Baccara Collection Band 427

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SEXY, WILD UND UNGEZÄHMT von JOSS WOOD

Eine Reportage mit Clint Rockwell, dem heißesten Rancher von Royal? Die lässt sich TV-Star Fee Martinez nicht entgehen - ebenso wenig wie eine Blitzaffäre mit ihm! Dann zieht sie weiter, denkt sie. Aber als Clint sie sexy küsst, will Fee plötzlich etwas ganz anderes …

EIN LETZTER HEISSER KUSS VON DIR von JESSICA LEMMON

Im Job? Ein Dreamteam. Ihre Ehe? Gescheitert! Für Werbe-Manager Jayson ist seine Ex-Frau Gia trotzdem noch die große Liebe. Und mit ihr überraschend eine sinnliche Nacht zu verbringen, weckt in ihm brennendes Verlangen nach mehr. Bis Gia ihm etwas Unglaubliches vorwirft …

VERFÜHRT VON EINEM BAD BOY von BRENDA JACKSON

Auf der Flucht vor einer Ehe hat die aufregend attraktive Sloan Donahue seinen gestohlenen Buick gekauft? Das nimmt Womanizer Mercury Steele der schönen Erbin nicht ab! Doch als er die Angst in ihren Augen sieht, will er nur eins: Sloan beschützen …


  • Erscheinungstag 29.12.2020
  • Bandnummer 427
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726720
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Joss Wood, Jessica Lemmon, Brenda Jackson

BACCARA COLLECTION BAND 427

JOSS WOOD

Sexy, wild und ungezähmt

Seit einem Unglück hat Clint das Thema Frauen abgehakt. Doch als die quirlige Fee auf seiner Luxusranch auftaucht, ist er von ihrem Sex-Appeal überwältigt. Nur für eine Nacht erlaubt er sich, Fee zu verwöhnen. Ein fataler Fehler …

JESSICA LEMMON

Ein letzter heißer Kuss von dir

Seine blauen Augen? Sexy. Sein Lächeln? Stopp! Gia ist entsetzt über sich. Schließlich ist Jayson nicht nur ihr Kollege, sondern auch ihr Ex-Mann! Aber während sie zusammen ein Software- Problem lösen, knistert es plötzlich zwischen ihnen …

BRENDA JACKSON

Verführt von einem Bad Boy

Die faszinierende Sloan hat auf der Flucht seinen gestohlenen Buick gekauft? Das nimmt Mercury Steele der schönen Erbin nicht ab. Bis der Womanizer in ihren Augen blanke Panik entdeckt. Jetzt hat er nur noch ein Ziel: sie zu beschützen …

1. KAPITEL

„Und? Hast du deinen Cowboy schon gefunden?“

Seraphina Martinez lenkte das geliehene Cabrio auf die Straße, die zur Blackwood Hollow Ranch führte, und drückte das Gaspedal durch. Lulu schrie auf.

„Nicht so schnell, Fee. Ich will nicht auf einer einsamen Straße im Osten von Texas sterben.“

„Entspann dich. Die Straße ist frei“, erwiderte Fee, froh darüber, dass sie ihr volles Haar zu zwei Zöpfen geflochten hatte – im Gegensatz zu Lulu, die gegen den Wind kämpfte und verlor.

Lulu hielt die Haare aus dem Gesicht und starrte Fee an. „Ich sehe aus, als wäre ich durchs Gebüsch gekrochen, wenn wir ankommen.“

Fee zuckte mit den Achseln.

Perfektes Make-up, perfekte Kleidung, perfekte Frisur – Star einer Reality-TV-Show zu sein, war harte Arbeit, verdammt.

„Also, hast du?“, fragte Fee.

„Einen Cowboy gefunden? Nein, noch nicht“, erwiderte Lulu.

„Was ist mit diesem Anwalt, der überall dort zu sein scheint, wo wir uns gerade befinden?“ Wo auch immer sie sich nach einem Drehort für „Das geheime Leben der New Yorker Ex-Ehefrauen“ umsahen, so war der Anwalt des verstorbenen Buckley Blackwood ebenfalls da und ließ Miranda Dupree, den Rest der Besetzung und die Crew nicht aus den Augen.

„Kace LeBlanc?“, fragte Lulu und gab sich betont lässig.

Fee warf ihrer besten Freundin einen amüsierten Blick zu. Sie hatte die Blicke gesehen, die Lulu Kace zuwarf, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Lulu fand den Anwalt offensichtlich heiß. Und mit seinem widerspenstigen braunen Haar und den wunderschönen braunen Augen war er es auch … bis er den Mund aufmachte. Dann verhielt er sich, als würde das Fernsehteam sein geliebtes Städtchen Royal zerstören.

„Der Typ ist ein Griesgram“, sagte Lulu und seufzte dann. „Ja, er ist heiß, aber er ist ziemlich nervig.“

Fee stimmte ihr zu, aber sie bewunderte auch Kace’ Entschlossenheit, sich um die Interessen des verstorbenen Buck Blackwood zu kümmern und sicherzustellen, dass sein letzter Wille eingehalten wurde. Sie kannte zwar nicht die Einzelheiten des Testaments, aber die wenigen Details, die ihr bekannt waren, schienen unglaublich zu sein. Sie konnte es Bucks Kindern nicht verübeln, deswegen sauer zu sein, dass Buck alles seiner Ex-Frau Miranda vererbt hatte, die eine New Yorkerin wie sie und Lulu war. Es musste ein Schlag ins Gesicht für seine Kinder gewesen sein, die in Texas geboren und aufgewachsen waren.

Wenn sie diese Geschichte in „Das heimliche Leben der New Yorker Ex-Ehefrauen“ aufgenommen hätte, dann würden ihre Zuschauer denken, alles wäre erfunden: Alternder Milliardär hinterlässt alles seiner viel jüngeren zweiten Frau, anstatt seinen Kindern. Zu allem Überfluss sollte Buck angeblich auch noch einen unehelichen Sohn haben. Diese Nachricht schien jedoch niemanden zu überraschen. Buck hatte offensichtlich die Frauen geliebt.

Lulu blickte nach rechts, wo eine Herde Longhorn-Rinder ihre Aufmerksamkeit erregte.

„Hast du jemals in Texas gelebt?“, fragte Lulu. Sie hielt immer noch ihr Haar mit den Händen zurück.

Fee ließ sich Zeit mit der Antwort. Als Kind eines Militärs hatte sie im ganzen Land gelebt und in zwölf Jahren vierzehn verschiedene Schulen besucht. Aber sie konnte sich nicht erinnern, jemals in Texas gelebt zu haben.

„Ich glaube, wir waren kurz in New Mexico“, erwiderte Fee. „Aber ich war noch klein. Ich kann mich nicht an viel erinnern.“

Lulu drehte sich auf ihrem Sitz, und Fee spürte ihren Blick. „Ich bin immer noch erstaunt darüber, wie gern du neue Orte aufsuchst. Bist du die ganze Reiserei nicht irgendwann leid? Vermisst du nicht dein eigenes Bett?“

Fee lächelte sie kurz an. „Ich habe ein möbliertes Apartment gemietet, Lu. Du weißt, dass ich mich nicht an Orte oder Dinge binde.“ Sie mochte in Manhattan leben, aber sie hing nicht so an der Stadt wie die anderen Darstellerinnen.

„Weil du als Kind so oft umgezogen bist.“

„Ich habe gelernt, dass es wehtut, wenn man sich an etwas bindet und dann gehen muss.“ Fee zuckte mit den Schultern. „Also macht es Sinn, sich nicht zu binden.“

„Glaubst du, dass du irgendwann sesshaft wirst?“

Was für eine Frage. Vielleicht würde sie eines Tages eine Stadt finden, die sie nicht wieder verlassen wollte. Aber sie war realistisch genug zu wissen, dass sie vermutlich nur ein paar Monate oder eventuell auch Jahre bleiben und schließlich weiterziehen würde. Das tat sie immer.

Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite …

Und wenn man sich nicht band, dann konnte man auch nicht verletzt werden, vor allem nicht von Menschen. Ihre wie Nomaden lebenden Eltern und ihre eigene kurze Ehe mit einem Schürzenjäger, Sohn einer der bekanntesten Familien New Yorks, hatten Fee das gelehrt.

Sie liebte die Menschen, wirklich, aber hinter ihrem extrovertierten Wesen steckte auch ein ernüchtertes kleines Mädchen, das glaubte, Beziehungen wären nur vorübergehend. Zu denken, eine Beziehung könnte für immer halten, war verrückt.

Derzeit lebte sie in Manhattan in einer wunderschönen, aber teuren, voll möblierten Wohnung in Chelsea. Die praktische Ader in ihr hasste es, etwas zu mieten, wenn man sich leicht eine Eigentumswohnung leisten konnte, aber Manhattan war kein Ort, an dem sie Wurzeln schlagen wollte. Wenn die Serie endete, dann würde sie weiterziehen, aber im Moment fühlte sie sich dort wohl.

Fee bestimmte, wo es in ihrem Leben langging. Und wenn sie die Fernsehserie nutzte, um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen und ihr Bankkonto zu füllen, dann war es ihre Sache. Sie mochte laut sein, oft etwas wild, dennoch war sie auch pragmatisch und wusste, wie vergänglich alles im Leben war. Und wenn sich ihre Situation änderte – die Serie war jetzt populär, aber morgen konnte das schon ganz anders sein –, dann wollte sie ein finanzielles Polster haben.

Denn wie sie wusste, war es nicht billig, von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt zu ziehen.

Und aus dem Grund nahm sie jede Gelegenheit wahr, ihren beginnenden Ruhm optimal auszunutzen: Erst mit der Linie von Accessoires, die sie designt hatte, wobei sie den berühmten Nachnamen ihres Mannes benutzt hatte. Das Kochbuch, das sie im letzten Jahr geschrieben hatte, stand noch auf der Bestsellerliste. Vielleicht sollte sie noch eins schreiben … oder etwas ganz anderes tun.

Sie würde darüber nachdenken.

„Hast du schon entschieden, welchen Plan du in Royal in Angriff nimmst?“, riss Lulu sie aus ihren Gedanken.

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst“, antwortete Fee.

Lulu verdrehte die Augen. „Erzähl mir nichts, Fee. Ich weiß, dass du diejenige warst, die es übernommen hat, die Praktikantin der letzten Saison umzustylen. Und wer hat unseren Lichtregisseur Pete, mit Dave, dem Tontechniker, zusammengebracht? Wer hat das Drehbuch von diesem – wie hieß er noch? – gelesen? Du bist diejenige, die sich um alles kümmert.“

„Ich weiß nicht, ob ich in Royal jemanden finde, der meine Hilfe brauchen könnte. Ich glaube, ich lege hier mal eine Pause ein.“

Lulu lachte. „Das wird ganz sicher nicht passieren.“

„Wieso? Ich kann mich auch zurückhalten!“

„Kannst du nicht“, erwiderte Lulu. „Süße, wir kommen immer in Schwierigkeiten, weil du dich ständig in irgendetwas einmischen musst. Wir sind fast verhaftet worden, als du zwischen diese beiden Raufbolde im Nero’s gegangen bist. Und wir wurden verhaftet, als du in Kentucky dieses misshandelte Pferd … ‚konfisziert‘ hast. Du hast ständig Ärger in den sozialen Medien, weil du für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender eintrittst, für die Rechte von Frauen und Immigranten. Das soll keine Kritik sein, ich bewundere deine Direktheit, aber du musst nicht jeden Kampf kämpfen, Süße.“

Fee war das alles klar. Aber sie wusste auch, wie es war, niemanden zu haben, der für einen kämpfte und auf den man sich verlassen konnte. Sie wusste, wie es war, sich unsichtbar zu fühlen, und wie es sich anfühlte – wenn sie mal aus ihrem Schatten trat –, verspottet und gemobbt zu werden.

Gott, sie hatte viel durchgemacht.

„Ich garantiere dir, dass du ein Projekt finden wirst. Und dann wirst du nicht widerstehen können, dich einzumischen“, sagte Lulu lachend.

„Wollen wir wetten?“, fragte Fee, als sie sich den großen Toren zu Buck Blackwoods Ranch näherten, die jetzt Miranda gehörte.

„Worum?“

„Du gibst mir das Rezept von Miss Annies Brathähnchen für mein nächstes Kochbuch, falls ich noch eins schreibe.“ Seit sie bei einem Abendessen vor fünf Jahren das erste Mal das extra knusprige Hähnchen gegessen hatte, versuchte sie, Lulu das Rezept von ihrer Großmutter zu entlocken.

„Ihr Geist wird mich heimsuchen.“ Lulu legte die Hand an die Brust. „Ich kann nicht. So wie du nicht aufhören kannst, dich einzumischen …“

„Ich kann es. Und das weißt du, sonst würdest du nicht zögern …“

Lulu sah Fee von der Seite an, als sie sich einer Ansammlung von Gebäuden näherten, die wie die Hollywood-Vision einer Ranch aussahen. Ein weitläufiges Herrenhaus, Gästehäuser, riesige Scheunen. Auch wenn sie das Anwesen schon einmal besucht hatten, so war der Anblick immer noch atemberaubend.

„Da ist der Kleinbus der Crew.“ Lulu deutete auf eine entfernt gelegene Scheune, und Fee drückte das Gaspedal durch, als sie an dem imposanten Haupthaus vorbeifuhr.

„Was kann denn da unten bei den Scheunen so interessant sein?“, überlegte Fee.

„Das.“

Fee folgte Lulus Fingerzeig … Teufel auch! Ein Mann, der auf einer kreisförmigen Bahn galoppierte, sollte eigentlich keine Überraschung darstellen. Aber was für ein Mann, und was für ein Pferd. Fee kannte sich mit Pferden nicht aus – das schwarz-weiß gescheckte Pferd könnte ein Hengst sein –, aber sie kannte sich mit Männern aus.

Und dieser Cowboy war ein Wahnsinnskerl. Breite Schultern, muskulöse Oberschenkel, Bizeps, über denen sich die Ärmel seines verwaschenen T-Shirts spannten. Sie konnte seine Haarfarbe und Gesichtszüge nicht erkennen, der Stetson verhinderte es, aber sein Körper war einfach umwerfend. Kraftvoll.

Heiß, heiß, heiß …

Er kam ihr irgendwie bekannt vor. Woher nur?

Fee nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ den Wagen dorthin rollen, wo die anderen Wagen parkten – der Kleinbus der Crew, ein ramponierter Truck und ein schicker SUV. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Pferd und dem Reiter, die in perfektem Einklang schienen. Der Mann schien sein Publikum nicht zu bemerken: andere Cowboys, die auf einem Zaun saßen, Miranda, Rafaela und Zooey, die an den Zaun gelehnt standen und fasziniert den Reiter beobachteten.

Um Gottes willen, er ritt direkt auf den Zaun zu. Entweder würden Pferd und Reiter ihn durchbrechen, oder sie mussten zum Sprung ansetzen, denn der Reiter würde das Pferd nicht rechtzeitig stoppen können.

Fee ließ das Lenkrad los und schlug die Hände vor den Mund, völlig gefangen von dem Drama im Paddock. Sie wollte gerade eine Warnung schreien, als der Reiter an den Zügeln riss, und der Hengst sofort abbremste und nur wenige Zentimeter vom Zaun entfernt zum Stehen kam.

Hier kam es zu keiner Kollision, doch eine andere nahm ihren Lauf, als Fees sehr teurer Leihwagen, ein Audi Cabrio, gegen den ramponierten Truck stieß.

Lulu schrie auf. Die Sicherheitsgurte fingen sie auf, aber Metall kratzte an Metall, und Rauch stieg auf, als die Motorhaube mit dem Heck des verrosteten Trucks zusammenstieß.

„Alles okay?“, fragte Fee und sah zu Lulu hinüber.

„Nichts passiert“, erwiderte Lulu. „Dein Wagen ist jedoch hinüber … die Motorhaube ist völlig eingedrückt.“

„Das sehe ich.“ Fee nickte und löste ihren Sicherheitsgurt. „Wie kommt es, dass immer diese Schrottkarren, die keiner braucht, den geringsten Schaden erleiden?“

„Diese Schrottkarre ist ein 72er Chevy Pick-up, den ich gerade restauriere.“

Fee drehte den Kopf nach rechts und sah kräftige Beine in verwaschenen Jeans direkt vor sich.

Große, starke Hände lagen an den Hüften, die gebräunten Arme waren mit blondem Haar bedeckt. Das rote T-Shirt war verwaschen, aber die Brust darunter war breit, und die Bizepse waren zum Anbeißen. Sein Pferd – Waren sie über den Zaun gesprungen, dass sie so schnell bei ihr waren? – legte die Schnauze auf die Schulter des Cowboys, doch weder sie noch der Cowboy ließen sich davon ablenken.

Fee konzentrierte sich weiterhin auf ihn, völlig verzückt von seinen markanten Gesichtszügen, den blonden Bartstoppeln, den schmalen Lippen, der langen, geraden Nase. Sie war sich jetzt sicher, dass sie diesen Cowboy schon einmal gesehen hatte, hier auf Blackwood Hollow vor ein paar Tagen. Aber sie konnte sich nicht an seinen Namen erinnern. Vermutlich hatte sein heißer Anblick die meisten ihrer Gehirnzellen zum Schmelzen gebracht.

Sie wollte seine Augen sehen. Nein, sie musste sie sehen. Spontan stellte sie sich auf ihren Sitz.

Gott, war er groß. Fee schob seinen Stetson mit dem Finger hoch und sah in die tiefsten, traurigsten, grün-goldenen Augen.

Strenge Augen, verärgerte Augen und sehr, sehr traurige Augen.

Fee wusste nicht, was sie lieber tun wollte. Ihn umarmen oder über ihn herfallen.

Clint Rockwell war kein Mann großer Worte, aber wenn Buck Blackwood auf magische Weise wieder auferstanden wäre, so hätte Clint seinem Freund einiges an den Kopf zu werfen. Was zum Teufel hatte er sich dabei gedacht, ihn zu bitten, sich nach seinem Tod weiter um das Anwesen zu kümmern?

Seit Bucks Beerdigung kam Clint ein paarmal pro Woche nach Blackwood Hollow, um die Arbeiter zu überwachen und um Bucks wildes Pferd Jack zu trainieren.

Er und Jack gewöhnten sich langsam aneinander und machten Fortschritte. Clint legte die Hand an Jacks Kopf.

Tiere waren cool, Menschen waren es nicht.

Menschen verletzten Menschen – und manchmal Dinge, wie in diesem Fall seinen Pick-up. Clint begutachtete den Schaden an seinem Wagen. Der Schaden an dem Cabrio interessierte ihn nicht, von diesen Wagen gab es viele, aber sein Pick-up war ein Oldtimer und viel wert.

Hey, Rock, wenn ich es nicht schaffe, dann mach meinen Truck für mich fertig. Nur Originalteile, Mann, gold- und cremefarben.

Du wirst es schaffen, denn wenn nicht, dann werde ich ihn pink und weiß lackieren, hatte Clint erwidert und die Hand auf das Loch in der Brust seines Freundes Tim gedrückt, um die starke Blutung zu stillen.

Sie hatten beide gewusst, dass Clints Optimismus nicht angebracht war, dass Tim Blutkonserven und einen Chirurgen brauchte, und dass er keine Zeit mehr hatte.

Mein Geist wird dich heimsuchen, wenn du etwas Blödes mit meinem Baby machst, hatte Tim gemurmelt.

Verdammt, Clint schlief sowieso nicht mehr richtig, also konnte Tims Geist gern nachts auf einen Plausch vorbeikommen. Seine Kumpel bei der Armee waren die einzigen Menschen, mit denen er gern eine längere Zeit zusammen war, die einzigen Menschen auf der Erde, die ihn verstanden. Sie hatten gesehen, was er gesehen hatte. Männer, Freunde waren in die Luft geflogen und Frauen und Kinder gestorben. Gebäude waren verwüstet und Leben zerstört worden.

Sie verstanden ihn.

Zivilisten nicht.

Oh, die Menschen in dieser Stadt versuchten es, sicher. Kein Mann mit seinem Geld und Besitz musste einsam sein, wenn er es nicht wollte. Aber er wollte es. Die Tage bei der Armee lagen hinter ihm, und er war jetzt Rancher und Unternehmer in der Ölbranche. Mehr Rancher als Unternehmer, um ehrlich zu sein. Sein Land und seine Tiere waren das, was für ihn zählte.

Clint schüttelte die Gedanken ab und richtete sich auf, wobei er sein Gewicht automatisch auf das gute Bein verlagerte. Er musste damit aufhören. Er musste anfangen, seine Prothese als normales Bein zu benutzen, aber, verdammt, es war hart. Die Truppe zu verlassen, war hart gewesen. Ein Bein zu verlieren, hatte ihn fast umgebracht. Und gezwungen zu sein, mit normalen Menschen zurechtzukommen, mit Zivilisten, war das Tüpfelchen auf dem scheiß i gewesen.

Clint drehte sich um und fluchte, als er merkte, dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Schnell nahm er die hervorstechendsten Details auf. Da er immer noch die Fahrerin des Cabrios ignorierte – er war noch nicht bereit, sich mit ihr auseinanderzusetzen –, widmete er seine Aufmerksamkeit der Beifahrerin, die bereits ausgestiegen war. Sie hatte glänzendes, schwarzes Haar und dunkle Augen und stand bei Miranda Dupree, Bucks Ex-Frau. Außerdem war da noch eine schöne Frau mit frischem Teint und eine italienische Sexbombe, die ihn an eine der Lieblingsschauspielerinnen seines Großvaters erinnerte, Sophia Loren.

Die vier Frauen musterten ihn mit lebhaftem Interesse. Sie wirkten so fehl am Platz, wie er auf einem Catwalk deplatziert wirken würde. Ihre High Heels versanken im Gras, eine Designer-Sonnenbrille verdeckte ihre Augen.

Die Arbeiter auf der Blackwood Ranch konnten den Blick nicht von ihnen lassen …

Mit strenger Stimme befahl er ihnen, wieder an die Arbeit zu gehen. Die Männer sprangen vom Zaun und schlenderten davon, nicht ohne den New Yorkerinnen noch bewundernde Blicke zuzuwerfen.

Das nächste Problem war, die ineinander verkeilten Autos voneinander zu lösen, damit er den Schaden an Tims Truck genau einschätzen konnte. Aber zuerst musste er sich um Jack kümmern. Erst die Tiere, dann die Gegenstände.

Clint rief einen der Arbeiter, und als dieser zu ihm gejoggt kam, reichte Clint ihm Jacks Zügel. „Kannst du ihn für mich abkühlen und dann bürsten?“

„Klar, Boss.“

Clint korrigierte ihn nicht, denn Buck hatte ihn zum vorübergehenden Boss bestimmt. Und Menschen herumzukommandieren, war nicht neu für ihn. Er war Eigentümer und Betreiber der Rockwell Ranch, seit er achtzehn Jahre alt war. Außerdem war er ein Lieutenant bei der Delta Force gewesen. Trotz ihres enormen Reichtums, dank der Viehzucht und des Geschäftssinnes seiner Familie und großer Ölvorkommen, hatte der Dienst in der Armee Tradition bei ihnen.

Sein Urgroßvater war 1917 in Frankreich gewesen, und sein Großvater hatte gegen die Japaner auf den Philippinen gekämpft. Sein Vater war zwei Jahre beim Militär gewesen, hatte aber nie einen Einsatz gehabt. Sein Dad hatte sowieso nicht viel erlebt. Er war bereits kurz vor Clints fünftem Geburtstag gestorben.

Jedenfalls war es das Natürlichste der Welt gewesen, dass auch Clint zur Armee ging, und natürlich wurde er einer der Besten von den Besten.

Jack trat auf seinen Fuß – verdammtes Pferd –, und Clint reagierte nicht. Wenn er allein gewesen wäre, hätte er Jack gesagt, dass sein Bein oberhalb des Knies amputiert war, und dass er den Schmerz nicht spürte, aber es waren Menschen da. Er sprach nie über seine Prothese.

Hauptsächlich, weil er auf Mitleid allergisch reagierte und Angst hatte, die Menschen könnten ihn für schwach halten. Er war vielleicht nur noch halb der Mann, der er mal gewesen war, aber er würde eher sterben, als sich von Menschen verhätscheln zu lassen.

Er brauchte niemanden und nichts … nicht mehr. Aber er musste diesen verdammten Wagen bewegen.

„Hören Sie, es tut mir leid. Ich war abgelenkt.“

Sie klingt nicht so, als täte es ihr wirklich leid, dachte Clint. Eher defensiv. Die Fahrerin saß jetzt auf der Lehne des Sitzes, die brandneuen Cowboystiefel auf dem weißen Leder. Langsam ließ Clint seinen Blick höher wandern. Da die erste Wut verflogen war – er war immer noch sauer, hatte sich aber im Griff –, konnte er Einzelheiten aufnehmen.

Meine Fresse …

Schlanke Beine in hautengen Jeans, kurvige Hüften und eine Taille, die er sicherlich mit seinen Händen umfassen könnte. Sie trug eine zarte Button-down-Bluse mit Spitze und einen Haufen flippiger Halsketten. Zwei dicke Zöpfe, oben dunkelbraun und heller an den Enden, ruhten auf wunderschönen Brüsten.

Er hob den Blick zu ihrem Gesicht und bekam einen trockenen Mund. Ja, sie hatte einen großartigen Körper, aber ihr Gesicht war einfach wunderschön. Ein trotziges Kinn, ein Mund, der wie zum Küssen gemacht war, hohe Wangenknochen und fröhliche, schelmisch blickende Augen, dunkelbraun, umrahmt von langen Wimpern und gepflegten, frech geschwungenen Augenbrauen.

Ein Stetson-Strohhut bedeckte ihren Kopf.

Sie mochte winzig sein, aber Clint ahnte, dass jeder Zentimeter Ärger bedeutete.

„Aussteigen.“

Sie neigte den Kopf und lächelte. „Nein.“

Okay, zugegeben, er hatte in letzter Zeit nicht viel mit anderen Menschen zu tun gehabt, aber wenn er seine besonders strenge Stimme benutzte, dann kamen sie üblicherweise sofort seinem Wunsch nach. „Was?“

„Sagen Sie bitte.“

Clint starrte sie an, unsicher, ob er richtig gehört hatte. Er schüttelte den Kopf und versuchte es noch einmal. „Aussteigen, Lady.“

Ihr Lächeln wurde süßer. Und tödlicher. „Nein.“

Was zum Teufel …?

„Haben Sie schon mal die Worte ‚bitte‘ und ‚danke‘ gehört?“, fragte sie.

Sie wollte ihm Manieren beibringen? Sie hatte seinen Truck verbeult, hatte die Restaurationsarbeiten vermutlich um Monate zurückgeworfen, hatte sich kaum entschuldigt und besaß dann die Frechheit, ihm schlechte Manieren vorzuwerfen?

Clint war so wütend, dass er nicht zu sprechen wagte. Stattdessen wählte er die einfachere Möglichkeit. Er trat an den Wagen, schob einen Arm unter ihre Knie, den anderen legte er um ihren schmalen Rücken und hob sie von ihrem Thron.

Doch anstatt sie auf den Boden zu stellen, hielt er sie an seine Brust gepresst und kämpfte gegen die Welle der Lust an, die ihn auf einmal durchströmte. Es erregte ihn, den duftenden Körper einer Frau zu spüren, ihre wohlgerundeten Hüften, ihre weichen Brüste. Ihr frischer Atem, die Überraschung in diesen dunklen Augen.

Sinnliche, sexy Lippen, die er gerne schmecken wollte …

Gott, er brauchte Sex. Es war eine Weile her. Auch etwas, das sich geändert hatte, als er sein Bein verlor. Er hasste Mitleid, doch die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass normale Frauen, die nicht hinter dem Geld eines Mannes her waren, nicht verrückt nach einem Mann waren, der nur ein Bein hatte und unzählige Narben. Seine Freundin zumindest war es nicht gewesen.

„Das ist gemütlich“, schnurrte sie und wirkte so entspannt, als läge sie ausgestreckt auf einer Liege am Pool, eine Margarita in der Hand.

Gab es überhaupt irgendetwas, was sie aus der Fassung brachte?

Er wollte es herausfinden und lockerte seinen Griff. Sie rutschte ein paar Zentimeter nach unten, bevor er sie wieder auffing. Statt aufzuschreien, schlang sie die Arme noch fester um seinen Hals, und ihre Augen, die die Farbe seiner Lieblingsschokolade hatten, blickten in seine. „Sie würden mich nicht fallen lassen.“

„Sicher?“ Er wusste, dass hinter ihm ein locker gepackter Heuballen lag, also wirbelte er herum und ließ sie los. In ihrem Gesicht spiegelten sich Schrecken und Verärgerung wider, als sie sich darauf gefasst machte, hart auf dem Boden aufzuprallen. Als ihr hübscher Po im Heu landete, riss sie die Augen auf, und ihr komischer Gesichtsausdruck ließ ihn fast lächeln.

Doch er tat es nicht. Weil er schon lange nicht mehr lächelte.

Er wandte den Blick von diesem unechten Cowgirl ab und sprang in das Cabrio, startete den Motor und löste die Bremse. Er legte den Rückwärtsgang ein, fuhr langsam von seinem Pick-up weg und starrte auf das Armaturenbrett. Mehrere Lichter blinkten warnend auf. Wasser-, Öl- und Temperaturanzeigen spielten verrückt. Ja, sie würde so schnell nirgendwohin fahren.

Nicht sein Problem.

Clint stellte den Motor ab und stieg aus. Ohne auf die Frau zu achten, die versuchte, aus dem Heuballen herauszukommen, trat er zu seinem Pick-up. Es war nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte. Die Ladeklappe war ramponiert, aber er war sicher, dass er eine neue finden würde. Die Scheinwerfer waren kaputt, doch er kannte jemanden, der Ersatz hatte. Es würde ihn einiges kosten, aber er konnte es sich leisten, den Schaden zu bezahlen.

Eigentlich sollte er den Zwerg dazu bringen, die Kosten zu übernehmen. Ihrem Brillantring und den großen Brillantohrringen nach zu urteilen, konnte sie es sich leisten, die Rechnung aus der Portokasse zu bezahlen, statt ihn zu zwingen, mit seiner Versicherung zu feilschen.

Er warf ihr einen Blick über die Schulter zu. „Ich erwarte, dass Sie die Reparatur bezahlen. Zwanzig Riesen sollten reichen.“ Zwanzigtausend war zehnmal so viel, wie er brauchte, doch er fand, dass sie ihn für die Unannehmlichkeiten entschädigen konnte. „Ich will nicht auf die Versicherung warten, also geben Sie mir das Geld, und holen Sie es sich von der Versicherung wieder.“

Sie schob ihren Cowboyhut hoch und starrte ihn an. „Wie bitte?“

„Ich will zwanzig Riesen. Vorzugsweise in bar.“

Ihr Blick wurde hart. „Sind Sie verrückt geworden? Das werde ich auf keinen Fall zahlen. Dafür bekommen Sie locker einen neuen Truck.“

Sicher, aber könnte er einen kaum gefahrenen 72er Chevy Pick-up mit Originalmotor, Originalsitzen und sonstiger Originalausstattung kaufen? Unwahrscheinlich.

„Sie finden mich auf der Rockwell Ranch. Zwingen Sie mich nicht, nach Ihnen zu suchen“, warnte Clint, als er um seinen Truck herum zur Fahrertür ging. Er umklammerte das Lenkrad und zog sich hoch, wobei er mit der Kraft seines Oberkörpers die des fehlenden Beins kompensierte. Er schloss die Tür, legte den Arm auf die Fensteröffnung und stellte überrascht fest, dass sie ihn immer noch unerschrocken anstarrte. Die meisten Menschen schreckten sein harter Gesichtsausdruck, die schroffe Stimme und seine wortkarge Art ab.

Statt aber verängstigt zu sein, stapfte sie zu ihm. In ihren Zöpfen steckte noch Stroh. Da er gespannt war, was sie tun oder sagen würde, hielt er ihrem wütenden Blick stand.

„Sie brauchen eine Lektion in Sachen Manieren.“

„Vermutlich. Ich brauche auch Sex. Bieten Sie mir den auch?“

Statt rot zu werden oder die Hände abwehrend in die Luft zu werfen, kniff sie die Augen zusammen. „Im Leben nicht, Cowboy. Was glauben Sie eigentlich …?“

„Wie heißen Sie?“, unterbrach er sie.

„Fee … Seraphina Martinez.“

Fee passte zu ihr. Seraphina nicht.

Und dieser Mund. Er war frech und sinnlich und für Sex wie geschaffen. Reden? Nicht so sehr.

„Kommen Sie mit dem Geld auf meine Ranch – lassen Sie mich nicht erst nach Ihnen suchen“, sagte Clint und dachte, dass er besser fuhr, bevor er etwas Dummes tat, wie zum Beispiel die Tirade, die offensichtlich kommen würde, mit einem Kuss zu unterbrechen.

„Die Ranch ist zehn Meilen die Straße hinunter. Sie werden die Tore sehen.“ Clint ließ den Motor an und legte die Hand auf den Schaltknüppel. Mit zwei Fingern tippte er an seinen Stetson. „Ma’am“, sagte er, um sie zu ärgern.

Verärgerung und Frust funkelten in ihren Augen. „Sagen Sie nicht Ma’am zu mir! Ich sollte Ihnen wirklich Benehmen beibringen.“

Zum Teufel, wenn sie unter ihm lag, nackt, dann würde er alles lernen, was sie ihm beibringen wollte. Es reicht jetzt, Rock, fahr endlich.

„Süße, ich hab’s nicht so mit Menschen, also habe ich es auch nicht so mit Manieren. Ich brauche einfach meine zwanzig Riesen.“

„Darauf können sie lange warten“, murmelte Fee.

Clint sah wieder auf ihren Mund und kämpfte gegen den Drang an auszusteigen, sie in seine Arme zu ziehen und ihre Lippen zu schmecken. Ihren süßen Duft einzuatmen und sie gegen seine – er blickte an sich hinab – steinharte Erektion zu drücken.

Über das Brummen des Motors hinweg hörte er eine der Frauen nach dem unechten Cowgirl rufen. „Dein nächstes Projekt, Fee?“

Fee sah ihn an, und ihr Lächeln jagte einen kalten Schauer über seinen Rücken. „Weißt du was? Ich glaube, ja.“

Was zum Teufel meinte sie damit?

Zeit zu gehen.

Clint legte den Rückwärtsgang ein, wobei ihm bewusst war, dass die New Yorkerinnen ihn immer noch anstarrten. Doch er wollte nur die Brünette mit dem frechen Mundwerk und den verführerischen Kurven im Rückspiegel sehen. Sie war verdammt sexy, und er hatte gemerkt, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Er war ja kein Idiot.

Clint bretterte die Einfahrt entlang und warf seinen Stetson auf den Beifahrersitz. Er hatte gesehen, wie sie ihn gemustert hatte und vermutete, dass ihr gefiel, was sie gesehen hatte. Er hatte verdammt hart gearbeitet, um einen muskulösen Oberkörper zu bekommen. Frauen mochten seine obere Hälfte, aber seine untere Hälfte bereitete ihm Probleme.

Verdammt, die beiden wichtigsten Frauen – seine Mom und seine Freundin –, die er je geliebt hatte, hatten sich mit seiner Behinderung nicht abfinden können.

Erinnerungen kehrten zurück. Nach seiner Rückkehr aus Afghanistan hatte er einige Monate im Krankenhaus verbracht, um sich von der Amputation zu erholen. Nach seiner Rückkehr auf die Ranch hatte er weitere Monate im Bett verbracht. Schlafend und rauchend und trinkend.

Carla, seine langjährige Freundin, war sofort bei ihm eingezogen, um sich um ihn zu kümmern. Es spielte keine Rolle, dass er es sich leisten konnte, Krankenschwestern, Ärzte und Physiotherapeuten zu engagieren. Der Reichtum der Familie ermöglichte ihm die beste medizinische Versorgung, aber Carla ließ nur wenige Menschen zu ihm.

Als seine depressive Phase endlich abklang, merkte er, dass er den schwabbeligen, aufgedunsenen, ungesund aussehenden Mann nicht mochte, den er im Spiegel erblickte. Er war immer ein Fitnessfanatiker gewesen, und weil er es leid war, sich krank und elend zu fühlen, hatte er zwei Räume in seinem Ranchhaus in hochmoderne Fitnessräume verwandelt.

Als er fitter wurde und geschickter im Umgang mit seiner Prothese, wurde er unabhängiger, und Carla zog sich zurück. Als sein Verlangen nach Sex zurückkehrte, zog sie sich noch weiter zurück. Als er sie schließlich überzeugt hatte, dass er wieder gesund und stark genug für Sex war und seine Prothese abnahm, machte sie sich aus dem Staub.

Und wurde nie wieder gesehen.

Er hatte es wenig erfolgreich mit One-Night-Stands versucht. Eine Frau ging, als sie sein Bein sah, eine andere tat am nächsten Morgen, als hätte sie ihm den größten Gefallen damit getan, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Clint entschied, dass Orgasmen mit Fremden diese Demütigung nicht wert waren.

Es war zwei Jahre her, dass er Sex gehabt hatte, und, ja, er vermisste ihn. Und wenn er eine Frau traf, zu der er sich sofort hingezogen fühlte, so wie zu der Brünetten, dann vermisste er den Sex mehr denn je.

Aber Sex war nur Sex. Er würde nicht sterben, wenn er keinen hatte.

Glaubte er zumindest.

Clint spürte, dass das Handy in seiner Gesäßtasche vibrierte. Er hob seinen Hintern an, um es herauszuziehen. Als er auf das Display schaute, erkannte er die Nummer seiner Mutter.

Die Frau, mit der er nicht mehr sprach.

Clint fragte sich kurz, warum sie oder eher ihr persönlicher Assistent oder sonst ein Lakai anrief. Seit Jahren hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Er hatte seiner Mutter nichts zu sagen. Nicht mehr …

Mila hatte ihn vor der Operation im Krankenhaus besucht, und er war ziemlich überrascht von ihrer Fürsorgebekundung gewesen, denn sie war nie eine fürsorgliche Mutter gewesen.

Als er nach der Amputation zurück in sein Zimmer kam, hatte er sich nicht stark genug gefühlt, sich mit seiner Mutter, einer erfolgreichen Nachrichtensprecherin, zu befassen. Daher tat er so, als stünde er noch unter Narkose, und hoffte, dass sie gehen würde. Die Welt sollte ihn einfach in Ruhe lassen, aber sein Gehör war nicht mit seinem Bein verschwunden, und die leise Unterhaltung zwischen Mila und Greg, ihrem Manager, drang an sein Ohr.

Also, ich bin hier, und er ist noch nicht zu sich gekommen. Was jetzt?

Ich habe arrangiert, dass die Presse ein Foto macht, wenn Sie das Krankenhaus nach einem Besuch bei Ihrem Sohn, dem Kriegshelden, verlassen.

Laut Mila war ihr Aufstieg zu einer der berühmtesten, mächtigsten und angesehensten Frauen in Dallas zu einem großen Teil Gregs Verdienst.

Versuchen Sie, besorgt auszusehen, erschüttert. Und gleichzeitig stolz.

Das wird nicht so einfach werden, hatte Mila gestöhnt. Er ist irgendwie … abstoßend.

Mila, er ist Ihr Sohn, hatte Greg geantwortet und dabei wirklich entsetzt geklungen.

Ich liebe Schönheit und Perfektion. Er war nie perfekt, aber bevor er losgezogen ist, um Krieg zu spielen, war er zumindest schön, hatte Mila erwidert. Gott sei Dank hat er diese Freundin, denn ich bin ganz sicher nicht bereit, seine Krankenschwester zu spielen.

Wow. Ihre Worte hatten wehgetan.

Er war in eine Depression gefallen, die sechs Monate angedauert hatte. Wegen Carla und seiner Mutter hatte er hart daran gearbeitet, der Mensch zu werden, der er vor der Operation gewesen war. Er wollte nie wieder von jemandem abhängig werden, weder in Bezug auf Hilfe, Sex oder sogar Gesellschaft. Carla hatte ihm zu sehr helfen wollen, seine Mutter überhaupt nicht, aber inzwischen war Clint froh, sie beide los zu sein.

Nun war er hauptsächlich darauf bedacht, dass die wenigen Menschen, mit denen er zu tun hatte, nicht seine Verletzung sahen, sondern den Mann, der er wirklich war. Und das ging nicht, wenn er seine Prothese zur Schau stellte, deshalb ließ er nie zu, dass jemand seine Beinprothese sah.

Und wenn der Verzicht auf Sex der Preis war, den er für seine Unabhängigkeit zahlen musste, dann würde er gern damit leben. Nichts war ihm wichtiger als seine Unabhängigkeit. Und sein Stolz.

Aber manchmal, so wie heute, kam eine Frau vorbei, die ihn zum Nachdenken anregte, die Verlangen in ihm weckte. Aber er würde dieser Begierde nicht nachgeben.

Keine Frau war den Ärger wert.

2. KAPITEL

Fee setzte sich an einen Tisch im Royal’s Diner und nickte anerkennend. So sollte ein Diner aussehen. Eingerichtet im Stil der Fünfzigerjahre, mit rotem Kunstleder und schwarz-weißem Linoleumboden in Schachbrettoptik. Der richtige Ort für Klatsch und Tratsch.

Ihr gefiel Royal in Texas. Der Ort war alles, was New York City nicht war – ein entschleunigter Ort mit Platz zum Atmen.

Dadurch, dass sie mit ihren Eltern von Stadt zu Stadt gezogen war, hatte Fee die Fähigkeit entwickelt, sofort zu erkennen, ob ihr eine Stadt zusagte oder nicht. Honolulu hatte sie gehasst und Pensacola geschätzt, Tacoma toleriert und Charleston geliebt. Aber irgendetwas an Royal rührte sie besonders an.

Diese kleine Stadt mit ihren breiten, sauberen Straßen und der bunten Mischung aus Menschen und Geschäften war ein Ort, an dem sie sich so entspannt fühlte wie schon lange nicht mehr.

Fee grinste. Wenn sie diese Gedankenreise fortsetzte, dann würde sie bald glauben, sie könnte auf einer Ranch leben und Rinder züchten. Sie schnaubte und schaute auf ihre manikürten Fingernägel und zarten Hände. Solche Gedanken von einer Frau, die glaubte, Fleisch käme aus dem Supermarkt und Eier aus einem Karton?

Der mürrische Clint Rockwell sah aus, als wäre er für so ein Leben geboren. Der Mann war ein verdammt heißer Cowboy. Schade, dass er die Persönlichkeit eines Waschbären hatte. Fee legte die Hand auf die Schachtel, die auf dem Tisch lag, und grinste.

Zwanzigtausend, um einen Haufen Rost zu reparieren? Okay, das war nicht fair, es war ein Oldtimer und vermutlich selten. Aber die Reparatur würde nach ihren Recherchen nicht so viel kosten. Sie wusste, dass sie betrogen wurde. Schließlich war sie nicht blöd.

Sie mochte der Star einer Reality-Show sein, aber sie war ein pragmatischer Star, und sie teilte Geld nicht aus wie Smarties.

Wenn er nicht so ein mieser Typ wäre, dann würde sie ihm vielleicht ein paar Riesen geben, um für die Unannehmlichkeiten aufzukommen, aber der Mann hatte den Begriff Mistkerl auf ein neues Level gehoben. Er musste mal wieder runtergeholt werden.

Fee hörte, wie die Tür des Diners aufschwang und sah Lulu auf sich zukommen. Fee warf einen Schnellhefter auf den Tisch und betrachtete finster das Brettspiel, das sie in dem Spielwarengeschäft am anderen Ende der Straße gekauft hatte. Es war ein Spiel, mit dem Kinder den Umgang mit Geld lernen sollten und, ganz wichtig, die Geldscheine sahen bemerkenswert echt aus.

„Ich bin sicher, wir können in Royal eine andere Beschäftigung finden als ein Brettspiel“, bemerkte Lulu.

Fee grinste. „Ich will nicht mit dir spielen. Ich werde mit jemand anderem spielen.“

„Du willst ihn mit Spielgeld bezahlen?“ Lulu verstand sofort. Das war einer der Gründe, warum sie beste Freunde waren. „Ganz schön clever.“

Fee legte die Hände zusammen, so als würde sie beten, und neigte den Kopf. „Danke. Hast du irgendeine Information über Clint Rockwell ausgraben können?“, fragte sie und zog die Mappe zu sich. „Also ich glaube nicht, dass er einer von Royals führenden Köpfen ist – nicht bei einer Persönlichkeit wie seiner –, aber vielleicht hat er es in die Zeitung geschafft, weil er etwas Dummes getan hat. Ich könnte mir vorstellen, dass er in einer Bar randaliert oder Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens gesammelt hat, vielleicht ist er sogar irgendwo eingebrochen.“

„Du hast eine unglaubliche Fantasie“, stellte Lulu fest und dankte der Kellnerin, als diese ihnen Kaffee anbot.

Fee war sicher, dass Clint Rockwell nicht der nette Junge von nebenan war, nicht der Industrie- und Handelskammer angehörte und auch kein Mitglied des illustren Texas Cattleman’s Club war.

Er war ein Außenseiter, ein Einzelgänger, jemand, der sich von Gruppenevents fernhielt. Jemand Geheimnisvolles, vielleicht Gefährliches …

Fee öffnete die Mappe und blickte auf ein Foto von Rockwell, auf dem er nicht wie ein Rancher aussah. Auf dem Foto war sein kurzes, dunkelblondes Haar von einem braunen Barett bedeckt, das ihn sofort als Army Ranger identifizierte. Er trug eine dunkelblaue Galauniform mit unzähligen Medaillen an der Brust, auch das Purple Heart, das Verwundetenabzeichen der Streitkräfte.

Nun, eines hatte sie richtig erkannt – als Teil des Eliteregiments war er definitiv gefährlich.

Fee wollte gerade das Foto zur Seite schieben, als sie die Kellnerin seufzen hörte. „Es ist so traurig.“

Fee und Lulu sahen sich fragend an. „Was ist so traurig?“, wollte Lulu von der Kellnerin wissen, deren Namensschild verriet, dass sie Julie hieß.

Julie deutete mit ihrer Kaffeekanne auf das Foto. „Clint Rockwell. Armer Kerl.“

Oh, Tratsch! Fee lehnte sich zurück und schenkte der Kellnerin ihre ganze Aufmerksamkeit. „Warum? Was ist mit ihm passiert?“

„Er ist ein Rockwell, also mangelt es ihm nicht an Geld. Wie sein Daddy, sein Großvater und auch sein Urgroßvater ist Clint nicht nur Rancher, sondern auch im Ölgeschäft tätig. Aber er hat seine Ölfelder verpachtet und kümmert sich um seine Ranch. Und er koordiniert die Freiwillige Feuerwehr von Royal.“

Fee schwirrte der Kopf von all den Informationen. Sie hielt eine Hand hoch. „Er ist auch Feuerwehrmann?“

„Ja, anscheinend hat er einen Feuerlöschkurs in Kalifornien gemacht, bevor er in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten ist.“ Julie zog die Augenbrauen zusammen, wirkte ein wenig verwirrt. „Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, sein Daddy starb, als Clint noch klein war, und er und seine Mama reden nicht miteinander.“

Ja, das war traurig. Ihre Eltern mochten sie von Pontius zu Pilatus gezerrt haben, aber jetzt hatten sie sich in Florida niedergelassen, und Fee sah sie gelegentlich. Tatsächlich würde sie in Kürze zu ihnen reisen, um mit ihnen die Weihnachtstage zu verbringen. Sie standen sich nicht super nahe, aber Fee wusste, dass sie von ihren Eltern geliebt wurde.

„Die Rockwells sind eine Institution in Royal, eine Gründerfamilie und wirklich reich.“

„Wie reich?“, fragte Fee, direkt wie immer.

„Extrem reich“, erwiderte Juli.

Und er wollte sie um zwanzig Riesen prellen? Dieser Mistkerl.

„Was können Sie mir sonst noch über ihn erzählen?“, fragte Fee.

„Bei einem Helikopterunfall hat er ein Bein verloren. Deshalb ist ihm das Purple Heart verliehen worden. Sein Bein ist verstümmelt worden. Seine ganze Einheit ist ernsthaft beschädigt worden. Offensichtlich ist der Helikopter auf einem vom Feind kontrollierten Gebiet abgestürzt, und er und noch ein Typ haben die schlimmen Jungs abgewehrt, bis Verstärkung eintraf. Die Hälfte der Einheit hat überlebt, aber Clint hat sein Bein verloren.“

Fee sah Julie verständnislos an. „Er hat sein Bein verloren?“ Ihr war aufgefallen, dass er leicht hinkte, wäre aber nie auf die Idee gekommen, dass er eine Prothese trug.

Julie nickte. „Ja. Deshalb hat er die Armee verlassen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Seit seiner Rückkehr führt er ein Einsiedlerleben.“

Jemand rief nach Julie. „Entschuldigung, ich muss gehen.“

Fee sah zu Lulu, die ebenso ungläubig dreinblickte. „Er ist behindert?“

„Den Eindruck hat er auf mich nicht gemacht“, erwiderte Fee. „Ich hätte nie gedacht …“

„Wahnsinn.“ Lulu legte die Hand an ihr Herz. „Heiß, tapfer und sexy – ein Mann zum Verlieben.“

Fee verspürte einen Hauch von Eifersucht und verdrehte die Augen. Was war nur mit ihr los? Sie schloss die Mappe. Warum hatte sie eigentlich etwas über ihn recherchieren lassen, wenn man bei einer Tasse Kaffee alle Informationen bekommen konnte?

Änderte diese Information etwas? Sie hatte wie jeder andere eine Schwäche für Kriegshelden, und sie hatte eine Menge Fragen. Warum war er ein Einzelgänger? Wie hatte er es geschafft, mit einer Beinprothese ein solcher Reiter zu werden? Warum wollte er zwanzig Riesen von ihr, wenn er sowieso reich war? Aber vor allem musste sie entscheiden, ob dies ihren Plan änderte.

Wenn er sein Bein nicht verloren hätte, dann würde sie nicht zögern, ihm das Spielgeld vor die Füße zu werfen. Aber sollte die Tatsache, dass er eine Prothese trug, sie wirklich davon abhalten? Ihn schonend zu behandeln, weil er ein Bein verloren hatte, war extrem beleidigend. Er hatte bereits bewiesen, dass er mit mehr als nur ihr fertig wurde. Mit Bein oder ohne – der Typ musste ein paar Manieren lernen.

„Du wirst es trotzdem tun.“ Lulu klang resigniert.

„Natürlich.“

„Er hat eine ziemlich einschüchternde Art, Fee.“ Sorge schwang in Lulus Stimme mit. „Ich weiß nicht, ob du wirklich allein zu seiner Ranch fahren solltest.“

Fee schüttelte instinktiv den Kopf. „Er wird mir nichts tun, Lu. Er hat vielleicht ein loses Mundwerk, aber er würde nie die Hand gegen mich erheben.“

„Woher willst du das wissen?“

„Das sagt mir mein Bauchgefühl. Er ist nicht gefährlich, nur traurig und verbittert. Aber er wird mir nicht wehtun.“ Fee seufzte. „Es tut mir wirklich leid, dass er ein Bein verloren hat, aber das gibt ihm nicht das Recht, sich wie ein Arsch zu benehmen.“

„Oh, ich kenne dich, Seraphina Martinez – und ich weiß, worum es hier wirklich geht. Sicher, dieser Mangel an Manieren und seine Unhöflichkeit ärgern dich, aber du siehst ihn auch als Herausforderung an. Du willst wissen, ob du diejenige sein kannst, die zu ihm durchdringt und ihn geselliger macht.“

Fee vermied den Blickkontakt und wartete darauf, dass Lulu das Thema fallen ließ. Doch den Gefallen tat ihre Freundin ihr nicht.

„Ich glaube nicht, dass es ihm gefallen wird, eins deiner ‚Projekte‘ zu sein. Wenn er Freunde haben wollte, dann würde er sie sich suchen. Du musst dich nicht um jeden kümmern.“

„Tue ich das wirklich?“

„Du weißt, dass du das tust. Es liegt dir in den Genen. Dieser Mann ist Kriegsveteran, und du hast eine Schwäche für Soldaten, weil du auf einer Armeebasis aufgewachsen bist. Hinzu kommen Heldentum und Verwundung, und schon willst du ihn in Watte packen.“

„Ich will ihn eher aus der Watte rausholen und vernaschen“, gestand Fee. Sie zog eine Grimasse und zwang sich, es auszusprechen. „Ich fühle mich unglaublich zu ihm hingezogen, Lu.“

„Welche Frau nicht“, erwiderte Lulu. „Und das ist okay. Auch wenn du nicht der Typ für One-Night-Stands oder kurze Affären bist, wenn du mit ihm schlafen willst, dann tu es. Aber versuch nicht, ihn zu ändern. Wenn er allein sein will, dann ist das sein gutes Recht.“

Lulu nahm ihre Hand und fuhr fort: „Ich weiß, du würdest dich vielleicht besser fühlen, wenn du ihn ändern könntest, aber es geht hier nicht um dich, sondern um ihn.“

Lulus Worte trafen sie hart. Sie starrte auf die Mappe. Sie fühlte sich immer gut, wenn sie es geschafft hatte, die Probleme anderer zu lösen. Aber Lulu hatte recht. Dies war kein Umstyling, auch kein Blind Date oder ein gerettetes Pferd. Dies war ein Mann mit Stolz, Ehre und Disziplin, der seinem Land gedient hatte. Er hatte hart trainiert, viel geopfert, gesehen und Situationen erlebt, in die niemand geraten sollte, und sie hatte kein Recht, ein Urteil über sein Leben zu fällen. Oder anzunehmen, sie wüsste, was am besten für ihn war.

Fee holte tief Luft und begegnete Lulus Blick. „Okay.“

„Okay … was?“

„Okay, ich werde nicht versuchen, ihn aus seiner Einsamkeit zu holen“, erklärte Fee. „Aber ich werde ihn wegen seines Mangels an Manieren zurechtweisen. Du kannst Einsiedler sein, ohne ein Arschloch zu sein.“

Lulu schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und stöhnte. „Willst du ihm immer noch das Spielgeld geben?“

Fee nickte. „Verdammt richtig, das werde ich.“

„Wirst du mit ihm schlafen?“

Die Versuchung war groß, das konnte sie nicht leugnen. Fee zuckte mit den Achseln. „Ich sollte lieber nicht darüber nachdenken …“

„Aber?“

„Aber wenn er mich fragt, dann tue ich es vielleicht.“

Clint hasste Überraschungsbesuch, denn er wollte nicht ohne seine Prothese oder mit Gehhilfen erwischt werden. Deshalb hatte er überall auf der Ranch Kameras installiert, die eine Warnung auf seinem Handy auslösten, sobald sich jemand näherte. Er zog sein Handy aus der Gesäßtasche, öffnete die App, die ihn mit den Kameras verband und sah einen roten Sportwagen seine Einfahrt hinaufrasen.

Sie war zurück.

Clint, der gerade eine Stute mit Koliken bewegte, rief nach Darren. „Kannst du Belle für mich weiterbewegen?“

„LT, ich habe keine Erfahrung mit Pferden und dies ist, wie ich gehört habe, eins deiner besten.“

Clint lächelte bei dem vertrauten Spitznamen für „Lieutenant“. „Du sollst nur mit ihr herumlaufen, Darren. Und wir sind jetzt Zivilisten – du kannst mich Clint nennen. Wenn du Probleme bekommst oder meinst, irgendetwas stimmt nicht, dann ruf einfach nach Brad. Er wird dich hören und übernehmen.“

Brad, sein Vorarbeiter, war nicht immer einverstanden mit Clints Politik, arbeitslose Veteranen zu beschäftigen, statt erfahrene Arbeiter einzustellen. Aber Clint war der Meinung, dass man zum Ausmisten von Ställen oder Reparieren von Zäunen keine Erfahrung benötigte. Die Ranch brauchte Menschen, die arbeitswillig waren, und es gab so viele Veteranen, die Arbeit suchten.

Aus eigener Erfahrung wusste er außerdem, dass die Arbeit unter freiem Himmel, frische Luft und Tiere halfen, mit den Erinnerungen an den Krieg fertig zu werden.

„Ich bin so schnell wie möglich zurück.“

Darren nickte, nahm die Zügel und führte das Pferd zum Eingang des Stalles. Clint setzte sich auf sein Geländemotorrad und gab Gas. Er erreichte das Haupthaus im selben Moment wie sie.

Gleichzeitig schalteten sie die Motoren aus. Clint legte die Unterarme auf das Lenkrad seines Motorrades und beobachtete sie durch seine dunkle Brille hindurch. Die Sonne ging schon unter, und er könnte die Brille und auch seinen Stetson abnehmen, doch sie boten einen Schutz, den er unbedingt brauchte …

Auf keinen Fall sollte sie merken, wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte, und dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als mit ihr ins Haus zu gehen, sie auszuziehen und mit ihr zu schlafen.

Clint sah, wie sie eine teure Designer-Sonnenbrille ins Haar schob. Sie war heute weniger geschminkt als gestern. Ihre Lippen schimmerten hellrosa statt knallrot. Der Pullover in Cranberry-Rot passte gut zu ihrer hellen Haut und den strahlenden dunklen Augen.

Gott, sie war heiß. Aber er konnte sie nicht ins Haus einladen. Erstens lehnten seine Gehhilfen an der Wand in der Diele, und zweitens war er nicht sicher, ob er ihr widerstehen könnte.

Fee öffnete die Tür ihres Leihwagens und stieg aus. Ihre schlanken Beine steckten in engen Jeans und flachen, kniehohen Stiefeln. Der Pullover schmiegte sich um ihre Brüste und Hüften, und Clint merkte, dass er einen trockenen Mund bekam.

Er war in Häuser voller Terroristen gestürmt, war einem somalischen Kriegsherrn entgegengetreten und hatte seine Männer beschützt, als sie nach dem Absturz auf einen Rettungshubschrauber warteten, doch er hatte nie so einen trockenen Mund gehabt.

Aber diese Frau mit ihrem schwarz-braunen Haar und den ausdrucksvollen Augen schaffte etwas, was ein Dutzend lebensgefährliche Situationen nicht geschafft hatten … Es machte ihm Angst, und diese Angst machte ihn noch nörglerischer.

„Haben Sie mein Geld?“, fragte er.

„Hallo, Fee, wie geht es Ihnen? Haben Sie gut hierher gefunden?“ Sie sprach im Singsang und machte ihn damit wieder auf seinen Mangel an Manieren aufmerksam.

Pech. Er hatte nicht die Zeit und Energie, sich von der netten Seite zu zeigen. Er wollte einfach, dass sie verschwand, bevor er einen dummen Vorschlag machte wie: „Lass uns ins Bett gehen.“

Denn die Katastrophe wäre vorprogrammiert. Er würde ihr erklären müssen, dass ihm ein Bein fehlte. Falls sie sich nicht sofort aus dem Staub machte, würde er dann abwarten müssen, ob sie mit seinem Stumpf und den Narben würde umgehen können.

Was für ein Spaß …

Nein, es war ein Spiel, das er besser nicht spielte.

„Sie verschwenden meine Zeit, Martinez“, warnte Clint. Er stieg von seinem Motorrad und steckte die Schlüssel ein. An der Treppe, die zur Veranda und zur Haustür führte, wartete er auf sie. Er würde sie nicht ins Haus einladen, aber sie könnten zumindest aus der Sonne gehen.

Statt ihm zu folgen, legte Fee den Kopf in den Nacken, um das Haus anzusehen.

„Mir gefällt Ihr Haus“, sagte sie, und er runzelte die Stirn über die Überraschung in ihrer Stimme. „Es ist groß wie alles in Texas, aber es ist nicht protzig. Ich mag keine protzigen Dinge.“

„Sagt die Frau, die den nächsten schnellen, teuren Sportwagen fährt“, knurrte er.

Fee blickte zurück auf den Wagen, und ihr heiseres Lachen überraschte ihn. „Der Punkt geht an Sie. Aber ich bin ein echter Autofreak und kann leider nicht so oft fahren, wie ich gern möchte.“

„Ich bin sicher, die New Yorker danken dem Himmel dafür, denn Sie haben einen Bleifuß“, bemerkte Clint. „Wie haben Sie es geschafft, dass Ihnen die Autovermietung nach dem Unfall gestern ein weiteres schnelles Auto anvertraut hat?“

„Ich habe mich entschuldigt und nett um ein neues Auto gebeten“, erwiderte Fee.

„Bei mir haben Sie sich nicht entschuldigt“, stellte Clint fest.

„Ich habe es versucht. Aber dann haben Sie angefangen, Befehle zu brüllen und mich in die Heuballen geworfen.“

Clint hob den Zeigefinger. „Einen. Einen Heuballen.“

Fee verdrehte die Augen. „Wie auch immer … Sie sollten es einmal damit versuchen, was man Charme nennt oder, noch radikaler, mit einem Lächeln. Oh, ihr Gesicht könnte ein Problem damit haben, aber ich denke, Sie würden die Erfahrung überleben.“

Clint spürte, wie sich sein Mundwinkel amüsiert nach oben bewegte. Er liebte ihr freches Mundwerk, und ihm gefiel es, dass sie sich nicht von ihm einschüchtern ließ. Er lief die Stufen zur Veranda hoch und deutete auf die Sitzgruppe neben der Tür.

„Nehmen Sie Platz.“

Fee zog die Augenbrauen hoch. „Oh, Manieren. Es besteht also noch Hoffnung.“

„Darauf würde ich nicht wetten“, erwiderte Clint. Er beobachtete, wie sie sich auf einen Sessel setzte und ein Bein lässig über das andere schwang. Eine sehr feminine, sexy Bewegung, voll Anmut und Charme. „Warum sind Sie hier, Seraphina?“

Fee beugte sich lächelnd vor, griff in ihre große Ledertasche und zog zwei Bündel Geldscheine hinaus. Er sah einen Fünfzig-Dollar-Schein unter dem Gummiband des einen Bündels und einen Hundert-Dollar-Schein unter dem des anderen. Er schnappte nach Luft.

Gestern war er wütend gewesen und hatte die zwanzigtausend Dollar als Zahl genannt, um sie zu ärgern. Offensichtlich hatte sie ihn jedoch ernst genommen.

Er könnte ihr Geld auf keinen Fall annehmen.

Clint wollte sie gerade auffordern, es wieder einzustecken, als er merkte, dass irgendetwas mit den Geldbündeln nicht stimmte.

Oh, nein, sie würde es nicht wagen …

Er streckte die Hand aus, doch statt ihm das Bündel zu reichen, warf sie es gegen seine Brust. Er fing es auf und löste das Gummiband.

Wie er vermutet hatte. Ein echter Geldschein war um unechte Scheine gewickelt. Spielgeld …

Clint merkte, dass ein Lachen in ihm hochstieg. Er versuchte, es zu unterdrücken, was ihm jedoch misslang. Als ein heiseres Lachen aus ihm heraussprudelte, war er so überrascht wie Fee.

Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal gelacht hatte …

Er hörte Fees unterdrücktes Lachen, eine Mischung aus einem Schluckauf und einem Kichern. Und weil er ihr Lachen auf seinen Lippen schmecken wollte, weil er sie schmecken wollte, beugte Clint sich mit einer schnellen Bewegung nach vorn, legte die Hände auf beide Armlehnen ihres Sessels und küsste sie.

Und wünschte sofort, er hätte es nicht getan.

Denn als ihre Lippen sich berührten, als sich ihr Mund öffnete und sie ihre Finger an sein Kinn legte, da wusste er, dass ihm ein Kuss niemals reichen würde.

Er wollte mehr. Viel, viel mehr.

Der Mann war ein Griesgram und ein Miesepeter, übellaunig und widerborstig, aber, verdammt, er konnte küssen. Fee ertappte sich dabei, wie sie aufsprang, ihre Arme um seinen Hals schlang und ihre Brüste gegen seinen Oberkörper drückte. Er legte seine große Hand an ihren Po und zog sie gegen seine steinharte Erektion. Sie stöhnte entzückt auf.

Er war so groß, überall. Fee stellte sich auf die Zehenspitzen, um seinen Mund besser erreichen zu können. Sie würden beide einen steifen Nacken haben nach der Knutscherei. Clint löste das Problem, indem er die Hände an ihre Hüften legte und sie hochhob. Und was blieb einer Frau in diesem Fall anderes übrig, als ihre Beine um seine Taille zu schlingen und ihren empfindlichsten Punkt über seine eindrucksvolle Männlichkeit zu reiben?

Fee hörte Clints lustvolles Stöhnen, und dann legte er seine Hand um ihren Oberschenkel, die Finger auf der Innenseite, und Fee wünschte, seine Hand würde auf ihrer nackten Haut liegen, und sein Mund würde an ihren Nippeln saugen und vielleicht auch weiter unten.

Sein Mund, so bemerkte sie, war die ultimative Waffe der Verführung. Fee wusste, dass sie ihm, wenn er fragen würde, ohne zu zögern, in sein Haus und in sein Schlafzimmer, oder wohin auch immer er wollte, folgen würde. Gern würde sie nehmen, was er zu geben bereit war.

Sie mussten nicht reden, ihre Körper kommunizierten bestens miteinander. Fee spürte, dass Clint einen Schritt machte, dann fühlte sie hartes, kaltes Holz durch ihre Jeans hindurch und stellte fest, dass er sie auf eine breite Fensterbank gesetzt hatte.

Er legte die Hände an ihr Gesicht. Mit den Daumen streichelte er ihre Wangen, während er zarte Küsse auf ihre Augenlider und ihre Schläfen hauchte. Fee schloss die Augen und genoss diesen Moment der Zärtlichkeit. Dann legte Clint die Hand auf ihre rechte Brust, und ihre Brustwarze wurde hart und drückte durch den Pullover hindurch gegen seine Handfläche. Clint zog den Kopf zurück und blickte sie mit aufgerissenen Augen an.

„Warum stößt du mich nicht weg?“

„Warum sollte ich? Du küsst wahnsinnig gut“, erwiderte Fee fast ein wenig atemlos. Sie hörte, wie er scharf die Luft einsog, und beschloss, noch einen draufzusetzen. „Du bist barsch und nervst, aber bei Gott, du weißt, wie du mich berühren musst.“

Clint strich mit den Fingerknöcheln über ihre Brust und ihre Nippel. „So?“ Er schob die Finger unter ihren Pullover und fühlte ihre nackte Haut.

„Ja, so“, murmelte Fee. Dann zog Clint ihren BH hinunter und zupfte mit den Fingerspitzen an ihren Brustwarzen. Fee schrie leise auf.

Sie legte die Hand an seinen Kopf. „Nein, hör nicht auf. Mach es noch einmal.“

Clint zupfte erneut, und Fee drückte den Rücken durch. Sie ließ ihre Beine sinken und schlug mit der Ferse gegen seinen Oberschenkel, direkt über dem Knie. Statt auf Haut und Sehnen traf der Absatz ihres Stiefels auf Metall unter seiner Jeans.

Clint reagierte, als hätte er sich verbrannt. Er sprang zurück und starrte auf den Boden, während Fee zu verstehen versuchte, warum er aufgehört hatte.

Die Antwort kam wie ein leises Flüstern. Sie hatte gegen seine Prothese getreten.

Okay. Keine große Sache.

„Komm wieder her und küss mich, Rockwell“, sagte sie. Sie wollte, nein, musste unbedingt seinen Mund wieder auf ihrem spüren. Sie war noch nicht fertig mit ihm.

Clint war jedoch wie erstarrt, die starken Arme über der Brust verschränkt, das Gesicht eine ausdruckslose Maske. Ihr gefiel nicht, dass sich in seinen Augen, in seinem Gesichtsausdruck keinerlei Gefühle zeigten. Sie konnte damit umgehen, wenn jemand genervt oder gereizt war, angetörnt oder schweigsam, aber sie mochte diesen Cyborg nicht, der vor ihr stand und sich benahm, als wäre sie eine Fliege, die er totschlagen wollte.

„Ich denke, du gehst jetzt besser“, sagte Clint ausdruckslos. „Du kannst dein Spielgeld mitnehmen und Vorkehrungen zur Zahlung der Zwanzigtausend treffen, auf die wir uns geeinigt haben.“

Das war nicht sein Ernst, oder? „Diesen Betrag hast du doch nur genannt, um mich zu ärgern. Wir wissen beide, dass er völlig überhöht ist. Und was das Gehen betrifft …“

Fee sprang von dem Fensterbrett und ging auf Clint zu, bis ihre Brüste seinen Arm streiften. Sie sah Lust in seinen Augen aufflackern und wusste, dass er bei Weitem nicht so unbeeindruckt war, wie er vorgab.

Gut zu wissen.

„Ich mag dein widersprüchliches Verhalten nicht, Rockwell. Du kannst nicht in der einen Minute über mich herfallen und mich in der nächsten auffordern zu gehen.“

„Auf meiner Ranch kann ich tun und lassen, was ich will.“

„Jetzt klingst du wie ein bockiges Kind. Das steht dir nicht, Rockwell.“

Clint rieb sich übers Gesicht. „Würdest du jetzt einfach gehen? Bitte.“

„Nicht, solange du mir nicht gesagt hast, warum du plötzlich von mir weggesprungen bist, als hätte dich der Blitz getroffen.“

Verärgerung und Frust blitzten in seinen Augen auf, aber Fee hatte kein Problem damit. Mit diesen Emotionen konnte sie umgehen. Lieber Wut als Gleichgültigkeit. „Fassen wir zusammen.“

„Nein.“

Fee ignorierte ihn. „Du hast meine Titten berührt, und ich habe mit dem Absatz gegen deine Prothese geschlagen. Da ich weiß, dass dir das nicht wehgetan haben kann, muss es einen anderen Grund geben, warum du so überreagierst.“

„Du weißt, dass ich eine Prothese habe?“

„Ich weiß auch, dass du Milliardär bist. Du warst eine Art Supersoldat, und jetzt bist du ein halber Einsiedler, sehr zur Bestürzung der Einwohner von Royal, die dich irgendwo zwischen Gott und Freitagabend-Fußball platziert haben.“

Endlich zog der Hauch eines Lächelns über sein Gesicht. „Das ist eine riesige Übertreibung, da ich wenig mit ihnen zu tun habe.“

„Glaube mir, sie müssten sich nur zehn Minuten mit deinem Sarkasmus und deiner Widerspenstigkeit befassen, und schon würden sie deine Herrlichkeit neu bewerten“, sagte Fee bissig. „Aber wir kommen vom Thema ab.“

Clint sah an ihr vorbei. „Du lässt nicht locker, was?“

„Nein.“

„Ich habe mein linkes Bein oberhalb des Knies verloren. Als du dagegengetreten bist, wurde mir klar, dass ich sofort aufhören muss.“

„Warum?“

„Um uns beiden die Demütigung zu ersparen, dass du schreiend wegläufst, wenn du mich und mein Bein entblößt siehst. Es ist kein schöner Anblick.“ Clints Lächeln war gezwungen, und in seinen Augen funkelte schmerzhafte Wut. „Ich brauche dein Mitgefühl nicht. Ich brauche nur Sex.“

Fee spürte Zorn in sich aufsteigen. Sie war wütend auf die Menschen, die ihn verletzt hatten, indem sie ihm das Gefühl gaben, weniger wert zu sein, und wütend auf ihn, weil er sie mit diesen Menschen gleichsetzte. Ja, sie war ein Fernsehstar, aber sie war nicht oberflächlich, verdammt.

Fee griff in sein T-Shirt. „Du nervst, Rockwell.“

„Komm einfach zum Punkt, Seraphina. Ich habe zu arbeiten.“

Sie zerrte ihn zur Treppe und stieß ihn zwei Stufen hinunter, sodass sie auf Augenhöhe waren. „So ist es besser. Und jetzt hör mir zu, denn ich werde es nur einmal sagen.“

„Mann, bist du herrisch.“

„Wenn ich ein Mann wäre, dann würdest du mich durchsetzungsfähig nennen.“

„Wenn du ein Mann wärst, dann hätte ich dich schon in den Schwitzkasten genommen.“

Guter Einwand, dachte Fee.

„Und ich hätte dich ganz sicher nicht geküsst, und wir würden nicht diese Unterhaltung führen“, fuhr Clint fort.

Fee winkte ab. „Ich werde nicht mit dir über Worte streiten, Rockwell. Jedenfalls nicht jetzt.“

Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und legte ihre Daumen auf seinen Mund. „Sei ruhig und hör mir zu. Nichts macht mich wütender, als wenn mich jemand, der mich nicht kennt, mit anderen Menschen vergleicht“, sagte Fee mit leiser, aber durchdringender Stimme. „Ich bin vieles, ich habe Dutzende Fehler, aber ich bin zu hundert Prozent ich. Das bedeutet, dass ich mir meine eigene Meinung bilde und dass es mich ärgert, wenn Menschen meinen, sie wüssten, was ich denke.“

Clint sah sie aus schmalen Augen an und entzog seinen Kopf ihrem sanften Griff. Fee hielt eine Hand hoch, um ihn zum Schweigen zu bringen, als er den Mund öffnete. „Ich bin noch nicht fertig. Ich habe dich geküsst, weil du, auch wenn du nervst, der attraktivste Mann bist, der mir seit Langem über den Weg gelaufen ist. Du bist groß, gut gebaut, muskulös, und du küsst wahnsinnig gut. Und, ja, wenn du dich nicht wie ein Mistkerl verhalten hättest – darauf scheinst du spezialisiert zu sein –, dann wären wir jetzt wahrscheinlich nackt. Aber so sind wir es nicht.“

Sie hielt kurz inne. „Ich wusste bereits, dass du ein Bein verloren hast, Rockwell, und ich kenne die Royal-Diner-Version, wie es passiert ist. Wenn mich deine Prothese abtörnen würde, dann hätte ich nichts begonnen, was wir nicht beenden können. Noch einmal, ich bin vieles, aber ich bin keine Frau, die einen Mann scharfmacht und dann geht.“

Fee warf ihm einen heißen Blick zu. „Tatsache ist, ich will dich. Ich wollte dich schon, als ich vor ein paar Tagen auf die Blackwood Hollow Ranch kam und ich dich das erste Mal sah. Ich wollte dich gestern, als ich dich auf deinem wilden Pferd gesehen habe. Du hast so heiß und verschwitzt und, ja, so lebendig ausgesehen.“

Seine Augen funkelten, und Fee zwang sich weiterzusprechen und ihn nicht spontan zu küssen. Sie musste erst alles sagen.

„Ich wollte dich, als du mich wegen meiner Fahrweise angegriffen hast. Ich wollte dich, als ich unter der Dusche stand, und ich wollte dich in meinen Träumen letzte Nacht. Als ich hörte, dass du ein Bein verloren hast, habe ich kurz Mitleid für dich empfunden. Weil ich ein netter Mensch bin und so empfinde, wenn jemandem etwas Schlimmes passiert ist. Doch mein Mitleid war schnell wieder weg, und ich habe mich gefragt: ‚Wie zum Teufel kann er mit einem Bein so gut reiten?‘“

„Seraphina …“

Da er sie mit vollem Namen ansprach, wusste sie, dass sie noch nicht zu ihm durchgedrungen war. „Ich bin noch nicht fertig, Rockwell.“ Fee holte tief Luft. „Beurteile mich nach dem, was ich sage, Clint. Was ich tue. Nicht nach der Dummheit anderer Menschen, Clint. Das ist nicht richtig und vor allem auch nicht fair.“

Er rieb sich den Nacken und starrte auf den Boden. Was für eine Unterhaltung nach dieser kurzen Zeit der Bekanntschaft und einem heißen Kuss.

„Und eins solltest du wissen …“, schloss Fee. „Wenn ich etwas anfange, dann beende ich es auch.“

Clint hob den Kopf, wirkte verblüfft und auch amüsiert. „Woher zum Teufel kommst du, Seraphina Martins?“

„Martinez“, korrigierte sie. Sie richtete sich auf und gab ihm einen Kuss aufs Kinn. „Und ich bin von überall und nirgendwo.“

Sie tippte mit den Fingern leicht gegen sein Kinn. „Wenn wir das noch einmal tun, dann musst du bereit für mehr sein. Wenn nicht, lassen wir es bleiben.“

„Ich weiß nicht, ob ich das kann.“

Fee rieb ihre Wange an seiner. „Deine Entscheidung. Aber für mich gibt es nur entweder alles oder gar nichts. Du siehst mich nackt, ich sehe dich nackt.“

„Dein Körper ist intakt, und ich kann mir vorstellen, dass du nackt wunderschön aussiehst.“

„Stimmt, das tue ich.“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Lippen. „Aber Schönheit, so sagt man, liegt im Auge des Betrachters, Clint.“

Sie wich zurück, drehte sich um und nahm ihre große Tasche vom Boden auf. Sie blickte auf das Spielgeld, nahm die echten Scheine und steckte sie in ihre Hosentasche. Sie warf Clint noch einen Blick über ihre Schulter zu.

„Und wie wäre es, wenn du aufhörst, mir wegen der Reparaturkosten etwas vorzumachen, und mir einen realistischen Betrag nennst, während du darüber nachdenkst, ob du mit mir schlafen willst oder nicht?“

„Natürlich will ich mit dir schlafen, Fee“, sagte Clint.

Sie lächelte ihn an. „Aber der Wunsch ist noch nicht groß genug, Clint.“

Und das war okay. Sie würde ihm etwas Zeit geben. Männer brauchten immer etwas mehr Zeit, um sich auf etwas einzulassen.

Ihr Plan war einfach – krall dir einen Cowboy, hab heißen Sex mit ihm und vergiss ihn dann.

Wirklich, das sollte nicht so schwer sein.

3. KAPITEL

Wer auch immer die Idee gehabt hatte, die New Yorker Schickeria sollte etwas über das Leben auf einer Farm erfahren, gehört erschossen, dachte Clint. Und die Person, die entschieden hatte, dass Clint dabei mithalf, sollte erst gefoltert und dann erschossen werden.

Zurück auf Blackwood Hollow versuchte er krampfhaft, seine Ungeduld zu verbergen, als er hörte, wie Miranda Dupree und diese italienische Sexbombe über den Gestank, das schmutzige Heu und den Geruch von Pferden herzogen.

Sicher, es war ein Stall, und, um fair zu sein, es lästerte nur die Brünette. Miranda schaufelte energisch Heu in eine Schubkarre, während die Brünette – Rachel, Rafel … Rafaela – ihre Fingernägel betrachtete. Clint drehte sich um und starrte die Regisseurin an, die etwas auf ihrem Clipboard notierte, das iPad unter den Arm geklemmt.

Verdammt, Buck, warum tust du mir das an?

„Ihnen ist hoffentlich klar, dass wir zu arbeiten haben und nicht den ganzen Tag herumhängen und darauf warten können, dass uns diese …“, er verkniff sich das Wort, das er liebend gern gesagt hätte, „… Ladies aus dem Weg gehen?“, fragte Clint. Er musste sich um seine eigene Ranch kümmern, sobald auf Blackwood Hollow alles ordentlich lief. Wieder verfluchte er den Tag, an dem er zugestimmt hatte, die Ranch im Auge zu behalten, nachdem Buck krank geworden war.

„Die Ranch gehört Miranda, es gibt eine Erbschaftsgeschichte, eine Familienfehde, und außerdem wissen die Darsteller von ‚Das geheime Leben‘ nichts über die Arbeit auf einer Ranch. Es mag für Sie frustrierend sein, fürs Fernsehen ist es aber eine fantastische Geschichte.“

Als wenn ihn das interessierte! Er musste Rinder füttern, Zäune reparieren und eine neue Heizung im Abkalbestall installieren, damit die Kälber, die im Winter geboren wurden, eine bessere Überlebungschance hatten.

Miranda steckte den Kopf aus der Stalltür. „Du musst nicht hierbleiben, Clint. Ich bin sicher, Gabe kann uns alles zeigen.“

Gabe, Bucks längster Mitarbeiter, warf ihm einen flehenden Blick zu, ihn nicht mit den Frauen allein zu lassen.

Clint seufzte. „Gabe, mach du mit deiner Arbeit weiter. Ich kümmere mich um diese Leute.“

Dankbarkeit leuchtete in den Augen des älteren Mannes auf, und er verließ die Scheune, so schnell er konnte.

Clint wandte sich wieder an die Regisseurin. „Was brauchen Sie noch?“

„Ich dachte, wir könnten filmen, wie Rafaela lernt, ein Pferd zu satteln und ihre erste Reitstunde nimmt, wie Miranda Eier im Hühnerstall einsammelt und Lulu die Heunetze für die Pferde füllt.“

Ja, weil das genau das war, was die Arbeit auf einer Farm ausmachte. Eier einsammeln und Pferde füttern. Was war mit der Zählung des Viehs, dem Einbrennen von Brandzeichen, der Prüfung auf Schwangerschaften, dem Landmanagement? Die Sorge um zu wenig Regen, zu viel Regen, Viehdiebstahl, Rindfleischpreise, ob sie genug Futter hatten, um das Vieh nach einem sehr trockenen Sommer durch den Winter zu bekommen.

„Und für Seraphina brauche ich auch noch etwas.“

„Ich könnte Fee zeigen, wie man Heuballen auf die Weiden transportiert, damit das Vieh während der Wintermonate genug zu fressen hat“, schlug Clint vor.

„Habe ich da gerade meinen Namen gehört?“

Clint drehte sich um, und sein Herzschlag beschleunigte sich, als er ihre vergnügte Stimme hörte. Er musste beim Anblick von Fee im Cowgirl-Modus lächeln. Ihr langes Haar hing in zwei dicken Zöpfen über ihrem Flanellhemd, das sie zu einer alten Jeans trug. Sie hatte Gummistiefel an, die mit – Clint beugte sich vor und schielte auf ihre Füße – Enten bedruckt waren, die Gummistiefel trugen.

Auf der Wange hatte sie einen Schmutzstreifen, und sie sah aus, als hätte sie tatsächlich gearbeitet.

„Lu und ich sind in diesem Stall fertig. Was jetzt?“, fragte Fee und rieb sich mit den Händen über den Hosenboden.

Clint blickte über die Boxentür und war beeindruckt, als er den gefüllten Wassertrog und den sauberen, mit frischem Heu bedeckten Boden sah.

Und sie hatten nicht lange dafür gebraucht.

Die Regisseurin sah auf ihr Clipboard. „Geh doch mit Clint und Jimmy mit. Er soll filmen, wie du irgendetwas irgendwohin bringst.“

„Heuballen zu den Futterstationen auf den Weiden“, sagte Clint. Er war kurz davor, die Geduld zu verlieren.

„Cool. Wie bekommen wir das Heu dorthin? Laden wir es auf Schubkarren?“

Clint musste lächeln. „Da die Ballen jeweils über eine Tonne wiegen, wäre das schwierig. Wir benutzten einen Gabelstapler …“ Er schloss die Augen bei dem Gedanken, wie Fee den Gabelstapler mit den zwei massiven Armen bediente. Bei ihrem Bleifuß, wer weiß, welchen Schaden sie anrichten würde?

„Ja, ich will mitfahren.“ Fee war ganz aufgeregt.

Schlechte Idee, entschied Clint, als Fee schon zur Tür rannte. Clint wandte sich an die Regisseurin. „Ich hoffe, Sie sind gut versichert. Fee fährt wie eine Verrückte.“

„Mach nichts kaputt, Fee“, rief Miranda, die offensichtlich die Unterhaltung gehört hatte.

„Ja, Fee, mach nichts kaputt“, sagte auch Lulu. Sie lächelte Fee an, dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Ihr Blick wurde kühl. Clint schaute über die Schulter und sah Kace LeBlanc im Scheunentor stehen.

LeBlanc schien überall dort zu sein, wo auch die TV-Stars waren. Clint konnte nicht entscheiden, ob er seinen Job als Bucks Anwalt so ernst nahm und deshalb ständig in Mirandas Nähe war, oder ob der eigentliche Grund war, dass die Ladies aus New York alle ausnehmend hübsch waren.

Aber Kace schien nur Augen für Lulu zu haben.

„Es macht mich wirklich traurig, dass du so wenig Vertrauen zu mir hast, Miranda. Wo ist eigentlich Zooey?“

„Hier.“

Clint drehte sich um, als die leise Stimme zu ihnen drang, und sah eine weitere Frau am Stalleingang stehen, einen Cowboyhut tief ins Gesicht gezogen.

Clint hörte Fees tiefen Seufzer und beobachtete, wie sie zu ihrer Freundin ging und deren Hut hochschob. Die Kameras würden einfangen, was er sah. Eine verkaterte Blondine mit dunklen Ringen unter den Augen.

„Ach, Süße“, sagte Fee leise und strich ihr über den Arm. „Du siehst scheiße aus, Zo.“

„So fühle ich mich auch. Zu viel Alkohol mit zu vielen Cowboys“, erwiderte Zooey.

Die Regisseurin wandte sich an Clint. „Ich brauche auch etwas, was Zooey tun kann. Vorzugsweise im Sitzen.“

Was war er, ein verdammter Berater? „Sie kann das Zaumzeug putzen.“ Er ging zu Fee und legte die Hand auf ihren Rücken. Als sie zu ihm aufblickte, machte sein Herz einen Satz.

Autor

Brenda Jackson

Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...

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