. „Wirklich?“

„Wirklich“, bestätigte Rafe zynisch lächelnd. „Man hat mir gesagt, dass Miss Palitov heute Morgen persönlich den Einbau der Schaukästen überwachen würde.“

Der Junge sah ihn verunsichert an. „Und Sie sind?“

Rafe presste die Lippen zusammen. „Raphael D’Angelo.“

„Habe ich mir fast schon gedacht.“ Der Junge richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Guten Morgen, Mr D’Angelo, ich bin Nina Palitov“, fügte er hinzu, als Rafe keinerlei Anstalten machte, seine ausgestreckte Hand zu schütteln.

Zu Ninas Genugtuung schien etwas für einen Moment Raphael D’Angelos offensichtlich angeborene Arroganz zu erschüttern. Seine goldenen Augen weiteten sich überrascht, und ihm blieb sogar der Mund offen stehen.

Da er eine Weile dafür brauchte, sich von seinem Schreck zu erholen, nutzte Nina die Gelegenheit, ihn verstohlen zu mustern. Er war vermutlich Mitte dreißig, hatte langes schwarzes Haar und das Gesicht eines gefallenen Engels. Seine goldenen Augen blickten so scharf wie die einer Raubkatze, und seine lange aristokratische Nase und seine sinnliche Lippen sahen aus wie von einem Bildhauer gemeißelt. Das markante Kinn hatte er in diesem Augenblick herausfordernd vorgeschoben.

Er trug einen dunkelgrauen maßgeschneiderten Anzug mit einem schneeweißen Hemd, der seine schlanke muskulöse Figur betonte. Nina vermutete, dass der Anzug so viel gekostet hatte wie die Monatsmiete eines exklusiven New Yorker Penthouses. Seine hellgraue Krawatte war aus feinster Seide, und seine schwarzen Lederschuhe waren offensichtlich aus feinstem italienischem Leder.

Schon allein diese Aufmachung ließ auf den Geschäftsführer der Galerie schließen. Sein kultivierter englischer Akzent nahm ihr die letzten Zweifel.

Sie hob wieder den Blick zu diesem arroganten – wenn auch atemberaubend attraktiven – Gesicht. „Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen bin ich nicht ganz das, was Sie erwartet haben, Mr D’Angelo“, sagte sie trocken.

Nicht das, was ich erwartet habe?

Das war die Untertreibung des Jahrhunderts! Es war schlimm genug, dass Rafe sie für einen viel zu hübschen Jungen gehalten hatte. Dass dieser Junge in Wirklichkeit eine schöne junge Frau und noch dazu Dmitri Palitovs Tochter war, überforderte Rafe vollends. Palitov war fast achtzig Jahre alt, aber die Frau, die behauptete, seine Tochter zu sein, konnte höchstens Mitte zwanzig sein.

Oder war sie Palitovs Enkelin und vertrat aus irgendeinem Grund ihre Mutter?

Rafe zwang sich dazu, sich zu entspannen. „Nicht was, sondern wer“, antwortete er und schüttelte ihr die Hand. Eine sehr schlanke warme Hand. Er beschloss, seinen Irrtum nicht preiszugeben.

Forschend sah sie ihn aus moosgrünen Augen an. „Und wen bitteschön haben Sie erwartet, Mr D’Angelo?“

„Jemandem im Alter Ihrer Mutter vermutlich. Oder Ihrer Tanten.“

Die junge Frau lächelte schief. „Meine Mutter ist tot, und ich habe keine Tanten oder Onkels. Oder sonst irgendwelche Familienmitglieder, abgesehen von meinem Vater“, fügte sie bedauernd hinzu.

Rafe blinzelte überrascht, während er diese Information verdaute. Keine Mutter, keine Tanten oder Onkels, nur einen Vater. Das bedeutete …

„Ich bin die Miss Palitov, die Sie erwarten, Mr D’Angelo“, bestätigte sie seine Vermutung. „Ich wurde im Herbst des Lebens meines Vaters geboren, wie man so schön sagt.“

Rafe hatte wirklich keine Ahnung gehabt, dass Dmitri Palitovs Tochter so jung war. Warum hatte Michael ihm das nicht gesagt? Aber wahrscheinlich wusste er es selbst nicht. Seltsam. Es kam nicht oft vor, dass Rafes großer Bruder so schlecht informiert war. Dann war also noch nicht mal er unfehlbar.

Die Identität der Frau erklärte auch die beiden Muskelprotze, die stumm und reglos hinter ihr standen. Zweifellos ließ Daddy Palitov seine junge schöne Tochter gut bewachen.

Und als seien diese Bodyguards und die Tatsache, dass diese junge Frau Dmitri Palitovs Tochter war, noch nicht verstörend genug, nahm sie jetzt auch noch die Baseballkappe ab, sodass ihr ein wahrer Wasserfall feuerroter Locken über die schlanken Schultern fast bis zur Taille fiel.

Okay, sie war eine Frau. Und was für eine!

Rafe bevorzugte eigentlich zierliche Blondinen, doch als er das spöttische Lächeln dieser schönen jungen Rothaarigen bemerkte – zweifellos auf seine Kosten –, hätte er sie am liebsten in die Arme genommen und es ihr von den vollen sinnlichen Lippen geküsst.

Allerdings würden ihr diese beiden muskelbepackten Wächter dann bestimmt blitzschnell beistehen.

Nina musterte Raphael D’Angelo verstohlen. Seinem Blick auf Rich und Andy nach zu urteilen, dämmerte ihm anscheinend gerade, dass die beiden nicht nur zum Tragen der Schaukästen in der Archangel-Galerie waren.

Nina war schon fast ihr ganzes Leben lang von Bodyguards umgeben und so daran gewöhnt, Tag und Nacht von mindestens zwei Männern bewacht zu werden, dass sie sie kaum noch wahrnahm. Außerdem betrachtete sie die acht für ihre Sicherheit zuständigen Männer eher als Freunde denn als Angestellte ihres Vaters.

Was leider ein ziemlich trauriges Licht auf ihr Privatleben warf …

Zugegeben, ihr Vater war ein reicher und einflussreicher Mann, und Nina wusste besser als viele andere, dass Reichtum und Macht Feinde schufen. Trotzdem hatte sie sich oft voller Sehnsucht ausgemalt, wie ein normaler Mensch spontan Freunde besuchen oder morgens einfach aus dem Haus gehen und die Zeitung holen zu können … oder ein Date mit einem arroganten und unglaublich attraktiven Mann mit dem Gesicht eines gefallenen Engels zu haben …

Wie kam sie denn bloß auf so einen Schwachsinn?

Nina war so viele Jahre lang überbehütet worden, dass sie Männern gegenüber ziemlich schüchtern und befangen war. Jedenfalls war es ihr noch nie passiert, dass sie sich bei einer ersten Begegnung mit einem Mann gleich gefragt hatte, wie es wohl sein mochte, mit ihm zu schlafen. „Ich habe noch viel zu tun, Mr D’Angelo“, sagte sie, ihre Schüchternheit hinter einem schroffen Tonfall verbergend. „Wenn das also alles war …“

Rafe merkte, dass sie ihm die kalte Schulter zeigte, und das passte ihm überhaupt nicht. Immerhin war er der Leiter der New Yorker Galerie, und es wurde höchste Zeit, dass Miss Nina Palitov und ihre muskelbepackten Schlägertypen das begriffen. „Ich würde gern ein paar Dinge mit Ihnen besprechen, falls es Ihnen nichts ausmacht, mich in mein Büro im dritten Stock zu begleiten.“

Ihr Blinzeln ließ darauf schließen, dass sein Anliegen sie überraschte. Zweifellos sorgten Daddys Geld und Einfluss dafür, dass sonst fast nie jemand etwas von Miss Nina Palitov verlangte.

Bedauernd schüttelte sie den Kopf, wobei ihre feuerroten Locken im durch die Fenster hinter ihr strömenden Sonnenlicht wie Flammen aufloderten. „Wie Sie sehen, habe ich gerade keine Zeit. Später vielleicht?“

Rafe presste missbilligend die Lippen zusammen. „Ich habe heute noch andere Termine.“ Wenn auch nichts, was er nicht hätte absagen oder verschieben können. Michael würde ihm bestimmt raten, sich nach den Wünschen von Dmitri Palitovs Tochter zu richten, aber Michael war gerade nicht da und …

Verdammt noch mal, Rafe, gib doch endlich zu, dass du nur deshalb so irritiert bist, weil Nina Palitov traumhaft schön ist.

Und unter anderen Umständen und an einem anderen Ort – nackt im Bett zum Beispiel –, würde er die Herausforderung, die sie für ihn darstellte, gerne annehmen.

Aber sie befanden sich gerade nicht in einem Bett, dieser üppige Mund war verbotenes Terrain, und er hatte die Verantwortung für den Erfolg der Galerie.

Sie zuckte die Achseln. „Wenn das so ist, werden wir unser Gespräch wohl leider auf morgen verschieben müssen.“

Als Rafe einen Schritt auf sie zuging, traten die beiden Männer hinter ihr ebenfalls vor und nahmen sie in die Mitte. Ihre Blicke waren misstrauisch und feindselig.

„Rufen Sie Ihre Wachhunde zurück“, verlangte Rafe schroff.

Nina sah ihn ein paar Sekunden stirnrunzelnd an, bevor sie sich betont langsam zu den beiden Männern umdrehte. „Ich bin davon überzeugt, dass Mr D’Angelo für mich absolut keine Bedrohung darstellt“, versicherte sie den beiden gelangweilt, bevor sie sich wieder Rafe zuwandte und ihn herausfordernd ansah.

Rafe bemühte sich um eine lässige Körperhaltung und musterte sie lässig von Kopf bis Fuß. „Vielleicht sind Sie mit dieser Behauptung ein bisschen vorschnell, Miss Palitov“, sagte er.

Ihre schönen moosgrünen Augen weiteten sich überrascht, und sie errötete. Gleichzeitig fuhr sie sich nervös mit der Zungenspitze über die vollen Lippen. Lippen, die absolut keinen Lipgloss nötig hatten.

Diese Lippen wurden jedoch schmal, als ihr bewusst wurde, dass Rafe sich nur einen Scherz mit ihr erlaubt hatte. Etwas, das sie offensichtlich nicht schätzte. „Würde Ihnen elf Uhr passen, Mr D’Angelo?“, stieß sie hervor.

„Ich werde es einrichten“, antwortete er galant.

Nina war nur allzu bewusst, dass Raphael D’Angelo inzwischen die Oberhand hatte, und seine lässige selbstbewusste Art ließ darauf schließen, dass er das bei Frauen gewohnt war.

Auch im Bett?

Nina schoss wieder das Blut ins Gesicht. Das war schon die zweite völlig unpassende sexuelle Fantasie in genauso viel Minuten.

Aber warum eigentlich unpassend?

Sie war vierundzwanzig Jahre alt, und den Blicken der Männer nach zu urteilen nicht unattraktiv. Und Raphael D’Angelo war auf eine schon fast gefährliche Art gut aussehend – ein dunkler Latino-Typ, der sie unter Strom setzte. Sie waren beide älter als achtzehn. Warum also gönnte sie sich keinen kleinen Flirt mit ihm?

Weil sie das Flirten leider nicht beherrschte. Es war nämlich ein bisschen schwierig, mit einem attraktiven Mann zu flirten, wenn man ständig zwei Bodyguards im Rücken hatte. Noch dazu Bodyguards, die ihrem Vater über alles Bericht erstatteten.

Außerdem machte Raphael D’Angelo einen viel zu gefährlichen Eindruck, um ihre relativ begrenzten Flirtfähigkeiten an ihm zu testen. Schon allein sein Ruf als Womanizer sprach dagegen. Seine Beziehungen waren offensichtlich so kurz wie zahlreich … und er galt nicht gerade als Mann, der es bei einem bloßen Flirt bewenden ließ.

„Tun Sie das.“ Nina nickte kühl.

Rafe kniff die Augen zusammen. „Da es so aussieht, als würden wir in den nächsten Wochen viel Zeit miteinander verbringen, würde ich vorschlagen, dass wir einander mit Respekt begegnen. Zumal ich Ihren Wünschen gegenüber dann vermutlich viel zugänglicher sein würde.“

Autor

Carole Mortimer
Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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