Baccara Exklusiv Band 260

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  • Erscheinungstag 28.06.2025
  • Bandnummer 260
  • ISBN / Artikelnummer 9783751530910
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Barbara Dunlop, Fiona Brand, Katherine Garbera

BACCARA EXKLUSIV BAND 260

Barbara Dunlop

1. KAPITEL

Es war die Nacht der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten in Washington, und Cara Cranshaw musste sich zwischen dem Präsidenten und ihrem Liebhaber entscheiden. Der eine betrat hoch aufgerichtet und strahlend den großen Ballsaal des Worthington Hotels, während die Band einen Triumphmarsch anstimmte und die Menge ihm zujubelte. Der andere, dem das dunkle Haar wie immer etwas zerzaust in die Stirn fiel und dessen Fliege nicht ganz gerade saß, starrte Cara vom anderen Ende des Ballsaales an. Und als sie seinem Blick kurz begegnete, wurde sie rot. So eindeutig war das, was er wollte. Sie nackt in den Armen halten.

Momentan gewann Reporter Max Gray den Kampf um Caras Aufmerksamkeit. Obwohl sie fest entschlossen war, mit ihm Schluss zu machen, konnte sie sich einfach nicht seinem Blick entziehen. Unwillkürlich legte sie sich die Hand auf den flachen Bauch. Doch da Ted Morrow zum Präsidenten gewählt worden war, musste sie die Beziehung mit Max unbedingt abbrechen.

„Meine Damen und Herren“, versuchte sich der Moderator verständlich zu machen, was bei dem begeisterten Klatschen und der lauten Musik nicht ganz einfach war. „Der Präsident der Vereinigten Staaten!“

Der Jubel kannte keine Grenzen, die Band spielte lauter. Die Menge bildete eine Gasse, um Platz für Präsident Morrow zu machen. Auch Cara trat ein paar Schritte zurück, konnte den Blick aber nicht von Max lösen, der auf der anderen Seite der Gasse das Gleiche tat. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, denn auf keinen Fall durfte sie ihm zeigen, wie verwirrt und verunsichert sie seit ihrem Termin beim Arzt am Nachmittag war. Es gibt eine Lösung, versuchte sie sich immer wieder gut zuzureden. Kein Grund, besorgt zu sein oder gar Angst zu haben.

„Er ist spät dran“, hörte sie Sandy Hanifords schrille Stimme.

Sandy Haniford war relativ neu im Pressebüro des Weißen Hauses, in dem Cara als Public Relation Spezialistin arbeitete.

„Nur ein paar Minuten“, gab Cara zurück, die Augen immer noch auf Max gerichtet. Sie musste sich unbedingt beruhigen. Seit sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, war zwar ihre Welt irgendwie aus den Fugen, was aber nicht bedeutete, dass sie ihren Job in dieser wichtigen Nacht nicht gut machte.

„Ich hatte gehofft, dass der Präsident etwas früher kommt“, schrie Sandy ihr wieder ins Ohr. „Weil in letzter Sekunde noch ein weiterer Redner hinzugekommen ist.“

„Was?“ Cara sah sie entsetzt an. „Was hast du gesagt?“

„Noch ein Redner.“

„Das kann doch nicht wahr sein.“

„Ist es aber.“

„Dann musst du das wieder rückgängig machen.“

Die Redner dieses Abends, der von Organisationen veranstaltet wurde, die dem Präsidenten eher feindlich gesinnt waren, standen schon lange fest. Auch der Fernsender American News Service (ANS), der diesen Ball im Worthington Hotel ausrichtete, gehörte zu den Organisationen, die dem Präsidenten kritisch gegenüberstanden. Aber sein Ball hatte eine lange Tradition, und so musste der Präsident auch hier erscheinen.

Seine Anwesenheit war mit dreißig Minuten festgelegt. Man erwartete ihn um 22.45 Uhr, jetzt wohl eher um 22.52 Uhr, und um 23.15 Uhr musste er bereits wieder aufbrechen. Denn als Nächstes musste er den Ball besuchen, den das Militär für ihn veranstaltet hatte, und zu dem wollte er auf keinen Fall zu spät kommen.

„Aber was soll ich denn tun? Soll ich den Mann anfallen, wenn er in Richtung Bühne geht?“ Sandys Verzweiflung schlug in Sarkasmus um.

„Du hättest dieses Problem gar nicht erst aufkommen lassen sollen.“ Cara zog ihr Telefon aus der Tasche, um ihre Chefin, die Pressesprecherin Lynn Larson, anzurufen.

„Glaubst du denn, das hätte ich nicht versucht?“

„Offenbar nicht hartnäckig genug. Wie konntest du dem ANS die Genehmigung geben, noch einen Redner aufzustellen?“

„Sie haben mich doch gar nicht gefragt!“, verteidigte sich Sandy. „Graham Boyle persönlich hat Mitch Davis ausgesucht. Es soll nur ein kurzer Toast sein, höchstens zwei Minuten.“

Cara war empört. Mitch Davis war der Starreporter vom ANS. Dem Milliardär Graham Boyle gehörte zwar der Sender, und er hatte diesen Ball hier ausgerichtet. Aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, in den Terminkalender des Präsidenten einzugreifen. Unwillkürlich warf Cara Max einen Hilfe suchenden Blick zu. Max war der Starreporter von ANS’ Konkurrenzunternehmen, dem Sender National Cable News (NCN). Vielleicht hatte er eine Ahnung, was hinter dem Ganzen steckte. Aber Cara konnte ihn nicht fragen, nicht jetzt und nicht später. Niemals mehr.

Sie wählte Lynns Nummer, bekam aber nur die Voicemail. In diesem Augenblick hatte der Präsident den Tisch unterhalb der Bühne erreicht und schüttelte lächelnd einigen festlich gekleideten Gästen die Hand. Der Moderator David Batten, Gastgeber einer sehr populären Talkshow, übernahm wieder das Mikrofon. Nach wenigen herzlichen Worten übergab er das Mikro Graham Boyle, der laut Terminplan drei Minuten Redezeit hatte.

Cara steckte das Telefon ein und kämpfte sich durch die Menge in Richtung Bühne. Vielleicht gelang es ihr, Mitch Davis zu fassen zu kriegen, bevor er die Bühne erreichte. Wenn sie nur ein bisschen größer und ein bisschen kräftiger wäre. Ein bisschen mehr wie Max …

Er war als Kriegsreporter in allen Krisengebieten unterwegs gewesen, in zerschossenen Städten und in unwegsamen Berggebieten, um mit Rebellen zu sprechen, in undurchdringlichen Urwäldern und auf Flüssen reich an Krokodilen, um die Sorgen und Ängste der einheimischen Stämme dem westlichen Publikum nahezubringen. Wenn also Max Gray einen bestimmten Sprecher nicht auf der Bühne sehen wollte, dann hätte der keine Chance. Aber diesmal konnte Cara seine Hilfe nicht in Anspruch nehmen und musste sich selbst etwas ausdenken.

Sie drängte sich in Richtung der Treppe vor, während Graham Boyle launige Anekdoten über den Präsidenten zum Besten gab, ironisch aber durchaus akzeptabel. Wenn ich doch nur größer wäre, ging Cara durch den Kopf. Bei ihren eins fünfundsechzig konnte sie nicht sehen, ob Mitch auf der rechten Seite der Bühne stand und auf seinen Auftritt wartete.

„Wo willst du denn hin?“

„Ich muss zur Bühne.“

„Bleib dicht hinter mir.“ Schon hatte er sich vor sie geschoben. Mit seinen fast eins neunzig und den breiten Schultern wirkte er beeindruckend. Außerdem ist er ziemlich berühmt, und das schadet auch nicht unbedingt, dachte Cara und drängte sich hinter ihn. In einer Magazinumfrage des letzten Monats war er als einer der zehn begehrenswertesten Männer Washingtons bezeichnet worden. Aber was für sie viel wichtiger war, er pflügte sich mit einem enormen Tempo durch die Massen. Doch dann hielt ein Pulk von Menschen ihn auf, und er wandte sich schnell zu Cara um. „Warum musst du denn so dringend auf die Bühne?“

„Nicht auf die Bühne, zur Bühne“, zischte sie ihm zu. „Und nur zu deiner Info, ich bin kein Geheimnisträger.“

„Und da ich kein Spion bin, können wir uns doch unterhalten, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden“, gab er ebenso scharf zurück.

Aber es war sowieso alles zu spät. Cara ließ die Schultern hängen. Denn nun hatte ein Mann mit einer leider nur zu bekannten Stimme das Mikro übernommen.

„Guten Abend, Mr. Präsident.“ Das war Mitch Davis’ schleimige Stimme.

Überrascht reckte alles die Köpfe. Denn es war allgemein bekannt, dass Mitch Davis der schärfste Kritiker von Präsident Morrow war. Cara schloss kurz die Augen. Und sie hatte ihn nicht zurückhalten können …

„Erst einmal möchte ich Ihnen im Namen von American News Service zu der Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gratulieren.“

Man klatschte, wenn auch nicht so frenetisch wie sonst.

„Ihre Freunde“, fuhr Mitch mit einem schmierigen Lächeln fort, „Ihre Anhänger und Ihre Eltern müssen sehr stolz auf Sie sein.“

Cara stellte sich auf die Zehenspitzen, um zu sehen, was der Präsident für ein Gesicht machte. War er nur überrascht oder auch verärgert über diese Abweichung vom Programm? Aber sie konnte ihn nicht sehen.

Das blieb Max nicht verborgen. „Der Präsident lächelt“, flüsterte er ihr zu. „Wenn auch etwas gezwungen.“

„Davis war nicht als Redner vorgesehen“, stieß sie zwischen den Zähnen hervor.

„Kann ich mir vorstellen.“ Er grinste kurz.

Cara warf ihm einen wütenden Blick zu, drängte sich an ihm vorbei und schaffte es tatsächlich, mit Ellbogenkraft fast bis zum Tisch des Präsidenten vorzudringen. Lynn Larson war sicher auf hundertachtzig! Dieser Ball war zwar nicht eigentlich Caras Verantwortung, aber sie hatte eng mit dem Stab zusammengearbeitet, der die Bälle mit dem Zeitplan des Präsidenten koordinierte, also war auch sie an dieser Panne schuld.

„Aber besonders stolz wird Ihre Tochter sein“, nahm Mitch wieder das Wort.

Betretenes Schweigen. Fragend sahen sich die Gäste an, denn der Präsident war nicht verheiratet und hatte keine Kinder.

Mitch lächelte breit, das Mikrofon in der einen und ein Glas Champagner in der anderen Hand. „Ihre Tochter Ariella Winthrop, die heute Abend hier ist, um mit Ihnen und uns zu feiern!“

Die Menge schwieg immer noch geschockt. War das Ganze nur ein schlechter Witz? Auch Cara war sekundenlang nicht sicher, aber dann wurde ihr sehr schnell klar, dass eine sehr bösartige Absicht dahinter steckte. Sie blickte auf das eine Bühnenende, wo ihre Freundin Ariella stand, deren Firma mit der Ausrichtung dieses Balls betraut worden war. Sie starrte die Freundin an, und es überlief sie eiskalt.

Ariella sah dem Präsidenten tatsächlich sehr ähnlich. Das war Cara bisher nie aufgefallen, wahrscheinlich weil sie nie eine Verbindung zwischen den beiden gezogen hatte. Allerdings wusste sie seit Jahren, dass Ariella adoptiert worden war, ihre leiblichen Eltern jedoch nicht kannte.

Der Geräuschpegel stieg. Jeder fragte jeden, was er wusste, gehört hatte, von der Sache hielt oder vermutete. Wahrscheinlich waren schon Tausende SMS herausgegangen. Cara machte einen Schritt auf Ariella zu, die sich jedoch auf dem Absatz umdrehte und hinter der Bühne verschwand.

Mitch hob das Glas. „Auf den Präsidenten!“

Keiner stimmte in den Toast ein.

Cara kämpfte sich zu Lynn durch, als immer mehr Fragen laut wurden und die Presseleute auf den Präsidenten zukamen. Die Pressesprecherin sprang auf. „Bitte richten Sie Ihre Fragen an mich“, rief sie und lenkte so die Aufmerksamkeit von Morrow ab, der ganz offensichtlich unter Schock stand.

„Anschuldigungen dieser Art nehmen wir sehr ernst“, begann sie mit erhobener Stimme und warf Cara einen kurzen Blick zu, die sofort verstand. Sie ging um die Presseleute herum, die sich um Lynn scharten, um an das Mikrofon auf der Bühne zu kommen. Eine sofortige Schadensbegrenzung hatte jetzt erste Priorität. Dazu war der Stab des Präsidenten da.

Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er, umringt von Sicherheitsleuten, bereits Richtung Ausgang ging. Das war Routine, und sie war sicher, dass draußen bereits die Präsidentenlimousine auf ihn wartete. Ob Mitch Davis’ Behauptung stimmte oder ob er nur die Ähnlichkeit von Ariella und dem Präsidenten auf schäbige Art und Weise ausnutzte, wusste sie nicht. Dennoch musste sie handeln. Sie lief die Stufen hinauf, überquerte die Bühne und riss Mitch Davis das Mikrofon aus der Hand, der sie verblüfft ansah, sich aber nicht wehrte. Offenbar wusste er, dass er erreicht hatte, was er wollte.

Doch sein selbstgefälliges Lächeln, mit dem er sich jetzt der Menge zuwandte, verging ihm sehr schnell, als er Max erblickte, der ihn wütend ansah. Hastig überquerte er die Bühne, um sie über eine der Treppen zu verlassen, doch Max folgte ihm unterhalb der Bühne und ließ ihn nicht aus den Augen.

„Meine Damen und Herren“, versuchte Cara die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, während sie sich in Windeseile eine kurze Rede im Kopf zurechtlegte. „Das Weiße Haus dankt Ihnen für Ihr Kommen, um mit dem Präsidenten seinen Sieg zu feiern. Präsident Morrow schätzt Ihre Unterstützung sehr und hofft, dass Sie sich auch den Rest des Abends gut amüsieren. Und der hier versammelten Presse möchte ich sagen, dass wir für Sie eine Erklärung vorbereiten und uns morgen im Rahmen der üblichen Pressekonferenz allen Ihren Fragen stellen werden.“

Dann wandte sie sich lächelnd der Band zu. „Und nun überlasse ich Sie wieder den Sea Shoals und ihren mitreißenden Rhythmen.“ Sie nickte dem Bandleader zu, der dankbar den Stab hob. Die Musik setzte ein.

Max stand unten an der Treppe, als Cara die Stufen herunterkam. Er breitete die Arme aus, aber ein warnender Blick von ihr ließ ihn innehalten. Als er mit den Lippen das Wort „später“ formte, wusste Cara, sie waren noch lange nicht fertig miteinander.

Oft empfand Max es als ausgesprochen lästig, dass jeder sein Gesicht vom Fernsehen her kannte. Manchmal aber hatte das auch seine Vorteile. So wie jetzt, als der Portier des Apartmentkomplexes, in dem Cara wohnte, ihn lächelnd durchwinkte, obgleich Max erst wenige Male hier gewesen war. Aber er kannte ihn aus der Nachrichtensendung „After Dark“ und ließ ihn zum Fahrstuhl gehen, ohne vorher bei Cara anzurufen.

Das war sehr günstig, denn Max war ziemlich sicher, dass Cara ihn abgewiesen hätte. Und er musste sie unbedingt sehen.

Das, was auf dem ANS-Ball geschehen war, hatte das Weiße Haus hart getroffen, besonders natürlich die Presseabteilung. Cara und Lynn hatten getan, was sie konnten, aber Cara war bestimmt vollkommen durcheinander. Der Skandal und seine Auswirkungen würden ohne Frage den sorgfältig aufgestellten Terminplan des Präsidenten auf Monate hinaus umwerfen. Max musste einfach sehen, wie es Cara ging.

Er verließ den altmodischen Fahrstuhl und lief den Flur entlang. Das Gebäude war früher eine Schule gewesen, die in zwölf Apartments umgebaut worden war. Von einem kleinen Vorraum, der bereits mit einer Tür von dem allgemeinen Hausflur abgetrennt war, führte eine Wendeltreppe zu Caras Apartment, einem großen hellen Raum mit einem glänzenden Holzfußboden. In der einen Ecke war eine kleine, perfekt eingerichtete Küche untergebracht, in einer anderen der Schlafteil, der mit einem Wandschirm aus durchbrochenem Holz von dem übrigen Raum abgetrennt war.

Max hatte das Loft auf Anhieb gefallen. Es passte sehr gut zu Cara, war stilvoll, ohne überladen zu sein, war klar und praktisch, hell und luftig. Auch Cara war praktisch und von einer klaren Schönheit, mit ihrem kurzen lockigen braunen Haar, den großen blauen Augen, den vollen rosa Lippen und der zierlichen, wohl proportionierten Figur war sie ihm sofort aufgefallen. Sie war ein Energiebündel, das so schnell nichts umhaute.

Mitte Dezember war Max das letzte Mal hier gewesen. Nachdem Ted Morrow die Wahl im November gewonnen hatte, hatte Cara sich zurückgezogen, doch diesmal hatte sie ihn hereingelassen. Max hatte ihr rosa Diamantohrringe aus Australien mitgebracht. Er hatte die Rohdiamanten selbst für sie ausgesucht, sie schleifen und dann in Gold fassen lassen.

In dieser Nacht hatten sie sich geliebt, und sie hatten beide gewusst, dass es wahrscheinlich das letzte Mal für eine lange Zeit sein würde, zumindest so lange Ted Morrow im Amt blieb. Darauf hatte Cara bestanden, denn sie arbeitete für den Präsidenten, und Max war ein Starreporter des Fernsehens. Sie durfte nicht in den Verdacht kommen, Geheimnisse weiterzugeben.

Er klopfte an die Tür und hörte ziemlich bald ihre Schritte auf der eisernen Wendeltreppe. Vor der Tür blieb sie stehen, und er wusste, sie sah jetzt durch den Türspion.

„Geh weg!“

„Nein.“ Er legte die Handflächen an die Tür.

„Ich habe dir nichts zu sagen.“

Er trat dicht an die Tür heran, um die Stimme nicht heben und so die Nachbarn wecken zu müssen. „Wie geht es dir, Cara?“

„Wunderbar.“

„Ich muss mit dir sprechen.“

Sie schwieg.

„Möchtest du wirklich, dass ich dir von hier draußen das sage, was ich dir zu sagen habe?“

„Nein. Ich möchte, dass du gehst.“

„Erst wenn ich mich vergewissert habe, dass es dir gut geht.“

„Ich bin über einundzwanzig, Max. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“

„Das weiß ich.“

„Warum bist du dann hier?“

„Mach auf, dann sage ich es dir.“

„Darauf falle ich nicht herein.“

„Nur fünf Minuten“, bat er.

Sie schwieg.

„Zehn Minuten, wenn ich es von hier aus sagen muss.“

Nach wenigen Sekunden wurde der Riegel zurückgeschoben. Die Tür ging auf. Cara stand da und sah Max schweigend an. Sie trug ein überweites graues T-Shirt zu schwarzen Yogahosen und war barfuß. Ihr Haar war ungekämmt, und da sie kein Make-up trug, fielen die wenigen hellen Sommersprossen auf, die Max besonders entzückend fand.

„He, du“, sagte er leise und hätte sie am liebsten in die Arme genommen.

„Ich bin wirklich okay“, behauptete sie wieder, aber die angespannten Gesichtszüge und die verkrampfte Hand, mit der sie die Tür festhielt, sprachen dagegen.

Doch Max nickte nur, trat ein und nahm ihr die Tür aus der Hand, um sie selbst zu schließen. Er blickte fragend auf die Wendeltreppe.

Sie nickte zögernd und ging auf die Treppe zu. „Aber nur fünf Minuten.“

Er folgte ihr und musste wieder dem Drang widerstehen, sie zu berühren.

„Cola oder Bier?“, fragte sie, während sie auf die Küchenecke zuging.

„Bier.“ Er ließ die Smokingjacke auf einen Stuhl fallen und zog die Fliege auf. Leise seufzend ließ er sich auf einer der dunkelgrünen Ledercouchs nieder, die einander gegenüberstanden.

Mit einem Bier für ihn und einer Cola für sich kam Cara zurück, reichte ihm das Bier und kuschelte sich in einen Sessel. Sie öffnete ihre Dose und trank. „Noch vier Minuten“, sagte sie dann.

Er nickte, nahm seine Armbanduhr ab und stellte sie so auf den Couchtisch, dass er das Zifferblatt sehen konnte. „Geht es dir wirklich gut?“, fragte er wieder.

„Ja, ja.“

„Wusstest du davon?“ Er musste die Frage einfach stellen.

„Du weißt, dass ich dir darauf keine Antwort geben kann.“

„Ja, ich weiß. Ich hoffte nur, ich könne deiner Miene etwas entnehmen.“

Sie hob leicht die Augenbrauen. „Und? Konntest du?“

„Nein. Du bist undurchschaubar wie immer.“

„Danke. Das brauche ich bei meinem Job.“

Er trank einen Schluck Bier und stellte die Dose dann auf den Tisch. „Dir ist schon klar, dass ich Nachforschungen anstellen muss.“

„Ja, ich weiß. So eine Story darfst du dir nicht entgehen lassen.“

„Du weißt, wie sehr ich den Präsidenten schätze. Aber eine Tochter, die da plötzlich auftaucht?“

„Wir wissen noch nicht genau, ob es wirklich seine Tochter ist.“

Er war überrascht, dass sie immerhin so viel preisgab. „Stimmt. Aber wir werden es bald wissen.“

„Das glaube ich auch.“

„Hast du schon mit Ariella gesprochen?“ Er wusste, dass die beiden befreundet waren.

„Glaubst du ernsthaft, dass das für irgendjemanden sinnvoll wäre?“

„Das ist weder ein Ja noch ein Nein.“

Cara sah ihn schweigend an.

„Ich weiß, ich weiß“, entschuldigte er sich. „Du darfst nichts sagen.“

Sie setzte sich gerade hin und beugte sich dann vor. „Mir ist klar, Max, dass du der Sache nachgehen musst. Aber ich möchte dich bitten, fair zu sein.“

Jetzt stützte auch Max sich auf den Oberschenkeln ab und kam Cara so nah, dass er ihren feinen Duft wahrnehmen konnte. Und sie am liebsten geküsst hätte. „Du weißt, dass ich mich immer erst um die Fakten kümmere.“

Er griff nach ihrer Hand, doch Cara zuckte zurück. „Da wird noch viel Unerfreuliches auf uns zukommen“, sagte sie leise.

„Allerdings.“ Max war klar, wie gierig sich die Presse auf diese Geschichte stürzen würde. Von der Opposition ganz abgesehen, die bereits Blut geleckt hatte. „Wirst du heute noch arbeiten?“

„Nein. Lynn hat die Spätschicht übernommen. Ich fahre morgen früh ins Büro.“

„Die Sache wird sich lange hinziehen.“ Max sah sie mitfühlend an. Wenn er ihr doch nur irgendwie helfen könnte. Aber er hatte nun mal einen ganz anderen Beruf als sie, einen Job, der es ihr sogar besonders schwer machte.

„Das fürchte ich auch.“ Sie seufzte leise.

„Ich werde fair sein, Cara.“

„Danke.“ Sie senkte den Kopf, und Max griff wieder nach ihrer Hand. Diesmal hielt er sie fest, bevor sie sie ihm entziehen konnte. Sie sah ihn traurig mit ihren großen blauen Augen an und blickte dann auf die miteinander verbundenen Hände. „Du weißt, warum es nicht geht“, flüsterte sie.

„Ja. Aber ich kann es nicht akzeptieren.“

„Ich kann nicht mehr mit dir befreundet sein.“

„Und ich kann nicht aufhören, dich zu begehren, Cara.“

Wieder sah sie ihn ernst an. „Du musst es versuchen, Max. Du bist doch dafür berühmt, dass du alles schaffst, was du dir vornimmst.“

Er lächelte traurig. „Du weißt hoffentlich, dass ich nicht hier bin, weil ich mit Insider-Informationen rechne. Ich mache mir Sorgen um dich.“

„Wie ich schon sagte …“

„Ich weiß“, unterbrach er sie. „Dir geht es gut. Begriffen.“ Davon würde sie nicht abgehen, das war ihm klar. Ihre helle Haut sah so glatt und weich aus, die Lippen waren leicht geöffnet. Er konnte sie förmlich spüren, riechen, schmecken … Unwillkürlich beugte er sich vor und kam ihr näher.

Aber sie drehte schnell den Kopf weg, bevor er ihre Lippen berühren konnte. „Deine fünf Minuten sind um.“

Er ließ ihre kleine Hand los und stand seufzend auf. „Okay.“

Max hatte seine Armbanduhr in ihrem Apartment liegen gelassen. Cara wusste nicht, ob das Absicht oder Zufall war. Sie nahm die kostbare Rolex und legte sie sich auf den Nachttisch, um sie am nächsten Morgen auf keinen Fall zu vergessen.

Der Wecker klingelte um 3.30 Uhr, und eine halbe Stunde später war Cara bereits unterwegs. Sie hatte die Uhr mitgenommen. Falls Max sie vermisste und sie deshalb anrief, würde sie sie ihm auf dem Nachhauseweg vorbeibringen. Auf keinen Fall durfte er das als Vorwand benutzen, wieder in ihr Apartment zu kommen.

Sie zog ihre Ausweiskarte durch den Scanner in der Halle des Weißen Hauses, passierte die Sicherheitskontrolle und ging den Flur zu ihrem Büro entlang. So früh am Morgen war es noch dunkel, aber nicht nur das Reinigungspersonal war unterwegs, sondern mit dem neuen Präsidenten waren auch verschiedene Positionen ausgetauscht worden, sodass bereits die ersten Umzüge stattfanden, Möbel und Kisten geschleppt wurden.

„Morgen, Cara.“ Lynn trat an ihre Seite.

Im Gehen knöpfte Cara den Mantel auf und nahm sich den Schal ab. „Morgen. Hast du schon mit dem Präsidenten sprechen können?“

„Nein. Der Geheimdienst war eine Stunde bei ihm. Danach Barry. Und dann hat er sich in seine Privaträume zurückgezogen.“

„Was meinst du? Ist es wahr?“

Eine ihrer Assistentinnen nahm Caras Handtasche und ihren Schal. Cara drückte ihr auch noch den Mantel in die Arme.

„Keine Ahnung.“ Lynn stieß die Tür zu ihrem Büro auf.

Cara folgte ihr. „Hat Barry ihn nicht gefragt?“ Der Stabschef Barry Westmore kannte den Präsidenten besser als jeder andere.

Als Oberste der Presseabteilung hatte Lynn das größte Büro. Es war nicht nur mit einem großen Schreibtisch aus schwerer Eiche und einer bequemen Sitzecke ausgestattet, sondern auch mit drei Fernsehapparaten, die Nachrichten aus aller Welt brachten. Momentan spekulierten Reporter in Englisch, Deutsch und Russisch über das Privatleben des Präsidenten.

Lynn ließ sich in ihren ledernen Schreibtischsessel sinken und drehte nervös an ihrem Topasring. „Selbst wenn es wahr ist, der Präsident wusste nichts von dieser Tochter.“

„Das ist gut.“ Cara war erleichtert. Das war eine klare Aussage und den Medien leichter zu vermitteln.

Aber Lynn schüttelte besorgt den Kopf. „Nicht unbedingt. Als Mutter kämen nämlich mehrere Frauen infrage.“

„So?“

„Ja.“ Lynn ließ sich seufzend zurückfallen. „Barry und ich haben zurückgerechnet. Wenn man sehr großzügig rechnet, hatte er in der Zeit der möglichen Empfängnis mit drei Frauen Kontakt.“

„Drei? Wow!“ Unwillkürlich musste Cara lächeln.

Lynn runzelte kurz missbilligend die Stirn. „Wieso? Es war sein letztes Highschooljahr, und er war ein Footballstar.“

„Verstehe.“ Cara setzte sich auf einen der Besucherstühle, der vor dem Schreibtisch stand.

„Aber er weigert sich, uns die Namen der Frauen zu nennen. Erst will er wissen, ob Ariella wirklich seine Tochter ist. Nur in dem Fall dürfen wir mit seinen Exfreundinnen Kontakt aufnehmen.“

„Dann wird die Presse sie zuerst ausfindig machen.“ Cara musste sofort an Max denken. Sämtliche Medien stürzten sich auf diese Geschichte. Sie warteten bestimmt nicht den DNA-Test ab, sondern würden alles daransetzen, Ariellas Mutter zu finden.

„Das fürchte ich auch. Aber der Präsident will nicht Unschuldige in die Sache mit hineinziehen.“

Dafür ist es längst zu spät, dachte Cara. Wer auch immer in den letzten Highschooljahren mit dem Footballstar Morrow geschlafen hatte, war den Medien ausgeliefert.

Wieder drehte Lynn nervös an ihrem Ring. „Immer passiert etwas, womit man nicht gerechnet hat. Und meist hat es mit Sex zu tun. Vielleicht sollten wir das nächste Mal einen Kandidaten unterstützen, der blass und unscheinbar und eher intellektuell ist. Vielleicht einen berühmten Schachspieler oder so.“

„Hast du schon mit Ariella gesprochen?“

„Nein. Wir wissen nicht, wo sie ist.“

„Dass sie sich versteckt, kann ich gut verstehen.“ Wenn mir das passiert wäre, wäre ich längst über die kanadische Grenze …

„Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnte?“ Lynn sah Cara prüfend an. „Meinst du, du kannst sie finden?“

„Ich kann dich hier doch nicht mit allem allein lassen.“

„Doch, du kannst. Wir kommen auch ohne dich zurecht.“

„Danke. So etwas hört man besonders gern“, sagte Cara sarkastisch. „Aber ehrlich, Lynn, du musst doch heute die Erklärung der Presse gegenüber abgeben. Und die sollte ich schreiben. Außerdem musst du unbedingt ein paar Stunden schlafen.“ Sie wünschte, sie selbst hätte etwas länger als drei Stunden schlafen können. Denn da sie schwanger war, musste sie mehr auf ihre Gesundheit achten. Und jetzt in dieser Krisensituation …

„Das werde ich auch tun. Barry wird die Erklärung vorbereiten, und wir werden die Pressekonferenz auf den Nachmittag verschieben. Meinst du, dass du Ariella findest?“

Cara stand auf. „Ich kann es versuchen.“ Sie verließ den Raum und ging in ihr eigenes Büro. Falls sie Ariella fand, konnte man ihr wenigstens Polizeischutz anbieten. Sie zog den Mantel an, wickelte sich den Schal um den Hals und verließ das Weiße Haus. Draußen schneite es. Wenn Ariella wirklich Morrows Tochter war, würde sie ihr Leben lang unter Polizeischutz stehen. Und das war noch das geringste Übel. Selbst Cara konnte ihr Privatleben nicht mehr selbst bestimmen, und das nur, weil sie im Weißen Haus beschäftigt war. Was würde da erst auf Ariella zukommen.

2. KAPITEL

Nachdem Cara auf der Suche nach Ariella stundenlang die Stadt durchstreift hatte, musste sie schließlich aufgeben. Es war bereits neun Uhr abends, und sie hatte Nachrichten bei jedem hinterlassen, der Ariella kannte, und hatte mit allen Leuten gesprochen, die eventuell etwas wissen konnten. Erschöpft und enttäuscht stieg sie schließlich in den Fahrstuhl, der zu ihrem Loft hinauffuhr.

Cara schloss die Tür zu dem Vorraum auf. Erstaunt blickte sie die Wendeltreppe hoch. Von oben kam Licht und auch Musik!

Unwillkürlich griff sie nach ihrer Handtasche, in der sie Max’ Uhr verstaut hatte. Sollte er diesen lahmen Trick tatsächlich als Grund benutzt haben, wieder bei ihr aufzutauchen?

Sie warf Mantel und Schal auf die kleine Bank in dem Vorraum und zog die Stiefel aus. Leise stieg sie die Wendeltreppe hinauf. Er konnte was erleben! Auf sein Gesäusel würde sie diesmal nicht hereinfallen. Dann wurde ihr klar, dass ein berühmtes Lied von Beyoncé gespielt wurde. Das passte nicht zu Max. Und es duftete nach Kuchen. Schnell lief sie die restlichen Stufen hinauf – und blieb wie angewurzelt stehen.

Ariella stand in der Küchenecke, um sie herum das reinste mit Mehl besprenkelte Chaos! Sie hatte eins von Caras weiten T-Shirts über ihr kurzes Kleid gezogen und rote Topflappen in den Händen, in denen sie ein Blech mit Cupcakes hielt.

Schuldbewusst sah sie Cara mit ihren großen blauen Augen an. „Hoffentlich bist du mir nicht böse. Ich wusste nicht, wohin ich sonst gehen sollte.“

„Natürlich bin ich dir nicht böse.“ Cara ging schnell auf sie zu. „Ich habe dich schon überall gesucht.“

Ariella setzte das Blech ab. „Sie beobachten mein Haus und den Club. In ein Hotel zu gehen, wage ich nicht. Und auch auf dem Flugplatz warten sie sicher auf mich. Dein Portier unten kennt mich und hat mir geglaubt, als ich ihm sagte, ich hätte den Ersatzschlüssel verloren.“

„Ich bin froh, dass du gekommen bist.“ Cara umarmte sie vorsichtig, denn Ariella war überstäubt mit Mehl. Dann blickte sie auf das große Holzbrett, auf dem Cupcakes in den schönsten Farben abkühlten, hellgelbe Vanille, dunkelbraune Schokolade, pinkfarbener Fruchtzusatz, alle dekoriert mit Buttercreme und gekrönt von kleinen Marzipanfiguren, die Ariella offenbar selbst geformt hatte.

„Du bist wohl ordentlich hungrig“, bemerkte Cara lachend.

„Ich musste wohl eher irgendwie meine nervöse Energie loswerden.“

„Vielleicht können wir sie ins Büro mitnehmen und für einen guten Zweck verkaufen.“

Ariella warf die Topflappen auf den Tresen und stellte die Musik aus. „Hast du Wein zu Hause?“

„Selbstverständlich.“ Caras Weinvorrat war nicht sehr üppig, aber gut sortiert. „Was möchtest du? Merlot? Shiraz? Cabernet? Ich habe auch noch einen guten Mondavi da.“

„Vielleicht ist der gute Wein heute an mich verschwendet. Mir geht es augenblicklich mehr um die Menge.“

Trotzdem zog Cara den Mondavi aus dem Weinregal. „Kann ich gut verstehen.“

Sie nahm einen Korkenzieher aus der Schublade. „Gläser stehen über dem Herd.“

Ariella holte zwei Gläser aus dem Schrank, und die beiden Frauen gingen zu der Sitzecke. Dort zog Ariella das T-Shirt aus, das sie über ihr schlichtes graues Cocktailkleid gezogen hatte, ließ sich in einen Sessel fallen und zog die Füße unter sich. „Muss der Wein noch atmen?“

Cara lachte und goss ein. „Nicht in Notsituationen.“

Ariella beugte sich vor und griff nach einem der Gläser. Cara setzte sich auf die Couch und nahm das andere. Plötzlich fiel ihr die Schwangerschaft ein, und sie stellte das Glas schnell neben sich. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? „Meiner kann ruhig noch ein bisschen atmen. Aber nun zu dir. Wie hältst du das alles aus? Ich würde total ausrasten.“

„Ich raste total aus.“

Cara lehnte sich zurück. „Könnte es wahr sein? Weißt du irgendetwas über deine richtigen Eltern?“

Ariella schüttelte den Kopf. „Überhaupt nichts.“ Dann lachte sie leise und etwas verlegen. „Sie waren Amerikaner. Einer von beiden hat es vielleicht sogar bis zum Präsidenten geschafft.“

„Mir war immer klar, dass du tolle Gene hast.“

Ariella stand auf und ging zu dem großen Spiegel, der neben der Treppe hing. Nachdenklich betrachtete sie sich. „Findest du, dass ich ihm ähnlich bin?“

Cara stellte sich hinter ihre Freundin. „Ja, ziemlich.“

„So sehr, dass es wahr …“

„Ja“, flüsterte Cara und legte ihr den Arm um die Schultern.

Ariella schloss ein paar Sekunden lang die Augen. „Ich muss weg, irgendwohin, wo das Ganze nicht so eine Rolle spielt.“

„Du solltest in Washington bleiben. Hier wirst du geschützt. Die Polizei …“

Ariella riss die Augen auf. „Nein!“

„Verstehe.“ Wie konnte sie ihr nur helfen? Ihre Blicke begegneten sich im Spiegel. „Du musst einen DNA-Test machen lassen“, sagte Cara ernst.

Doch Ariella schüttelte heftig den Kopf.

„Es nicht zu wissen, bringt dich auch nicht weiter.“

„Das weiß ich. Aber ich kann es noch nicht.“ Ariella schniefte leise. „Etwas zu vermuten, ist eine Sache. Aber es genau zu wissen, ist eine ganz andere.“

„Ich weiß. Aber lass dir doch helfen. Komm mit mir ins Büro und rede mit Lynn.“

„Ich brauche Zeit, Cara.“

„Du brauchst Hilfe, Ari.“

Ariella drehte sich zu ihr um. „Ich muss ein paar Tage für mich haben, bevor ich mich dem Medienwahnsinn stelle. Okay?“

Cara zögerte. Wie sollte sie ihrer Chefin erklären, dass sie Ariella zwar gefunden, aber leider auch wieder verloren hatte? Andererseits war sie das der Freundin schuldig. Sie nickte. „Okay.“

„Ich werde den DNA-Test machen, aber noch nicht jetzt. Ich glaube nicht, dass ich in meinem jetzigen Zustand mit einem positiven Ergebnis umgehen könnte.“

„Wohin wirst du gehen?“

„Das kann ich dir nicht sagen. Du musst überzeugend wirken, wenn du sagst, dass du es nicht weißt.“

„Ich kann lügen.“

„Nein, das kannst du nicht. Nicht, wenn die amerikanische Presse dich löchert. Und nicht deiner Chefin gegenüber. Oder dem Präsidenten.“

Sie hatte recht. „Und wie kann ich dich erreichen?“

„Ich melde mich bei dir.“

„Aber, Ariella …“

„Tut mir leid, aber es muss sein.“

Caras Handy klingelte einmal kurz. Das bedeutete, dass Lynn ihr eine Nachricht geschickt hatte. Cara zog es aus der Tasche. Sie solle den Fernsehapparat anstellen, ANS.

„Was ist?“, fragte Ariella ängstlich.

„Eine Nachricht von Lynn. Irgendetwas ist am Kochen.“ Sie ging zum Fernsehapparat und stellte ANS ein.

Ariella trat neben sie. „Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl.“

Die Reporterin Angelica Pierce war zu sehen. Natürlich sprach sie über Ariella und ihre mögliche Verwandtschaft mit dem Präsidenten. Dabei erwähnte sie eine Frau namens Eleanor Albert, die aus Fields in Montana kam, der Heimatstadt des Präsidenten. Alte Jahrbücher der Highschool wurden eingeblendet, die Fotos von Eleanor Albert und dem jungen Morrows dicht nebeneinander. Dann ein dramatischer Tusch, und ein Bild von Ariella wurde zwischen die beiden geschoben.

Ariella riss die Augen auf und sank auf die Couch. „Oh, nein …“, ächzte sie.

Cara setzte sich neben sie und umarmte sie. Die Ähnlichkeit war einfach verblüffend. Man brauchte noch nicht einmal einen DNA-Test, um festzustellen, dass Ariella die Tochter des Präsidenten war.

Max wusste, dass seine Ausrede mit der Uhr, die er in Caras Apartment vergessen habe, wirklich lahm war. Aber etwas anderes fiel ihm auf die Schnelle nicht ein. Es war Licht in ihrem Apartment. Also war sie auch zu Hause.

Er hatte gerade die Sendung mit Angelica Pierce auf seinem Tablet-PC gesehen. Wahrscheinlich war im Weißen Haus jetzt die Hölle los. Und in den nächsten Wochen würde es kaum eine Möglichkeit geben, sich mit Cara zu treffen. Nachdem er aus seinem Mustang ausgestiegen war, stellte er den Mantelkragen hoch, denn es herrschte ein ungemütlicher Schneesturm. Als er unter dem Vordach stand, strich er sich die Schneeflocken von den Schultern. Dann blickte er hoch und sah direkt in die Augen von Ariella Winthrop.

Beide erstarrten.

„Ariella?“ Vorsichtig sah Max sich nach beiden Seiten um, aber kein Mensch war zu sehen.

„Hallo, Max.“

Er ergriff sie beim Arm und zog sie aus dem Schein der Straßenlampe. „Was machst du hier? Wenn dich nun jemand sieht!“

„Der Portier hat mir ein Taxi bestellt.“

„Ein Taxi? Weißt du denn nicht, dass dein Bild über alle Fernsehsender verbreitet wurde? Dein Gesicht kennt jetzt jeder. Ich fahre dich nach Hause.“ Doch sofort fiel ihm ein, wie unsinnig dieser Vorschlag war. „Besser ist ein Hotel. Auf keinen Fall kannst du hier draußen stehen und auf ein Taxi warten.“

Er machte einen Schritt auf sein Auto zu, aber Ariella blieb stehen und machte sich mit einem kräftigen Ruck frei. „Warum sollte ich mit dir kommen? Du bist doch einer von denen, denen ich dringend aus dem Weg gehen sollte.“

Beinahe empört sah er sie an. „Ich bin hier als Privatmann und nicht als Reporter.“

„Du bist immer Reporter.“

Er schwieg kurz. „Kann ich dir eine einzige Frage stellen?“

Sie warf ihm einen wütenden Blick zu.

Er wartete ihre Antwort nicht ab. „Hast du ANS über das informiert, was die heute in den Nachrichten brachten?“

„Natürlich nicht. Ich habe noch nie von Eleanor Albert gehört. Und die Fotos beweisen gar nichts.“

„Aber für den Rest der Welt ist die Sache klar“, sagte er vorsichtig. „Ariella, bitte, komm mit mir zum Weißen Haus.“

„Nein!“

„Dort bist du in Sicherheit. Hast du denn vor, irgendwo unterzutauchen?“

Sie schwieg.

„Ich kann dir helfen. Und dich dahin bringen, wo du sicher bist.“

Jetzt verdrehte sie genervt die Augen. „Ein sicheres Versteck, vom dem der Starreporter des NCN weiß? Dass ich nicht lache. Du wirst doch bestimmt auch dieses Gespräch hier veröffentlichen, oder?“

Damit traf sie einen empfindlichen Punkt. Natürlich konnte er seinen Sender nicht belügen. Aber er konnte durchaus entscheiden, welche Informationen er wann und in welcher Form zur Veröffentlichung freigab. „Das weiß ich noch nicht. Was würdest du denn der Öffentlichkeit durch mich mitteilen wollen?“

Sie zögerte. Was hatte sie schon zu verlieren? „Dass ich nicht weiß, wer meine richtigen Eltern sind. Und dass ich Washington verlassen habe.“

„Okay.“

„Das würdest du für mich tun?“

Er nickte. „Natürlich.“

Zum ersten Mal zeigte sie so etwas wie ein Lächeln. „Danke, Max.“

„Ich kann dich doch zu dem Privatflughafen Potomac bringen. Dort kannst du eine Privatmaschine chartern, die dich hinbringt, wohin du willst. Und wenn du Geld brauchst …“

„Ich brauche kein Geld.“

„Und sonst?“

Sie sah ihn misstrauisch an. „Musst du nicht melden, dass du mich zum Potomac gebracht hast?“

Er grinste und sagte mit geübter Reporterstimme: „Aus gut informierten Quellen haben wir erfahren, dass Ariella Winthrop Washington verlassen hat, wahrscheinlich mit einer Privatmaschine vom Flughafen Potomac aus. Über das Ziel, das Flugzeug und den Piloten ist nichts Näheres bekannt.“

Er sah sich kurz nach allen Seiten um. „Du kannst dein Haar hochstecken, Ariella. Wir besorgen dir eine Jeans, eine Baseballmütze und eine Sonnenbrille. Am besten nimmst du einen kleinen Learjet. Die Piloten sind verschwiegen und reden nicht über ihre Passagiere.“ Als sie immer noch zögerte, fügte er hinzu: „Oder hast du eine bessere Idee?“

„Was hast du davon?“

„Dankbarkeit und Wohlwollen. Deins und das des Weißen Hauses. Und vielleicht auch des Präsidenten. Außerdem bin ich nun mal ein netter Mensch.“

„Als Mann von der Presse?“

„Ja, auch als Reporter. Außerdem liebe ich es, hilflosen Frauen beizustehen.“

Wieder musste sie lächeln.

„Mein Wagen steht da drüben.“ Er wies mit dem Kopf auf den Mustang. „Lass uns fahren. Jede Minute kann jemand vorbeikommen und dich erkennen.“

In diesem Augenblick hielt ein Taxi an der Bordsteinkante. Ariella sah zwischen dem Mustang und dem Taxi hin und her. Dann nickte sie Max zu. „Fahr mich zum Flughafen.“

„Zwei Dinge haben Priorität.“ Lynn blickte Cara über den Schreibtisch hinweg an. Es war zehn Uhr morgens, und Lynn hatte eine frühe Pressekonferenz bereits hinter sich. Bisher hatte Präsident Morrow sich noch nicht in der Öffentlichkeit blicken lassen. Heute Abend würde er jedoch eine Vorstellung im Kennedy Center besuchen.

„Zum einen Eleanor Albert“, fuhr Lynn fort. „Wer ist das? Wo wohnt sie? Ist sie wirklich Ariellas Mutter? Und dann müssen wir uns um die Einwohner von Fields kümmern, was sie wissen, an was sie sich erinnern und was sie über den Präsidenten zu sagen haben.“

Sie richtete sich auf und blickte auf die Tür. „Da sind Sie ja.“ Sie machte eine einladende Handbewegung. „Kommen Sie herein.“

Cara drehte sich um. Max! Mit den Jeans, den Stiefeln und dem weißen offenen Hemd unter dem schwarzen Jackett wirkte er beinahe elegant, zumal er auch glatt rasiert war. Es umgab ihn eine Aura von selbstverständlicher Macht. Er begegnete ihrem Blick, sein Gesichtsausdruck blieb neutral.

Auch mit Lynn im Raum konnte sich Cara kaum zusammennehmen. Sie war enttäuscht und wütend. Denn gestern spät abends hatte er in einer Sondersendung des US-weiten Fernsehens über Ariella und ihre Pläne gesprochen. Und das alles nur wegen der Einschaltquote!

„Setzen Sie sich.“ Lynn wies auf den Stuhl neben Cara.

Nach einem kurzen Seitenblick auf Cara setzte er sich.

„Wer ist Ihr Informant?“ Lynn kam sofort zur Sache.

„Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder?“ Max hob in gespielter Überraschung die dunklen Augenbrauen.

„Woher wissen Sie das von Ariella?“

Das interessierte Cara brennend, denn auch sie hatte keine Ahnung gehabt, dass die Freundin zum Potomac Flughafen wollte. Woher wusste Max das? Und warum hatte man gerade ihn informiert?

„Sie wissen doch sehr gut, dass ich meine Quellen nicht preisgeben kann.“ Max sah kurz zwischen beiden Frauen hin und her.

„Doch, das können Sie. Wenn die nationale Sicherheit es verlangt.“ Lynn beugte sich vor. „Und dies scheint so ein Fall zu sein.“

„Tatsächlich? Wieso?“ Max lehnte sich gelassen zurück.

„Wenn sie entführt wurde, von irgendeiner ausländischen Macht oder, was noch fataler wäre, von einer terroristischen Vereinigung, dann wäre dadurch tatsächlich die nationale Sicherheit bedroht. Denn als Tochter des Präsidenten …“

„Es ist ja noch vollkommen ungeklärt“, unterbrach Max sie schnell, „ob sie wirklich Morrows Tochter ist. Es sei denn, der Präsident gibt zu, mit Eleanor Albert geschlafen zu haben.“

Vorübergehend war Lynn sprachlos, und so sprang Cara ein. „Wer hat Ihnen denn erzählt, dass Cara zum Potomac Flughafen wollte?“

Max wandte sich zu ihr um und sah sie an. Sein Gesicht war eine ausdruckslose Maske.

„Nun sagen Sie schon, Max“, drängte Cara. „Sie wollen doch auch nicht, dass Ariella etwas passiert. Sie ist unschuldig in diese Situation geraten. Sie braucht Polizeischutz.“

„Ach ja?“ Max verzog kurz die Mundwinkel. „Haben Sie ihr das gestern Abend auch gesagt?“

Jetzt war Cara sprachlos.

„Haben Sie ihr gesagt, dass sie Polizeischutz braucht?“, wiederholte er.

Es gab nur eine Erklärung dafür, dass er von Ariellas Besuch bei Cara wusste. „Selbstverständlich. Ich habe sie angefleht, sich helfen zu lassen. Das habe ich auch gerade Lynn erzählt.“

Darauf wandte Max sich wieder an Lynn. „Sie wollen wissen, von wem ich das habe? Von Ariella selbst. Und ich weiß, dass sie von Potomac abgeflogen ist, weil ich sie selbst zum Flugplatz gefahren habe. Sie ist weg, Lynn.“

„Aber warum um alles in der Welt haben Sie sie nicht aufgehalten?“

„Weil die Macht der Presse weder Entführungen noch gewaltsames Festhalten einschließt. Ariella ist eine erwachsene Frau. Sie ist amerikanische Staatsbürgerin. Und sie kann kommen und gehen, wann sie will.“

„Ist sie noch im Lande?“, fragte Cara.

„Sie sagte mir, dass sie ihren Pass bei sich hätte. Ich bin Ariella gestern zufällig begegnet. Ich habe ihr meine Hilfe angeboten. Sie wollte unbedingt raus aus Washington, und ich habe sie dabei unterstützt.“

Cara wusste aus eigener Erfahrung, dass sich Ariella nicht umstimmen ließ, wenn sie einmal einen Entschluss gefasst hatte. Hoffentlich kam sie nur bald zurück. Denn ein DNA-Test war auch in ihrem Interesse.

Lynn räusperte sich. „Das Weiße Haus dankt Ihnen für Ihre Bemühungen, Max“, brachte sie etwas steif hervor.

„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Max trocken und stand auf. „Ich bin hier wirklich nicht der Buhmann.“

Als er das Büro verließ, klingelte Lynns Telefon. Schnell nutzte Cara die Gelegenheit, sprang auf und lief hinter Max her. „Max?“

Er blieb stehen und drehte sich um. Sie wies mit dem Kopf auf ihre Bürotür. Er trat ein, und Cara schloss hinter ihm die Tür. Sicher, er hatte das Richtige getan. Aber etwas musste sie noch wissen. „Wo bist du Ariella denn begegnet?“, fragte sie.

„Logan Circle.“

„Vor meinem Apartment? Hast du dort auf sie gewartet?“

Mit wenigen Schritten stand er direkt vor Cara, deren Herz sofort wie verrückt anfing zu rasen. Ihr Atem kam schnell und flach. Offenbar konnte sie sich noch so viel Mühe geben, konnte Vernunft und Logik einsetzen, es half nichts. Max Grays Wirkung auf sie war so stark wie eh und je.

Er sah ihr tief in die Augen. „Glaubst du wirklich, dass ich mich vor deinem Apartment aufhielt, weil ich hoffte, dass Ariella vorbeikommt?“

Nein, das war sehr unwahrscheinlich. Cara senkte den Kopf und machte einen Schritt zurück. Schon stieß sie gegen ihren Schreibtisch.

Sofort trat er wieder vor und verringerte den Abstand. „Kannst du dir keinen anderen Grund vorstellen? Überhaupt keinen?“

„Aber ich habe dir doch gesagt, dass es nicht geht.“

„Ich war wegen meiner Armbanduhr gekommen.“

Sie sah ihn wieder an. „Wir wissen doch beide, dass du sie absichtlich liegengelassen hast.“

„Stimmt. Aber anders komme ich ja nicht mehr an dich heran. Ich habe keine andere Wahl.“

„Doch. Du sollst dich von mir fernhalten.“

„Das kann ich nicht akzeptieren.“

„Du musst. Und ich muss jetzt wieder arbeiten. Ich weiß nicht, ob es sich schon bis zu dir herumgesprochen hat, wir haben eine Krise.“

Sein Blick wurde weich. „Das tut mir wirklich sehr leid.“

„Und du musst auch zurück zu deinen Job.“

„Ja, stimmt.“ Er strich ihr kurz über die Wange und verließ den Raum. Dass schon diese leichte Berührung ein solches Gefühlschaos in ihr anrichtete, macht sie mutlos. Wie sollte das bloß weitergehen?

Sie ließ sich in ihren Schreibtischsessel fallen und blickte automatisch auf den Computerschirm. Eine Menge E-Mails waren aufgelaufen. Aber sie konnte sich nicht dazu bringen, sich mit ihnen zu beschäftigen. Stattdessen legte sie sich die Hand auf den Bauch. Sie war noch in einem sehr frühen Schwangerschaftsstadium. Wenn sie nicht so ultraregelmäßig wäre, was ihren Zyklus betraf, und wenn es nicht diese superschnellen Mittel zum Schwangerschaftsnachweis gäbe, würde sie gar nicht wissen, dass sie ein Kind erwartete.

Aber sie war schwanger, und sie wusste es. Und dass es Max’ Baby war, machte eine an sich schon schwierige Situation noch komplizierter. Max war einer der begehrtesten Junggesellen in Washington. Er war intelligent, witzig, mutig und sehr sexy. Er begehrte sie, so viel war klar. Aber was er nicht wollte, nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft, waren ein Heim und Familie. Oft genug hatte er ihr von seiner Mutter erzählt, die von dem Vater verlassen worden war, und dass er keine Lust hatte, diese unrühmliche Tradition fortzuführen.

Als Fernsehjournalist war er unschlagbar. Er hatte ein gutes Gespür für eine Story und verfolgte sie furchtlos. Auch wenn sie ihn nach Afghanistan oder Afrika führte, wenn er dafür hoch in der Luft oder auf dem Grund des Ozeans recherchieren musste. Entsprechend authentisch waren seine Sendungen, die Millionen von Zuschauern in ihren Bann schlugen. Das war das Leben, das er liebte. Er brauchte nichts anderes, und er sehnte sich nach nichts anderem.

Von Anfang an hatte Cara versucht, ihm und damit seiner Wirkung auf sie aus dem Weg zu gehen. Schon wegen ihrer so unterschiedlichen Berufe war eine Beziehung während des Wahlkampfs riskant und vollkommen unmöglich, seitdem Morrow Präsident war.

Mehr als einmal hatte Cara den Eindruck gehabt, dass Max sie nur wollte, weil er sie nicht haben konnte. Und manchmal hatte sie sich nachts im Bett vorgestellt, sich ihm hinzugeben und so viel Zeit mit ihm zu verbringen, wie sie wollte. Wie lange es wohl dauern würde, bis er ihrer überdrüssig war?

Für Max war es nur eine weitere Affäre, ein Flirt, eine Liebelei, Sex mit einer neuen Frau in der Reihe der vielen Frauen, die vor ihr waren. Aber für Cara war es etwas anderes. Sie liebte ihn, und jetzt erwartete sie sein Kind. Vater zu sein, war ohne Frage ein Albtraum für ihn, schlimmer noch als eine längere Beziehung, da machte sie sich nichts vor. Wenn er davon erführe, war er sicher im nächsten Flugzeug nach Borneo oder die hintere Mongolei …

Cara lächelte traurig. Das alles wusste sie, und dennoch musste sie immer wieder an die ersten Tage und Wochen mit ihm denken. Und sie verdrängte das Wissen, dass er sie verlassen und ihr das Herz brechen würde. War es das wert? Manche Tage war sie sogar davon überzeugt.

3. KAPITEL

Im Rahmen seines Jobs hatte Max so manches auf sich zu nehmen. Er hatte sich mit der Machete einen Pfad im Dschungel freischlagen müssen, hatte Wasserfälle überwinden, Schlangen und Skorpione bekämpfen und sogar einmal mit einem Krokodil ringen müssen. Aber nichts hatte ihn auf das vorbereitet, was er hier ertragen musste. Auf einem Skihang in Fields/Montana, dem Geburtsort des Präsidenten, umgeben von fünfhundert kreischenden Schulkindern auf Skiern und Snowboards.

Als der Präsident hier aufwuchs, war Fields eine kleine Stadt gewesen, die im Wesentlichen von der Viehzucht lebte. Aber in den letzten zehn oder zwanzig Jahren war die Stadt, die malerisch inmitten von Bergen lag, als Skiparadies entdeckt worden. Man hatte Lifte gebaut, und große Hotel- und Ferienanlagen hatten das Gesicht der Stadt total verändert.

Max’ Kameramann Jake Dobson kam mit kühnem Schwung auf seinem Snowboard neben Max zum Stehen. Die beiden Männer hatten schon bei einem kleinen lokalen Fernsehsender in Maryland zusammengearbeitet.

„Wollen wir noch mal?“, fragte Jake.

„Lieber nicht.“ Max blickte auf den Hang, der dicht von Kindern bevölkert war. „Die haben mich zu Tode erschreckt.“

Jake lachte. „Aber die sind doch wirklich harmlos.“

„Ich habe keine Angst, dass sie mir wehtun könnten. Aber dass ich ein achtjähriges Mädchen umfahren könnte. Das Risiko will ich nicht eingehen.“ Max beugte sich vor und löste die Schuhe von seinem Snowboard.

Leise seufzend machte Jake es ihm nach. „Die ganze Woche wird hier die Hölle los sein. Es sind Skiferien.“

„Wir haben sowieso anderes zu tun.“ Max stellte sein Snowboard auf und nahm den Helm und die Schneebrille ab.

Am Vormittag hatten die beiden Männer angefangen, die Rancher in der Umgebung aufzusuchen. Einige erinnerten sich noch an den Präsidenten als Teenager. Allerdings war keiner bereit gewesen, sich der Kamera zu stellen. Und alle taten so, als wüssten sie nichts von Eleanor Albert.

Max war angenehm überrascht, wie freundlich aber zurückhaltend die Einwohner von Fields waren. Viele kannten ihn von seinen Fernsehberichten, aber nur wenige kamen auf ihn zu und baten um ein Autogramm.

„Wollen wir nicht etwas essen?“ Jake wischte den Schnee von seinem Snowboard. „Ich bin am Verhungern.“

„Klar. Ich habe auch Hunger.“ Max wandte sich um und ging in Richtung Lodge. „Sind diese kleinen Monster wirklich die ganze Woche hier?“ Leider gingen ihre beiden Räume auf den überdachten Innenhof mit dem beheizten Pool hinaus. Außerdem waren die Kinder die ganze Nacht den langen Flur rauf- und runtergerast.

„Ja. Ich habe mit einem ihrer Lehrer gesprochen.“

„Na, toll …“ Max hatte nicht übermäßig viel für Kinder übrig. Zumindest nicht, wenn sie sich nicht wie Erwachsene benahmen. Er bewunderte die Leute, die einfach über den Krach und die Unordnung und die nervige Spontaneität der süßen kleinen Tyrannen hinwegsehen konnten. Er bevorzugte Vernunft und Berechenbarkeit. Und die war bei Erwachsenen gegeben. Denn er hatte festgestellt, dass man sich auf einen entscheidenden Charakterzug verlassen konnte: Jeder handelte in seinem eigenen Interesse.

„Ich habe schon unten angerufen und den Manager gebeten, uns andere Zimmer zu geben“, sagte Jake lächelnd.

„Ach, wirklich?“ Max fiel ein Riesenstein vom Herzen.

„Ja, wir ziehen jeder in ein kleines Cottage, die weiter weg liegen. Die werden nur an Erwachsene vermietet.“

„Jake, du bist fantastisch!“

Der Freund grinste. „Der Pool da oben hat den Ausschlag gegeben. Außerdem hat Jessica sich letzte Woche von mir getrennt. Und meine Freiheit als Junggeselle will ich nicht unbedingt mit Kindern teilen.“

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Autor

Fiona Brand
<p>Fiona Brand ist eine Autorin aus Neuseeland. Derzeit lebt Sie an der wunderschönen „Bay of Islands“, einem subtropischen Paradies zum Angeln und Tauchen. Dort genießt Sie die traumhafte Natur zusammen mit ihren beiden Söhnen, zwei Wellensittichen und einem Goldfisch. Sie liebt Bücher seit sie alt genug ist Seiten umzublättern Mit...
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Katherine Garbera
<p>USA-Today-Bestsellerautorin Katherine Garbera hat schon mehr als neunzig Romane geschrieben. Von Büchern bekommt sie einfach nicht genug: ihre zweitliebste Tätigkeit nach dem Schreiben ist das Lesen. Katherine lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und ihrem verwöhnten Dackel in England.</p>
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