Sinnliche Ballnacht in Paris

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"Ich bin die Versuchung", haucht Ella, als sie Blaise Chevalier zu einem glamourösen Kostümball in Paris begleitet. Ihre saphirblauen Augen hinter der goldenen Maske funkeln herausfordernd. Doch kaum hat sie seinen Kuss erwidert, rennt sie dem Milliardär davon …


  • Erscheinungstag 05.02.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751513722
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ist das Ihr ganzes Angebot?“

Der umwerfend attraktive Mann, der gerade Ellas kleine Boutique betreten und sich etwa zehn Sekunden lang schweigend umgesehen hatte, zog fragend die dunklen Brauen hoch.

Ella straffte die Schultern und zauberte ein professionelles Lächeln auf ihre Lippen. „Zurzeit ist es leider etwas reduziert, da die Nachfrage sehr groß ist. Aber jedes dieser Stücke ist ein Ella-Stanton-Original.“

Als selbstständige Unternehmerin in der Modebranche Fuß zu fassen, war alles andere als ein Zuckerschlecken, und Ella musste sich ihren festen Platz dort erst noch erobern. Aber es war ihr immerhin gelungen, ihre ersten zwei Kollektionen zu produzieren und in ihrem eigenen Geschäft zu verkaufen, was schon eine beachtliche Leistung war.

„Aha …“ Der Mann ließ erneut den Blick über die sparsam bestückten Regale und Kleiderständer schweifen, bevor er sich wieder Ella zuwandte. „Ich war nur neugierig auf meine frisch erworbenen Vermögenswerte“, teilte er ihr mit, worauf diese verwirrt blinzelte.

„Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen.“

„Ich sprach vom Ella-Stanton – Label und dieser Boutique“, erläuterte er gelassen. „Auch wenn keines von beiden diese Bezeichnung wirklich verdient.“

Seine dunkle Stimme klang leicht rauchig und ungemein verführerisch, während das, was er tatsächlich sagte, einfach zu lächerlich war, um wahr zu sein.

Und doch spürte Ella unter der wohlklingenden Sprachmelodie eine Härte, die ihre sonst so flinke Zunge lähmte und es ihr unmöglich machte, einen passenden Kommentar abzugeben.

Dann machte ihr Magen einen Satz, als ihr auf einmal klar wurde, wen sie da vor sich hatte.

Blaise Chevalier!

Aggressiver Finanzinvestor, auch „Heuschrecke“ oder „Unternehmensplünderer“ genannt. Superstar der französischen Hochglanzmagazine. In Paris war er wegen seiner rücksichtslosen Geschäftsmethoden, seines märchenhaften Reichtums und seiner zahllosen Affären ebenso berühmt wie berüchtigt.

Außerdem war er der mit Abstand schönste Mann, den Ella je zu Gesicht bekommen hatte. Sein schmales, klassisch geschnittenes Gesicht hätte ihn vielleicht eine Spur zu glatt aussehen lassen, wären da nicht das auffallend kräftige Kinn, die faszinierenden grüngoldenen Augen und seine umwerfend sinnliche Ausstrahlung gewesen. Darüber hinaus war er auch noch mit einem geradezu göttlichen Körper gesegnet, der für elegante Maßanzüge wie geschaffen war.

Dass sie ihn nicht gleich erkannt hatte, musste daran liegen, dass ihm kein Foto gerecht werden konnte. Von dem charmanten Playboylächeln, das er für gewöhnlich den Paparazzi präsentierte, fehlte jede Spur. Stattdessen ging eine dunkle, beunruhigende Intensität von ihm aus. Und jede Menge Erotik …

An diesem Punkt ihrer Überlegungen griff Blaise Chevalier in die Innentasche seines Jacketts, zog ein schmales Bündel zusammengefalteter Papiere heraus und reichte es Ella mit undurchschaubarer Miene.

Zögernd nahm sie die sehr offiziell aussehenden Dokumente entgegen und begann zu lesen. Je mehr sie las, desto stärker wurde das flaue Gefühl in ihrem Magen. Schließlich hob sie den Kopf und versuchte, sich ihre Erschütterung nicht anmerken zu lassen.

„Und was bedeutet das im Klartext?“, fragte sie ihn. „Ich bin mit dieser abgehobenen Juristensprache nicht sehr vertraut.“

„Kurz ausgedrückt besitze ich das Pfandrecht auf Ihren Geschäftskredit. Und der beläuft sich auf eine ziemlich beachtliche Summe.“

Ella spürte, wie ihr vom Scheitel bis zu den Zehenspitzen heiß wurde. So ging es ihr immer, wenn sie sich vor Augen führte, wie stark sie sich verschuldet hatte, um ihr Geschäft zum Laufen zu bringen. „Das weiß ich sehr wohl, aber …“, sie atmete tief ein, um die aufkommende Panik zurückzudrängen, „… wie sind Sie dabei ins Spiel gekommen?“

Jeden anderen, der mit solchen Ansprüchen an sie herangetreten wäre, hätte Ella als Spinner abgetan. Aber sie kannte Blaise Chevalier, wenn auch nur seinem Ruf nach. Und es verhieß mit Sicherheit nichts Gutes, wenn er hier mit Bankdokumenten auftauchte, die gnadenlos ihre finanzielle Misere offenbarten.

„Die Bank, die Ihnen seinerzeit Ihr Darlehen gewährt hat, ist von einem größeren Finanzinstitut aufgekauft worden“, setzte er sie ins Bild. „Nach der Übernahme ist der größte Teil der Geschäftskredite zu Paketen zusammengefasst und versteigert worden. Ihr Kredit ist Teil des Paketes, das ich wegen einiger kleiner, aber interessanter Unternehmen erworben habe. Leider gehört Ihres nicht dazu.“

„Mit anderen Worten, Sie besitzen jetzt mein Geschäft, das für Sie aber völlig uninteressant ist.“

Blaise Chevalier nickte knapp. „Das ist in etwa die Zusammenfassung.“

Ella schob sich das blonde Haar aus dem Gesicht und ließ sich auf einen der Kundensessel sinken. Dies musste der absolute Tiefpunkt sein. Noch schlimmer konnte es einfach nicht mehr werden. Am liebsten hätte sie ihren Frust laut hinausgeschrien. Verdammt, es war so unfair! Hatte sie denn immer noch nicht genug gekämpft und gelitten? Wie viele Kraftakte wurden in diesem Leben noch von ihr erwartet?

Blaise Chevalier stand in dem Ruf, ohne Rücksicht auf Verluste seine Interessen durchzusetzen. Er zermalmte Firmen jeder Größenordnung zu Staub, wenn sie in seinen Machtbereich gerieten und er sie als unprofitabel erachtete. Und nun war er der Besitzer ihrer Boutique, ihrer Werkstatt, ihrer Wohnung. Alles, was ihr auf dieser Welt etwas bedeutete, war jetzt sein Eigentum.

Entschlossen stand sie wieder auf. Sie würde jetzt nicht in die Knie gehen! Es ging um ihre Karriere, ihr Label, um alles, wofür sie so hart gearbeitet hatte. Und solange es noch einen Funken Hoffnung gab, dachte sie überhaupt nicht daran, ihren Traum zu begraben.

„Und wie beabsichtigen Sie jetzt weiter vorzugehen?“, erkundigte sie sich sachlich.

„Es ist mein Beruf, Geld zu machen, Ms Stanton. Und wie es aussieht, bringen Ihre Boutique und Ihr Label nicht einmal genug ein, um die Kosten zu decken und Ihnen ein akzeptables Leben zu ermöglichen.“

„Das werden sie aber“, hielt Ella ihm rasch entgegen. „Mit etwas zusätzlicher Werbung habe ich mir in einem Jahr einen größeren Kundenstamm aufgebaut und kann anfangen, an den wichtigeren Modenschauen teilzunehmen, wodurch sich natürlich auch nach und nach der Bekanntheitsgrad meines Namens erhöht.“

Blaise Chevalier zog eine dunkle Braue hoch. „Und dann?“

Ella atmete tief durch. Nichts leichter, als diese Frage zu beantworten. Sie hatte alles bis ins Kleinste durchgeplant, bis hin zu den Outfits, die sie bei den entsprechenden Events tragen würde.

„Dann kommt die Fashion Week hier in Paris. Danach eventuell New York und Mailand. Weitere Boutiquen werden mein Label vertreiben, und sicher werde ich auch Kontakte zu der einen oder anderen Einzelhandelskette knüpfen können. Ich habe einen kompletten Fünfjahresplan ausgearbeitet, von dem ich Ihnen gern eine Kopie zur Verfügung stelle.“

Blaises Miene drückte gelangweiltes Desinteresse aus. „Ich warte keine fünf Jahre, bis sich ein Geschäft für mich rentiert. Und daraus folgt, dass Sie ebenfalls keine fünf Jahre haben.“

Heiße Wut schoss in Ella hoch und versorgte sie mit dem dringend benötigten Adrenalin. „Und was schwebt Ihnen stattdessen vor?“, erkundigte sie sich sarkastisch. „Soll ich mit einer Trommel und einem Plakat um den Hals durch die Stadt marschieren und meinen Namen herausschreien, damit es schneller geht? Die Modebranche ist ein hart umkämpftes Terrain, Monsieur Chevalier. Man braucht Zeit, um sich dort durchzusetzen.“

„Ich hatte mehr an ein offensives Vorgehen auf hohem Niveau gedacht. An etwas mit … Klasse.“ Die Art, wie er dabei die Lippen kräuselte, ließ vermuten, dass Ella in seinen Augen nicht die geringste Klasse besaß.

„Sie haben von schnellen Ergebnissen gesprochen, und nicht von Klasse“, erinnerte sie ihn giftig.

„Das eine muss das andere ja nicht ausschließen, oder?“

Obwohl Ella ihm am liebsten an die Kehle gesprungen wäre, überlief sie beim Klang seiner melodischen Stimme ein erregender Schauer. Den Grund dafür konnte sie sich nicht erklären. Sie sprach häufig mit französischen Männern, die hier etwas für ihre Frauen oder Freundinnen kauften, sodass der weiche Akzent inzwischen den Reiz des Neuen für sie verloren hatte. Dennoch – aus Blaise Chevaliers Mund klang er anders. Es schwang etwas darin mit, das sie nicht näher definieren konnte und das seiner Stimme eine unwiderstehlich exotische Note verlieh.

Was leider nichts an der Tatsache änderte, dass er hier hereingerauscht war, als würde ihm der ganze Laden gehören, um ihr dann umgehend mitzuteilen, dass genau das der Fall war.

„Wozu überhaupt über Strategien nachdenken?“, wollte sie wissen. „Sie werden mein Unternehmen doch ohnehin bei der nächsten Gelegenheit wieder abstoßen.“

„Davon habe ich nichts gesagt. Ich habe lediglich festgestellt, dass Sie mehr Umsatz machen müssen. Und zwar in weniger als fünf Jahren.“

„Dann haben Sie außer diesen Papieren sicher auch einen Zauberstab mitgebracht“, spöttelte sie. Die wichtigste Regel im Umgang mit Machtmenschen lautete: Niemals Angst oder Schwäche zeigen!

Blaise lächelte selbstgefällig. „Erfolg hat nichts mit Magie zu tun, sondern mit der Fähigkeit zu handeln und Dinge in Bewegung zu setzen.“

„Und was heißt das jetzt konkret?“ Im besten Fall würde sie die Kontrolle über die Leitung ihres Geschäfts verlieren. Schlimmstenfalls verlor sie es ganz, und wenn das geschah …

„Ich will Ihnen nicht verhehlen, dass die Modeindustrie nur von geringem Interesse für mich ist“, riss Blaise sie aus ihren düsteren Gedanken. „Das Darlehenspaket habe ich, wie gesagt, wegen anderer Unternehmen gekauft, aber Ihres war nun einmal auch darunter. Also habe ich ein wenig recherchiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass diese Branche lukrativer ist, als ich vermutet hatte.“

„Wenn man seine Karten richtig ausspielt, kann man dort sehr viel Geld verdienen“, stimmte Ella ihm zu, obwohl dieser Aspekt für sie nie im Vordergrund gestanden hatte.

„Sehr richtig. Und im Gegensatz zu Ihnen beherrsche ich diese Kunst.“

Er kam einen Schritt näher und ließ eine Hand über die geschwungene Lehne des Sessels gleiten, auf dem sie gerade gesessen hatte. Aus dem Augenwinkel beobachtete Ella die Bewegung, die ihr Herz unwillkürlich schneller schlagen ließ. Fast kam es ihr vor, als würde er sie und nicht den Sessel berühren.

„Ich habe ein Marketing- und Designstudium absolviert und betrachte mich auf diesem Gebiet durchaus nicht als Anfängerin“, stellte sie klar. „Ich habe einen professionellen Geschäftsplan erstellt und bereits eine Reihe von Investoren gefunden …“

„… denen allesamt die nötigen Kontakte und finanziellen Ressourcen fehlen. Ich dagegen könnte Ihren Fünfjahresplan in sechs Monaten umsetzen.“

Ella schüttelte verärgert den Kopf. „Aber das ist doch …“

„Absolut machbar. Ich kann Sie schon nächstes Jahr zur Fashion Week in Paris bringen, und bis dahin wird Ihre Arbeit sämtliche wichtigen Magazine und Plakatwände zieren. Es ist eine Sache, Ihre Outfits in Ihrem eigenen Laden zu verkaufen. Internationale Beachtung und weltweiter Vertrieb eine ganz andere. Letzteres kann ich Ihnen bieten.“

„Und was wollen Sie dafür haben?“, fragte Ella ihn mit zusammengebissenen Zähnen. „Meine unsterbliche Seele?“

Er lachte amüsiert. „Kein Interesse, auch wenn böse Zungen behaupten, ich hätte meine längst an den Teufel verkauft. Mir geht es ausschließlich ums Geld.“

Alles in Ella rebellierte dagegen, dass dieser Mann sich so massiv in ihr Geschäft drängte. Andererseits war sie auch nicht dumm. Sie war hoffnungslos bei Blaise Chevalier verschuldet, und ihre einzige Chance, sich jemals aus dieser Abhängigkeit zu befreien, bestand darin, ihr kleines Unternehmen nach vorn zu bringen. Und zwar in einem Ausmaß, das ihr in diesem Augenblick völlig unrealistisch erschien.

„Das heißt also, dass Sie mir von jetzt an diktieren, was ich zu tun oder zu lassen habe.“ Es gelang Ella beim besten Willen nicht, die feindselige Note in ihrer Stimme zu unterdrücken.

„Als Ihr Darlehensgeber kann ich mit Fug und Recht von Ihnen erwarten, dass Sie jede Maßnahme mittragen, die mir geeignet erscheint, den Namen Ella Stanton am Markt durchzusetzen.

„Und wenn ich das nicht tue?“

Blaise zuckte die breiten Schultern. „Dann ziehe ich den Stecker raus. Ich werde weder meine Zeit noch meine Energie an eine Kampagne verschwenden, die nicht die vollste Unterstützung aller Beteiligten hat.“

„Verstehe. Und welchen Anteil am Kuchen haben Sie sich zugedacht, falls ich jemals schwarze Zahlen schreiben sollte?“

„Fünfundzwanzig Prozent.“

„Das ist ja Straßenraub!“

„Keineswegs. Normalerweise würde ich einen beträchtlichen Stundensatz für meine geschäftliche Beratung in Rechnung stellen. Wenn Sie in diesem Rahmen weitermachen, werden Sie mir keinen Cent einbringen, Ms Stanton. Mein Vorschlag ist daher mehr als fair.“

Ella sah ihn ausdruckslos an. „Ich soll Ihnen also für diese feindliche Übernahme auch noch dankbar sein?“

„Von feindlich kann gar keine Rede sein. Es ist ein ganz normales Geschäft. Ich investiere, wenn ich es für zweckmäßig halte. Tue ich es nicht, ist das Projekt gestorben, so einfach ist das.“

Ella blickte sich in ihrer liebevoll ausgestatteten Boutique um. Jedes einzelne Teil hier hatte sie selbst entworfen. Sie hatte die roh verputzten, schwarz-weißen Wände eigenhändig gestrichen und die schimmernden Marmorfliesen mit der Unterstützung einiger männlicher Models verlegt, die für sie gelaufen waren. All dies war sehr persönlich für sie. Es steckte viel Liebe und harte Arbeit darin, die sie unmöglich auf nackte Zahlen und nüchterne Prognosen reduzieren konnte.

Aber er hatte es getan. Und er würde noch mehr tun, das wäre ihr auch klar gewesen, wenn sie seinen Ruf nicht gekannt hätte. Das entschlossen vorgeschobene Kinn und der kompromisslose Ausdruck in seinen Augen verrieten deutlich, dass es ein grober Fehler wäre, diesen Mann nicht ernst zu nehmen.

„Ich habe übrigens gehört, dass Sie eine eifrige Partygängerin sind. Stimmt das?“

Blaise registrierte, wie sie die pinkfarben geschminkten Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste. Offenbar gefiel seine Frage ihr ebenso wenig wie die Tatsache, dass er überhaupt hier war.

Aber sie konnte nicht leugnen, dass sie bei fast jedem Event in Paris auftauchte, zu dem sie Zutritt hatte. Und nach dem, was Blaise über Ella Stanton herausgefunden hatte, gab es nur wenige Veranstaltungen, auf die das nicht zutraf. Eine schöne amerikanische Erbin mit einem ebenso sensationellen wie tragischen Hintergrund war immer gefragt. Und Ella schien das weidlich auszunutzen.

„So etwas nennt man Promotion. Wir haben gerade darüber gesprochen“, erinnerte sie ihn und zog dabei die fein gezupften Brauen hoch.

Ja, sie sah wirklich toll aus. Hellblonde, kunstvoll zerzauste Locken umrahmten ihr fein geschnittenes, ausdrucksvolles Gesicht. Die leuchtend blauen Augen hatte sie mit einem breiten Lidstrich betont, was ihnen etwas Katzenhaftes verlieh. Zu dem kurzen schwarzen Kleid, das ihre sensationellen Beine optimal zur Geltung brachte, trug sie schnallenverzierte Stiefeletten mit hohen Absätzen. Sie waren vorn ausgeschnitten und ließen neonrosa lackierte Zehennägel aufblitzen.

Ein jäher Anflug von Erregung übermannte Blaise, den er jedoch sofort wieder unterdrückte. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, sich nicht von seinen Hormonen beeinflussen zu lassen, wenn es ums Geschäft ging.

„Es ist eine sehr uneffektive Form der Promotion“, stellte er fest. „Wenn Sie bei jeder Nachtkluberöffnung in Paris dabei sind, erscheint zwar Ihr Name regelmäßig in der Klatschpresse, aber als Designerin bringt es Sie kein Stück weiter.“

„Am derzeitigen Punkt meiner Karriere ist es eine der wenigen Möglichkeiten, die ich habe, um Interesse am Ella-Stanton – Label zu wecken.“

„Das reicht aber nicht, und außerdem ist es billig.“

So eine Unverschämtheit! „Das klingt ja, als würde ich nackt auf dem Tisch tanzen und dabei Werbezettel in die Menge werfen!“, empörte sich Ella. „Ich trete bei diesen Veranstaltungen durchaus professionell auf, und keineswegs billig, wie Sie es so charmant formuliert haben.“

Blaise verzog keine Miene. „Und kommen die hart feiernden Teilnehmer solcher Events auch in Ihre Boutique, um dort Geld auszugeben?“

„Einige von ihnen.“

„Einige sind nicht genug. Sie müssen sich Verbindungen in der Branche aufbauen. Starke Verbindungen, die Ihnen die Sorte von Kunden verschaffen, die Sie haben wollen.“

„Ich arbeite daran, aber es flattern nicht gerade täglich Einladungen von solchen Leuten in meinen Briefkasten.“

Als sie das Gewicht verlagerte und eine Hand auf ihre Hüfte legte, bemerkte Blaise zum ersten Mal die glänzenden roten Flecken auf ihren ansonsten makellos schönen Fingern. Das war der Grund, warum die Presse sie so spannend fand: Eine narbengezeichnete amerikanische Erbin, die ihre Wunden wie eine Trophäe trug, war immer eine Schlagzeile wert. Die dramatische Geschichte von dem Hausbrand, bei dem sie um ein Haar ums Leben gekommen wäre, war seinerzeit ein wahres Fest für die Medien gewesen. Und Ella tat ihr Bestes, um dieses Interesse wachzuhalten und zu ihrem Vorteil zu nutzen.

Daran war nichts Verwerfliches – ganz im Gegenteil. Blaise bewunderte sie dafür. Dennoch hatte er Ellas Kleinunternehmen ursprünglich so schnell wie möglich liquidieren wollen. Er hatte weder Zeit noch Lust, sich ein verwöhntes reiches Mädchen ans Bein zu binden, das sich dilettantisch an einer Karriere als Modeschöpferin versuchte.

Nach einem Blick auf ihre Geschäftsberichte hatte er seine Meinung über sie jedoch teilweise revidieren müssen. Daraufhin hatte er einige Brancheninsider um eine Einschätzung ihres Talents gebeten, was seinen Eindruck von ihr ein weiteres Mal verändert hatte. Ella Stanton spielte nicht einfach nur herum, es war ihr durchaus ernst mit dem, was sie tat. Sie arbeitete härter daran, sich einen Namen zu machen, als er angenommen hatte, aber er wusste, dass da noch viel mehr herauszuholen war.

Profit war alles, was zählte. Und er würde jeden nur möglichen Cent aus dem Ella-Stanton – Label herauspressen.

„In meinen Briefkasten flattern sie schon“, teilte er ihr mit. „Und ich weiß, was zu tun ist, wenn sich solche Gelegenheiten zum Netzwerken auftun. Es wird ständig über mein Talent geschrieben, Firmen zu zerstampfen, aber ich kann sie auch aufbauen. Es liegt bei Ihnen, welche meiner Fähigkeiten ich in Ihrem Fall einsetze.“

„Was genau wollen Sie von mir?“, fragte Ella grimmig.

„Ganz einfach. Wann immer es ums Geschäft geht, befolgen Sie meine Instruktionen, und zwar buchstabengetreu.“

„Mit anderen Worten: Sie wollen die totale Kontrolle.“ Ihr Tonfall war beherrscht, doch er spürte die unerhörte Anspannung, unter der sie stand.

„Ich möchte, dass Ihr Label zu einem geflügelten Begriff wird und es für jeden Modefreak ein Muss ist, mindestens ein Ella-Stanton-Outfit im Schrank zu haben. Ihre Modelle sollen in jeder Edelboutique und in jedem Kaufhaus vertreten sein. Damit das geschieht, muss ich die Kontrolle haben. Anders geht es nicht.“

„Und wenn ich einen Weg finde, das Darlehen abzulösen?“

Blaise musterte sie interessiert. „Sie würden lieber allein weitermachen, als diese einmalige Gelegenheit wahrzunehmen?“

Sie presste die Lippen zusammen und erwiderte nichts. Ihr Atem ging so heftig, dass Blaises Aufmerksamkeit automatisch auf ihre vollen Brüste gelenkt wurde. Unauffällig ließ er den Blick zu ihrer schmalen Taille und den geschwungenen Hüften weiterwandern und unterdrückte einen bedauernden Seufzer. Wirklich schade, dass er Geschäftliches nie mit Erotik vermischte, aber es war ganz klar die richtige Entscheidung. In Blaises Beziehungen zu Frauen hatte die Vermeidung von Komplikationen oberste Priorität.

„Kennen Sie denn jemanden, der Ihnen eine solche Summe leihen würde?“, fragte er sie. „Ihre Bilanz dürfte kaum einen Banker begeistern.“

Ellas Wangen röteten sich. „Ich weiß, dass es nicht gerade blendend um meine Firma steht, aber mein Plan ist gut und …“

„… voller Unwägbarkeiten“, ergänzte Blaise schonungslos. „Ich halte ihn im Prinzip ebenfalls für gut, aber Sie haben keine Sicherheiten. Außerdem hatten Sie in letzter Zeit über das Darlehen hinaus noch weitere beachtliche Ausgaben.“

„Modeschauen sind teuer“, hielt Ella ihm entgegen. „Die Letzte hat mich eine fünfstellige Summe gekostet, von der nur ein kleiner Bruchteil wieder hereingekommen ist.“

Ein längeres Schweigen breitete sich aus, während dessen Ella förmlich zusehen konnte, wie ihr die Situation aus den Händen glitt. Jahrelang hatte sie darauf hingearbeitet, um es bis hierher zu schaffen, und wenn sie nicht alles wieder verlieren wollte, musste sie nach Blaise Chevaliers Regeln spielen. Entweder sie akzeptierte das, oder sie war erledigt.

Schließlich atmete sie tief ein und nickte. „Also gut. Ich bin bereit, in allem mit Ihnen zusammenzuarbeiten, was unseren Erfolg sicherstellt.“

Ein wissendes Lächeln umspielte Blaises sinnliche Lippen. Offenbar ließ er sich von ihrer zur Schau getragenen Gelassenheit nicht täuschen, und das machte sie stinkwütend.

„Es geht mir nur darum, guten Gewinn zu machen, Ella“, versicherte er ihr. „Und das ist durchaus auch in Ihrem Interesse.“

Nach kurzem Zögern streckte sie ihre Hand aus, und als Blaise einschlug, war es, als würde ein elektrischer Stromschlag ihren Arm durchzucken. Sie sah zu ihm auf und entdeckte das begehrliche Glitzern in seinen Augen. Hitze durchflutete sie. Sie spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Doch als er begann, leicht mit dem Daumen über das vernarbte Gewebe auf ihrem Handrücken zu streichen, wich das Gefühl von Hitze augenblicklich einem eisigen Schauer.

Abrupt zog sie die Hand zurück, doch Blaises Blick ruhte weiter auf ihrem Gesicht. „Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Ms Stanton.“

2. KAPITEL

„Hier bewahre ich die Musterexemplare meiner Entwürfe auf.“

Seit ihrem ersten Treffen in der Boutique waren einige Tage vergangen. Während dieser Zeit hatte Blaise gründlich nachgedacht und entschieden, sich in den nächsten Monaten ganz auf Ellas Unternehmen zu konzentrieren. Im Gegensatz zu seiner anfänglichen Einschätzung war er schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass hier das meiste Geld zu machen war.

Als er an diesem Vormittag spontan vorbeigekommen war, um sich ihre Werkstatt anzusehen, war sie sichtlich verärgert gewesen. Und auch jetzt noch vermied sie es sorgfältig, ihm in die Augen zu sehen, wenn sie mit ihm sprach.

Autor

Maisey Yates
<p>Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin. <br/>Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. <br/><br/>Von da an konnte nichts und niemand...
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