Sündige Versuchung

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Simon spielt die Hauptrolle in Tawnys erotischen Träumen - mehr nicht. Bis sie eines abends in ihrem New Yorker Apartment Besuch von ihm bekommt - und der Strom ausfällt. Im Schutz der Dunkelheit gibt sie der Versuchung nach und lebt endlich ihre sinnlichen Fantasien aus. Eine magische Nacht, die ihr Leben verändert ...


  • Erscheinungstag 05.07.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778859
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Ihr Kopf fiel auf seine Schulter, doch sie beobachtete sich weiter im Spiegel. Denn jedes Mal, wenn sie nicht mehr hinsah, hörte er auf, sie zu berühren – und seine Berührungen brachten sie um den Verstand. Sie beide im Spiegel zu beobachten machte es viel intensiver, viel aufregender. Seine unergründlichen Augen sahen aus dem Spiegel in ihre. Sie, auf seinem Schoß, den Rücken an seine Brust geschmiegt, die Beine gespreizt. Er griff zwischen ihre Schenkel und bog sie auseinander, öffnete sie für seine Liebkosung und sein Vergnügen. Seine Finger hoben sich dunkel ab vor ihrer nackten, rosigen Haut … oh, ja, es fühlte sich so gut an … hör nicht auf … ja, gleich …

Das Klingeln des Telefons neben dem Bett riss Tawny aus ihrem Traum. Benommen griff sie nach dem Hörer. „Hallo?“

„Hast du ein Nickerchen gemacht?“, erkundigte Elliott sich in seinem üblichen fröhlichen Ton, der ein bisschen gezwungen klang. Aber vielleicht dachte sie das auch nur, weil er ihren wundervollen Traum unterbrochen hatte. Oder es konnte daran liegen, dass Elliott sie kritisierte, was in letzter Zeit häufiger vorzukommen schien. Manchmal war es fast so, als wäre sie mit ihren Eltern zusammen.

„Hm.“ Als Veranstaltungsorganisatorin für eine Gruppe von Anwälten aus der City hatte sie nicht die übliche Arbeitszeit von neun bis fünf. „Letzte Nacht war eine Cocktailparty für einen deutschen Klienten, schon vergessen? Anschließend hatten die Kanzleipartner heute Morgen um halb sieben ein reizendes Frühstück. Samstagmorgen um halb sechs aufstehen, das war genau das, was ich brauchte. Also ist ein Nickerchen am Nachmittag ja wohl nicht verboten.“ Die sexuelle Erregung und die Schuldgefühle verliehen ihrer Stimme eine heisere Note. „Hast du gestern Abend noch sehr lange gearbeitet?“ Elliott steckte unglaublich viel Zeit in seine Kunstgalerie, was sich jedoch bezahlt machte, denn der Bekanntheitsgrad stieg ebenso wie die Zahl der Kunden.

„Lange genug.“ Er klang untypisch kurz angebunden.

Vielleicht lag es wirklich nur an ihr. Sie war so heiß, dass sie am liebsten geschrien hätte. Oder zum Höhepunkt gelangt wäre. Sie sollte lachen und ihrem zukünftigen Ehemann gestehen, dass sie gerade den tollsten erotischen Traum ihres Lebens gehabt hatte, vor Verlangen glühte, und ihn bitten, ihr zu helfen.

Früher einmal hätte sie damit gerechnet, dass der lockere, entspannte Elliott sich auf eine Runde Telefonsex mit ihr einlassen würde. Doch mittlerweile war sie sich da nicht mehr so sicher, denn in letzter Zeit war er weder locker noch entspannt gewesen. Und was würde er sagen, wenn ihr aus Versehen herausrutschte, dass er nicht der Mann gewesen war, von dem sie geträumt hatte? Und was würde sie tun, wenn der Mann, den sie heiraten wollte, nicht dort weitermachen konnte, wo ihr Traum geendet hatte?

Er fuhr fort: „Ich wollte heute Abend vorbeikommen, wenn die Galerie geschlossen ist.“

„Gern, wenn du etwas zu essen mitbringst und wir zu Hause bleiben.“ Wenn er so spät anrief, würde sie ganz bestimmt nicht mehr kochen. Elliott ging lieber aus als sie, und sie war schon genug unter Leuten gewesen. Sie wünschte sich einen ruhigen Abend zu Hause.

„Zu Hause bleiben passt gut. Ich wollte nämlich mit dir reden.“

Tawny lehnte sich gegen ihr Kissen. Sie und Elliott redeten oft, doch wenn jemand ankündigte, er wolle mit einem sprechen … „Worüber?“

„Es ist zu kompliziert, um es am Telefon zu besprechen.“

„Das ist mies. Erst fängst du damit an, und dann lässt du mich zappeln.“

„Entschuldige. Warten wir bis heute Abend.“ Sie bildete es sich nicht ein. Er klang tatsächlich angespannt.

„Na schön.“ Sex. Es ging sicher um Sex. Natürlich konnte sie momentan an nichts anderes denken.

„Bist du mit thailändischem Essen einverstanden?“

„Klar. Du weißt ja, was ich mag.“ Elliott konnte die zweideutige Anspielung nicht entgangen sein. Vielleicht würde er mit Telefonsex anfangen, ohne dass sie ihn darum bat.

Er räusperte sich, als wäre ihr Necken ihm unangenehm. „Also dann bringe ich Curryhuhn mit.“

Kein Telefonsex. „Curryhuhn klingt gut.“

Er räusperte sich erneut. Entweder war er nervös, oder er bekam eine Erkältung. „Ich wollte Simon mitbringen.“

Unwillkürlich umklammerte sie den Hörer fester, und ihre Körpertemperatur stieg. „Simon?“ Sie befeuchtete sich die plötzlich trockenen Lippen und rollte sich auf den Bauch. „Wieso sollte er mich besuchen kommen? Seit dem Foto-Shooting meidet er mich wie die Pest. Anscheinend mag er mich nicht.“

„Er hat viel zu tun. Ich glaube nicht, dass er dich nicht mag. Simon ist bloß …“

„Finster, grüblerisch, zynisch, ernst. Das trifft es wohl ganz gut.“ Und so sexy, dass es sie erschauern ließ. Aber es wäre wohl nicht besonders klug, eine solche Bemerkung über den besten Freund ihres Verlobten zu machen.

„Simon ist eben, wie er ist“, sagte Elliott nur. „Kann er mitkommen?“

Tawnys Brustspitzen richteten sich auf, und ein heißer Schauer durchlief sie. Der ernste, grüblerische Simon mit seinem schwachen britischen Akzent war der Mann in ihrem erotischen Traum gewesen.

„Tawny?“, hakte Elliott nach.

Sie wand sich auf der harten Matratze. „Nein, ich habe nichts dagegen.“ Allein, es auszusprechen, erregte sie noch mehr. Schuld und Scham nährten die dunkle Lust, die Simon beinah Nacht für Nacht in ihr weckte. Jetzt wurde es sogar noch schlimmer, denn sie hatte ja bloß ein Nickerchen gemacht. Er war der beste Freund ihres Verlobten, er verachtete sie und hatte dennoch jede Nacht in ihren Träumen sensationellen Sex mit ihr.

„Dann sind wir kurz nach neun bei dir.“

Sie legte auf und schloss die Augen. Wieso begleitete Simon Elliott? Wieso sie drei? Was würden sie tun?

Erregt, wie sie war, beschwor sie in ihrer Fantasie sündige Bilder herauf. Sie alle drei, hier in ihrem Schlafzimmer. Elliott, goldblond und hellhäutig, Simon dunkel. Zwei überaus anziehende Männer, die jeden Zentimeter ihres Körpers berühren und liebkosen wollten, mit der Absicht, ihr Lust zu bereiten.

Sie machte die Augen wieder auf, griff in die Nachttischschublade und holte ihren Vibrator heraus. Sonst würde sie den Nachmittag nicht aushalten.

Elliott war ihr Verlobter. Er war unterhaltsam, großzügig und warmherzig, meist jedenfalls. Sie hatte vielleicht keine Kontrolle über ihre Träume, aber jetzt war sie hellwach.

Trotz ihrer Bemühungen, sich auf Elliott zu konzentrieren, war es Simon, der sie schließlich auf dem Gipfel der Lust erbeben ließ.

„Du siehst schrecklich aus“, bemerkte Simon Thackeray, während er vorsichtig seine Kameratasche auf einen orangefarbenen Vinylstuhl in Elliotts Heiligtum stellte und sich auf den zweiten Stuhl setzte.

Elliott – blond, gut aussehend und mit einem Sinn für Stil, als wäre er der Zeitschrift GQ entsprungen – war jemand, nach dem sich die Leute umdrehten. Er und Simon waren Gegensätze, sowohl was das Äußere als auch den Charakter betraf. Elliott war fröhlich und kontaktfreudig, Simon düster, still, zurückgezogen. Aber Elliott hatte müde und besorgt geklungen am Telefon, als er Simon gebeten hatte vorbeizukommen, und er sah auch nicht viel besser aus. „Was ist los?“

Elliott setzte sich auf die Kante des Designerschreibtisches aus Chrom und Glas. „Wir sind schon lange Freunde.“

Simon nickte. Sie waren befreundet, seit sie sich auf der High School in einem Fotokurs kennen gelernt hatten, wo sie ihre gemeinsame Liebe für Kunst entdeckten und eine Freundschaft schlossen, die die Jahre überdauert hatte. Elliott hatte Simon davor gerettet, in seiner Einsamkeit zu ertrinken. Umgekehrt hatte Simon Elliott Halt gegeben, da dessen Eltern zwar freundlich und nett waren, aber auch sehr sprunghaft.

Simon war sich nicht sicher, ob er eine Karriere als Fotograf angestrebt hätte, wenn Elliott nicht an ihn geglaubt und ihn ermutigt hätte. Und Simon hatte für unbezahlbare Kontakte gesorgt, als Elliott sich entschlossen hatte, eine kleine Galerie zu eröffnen.

„Du weißt, dass du für mich der Bruder bist, den ich nie hatte“, fuhr Elliott fort. „Ich dachte immer, ich könnte dir alles anvertrauen.“

Simon hatte früher ebenso empfunden. Bis er hatte feststellen müssen, dass es Dinge gab, die man selbst seinem besten Freund nicht anvertrauen konnte. Zum Beispiel, dass man sich in dessen Verlobte verliebt hatte. „Ich hoffe, du wirst immer mein Freund sein.“

Simon seufzte über Elliotts Vorliebe fürs Melodramatische. Wenn Elliott sein Studium der Kunstgeschichte und sein Auge für Kunst nicht dazu genutzt hätte, eine Kunstgalerie zu eröffnen, hätte er sich glatt am Broadway als Schauspieler versuchen können. „Elliott, falls du keine alte Dame mit der Axt erschlagen hast, werde ich immer dein Freund sein.“ Er zuckte die Schultern. „Vermutlich wäre ich selbst dann noch dein Freund. Wieso sagst du mir nicht endlich, worum es geht?“

„Ich bin schwul.“

„Klar.“

Zuerst bestellte Elliott ihn her und redete von Freundschaft, und jetzt nahm er ihn auch noch auf den Arm, wo Simon in fünfundvierzig Minuten einen Fototermin hatte. Simon fand, Elliott hatte einen schrägen Sinn für Humor und ein äußerst schlechtes Timing.

Elliot knetete seine Hände. „Das ist kein Scherz. Ich bin schwul.“

Simon war perplex. Elliott und schwul? Wie war das möglich? Sie waren seit über zehn Jahren beste Freunde. Simon war der komische Heterosexuelle in einem Beruf, in dem sich sonst fast nur Homosexuelle tummelten, und trotzdem hätte er nie an Elliotts Heterosexualität gezweifelt.

Um Himmels willen, Elliott war mit Tawny verlobt und schlief mit ihr, und jetzt verkündete er, er sei schwul? „Wann … wie …“

Bisexuell ist wohl die bessere Einschätzung.“ Elliott fuhr sich mit seinen manikürten Fingern durch die kurzen blonden Haare. „In den letzten Jahren habe ich mich immer mehr zu Männern hingezogen gefühlt.“ Er schüttelte den Kopf und lachte bitter. „Keine Sorge, nicht zu dir.“

Simon war es völlig egal, ob Elliott sich zu ihm hingezogen fühlte oder nicht. Nun, vielleicht war er ein wenig erleichtert, dass Elliott ihm nicht seine Liebe oder Begierde gestand. Aber irgendetwas war ihm da entgangen.

Simon erinnerte sich noch an die erste Begegnung mit Tawny. Es war hier in der Galerie gewesen, vor Elliotts Büro. Simon hatte eine Cocktailparty und private Ausstellung besucht, die Tawny für ihre Firma organisiert hatte. Sie war in eine angeregte Unterhaltung mit dem Mann vom Partyservice vertieft gewesen. Ein Blick auf sie, und Simon war hin und weg. Dann verschwand sie, und als er sich bei Elliot nach ihr erkundigte, erfuhr er, dass sein Freund schneller gewesen war. Bevor Simon den Mund aufmachen konnte, verkündete Elliott, er habe seine Traumfrau kennen gelernt und sich mit ihr verabredet. Intuitiv wusste Simon, dass es sich um dieselbe Frau handelte. Und er hatte Recht behalten.

„Was war das vor sechs Monaten, als du mir sagtest, du hättest gerade die Frau deiner Träume kennen gelernt?“, fragte er.

„Sie war aufregend und sexy und so anders als die übrigen Frauen in New York, dass ich dachte, sie könnte mich kurieren.“

Simon stand auf und ging zum Fenster, von dem aus man einen Blick auf die Straße hatte. Er musste etwas anderes ansehen als den Freund, bei dem er nicht mehr sicher war, ob er ihn überhaupt noch kannte. Elliott war ja schon immer ein bisschen ichbezogen gewesen, aber das hier …

Draußen teilten sich die Einwohner Manhattans die Gehsteige mit den Touristen. Kunden strömten aus dem Elektronikmarkt auf der anderen Straßenseite zum Falafelstand an der Ecke und in die Geschäfte dazwischen. Ein Taxifahrer zeigte einem Lieferwagen, der ihn geschnitten hatte, den Finger.

Wie ein Streifen Negative sah Simon in seinem Kopf Bilder, die sich ihm eingeprägt hatten. Er hatte geglaubt, je besser er Tawny kennen lernte, desto mehr ließe die Anziehung nach. Stattdessen fühlte er sich nach jeder Begegnung mehr zu ihr hingezogen, denn er stellte fest, dass sie nicht nur schön war, sondern auch witzig und geistreich.

Er hielt sich sehr zurück. Aus Angst, sich durch einen bewundernden Blick oder eine falsche Bemerkung zu verraten, hatte er sich hinter spöttischen Äußerungen versteckt. Er hatte gehofft, darüber hinwegzukommen, auch nach Elliotts Heiratsantrag.

Es war das Foto-Shooting gewesen, der Tag, den er auf Elliotts Wunsch damit verbracht hatte, Tawny zu fotografieren, der ihm klargemacht hatte, dass er rettungslos in sie verliebt war. Der Fototermin war die einzige Zeit gewesen, die er mit ihr allein verbracht hatte. Es war so wundervoll gewesen, dass er am Ende des Tages geradezu körperlich gelitten hatte.

Und Elliott hatte in ihr bloß ein verdammtes Heilmittel gegen seine sich herauskristallisierende Vorliebe für Männer gesehen. Simon drehte sich zu ihm um und bemühte sich, ruhig zu sprechen. „Wolltest du dich mit dem Heiratsantrag auch kurieren, oder hast du dich da schon als geheilt betrachtet? Ich bin ein bisschen durcheinander. Handelt es sich hier um ein Zwölf-Schritte-Programm?“

„Gefällt es dir, den Zyniker zu spielen?“

„Nicht besonders.“ Simon verspürte den befremdlichen Wunsch, Elliotts Kopf gegen die zimtfarbene Wand zu schlagen. „Du hast sie gebeten, deine Frau zu werden, obwohl du dir über deine Gefühle bereits im Klaren warst? Obwohl du wusstest, dass du dich zu Männern hingezogen fühlst?“

Elliott errötete. „Aber ich fühle mich doch auch zu ihr hingezogen. Ich dachte, wenn ich mich auf diese Beziehung konzentriere, verschwinden die anderen Gefühle.“ Er stand ebenfalls auf, schob die Hände in die Taschen und begann auf und ab zu gehen.

„Das taten sie aber nicht, und dann hast du Tawny betrogen.“

Elliott straffte die Schultern. „Nur einmal. Letzte Nacht. Du kennst doch Richard, den Acrylmaler, den wir ausstellen? Ich habe ihn dabei ertappt, wie er mich beobachtete. Wie dem auch sei, wir arbeiteten gestern bis spätabends, tranken eine Flasche Wein zusammen, und eines führte zum anderen.“

Möglicherweise war es auch nur ein großer Fehler gewesen, den Elliott wegen der Schuldgefühle überbewertete. Er neigte schließlich dazu, die Dinge zu dramatisieren, und Schuld verzerrte den Blick, wie Simon selbst wusste. „Warst du betrunken?“

„Nein. Das wäre eine einfache Entschuldigung. Ich war nicht betrunken, sondern fasziniert. Ich wollte es probieren, um sicher zu sein, so oder so.“ Elliott rieb sich die Stirn. „Es gefiel mir. Ich empfinde etwas für Richard.“

Simon unterdrückte seinen Widerwillen. Es sollte nicht anders sein, als wenn Elliott über eine Frau spräche. Aber das war es. Völlig anders. Simon hob abwehrend die Hand. „Ich will keine Einzelheiten hören.“

„Ich hatte nicht vor, dir welche zu erzählen. Ich wollte dir damit nur etwas klarmachen“, entgegnete Elliott gereizt. „Ich muss es Tawny beichten. Sie verdient es, die Wahrheit zu erfahren.“

„Da hast du verdammt Recht“, stimmte Simon zu. „Ich hoffe, du hast wenigstens ein Kondom benutzt.“

„Selbstverständlich.“ Elliott ließ sich in einen Sessel fallen und legte den Kopf zurück. „Das ist einer der Gründe, weshalb ich es ihr sagen muss. Dann kann sie entscheiden, ob wir zusammenbleiben.“

Simon verspürte einen Stich. „Du magst Sex mit Richard, wirst aber trotzdem weiter mit Tawny schlafen?“

Elliott zerknüllte ein Stück Papier. „Ich liebe sie. Wie sollte man sie nicht lieben? Sie ist sexy, klug, freundlich und großzügig. Bei uns explodiert bloß kein Feuerwerk im Schlafzimmer. Ich fühle mich zu ihr hingezogen, aber es ist nicht so aufregend wie mit Richard.“

Elliott hatte ihm gerade mehr Informationen gegeben, als Simon sich gewünscht hätte. Außerdem machte er ihn wütend. „Würdest du bitte aufhören, mit dem Papier herumzuspielen?“ Elliott warf ihm einen Blick zu, ließ die Papierkugel jedoch auf den Schreibtisch fallen. „Du willst die Verlobung also nicht lösen?“ In Simons Schläfen begann es vor Anspannung zu pochen.

„Ich weiß nicht. Sie ist eine tolle Frau. Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Es ist wohl an ihr zu entscheiden, ob wir die Verlobung lösen.“ Er rieb sich den Nacken. „Das wird ein schreckliches Gespräch. Begleitest du mich, wenn ich es ihr sage?“

„Nein.“ Das war eine Angelegenheit zwischen Elliott und Tawny, mal abgesehen von Simons Interessenkonflikt. Er wollte sie, aber nicht mit gebrochenem Herzen oder damit sie sich über Elliott hinwegtrösten konnte. Dennoch, sie wäre frei, wenn es so lief, wie Simon vermutete.

Elliott stützte sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch und beugte sich zu Simon herunter. „Bitte. Ich brauche dich als moralische Unterstützung.“

Elliott hasste es, sich unangenehmen Sachen allein zu stellen. Seit sie befreundet waren, hatte er Simon zu Dozenten, Professoren und seinen Eltern geschleppt. Er hatte stets behauptet, Simon sei stärker als er. Doch diesmal würde Simon sich nicht in seinen Schlamassel hineinziehen lassen. Diesmal würde sein Freund allein damit fertig werden müssen.

„Das ist deine Privatangelegenheit“, erklärte Simon.

„Du warst bei meinem Heiratsantrag dabei“, argumentierte Elliott.

Simon verschränkte die Arme vor der Brust. „Und wenn ich gewusst hätte, dass du ihr einen Antrag machst, wäre ich nicht dabei gewesen.“ Der extrovertierte Elliott hatte sich dazu ein Doppeldate ausgesucht. Simon erinnerte sich noch genau an die Qualen, die er gelitten hatte, als Elliott Tawny beim Dessert einen Verlobungsring mit einem gelben Diamanten präsentiert hatte. Lenore, Simons Begleiterin, hatte es sehr romantisch gefunden.

„Das ist ein Schlamassel. Ich muss dich dabeihaben, wenn ich es ihr gestehe. Ich habe sie angerufen und gefragt, ob ich heute Abend vorbeikommen kann, sobald die Galerie geschlossen ist.“ Elliott blieb stehen. „Ich habe ihr gesagt, du würdest auch kommen.“

Simon verkniff sich den pubertären Drang, zu fragen, was sie dazu gesagt hatte. Er und Elliott hatten sich immer gegenseitig unterstützt. Aber er wusste nicht, ob er es mit ansehen konnte, wenn Tawny verletzt wurde. „Du hättest das nicht tun dürfen.“

„Bitte, Simon.“

Allerdings war er Elliott kein guter Freund gewesen, als er in all den Nächten einsam in seinem Bett gelegen und in seiner Fantasie mit Tawny geschlafen hatte. Jetzt plagte ihn sein Gewissen. Er wollte nicht mitgehen. Er hatte kein Recht dazu. Doch er war seinem Freund etwas schuldig, ob der es nun wusste oder nicht, für seine lüsternen Träume über Tawny.

Schuldgefühle veranlassten Männer zu seltsamen Taten – zum Beispiel dazu, Dinge zu tun, vor denen sie ansonsten lieber davongelaufen wären.

„Na schön, ich komme mit. Aber wir müssen uns dort treffen“, erklärte Simon. Er stand auf und nahm seine Ausrüstungstasche.

Elliott ließ sich erleichtert in seinen Sessel fallen. „Um neun bei Tawny. Weißt du den Weg noch?“

Simon hatte sie dort einmal mit Elliott abgesetzt. „Klar.“ Er hängte sich die Kameratasche um und wandte sich zum Gehen.

„Simon …“

Er drehte sich noch einmal um.

„Du bist ein echter Freund.“

Oh ja, das bin ich, dachte Simon voller Selbstironie. Vor allem, weil ich heimlich in die Verlobte meines besten Freundes verliebt bin.

2. KAPITEL

Tawny schaute auf die Uhr auf der Kommode. Fünfzehn Minuten noch, bis Elliott und Simon kommen würden. Sie hatte ihren Rock auf den Boden des begehbaren Kleiderschranks geworfen und sich trotzig eine Shorts angezogen. Sie hatte ein paar Besorgungen erledigt und noch viel Zeit gehabt, um zu duschen und sich die Beine zu rasieren. Und jetzt konnte sie sich nicht entscheiden, was sie anziehen sollte. Als wenn das eine Rolle spielte.

Ihr Verlobter und sein bester Freund, der sie nicht leiden konnte, wollten mit Essen aus dem Thai-Restaurant vorbeikommen. Nachdem sie ein Jahr hier wohnte, gehörte die Vielzahl verschiedener Restaurants innerhalb eines Blocks zu den Dingen, die sie immer noch an New York liebte, auch wenn ein Südstaaten-Mädchen hier keine Maisgrütze bekam.

Sie betrachtete die Kleider in ihrem Schrank. Sie würde weder ausgehen, noch wollte sie jemanden beeindrucken. Sie nahm ein verwaschenes T-Shirt von ihrem ersten Marathonlauf hier und warf es gleich wieder hin. Nein, Elliott gefiel es, wenn sie sich zurechtmachte, selbst wenn sie zu Hause blieben. Und auch wenn sie nicht an einem Schönheitswettbewerb teilnahm, verbot ihre Erziehung ihr, jemanden zu empfangen und so ein altes T-Shirt zu tragen.

Sie lachte über sich selbst. Nein, sie konnte nach dem Labor Day und vor Ostern einfach kein Weiß tragen. Sie mochte zwar auf Manhattans Upper West Side wohnen, aber sie würde doch immer Tawny Edwards aus Savannah, Georgia, bleiben. Seltsam, sie war nach New York gekommen, um sich selbst zu finden. Wäre ihre Mutter nicht überrascht, wenn sie wüsste, dass das rebellische schwarze Schaf der Familie noch immer an den konventionellen Regeln für das Tragen von Farben festhielt?

Tawny entschied sich für ein Trägertop. Lässig, aber sexy. Und, noch wichtiger, kühl – ein entscheidender Vorteil angesichts der brütenden Hitze draußen. Sie zog sich an und schloss die Schranktür. Dann steckte sie ihre Haare hoch und hielt sie mit einer großen Spange zusammen. Trotz der Klimaanlage schien sich die Hitze auszubreiten.

Tawny spritze sich ein wenig Parfüm hinter die Ohren und, aus einer Laune heraus, auch zwischen die Brüste. Simon mochte sie vielleicht nicht, aber dafür würde er wenigstens ihren Duft mögen.

Sie sang zu einer Coverversion eines alten Titels von Roberta Flack im Radio nebenan mit. Sie liebte das Abendprogramm, das einen angenehmen Mix aus alten und neuen Songs brachte. Wen kümmerte es schon, dass sie falsch mitsang?

Sie zupfte an ihrer Shorts. Heute Morgen hatte sie auf ihren Lauf verzichtet und merkte es sofort am engen Sitz. Manche Frauen waren gesegnet mit einem grazilen, schlanken Körper, der tatsächlich in die kleinen engen Kleidungsstücke passte, die gerade Mode waren. Tawny gehörte nicht zu ihnen. Sie hatte vor langer Zeit gelernt, nur die Hälfte dessen, was sich auf ihrem Teller befand, zu essen. Das und täglicher Sport verhinderten, dass sie aus dem Leim ging. Klein und kurvig verwandelte sich nur allzu schnell in klein und fett.

Tawny machte den Fehler, ihren Po im Spiegel zu betrachten. Du lieber Himmel! Elliott hatte Recht. Beim letzten Mal, als sie zusammen im Bett gelegen hatten, war ihm aufgefallen, dass ihr Po größer geworden war. Das hörte sie zwar nicht gern, aber die Wahrheit tat nun einmal weh.

Sie hatte ernsthaft in Erwägung gezogen, sich vom letzten Bonus am Po Fett absaugen zu lassen. Aber was, wenn diese Fettzellen zu ihren Oberschenkeln oder sonstigen gemeinen Körperstellen wanderten? Um keinen Fettzellentransfer zu riskieren, machte sie jeden zweiten Tag Po straffende Übungen. Aber so wie die Dinge standen, würde sie das zur täglichen Gewohnheit machen müssen.

Ein wütendes Miauen aus dem anderen Zimmer lenkte sie von ihren Unzulänglichkeiten ab. Sie ging in die Küche und gab eine Portion Katzenfutter in die leere Schüssel neben dem Kühlschrank.

„Du wirst ebenso wenig vom Fleisch fallen wie ich.“ Lachend hob sie Peaches hoch und drückte ihn an sich, bevor er sich aus ihren Armen wand. „Aber ich verstehe. Ich habe auch Hunger.“ Sie setzte ihn vor seine Schüssel.

Peaches, ein fünfjähriger krallenloser Kater, der von seinem früheren Besitzer ausgesetzt worden war und den Tawny vor dem Eingeschläfertwerden im Tierheim gerettet hatte, wies nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Pfirsich auf, weder was seine Farbe noch was seinen Charakter anging. Trotzdem hatte Tawny ihn so genannt, weil es sie an Georgia erinnerte. Was wahrscheinlich niemand außer Tawny verstand.

Man hätte meinen können, Peaches sei dankbar, vor dem sicheren Tod gerettet worden zu sein, und würde daher entsprechend um seine Retterin herumscharwenzeln. Aber das wäre ein Irrtum. Es war Peaches Arroganz im Angesicht des drohenden Todes, die Tawnys Herz gerührt und das Schicksal des Katers gewendet hatte.

Es klingelte an der Tür. Tawnys Herz schlug schneller. Die Vorstellung, Simon gegenüberzustehen, hatte sie den ganzen Nachmittag gequält. Seit er angefangen hatte, in ihren Träumen aufzutauchen, war sie ihm nicht mehr begegnet.

Sie schluckte und drehte auf dem Weg zur Tür das Radio leiser. Sie spähte durch den Spion, und ihr Herz pochte noch schneller, als sie Simons markantes Gesicht sah – nicht ihr zugewandt, sondern den Gang entlangschauend, als wäre er lieber irgendwo anders als hier.

Im Radio sang Etta James mit tiefer, sinnlicher Stimme über ihre Liebe, der sie endlich begegnet war, und das Ende ihrer einsamen Tage, was Tawnys Nervosität und sexuelle Anspannung nicht gerade dämpfte.

Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich. Sie hatte zwar wilden Sex in ihren Träumen mit Simon gehabt, aber auf keinen Fall war er ihre große Liebe.

Sie straffte die Schultern, setzte ihr charmantes Lächeln auf, schob die Riegel zurück und öffnete die Tür. „Hallo, Simon.“

„Hallo, Tawny.“ Es war unfair, wie sehr seine Stimme und der schwache britische Akzent ihr Verlangen weckten – denn in ihren Träumen sprach er beim Sex mit ihr, was sie sehr erregte.

Sie schaute an ihm vorbei. „Wo ist Elliott?“

„Ich hatte einen Fototermin, deshalb wollten wir uns hier treffen“, erklärte er ohne auch nur den Funken eines Lächelns in den Tiefen seiner dunklen Augen.

Tawny trat zur Seite. „Komm rein.“

Sein dunkles, kurz geschnittenes Haar, das er zurückgekämmt hatte, verlieh seinem schmalen Gesicht ein asketisches Aussehen. Sie spürte seine Körperwärme, als er an ihr vorbeiging, die Kameratasche um die Schulter gehängt. Dies war noch schlimmer, als sie befürchtet hatte. Sein Duft streifte sie, so dass sie Mühe hatte, einen ungezwungenen Ton zu finden.

„Wie war dein Fototermin?“

„Gut. Es ging schnell. Ich habe Chloe schon früher fotografiert“, antwortete er.

Der Name beschwor das Bild eines wunderschönen großen superschlanken Models herauf. Tawny verspürte nicht die geringste Reue, dass sie Chloe hasste. Das war eben der Preis, den wunderschöne superschlanke Frauen zahlen mussten.

Nach ihrer Verlobung hatte Simon Tawny auf Elliotts Bitte hin fotografiert. Elliott hatte ein Auge für Kunst, aber er war kein Künstler. Simon dagegen war ein Genie hinter der Kamera. Tawny war kein professionelles Model, und die Arbeit mit Simon hatte den ganzen Tag gedauert, doch die Bilder waren fantastisch gewesen. Sie hatte sich selbst plötzlich ganz anders gesehen, stark, aber auch empfindsam.

Simon war geduldig, fast charmant gewesen, als wäre er ganz er selbst, sobald er hinter der Kamera agierte.

Während des Foto-Shootings hatte Tawny geglaubt, Elliotts besten Freund endlich für sich eingenommen zu haben. Es war ein wundervoller Tag gewesen. Aber anschließend hatte Simon sich distanzierter verhalten denn je. Zum Glück hatten sich ihre Wege seither nur noch selten gekreuzt.

Bis auf die Nächte, in denen er in ihren Träumen in ihrem Bett war. In der Nacht nach dem Foto-Shooting hatte sie von aufregendem Sex mit Simon geträumt. Und seitdem jede Nacht. Jetzt stand das Objekt ihrer Begierde in ihrer Wohnung, nachdem es irgendein mageres Model fotografiert hatte. Tawny verkniff sich einen gehässigen Kommentar.

„Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, dir zu sagen, dass die Fotos toll geworden sind. Nicht, dass ich so toll wäre, aber die Fotos sind es. Du bist sehr gut bei dem, was du machst.“ Sofort tauchte ein Fantasiebild auf, wie er sie in ihrem Traum zum Höhepunkt brachte. „Ich meine, du bist gut mit der Kamera.“ Sie machte die Tür zu. Schalt deinen Verstand ein! ermahnte sie sich. Du klingst wie ein verlegenes Landei.

„Du bist sehr fotogen. Du hast ein großartiges Lächeln und einen guten Knochenbau“, erwiderte Simon.

Er klang sehr sachlich. Ebenso gut hätte er über das Wetter sprechen können. Es gab absolut keinen Grund für ihr Herzklopfen. „Danke. Du kannst deine Sachen hier abstellen.“ Sie deutete auf eine Stelle zwischen Tür und antikem Schrank. Dieses Ungetüm bei ihrem Einzug letztes Jahr hochzuschleppen, war ein echter Spaß gewesen. „Möchtest du etwas trinken, während wir auf Elliott warten? Vielleicht ein Glas Rotwein?“

Simon stellte seine Kameratasche neben dem Schrank auf den Boden, wobei er behutsamer war als manche Mutter mit ihrem Baby. Er warf Tawny einen Blick über die Schulter zu. „Gern.“

Erde an Tawny. Sie sollte aufhören, seinen Rücken in dem engen schwarzen T-Shirt und seinen sexy Po in der Jeans zu bewundern.

Er richtete sich auf und drehte sich in einer einzigen fließenden Bewegung zu ihr um. „Brauchst du Hilfe?“

Autor

Jennifer La Brecque
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