So sinnlich küsst nur ein Cowboy

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City-Girl Abby Carmichael braucht dringend einen Cowboy! Sie will einen Dokumentarfilm über Royal, Texas drehen. Da kommt Carter Crane wie gerufen: Er reitet verwegen, wirft gekonnt das Lasso und ist einfach umwerfend sexy. Es knistert zwischen ihnen, und schon bald liegt Abby in den Armen des breitschultrigen Ranchers. Doch dann stößt sie unvermittelt auf ein Geheimnis, das Carters Heimatort sehr schaden könnte. Sie muss sich entscheiden: für ihre Karriere – oder für den Cowboy, in den sie sich verliebt hat…


  • Erscheinungstag 30.08.2022
  • Bandnummer 2253
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509183
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Abby Carmichael war eine Frau, die Starbucks und die Lichter der Großstadt brauchte. Was tat sie dann in dieser gottverlassenen Ecke von Texas? Maverick County war flach. Sehr flach. Die Stadt Royal mit ihren reichen Ranchern und kernigen Cowboys hatte zwar ihren Reiz, aber hier gab es nicht einmal eine Filiale ihres Lieblings-Coffeeshops.

Sie war noch keinen Tag in Royal und bereute ihre Entscheidung bereits. Das war das Schlimme, wenn man Dokumentarfilmerin war: Man musste dorthin reisen, wo es eine Story gab. Aber bei diesem Auftrag war sie mitten in einer Westernkulisse gelandet.

Sie bog auf eine kleine Schotterstraße ein. Trotz ihrer schlechten Laune war sie wie gebannt von dem wunderschönen Sonnenuntergang. Das Fliegen machte sie immer gereizt. Ganz zu schweigen davon, dass sie einen Mietwagen fahren musste, in dem alle Knöpfe an anderen Stellen waren als gewohnt.

Sie holte tief Luft und konzentrierte sich auf den Augenblick. Alles, was sie brauchte, waren ein heißes Bad und eine Mütze voll Schlaf. Danach würde sie wieder wie neu sein.

Voller Bewunderung betrachtete sie die umwerfende Farbenpracht des Abendhimmels. Die Spitzen der Präriegräser waren in Orangerot und Gold getaucht, als stünden sie in Flammen. In New York gab es auch Sonnenuntergänge, aber keiner war wie dieser.

Während sie das Schauspiel genoss, ließ sie die Autofenster hinunter. Es war Juni und ziemlich schwül. Schweißperlen sammelten sich in ihrem Nacken.

Nach und nach kam sie bei dem friedlichen Anblick zur Ruhe. Sie hatte ihre Kameras im Hotel gelassen. Dieser Ausflug diente nur der Entspannung.

Plötzlich sah sie am Horizont eine Gestalt, die sich als Silhouette vor der untergehenden Sonne abzeichnete. Es war ein Reiter, der langsam näher kam. Im Gegenlicht konnte Abby die Gesichtszüge des Cowboys nicht erkennen, aber sein eleganter Reitstil und die Schönheit des Abends berührten sie tief.

Abby vernahm das unverkennbare Trommeln von Hufen und erschauerte vor Vorfreude. Sie schnappte sich ihr Handy, sprang aus dem Auto, rannte die Straße entlang und begann zu filmen. So nahm sie neue Informationen am besten auf. Hinter einer Kamera – und sei es bloß die eines Smartphones – war sie glücklich.

Die Haltung des Mannes im Sattel war königlich, aber zugleich entspannt. Als wären er und das Tier eins. Bald würden sie an ihr vorbeikommen.

Plötzlich und ohne Vorwarnung zügelte der Reiter das Pferd, das wieherte, sich aufbäumte und tänzelnd stehen blieb.

„Sie befinden sich hier auf Privatgelände. Kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Reiter.

Erst jetzt wurde Abby bewusst, dass sie völlig allein und weit von der Zivilisation entfernt war. Verletzlich. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und ihr Instinkt riet ihr zu flüchten. „Ich habe Pfefferspray dabei“, warnte sie den Mann über ihre Schulter hinweg, als sie schnell zu ihrem Auto zurückging.

Das amüsierte Lachen des Unbekannten war sexy und dank der leichten Brise weithin zu hören. „Pfefferspray ist gut, aber nichts gegen ein texanisches Gewehr.“

Ihr stockte der Atem. So schnell sie konnte, entfernte sie sich von dem Mann. Sie war weiter gelaufen, als ihr klar gewesen war. Bestimmt blöffte er nur. Aber sie hatte nicht vor, herauszufinden, ob es so war.

Sie sprang in ihr Auto, wendete auf der Stelle und trat aufs Gaspedal, um zurück in die Stadt zu fahren.

Zwei Stunden später war Abby immer noch unruhig, und so verließ sie ihr Hotelzimmer und ging nach unten. Vielleicht würde ein Drink ihre Nerven beruhigen. Normalerweise brachte sie nichts so leicht aus der Fassung, aber hier fühlte sich alles fremd an.

Nur nicht das Hotel. Das Miramar war reizend. Gemütlich. Elegant und doch bezahlbar. Sie hätte auch im prächtigen Bellamy unterkommen können, aber das Fünf-Sterne-Resort war dann doch eine Nummer zu groß für sie.

Am Eingang zur Bar blieb sie stehen und holte tief Luft. Das schummrige Licht und die traditionelle Einrichtung wirkten beruhigend auf sie: überall Messing, Kerzen und frische Blumen. Und kaum Leute. Der Barkeeper schaute auf, als sie hereinkam. Er war ein älterer Mann mit grauem Haar und faltigem Gesicht. „An der Bar ist noch viel Platz“, sagte er, „aber nehmen Sie auch gern einen Tisch, wenn Sie mögen.“

„Danke.“ Kurz rang Abby mit sich, setzte sich dann aber in eine Nische. Hier war sie für sich. Normalerweise kam sie in der Öffentlichkeit gut zurecht und hatte auch kein Problem damit, aufdringliche Männer abzuwimmeln. Schließlich war sie aus New York. Aber heute Abend wollte sie sich entspannen.

Mit einem Block in der Hand kam der Barkeeper an ihren Tisch. „Was darf ich Ihnen bringen, junge Dame? Die Snacks stehen auf der Karte da.“

Sie lächelte ihn an. „Nichts zu essen, vielen Dank. Aber bitte ein Glas Primitivo. Beringer, wenn Sie haben.“

„Ja, Ma’am“, sagte er und ging, um ihre Bestellung auszuführen.

Als er mit ihrem Drink zurückkehrte, nahm sie das Glas und dankte ihm. „Den brauche ich jetzt. Ich war außerhalb der Stadt mit dem Auto unterwegs, und ein Macho-Cowboy auf einem Pferd hat mir mit einem Gewehr gedroht. Das hat mir Angst gemacht.“

Zweifelnd zog der Barkeeper die Augenbraue hoch. „Das klingt gar nicht nach Royal. Die Leute hier sind eigentlich sehr gastfreundlich.“

„Kann schon sein …“, gab Abby wenig überzeugt zurück.

Als der Mann stirnrunzelnd davonging, wurde ihr klar, dass sie entweder seine texanischen Landsleute beleidigt hatte oder für seinen Geschmack zu lässig für das Miramar gekleidet war. Aber wenn sie Flugreisen unternahm, zog sie gern etwas Bequemes an. Heute trug sie ein dünnes Flanellhemd über einem Seidentop, dazu ihre älteste, weichste Jeans und knöchelhohe Stiefel.

Egal. Es war spät, und die Bar war fast leer. Sie konnte nur hoffen, dass niemand sie bemerken würde.

Carter Crane gähnte und reckte sich, als er ins Miramar spazierte und sich auf den Weg zur Bar machte. Er hätte nach Hause fahren sollen, aber er hatte gerade ein Treffen mit einem Viehzüchter hinter sich und fühlte sich rastlos, ohne zu wissen, warum.

Er war jetzt vierunddreißig. Eigentlich hatte er immer gedacht, in dem Alter verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Aber er hatte auf die falsche Frau gesetzt und es vermasselt. Seine Schuld. Er hätte es kommen sehen sollen.

Bei diesem herrlichen Sommerwetter fühlte er sich noch einsamer als sonst. Vielleicht weil es die richtige Jahreszeit war, die Gesellschaft einer Frau zu genießen. Er war schon viel zu lange allein. Seit einem Jahr – oder vielleicht waren es auch schon anderthalb Jahre?

Er arbeitete hart genug, um seine Sehnsucht zu unterdrücken. Und meistens gelang ihm das ganz gut.

Nicht jedoch an diesem Abend.

Es gab beliebtere Bars in Royal, aber er mochte die entspannte Atmosphäre im Miramar.

Er grinste den Barkeeper an. „He, Sam. Ein Bier, bitte. Das Übliche.“ Carters Dad und Sam kannten sich seit ihrer Kindheit. Aber jetzt genoss Carters Vater sein Leben in einer schicken Eigentumswohnung in Miami Beach.

Sam brachte das schäumende Bier und stellte es auf eine Serviette. „Was zu essen?“

„Nein danke.“

„Wie geht es der Herde?“, fragte Sam.

„Es ist die bisher beste. Wenn wir keinen Tornado und keine Dürre bekommen, wird es ein tolles Jahr.“

„Dein Dad findet, du arbeitest zu hart.“

„Ich kann nicht anders.“ Carter zuckte die Schultern. „Außerdem ist er genauso.“

Sam nickte, während er Gläser abspülte und dann über sich aufhängte. „Stimmt. Aber jetzt nicht mehr. Er vermisst dich.“

Carter wechselte das Thema. „Du wirst nicht glauben, was mir heute Abend passiert ist. Irgendeine verrückte Touristin hat mir mit Pfefferspray gedroht. Auf meinem eigenen Land.“

„Woher weißt du, dass sie eine Touristin war?“

„Wer sonst hat denn Pfefferspray bei sich?“, meinte Carter verächtlich. „Royal ist eine sichere Stadt.“

„Vielleicht wusste sie das nicht. Und so wie ich die Geschichte gehört habe, hast du ihr mit einem Gewehr gedroht.“

Carter war fassungslos. „Was?“

Sam zeigte hinter ihn. „Die Kleine sitzt da drüben. Wahrscheinlich solltest du dich entschuldigen. Das Zusammentreffen mit dir hat sie ganz schön verstört.“

Carter warf einen Blick über die Schulter. „Sieht aus, als ob sie lieber allein ist.“

Der Barkeeper schüttelte den Kopf. „Komm schon. Ich stelle euch einander vor, damit sie nicht denkt, dass du sie anmachst.“

Sam goss ein Glas Wein ein, ging um den Tresen herum und trug es zu der Frau, die halb hinter dem hohen Rücken der Sitzbank verborgen saß. „Der hier geht aufs Haus, Ma’am. Außerdem möchte ich Ihnen Carter Crane vorstellen. Er ist ein aufrechter Bürger von Royal und hat Ihnen, glaube ich, etwas zu sagen.“

Carter spürte, wie ihm heiß wurde. Die Frau, die ihn misstrauisch beäugte, zweifelte sichtlich an Sams Einschätzung. „Darf ich mich kurz setzen?“, fragte er.

Nach langem Zögern nickte die Frau. „Bitte.“

Er ließ sich mit dem Bier in der Hand in der Nische nieder und kam sofort auf den Punkt. „Ich bin der Mann, den Sie vor der Stadt gesehen haben. Das mit dem Gewehr habe ich nicht ernst gemeint. Es war ein Witz.“

Die Frau sagte kein Wort. Stattdessen musterte sie ihn eingehend. Obwohl ihr prüfender Blick nicht gerade angenehm war, nutzte Carter die Chance, sie seinerseits zu betrachten. Sie war schlank und jung, fast zu jung, um Alkohol zu trinken. Aber vielleicht trog der Schein.

Ihr langes braunes Haar war wellig, ihre Augen dunkelbraun. Sie trug kein Make-up, außer vielleicht etwas Mascara. Auf jeden Fall waren ihre Wimpern lang und dicht.

Aber es war ihr Teint, der dafür sorgte, dass sie nicht nur hübsch, sondern wunderschön war. Sie war leicht gebräunt. Ihre Haut strahlte und war makellos.

Begehren regte sich in Carter. Er war verblüfft. Normalerweise bevorzugte er elegante und schicke Frauen. Aber eine Rose musste man nicht vergolden. Diese natürliche Schönheit war auch ohne Make-up und schicke Klamotten umwerfend.

Er räusperte sich. „Wie Sam schon sagte, bin ich Carter Crane. Mir gehört die Ranch Sunset Acres. Meist bin ich stolz darauf. An anderen Tagen verfluche ich sie. Wie heißt du eigentlich?“

Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Abby Carmichael, und ich wusste, dass das mit dem Gewehr ein Witz war.“

„Nein, wusstest du nicht.“ Er lachte. „So schnell habe ich noch keine Frau rennen sehen.“

Sie reckte das Kinn. „Ich hatte es eilig, zurück ins Hotel zu kommen, weil ich mal für kleine Mädchen musste. Mit dir hatte das nichts zu tun.“

Erneut lachte er, widersprach der dreisten Lüge aber nicht. Abbys Stimme und ihre großen Augen bezauberten ihn. „Ich glaube, den Akzent kenne ich“, sagte er. „Du bist aus dem Osten, oder? New York? Mein Mitbewohner auf dem College war aus Manhattan.“

„Ich habe keinen Akzent“, behauptete sie. „Du aber schon.“

Langsam schüttelte er den Kopf. „Ich streite mich nie mit einer Dame.“

„Warum glaube ich dir das nicht?“

Ihr Sarkasmus brachte ihn schon wieder zum Grinsen. Sie mochte jung sein, war aber nicht naiv. „Was führt dich nach Royal?“, erkundigte er sich.

„Ich drehe einen Dokumentarfilm über das Festival Soiree on the Bay.“

Er verzog das Gesicht. „Ach so.“

„Du hältst also nichts davon?“ Neugierig sah sie ihn an.

„Ich habe nichts dagegen“, antwortete er vorsichtig. „Aber solche Events locken immer scharenweise Leute von außerhalb in die Stadt. Ich habe gern meine Ruhe.“

„Das Festival findet aber doch auf Appaloosa Island statt.“

„Egal. Irgendwo müssen die Leute ja schlafen, essen und einkaufen. Royal wird ein Irrenhaus sein.“

„Für einen verbitterten Griesgram bist du verdammt jung. Wie alt bist du, vierzig?“

Gekränkt setzte er sich aufrechter hin. „Ich bin vierunddreißig. Außerdem kann auch ein junger Mann eine eigene Meinung haben.“

„Stimmt.“

Aus dem Funkeln ihrer Augen schloss er, dass sie ihn absichtlich provoziert hatte. „Sehr witzig“, grummelte er. „Aber da wir gerade beim Thema sind: Wie alt bist du denn? Erst habe ich dich ja für siebzehn gehalten, aber du trinkst Wein.“

„Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass man eine Frau nie nach ihrem Alter fragt?“

„Also bist du wirklich siebzehn.“

„Nein. Vierundzwanzig und alt genug, um zu erkennen, wenn ein Mann Hintergedanken hat.“

„He“, protestierte er. „Ich bin nur an deinen Tisch gekommen, um Hallo zu sagen und dir zu versichern, dass du hier in Royal nicht in Gefahr bist.“

„Danke, aber ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen. Und weil ich ein netter Mensch bin, verzeihe ich dir den Vorfall mit dem Gewehr, wenn du mir einen Gefallen tust.“

„Es gab keinen Vorfall mit einem Gewehr“, erwiderte er gereizt.

Flirtet sie etwa mit mir? Bestimmt nicht.

Ihr strahlendes Lächeln traf ihn wie der Tritt eines Maultiers. „Wenn du meinst …“

„Was für einen Gefallen?“ Er würde ihr keinen Blankoscheck ausstellen.

„Ich möchte gern deine Ranch filmen und dich interviewen. Vor laufender Kamera.“

„Warum?“ Er war von Natur aus misstrauisch. „Ich habe nichts mit dem Festival zu tun. Es ist mir völlig egal.“

Sie zuckte die Schultern. Dabei verrutschte ihr Hemd, sodass ein Träger ihres Tops sichtbar wurde – und mehr von ihrer glatten Haut. Ihm schnürte sich die Kehle zu, und weiter unten regte sich auch etwas.

Ihr nüchterner Gesichtsausdruck stand in starkem Kontrast zu seinem rasenden Puls.

„Mein Film über das Festival könnte ein paar Szenen aus Royal und Umgebung gebrauchen. Um für Lokalkolorit zu sorgen. Da Royal die Heimat des berühmten Texas Cattleman’s Club ist, muss auch eine Ranch vorkommen. Du bist der einzige Rancher, den ich kenne.“

„Ich habe viel zu tun“, brummelte er. „Für diesen Filmquatsch habe ich keine Zeit.“

Ihr klappte der Unterkiefer hinunter. „Hast du eine Ahnung, wie herablassend du klingst? Mein Job ist nicht weniger wichtig als deiner. Aber keine Sorge, ich finde schon einen anderen Rancher.“

Kommt nicht infrage. Seine instinktive Reaktion verriet ihm, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Diese natürliche, schöne junge Frau brachte ihn völlig aus dem Gleichgewicht. „Na gut“, sagte er und versuchte, nicht zu missmutig zu klingen. „Gib mir deine Kontaktdaten.“

Abby griff in ihre Brieftasche und zog eine Visitenkarte daraus hervor, die Stil hatte, aber trotzdem lässig wirkte. Genau wie die Frau, die jetzt die Hand ausstreckte. Er nahm die Karte und überflog sie. „Ich rufe dich an“, versprach er.

„Das sagen sie alle“, witzelte sie.

„Ich habe gesagt, dass ich es tue, also mache ich es auch.“

„Das weiß ich zu schätzen, Carter.“

Die Art, wie sie seinen Namen aussprach, ließ seine Haut prickeln. Plötzlich hatte er es nicht mehr eilig, nach Hause zu kommen.

„Ich könnte noch ein bisschen bleiben“, schlug er vor, „da du doch neu in der Stadt bist.“

Sie errötete. „Wie ritterlich.“

„Darf ich dich zu einem zweiten Glas Wein einladen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich vertrage nicht so viel Alkohol. Aber zu einer Cola und Nachos würde ich nicht Nein sagen. Allerdings ist diese Bar vielleicht zu fein dafür.“

„Die hat doch jeder anständige Saloon.“

„Ich liebe das.“

Carter runzelte die Stirn. „Was?“

„Dass du wie ein Cowboy redest. Saloon!“

Er lehnte sich zurück und spürte, wie seine Anspannung dahinschmolz. So viel Spaß wie bei dieser unverhofften Begegnung hatte er schon lange nicht mehr gehabt, auch wenn ihm wahrscheinlich eine kalte Dusche und eine ruhelose Nacht bevorstanden. „Machst du dich lustig über mich? Ach, egal.“

Er stand auf, ging zur Bar, gab ihre Bestellung bei Sam auf und kam zurück. „Ich habe ihm gesagt, dass wir auch noch panierte Pickles wollen.“

Sie rümpfte die Nase. „Igitt. Ist dir deine Gesundheit egal?“

Carter verbarg ein Lächeln und nahm die Krawatte ab. Dann zog er auch sein Jackett aus, reckte sich und gähnte. „Wirke ich auf dich so ungesund?“

2. KAPITEL

Das ist unfair, Carter Crane. Abby hätte sich verschluckt, wenn sie schon einen Bissen von ihrem Snack genommen hätte. Ihr Gesicht wurde heiß, und ihr Herzschlag geriet ins Stolpern, als sie Carter von Kopf bis Fuß musterte. Der Mann sah einfach zum Anbeißen aus. Wie ein Filmstar. Umwerfend attraktiv.

Er war sehr männlich. In jeder Hinsicht. Als sie ihn vorhin auf dem Pferd gesehen hatte, war ihr keine Zeit geblieben, sich darauf zu konzentrieren, was er trug. Aber sie war sich sicher, dass es nicht dieses elegante marineblaue Sakko, das makellose weiße Oberhemd und die maßgeschneiderte Hose gewesen waren. Ganz zu schweigen von der scharlachroten gemusterten Krawatte, die er eben abgelegt hatte.

Die Tatsache, dass es kein bisschen lächerlich wirkte, dass er dazu Cowboystiefel trug, verriet ihr, dass er ein echter Kerl war.

Unter dem weichen Baumwollstoff seines Hemds zeichnete sich eine unglaublich breite Brust ab. Hart und muskulös. Darauf hätte sie ihre Mitgliedschaft im Fitnessclub verwettet.

Seine Augen waren blau wie der Himmel an einem Sommermorgen und von winzigen Fältchen umgeben, als würde er sie oft gegen die Sonne zusammenkneifen, seine Haare braun und zerzaust.

Als Sam die Cola auf den Tisch stellte, stürzte sie sofort einen Schluck davon hinunter. „Ich bin keine Medizinerin“, sagte sie. „Wie soll ich wissen, ob du nicht vielleicht todkrank bist?“ Sie lehnte sich zurück und sah ihm in die Augen. „Allerdings wirkst du sehr fit auf mich.“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Fit? Etwas Besseres fällt dir nicht ein?“

Sie musste lachen, obwohl sie ihn eigentlich von seinem hohen Ross holen wollte. „Du weißt genau, wie du aussiehst, Rancher. Du brauchst mich nicht, um dein Ego oder sonst irgendwas zu streicheln.“

Carter blinzelte. „Äh …“

Plötzlich wurde ihr klar, wie doppeldeutig ihre Bemerkung geklungen hatte. „Weiter im Text“, sagte sie rasch und tat, als wäre es ihr nicht peinlich – und als wäre sie nicht erregt.

Er beugte sich vor und bot ihr etwas von dem frittierten Gemüse an. „Du bist Filmemacherin. Da musst du doch die örtlichen Spezialitäten probieren, wenn du auf Reisen bist. Komm schon, Abby. Wenigstens einen.“

Wider besseres Wissen öffnete sie die Lippen und ließ ihn die knusprige Scheibe dazwischenschieben. Sie biss zu und spürte, wie der Geschmack auf ihrer Zunge explodierte. Die Schärfe des eingelegten Gemüses und die würzige Panade waren himmlisch. „Meine Güte … Ist das lecker!“

Carter hatte es sich in der Ecke der Sitznische bequem gemacht und nahm sich selbst zwei frittierte Pickles. „Das habe ich dir doch gesagt“, bemerkte er, kaute dann und schluckte.

Abby war fasziniert von seinem sonnengebräunten Hals. Schnell wandte sie sich den Nachos zu. Anscheinend war New York nicht der einzige Ort auf der Welt, an dem es gutes Essen gab. „Die hier schmecken auch wunderbar.“

Carter bot ihr eine Serviette an. Sein Blick war intensiv. „Du hast Käse am Kinn“, sagte er leise.

Abby erschauerte innerlich. Das hier wurde ihr zu persönlich. Sie musste auf die Bremse treten. „Erzähl mir von deiner Familie“, platzte sie heraus.

Er fuhr sich mit der Hand über den Nacken und musterte sie mit unverhohlen maskulinem Interesse. Auch Abby war an ihm interessiert, aber sie hatten sich gerade erst kennengelernt, und sie würde ihn bestimmt nicht in ihr Hotelzimmer einladen.

Schließlich seufzte er. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin das ältere von zwei Kindern. Meine Eltern sind im Ruhestand und leben in Florida. Sie haben mir die Führung der Ranch übertragen. Sie ist schon seit fünf Generationen in Familienbesitz. Sunset Acres ist ein Teil von mir.“

Leichte Enttäuschung regte sich in Abby. Das Letzte, was sie brauchen konnte, war, etwas mit einem Mann anzufangen, der mit einer Ranch in diesem abgelegenen Landstrich verheiratet war. „Wolltest du immer Rancher werden?“

Er schüttelte den Kopf. „Als ich zehn war, wollte ich Astronaut werden.“

„Echt? Wie cool! Warum hast du das nicht gemacht?“

„Aus mehreren Gründen. Erstens leide ich unter Klaustrophobie. Zweitens hat einer meiner Vorfahren an der Seite von Davy Crockett in Alamo gekämpft. Ein paar hundert Jahre Familiengeschichte einfach zu ignorieren kam nicht infrage.“ Er bedeutete Sam, noch eine Runde Drinks zu servieren.

Mittlerweile waren sie die einzigen Gäste in der Bar. Abby sah auf die Armbanduhr. „Sollten wir lieber gehen? Vielleicht will Sam ja schließen.“

Erneut schüttelte Carter den Kopf, den Blick unverwandt auf ihren Mund gerichtet. „Wir haben noch eine Stunde.“

Die fünf Wörter waren ganz harmlos, aber der Tonfall des attraktiven Ranchers war es nicht. Plötzlich verspürte Abby den Drang, sich ihr Hemd auszuziehen. Ihr war viel zu heiß. Aber obwohl das Top nicht sehr sexy war, wäre das wohl das falsche Signal gewesen.

„Worüber sollen wir denn reden?“, fragte sie verzweifelt, während ihre Hormone verrücktspielten. „Politik? Religion? Ein harmloses Thema?“

Carter beugte sich vor und tippte auf ihren kleinen Finger. „Ich will über dich reden.“

Carter war kein Mann, der Frauen unter Druck setzte. Sein Daddy hatte ihm beigebracht, das schöne Geschlecht zu respektieren. Eigentlich war es meist auch eher so, dass die Frauen mit ihm flirteten und nicht umgekehrt.

Wenn Abby kein Interesse gehabt hätte, dann hätte er die Rechnung bezahlt und die Bar verlassen. Aber sie hatte Interesse. Darauf hätte er seinen besten Hengst verwettet.

Dennoch eröffnete er ihr einen Ausweg. „Soll ich lieber gehen? Fühlst du dich nicht wohl in meiner Gegenwart?“

Sie starrte ihn an. Ihre Pupillen weiteten sich leicht, als er über ihren Fingernagel strich. So etwas hatte er noch nie getan. Wahrscheinlich würde er sich später dafür schämen.

Aber jetzt waren sie verbunden.

Ihr Brustkorb hob und senkte sich. „Nein“, flüsterte sie. „Geh nicht.“

Seine Hand zitterte. So sehr, dass er sie zurückzog und unter den Tisch schob. Abby sollte nicht merken, wie nahe er daran war, sie um eine Nacht in ihrem Bett anzuflehen.

Einen One-Night-Stand hatte er sich schon lange nicht mehr gegönnt. Schließlich war er kein egoistischer Mittzwanziger mehr.

Aber für Abby Carmichael würde er vielleicht eine Ausnahme machen.

Er räusperte sich und versuchte, die Fantasien zu verdrängen, die durch seinen Kopf wirbelten. „Wenn ich mich recht entsinne, hast du mir die Frage, woher du kommst, noch nicht beantwortet.“

„Du hattest recht mit deiner Vermutung. Ich bin aus New York. Ich habe an der New York University Film studiert. Wenn ich in der Stadt bin, wohne ich immer noch bei meiner Mom. Apartments sind wahnsinnig teuer.“

„Du warst also an der NYU? Wow! Ich bin beeindruckt. Ist es nicht schwer, dort einen Platz zu bekommen?“

Sie verzog das Gesicht. „Absolut. Aber ich hatte zwei Vorteile. Mein Vater ist schwarz, meine Mom weiß, also habe ich das Kästchen ‚gemischtrassig‘ angekreuzt. Außerdem ist Daddy Filmemacher an der Westküste. Er und meine Mom sind geschieden. Er hat ein paar seiner einflussreichen Freunde gebeten, Empfehlungsschreiben für mich aufzusetzen.“

„Warum ausgerechnet Dokumentarfilme?“

„Nichts berührt Herzen so schnell wie ein guter Dokumentarfilm. Damit kann man Meinungen ändern.“ Sie sprach voller Leidenschaft.

„Was interessiert dich so an Soiree on the Bay?“

„Du hast vom Vermächtnis deiner Familie erzählt.“ Sie lächelte. „Ich habe auch eins. Meine Großmutter war in Woodstock. Dort ist sie auch mit meiner Mutter schwanger geworden. Sie hat sie zur Welt gebracht, als sie gerade erst achtzehn war. Musik liegt mir im Blut. Auf so einem Festival gibt es faszinierende Geschichten zu erzählen, und die will ich einfangen.“

Carter hatte keinen Appetit mehr auf Nachos und frittierte Pickles. Was er jetzt wollte und brauchte, entsprang einem viel tieferen Bedürfnis. „Ich liebe deine Leidenschaft“, sagte er langsam. „Die wird bestimmt auch in deinen Filmen widergespiegelt.“

Erneut röteten sich ihre Wangen. „Das hoffe ich. Du erlaubst also, dass ich dich filme? Bitte?!“

Als Abby ihn mit ihren großen braunen Augen hoffnungsvoll ansah, kam es ihm rüpelhaft vor, ihr die Bitte abzuschlagen. Aber er war noch nicht bereit, Ja zu sagen – weder zu dem Filmprojekt noch zu der Frau, die nur kurz in Royal bleiben würde.

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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