Stürmisches Verlangen

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Als die Redakteurin Ashlinn Carey beruflich für zwei Wochen in die Wildnis fährt, ahnt sie nicht, was auf sie zukommt: Bei ihrer Ankunft stellt sich nicht nur heraus, dass sie die einzige Frau unter Männern ist, sondern auch, dass es sich um ein hartes Überlebenstraining handelt! Ashlinn stürzt sich voller Energie in das Abenteuer. Doch zusätzlich zu allen Herausforderungen bringt sie auch noch die Anwesenheit des sexy Millionärs Flint Paradise schier um den Verstand ...


  • Erscheinungstag 25.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727642
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Man hat mir gesagt, ich solle nach dem Schild ‚Paradise Outdoors‘ Ausschau halten. Ich bin Ash…“

„Sie sind Asher Carey?“ Clint Paradise sah die dunkelhaarige Frau verblüfft an. „Das kann nicht sein.“ Asher war doch ein Männername, oder nicht? Nun ja, heutzutage konnte man nie wissen.

„Nein, mein Name ist Ashlinn, und …“

„Wusste ich’s doch.“ Sie konnte es nicht sein, durfte es nicht sein. Er stand hier auf dem Flughafen von Sioux Falls, um Asher Carey abzuholen, den zweifellos männlichen Journalisten von der Zeitschrift „Tour and Travel“, der sie auf der zweiwöchigen Expedition begleiten sollte, die von seiner Firma „Paradise Outdoors“ veranstaltet wurde.

„Ich bin Ashlinn Carey und arbeite für die New Yorker Zeitschrift ‚Tour and Travel‘, und ich bin hier wegen der ‚Paradise Outdoors‘ Expedition“, erklärte sie.

Das konnte nicht sein! Clint blätterte in seinen Unterlagen. „Schauen Sie, hier steht es schwarz auf weiß: gebucht wurde auf den Namen Asher Carey.“

„Tatsächlich“. Sie zuckte mit den Schultern. „Das muss wohl ein Missverständnis sein. Ich kann Ihnen meine sämtlichen Papiere zeigen, die mich als Ashlinn Carey und als Mitarbeiterin von ‚Tour and Travel‘ ausweisen. Sie können auch gern die Redaktion in New York anrufen und nachfragen.“

Sie schien völlig unbeeindruckt, tat das Problem einfach als Missverständnis ab. Dabei war es war ein Katastrophe. Nicht nur, dass sie eine Frau war, eine sehr attraktive, nebenbei. Nein, sie war offenbar auch noch eine von diesen typischen New Yorker Großstadtmiezen, die in der Wildnis so fehl am Platz wäre wie ein Büffel in einem New Yorker Penthouse.

Und die sollte dabei sein, wenn er zusammen mit vier anderen Männern zwei Wochen unter freiem Himmel im Custer State Nationalpark verbringen würde? Zwei Wochen!

Schweigend sahen sie sich an.

„Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte“, brummte Clint schließlich und musterte sie verstohlen.

Ihr volles, fast schwarzes Haar fiel ihr bis auf die Schultern. Ihre kaffeebraunen Augen waren riesig, hatten fein geschwungene Brauen und waren von einem dichten Kranz schwarzer Wimpern umrahmt. Ein schönes Gesicht, mit zarten Gesichtszügen.

Clint konnte gar nicht aufhören, Ashlinn Carey anzublicken. Offenbar hatte sie kurz zuvor ihren Lippenstift frisch aufgetragen. Der Rotton stand ihr sehr gut und brachte ihre vollen, sinnlichen Lippen zur Geltung. Sie trug einen cremefarbenen eleganten Overall und helle Wildlederstiefel mit hohen Absätzen. Trotzdem überragte er sie noch um einiges.

„Sie sollten ein Mann sein“, sagte er heiser. Wenn sie es doch nur wäre. Oder wenigstens eine von diesen nichtssagenden Bohnenstangen, die die Titelblätter zierten. Doch Ashlinn Carey hatte wundervolle Rundungen, an genau den richtigen Stellen, und sie strahlte eine natürliche Sinnlichkeit aus. Ihm wurde heiß und heißer.

Kühl erwiderte Ashlinn seinen Blick. „Nun, ich bin eindeutig kein Mann, oder? Sind Sie Sam Carmody?“

„Nein.“

„Sollten Sie aber sein.“

Wie du mir, so ich dir, dachte er.

„In meinen Reiseunterlagen steht, dass mich ein Sam Carmody, Marketingleiter von ‚Paradise Outdoors‘, vom Flughafen abholen wird.“

„Carmody ist für die nächsten drei Wochen ans Bett gefesselt. Er hatte einen Unfall mit dem Skateboard, der Idiot“, entfuhr es Clint.

„Sie scheinen ja nicht sehr mitfühlend zu sein.“

„Ich versuche, Mitgefühl zu haben, seit ich gestern Abend die Nachricht erhielt. Aber alles, was mir dazu einfällt, ist, dass ein erwachsener Mann von einunddreißig Jahren, der mit dem Skateboard die Treppen vor der High School hinunterfahren will, ein Idiot ist. Ich bin nur ein Jahr älter, aber mir würde es nie in den Sinn kommen, ein Skateboard auch nur in die Hand zu nehmen.“ Er zog eine Grimasse. „Schon gar nicht einen Tag vor einer Expedition, dich ich leiten soll.“

„Nun, um ehrlich zu sein, ich hatte auch keine allzu große Lust auf diese Expedition. Ich meine, wer geht schon freiwillig in die Badlands. Allein der Name …“ Zum ersten Mal lächelte sie. „Da die Sache also abgeblasen ist, werde ich gleich einen Rückflug nach New York buchen und …“

„Nichts ist abgeblasen. Die anderen vier Teilnehmer sind bereits angekommen und können es kaum erwarten. Ich werde die Expedition jetzt anführen.“

Clint riss sich von ihrem Anblick los. Eine Frage des Überlebens, denn Ashlinns Lächeln hatte eine katastrophale Wirkung auf ihn. Er fühlte sich plötzlich merkwürdig orientierungslos. Was war los mit ihm? Er war doch sonst nicht so emotional. Im Gegenteil, er war ein total rationaler Typ, hatte sich immer im Griff. Sein Bruder Rafe zog ihn gern deswegen auf.

Clint runzelte die Stirn. „Und wir gehen nicht in die Badlands, sondern in die Black Hills. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Stiefel. Sie haben wohl Ihre Hausaufgaben nicht gemacht.“

„Oh.“ Ashlinn wurde rot. „Dieses Projekt wurde mir ganz kurfristig übertragen.“

„Natürlich.“ Er gab sich keine Mühe, zu verbergen, dass er ihr nicht glaubte. Das wurde ja immer besser! Anscheinend war sie auch noch schlampig bei der Arbeit. So was konnte er absolut nicht vertragen.

Ashlinn sah über die Entwicklung der Dinge auch nicht gerade erfreut aus.

„Sagten Sie, vier Männer?“, fragte sie ungläubig. „Ich soll zwei Wochen als einzige Frau mit fünf Männern in der Wildnis verbringen?“

Clint zuckte die Achseln. „Für uns war klar, dass sich nur Männer zu dieser Expedition melden. Welche Frau würde schließlich eine Zeitschrift wie ‚Tour and Travel‘ lesen? Also sind wir davon ausgegangen, dass auch die Mitarbeiter der Zeitschrift alle männlich sind.“

„Ja, haben Sie denn diese Zeitschrift überhaupt jemals gelesen?“, hakte Ashlinn verwundert nach. „Ihre Zielgruppe sind Frauen, die beruflich sehr beschäftigt und erfolgreich sind und Tipps für interessante Wochenendtouren suchen, Hinweise auf besonders idyllische Ferienorte, wo …“

„Sind Sie sicher, dass wir von derselben Zeitschrift sprechen? Carmody zeigte mir eine Ausgabe, und die richtete sich eindeutig an … nun, an Männer wie Carmody.“

„Sie meinen Idioten Anfang dreißig, die mit Teenagern Skateboard fahren?“

„Ich meine, Männer, die keine familiären Verpflichtungen haben, die abenteuerlustig sind und die Herausforderung lieben.“ Unwillkürlich verfiel Clint in Carmodys Tonfall. „Und die außerdem über ein Einkommen verfügen, das ihnen erlaubt, die Angebote von ‚Paradise Outdoors‘ wahrzunehmen.“

„Also Skateboards und anderes Spielzeug zu kaufen?“

„Jedenfalls, das was Sie erwähnten, idyllische Ferienorte und so weiter, davon war in der letzten Ausgaben nichts zu lesen.“

„Oh, die letzte Ausgabe!“ Ashlinn stöhnte auf. „Die hab ich doch tatsächlich vergessen. Das war die erste Ausgabe, die unter dem neuen Chefredakteur herauskam. Er hat alles geändert, das Format, das gesamt Konzept.“

„Aha.“ Clint sah sie belustigt an. „Das erklärt immer noch nicht, warum ausgerechnet Sie hierher geschickt wurden. Carmody hat doch ganz bestimmt keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich um eine rein männlich besetzte Expedition handelt.“

„Eigentlich dachte ich, das mit dem Namen Asher sei einfach ein Versehen gewesen. Aber wenn ich es mir recht überlege … ich fürchte, Presley Oakes, junior, der neue Chefredakteur von ‚T & T‘ – hat es absichtlich getan.“ Ashlinns dunkle Augen glühten vor Zorn. „Es würde ihm ähnlich sehen, mich so hereinzulegen.“

„Lassen Sie mich raten – Sie mögen Ihren Chef nicht besonders, oder?“

„Ich hatte es schon ziemlich weit gebracht bei ‚T & T‘, als Juniors Daddy sich entschloss, die Zeitschrift zu kaufen und seinem Sohnemann zum dreiundzwanzigsten Geburtstag zu schenken.“

„Dreiundzwanzig?“ Clint fragte sich, was für eine Reaktion Ashlinn wohl von ihm erwartete. „Ich schätze, dann er ist er ja sogar noch jünger als Sie.“

„Ha-ha.“

„Ich wollte nicht unhöflich sein.“

„Keine Sorge. Ich schäme mich nicht meines Alters. Ich bin fünf Jahre älter als er. Fünf arbeitsreiche Jahre.“

„Und nach all den Jahren verdonnert er Sie jetzt zu dieser Sache hier, und das auch noch als einzige Frau unter lauter Männern.“ Er nickte verständnisvoll. „Langsam wird mir alles klar. Zu dumm, dass ausgerechnet ‚Paradise Outdoors‘ in diese Intrige, die da gegen Sie läuft, hineingezogen wurde. Warten Sie, bis ich mit Carmody gesprochen habe. Er hätte eigentlich merken müssen …“

„Es gibt keine Intrige gegen mich!“, rief Ashlinn.

„Nein?“ Clint hob spöttisch die Brauen. „Wenn Sie sich Ihrer Position bei T & T so sicher sind, warum haben Sie diesen Auftrag dann nicht abgelehnt? Sie waren doch offenbar von Anfang an nicht begeistert davon, noch bevor Sie erfuhren, dass Sie allein unter Männern sein werden.“

„Das ist nicht wahr …“

„Jedenfalls erinnere ich mich genau an Ihr strahlendes Lächeln, als Sie dachten, die Sache sei abgeblasen.“ Oh, ja. Und er erinnerte sich nur zu gut daran, was dieses Lächeln bei ihm ausgelöst hatte. Besser er passte auf, dass das nicht wieder geschah.

Ashlinn senkte den Blick. „Na schön, Sie haben recht. Ich hatte mich nicht gerade auf diese Tour gefreut. Und ich hab mich auch nicht genügend mit der Materie vertraut gemacht. Ich dachte, die Black Hills lägen innerhalb der Badlands. Tut mir leid.“

„Kein Problem. Sie haben also nicht gewagt, abzulehnen, als Ihr Boss Ihnen diesen Auftrag gab?“

„Junior duldet so etwas nicht. Man verliert dann seinen Job.“

„Klingt ja übel. Warum haben Sie nicht gekündigt?“ Clint war jetzt wirklich neugierig.

„Weil ich so ein praktisch denkender Mensch bin. Ohne Job habe ich nämlich nichts zu essen und kann meine Miete nicht zahlen.“

„Na, dann mal Kopf hoch. Auf dieser Expedition werden Sie lernen, wie man überlebt.“

„Das soll wohl witzig sein.“

„Warum nicht? Ein bisschen Aufheiterung könnte Ihnen nicht schaden.“

Ashlinn konnte absolut nichts Komisches an ihrer Situation finden. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr kommen. Doch.

„Wir werden morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen“, erklärte Clint.

„Bei Sonnenaufgang?“, wiederholte sie entsetzt. „Aber warum denn so früh …“

„Wir haben erst einmal eine sehr weite Strecke zu fahren.“

Ashlinn sah auf die Uhr. Es war schon nach zehn. Sie wollte so schnell wie möglich in ihr Hotel, um wenigsten noch ein bisschen Schlaf zu bekommen. „Wo ist die Gepäckausgabe?“, fragte sie müde.

„Gepäck? Wie viel Gepäck haben Sie denn?“

„Nur zwei Koffer. Ich …“

„Die werden Sie zurücklassen müssen. ‚Paradise Outdoors‘ stellt die Ausrüstung. Jeder bekommt einen Rucksack mit allem, was man braucht.“

Sie schwieg. Offenbar versuchte dieser Mann, sie zu entmutigen. Am liebsten hätte sie klein beigegeben und die Rückreise angetreten. Aber das konnte sie sich nicht leisten. Sie würde ihren Job verlieren, ihr Apartment aufgeben und das teure New York verlassen müssen …

Nein, das wollte sie nicht. Und das würde sie auch nicht. Sie liebte diese Stadt. Sie hatte immer davon geträumt, dort zu leben. Dieses verflixte Greenhorn Presley Oakes, junior würde sie nicht von dort vertreiben. Und auch nicht dieser Stellvertreter von Sam Carmody.

Sie würde an dieser Expedition teilnehmen. Sie würde diesen verflixten Artikel schreiben. Und sie würde ihren Job behalten. Sie würde diesem Freiluftfanatiker zeigen, dass sie im Stande war, in der Wildnis zu überleben. Und wenn sie zurückkehrte, würde sie beweisen, dass sie mehr Stehvermögen hatte als dieser verflixte Junior.

„Wer sind Sie eigentlich?“, fragte Ashlinn feindselig.

„Clint Paradise. Besitzer und Geschäftsführer von ‚Paradise Outdoors‘.“

„Und da haben Sie Zeit, Expeditionsleiter zu spielen?“

„Ich betrachte das als bezahlten Urlaub. Den ersten meines Lebens.“

„Mit anderen Worten – Sie konnten niemand finden, der die Sache übernehmen wollte, nicht wahr?“

Verflixt, dachte Clint, wie ist sie nur so schnell darauf gekommen? Ja, alle seine Mitarbeiter hatten familiäre Verpflichtungen vorgeschoben, wohl wissend, dass ihm eine solche Ausrede nicht zur Verfügung stand. Aber das würde er ihr gegenüber nicht zugeben.

„Es wäre doch dumm von mir gewesen, das Angebot eines kostenlosen Urlaubs auszuschlagen, oder? T & T bezahlt schließlich alles.“

Ashlinn war für einen Moment sprachlos. „Ist das wahr?“

„Ja.“ Clint steuerte auf die Gepäckausgabe zu.

Ashlinn ging automatisch neben ihm her. „Das hat Junior gar nicht erwähnt.“

„Carmody hat alles organisiert, aber sämtliche Kosten werden von ‚T & T‘ übernommen. Außerdem darf ‚Paradise Outdoors‘ ein Jahr lang kostenlos in der Zeitschrift Anzeigen schalten. Und Sie werden für die Produkte werben, die wir bei der Expedition verwenden. Sie werden sie nämlich alle in Ihrem Artikel erwähnen.“

„Versteh ich das richtig? ‚T & T‘ lässt sich diese Expedition eine Menge kosten, und was bekommt ‚T & T‘ im Gegenzug?“

„Das habe ich Carmody auch gefragt. Er sagte daraufhin, der Chefredakteur von ‚T & T‘ wolle diesen Artikel unbedingt und er sei ihm den Preis wert.“

„Verstehe“, sagte Ashlinn knapp. Und ob sie verstand! Junior hoffte anscheinend, dass sie entweder kündigte oder in der Wildnis verloren ging. Dafür war er bereit, einen dermaßen hohen Preis zu zahlen. Nun, es war ja auch nicht sein Geld, sondern Daddys.

„Carmody hat alles arrangiert, und die Verträge waren in Ordnung. Also hatte ich nichts gegen diese Expedition einzuwenden“, erklärte Clint. „Jetzt allerdings kommen mir doch Bedenken.“

„Oh, die hatte ich von Anfang an“, murmelte sie.

Als sie bei seinem Wagen ankamen, blieb Ashlinn zögernd vor der Beifahrertür stehen. Jetzt sollte sie mit diesem Mann, über den sie so gut wie nichts wusste, ins Auto steigen. Es war schon dunkel, und sie befand sich in einer ihr fremden Stadt. Derartig naiv, um sich völlig unbekümmert auf so etwas einzulassen, war sie nicht. Was sollte sie also tun?

Nervös begann sie, in ihren Unterlagen zu blättern. „Jack Hall, Etienne Bouvier, Rico Figueroa, Koji Yagano, sind das die anderen Teilnehmer?“

Clint nickte. „Hall ist Australier, Bouvier Franzose, Figueroa Argentinier und Yagano Japaner. Sie alle sind freie Journalisten und schreiben Artikel für Zeitschriften wie ‚T & T‘ in ihren jeweiligen Herkunftsländern.“

„Und dann bin ich noch dabei, US-Bürgerin. Wir sind wirklich eine internationale Gesellschaft.“ Ashlinn lächelte zaghaft.

„Und ‚Paradise Outdoors‘ wird in all diesen Zeitschriften kostenlosen Anzeigenraum bekommen. Carmody hat das wirklich gut hingekriegt.“ Clints Zorn auf seinen Marketingleiter fing an, sich zu verflüchtigen. „Ich weiß nicht, wie viel Sie über uns wissen, aber wir haben als kleine, spezialisierte Versandhandlung für Campingartikel begonnen. Inzwischen haben wir unser Sortiment beträchtlich erweitert und sind überall in den Staaten vertreten. Als nächstes wollen wir den Weltmarkt erobern.“

Clints Gesicht hellte sich auf, als er von seiner Firma sprach, und Ashlinn empfand nun überhaupt keine Angst mehr. Interessiert betrachtete sie ihn interessiert. Er war ziemlich groß, ein ganzes Stück größer als sie, trotz ihrer Absätze. Dabei war sie bereits fast einssiebzig. Und er schien ziemlich stark zu sein. Er hatte ihre schweren Koffer getragen, als wären es Pappschachteln. Sein kurzärmeliges weißes Poloshirt gab den Blick frei auf gebräunte, muskulöse Arme.

Plötzlich war ihr Mund ganz trocken. Sie hatte bis jetzt gar nicht bemerkt, wie gut Clint Paradise aussah. Ja, er sah sogar sehr gut aus – um nicht zu sagen sexy. Groß, stark und männlich.

„Mein Vater hat das Geschäft vor dreißig Jahren gegründet“, erzählte er weiter. „Ich übernahm es, als er vor sieben Jahren starb. Wir haben den Katalog farbig gestaltet und das Sortiment erweiter. Ebenso die Mailingliste. Außerdem haben wir eine Homepage und verkaufen natürlich auch online. Wir sind bestens vorbereitet auf den Sprung ins nächste Jahrtausend.“

„,Paradise‘ ist ein ungewöhnlicher Name.“ Endlich war ihr etwas eingefallen, das sie sagen konnte. „Aber er passt ausgesprochen gut zu Ihrer Firma.“ War das wirklich ihre Stimme? Sie hörte sich ja an wie ein kleines Mädchen. Dabei war sie eine reife Frau von achtundzwanzig und verfiel einem Mann nicht auf den ersten Blick, oder?

Zum Glück schien er nichts zu bemerken.

„Unser Urgroßvater soll sich diesen Namen ausgesucht haben. Er war ein Häuptling der Lakota Sioux. Der Klang dieses Wortes hatte es ihm angetan, und so beschloss er, es zu seinem Namen zu machen.“

Clint sah sie an, und ihre Blicke trafen sich.

„Lakota Sioux? Wie in dem Film ‚Der mit dem Wolf tanzt‘?“

„Ja, genau.“ Er lachte. „Dieser Film. Die Leute reden doch immer wieder davon.“

„Es ist sicher etwas Besonderes, von den Eingeborenen Amerikas abzustammen.“ Ich muss unbedingt Konversation machen, sagte sich Ashlinn. Er dufte nicht merken, wie nervös sie war. Hingerissen lag ihr Blick auf seinem Gesicht. Seine Nase war schmal und gerade, er hatte hohe Wangenknochen, und sein Teint war bronzefarben.

„Dad war Sioux, Mom war irisch“, erklärte Clint. „Und meine Geschwister und ich sagen lieber Indianer anstatt Eingeborene Amerikanes.“

Sie nickte nur. Seine Augen waren leicht mandelförmig und schwarz wie Kohle, und wenn er sie so ansah wie jetzt, dann überlief sie ein Schauer.

„Wir müssen los.“ Er berührte ihren Arm. „Steigen Sie ein.“

Clint zog seine Hand im selben Moment zurück, in dem Ashlinn ein Stück zurücktrat. Ihm war, als spürte er immer noch ihre Haut unter seinen Fingern. Wieso hatte er diese Frau überhaupt angefasst? Eine so spontane Geste war völlig untypisch für ihn.

Nein, sie konnten nicht zusammen auf diese Expedition gehen. Es kam nicht in Frage.

Er musste es ihr irgendwie beibringen, dann die anderen Teilnehmer informieren und ihnen und „T & T“ ihr Geld zurückzahlen.

Ashlinn fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Die Stelle auf ihrem Arm, wo er sie berührt hatte, brannte wie Feuer. Nein, sie konnte nicht bleiben. Nicht, wenn dieser Clint Paradise eine solche Wirkung auf sie hatte. Es war gleichermaßen beängstigend und aufregend.

Deshalb würde sie ihm jetzt mitteilen, dass sie sofort einen Flug zurück nach New York buchen wollte.

Doch weder Clint noch Ashlinn sagten ein Wort.

Er hielt ihr die Wagentür auf, und sie stieg ein. Er ging um den Wagen herum und setzte sich hinters Steuer. Sie schnallten sich an, und das Klicken der Gurte war das einzige Geräusch, das zu hören war.

Clint ließ den Motor an und fuhr los.

2. KAPITEL

Schließlich brach Clint das Schweigen. „Ich habe mir heute Nachmittag den Schlüssel zu Ihrem Hotelzimmer geben lassen und einen Teil Ihrer Ausrüstung dort schon abgestellt.“ Es war eigentlich nicht seine Art, mit der Konversation anzufangen, aber jetzt konnte er nicht anders. Diese Frau machte ihn einfach nervös.

„Sie haben meinen Zimmerschlüssel?“

„Ich habe ihn natürlich gleich wieder abgegeben“, beeilte er sich zu erklären. „Sie werden neu packen müssen. Wie gesagt, Sie können nur den Rucksack mitnehmen.“ Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu.

„Sie meinen, ich soll mein Gepäck für zwei Wochen wirklich in einen Rucksack quetschen?“, fragte Ashlinn fassungslos. Aber sie war froh, dass sie wenigstens wieder miteinander redeten.

„Ja, das meine ich, Ashlinn.“

Es war merkwürdig, ihn ihren Namen aussprechen zu hören. Warum nur, was war schon dabei? Er hatte sie einfach nur bei ihrem Vornamen genannt. Aber dadurch wirkte das, was er zu ihr sagte, so persönlich.

Dabei gab es nichts Persönliches zwischen ihnen. Dass sie ihn wahnsinnig attraktiv fand und drauf und dran war, sich in ihn zu verlieben … Nun das war ihr Problem. Ganz sicher beruhte dieses Gefühl nicht auf Gegenseitigkeit und sie täte gut daran, es zu ersticken, bevor sie sich womöglich zum Narren machte. Sicher

„Und wo soll ich meine Sachen lassen?“ Zum Glück klang ihre Stimme normal, obwohl sie sich wie ein Teenager beim ersten Date fühlte.

„Die können Sie in meinem Büro unterstellen“, erwiderte Clint. „Wir müssen sowieso zuerst noch in die Firma. Schließlich brauchen Sie noch passende Wanderschuhe und Socken und …“ er räusperte sich, „und ein paar andere Dinge, speziell für Frauen.“

„Zuerst? Sie meinen noch vor Sonnenaufgang?“

„Es bleibt uns nichts anderes übrig. Die anderen sind schon voll ausgerüstet und erwarten, dass wir pünktlich aufbrechen. Sie waren die einzige, die darauf bestanden hat, den letzten Flug zu nehmen.“

„Ich habe überhaupt nicht darauf bestanden. Mir wurde die Abflugzeit mitgeteilt und ein Ticket in die Hand gedrückt. Und jetzt muss ich diese Sache hinter mich bringen, wenn ich meinen Job behalten will.“

Ashlinn drehte sich zu ihm. „Werden Sie mir dabei helfen, Clint?“

Es war das erste Mal, dass sie ihn mit seinem Namen ansprach. Ihm wurde erneut viel zu heiß. Nervös verlagerte er seine Position. Hoffentlich sah sie nicht auf seinen Schoß, dorthin, wo seine Empfindungen offenbar wurden.

„Ich werde tun, was ich kann“, murmelte er.

„Gut. Ich danke Ihnen. Als erstes müssen wir noch ein paar andere Frauen dazu bringen, mitzukommen.“

Er zuckte innerlich zusammen. Da reichte er ihr den kleinen Finger, und sie packte gleich seinen ganze Hand. Was fiel ihr ein, ihm Anweisungen zu geben? Sie glaubte wohl, sie bräuchte nur seinen Namen zu flüstern, und er würde sofort den Kopf verlieren. Nun, Ashlinn Carey würde schon sehen, mit wem sie es zu tun hatte. Man nannte ihn schließlich nicht umsonst den „coolen Clint“.

„Noch andere Frauen? Wollen Sie aus dieser Expedition ein Kaffeekränzchen machen? Vergessen Sie’s, Ashlinn.“

„Wo denken Sie hin? Natürlich brauchen wir deshalb mehr Frauen, um zu verhindern, dass das Machogehabe unter den Männern überhand nimmt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es dazu kommen wird.“

„Das weiß ich nicht“, konterte er. „Und ich frage mich, ob Sie es überhaupt wissen.“

„Oh, ja, das tue ich! Ich weiß, dass eine Frau unter fünf Männern als Person so gut wie nicht wahrgenommen wird. Die fünf werden losmarschieren, egal, ob ich Schritt halten kann oder nicht. Sie werden Dinge tun, die ich einfach nicht schaffen kann. Ich weiß, wie Männer sind. Ich habe einen älteren Bruder und zwei Stiefbrüder. Und ich weiß außerdem, dass eine entsprechende Anzahl von weiblichen Teilnehmern den Ton innerhalb einer Gruppe verändern wird. Die Anwesenheit von Frauen wirkt wohltuend mäßigend auf …“

„Die Frau, der Klotz am Bein des mutigen Mannes? Interessanter Standpunkt.“

„Wenn Sie und Ihre Geschlechtsgenossen es nicht lassen können, von Schwindel erregend hohen Felswänden zu springen oder in eiskalten Gewässern eine Unterkühlung zu riskieren, dann hätte ich wenigstens Gesellschaft beim Beerenpflücken.“

Clint verzog spöttisch das Gesicht. „Wer hätte gedacht, dass eine emanzipierte Karrierefrau aus der Weltstadt New York die Stereotypen vom wilden, risikobereiten Mann und der braven, vorsichtigen, Beeren pflückenden Frau im Kopf hat?“

„Ja, wer hätte das gedacht.“ Ashlinn ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Werden Sie also ein paar Frauen aus Ihrem Bekanntenkreis anrufen und bitten, mitzukommen?“

„Wir fahren doch schon morgen bei Sonnenaufgang los, haben Sie das vergessen? Das wäre viel zu kurzfristig.“

„Sie könnten es wenigstens versuchen. Rufen Sie doch Ihre Freundin an. Sie würde sich bestimmt freuen.“ Sicher hat er eine Freundin, dachte sie, wenn nicht sogar mehrere.

„Ich habe keine Freundin.“

Peinlich, peinlich, wie sehr seine Antwort sie erleichterte.

„Dann eben ein paar von Ihren Bekannten.“

„Ich habe keine weiblichen Bekannten“, brummte er. „Meine Arbeit lässt mir gar keine Zeit dafür. ‚Paradise Outdoors‘ ist alles, was ich will, und alles, was ich brauche. Ist das so schwer zu verstehen?“

Sie sah ihn mit großen Augen an. „Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, dass sie so eine Unterhaltung schon öfter geführt haben. Mit jemandem, der Sie in die Defensive drängt.“

„Ich bin nicht in der De…“ Clint brach ab und holte Luft. „Na schön, ein bisschen vielleicht.“

„Wer wirft Ihnen denn immer wieder vor, dass Sie zu viel arbeiten?“, fragte Ashlinn und war neugierig geworden. „Ihre Eltern? Meine halten mir auch immer vor, ich würde nur für meine Karriere leben.“

„Meine Eltern sind beide schon tot.“

Autor

Barbara Boswell
Barbara Boswell war als Krankenschwester tätig, bis sie sich ganz der Kindererziehung widmete. Sie begann 1983 zu schreiben und veröffentlichte 22 Romane.
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