Aufregendes Rendezvous in Paris

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Sie ist wunderschön! Fasziniert schaut Michael D’Angelo in die veilchenblauen Augen der Frau, die ihn in seiner Galerie in Paris aufgesucht hat – bis er schockiert erfährt, was Eva ihm vorwirft …


  • Erscheinungstag 07.04.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514361
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

St Gregory’s Church, New York.

„Waren wir nicht erst vor wenigen Wochen in einer ganz ähnlichen Kirche?“, fragte Michael seinen jüngsten Bruder Gabriel belustigt. Sie saßen in der ersten Reihe der mit Hochzeitsgästen gefüllten St Gregory’s Church, neben sich ihren Bruder Rafe, den nervösen Bräutigam.

„Ich glaube ja“, bestätigte Gabriel trocken. „Nur dass du und Rafe da meine Trauzeugen wart und wir jetzt die von Rafe sind.“

„Wie viele Wochen genau ist das jetzt her?“ Michael hob spöttisch die Augenbrauen.

„Fünf wundervolle Wochen.“ Gabriel lächelte bei dem Gedanken an seine eigene Hochzeit mit seiner geliebten Bryn.

„Hm.“ Michael nickte. „Habe ich dir schon von meiner damaligen Unterhaltung mit Rafe erzählt, bei der er mir versichert hat – und zwar nachdrücklich, wenn ich mich recht entsinne –, dass er nicht an die ‚Liebe seines Lebens‘ glaubt und mit Sicherheit nicht die Absicht hat, in näherer oder fernerer Zukunft zu heiraten?“

Gabriel blickte zu seinem Bruder Rafe. Angesichts der nervösen Anspannung des wartenden Bräutigams unterdrückte er ein Lächeln. „Nein, das ist mir neu.“

„Es stimmt.“ Michael lehnte sich lässig in der Kirchenbank zurück. „Das war, als er und ich zusammen vor der Kirche standen, während du und Bryn für den Fotografen posiert habt. Mir ist so, als hätte Rafe damals einen Anruf von einer seiner Freundinnen bekommen und …“

„Das ist weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort!“ Rafe drehte sich gereizt zu seinen beiden Brüdern um. Dabei war seine kurze Beziehung mit der Pariserin Monique schon Monate vor seiner ersten Begegnung mit seiner künftigen Frau vorbei gewesen.

Den drei D’Angelo-Brüdern gehörten die drei renommierten Archangel-Galerien und Auktionshäuser in New York, London und Paris. Bis vor Kurzem hatten sie sich mit der Leitung der Niederlassungen in einem lockeren Zwei- bis Dreimonatsrhythmus abgewechselt, je nach Art der Ausstellungen. Seitdem Gabriel jedoch mit Bryn verheiratet war, hatte er seinen Hauptwohnsitz in London, während Rafe nach seiner Hochzeit den Großteil des Jahres in New York verbringen würde. Michael würde nun vorwiegend die Leitung der Pariser Galerie übernehmen.

„Nina ist schon fünf Minuten zu spät“, murmelte Rafe nach dem ungefähr zehnten Blick auf seine Armbanduhr in etwa genauso vielen Sekunden.

„Es ist das Vorrecht der Braut, den Bräutigam warten zu lassen“, erklärte Gabriel ungerührt. „Die Machtverhältnisse haben sich ganz schön verschoben, findest du nicht?“, fügte er an Michael gewandt hinzu.

„Oh ja, eindeutig.“ Michael nickte. „So wie ich das sehe, ist Rafe seit seiner Bekanntschaft mit Nina nur noch ein Schatten seiner selbst.“ Er grinste seinen genervten Bruder breit an.

„Tja, so ist das eben, wenn man sich verliebt.“ Gabriel nickte wissend. „Und du kommst als Nächster dran, Michael.“

Michaels Grinsen erlosch schlagartig. „Das bezweifle ich.“

„Berühmte letzte Worte?“

„Nein, Tatsache“, korrigierte Michael ihn kurz angebunden. „Ich kann mir nicht vorstellen, mich je von einer Frau in einen solch bemitleidenswerten Zustand versetzen zu lassen.“ Er nickte vielsagend Richtung Rafe.

„Seid ihr endlich fertig?“ Rafe funkelte seine beiden Brüder wütend an. „Nina kommt zu spät, verdammt!“

Michael hob spöttisch eine dunkle Augenbraue. „Glaubst du, sie hat ihre Meinung geändert und lässt dich vorm Altar stehen?“

Rafe ohnehin schon blasses Gesicht bekam plötzlich einen grauen Stich. „Oh Gott!“, stöhnte er.

„Hör auf, ihn zu ärgern, Michael“, schimpfte Gabriel gutmütig. Seine fünfwöchige Ehe mit Bryn hatte offensichtlich bereits ein echtes Weichei aus ihm gemacht … „Ich persönlich kann es kaum erwarten, die Ehrenbrautjungfer zu sehen!“ Er lächelte verzückt bei dem Gedanken an seine Frau.

Michael zuckte die Achseln. „Beruhige dich, Rafe, deine Nina kommt schon noch. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund liebt die Frau dich.“

„Haha, sehr witzig!“, fauchte Rafe.

„Die Limousine schafft es vermutlich nicht so schnell durch den New Yorker Verkehr, das ist alles.“

„Hoffentlich.“ Rafes Gesicht verfärbte sich inzwischen grünlich. „Ich hätte bei meinem ursprünglichen Plan bleiben sollen, mit Nina durchzubrennen!“

„Nicht, wenn dir dein Leben lieb ist, Raphael Charles D’Angelo!“, warnte seine Mutter ihn von der Bank direkt hinter ihnen. Auch bei der zweiten Hochzeit eines der D’Angelo-Brüder hatte sich die ganze D’Angelo-Familie versammelt.

Michael mit seinen fünfunddreißig Jahren war inzwischen der einzige Junggeselle.

Und er hatte nicht die Absicht, etwas daran zu ändern.

Natürlich freute er sich für seine beiden jüngeren Brüder und zweifelte nicht daran, dass Rafe und Gabriel mit ihren Frauen glücklich bis an ihr Lebensende leben würden, aber für ihn war die Ehe nichts.

Vor vierzehn Jahren hatte Michael selbst heiraten wollen. Das Ganze war jedoch so katastrophal ausgegangen, dass er seitdem nicht die geringste Neigung verspürte, diese Erfahrung zu wiederholen. Der Liebeskummer und die Gewissheit, belogen worden zu sein, waren schlimm genug gewesen, doch das Unangenehmste war das Gefühl gewesen, keine Kontrolle mehr über seine Emotionen zu haben.

Nein, wenn es nach ihm ging, konnten Rafe und Gabriel gern allein für den Fortbestand der D’Angelo-Familie sorgen. Er selbst hatte nicht die Absicht, sein geordnetes Leben von einer Frau und Kindern durcheinanderwirbeln zu lassen!

„Gott sei Dank!“ Rafe seufzte erleichtert auf, als der Hochzeitsmarsch endlich einsetzte. Die drei Männer standen auf und drehten sich nach der Braut um, die an der Seite ihres Vaters den Gang zum Altar entlangschritt. Nina war traumhaft schön in ihrem Kleid aus weißem Satin und Spitze. Das Lächeln, das sie ihrem Bräutigam schenkte, war so strahlend und liebevoll, das es die ganze Kirche erhellte.

Die Vorstellung, nie von einer Frau so angesehen zu werden, versetzte Michael einen unerwarteten Stich, doch er verdrängte dieses Gefühl rasch. Niemals würde er den Gefühlen zum Opfer fallen, die seine Brüder für ihre Frauen empfanden!

1. KAPITEL

Archangel-Galerie, Paris. Zwei Tage später.

„Was zum …?“ Michael blickte hoch und runzelte missbilligend die Stirn, als er aus dem Büro gegenüber ein Geräusch hörte, das verdächtig nach Babygeschrei klang. Lautes Stimmgewirr gesellte sich dazu. Rasch stand er von seinem Schreibtisch auf.

Laute Stimmen vor Michaels Büro im zweiten Stock waren schon ungewöhnlich genug, aber ein schreiendes Baby? In den Privaträumen der renommierten Pariser Archangel-Galerie? So etwas war bisher noch nie vorgekommen, und Michael würde es auch jetzt nicht dulden!

Stirnrunzelnd marschierte er durch sein Büro und riss die Tür zum Flur auf, blieb bei dem Anblick des Chaos’ vor sich jedoch abrupt stehen. Sein Protest erstarb ihm auf der Zunge.

Seine Sekretärin Marie und sein Assistent Pierre sprachen in lautem Französisch und wild gestikulierend auf ein junges Mädchen – oder eine Frau? – ein, das zwischen ihnen stand. Sie hatte schwarzes schulterlanges Haar, trug die für die heutige Jugend typischen engen Jeans und ein violettes T-Shirt. Und sie hatte ein brüllendes Baby auf dem Arm. Statt Marie und Pierre Beachtung zu schenken, versuchte sie, das Kind zu beruhigen.

Ein Versuch, der kläglich scheiterte, denn das Gebrüll wurde immer lauter.

„Würden Sie bitte leiser sprechen?“ Wütend drehte die junge Frau sich zu Marie und Pierre um. Ihre Stimme war heiser. „Sie machen ihr Angst. Jetzt sehen Sie, was Sie angerichtet haben!“, fügte sie vorwurfsvoll hinzu, als ein zweites Baby zu brüllen begann.

Michael sah sich verwirrt nach der zweiten Quelle von Babygeschrei um. Überrascht riss er die Augen auf, als sein Blick auf den Kinderwagen fiel. Eine Zwillingskarre, in der sich ein zweites Baby die Seele aus dem Leib brüllte.

Was zum …?

Diese Situation war ein Alptraum, und zwar von der Sorte, aus der jeder Mann so schnell wie möglich aufwachen wollte! Je eher, desto besser!

„Danke“, sagte die junge Frau spitz, als Marie und Pierre verstummten. Sie ging zur Karre, hockte sich davor und versuchte, das zweite Baby mit sanften Worten zu beruhigen.

Michael hatte genug gehört und gesehen. „Will mir nicht endlich mal jemand erklären, was zum Teufel hier eigentlich los ist?“, durchdrang seine laute Stimme die Kakophonie der Geräusche.

Schweigen.

Göttliches Schweigen, dachte Eva dankbar. Nicht nur die beiden Angestellten der Archangel-Galerie waren verstummt, sondern auch die Babys. Noch immer in der Hocke drehte Eva sich zur Quelle der strengen Stimme um. Überrascht weitete sie die Augen, als sie den Mann im Flur sah.

Er war vermutlich Mitte bis Ende dreißig. Sein kurzes schwarzes Haar war akkurat über den Ohren geschnitten und umrahmte ein so attraktives dunkelgetöntes Gesicht, dass die meisten männlichen Models, die Eva am Anfang ihrer Karriere fotografiert hatte, vermutlich dafür töten würden. Dunkle Augenbrauen wölbten sich über schwarzen Augen. Er hatte hohe Wangenknochen, geschwungene sinnliche Lippen und ein markantes, entschlossen vorgeschobenes Kinn.

Sein muskulöser Körper mit den breiten Schultern, der schmalen Taille, den schlanken Hüften und den langen Beinen steckte in einem teuren maßgeschneiderten Anzug. Ein weißes Seidenhemd und eine graue Krawatte komplettierten den Look.

Der respektvolle Gesichtsausdruck der beiden Angestellten und die Tatsache, dass der Mann aus dem Büro gleich gegenüber gekommen war, ließen darauf schließen, dass es sich um D’Angelo handelte. Genau der Mann, wegen dem Eva gekommen war!

Evas Gesichtsausdruck war daher alles andere als respektvoll, als sie aufstand, auf D’Angelo zuging und ihm Sophie hinhielt. „Nehmen Sie sie, damit ich Sam holen kann“, sagte sie ungeduldig, als er keinerlei Anstalten machte, ihr das Baby abzunehmen, sondern sie nur ungläubig von oben herab aus jettschwarzen Augen anstarrte.

Michael musste den Blick ganz schön tief senken. Himmel, war diese Frau zierlich. Sie musste mindestens dreißig Zentimeter kleiner sein als er. Sie war so schlank wie ein Fohlen, wurde jedoch von ihren vollen Brüsten davor bewahrt, jungenhaft zu wirken.

Brüste, die unter dem violetten T-Shirt von keinem BH gehalten wurden, so wie es aussah …

Besagte Brüste und das selbstsichere Funkeln in den veilchenblauen Augen mit den langen schwarzen Wimpern verrieten Michael, dass es sich in der Tat um eine Frau und nicht um ein Mädchen handelte.

Und zwar eine sehr schöne Frau, wie er widerwillig anerkennen musste. Ihre unglaublichen veilchenblauen Augen überstrahlten alles. Sie hatte eine kurze Stupsnase und volle sinnliche Lippen, und ihre Haut war so hell und zart wie feinstes Porzellan. Die dunklen Schatten unter den Augen verliehen ihr ein zerbrechliches Aussehen.

Ein Eindruck, der jedoch von ihrem stur vorgereckten Kinn widerlegt wurde.

Michael riss den Blick von ihrem schönen Gesicht los und richtete ihn zögernd auf das rosa gekleidete Baby, das ihm die junge Frau hinhielt. Er hatte absolut keine Erfahrung mit Babys. Wie auch? Seitdem er selbst dem Babyalter entwachsen war, war er noch nicht mal in die Nähe eines Babys gekommen.

Unwillkürlich wich er vor dem sabbernden Geschöpf zurück. „Ich denke nicht …“

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man in Sophies und Sams Gegenwart am besten nicht denken sollte, schon gar nicht, wenn sie zahnen“, unterbrach ihn die junge Frau. „Legen Sie sich das hier auf die Schultern, um Ihr Jackett zu schützen.“ Sie reichte ihm ein weißes Tuch und drückte ihm das Baby ohne Umstände in die Arme, bevor sie sich umdrehte, um das zweite Baby aus der Zwillingskarre zu nehmen.

Als sie sich bückte, blieb Michaels Blick an ihrem knackigen Po hängen, der in einem Paar Jeans steckte.

Eva nahm Sam aus der Karre und richtete sich auf. Sie war genervt, dass die beiden Archangel-Angestellten die Babys aufgeweckt hatten. Es hatte eine Ewigkeit gedauert, bis sie auf dem Weg vom Hotel zur Galerie eingeschlafen waren. Da sie gerade Zähne bekamen, hatten sie nachts sehr unruhig geschlafen – und Eva entsprechend auch.

Deshalb waren sie und die beiden Babys nicht gerade in bester Stimmung. Was Eva nicht davon abhielt, beim Anblick D’Angelos fast laut loszuprusten, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. Er hielt Sophie noch immer auf Armeslänge von sich weg und sah das Baby so entsetzt an, als sei es eine Zeitbombe, die jeden Moment explodieren konnte.

Aber Eva lachte nur fast …

Denn in den letzten drei höllischen Monaten hatte sie nicht viel zu lachen gehabt.

Bei der Erinnerung daran wurde sie schlagartig wieder nüchtern. „Sophie beißt nicht“, sagte sie spitz zu D’Angelo. „Zumindest nicht oft“, fügte sie hinzu. „Gott sei Dank haben die beiden erst vier Zähne.“

Michael war auch in einfachen Situationen nicht gerade für seine Geduld bekannt, und diese Situation hier – dieses Chaos – war definitiv nicht einfach. „Mich interessiert mehr, was Sie im Privatbereich der Galerie zu suchen haben, als wie viele Zähne Ihre Kinder haben!“

Die Frau hob das spitze Kinn und sah ihn herausfordernd an. „Wollen Sie wirklich, dass ich vor Ihren Angestellten darüber rede, Mr D’Angelo? Ich nehme doch an, Sie sind Mr D’Angelo?“ Geringschätzig hob sie die Augenbrauen.

„Das bin ich, ja.“ Michael zog finster die Augenbrauen zusammen. „Worüber sollte ich nicht vor meinen Angestellten reden wollen?“

Eva presste die Lippen zusammen. „Über den Grund, warum ich im Privatbereich der Galerie bin.“

Michael schüttelte den Kopf. „Da ich absolut keine Ahnung habe, wovon Sie reden, kann ich diese Frage nicht beantworten.“

„Nicht?“, fragte sie spitz.

„Nein“, erwiderte Michael verärgert. „Wenn Sie mir bitte in mein Büro folgen würden …“

Pierre, der ein paar Jahre jünger war als Michael, drückte seine Bedenken aus und führte – natürlich auf Französisch – jede Menge Gründe an, warum er es nicht für ratsam hielt, dass Michael allein mit dieser Frau war. Er deutete an, dass sie vielleicht nicht ganz bei Trost war und schlug vor, das Sicherheitspersonal zu rufen und sie rauswerfen zu lassen.

„Ich kann Sie ausgezeichnet verstehen“, schaltete sich die Besucherin in fließendem Französisch ein und durchbohrte den sichtlich verlegenen Pierre mit einem wütenden Blick. „Rufen Sie ruhig das Sicherheitspersonal, aber ich bin bei vollem Verstand, das versichere ich Ihnen“, fügte sie an Michael gewandt hinzu.

„Daran habe ich auch keinen Moment gezweifelt! Ist schon gut, Pierre“, sagte Michael auf Englisch zu seinem Assistenten. „Wenn Sie mir jetzt bitte in mein Büro folgen würden“, fügte er an die junge Frau gewandt hinzu, bevor er zur Seite trat und den Blick auf das Zimmer hinter sich freigab. Er hatte immer noch keine Ahnung, was er mit dem Baby anfangen sollte, das ihn inzwischen anlächelte und dabei stolz besagte vier Zähnchen zeigte.

„Sie mag Sie“, bemerkte die Mutter des Babys verblüfft, während sie die Zwillingskarre an Michael vorbei in sein Büro schob, Sam auf dem Arm.

Hastig legte Michael sich erst das weiße Tuch und dann das Baby auf eine Schulter, dann schloss er die Bürotür hinter sich und seiner unverhofften Besucherin. Seine besorgt aussehenden Angestellten mussten draußen warten.

„Wow, das ist ja eine tolle Aussicht!“

Michael drehte sich zu der jungen Frau um, die aus dem bodenlangen Fenster auf die Champs Élysées und den Arc de Triomphe blickte. Diese Aussicht und die prestigeträchtige Adresse waren der Hauptgrund, warum die drei Brüder sich dafür entschieden hatten, an dieser Stelle eine Galerie zu eröffnen. „Uns gefällt’s“, sagte er beiläufig. „Wenn Sie mir jetzt bitte erklären würden, wer Sie sind?“ Flüchtig fragte er sich, ob sie vielleicht die hartnäckige Monique aus Rafes Vergangenheit war, doch ihr englischer Akzent sprach dagegen.

Eva drehte sich zu ihm um. „Ich heiße Eva Foster“, sagte sie und sah ihn erwartungsvoll an.

Aha. „Und?“

Eva musterte D’Angelo eindringlich, doch sein Blick war völlig emotionslos. „Sie haben keine Ahnung, wer ich bin?“, fragte sie empört.

Michael hob die Augenbrauen. „Sollte ich das denn?“

Ob du das solltest? Natürlich, du arroganter, verantwortungsloser Idiot! „Vielleicht sagt Ihnen der Name Rachel Foster etwas?“, fragte sie süßlich.

Stirnrunzelnd schüttelte Michael den Kopf. „Tut mir leid, aber ich habe absolut keine Ahnung, wovon – oder von wem – Sie reden.“

Eva explodierte. All diese Monate voller Kummer, Chaos und Verlust, und dieser Mann konnte sich noch nicht einmal an Rachels Namen, geschweige denn an Rachel selbst erinnern?!

„Was für ein Mensch sind Sie eigentlich? Nein, geben Sie sich keine Mühe, diese Frage zu beantworten“, fügte Eva hitzig hinzu und begann, wütend auf- und abzulaufen. „Offensichtlich gibt es in Ihrem privilegierten Leben und zweifellos seidenbezogenem Bett so viele Frauen, dass Sie sie sofort vergessen, sobald die Nächste …“

„Schluss damit!“, befahl D’Angelo schroff. „Nein, ich meine nicht dich, meine Kleine“, fügte er besänftigend hinzu, als Sophie beim Klang seines Tonfalls protestierend wimmerte. Er richtete den Blick wieder auf Eva und sah sie durchbohrend an. „Wollen Sie damit etwa andeuten, dass ich mit … mit dieser Rachel Foster etwas hatte?“

Eva schoss vor Wut das Blut ins Gesicht. „Diese Rachel Foster ist zufällig meine Schwester und ja, Sie hatten ‚etwas‘ mit ihr. Ehrlich gesagt haben Sie ein Resultat davon gerade auf dem Arm!“

Michael richtete den Blick wieder auf das Baby. Die etwa sechs Monate alte Kleine war wirklich niedlich. Sie hatte schwarze Haare, ebenfalls veilchenblaue Augen und verzog konzentriert das Gesichtchen, während sie mit einem der Knöpfe von Michaels mehrere tausend Pfund teuren Jackett spielte.

Wollte diese Frau, diese Eva Foster, etwa behaupten, dass er in irgendeiner Form für Sophies Entstehung verantwortlich war?

Schatten der Vergangenheit …

„Ich bin Ihrer Schwester nie begegnet“, sagte er entschlossen. „Ganz zu schweigen von …“ Er stockte. „Wie dem auch sei, ich bin ihr nie begegnet. Also, was auch immer Sie beide hier abziehen wollen, vergessen Sie’s!“ Er verstummte abrupt, als eine von Eva Fosters Händen laut und schmerzhaft auf einer seiner Wangen landete und das Baby erschrocken ein weiteres ohrenbetäubendes Gebrüll ausstieß. „Das war völlig unangemessen“, stieß er durch zusammengebissene Zähne hervor und schaukelte das Baby, um es zu beruhigen.

„Das war mehr als angemessen“, beharrte Eva Foster wütend. Sie strich allerdings zugleich dem Baby in Michaels Arm besänftigend über den Rücken. „Wie können Sie es wagen abzustreiten, meine Schwester zu kennen und mir irgendwelche unlautere Absichten unterstellen, während Sie Ihre eigene Tochter auf dem Arm halten?“ Ihre Augen glitzerten tief violett vor Wut.

„Ich …“ Michael brach ab und holte tief Luft. Seine Wange schmerzte noch immer. „Sophie ist nicht meine Tochter.“

„Ich kann Ihnen versichern, dass sie es ist“, erwiderte Eva scharf.

„Ich schlage vor, dass wir beide erst ein paar Mal tief durchatmen und versuchen, uns zu beruhigen. Wir stressen die Babys“, fügte er pointiert hinzu, als Eva Foster protestierend den Mund öffnete.

Michael war es nicht gewohnt, dass man ihm widersprach. Normalerweise befolgte man seine Anweisungen widerspruchslos. Er schätzte die Anschuldigungen dieser Frau, dieser dreisten, jungen und irritierend schönen Frau daher überhaupt nicht – schon gar nicht die, der Vater der Babys ihrer Schwester zu sein.

Er wusste aus bitterer Erfahrung, wozu Frauen fähig waren. Das hatte er Emma Lowther zu verdanken, die ihn gelehrt hatte, nie einer Frau zu vertrauen, schon gar nicht, wenn es um Schwangerschaften ging.

Wie lange war es jetzt her, dass Emma versucht hatte, ihn mit der Behauptung, schwanger zu sein, in die Ehe zu locken? Vierzehn Jahre. Und die Erinnerung daran war noch genauso präsent, als sei es erst gestern passiert.

Nicht dass er sich seiner Verantwortung nicht gestellt hätte. Oh nein, Michael war tatsächlich dumm genug gewesen zu glauben, dass er Emma liebte. Er hatte sich sogar über das Baby gefreut, und sie hatten wochenlang Hochzeitspläne geschmiedet, bevor er Emma bei einer Party einem Bekannten vorgestellt und sie nach ein Paar Tagen beschlossen hatte, dass Daniel, dessen Familie noch reicher war als Michaels, eine viel bessere Partie wäre. Sie hatte Michael daraufhin eröffnet, dass es kein Baby gab und sie sich geirrt habe. Drei Monate später hatte sie es mit dem gleichen Trick bei Daniel versucht.

Die Szene, die Emma ihm gemacht hatte, nachdem sie erfahren hatte, dass Michael seinen Nachfolger vor ihren Machenschaften gewarnt hatte, war nicht angenehm gewesen …

Das Ganze war ihm eine solche Lehre gewesen, dass er seitdem keine Risiken mehr einging. Weshalb er jetzt auch mit Gewissheit abstreiten konnte, der Vater von Rachel Fosters Babys zu sein.

„Zwillinge“, korrigierte sie ihn sanft. „Die Babys sind Zwillinge.“

Zwillinge oder nicht, die beiden waren nie im Leben Michaels Kinder.

„Wie alt sind sie?“

„Wollen Sie jetzt doch Ihre Erinnerung auf Trab bringen?“, fragte Eva gehässig.

„Wie alt?“, wiederholte Michael gereizt.

Sie zuckte die Achseln. „Ein halbes Jahr.“

Wenn Rachel Foster keine Frühgeburt gehabt hatte, musste man neun Monate hinzufügen, was bedeutete, dass es fünfzehn Monate her war, dass er angeblich …

Verdammt, warum rechnete er überhaupt nach? Ganz egal, was diese Frau behauptete, er hatte weder vor fünfzehn Monaten noch sonst jemals eine Frau geschwängert!

„Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass das meine Kinder sind?“, fragte er mit gedämpfter Stimme, da Sophie die Augen zufielen und sie den Kopf schläfrig auf seine Schulter sinken ließ. Offensichtlich war sie erschöpft vom vielen Schreien.

Eva hob das Kinn noch höher. „Weil Rachel es mir gesagt hat!“

Michael nickte. „Würden Sie mir dann bitte erklären, warum Ihre Schwester nicht selbst hergekommen ist, um mich mit dieser vermeintlichen Tatsache zu konfrontieren?“

„Weil … Vorsicht!“, warnte Eva, als Sophie wie ein nasser Sack auf Michaels Schulter zusammensackte und runterzurutschen drohte. „Wie haben Sie das gemacht?“, fügte sie neidisch hinzu.

Normalerweise schliefen die Zwillinge erst ein, wenn man sie stundenlang in der Karre herumschob oder auf- und abwippte. Eva konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal eine Nacht durchgeschlafen hatte. Und jene faulen Sonntagvormittage, an denen sie immer bis Mittags im Bett gedöst hatte, waren inzwischen ferne Vergangenheit.

Autor

Carole Mortimer
Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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