Versprechen des Herzens

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Luiz Valquez genießt seinen Ruf als König der One-Night-Stands. Auf keinen Fall will der feurige Argentinier sich auf eine feste Beziehung einlassen. Auch die betörend unschuldige Daisy soll nur eine weitere Eroberung auf seiner Liste sein. Doch als sie gleich nach einem ersten, verheißungsvollen Kuss von den Paparazzi erwischt werden, behauptet Daisy: "Ich liebe Luiz, und er liebt mich!" Ehe Luiz sich versieht, wird er von Daisys Vater dazu gezwungen, die Liebesscharade mitzuspielen. Und plötzlich spürt er gänzlich ungeahnte Gefühle im Herzen …


  • Erscheinungstag 24.11.2015
  • Bandnummer 2207
  • ISBN / Artikelnummer 9783733702236
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Daisy Wyndham brauchte nur dreieinhalb Blocks, um den von ihrem Vater engagierten Bodyguard abzuschütteln. Anschließend folgte sie ihren Freundinnen lachend in einen der heißesten Nachtclubs von Las Vegas, wo sie gemeinsam den Beginn ihrer kurzen Ferien feiern wollten, ehe es ins Wintertrimester zurück nach London ging.

„Seht ihr?“ Übermütig klatschte sie sich zuerst mit Belinda und anschließend mit Kate ab. „Ich hab doch gesagt, ich schaffe es noch vor der ersten Runde Drinks. Das ist mein neuer Rekord. Normalerweise dauert es ungefähr fünf Blocks, um Bruno abzuhängen, wenn wir im Ausland sind.“

Kate, die seit Kurzem eine dritte Klasse unterrichtete, reichte Daisy ein Glas Champagner und zog die Stirn kraus. „Müssen wir das jetzt jeden Tag durchziehen, solange wir im Urlaub sind?“

Belinda, die sich um die Viertklässler kümmerte, verdrehte die Augen. „Ich habe dich gewarnt, Kate! Wenn man mit Daze unterwegs ist, hat man automatisch diesen riesigen, behaarten Kerl im Schlepptau, der zu allem Überfluss auch noch bewaffnet ist. Gewöhn dich besser dran! Denn das wird sich so bald nicht ändern.“

„Oh, doch, das wird es“, widersprach Daisy energisch. „Ich bin es leid, wie ein unmündiges Kind behandelt zu werden. Und ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen. Dieser Urlaub ist die perfekte Gelegenheit, das ein für alle Mal zu beweisen.“

Ihr Vater würde sich damit abfinden müssen. Sie wollte ein selbstbestimmtes Leben führen und dem alten Herrn, der sie offenbar noch für eine Zwölfjährige hielt, nicht dauernd Rede und Antwort stehen!

„Wieso ist dein Dad eigentlich dermaßen übergriffig?“, wollte Kate wissen.

Daisy nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas, ehe sie antwortete. Bisher hatte sie niemandem von den Verbindungen zur Unterwelt erzählt, die ihr Vater in der Vergangenheit gehabt hatte. Es war eben viel leichter, wenn sie einfach behauptete, sein Beschützerinstinkt wäre übermäßig stark ausgeprägt. „Mein Dad hat zu viele schlechte Filme gesehen. Er denkt, sobald ich den Fuß in ein anderes Land setze, werde ich entführt, um ein Lösegeld zu erpressen.“

Überrascht zog Kate die Augenbrauen hoch. „Ich wusste ja, dass du aus einer wohlhabenden Familie stammst, aber …“

„Tonnenweise Geld haben die.“ Belinda hielt ihr Glas hin, um nachgeschenkt zu bekommen. „Du solltest mal deren Anwesen in Surrey sehen. Das ist riesig. Außerdem besitzt er noch Villen in Italien und in Südfrankreich. Mir war gar nicht klar, wie lukrativ der Beruf als Buchhalter sein kann. Vielleicht hätte ich das machen sollen, statt Lehrerin zu werden?“

Nachdenklich kaute Daisy auf ihrer Unterlippe. Früher war sie immer davon ausgegangen, ihr Vater hätte seinen Reichtum durch Disziplin und harte Arbeit erworben. Dass er seine Londoner Buchhaltungsfirma aus dem Nichts aufgebaut hätte. Im Grunde dachte sie das bis heute … Oder zumindest hielt sie ihn insgesamt für einen aufrechten Menschen.

Warum auch nicht? Schließlich war er ein liebevoller Vater, der ihr praktisch jeden Wunsch von den Lippen ablas. Was war schon dabei, wenn er früher mal vorübergehend einen halbseidenen Auftrag für eine berüchtigte Mafiagröße übernommen hatte? Das machte ihn selbst doch nicht gleich zum Kriminellen?

Ihr Vater hatte ihr versichert, dass diese Zeit lange zurücklag und es heute keinen Grund zur Sorge mehr gab. Andererseits bestand er darauf, dass sie rund um die Uhr bewacht wurde. Ihre Wohnung glich einem Hochsicherheitstrakt, und auf Reisen folgte ihr ein Bodyguard wie ein Schatten überallhin. Wenn sie ganz ehrlich war, empfand sie diese Vorsichtsmaßnahmen eher als beunruhigend …

Aber es war einfacher, sich mit den Gegebenheiten abzufinden, als dauernd mit ihrem Vater zu diskutieren. Gegen diesen Mann kam man einfach nicht an, das hatte ihre Mutter Rose ebenfalls auf die harte Tour lernen müssen, als sie sich vor Jahren von ihm scheiden lassen wollte.

„Wenn deine Familie reich ist, wieso arbeitest du dann noch als Lehrerin?“, wunderte sich Kate.

„Ich liebe meinen Beruf“, antwortete Daisy und dachte an die strahlenden, manchmal auch sehr ernsthaften kleinen Gesichter ihrer Vorschulkinder. „Diese Kids sind so unbedarft, voller Zuversicht und …“

Belinda schnaubte belustigt und wischte sich dabei ein paar Tropfen Champagner von den Lippen. „Ja, richtig! Die Kleinen sind noch unschuldig, genau wie du!“

Beleidigt kniff Daisy die Augen zusammen. „Nur weil ich technisch gesehen noch Jungfrau bin …“

„Technisch gesehen?“ Verwirrt runzelte Kate die Stirn. „Was soll das denn heißen? Hast du mit diesem Typen etwa gar nicht wirklich geschlafen?“

Und wieder das alte Lied, stöhnte Daisy innerlich. Warum war es heutzutage ein echtes Weltwunder, wenn man in ihrem Alter noch keinen Sex gehabt hatte? Es gab viele junge Frauen, die nicht ständig durch sämtliche Betten turnten. Ob nun aus persönlichen oder religiösen Gründen.

Und einen Vater mit übertriebenem Kontrollbedürfnis zu haben kam einem Leben im Kloster gleich! Er hatte praktisch jeden einzelnen Bewerber, der Interesse für seine Tochter gezeigt hatte, gründlich überprüft und durchleuchtet. Das war mehr als nur peinlich gewesen! Kein Wunder, dass sie trotz ihrer sechsundzwanzig Jahre noch keine Gelegenheit gehabt hatte, eigene Erfahrungen zu sammeln …

Aber dieser Urlaub würde alles verändern. Zumindest hoffte sie das. Weit weg von den Adleraugen ihres Vaters war sie endlich in der Lage, ihre Flügel auszubreiten und zu fliegen. Sie wollte sich unbeschwert umschauen und flirten, was das Zeug hielt!

„Nein“, murmelte Daisy. „Weil ich es nicht tun möchte, nur um es endlich hinter mir zu haben. Es soll etwas bedeuten – nicht bloß mir, sondern auch dem Mann.“

„Ich raube dir nur ungern deine Illusionen, aber deinen Seelenverwandten wirst du bestimmt nicht ausgerechnet in Vegas finden“, sagte Kate.

„Sie muss dir nicht leidtun“, schaltete sich Belinda kichernd ein. „Unsere Daze hat nämlich ein Spielzeug, das speziell für Frauen gedacht ist. Ich habe es ihr beim geheimen Julklapp geschenkt, den wir letztes Jahr mit dem Kollegium veranstaltet haben. Stimmt’s, Daze?“

Lachend winkte Daisy ab und ärgerte sich darüber, dass sie immer noch rot wurde, wenn es um Sexspielzeug ging. Dabei hatte sie das Ding nur wenige Male aus seiner Verpackung genommen … Okay, das war reichlich untertrieben. Um die Wahrheit zu sagen, befand es sich momentan sogar – versteckt in ihrer Kulturtasche – im Hotel, damit es zu Hause nicht zufällig entdeckt wurde. Außerdem verfügte es über eine ausgezeichnete Massagefunktion, mit der man schmerzende Schultern und einen verspannten Nacken hervorragend behandeln konnte.

„Hey, seht mal auf zwei Uhr.“ Mit einer Kopfbewegung wies Belinda nach rechts zum anderen Ende der Bar. „Der Kerl da neben dem Mädel, das aussieht, als wäre es in Aluminiumfolie eingewickelt. Wisst ihr, wer das ist?“

Daisy musterte den großen schwarzhaarigen Mann, der lässig an der Bar lehnte und sich mit einer jungen Frau unterhielt, die in einem hautengen Silberkleid steckte. Er trug sein schneeweißes Hemd ein Stück offen, und seine tief gebräunte Brust war leicht behaart. Die Augen waren so dunkel, dass sie schwarz wirkten, und das halblange Haar fiel in sanften Locken bis zum Hemdkragen hinunter. Es sah aus, als hätte er es gerade erst mit den Händen zerwühlt.

Und sein Mund war sündhaft sexy, umgeben von einem leichten Bartschatten. Als der Fremde lächelte, lief Daisy zu ihrer Überraschung ein heißer Schauer über den Rücken.

„Nein, wer ist das?“, flüsterte sie etwas atemlos.

„Luiz Valquez“, erwiderte Belinda. „Er ist ein berühmter argentinischer Poloprofi. Sein Spitzname in der Presse lautet: ‚König der One-Night-Stands‘. Kein Playboy weit und breit wechselt seine Partnerinnen so häufig wie er. Als wäre es nur eine weitere Sportart für ihn; aber bei dem Aussehen kann er sich das wohl mühelos leisten.“

Luiz Valquez ist in der Tat umwerfend, fand Daisy. Ich bin noch nie einem so attraktiven Mann begegnet.

Er sah besser aus als die Models, die sie aus verschiedenen Magazinen – aus Werbeanzeigen für Sonnenbrillen und Aftershave – kannte. Pures Testosteron gepaart mit Unmengen von Sex-Appeal.

Er strahlte eine Energie aus, die fast mit den Händen greifbar zu sein schien. Es fiel Daisy schwer, den Blick abzuwenden und sich wieder auf ihre Freundinnen zu konzentrieren. Sie konnte sich einfach nicht von ihm losreißen und fühlte sich wie hypnotisiert. Gefangen von seiner überwältigenden Ausstrahlung.

Selbstbewusst legte er den Kopf in den Nacken und taxierte seine unmittelbare Umgebung mit einem kühlen Blick. Er schien nur auf eine Gelegenheit zu warten, seine enorme Wirkung voll unter Beweis zu stellen. So kam es Daisy jedenfalls vor …

„Hör auf zu träumen, Daze!“ Belinda stieß sie an. „Der unterhält sich nicht mal mit Normalsterblichen wie uns. Er umgibt sich entweder mit Supermodels oder Hollywood-Schauspielerinnen.“

Gerade wollte sich Daisy abwenden, da sah er sie plötzlich direkt an. Ihr wurde schwindelig vor Schreck, als er fragend seine dunklen Brauen hob. Hilflos klammerte sie sich an die Sitzfläche ihres Barhockers, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Und sie kreuzte die Beine … eine natürliche Reaktion auf die Erregung, die dieser Luiz Valquez in ihr auslöste.

In aller Ruhe ließ er seinen Blick an ihren Beinen entlanggleiten, während Daisy sie übereinanderschlug. Dann richtete er ihn wieder nach oben und blieb dabei einen bedeutungsvollen Moment lang an ihren Brüsten hängen. Die nächste unübersehbare Pause machte er, als er ihren Mund betrachtete.

Daisy spürte ein Kribbeln auf ihren Lippen, und sie hatte das Gefühl, als hätte er sie tatsächlich geküsst. Als hätte er sie intim berührt … als wäre er ihr ganz nahe gekommen.

Er blickte ihr erneut in die Augen.

Schon oft hatte Daisy den Ausdruck gehört: „Plötzlich stand die Zeit still.“ Doch bisher hatte sie nicht gewusst, wie sich dieses Phänomen anfühlte. Logischerweise war es nicht möglich, trotzdem schienen in dieser Minute alle Uhren vorübergehend auszusetzen.

Tick. Tack. Stopp!

Belinda schnipste mit den Fingern direkt vor Daisys Gesicht. „Erde an Daze?“

„Oh, mein Gott!“ Kate boxte Daisy in die Rippen. „Der kommt hierüber!“

Daisys Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust, und sie konnte kaum atmen. Ihre Knie zitterten, und der Schwindel kehrte zurück. Kein Mann hatte sie jemals auf diese Weise angeblickt … als könnte er durch ihr schwarzes Kleid und die passende Spitzenunterwäsche hindurchsehen. Als würde er nur ihren nackten Körper in all seiner natürlichen Schönheit wahrnehmen. Und als würde er wissen, wie sie auf ihn reagierte.

Es war wie Magie. Luiz Valquez hatte sie mit einem Zauber belegt, der von nun an ihre Gedanken und Empfindungen lenkte. Vielleicht hatte das Universum ihren Wunsch vernommen, endlich die Rolle des braven Mädchens abstreifen zu wollen? Und jetzt schickte es ihr den aufregendsten Typen dieses Planeten, damit er sie erlöste und sich ihrer Sehnsüchte annahm?

Kein Mann hatte jemals diese primitive Lust in ihr entfacht, die vor wenigen Minuten Besitz von ihr ergriffen hatte.

Während er durch den Raum schritt, teilte sich die Menge automatisch, um ihm Platz zu machen. Und mit der dramatischen, flackernden Beleuchtung sah es aus, als sei sein Gang durch die Bar das Hauptereignis des Abends.

Direkt vor ihr blieb er stehen, und ihre Beine berührten sich fast. Daisys Knie zitterten jetzt noch heftiger.

Sein Lächeln wirkte von Nahem noch umwerfender. „Hola.“

Sofort schmolz Daisy dahin, wurde zu Wachs in seinen Fingern. Der spanische Gruß klang aus seinem Mund herrlich sündhaft, was vielleicht auch an seinem argentinischen Akzent lag. Oder an seiner rauen Stimme, die tief in ihrem Inneren nachhallte?

Volle zehn Sekunden saß sie da und brachte kein Wort raus. Und als sie endlich ihre Stimme wiederfand, klang ihre Antwort wie die eines verängstigten Mäuschens. „Hi … ähm, hallo.“

Luiz Valquez’ Augen waren tatsächlich fast schwarz. Jedenfalls waren seine Pupillen praktisch unsichtbar. Und sein Mund …

Daisy konnte sich an seiner Schönheit gar nicht sattsehen. Unbewusst ballte sie die Fäuste, um nicht aus Versehen eine Hand auszustrecken und sein markantes Gesicht zu berühren. Sein Körper schien ein Magnetfeld zu besitzen, das umso stärker wirkte, je näher man ihm kam. Und sie musste all ihre Kraft aufbringen, um den angemessenen Abstand zu wahren.

„Würden Sie gern tanzen?“ Er stellte diese Frage auf Englisch, doch sein Akzent verlieh den Worten einen exotischen Glanz.

Und plötzlich störte Daisy sich an der charismatischen Selbstsicherheit, die sie gerade eben noch an ihm bewundert hatte. Dieser Mann erwartete ohne jeden Zweifel, dass sie Ja sagen würde. Kate und Belinda erwarteten dies ebenfalls. Alle Gäste in diesem Nachtclub erwarteten es.

Und ihr Körper wollte auch laut „Ja“ schreien, aber plötzlich besann sie sich wieder ihres Verstandes.

Wenn sie nämlich eines hasste, dann war das anmaßende Arroganz. Für wen hielt sich dieser Kerl eigentlich? Sollte er sein Glück doch woanders versuchen, anstatt sie hier vor aller Welt vorzuführen!

Wenn sie sich auf jemanden einließ, dann höchstens auf einen Mann, der sie wie eine ebenbürtige Partnerin behandelte. Auf Augenhöhe. Mit Respekt. Der sich nicht wie ein selbstherrlicher Sportstar aufführte und nach kleinen Groupies für seine Trophäensammlung Ausschau hielt!

„Nein“, antwortete sie daher mit einem knappen Lächeln. „Aber trotzdem danke.“

Sein intelligenter Blick wurde eine Nuance schärfer, und die Nasenflügel zuckten kurz. Witterte er eine Herausforderung, die ihn reizte?

„Dann sind Sie wohl mit jemandem zusammen?“

„Nein … ich meine, doch das stimmt. Mit meinen Freundinnen von der Schule. Also, von der Schule, an der ich unterrichte. Wir unterrichten dort alle. In London.“ Nervös zeigte sie auf ihre Begleiterinnen, die blitzschnell von ihren Hockern gerutscht und auf die Tanzfläche geflohen waren, wo sie sich auch gleich angeregt mit zwei jungen Typen unterhielten.

Vielen Dank auch, Mädels! dachte Daisy.

Er folgte ihrem Blick. „Sieht aus, als hätten die beiden viel Spaß.“

Was sollte das denn heißen? Dass sie selbst eine Langweilerin war? Zu verklemmt, um aus sich herauszukommen? Vielleicht war sie kein extrovertiertes Partyhäschen, aber auch sie hatte sich definitiv vorgenommen, hier eine wilde Zeit zu verbringen. Allerdings lieber mit einem Mann, der nicht so übertrieben selbstbewusst war wie Luiz Valquez.

„Ja, das haben sie“, erwiderte sie spitz und reckte ihr Kinn vor. „Genau wie ich.“

Als er ihr in die Augen blickte, war es für sie wie ein kleiner Stromschlag, der ihre Sinne weckte. Ihr ganzer Körper reagierte darauf und wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

„Ist es ihr erstes Mal?“, erkundigte er sich.

Erschrocken zuckte sie zusammen und wurde dunkelrot im Gesicht. Wie konnte er das bloß wissen? Sah man ihr etwa deutlich an, dass sie nie zuvor … „Ähm, Sie meinen, hier in Las Vegas?“

Sein anzügliches Lächeln machte die Situation für Daisy nur noch schlimmer. „Si.“

Oh, bitte! schoss es ihr durch den Kopf. Sprich kein Spanisch mit mir, oder ich gebe mich dir sofort und ohne jede Hemmung hin! Gleich hier, auf dem Fußboden, vor allen Leuten!

„Ich bin zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten und daher auch zum ersten Mal hier in Vegas.“

„Wie gefällt es Ihnen bis jetzt?“

Daisy hielt seinem Blick tapfer stand. Nicht, dass sie eine andere Wahl gehabt hätte. Ihre Augen ignorierten nämlich die Nachricht von ihrem Gehirn, ihn nicht anzugaffen, als wäre er ein Hollywood-Superstar. „Es ist mutig und frech und – sozusagen – sehr schrill. Vegas, meine ich. Nicht Amerika im Allgemeinen. Ich war bisher nirgendwo anders als in L. A., und das auch nur, weil wir dort am Flughafen gelandet sind.“

„Sind Sie anschließend hierhergeflogen oder gefahren?“

„Wir haben den Bus genommen.“

Sein Lächeln wirkte immer noch wie ein Zauber auf sie, genau wie sein aufregend männlicher Duft. Er war berauschend und erinnerte an frisch gepresste Limonen, herbe Zypressen und an Pinienwälder. Für einen winzigen Moment bereute sie es, Luiz Valquez’ Aufforderung zum Tanzen abgelehnt zu haben. Sie hatte sich doch schließlich vorgenommen, unbeschwert und hemmungslos zu flirten? Gab es einen besseren Weg, diesen Plan in die Tat umzusetzen, als sich auf einen „bösen Jungen“ einzulassen, der nichts als Spaß im Sinn hatte? Und dann bemerkte sie wieder dieses wissende Funkeln in seinen Augen …

Er war sich seiner Sache einfach zu sicher, und das störte sie gewaltig!

„Wie lange bleiben Sie in der Stadt?“, fragte er.

„Vier Tage.“

Interessiert musterte er ihr Gesicht und betrachtete ihren Mund dabei so lange, dass Daisy beinahe schützend die Hand davorgehalten hätte. Nie zuvor war sie sich ihrer eigenen Körpersprache derart bewusst gewesen. Und ihr war klar, dass sie viel zu schnell ihre wahren Gefühle preisgab, wenn sie nicht höllisch aufpasste!

„Falls Sie Ihre Meinung ändern und doch noch tanzen wollen, finden Sie mich dort drüben.“ Mit einem Nicken wies er zum anderen Ende der Bar.

„Bei Ihrem Date?“

Achtlos zuckte er die Achseln. „Sie ist nur jemand, den ich gerade kennengelernt habe.“

„Und mit der Sie vermutlich ziemlich bald im Bett landen werden, ehe die nächste Kandidatin in den Startlöchern bereitsteht?“

Sein Grinsen wurde breiter. „Sie haben anscheinend von mir gehört?“

Daraufhin bedachte sie ihn mit einem vernichtenden Blick, den sie auch manchmal bei besonders aufsässigen Schülern anwandte. „Auf diese Art Ruf sollte man nicht allzu stolz sein.“

„Ja, es ist ein hartes Leben, aber einer muss es ja tun“, scherzte er.

Es tun. Diese zwei kleinen Silben lösten eine Flut erotischer Fantasien in ihr aus. Er tat es mit ihr. Sie tat es mit ihm. Ihre nackten Körper waren ineinander verschlungen, seine Hände auf ihren Brüsten und zwischen ihren Beinen …

Es war ihr kaum noch möglich, die Fassade der entrüsteten Vorschullehrerin aufrechtzuerhalten. Dieser umwerfende Argentinier war einfach überirdisch sexy – absolut unwiderstehlich!

Ihre letzte Rettung war die Flucht. „Würden Sie mich entschuldigen? Ich muss mich ranhalten, wenn ich meine Freundinnen bei ihrem Spaßmarathon noch einholen will.“

Er wich keinen Millimeter zurück, daher blieb ihr nichts anderes übrig, als von ihrem Barhocker zu gleiten und sich eng an Luiz Valquez vorbeizudrängen. Die Berührung ihrer Körper löste sehnsüchtiges Verlangen in Daisy aus. Doch als sie das amüsierte Funkeln in seinen Augen sah, wäre sie vor Scham am liebsten im Boden versunken.

„Noch ein kleiner Ratschlag, bevor sich unsere Wege trennen.“

„Nur zu“, sagte sie betont gleichgültig. Wenn es denn sein muss! Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.

Mit der rechten Hand zeigte er auf die Champagnergläser. „Lassen Sie Ihre Drinks nie unbeaufsichtigt stehen!“

Wie überheblich von ihm, sie auf das Offensichtliche hinzuweisen! „Ich bin nicht zum ersten Mal nachts unterwegs“, erwiderte sie gereizt.

„Mag sein, aber in dieser Gegend haben die Bars einen gewissen Ruf. Und Vorsicht ist besser als Nachsicht.“

„Ich kann gut allein auf mich aufpassen.“

Wieder starrte er auf ihre Lippen, und sie hätte es ihm gern gleichgetan. Doch das hätte ihre Sehnsucht nur noch weiter verstärkt, und dieses Risiko wollte sie auf keinen Fall eingehen. Also kämpfte sie gegen den Impuls, aber innerhalb weniger Sekunden war jegliche Vorsicht wieder vergessen.

Allerdings lächelte er plötzlich nicht mehr, sondern wirkte beängstigend ernst. Doch irgendwie machte ihn das noch attraktiver.

Sie holte Atem, und die dröhnende Musik wurde in ihren Ohren vom eigenen Herzschlag übertönt. Auch die verschwitzte, kreisende Gästeschar auf der Tanzfläche rückte in weite Ferne … Daisy nahm die anderen Menschen kaum noch wahr. Trotz aller unterschiedlichen Aftershaves und teuren Parfums in diesem Raum sog sie ausschließlich den betörenden Duft von Luiz ein. Der starke, frische Geruch setzte sich in ihrem Gehirn fest, und sie wusste, dass sie nie mehr durch einen Zypressenwald gehen würde, ohne sich nach der Umarmung dieses besonderen Mannes zu sehnen. Eine Schande, dass er so arrogant war! Eine nette, kleine Affäre mit jemandem wie ihm hätte sicherlich viel Spaß gemacht.

Aber nur ein schnöder One-Night-Stand? Das kam nicht infrage.

„Warum schauen Sie mich so an?“ Daisy legte den Kopf schief. „Habe ich Lippenstift an den Zähnen?“

„Lächeln Sie mal, dann kann ich das überprüfen“, konterte er trocken.

Instinktiv presste sie die Lippen aufeinander. „Warum haben Sie mich überhaupt angesprochen?“, fragte sie dann.

Er zwinkerte ihr zu. „Weil ich bemerkt habe, wie Sie mich anstarren.“

„Ich habe Sie nicht angestarrt“, protestierte sie. „Meine Freundinnen haben mich auf Sie aufmerksam gemacht und wollten wissen, ob ich Sie erkenne. Was übrigens nicht der Fall war. Tut mir leid, wenn das Ihr Ego verletzt.“ Dabei tat ihr das kein bisschen leid!

Aber es gefiel ihr, dass er nicht mehr allzu ernst wirkte.

„Das tut es nicht.“

„Ach? Ich nehme an, Sie sind es gewohnt, dass die jungen Frauen sie kritiklos anhimmeln? Aber ich persönlich lasse mich nicht allein von gutem Aussehen beeindrucken.“

„Wovon dann?“ Er wartete ab, doch sie antwortete ihm nicht. „Von Geld?“

„Natürlich nicht!“ Ärgerlich zog sie die Stirn kraus. „Eher von Manieren, von Intellekt und von Moral.“

Er lachte. „Und so ein altmodisches Mädchen verschlägt es ausgerechnet nach Vegas? Wer hätte das gedacht?“

„Ist diese Überheblichkeit eigentlich angeboren, oder haben Sie sich das über die Jahre erarbeitet?“

Mit den Fingerspitzen strich er über ihren nackten Arm, während er sich zum Gehen wandte. „Reserviere mir den letzten Tanz, querida!“

Zuerst glaubte sie, sich verhört zu haben, doch sein Blick sprach Bände. „Träumen Sie weiter“, murmelte sie und schob sich an ihm vorbei, um sich ihren Freundinnen anzuschließen.

Luiz beschloss gegen drei Uhr morgens, die Bar zu verlassen. Das englische Mädchen hatte er aus den Augen verloren, und die Enttäuschung darüber versuchte er energisch zu verdrängen. Frauen kamen und gingen, und es gab genügend andere Anwärterinnen, sollte er sich noch entschließen, heute jemanden mit aufs Zimmer zu nehmen.

Aber irgendetwas an dieser Engländerin faszinierte ihn über alle Maßen. Dabei war sie eigentlich nicht besonders auffällig: vom Aussehen her das Mädel von nebenan und charakterlich eher der Typ Mauerblümchen. Allerdings musste er zugeben, dass sie über eine außergewöhnliche Schönheit verfügte, die sich erst auf den zweiten Blick offenbarte.

Ihr kastanienbraunes Haar war von goldenen Strähnen durchzogen, die ihre meeresblauen Augen zum Leuchten brachten. Meeresblau wie die Ägäische See. Ihre Haut hatte diese für Briten typischen Alabasterton, und die Lippen waren voll und verführerisch. Sie deuteten eine laszive Leidenschaft an, die sich ganz bestimmt hinter ihrer beherrschten und abweisenden Erscheinung verbarg.

Im Laufe des Abends hatte er sie immer wieder dabei beobachtet, wie sie vorgab, überhaupt kein Interesse an ihm zu haben. Ständig hatte sie sich hinter einem Glas, aus dem sie kaum nippte, oder hinter der Schulter einer ihrer Freundinnen vor ihm versteckt. Und sie hatte getan, als amüsierte sie sich prächtig, obwohl offensichtlich war, wie unwohl sie sich in einer Bar wie dieser fühlte. Trotz ihres schwarzen Cocktailkleids und den dazu passenden High Heels wirkte sie völlig deplatziert.

Am Ende kehrte Luiz dann allein in sein Hotelzimmer zurück. Er war nicht in der Stimmung für ein Techtelmechtel, auch wenn es an eindeutigen Angeboten nicht gefehlt hatte. Ihm saß noch der Jetlag von seinem Flug in den Knochen. Er war nämlich gerade erst in Argentinien gewesen, um etwas Zeit mit seinem Bruder und dessen frisch angetrauter Braut Teddy zu verbringen.

Seinen Bruder so unendlich glücklich zu erleben hatte Luiz aufgewühlt, und diese Unruhe konnte er auch nicht mit endlosen Partys bekämpfen. Früher hatte es nur ihn und Alejandro gegeben, sie waren ein unschlagbares Zweierteam gewesen. Die Valquez-Brüder, berühmte und berüchtigte Playboys, denen ein gewisser Ruf vorauseilte. Und die Damenwelt hatte ihnen zu Füßen gelegen.

Jetzt war Luiz plötzlich allein und bereiste den Globus auf der Jagd nach dem nächsten Polo-Sieg. Die Trophäen reihten sich in seiner Villa aneinander – einer Villa, die er auf seinen Zwischenstopps nur selten besuchte. Er lebte aus dem Koffer und wechselte die Hotels genauso rasant wie seine Kurzzeitbeziehungen.

One-Night-Stands waren dabei seine Spezialität. Er sah nicht ein, weshalb man länger bei einer Partnerin bleiben sollte, bis diese womöglich zuerst die Flucht ergriff. Das hatte er schließlich schon bei seinen Eltern erlebt, als seine Mutter seinem Vater das Herz brach. Und vor zehn Jahren war sein Bruder Alejandro öffentlich gedemütigt worden, als seine damalige Verlobte ihn direkt vor dem Altar sitzen ließ.

Sicher, heute schwebte Alejandro im siebten Himmel, und Teddy schien eine tolle, außergewöhnliche Frau zu sein. Trotzdem schloss Luiz für sich selbst aus, irgendwann einmal eine feste Beziehung einzugehen.

Niemand sollte jemals die Macht haben, ihn zu verletzen. Ihn erneut zu verletzen …

Seine Suite war nur noch fünf Türen entfernt, da erblickte er das englische Mädchen mit dem glasklaren Akzent und den hypnotischen blauen Augen. Sie kam ihm in Begleitung eines Mannes entgegen, der sie an der Hand hinter sich herzog.

Autor

Melanie Milburne
<p>Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der Romances....
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