Trauminsel der Liebe

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Stefanie und Quinn gehen eine Vernunftehe ein, damit er den wichtigen Auftrag auf der Insel Busiata bekommt. Die Königsfamilie des kleinen Staates duldet keine fremden Junggesellen in ihrem Palast. Gefühle waren nicht eingeplant, doch genau die machen Stefanie größte Probleme: Zu gern würde sie sich von ihrem Mann verführen lassen.


  • Erscheinungstag 20.08.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751519922
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Aber, was wird jetzt aus der Hochzeit?“, fragte Stefanie Varneys Mutter fassungslos, nachdem sie den kurzen Brief durchgelesen hatte. „Es ist doch schon alles für morgen vorbereitet.“ Dabei ließ sie die Rose, die sie in der Hand hielt, vor Schreck auf den Boden fallen.

Im ganzen Raum standen Vasen voller Rosen, Orchideen, Chrysanthemen und Nelken, deren Duft das ganze Zimmer erfüllte. Sie hätten eigentlich diese Nacht in die Kirche gebracht werden sollen.

„Es wird keine Hochzeit geben.“ In Gedanken verloren, strich sich Stefanie eine Strähne ihres feinen, dunkelbraunen Haares aus der Stirn. „Zumindest nicht für mich.“

Sie war überrascht, dass ihre Stimme ganz normal klang, wenn auch ein wenig leise. An diesem Tag war sie früher von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte dort einige Briefe vorgefunden, darunter auch einen von Bryan, den sie sofort mit auf ihr Zimmer nahm. Stefanie war gerührt, dass er sich die Mühe gegeben hatte, ihr zu schreiben, obwohl sie sich noch am selben Abend sehen würden. Er war nach Auckland gefahren, um ein paar Formalitäten zu erledigen, und würde auf dem Rückweg ihre erste Brautjungfer mitbringen.

Aber sobald sie den Brief durchgelesen hatte, fühlte sie den instinktiven Drang, ihn sofort zu verstecken. Sie hätte sich am liebsten in ihrem Zimmer eingeschlossen und so getan, als sei nichts passiert.

„Es wäre ja nicht so schlimm“, sagte Patti, Stefanies Mutter, „wenn er es etwas früher gesagt hätte! Das ist alles so schrecklich.“ Als ihr bewusst wurde, was das für ihre Tochter bedeutete, ging sie auf sie zu und umarmte Stefanie, um sie zu trösten. „Mein armer, kleiner Schatz! Das tut mir so leid für dich!“

Stefanie wich etwas zurück, als sie die Tränen ihrer Mutter auf ihren Wangen spürte. Ihre eigenen Augen blieben trocken, sie konnte es noch nicht fassen, alles schien so unwirklich.

Aber nun mussten Vorkehrungen getroffen werden. Sie hatten über hundert Gäste zu ihrer Hochzeit eingeladen, mehr als hundert Freunde und Verwandte, sowohl von ihr als auch von Bryan.

Patti schluchzte jetzt. Sanft befreite sich Stefanie aus ihrer Umarmung. „Ich bin okay“, versicherte sie ihrer Mutter. „Aber wir müssen die Gäste so schnell wie möglich informieren.“

„Ja, doch es bleibt nur noch so wenig Zeit. Die Fotografen, die Musiker, die Gäste, die Kirche! Was um alles in der Welt sollen wir den Leuten sagen?“

„Dass die Hochzeit nicht jetzt stattfinden wird“, schlug Stefanie vor. „Ich glaube, das ist die gewöhnliche Redeweise.“

„Wie kannst du nur so gelassen sein?“, wunderte sich die Mutter, die nach einem Taschentuch suchte. „Obwohl du praktisch vor dem Altar verlassen worden bist.“

Stefanie seufzte. Zumindest hatte Bryan ihr das erspart, auch wenn nur um Haaresbreite. „Wir standen ja noch nicht vor dem Altar.“

„Aber so nah dran, dass es keinen großen Unterschied macht.“ Patti war fassungslos. „Wie konnte er nur? Und Noelle? Deine erste Brautjungfer! Du hattest sie für deine beste Freundin gehalten. Ich habe schon immer gewusst, dass irgendetwas an diesem Mädchen dran war!“

O ja, da war etwas, und Bryan fand es, wie viele andere Männer auch, unwiderstehlich!

Stefanie hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt nie deswegen beneidet. Noelle hatte eine erotische Ausstrahlung, und gleichzeitig wirkte sie irgendwie kindlich, unschuldig und verletzlich. Stefanie würde nie so auf Männer wirken, selbst wenn sie wie Noelle eine kleine Blondine mit großen dunkelblauen Augen wäre. Sie selbst war ziemlich groß, sah durchschnittlich aus und hatte blaugraue Augen. Als hoch gewachsener, dünner Teenager hatte sie sich immer gefragt, ob sie je Brüste kriegen würde. Noelle hatte ihr immer wieder versichert, dass sie sie wegen ihrer langen Beine beneide, aber Stefanie hatte nie so eine anziehende Wirkung auf Männer ausgeübt wie Noelle.

Dummerweise hatte sie gedacht, dass Bryan dagegen immun sei, wahrscheinlich wegen der Tatsache, dass er in der gleichen Stadt aufgewachsen war wie sie und Noelle. Aber seit diese mit ihrer Familie in die größte Stadt Neuseelands gezogen war, hatte er sie selten gesehen. Zuletzt hatten sie sich zu Stefanies und Bryans Verlobungsparty wieder gesehen. Daraus konnte man schließen, dass er sie seitdem mit neuen Augen sah.

Stefanie starrte fassungslos vor sich hin. Bryan und Noelle. Als sie die Namen in ihrem Kopf zusammenfügte, wurde ihr ein wenig schwindelig. Sobald sie die Tragweite des Vorfalls völlig erfasst hätte, würde sie die Hölle durchmachen. Aber im Augenblick fühlte sie sich eher wie eine Außenstehende, die zuschaute. Als sei nicht sie, sondern eine fremde Person betroffen.

Im Moment war sie sehr dankbar für diese Illusion. Sie musste noch über einiges nachdenken und viele Dinge bis zum nächsten Tag erledigen. „Ich frage mich, ob Quinn schon Bescheid weiß.“

„Noelles Verlobter? Glaubst du, sie hat es ihm gesagt?“

„Das hoffe ich.“ Aber Stefanie zweifelte daran. Sie kannte Quinn Branson nicht besonders gut, aber das erste Treffen hatte genügt, um einen bleibenden Eindruck seiner sinnlichen, männlichen Ausstrahlung zu hinterlassen.

Noelle hatte damals die Idee gehabt, sich zu viert in einer Bar in Auckland zu treffen. Als die Frauen für kurze Zeit allein waren, während die Männer die Getränke holten, näherte sich ihnen ein Mann, der voller Hoffnung auf Noelle blickte. Quinn, der sich sofort an ihre Seite stellte, vergraulte den Konkurrenten mit einem vielsagenden Blick.

Noelle schien es nichts auszumachen. Sie schmiegte sich an Quinn und schenkte ihm einen bezaubernden Blick, der ihn zu einem Lächeln verführte. Er entspannte sich, und da erkannte Stefanie in seinen Augen ein sanftes Begehren. Sie hatte diese Szene jetzt noch genau vor Augen.

Sie glaubte, dass er die Neuigkeit, dass Noelle ihn wegen eines anderen Mannes verlassen habe, nicht einfach so hinnehmen würde. Und ihre Freundin hatte immer schon versucht, peinlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Es war wahrscheinlicher, dass sie Bryans Beispiel gefolgt war und Quinn auch einen Brief geschrieben hatte.

Patti fing erneut zu weinen an. „Wie konnten sie nur?“ Sie erhob die Stimme. „Meinst du, Bryans Eltern wissen es schon? Sie hatten wahrscheinlich Kontakt miteinander. Oh, was wird dein Vater dazu sagen? Und Tracey hatte sich schon so sehr darauf gefreut, eine der Brautjungfer zu sein.“

Wie ihre Mutter brach die siebzehnjährige Tracey in Tränen aus, als sie die Neuigkeit erfuhr. Gwenda, die zweite von den drei Schwestern, war auch sofort herbeigeeilt, als sie einen wirren Anruf von Patti erhalten hatte. Gwenda war schon verheiratet und erwartete ein Kind. Sie fuhr Tracey an, sie solle sich zusammenreißen und sich nicht wie ein Baby benehmen. Sie erinnerte sie daran, wie schlecht Stefanie sich fühlen müsse.

Gwenda war immer schon praktisch veranlagt. Sie war es, die dem Vater die peinliche Nachricht mitteilte, als er in die Wohnung kam und die drei Frauen in der großen Wohnküche um den Tisch sitzen sah.

Stephen Varneys Wutausbruch erschütterte Patti, aber sie sagte nichts dazu. Vielleicht war sie froh darüber, dass zumindest einer der Familie das zum Ausdruck brachte, was sie alle fühlten.

Er schaute Stefanie an, die ganz weiß im Gesicht war. „Bist du in Ordnung, Stef?“

„Ja“, brachte sie mühsam hervor.

„Falls es dir hilft“, bot er an, „werde ich dem kleinen Bastard eine Lektion erteilen.“

Stefanie lächelte etwas gequält. Die Vorstellung, dass ihr vorbildlicher und lieber Vater dem Mann, den sie hatte heiraten wollen, Gewalt antun würde, war wirklich unangenehm. Trotzdem war sie froh über das Angebot. „Nein, danke, Dad, aber ich glaube nicht, dass es etwas bringen würde.“

„Ich würde mich danach besser fühlen“, sagte er grimmig. „Aber falls er dir immer noch etwas bedeutet …“ Er schaute sie erwartungsvoll an.

„Im Moment weiß ich nicht, was ich fühle“, erklärte sie erschöpft. „Ich kenne Bryan praktisch mein ganzes Leben lang. Ich kann meine Gefühle nicht einfach so ändern.“

„Er war nicht gut genug für dich.“ Ihr Vater ging zu ihr hinüber und stupste sie an der Schulter. „Bryan schien mir immer etwas oberflächlich zu sein.“

Natürlich meinte er das nicht körperlich. Bryan war kräftig gebaut und ein vollendeter Sportler. Er hatte den Einzug in die neuseeländische Nationalmannschaft im Rugby nur knapp verpasst. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie eine neue Seite an ihm entdeckt. Er war verletzlich und unsicher, und das weckte zuerst ihre Sympathie und schließlich ihre Liebe für ihn.

„Wir haben nicht mehr genug Zeit, den Leuten zu schreiben“, überlegte Patti laut. „Wir werden heute Nacht noch jeden Einzelnen anrufen müssen. Einige der Gäste sind sogar schon unterwegs.“

„Wo ist die Gästeliste?“, fragte Gwenda. „Wir sollten am Besten gleich damit anfangen. Bryans Eltern können sich mit seinen Freunden und Verwandten in Verbindung setzen. Mum, am Besten du rufst sie an, um sicherzugehen, dass sie es schon wissen. Hast du schon mit dem Pfarrer gesprochen? Daddy, du kümmerst dich um Stefanie.“

Trotz ihres Protestes führte Stephen seine Tochter in den Flur und schloss die Tür hinter sich. „Deine Mutter, deine Schwestern und ich, wir kümmern uns schon darum, dass alles rückgängig gemacht wird. Du brauchst dich nicht noch damit zu befassen.“

„Aber Gwenda ist schwanger, sollte sie …?“

„Gwenda geht es gut. Sie hat die kritische Zeit erst einmal überstanden, und du weißt ja, wie sehr sie es liebt, irgendetwas zu organisieren. Ich werde sie im Auge behalten.“

Es klingelte stürmisch an der Tür, und er ließ ihren Arm los, um zu sehen, wer es war.

Vielleicht könnte sie ja weinen, wenn sie allein wäre und ihren Gefühlen freien Lauf ließe. Im Moment war Stefanie unfähig, ihrer bitteren Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. Sie war schon auf dem Weg, um sich zurückzuziehen, als sie die überraschte Stimme ihres Vaters hörte.

„Quinn, nicht wahr? Was kann ich für dich tun?“

Sie vernahm eine tiefe Stimme, die ihr bekannt vorkam. „Ich würde gerne Ihre Tochter Stefanie sehen, Mr. Varney. Bitte!“

„Es tut mir leid, aber sie ist gerade nicht in der Verfassung, Besuch zu empfangen“, sagte Stephen. „Es wäre besser, wenn du sie ein anderes Mal anrufen würdest …“

„Wissen Sie schon, was passiert ist?“, wollte Quinn Branson wissen. „Weiß sie es auch?“

„Ja, wir wissen es. Deswegen wirst du verstehen …“

Stefanie drehte sich um, ging den Gang entlang zur Haustür und legte eine Hand auf die Schulter ihres Vaters. „Es ist schon in Ordnung.“ Wahrscheinlich war Quinn auch schockiert und wütend. Sie war sich nicht sicher, was es ihnen bringen würde, aber wenn ihm so viel daran lag, mit ihr zu sprechen, konnte sie ihm ein paar Minuten lang etwas Aufmerksamkeit schenken. „Warum kommst du nicht herein?“, lud sie den großen Mann im dunklen Anzug ein.

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Die Art, wie er die Lippen zusammenkniff, verriet, dass er traurig und verbittert war. Als er jedoch bemerkte, wie ruhig Stefanie sprach, sah er nur noch verwirrter aus. Er begrüßte sie mit einem Nicken.

„Hier lang!“, sagte sie. „Wir sind im Wohnzimmer, Dad.“ Ihr Vater blickte sie abschätzend an und ging dann widerwillig einen Schritt zur Seite, als Quinn ihrer Einladung folgte.

„Komm rein!“ Stefanie führte ihren Gast in das große vordere Zimmer und schloss die Tür. Als er durch die Türschwelle ging, fielen ihr seine breiten Schultern, die in einem guten Verhältnis zu seinen schmalen Hüften und seinen langen Beinen standen, auf. „Bitte setz dich doch!“

Quinn schaute auf das einladende Sofa und dann auf die Sessel. „Danke, aber ich will mich nicht lange aufhalten! Außerdem saß ich schon die ganze Zeit im Auto.“

„Kommst du gerade aus Auckland?“

„Ja. Ich wäre morgen auf jeden Fall gekommen.“

Da er der Verlobte ihrer Brautjungfer war, hatten sie ihn natürlich eingeladen. Bryan hätte Noelle schon einen Abend vorher gebracht, um die Vorbereitungen für die Feier gemeinsam durchzusprechen.

Er stand auf dem hellen Teppich und betrachtete sie. Bei ihren bisherigen kurzen Treffen hatte Stefanie nicht bemerkt, dass er so auffallend grüne Augen hatte. Sie erinnerten sie an dunkle Jade, wunderschön, aber auch hart.

„Wie geht es dir?“, fragte er plötzlich.

„Gut“, sagte sie knapp. „Bist du dir sicher, dass du dich nicht hinsetzen möchtest?“

„Nein, ich möchte wissen, wie es dir wirklich geht.“ Er ging auf ihre Frage nicht ein. „Ich hatte befürchtet, dich hysterisch weinend anzutreffen oder völlig unwissend.“

Stefanie zögerte. „Ich glaube nicht, dass ich je hysterisch gewesen bin. Wie geht es dir?“

„Ich bin verdammt wütend“, antwortete er. „Du nicht?“

Jetzt bemerkte sie auch, dass er wütend war, obwohl er äußerlich sehr ruhig wirkte. Etwas an seiner Haltung verriet, dass er sich Mühe gab, sich zu beherrschen. Dabei entdeckte sie zwischen seinen schwarzen Augenbrauen eine Furche, die sich fast bis unter sein dunkles Haar erstreckte. Sogar sein Blick verriet die Wut. Außerdem klang seine Stimme sehr barsch.

„Ich glaube, ich befinde mich noch in einem Schockzustand“, sagte sie leise. „Ich habe das alles noch nicht begriffen.“

Nun schaute er sie besorgt an. „Wirst du damit zurechtkommen? Wird deine Familie für dich da sein?“

„O ja! Sie werden sich wahrscheinlich zu viel um mich kümmern. Ich werde monatelang das Objekt ihres Mitgefühls sein“, schätzte Stefanie und seufzte. „Vielleicht sogar jahrelang.“ Und falls sie nicht mehr heiraten würde, vielleicht für immer. „Das wird die Hölle sein. Oh, entschuldige, ich wollte mich nicht an deiner Schulter ausweinen!“

„Du weinst nicht.“ Und wieder schaute er sie an, als wolle er ihre Gedanken lesen. „Du siehst noch nicht einmal so aus, als hättest du geweint.“ Dann senkte er plötzlich den Blick. „Das kam alles so überraschend und hat mich hinterrücks erwischt. Aber es ging dir wahrscheinlich nicht anders?“, fragte er mit stockender Stimme.

„Wenn ich es auch nur entfernt geahnt hätte, dann hätte ich Bryan sofort gehen lassen.“

„Damit er mit meiner Verlobten durchbrennt?“ In seiner Stimme lag verbitterte Ironie. „Das ist sehr selbstaufopfernd von dir.“

„Keineswegs“, entgegnete Stefanie. „Ich möchte nur nicht mit einem Mann verheiratet sein, der in eine andere verliebt ist. Du etwa?“

Seine Augen leuchteten kurz. „Ich hatte nicht vor, einen Mann zu heiraten.“

„Oh, du weißt, was ich meine!“

„Entschuldige! Es ist wahrscheinlich nicht die richtige Zeit für solche Albernheiten. Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnten?“

Er sah nicht so aus, als würde er seine Verlobte, wie er sie noch nannte, zurückerobern wollen. „Du denkst nicht daran, ihnen zu folgen, oder? Ich weiß, dass du wütend bist, aber was hättest du davon, wenn du, na ja, das machen würdest, was auch immer du vorhast?“

„Machst du dir um deinen … um Bryan Sorgen? Ich dachte, du wärst dankbar, wenn ich ihm die Zähne ausschlagen würde.“

Was hatten die Männer bloß? Selbst ihr Vater hatte ihr angeboten, Bryan ordentlich eins auszuwischen. „Ich glaube nicht, dass Gewalt irgendwelche Probleme löst.“

„In den meisten Fällen stimme ich dir auch zu“, sagte Quinn. „Wenn ich dir verspräche, Bryans schönes Gesicht nicht zu zerschmettern, würdest du mir dann sagen, wo sie sich verstecken?“

„Und was ist mit Noelles schönem Gesicht?“

Er sah sie bestürzt an. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Frau geschlagen! Ich schwöre es, das würde ich nie tun!“

„Wie auch immer“, sagte Stefanie. „Ich habe keine Ahnung.“

Er schüttelte ratlos den Kopf. „Du hast noch nicht einmal eine vage Vermutung?“

„Wir, Bryan und ich, hatten einen Flug nach Australien und ein Hotel in der Nähe der Great Barrier Riff für unsere Flitterwochen gebucht.“ Mit einem Anflug von Selbstironie fügte sie hinzu: „Vielleicht hat er stattdessen Noelle mitgenommen.“

Quinn lachte kurz auf, verstummte dann aber gleich wieder. „Das meinst du nicht ernst!“

„Nein“, gab Stefanie zu. „Aber was weiß ich denn schon von Bryan, nach fünfzehn Jahren?“ Sie hätte nie gedacht, dass er ihr das antun würde.

„Du kennst ihn schon so lange?“ Seine Wut legte sich ein wenig, und nun sah er interessiert aus.

„Seit wir klein waren. Ratanui ist keine große Stadt. Wir waren in der Grundschule in der selben Klasse, und dann gingen wir zusammen auf die high School.“

„Hast du ihn geliebt?“, fragte er vorsichtig.

Ihre Blicke trafen sich. „Natürlich, wir wollten heiraten.“

„Morgen.“

„Genau.“

„Das muss ja ein fürchterlicher Schock sein. Unsere Hochzeit wäre erst in ein paar Wochen gewesen.“ Die Furche wirkte noch etwas tiefer. Er wandte den Blick von ihr ab, so als sei er in Gedanken, aber vielleicht versuchte er auch, seine Emotionen zu verbergen.

Die Hochzeitseinladungen von Noelle waren schon verschickt. Ob sie ihn auch damit allein ließ? „Ich denke, wir werden das beide schon überstehen“, meinte Stefanie nach einer Weile, obwohl sie es sich in diesem Augenblick gar nicht vorstellen konnte. „Was mich angeht, so habe ich nicht vor, mir deswegen mein Leben ruinieren zu lassen.“

Quinn schaute wieder zu ihr hinüber, und in seinen Augen lag ein Funken Hochachtung. „Mein Leben könnte es ruinieren“, sagte er. „Zumindest meine berufliche Laufbahn.“

„Deine Laufbahn?“ Sie erinnerte sich plötzlich daran, dass Noelle ihr gesagt hatte, dass er vor einem Jahr eine Computerberatungsfirma gegründet habe.

Er schüttelte den Kopf. „Das macht nichts. Ich muss dich ja nicht noch mit meinen Problemen belasten. Du scheinst selbst schon genug zu haben. Falls es irgendetwas gibt, womit ich dir helfen könnte …?“

Bei diesem Angebot ging er bestimmt nicht davon aus, dass sie darauf zurückkommen würde. Und dennoch fand sie es nett, dass er es gesagt hatte. „Nein, danke, ich komme schon klar.“

„Oh, verdammt!“ Er lief unruhig hin und her. „Ich dachte, dass Noelle mich liebt. Dass sie mit mir leben wollte.“

Stefanie biss sich auf die Zunge. Es war kaum der geeignete Moment, um Quinn zu erzählen, dass es nicht das erste Mal sei, dass Noelle geglaubt hätte, jemanden zu lieben, und dann jedoch ihre Meinung geändert hatte. Zu einer Verlobung war es allerdings noch nie gekommen. Auch Stefanie hatte insgeheim gehofft, dass ihre Freundin sich diesmal ihrer Gefühle ganz sicher sei.

„Es tut mir leid“, sagte sie.

Du musst dich nicht entschuldigen“, rief er ungeduldig.

„Das war eher ein Ausdruck von Mitgefühl als eine Entschuldigung.“

„Danke, aber das ist nicht nötig! Wann hast du es herausgefunden? Und wie? Hatte Bryan den Mumm, es dir ins Gesicht zu sagen?“ An seinem Ton war zu hören, dass er das bezweifelte.

„Er hat mir einen Brief geschrieben. Ich habe ihn heute Nachmittag bekommen, als ich nach Hause kam.“

„Bastard!“, sagte Quinn kühl.

„Und wie hat Noelle es dir beigebracht?“, fragte sie.

„Eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter. Im Büro. Sie wusste, dass ich verreist war und mich die Nachricht erst heute erreichen würde.“

„Hure!“ Stefanie versuchte seinen Ton nachzuahmen.

Er lachte kurz. „Danke für dein Verständnis!“

„Und warum willst du sie dann finden? Hoffst du darauf, sie zu überzeugen, zu dir zurückzukommen?“

Er antwortete nicht sofort. „Nein“, sagte er schließlich. „Ich will sie nicht zurück. Nicht so, wie du denkst.“

Stefanie blinzelte verwirrt. Darauf sagte er: „Ich glaube, ich habe schon gehofft, dass sie ihre Meinung ändern würde, wenn sie mir gegenüberstünde. Dass sie mir nur eine Lektion erteilen wollte und erwartete, dass ich ihr hinterherlaufe und ihr sage, dass ich nicht ohne sie leben könne. Wenn ich es mir recht überlege, glaube ich nicht, dass ich ihr diese Genugtuung verschaffen werde.“

Er klang sehr unbewegt, als könne er Noelle ohne weiteres Aufsehen aus seinem Leben streichen. Aber Stefanie hatte den Eindruck, dass er seine Gefühle nicht so schnell preisgeben würde. Vielleicht verbarg er ja nur die Enttäuschung unter einem gleichgültigen Ton. „Eine Lektion?“, hakte sie nach. „Habt ihr euch gestritten?“

„Ich habe nie geglaubt, dass sie es ernst meinte.“ Er starrte nachdenklich vor sich hin.

„Was meinst du damit?“

„Sie hatte angedroht, mich zu verlassen, wenn ich nicht auf das Projekt in Übersee verzichte.“

„Und du hast nicht auf sie gehört“, vermutete Stefanie.

Quinn schaute sie stirnrunzelnd an. „Entdecke ich da eine Spur weiblicher Solidarität, selbst nach dem, was sie dir angetan hat?“

„Du meinst, dass sie mir den Mann weggenommen hat?“ Stefanie hielt seinem Blick stand. „Das hätte sie nie geschafft, wenn er es nicht selbst gewollt hätte. Das war Bryans eigene Entscheidung.“

„Ich verstehe, was du meinst. Aber das macht es nicht besser.“ Er hielt kurz inne. „Weißt du, ob sie heiraten wollen?“

„Bryan hat mir nur geschrieben, dass sie zusammen sein möchten. Er hat nichts davon gesagt, dass er Auckland verlassen würde, aber er hatte drei Wochen Urlaub …“ Die eigentlich die Flitterwochen hätten sein sollen.

„Noelle hat mir gesagt, dass sie gemeinsam wegfahren wollten, was auch immer das heißt. Ich glaube, sie wollte nicht in der Nähe sein, wenn ich die Neuigkeit erfahre. Und obwohl ich früher zurückgekommen bin als erwartet, waren sie schon weg.“

Er schien sich Gedanken darüber zu machen, ob es einen Unterschied gemacht hätte, wenn er rechtzeitig da gewesen wäre. Quinn steckte die Hände in die Hosentaschen. „Ich hoffe, sie haben Spaß miteinander.“

Autor

Daphne Clair
Daphne Clair, alias Laurey Bright lebt mit ihrem Ehemann einem gebürtigen Holländer auf einer kleinen Farm im wunderschönen Neuseeland. Gemeinsam zogen sie fünf wundervolle Kinder groß, eines davon ein Waisenkind aus Hong Kong. Sie hat nahezu 70 Liebesromane für Harlequin geschrieben. Als Daphne de Jong hat sie mehrere Kurzgeschichten und...
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