Beim zweiten Mal noch schöner - 5 Second Chance Romances

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IMMER NOCH VERRÜCKT NACH DIR von LIZ FIELDING

Eves Herz schlägt wie verrückt, als sie erkennt, wer vor ihr steht: Kit Merchant, Weltklasse-Segler und Herzensbrecher. Er sollte irgendwo am anderen Ende der Welt sein – nicht hier in dieser Safari-Lodge in Afrika. Vor vielen Jahren hat sie nur eine unvergessliche Nacht mit ihm verbracht, seitdem haben sie sich nie mehr wiedergesehen. Jetzt flammt das Begehren wieder auf. Doch wird Kit ihr jemals verzeihen können, wenn er erfährt, was sie vor ihm verheimlicht hat?

HERZ GERETTET, HERZ VERSCHENKT von ALLIE KINCHELOE

Nur einer kann ihren herzkranken Sohn retten: Rhiann muss ihren einstigen Freund, den Chirurgen Dr. Patrick Scott, um Hilfe bitten. Seit Jahren herrscht eisiges Schweigen zwischen ihnen. Und beim Wiedersehen wirft er Rhiann auch noch etwas Unglaubliches vor!

NUR EINE NACHT MIT DEM SEXY EX? von NICKI NIGHT

Für Phoenix Jones ist es zunächst ein Albtraum, als sie ihrem Ex Carter bei der Hochzeit von Freunden im Südpazifik begegnet. Aber unter der gleißenden Sonne verblasst ihre Wut allmählich – stattdessen hat sie plötzlich Lust, eine Nacht mit Carter zu verbringen. Auch wenn morgen wieder Schluss ist, will sie heute das genießen, was sie beide immer schon vereint hat: heiße Leidenschaft!

SCHENK MIR EINE ZWEITE CHANCE von SUSAN CARLISLE
Wie soll es Macie nur gelingen, dem neuen Arzt im Tropenhospital von Saipan aus dem Weg zu gehen? Sie kennt Landon Cochran von Hawaii – wo er nach einer leidenschaftlichen Nacht verschwand und ihr das Herz brach. Das darf ihr nicht ein zweites Mal passieren!

FLAMMENDE SEHNSUCHT NACH DIR! von JOSS WOOD

Vor zehn Jahren hat Tanna Murphy ihn ohne ein Wort der Erklärung verlassen und Levi Brogan zutiefst verletzt. Jetzt steht sie wieder vor seiner Tür – heißer und verführerischer denn je. Sie will sich mit ihm versöhnen. Aber so leicht lässt er sie nicht davonkommen! Doch die süße Rache wird bald zur prickelnd sinnlichen Gefahr. Will Levi wirklich noch einmal sein Herz riskieren?


  • Erscheinungstag 14.11.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536097
  • Seitenanzahl 622
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
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Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Jennifer Galka
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Liz Fielding
Originaltitel: „A Secret, a Safari, a Second Chance“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 112020 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Gudrun Bothe

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733714185

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
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PROLOG

„Frierst du denn gar nicht, Rotschopf ?“

Eve fröstelte tatsächlich, was aber nicht an der milden Abendluft in Nantucket lag. Ihr Unwohlsein war eher psychischer als physischer Natur. Schließlich nahm sie an dieser Strandparty nicht aus eigenem Antrieb teil, sondern auf Drängen älterer weiblicher Verwandter, die der festen Überzeugung waren, die Gesellschaft von jungem Gemüse würde ihr guttun und sie aufheitern.

Ihre Cousinen hatten dann auch halbherzig versucht, sie in ihre Clique zu integrieren, doch die kichernden Teenager kannten sich alle von klein auf, und sie selbst war einundzwanzig und steckte im letzten Unisemester. Dazu kam ihr Sonderstatus als die englische Cousine , deren Mutter gerade erst verstorben war. Was das allgemeine Unbehagen nur noch verstärkte.

Aus Mitleid mit ihnen, und um sich selbst eine Pause von lauter Musik und loderndem Lagerfeuer zu gönnen, schützte sie Kopfschmerzen vor und flüchtete sich in den Schatten der Dünen. Was für eine Wohltat, endlich mal allein und unbeobachtet zu sein, ohne die ständig präsente Fürsorge ihrer Verwandtschaft.

Jetzt brauchte sie nur noch abzuwarten, bis ihre Großmutter sicher in ihrem Bett lag, um sich dann unbeobachtet zurück ins Haus schleichen zu können …

„Darf ich mich deiner Privatparty anschließen, wenn ich dir meinen Pullover leihe?“

Sie schaffte es gerade noch, den kleinen Samtelefanten, der sie hatte trösten sollen, zurück in die Jackentasche zu stopfen, bevor sie sich dem Störenfried widmete, mit der klaren Absicht, ihn abzuwimmeln.

Doch dann lag auch schon sein weicher Kaschmirpulli um ihre Schultern, und er selbst ließ sich ganz selbstverständlich neben ihr im Sand nieder. Der Pullover roch nicht nach Feuer, sondern nach Meer und irgendetwas angenehm Maskulinem, weshalb sie ihn auch nicht abschüttelte, sondern sich instinktiv in die angenehme Wärme kuschelte.

„Hallo, ich bin Kit“, sagte der Unbekannte und bot ihr seine Hand, die sie, in englischen Internaten auf Höflichkeit getrimmt, automatisch ergriff. Doch ihr eigener Name kam ihr nicht über die Lippen. Ihr Hals war wie zugeschnürt.

Kit … Kit Merchant!

Sie kannte den Geburtsort ihrer Mutter nur von gelegentlich hier verbrachten Sommerferien, dennoch war ihr der Name ein Begriff. Wie wohl jedem hier! Schon als Teenager hatte Kit Merchant in London Gold ersegelt und war so zur Insellegende geworden. Und seitdem reihte sich eine Trophäe an die nächste.

Doch jetzt, als Mittzwanziger, war er definitiv zu alt und viel zu glamourös, um auf einer ordinären Teenagerparty rumzuhängen. Was also hatte er hier verloren?

„Das ist keine Party“, informierte sie ihn steif und frustriert, weil er sie wie selbstverständlich mit diesem albernen Spitznamen angesprochen hatte. Ihr feuerrotes Haar, ein Erbe schottischer Vorfahren ihrer Mutter, war seit Schulantritt eine nie versiegende Quelle von Witzen und Neckereien. „Und wovor versuchst du dich zu drücken?“

Ohne den Blick abzuwenden oder ihre Hand loszulassen, wies er mit seinem markanten Kinn in Richtung Lagerfeuer. „Meine kleine Schwester feiert hier ihren Geburtstag, und ich bin als Aufsichtsperson abkommandiert worden.“

„Du Ärmster.“

„Halb so schlimm, wenn ich mich dir anschließen darf …?“

Das konnte nur ein Scherz sein, denn der Typ war nicht nur eine lebende Legende, sondern dazu noch umwerfend attraktiv. Seltsam, ihr Verlangen nach Einsamkeit ließ sekündlich nach. „Ist es das, was ein verantwortungsvoller Erwachsener tun würde?“, fragte sie mit erhobenen Brauen.

„Oh, ich habe gerade erst strikte Order erteilt. Kein Saufen, kein Sex. Und da sie höflich genug waren, nicht laut zu lachen, beschloss ich, mich dezent zurückzuziehen, damit sie sich endlich amüsieren können.“

Der Schein des Lagerfeuers spiegelte sich in seinen Augen wider und verlieh seinem Haar einen goldenen Schimmer. Und sein Lächeln wärmte sie mindestens so wie der weiche Kaschmirpullover um ihre Schultern.

„Eine langatmige Erklärung auf meine Frage, die mit einem schlichten Nein beantwortet gewesen wäre …“

„Nicht unbedingt. Meine Fürsorge gilt immerhin allen Gästen meiner Schwester. Insbesondere denen, die sich von allen abgrenzen, statt Limonade zu trinken, Marshmallows zu rösten und Spaß zu haben. Also, wer bist du und warum versteckst du dich hier?“

„Ich hasse Limonade, und Marshmallows mutieren bei mir immer zu Brandopfern.“

Ihren Namen behielt sie lieber für sich. Der Gedenkgottesdienst für ihre Mutter war überall in der Gegend Gesprächsthema gewesen, und sobald Kit Merchant wüsste, dass sie Genevieve Bliss war, wäre es vorbei mit der lockeren Plauderei.

Rotschopf werde ich mein Leben lang genannt, das ist völlig okay. Und für diese Party bin ich einfach zu alt, deshalb sitze ich lieber etwas abseits.“

Kit musterte sie einen Moment aufmerksam, dann hob er die Schultern. „In diesem Fall hoffe ich, dich zu einer anständigen Flasche Wein verführen zu können, Rotschopf . Und etwas Nahrhafteres als Marshmallows wird sich auf jeden Fall im Kühlschrank finden lassen.“

„Du hast einen Kühlschrank … hier?“

Amüsiert lachte er auf. „Nicht nur einen Kühlschrank. Sogar eine Hütte, direkt am Strand.“

„Und was ist mit der Party?“

Er wandte den Kopf in Richtung der feiernden Teenager, die in Grüppchen zusammensaßen, plauderten und hoffentlich nur Limonade tranken. Zwei, drei tanzten zu einer Musik, die hauptsächlich aus dröhnenden Bässen bestand. „Sollten sie mich brauchen, wissen sie, wo ich zu finden bin“, kam es nach kurzem Zögern zurück.

Passierte das gerade wirklich?

Unfassbar! Ein weltberühmter, dazu mörderisch attraktiver Segler, dessen Gesicht unzählige Titelseiten zierte, lud sie zum Dinner in seine Strandhütte ein?

Ihr Zögern war ihm offenbar nicht entgangen. „Ich verspreche, nicht mit dir zu flirten. Pfadfinderehrenwort.“

Das klang aufrichtig, doch das Lodern in seinen Augen erzählte eine andere Geschichte. Und sein herber Mund war so verlockend nah, dass sie sich zusammenreißen musste, um sich ihm nicht an den Hals zu werfen.

„Schade …“, murmelte sie rau und schlang einen Arm um seinen Nacken, wobei der weiche Kaschmirpulli herunterrutschte und in den Sand fiel. Sekundenlang rührte sich keiner von ihnen, dann schloss sie die Lider und spürte seinen Mund auf ihrem.

1. KAPITEL

Knapp vier Jahre später …

„Ist dir kalt, Darling?“

Genevieve Bliss zitterte, aber nicht vor Kälte. In diesem Zustand war sie seit ihrer Ankunft auf Nantucket Island. Und das heutige Wohltätigkeitsessen, verbunden mit einer Auktion, die Spenden für eine Suchtklinik einbringen sollte, machte alles nur noch schlimmer – wobei das nicht an der Spendengala selbst lag. Denn dass die Klinik dringend gebraucht wurde, wusste sie.

Es lag an dem Ort der Veranstaltung. Das Merchant Seafarer Resort war der letzte Platz, den sie freiwillig aufgesucht hätte, doch ihre Patentante, die nach einer Hüftgelenksoperation einen stützenden Arm benötigte, war wild entschlossen, bei der Auktion mitzubieten.

„Mir geht’s gut“, behauptete sie und zwang sich zu einem Lächeln, während sie sich dem eleganten Foyer näherten.

Es würde schon alles glattlaufen …

Laut seinem Team-Blog hielt sich Kit Merchant gerade auf der anderen Hälfte der Erdkugel auf, um eine neue, mehrere Millionen Pfund schwere Segeljacht auf Herz und Nieren zu prüfen. Und selbst wenn er hier wäre, würde er ganz sicher kein weibliches Wesen wiedererkennen, das er für eine unvergessliche Nacht Rotschopf genannt hatte.

Nicht, dass sie sich auch nur eine Sekunde der Fantasie hingegeben hätte, ihr kurzes Abenteuer könnte auch für ihn unvergesslich sein. Schon allein sein Playboy-Image, ein lohnendes Geschenk für jedes Klatschmagazin, sprach dagegen. Und ohne ihre flammend roten Haare würde sie buchstäblich und im übertragenen Sinn in der Menge untergehen und wäre damit vor Entdeckung geschützt.

„Um ehrlich zu sein, bin ich tatsächlich ein bisschen … überwältigt, Martha“, vertraute sie ihrer Begleitung auf dem Weg zur Garderobe an. „Ein derartiger Luxus liegt weit außerhalb meiner Komfortzone.“

„Okay, dann will ich jetzt mal ganz offen zu dir sein, Eve“, entschied ihre Patin. „Ich denke, dass deine Komfortzone durchaus eine kleine Auffrischung vertragen kann. Wie dein Kleiderschrank übrigens auch.“

Das war deutlich. Dabei hatte sie bei der Kleiderwahl genau das Gegenteil im Sinn gehabt! Vor allem wollte sie unbedingt ihre roten Haare kaschieren … nur für den Fall, dass er möglicherweise doch hier auftauchen würde. Doch leider hatte die Tönung nicht wie erhofft angeschlagen: Anstatt sich vom auffälligen Rotschopf in eine dezente Brünette zu verwandeln, hatten ihre Haare am Ende ein schlammiges Braun angenommen.

Die Farbe war scheußlich, der Schock groß, als sie sich im Spiegel sah, aber glücklicherweise war es ja nur ein vorübergehender Makel. Und irgendwie schien es auch zu dem unvorteilhaften Outfit zu passen, das sie gewählt hatte.

Partykleidung hatte sie, da nicht gefordert, ohnehin nicht mitgebracht. Selbst wenn in ihrem Koffer neben Hannahs Sachen noch Platz gewesen wäre, hätte sie kaum etwas Elegantes in ihrem Schrank gefunden, in das sie momentan reingepasst hätte. Scheußliches Haar und ein paar Pfund zu viel mussten also als Tarnung reichen.

„Woher, um alles in der Welt, hast du nur diesen … Fummel?“, wollte Martha kopfschüttelnd wissen, als sie ihren Mantel auszog.

„Danke, wenn jemand mein Selbstvertrauen stärken kann, dann du“, versuchte Eve das offensichtliche Entsetzen ihrer Patin mit einem Scherz abzutun. „Aber dieses Kleid ist ein Klassiker, ehrlich“, fügte sie angesichts Marthas skeptisch hochgezogener Brauen hinzu. „Ich habe es in Nanas Kleiderschrank gefunden. Es ist sogar noch ungetragen, die Etiketten waren noch dran.“

„Das letzte Mal, als deine Großmutter ein neues Kleid gekauft hat, war zu Reagans Präsidentschaft.“

„Es ist ein wundervolles Material.“

„In deinem Alter solltest du mit deinen hinreißend roten Locken prunken, die Mutter Natur dir geschenkt hat, und etwas Extravagantes tragen, das zu diesem Tattoo passt, das du zu verstecken versuchst.“

Eve warf einen raschen Blick in den Garderobenspiegel. „Ein Moment des Wahnsinns nach dem Uniabschluss …“, murmelte sie undeutlich und zupfte an ihrem Kleid herum. „Ich wusste nicht, dass es zu sehen ist. Und bevor ich etwas Aufregenderes als das anziehen kann, muss ich erst mal etwas Babyspeck verlieren.“

„Unsinn! Unter diesem formlosen Kartoffelsack versteckst du eine tolle Figur.“ Verärgert schüttelte Martha den Kopf, wobei eine feine pinkfarbene Strähne in ihrem exakt geschnittenen silbergrauen Bob herausfordernd blitzte. Ein Bild untadeliger Eleganz, vom Scheitel bis hinunter zu ihrem silbernen Malakka-Stock. Neben ihrer lebhaften siebzigjährigen Patin kam Eve sich wie eine dieser trostlosen Gouvernanten in einem Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert vor.

„Du warst so ein wunderhübsches Mädchen, Eve, und irgendwo, unter dem Kleid deiner Großmutter und einer scheußlichen Haarfarbe versteckt, bist du eine hinreißende Frau. Was hast du dir nur bei dieser Kostümierung gedacht?“

„Meinst du das Kleid oder die Haare?“

Martha winkte gereizt ab. „Das Kleid kannst du ausziehen, aber mit den Haaren ist das nicht so einfach.“

„Das Einzige, woran sich jeder erinnert hat und worauf ich reduziert wurde, waren meine roten Haare.“ Unwillkürlich schüttelte Eve den Kopf. „Niemand hat mich nach meinem Namen gefragt, alle nannten mich Rotschopf .“

Nicht alle … nur einer, korrigierte sie sich selbst.

Aber die Alternativen waren noch weitaus schlimmer gewesen: Karotte, Clown, Kupferkopf …

„Du glaubst doch nicht, dass der Direktor einer renommierten Jungenschule eine Lehrerin für Naturwissenschaften mit empörendem Modegeschmack einstellen würde.“

„Sag jetzt nicht, dass du dauernd so rumlaufen willst, falls du den Job bekommst!“

„Als Nana starb, musste ich sie anrufen und ihnen mitteilen, dass ich für ein zweites Interview nicht zur Verfügung stehe.“

„Angesichts einer solchen Ausnahmesituation konnten sie nicht warten?“

„Eine Woche hätten sie das Gespräch noch aufschieben können, aber das Haus war eine unvorhergesehene Komplikation … also musste ich zurücktreten.“

„Du hast nicht damit gerechnet, das Haus deiner Großmutter zu erben?“, fragte Martha irritiert.

Nach ihrem letzten Abschied wäre Eve nicht überrascht gewesen, wenn Nana alles ihrer Katze überlassen hätte, einer alten, ständig schlechtgelaunten Kreatur, die niemand in der Familie hatte aufnehmen wollen, als das zur Debatte stand.

„Nicht ich habe geerbt. Nana hat das Haus mit allem Drum und Dran Hannah hinterlassen. Ich bin lediglich die Treuhänderin.“ Das hatten ihr die Anwälte mehr als deutlich zu verstehen gegeben, als sie ihrer Verwandtschaft anbieten wollte, sich Möbel und Interieur nach Gefallen zum Andenken an ihre Großmutter auszusuchen.

„Vielleicht sollte ich dich bedauern, dass dir die Anstellung in London entgangen ist, aber weißt du, gute Lehrkräfte werden überall auf der Welt gesucht. Und wenn du Nanas Cottage auch nicht verkaufen darfst, könnten Hannah und du doch dort wohnen. Also, bleib auf der Insel und lass dein verunglücktes Haar rauswachsen. Außerdem muss sich ja auch irgendjemand um die Katze kümmern.“

Angesichts des bevorstehenden Sommers musste Eve zugeben, dass die Idee nicht mal so schlecht war … bis auf den Haken mit der Katze.

Doch unglücklicherweise würde Hannahs Vater wohl nicht für immer in der südlichen Hemisphäre bleiben, was sie wiederum zu einer Konfrontation zwingen könnte, der sie so lange – vielleicht zu lange – aus dem Weg gegangen war.

Eine unmögliche Vorstellung!

Außerdem konnte sie sich kaum bis ans Ende ihrer Tage hinter diesen mausbraunen Haaren verstecken und würde ständig nervös über die Schulter schauen und nie wissen, ob sie nicht hinter der nächsten Ecke dem Mann gegenüberstehen würde, der seinem Ruf als sorgloser Playboy und Liebhaber auch in ihrem Fall alle Ehre gemacht hatte.

Und das womöglich mit Hannah an ihrer Hand, deren feuerroter Schopf ihrer normalen Haarfarbe absolut entsprach.

„Sobald ich die Familiensachen sortiert und eingelagert habe, werde ich das Cottage renovieren und in die Vermietung geben, um einen College-Fonds für Hannah einrichten zu können …“

„Oder deine Londoner Wohnung untervermieten und das Geld auf die Bank legen“, hielt Martha dagegen. „Es sei denn, es gibt einen triftigen Grund, nach London zurückzukehren. Du sprichst nie über Hannahs Vater. Unterstützt er sie? Sieht sie ihn?“

„Nein.“ Es wäre die perfekte Ausrede gewesen, aber dann hätte sie einen Mann erfinden müssen. Irgendeine Beziehung, die aus dem Ruder gelaufen war. Hannah hatte sie erzählt, sie könne ihren Vater nicht treffen, weil er in einem anderen Land lebte. Und da ihre beste Freundin in der Vorschule einen Vater hatte, der in Australien wohnte, akzeptierte ihre kleine Tochter das, ohne weiter nachzufragen.

Doch sollte Hannah jemals wissen wollen, wer ihr Vater war, würde sie ihr natürlich von Kit erzählen müssen. Eves größte Angst war nur, dass er vielleicht nichts von seiner Tochter würde wissen wollen.

„Er war in einem schwierigen Moment an meiner Seite, das ist schon alles.“ Das war nicht direkt gelogen und weniger peinlich, als zuzugeben, dass ihre wundervolle Tochter das Ergebnis eines One-Night-Stands auf einer Strandparty war, kurz nach der Beerdigung ihrer Mutter.

Tiefe Scham hatte sie zurück nach England getrieben, und dann hatte die Schwangerschaft sie von hier ferngehalten. Die Schwangerschaft, die nur Klatsch, Tratsch und hochgezogene Augenbrauen provoziert und einen Schatten auf das Andenken ihrer Mutter geworfen hätte.

Anfang Mai war ihre Tochter drei Jahre alt geworden …

„Hast du ihm jemals von Hannah erzählt?“, wollte Martha wissen.

„Ich … nein“, gab sie zu. „Er war lange weg, bevor sie geboren wurde.“

Martha zog die Brauen zusammen. „Und jetzt verkleidest du dich, aus Angst, erneut …“

„So ist es einfacher“, unterbrach Eve sie rau.

„Tja, Männer können das Leben erschweren. Aber sie bringen auch die Würze hinein. Du bist eine alleinstehende Mutter, Eve, keine Nonne.“

„Martha! Ich bin schockiert.“

„Tatsächlich?“ Und wieder hob ihre Patin sprechend die feingezupften Brauen. „Offensichtlich ist dir das Gerücht nie zu Ohren gekommen, dass es meine Generation war, die Sex quasi als Freizeitvergnügen erfunden hat.“

Eve war nur froh, dass Martha, sobald sie den Ballsaal erreichten, gleich nach einem Glas Champagner griff, und ihr so eine Antwort erspart blieb.

„Das … das ist atemberaubend“, sagte sie stattdessen und folgte Marthas Beispiel, während sie die Pracht des Ballsaals, einen Traum aus Elfenbein und Gold, mit großen Augen in sich aufnahm.

Sie war nie zuvor im Merchant Seafarer Resort gewesen. Trotzdem hatte sie Kit sofort erkannt, als er sie auf der Party seiner Schwester ansprach. Damals war sie nicht zum Sprechen aufgelegt gewesen, und Kit offenkundig auch nicht allein zum Plaudern auf sie zugekommen.

Als Lokalmatador hätte er unter Garantie jedes Mädchen aus der Clique seiner kleinen Schwester haben können, alle hübsch und zweifellos daran interessiert, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Was vermutlich Ärger in seinem familiären Umfeld provoziert hätte und für seine Fluchtbereitschaft verantwortlich gewesen sein könnte.

Normalerweise hätte sie ihm kühl geraten, sie in Ruhe zu lassen. Dass sie es nicht getan hatte, lag vermutlich an ihrer damaligen desolaten Verfassung, so kurz nach dem Tod ihrer Mutter. Zumal sie sich auch noch von ihrem Vater und ihrem damaligen Freund im Stich gelassen fühlte. Ihr Erzeuger hatte einfach keine Lust gehabt, sie bei der Beerdigung zu unterstützen, und ihr Freund hielt wie selbstverständlich an seinem Plan fest, während der Frühlingsferien durch Europa zu reisen, anstatt sie nach Nantucket zu begleiten.

Mit ihm hatte sie vom Flughafen aus per SMS Schluss gemacht.

Und auf der Party war sie nur gewesen, weil man ihre Cousinen quasi dazu gezwungen hatte, sie mitzuschleppen. Und um einem weiteren anstrengenden Abend in Nanas Gesellschaft zu entfliehen. Sie hatte sich geradezu verzweifelt danach gesehnt, von jemanden in den Arm genommen zu werden, und Kit war eben zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen …

Nicht, dass er sie enttäuscht hätte, im Gegenteil!

Zweifellos an Frauen gewöhnt, die sich ihm hemmungslos an den Hals warfen, antwortete er auf ihre unausgesprochene Forderung mit wirklich fantastischem Sex. Und zwar nicht, wie sie eigentlich erwartet hatte, in Form einer schnellen anonymen Nummer direkt am Strand, um die seelischen Schmerzen zu betäuben.

Stattdessen hatte er sie in seine Strandhütte geführt, wo sie sich in heißem, hemmungslosem Sex verloren, als wollten sie beide die Welt um sich herum auslöschen. Aber kaum, dass der Sturm vorüber war, hatte Kit sich alle Zeit der Welt genommen. Dicht aneinandergeschmiegt hatten sie einen fantastischen Rotwein unter einem funkelnden Sternenhimmel genossen, bevor sie sich einander erneut hingaben … diesmal so zärtlich und bedacht, dass es einem das Herz hätte brechen können.

Und Eve hatte damals schon gewusst, dass sie diese Nacht nie würde vergessen können …

Sie schluckte trocken, während sie verstohlen die anderen Gäste um sich herum musterte. Die Männer ohne Ausnahme im Smoking, die Frauen in wunderschönen Kleidern. Und für einen Moment bedauerte sie, ihre rote Haarpracht bewusst unter diesem hässlichen Mausbraun versteckt zu haben und wünschte sich, zumindest ein weniger klassisches Kleid gewählt zu haben.

Um sich endlich wieder lebendig zu fühlen – aber nur für einen Moment.

Sie hatte all das bereits gehabt und auch genossen. Jetzt hatte sie Hannah, mit ihren leuchtend roten Locken und Kits strahlend blauen Augen als ständige Erinnerung an die eine Nacht, in der sie ihren Kopf verloren hatte.

Hannah … ihr kleines Mädchen. Die Liebe ihres Lebens.

Sie wusste, dass sie es ihm sagen müsste. Dass Kit ein Recht darauf hatte, es zu erfahren. Aber es war auch so schon kompliziert genug. Sie durfte nicht hierbleiben und riskieren, plötzlich dem Mann gegenüberzustehen, der sie zum Lachen und Weinen gebracht und ihr Leben in einer sternenhellen Nacht für immer verändert hatte.

Der Mann, der nach heftigem Klopfen an der Tür seiner Strandhütte und dem Notruf, dass man seine Hilfe bräuchte, in Sekundenschnelle seine Jeans und sein Sweatshirt übergezogen hatte und losgestürmt war. „Bleib außer Sichtweite“, war alles, was er ihr auf dem Weg nach draußen über die Schulter zugerufen hatte.

Er war nicht zurückgekommen. Als die erste rosa Morgendämmerung am Horizont erschien, war sie schließlich zum Haus ihrer Großmutter zurückgelaufen, hatte ihre Sachen zusammengepackt, Nana, die noch schlief, eine Nachricht hinterlassen und die erste Fähre zurück zum Festland genommen. Vierundzwanzig Stunden später war sie wieder in London gewesen … und hatte innerlich zitternd und mit angehaltenem Atem auf den Anruf irgendeines weniger glamourösen Klatschmagazins gewartet, das sie um ein Interview bitten würde. Aber was hätte sie denen schon erzählen können?

Meine Nacht mit … Sex am Strand … Verlassen nach einem One-Night-Stand?

Davon gab es bereits genügend Storys. Wahr oder sehnsüchtige Fiktion, real oder aufgebauscht, um krassere Schlagzeilen zu provozieren. Fest stand, Kit Merchant hatte, zumindest für sich gesehen, das Beste aus seinem jugendlichen Ruhm gemacht. Es gab immer noch Fotos von ihm in Gesellschaft hinreißender Schönheiten, aber über die sprach heute niemand mehr. Und Eve hatte ebenfalls nicht vor, sie zu kommentieren.

Schon gar nicht, als sich Wochen später zwei pinkfarbene Linien in einem kleinen Röhrchen zeigten, die ihr Leben für immer veränderten.

Ob sie Kit tatsächlich angerufen hätte? Mit Sicherheit vermochte Eve das bis heute nicht für sich zu beantworten.

Zu der Zeit hatte es in der Presse Berichte über den Start einer Einhand-Weltumseglung gegeben, die ihre Aufmerksamkeit nur geweckt hatten, weil Kit der Skipper war, den jede Paparazzo-Kamera einfing. Und der Mann, der bereits vor Beginn der Reise mit dem Gerücht Schlagzeilen machte, dass diese extreme sportliche Herausforderung zu einem Bruch mit seiner Familie geführt hätte.

Ihn über Funk zu kontaktieren wäre ein zu drastischer und viel zu öffentlicher Akt gewesen, ihm mitzuteilen, dass er bald Vater werden würde. Die Klatschpresse hätte unter Garantie gejubelt, doch Kit und sie wären von der Paparazzi-Meute verfolgt und belagert worden, ebenso wie ihre arme Großmutter.

Das hatte ihr viel Zeit zum Nachdenken gegeben. Und ihren Herzschlag stocken lassen, als zwei Monate später nach einem heftigen Sturm der Funkkontakt zu dem verwegenen Einhandsegler abbrach. Zehn endlos scheinende Tage hatte es gedauert, bevor er von Suchflugzeugen gesichtet wurde.

Fotos hatten gezeigt, dass sein beschädigter Mast notdürftig repariert worden war, und Experten fachsimpelten öffentlich darüber, wie es ihm gelungen sein mochte, dies unter den krassen Wetterbedingungen zu bewerkstelligen.

Kit hatte seinen potenziellen Rettern erklärt, dass sein Kommunikationssystem durch den Sturm außer Kraft gesetzt worden sei, es ihm selbst aber gut gehe und er das Rennen fortsetzen würde.

Nach mehr als vier Monaten landete er schließlich auf dem dritten Platz – laut der internationalen Jacht-Community eine großartige Leistung.

Eve, die sich weder für Segelerfolge noch für spekulative Pressemitteilungen interessierte, war einfach nur wütend und wollte nicht verstehen, wie man sich für eine zusätzliche Silbertrophäe auf dem Kaminsims in Lebensgefahr bringen konnte.

Hatte Kit Merchant auch nur einen Gedanken an seine Familie verschwendet? Und daran, was sie seinetwegen hatten durchstehen müssen?

Sie selbst wusste alles über Rücksichtslosigkeit! Auch ihre Mutter war immer wieder bewusst Risiken eingegangen und dabei schließlich ums Leben gekommen. Doch sie war entschlossen, ihr kleines Mädchen vor solchen Ängsten und Schmerzen zu beschützen.

„Kit? Wo bleibst du?“

„Sorry, Schwesterherz. Die Fähre hatte Verspätung, aber in etwa einer halben Stunde sollten wir bei dir sein.“

„Wir könnten den Aufbruch noch hinauszögern, falls …“

„Nein, nein. Das Dinner wird ja auch nicht verschoben, also widme dich deinen Verpflichtungen. Lucy kann ihre Rede ja nach dem Essen halten, kurz bevor die Versteigerung startet. Wie geht’s Dad heute Abend?“

„Er ist frustriert, weil er nicht in Worte fassen kann, was ihm durch den Kopf geht.“

„Was viele sicher als reinen Segen bezeichnen würden.“

Laura lachte. „Zweifellos! Aber tatsächlich trainiert er jeden Tag eisern, auch wenn du das, was dabei herauskommt, in keinem Wörterbuch findest. Also mach dich auf was gefasst.“

2. KAPITEL

„Deine Großmutter und ich sind oft hier herumgeschwirrt, als wir jung waren“, vertraute Martha ihrer Patentochter mit leuchtenden Augen an. „Weihnachtsfeiern, Geburtstagspartys, Segeln. Ich habe sie schrecklich vermisst, als sie nach dem College auf Reisen ging.“

Eve krauste die Stirn. „Ich wusste gar nicht, dass Nana gereist ist. Wohin denn?“

„Spanien, Italien, Frankreich, Irland … Es gibt unzählige Fotos, die das dokumentieren. Du wirst sie sicher finden, wenn du das Cottage ausräumst. Bring sie mir, und ich werde dir verraten, wen du darauf siehst und was gerade los war.“ Sie seufzte. „Die unstillbare Reiselust ist in den Genen deiner Familie tief verankert. Deine Mutter war bereits zu einer Forschungsreise nach Afrika aufgebrochen, während die Tinte auf ihrem Studienabschlusszeugnis noch trocknete. Dann traf sie deinen Vater und ist nie wieder wirklich nach Hause zurückgekehrt.“

„Nana war ja auch nicht gerade …“

„Mütterlich? Herzlich? Jemand, mit dem es sich leicht zusammenleben lässt?“, beendete Martha den Satz für sie. „Als junges Mädchen war sie das, was man damals als heißen Feger bezeichnet hätte, aber nachdem dein Großvater verstarb, war sie nicht mehr dieselbe. Wir haben versucht, ihr zu helfen, sie mit einzubeziehen, doch damals wusste man noch nicht viel über Depressionen. Außerdem hatten wir selbst Familie, mit allen dazugehörigen Herausforderungen und Belastungen.“ Sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln. „Aber das war es nicht, was deine Mutter von hier weggetrieben hat. Unruhe und Reiselust lagen ihr einfach im Blut, während ich nie weiter als bis nach Boston gekommen bin. Deshalb bat sie mich auch, deine Patin zu sein, quasi als feste, verlässliche Komponente in deinem Leben.“

Eve schluckte heftig und suchte nach einer Entgegnung, aber Martha winkte lässig ab. „Ehrlich gesagt bin ich davon ausgegangen, dass du in die Fußstapfen deiner Eltern treten würdest, Eve. Soweit ich weiß, hast du Zoologie studiert?“

„So ist es.“ Sie hatte tatsächlich davon geträumt, nach Afrika zurückzukehren, den unnachahmlichen Geruch der heißen Erde einzuatmen, kurz bevor der Regen kam, wieder den Donner von Hufschlägen zu hören, wenn Hunderte von Gnus über die Steppen zogen, zum samtschwarzen Himmel voller Sterne emporzublicken. „Aber als ich schwanger wurde, dämmerte mir, dass Feldarbeit keine echte Option sein würde, zumindest nicht für mich. Deshalb hakte ich meinen Master ab und konzentrierte mich auf ein Lehrdiplom.“

„Deine Mutter hat sich nicht von ihrer Schwangerschaft ausbremsen lassen.“

„Sie war auch nicht alleinstehend, zumindest nicht, bevor Dad sie verließ. Aber ich würde es nie übers Herz bringen, Hannah einfach in ein Internat zu stecken.“

Spontan umfasste Martha ihre Hand und drückte sanft ihre Finger. „Der Tod deiner Mutter war eine schreckliche Tragödie. Ich hoffe von Herzen, dein kleines Mädchen kann dir etwas Trost schenken.“

Eve lächelte weich. „Sie ist ein echtes Geschenk, Martha. Meine größte Freude.“

„Nun, dann hoffe ich wirklich, dass du deinen gegenwärtigen Aufenthalt hier unter einem ähnlichen Gesichtspunkt betrachtest.“

Zum Glück war Martha damals auf einer Angeltour unterwegs gewesen, als sie ihre Mutter beerdigt und Kit getroffen hatte. Sonst hätte sie ihre überstürzte Abreise womöglich noch mit Hannahs Geburtstag in Zusammenhang gebracht …

„Oh, man fängt an, Platz zu nehmen“, stellte Martha erfreut fest. „Wollen wir unseren Tisch suchen, Liebes?“

Wie sich schnell herausstellte, kannte Martha jeden an ihrem Tisch, zumeist Paare ihrer Generation, und das allgemeine Geplauder wurde immer lebhafter. Als Barbara Merchant schließlich ans Mikrofon trat, legte sich der summende Lärm, sodass sie die Gäste mit warmen Worten begrüßen konnte. Danach erklärte sie den Ablauf der geplanten Auktion.

Ihr helles Haar und die blauen Augen erinnerten Eve so lebhaft an Kit, dass sie sich in Erinnerungen an die eine magische Nacht verlor, die sie mit ihm verbracht hatte, und deshalb so gut wie nichts von den Erläuterungen mitbekam.

„Dann wollen wir mal sehen, was für Reisen sie im Angebot haben“, holte Martha sie zurück in die Gegenwart, nachdem der Vortrag beendet war.

Auf dem großen Monitor hinter einem Stand mit ausgelegten Prospekten, Broschüren und Fotobänden wurden Filme von unterschiedlichen Trips gezeigt, die Merchant Resorts und einige ihrer Partner an den reizvollsten Orten rund um den Globus anboten. Da gab es Whalewatching vor der Westküste, aber auch Reisen nach Europa: in die Weinberge Frankreichs, zu Kulturtrips nach Italien oder zum Golfen und Angeln nach Schottland. Aber erst als es um eine Wildtiersafari ging, wurde Eve hellhörig.

Die gezeigte Nymba Safari Lodge bestand aus Baumhütten mit großzügigen Aussichtsplattformen, von denen aus man Wildtiere in einer Landschaft beobachten konnte, die ihr schmerzlich vertraut war. Bei Sonnenuntergang kam eine Giraffe ins Bild, die mit gebeugtem Hals und weit gespreizten Vorderbeinen aus einem Altarmsee, auch Ochsenbogen genannt, trank. Und da, eine Familie von Warzenschweinen, die durch das hohe harte Gras zog … und die staubgrüne Rinde von Fieberbäumen …

„Eve?“

„Nymba … unser Zuhause“, flüsterte sie. „Dort haben wir gelebt.“

Gedankenverloren nahm sie eine Broschüre der Safarireise in die Hand. Den Umschlag zierte das Foto einer Elefantenmutter, die sich schützend über ihr Kalb beugte. Instinktiv drückte Eve die Broschüre an ihr wild klopfendes Herz.

Nymba …

Ihre Mutter hatte es Boma genannt, das bedeutete Heimat, und für einen Sekundenbruchteil glaubte Eve, ihre Stimme zu hören. Die Stimme ihrer Mutter, als die sie umarmte, bevor sie ihr einen kleinen grauen Samtelefanten in die Hand drückte und sie zur Schule schickte.

„Dieser kleine Elefantenrüssel ist mein Arm, Evie. Halte dich daran fest, wenn du dich verloren fühlst, und leg ihn um deine Schultern, wenn du eine Umarmung brauchst.“

„Verzeihung, darf ich mal …?“ Eine Frau wartete darauf, dass sie sich bewegte. Eve trat mit einem entschuldigenden Lächeln zur Seite und wandte sich Martha zu. „Es gibt einige attraktive Angebote“, sagte sie etwas gezwungen. „Hast du etwas gesehen, das dich reizen könnte?“

Ihre Patin rollte mit den Augen. „Ich hatte auf Entspannenderes gehofft als Survivalwandern durch den Regenwald, aber dies hier ist wie für dich gemacht. Deine Großmutter hat dir doch etwas Geld hinterlassen, und eine Pause könntest du gut gebrauchen.“

„Das Geld ist als Notgroschen für harte Zeiten gedacht, außerdem ist Hannah noch viel zu klein für derartige Reisen.“

Martha schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Die eiserne Regel bezüglich einer Erbschaft lautet, zehn Prozent zu spenden, zehn Prozent zu sparen und den Rest auszugeben“, behauptete sie dreist. „Und du könntest gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, indem du gleichzeitig spendest und ausgibst, wenn du auf diese Safari bietest.“

Ihre eigenwillige Logik brachte Eve zum Lachen, trotzdem schüttelte sie den Kopf. „Kein schlechter Versuch, aber ich kann Hannah unmöglich zurücklassen.“

„Es wäre ja nur für zehn Tage. Davon abgesehen kann ich mir nicht vorstellen, dass du sie als Baby zu all deinen Vorlesungen mitgenommen hast. Oder zu den diversen Praktika, die zu deinem Studium gehörten.“

„Nein, natürlich nicht. Sie war in einer wundervollen Kinderkrippe untergebracht, und nachts immer bei mir. Sie würde mich vermissen.“ Ein Zustand, der ihr selbst nur allzu vertraut war.

„Mary würde dich für die paar Tage liebend gern vertreten, und Hannah hätte eine tolle Zeit im Kreis ihrer Cousinen.“

„Na, du gehst ja sehr großzügig mit der Gastfreundschaft deiner Tochter um“, neckte Eve, wusste aber, dass ihre Patin absolut recht hatte, mit dem, was sie sagte.

Mary war eine dieser besonderen Frauen, die einen nur in den Arm zu nehmen brauchten, und gleich war die Welt wieder in Ordnung. Sie war schon etwas älter, verheiratet und lebte in New York, als Eves Mutter verstarb, und hätte sie damals bei ihr sein können, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen …

Inzwischen war Mary samt Ehemann, drei Kindern und einer bunten Menagerie unterschiedlichster Tiere zurück auf der Insel. Hannah war von dem gesamten Familienkonstrukt hellauf begeistert und wurde von allen zurückgeliebt und aufs Üppigste verwöhnt.

Seit sie hier waren, schien jeder Satz ihrer kleinen Tochter mit Cara, Jason oder Lacey zu beginnen …

„Okay, da ist was dran“, gab Eve zu. „Aber ich würde sie schrecklich vermissen.“

Damit wandte sie sich ab und widmete sich einem Prospekt über eine Eisenbahnreise quer durch die USA. „Dies entspricht vielleicht eher deinen speziellen Anforderungen“, sagte sie. „Oder wie wäre es mit dieser Kameltour durch die Wüste? Campen unter dem Sternenhimmel … wie romantisch! Du könntest einen dunkeläugigen Scheich treffen.“

„An Kamelen ist rein gar nichts romantisch“, entschied Martha. „Sie spucken.“

„Okay, obwohl ich glaube, das tun eher Lamas. Reizt dich denn gar nichts hier?“

„Ich erwärme mich zunehmend für die Idee, mit dieser klassischen Segeljacht aus dem neunzehnten Jahrhundert über die Adria von Venedig bis zu den griechischen Inseln hinunterzusegeln. Und sollte Kit Merchant an der Pinne stehen, hätte ich zumindest einen ständigen attraktiven Anblick, ganz unabhängig von der Umgebung.“

Die unerwartete Nennung dieses Namens trieb Eve heiße Röte in die Wangen. „Hat er sich nicht seiner Familie entfremdet?“

„Vor drei oder vier Jahren gab es wohl einen Riesenstreit, weil Christopher nicht wollte, dass er an dieser verrückten Segel-Challenge teilnimmt. Er meinte, es sei an der Zeit, mit dem Spielen aufzuhören und sich aufs Geschäft zu konzentrieren.“

„Aber das Segeln ist sein Leben“, entfuhr es Eve wider Willen.

„Und dieses Resort ist das seines Vaters.“

Eve kniff die Lippen zusammen, um sich nicht noch zu verraten.

Ah , ich glaube, ich bin endlich fündig geworden!“, lenkte Martha zum Glück von dem gefährlichen Thema ab, griff nach einem Stift und trug ein konkretes Angebot für einen Urlaub im Merchant Spa in Phuket ein. Dann reichte sie den Stift weiter. „So, jetzt bist du dran.“

Eve seufzte übertrieben. „Nur, um meine Unterstützung für den wohltätigen Zweck zu demonstrieren“, sagte sie und hob ein bescheidenes Gebot, das jemand für die Safari abgegeben hatte, noch etwas an.

Sie hatte den Stift kaum aus der Hand gelegt, als ein Mann danach griff und sie einfach überbot.

Martha hatte jemand getroffen, den sie kannte, und während sie munter drauflosplauderte, überprüfte Eve diskret, wie weit sie überboten worden war. Fünfhundert Dollar! Immer noch lächerlich niedrig für ein derartiges Abenteuer. Sie gab ein weiteres Gebot ab.

Nur für den guten Zweck …

Sie richtete sich auf, sah, dass Martha sie gedankenvoll beobachtete, und legte den Stift schuldbewusst zurück. „Es wird sicher noch viel höher gehen.“

„Sie fangen an, das Dinner zu servieren. Wir sollten an unseren Tisch zurückkehren“, schlug Martha gelassen vor.

Sie hatten kaum einen Schritt getan, da trat jemand anders vor, um das nächste Gebot abzugeben. Als Eve instinktiv zurückstrebte, griff Martha nach ihrem Arm. „Warte bis nach dem Essen“, zischte sie ihrer Patentochter zu. „Der Trick besteht darin …“

„Schon gut, ich bin ohnehin damit durch“, behauptete Eve vollmundig und schaute trotzdem während des Dinners immer wieder verstohlen nach hinten.

Das Essen war ausgezeichnet, die Tischgesellschaft, wenn vom Alter her auch eher die Generation ihrer Patin, durchaus interessant, und der Wein floss äußerst großzügig. So war Eve angenehm entspannt, als Barbara Merchant ans Mikro zurückkehrte.

„Tut mir leid, Ihre Tischgespräche unterbrechen zu müssen, aber dies ist nun mal ein Wohltätigkeitsessen, und Sie alle wussten ja, dass Sie noch tief in die Taschen langen sollen, oder? Haben auch alle Tombolatickets gekauft?“

Im Ballsaal wurde gemurmelt und dezent gelacht.

„Also nutzen Sie die Gelegenheit und kaufen noch Lose. In Kürze werden Sie großartige Preise gewinnen können.“ Sie hielt einen Moment inne, bis das Lachen verebbte. „Bevor Sie nun alle losstürzen, um Ihr Geld für einen guten Zweck auszugeben, begrüßen Sie doch meinen Sohn Kit, der nach dem Schlaganfall seines Vaters nach Hause gekommen ist, um uns zu unterstützen.“

Eves Gedanken schweiften immer wieder in die Vergangenheit ab, deshalb war sie nicht sicher, ob sie gerade richtig gehört hatte. Sie wandte sich um – und da stand er neben seiner Mutter.

„Kit …“ Sie hatte es nur geflüstert, doch Martha beugte sich gleich zu ihr.

„Es heißt, er sei als Kapitän des World-Cup-Teams zurückgetreten.“

Noch bevor Eve das verdaut hatte, ergriff Barbara Merchant erneut das Wort. „Ich überlasse es Kit, Ihnen eine Freundin und Segelkameradin vorzustellen, die den langen Weg von Neuseeland nach Nantucket gekommen ist, um Ihnen zu erklären, warum diese Klinik so dringend gebraucht wird.“

Das konnte nicht passiert sein. Sie hatte doch extra die Blogmitteilungen seines Teams gelesen, bevor sie hierher aufgebrochen war. Um ganz sicherzugehen! Dort gab es auch ein Foto von Kit, das vor weniger als einem Monat aufgenommen wurde … am Ruder der neuen Segeljacht, die er und sein Team im Südpolarmeer auf Herz und Nieren hatten prüfen wollen.

Als ihr endlich bewusst wurde, dass er nicht nur in Nantucket, sondern leibhaftig hier im Ballsaal war, erklang auch schon seine warme Baritonstimme – und berührte sie wie die Liebkosung eines lange vermissten Liebhabers.

„Meine Damen und Herren, liebe Freunde …“

Für einen Sekundenbruchteil stockte Eve der Atem. Sie war unfähig, sich zu rühren. Dann wurde ihr bewusst, was seine Mutter eben und Martha ihr schon vorher eröffnet hatten, ohne zu wissen, was sie damit in ihrem Innern anrichteten: Dies war kein Blitzbesuch, um die Spendenaktion zu unterstützen.

Kit war zurück. Und wenn nicht für immer, dann zumindest für eine gewisse Zeit.

„Meine Mutter hat sich bereits bei unseren großzügigen Partnern rund um den Globus bedankt, die sich Merchant Resorts angeschlossen haben, um ebenso aufregende wie einmalige Erlebnisse für diese Auktion anzubieten, aber Veranstaltungen wie diese organisieren sich nicht von selbst …“

Jede Zelle ihres Körpers mahnte sie, Ruhe zu bewahren. Jede unbeabsichtigte Bewegung konnte nur unliebsame Aufmerksamkeit erregen und seinen Blick womöglich noch in ihre Richtung lenken. Und dann … was ?

Eve kämpfte um Fassung. Aus dieser Entfernung würde er nur eine schlecht gekleidete Frau mit mausbraunem Haar sehen. Die Art von Frau, die seine Aufmerksamkeit nicht für eine Sekunde fesseln könnte.

Sie hingegen hatte sein Gesicht in den Jahren seit ihrer schicksalhaften Nacht auf unzähligen Zeitschriften-Titelseiten gesehen. Sie hätte die exakte Nuancierung seiner blauen Augen beschreiben können, kannte jede einzelne Linie, die Sonne, Salzwasser und Wind in sein Gesicht geschrieben hatten, die Form des kurz geschnittenen Bartes, den er sich inzwischen hatte wachsen lassen. Und seine wilde Windstoßfrisur, die immer so wirkte, als hätte er sie ohne Spiegel und mit bloßen Fingern gestylt.

Oder als hätte sie gerade eben ihre Finger in der dichten Haarfülle vergraben …

Nur für eine Nacht hatte er ihr gehört, aber Eve glaubte immer noch, seine Lippen auf ihren zu spüren, sein leises, raues Gemurmel zu hören und seinen herb maskulinen Duft wahrzunehmen.

„… danke ich all denen, die sich die Zeit genommen haben, meiner Mutter und Schwester bei der Organisation dieser großartigen Auktion beizustehen.“

Eve wäre am liebsten von ihrem Stuhl unter den Tisch gerutscht, doch sie saß vollkommen reglos da und starrte wie hypnotisiert die hübsche junge Frau an, die neben Kit stand.

„Bevor Sie loshasten, um Ihre Gebote abzugeben, möchte ich Ihnen noch Lucy Grainger vorstellen. Sie und ihr Bruder Matt gehörten zu meiner Segelcrew. Daneben war Matt mein Kamerad, bester Freund und Bruder im Geiste, der tragischerweise letztes Jahr verstorben ist. Seinetwegen findet diese Auktion statt …“

Als er zurücktrat, ließ er seinen Blick durch den Raum wandern. Einen schockierenden Moment ruhte er direkt auf ihr, was dazu führte, dass Eves Herz einen Schlag aussetzte. Es war, als könne er die scheußliche Tönung durchdringen und ihre tizianroten Locken sehen, die sich schon den ganzen Abend über frech aus dem festgezurrten Knoten zu befreien versuchten. Und als könne er durch Nanas langweiliges Kleid ihren fiebernden Körper sehen, den er in jener Nacht …

Eves Erleichterung, als er im Hintergrund verschwand, um Lucy Raum zu geben, war geradezu lächerlich und machte sich in einem tiefen Seufzer Luft.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Martha.

„Mir ist nur ein bisschen warm. Der ungewohnte Wein …“ Demonstrativ griff sie nach ihrem Wasserglas und trank einen Schluck, während die junge Frau am Mikro dem gebannt lauschenden Publikum von ihrem Bruder Matt erzählte.

Er war ein ebenso talentierter und erfolgreicher Segler auf internationaler Ebene gewesen wie Kit. Allerdings hatte er eine gravierende Verletzung für sich behalten, um weiter konkurrenzfähig zu bleiben, und war durch die dauerhafte Einnahme starker Schmerzmittel süchtig geworden. Zunächst wurden sie ihm noch verschrieben, doch später, als der Wirkstoff nicht mehr ausreichte, ging er zu stärkeren Drogen über, die er sich übers Internet und schließlich auf der Straße besorgte.

Seine Schwester war jung, attraktiv und hatte Tränen in den Augen, während sie von seiner positiven Lebenseinstellung und seinem Talent sprach. Als sie endete, nahm Kit sie in die Arme und hielt sie einen Moment fest, um ihr Zeit zu geben, sich zu sammeln, ehe er sie von der Bühne führte.

Eve hatte ihn auf Fotos mit unzähligen attraktiven Frauen gesehen, aber dieses Bild war anders. Es sprach von einer Wärme und Zärtlichkeit, die den gestellten Schnappschüssen gefehlt hatte. Dieses Mädchen bedeutete ihm etwas …

Aber für sie dürfte das keine Rolle spielen.

Kit war ihr Trostspender in einem trostlosen Moment gewesen, mehr nicht.

Zugegeben, es war ein magischer Abend, eine magische Nacht gewesen. Ein kostbarer Moment in einer dunklen Zeit, und diese Erinnerung wollte sie nicht zerstören. Angesichts seines legendären Rufs als Everybodys Darling erwartete sie auch nicht, ihn sagen zu hören: „Du Ärmste, unser Kind braucht einen Vater, also heirate mich.“

Das gab es nur in kitschigen Büchern und Filmen.

Typisch für die Reichen und Berühmten waren eher Vaterschaftsklagen, die sie durch alle Instanzen durchpaukten, wobei jedes schäbige Detail breitgetreten wurde, um die Betroffenen dem öffentlichen Spott und Hohn auszusetzen.

Sie brauchte Kit Merchants Geld und Unterstützung nicht.

Sie hatte ihren Beruf und das Londoner Apartment, das, was ihre Mutter ihr hinterlassen hatte. Hannah und sie würden bestens allein zurechtkommen.

Aber sie hatte auch erwartet, Kit nie wiederzusehen … und nun war er da.

„Reich mir deinen Arm“, forderte Martha. „Ich habe viel zu lange gesessen und bin völlig steif, will aber auf keinen Fall überboten werden.“

„Soll ich das für dich übernehmen?“

„Nichts da, ich will den Spaß auf keinen Fall verpassen.“

Inzwischen hatten sich zahlreiche Interessenten eingefunden, die sich offenbar ebenfalls vorgenommen hatten, die Konkurrenz noch in letzter Sekunde auszustechen. Martha machte ein Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen, und erhöhte ihr Gebot.

„Ist das dein Limit?“, fragte Eve und hoffte, jetzt wäre endlich Schluss.

„Schon etwas drüber“, gab Martha zu. „Komm, jetzt bist du wieder dran“, versuchte sie von sich abzulenken.

Nach ihrem Gebot waren etwa ein Dutzend weitere abgegeben worden, und während Eve aufs Display starrte, erhöhte sich die Summe erneut um hundertfünfzig Dollar.

Nymba … Zuhause.

Während sie noch zögerte, hin- und hergerissen zwischen Sehnsucht und Vernunft, gab es ein Raunen am anderen Ende des Tisches, als Kit und Lucy eintrafen, um sich mit den Bietern zu unterhalten. Hinter ihr drängten immer mehr Menschen heran, sodass der Fluchtweg abgeschnitten war. In aufsteigender Panik griff Eve nach dem Stift, beugte ihren Kopf tief über die Eintragsliste und gab ein erneutes Gebot ab.

Hinter ihr beschwerte sich jemand, dass sie zu lange brauche und andere Interessenten dadurch behindere, auch noch mitbieten zu können.

Mit schmalen Lippen übergab sie dem Nörgler ihren Stift und wollte hoheitsvoll davonrauschen, doch der ungehobelte Kerl schob sich dreist an ihr vorbei. Eve trat einen schnellen Schritt zurück, blieb mit dem Absatz im Kleidersaum hängen und streckte instinktiv einen Arm aus, um sich irgendwo festzuhalten. Doch ihr Griff ging ins Leere, bis aus dem Nichts ihre Hand eingefangen und sie gestützt wurde.

Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer ihr Retter war.

Sie kannte diese Hand, jede einzelne Schwiele, die sie auf ihrer empfindlichen Haut gespürt hatte. Hände, die sie in unbekannte Gefilde höchster Ekstase entführt hatten …

Einen Herzschlag blendete sie alles andere um sich herum aus, dann wurde zum Ende der Auktion eine Glocke geläutet, und der aufbrandende Jubel um sie herum katapultierte sie endgültig zurück in die Realität.

„Danke“, murmelte sie mit gesenktem Kopf, doch Kit schien sie nicht zu hören.

Kein Wunder, er erstickte fast an Umarmungen von allen Seiten, Martha stand plaudernd inmitten ihrer Freundesclique, und Eve konnte endlich verschwinden.

Kit spürte, wie sich die Hand der Frau aus seinem Griff löste, doch bevor er sich vergewissern konnte, dass es ihr gut ging, hing ihm jemand am Hals, der außer sich war vor Glück, weil er den Zuschlag für seine favorisierte Reise erhalten hatte.

Kit schaute ihr nach, wie sie hastig davoneilte. Wahrscheinlich einer der Pechvögel, die ihren Traum in letzter Minute verpasst hatten. Erleichtert darüber, dass sie sich nichts getan hatte, wandte er sich wieder ab und gratulierte den Gewinnern.

Seltsam nur, dass er den ganzen Abend das Gefühl nicht abschütteln konnte, irgendetwas übersehen oder verpasst zu haben …

„Schön, dich hier zu treffen, Kit. Abgesehen von den Umständen. Wie geht es deinem Vater?“

Martha war eine der ältesten Freundinnen seiner Großmutter, und bevor er ihre Frage beantwortete, küsste er sie auf beide Wangen und stellte ihr Lucy vor. „Dad ist zutiefst frustriert“, sagte er dann. „Er versucht verzweifelt, Anordnungen und Befehle weiterzugeben, bekommt aber die Worte nicht heraus.“

„Das braucht Zeit“, erwiderte Martha nüchtern. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass deine Mutter momentan alle Hände voll zu tun hat.“

„Sie ist klug genug, sich nicht mit ihm anzulegen.“

„Freut mich zu hören. Und was ist mit dir? Wie kommst du zurecht?“

„Brad macht einen tollen Job, Laura ist zu Hause und hilft aus. Ich versuche, mein Bestes zu geben, aber wenn ich ehrlich bin, stehe ich nur jedem im Weg.“

Speziell seinem Bruder …

Während er selbst auf Trophäenjagd gewesen war, hatte Brad zu Hause seine Rolle übernommen und fleißig gebüffelt, um alles über Firmenführung zu erlernen. Nun befürchtete er offenbar, dass sein Bruder zurückgekommen war, um seinen rechtmäßigen Platz einzunehmen.

Kit schüttelte den Gedanken daran ab. „Haben Sie heute Abend auf etwas geboten?“, fragte er Martha.

„In der Tat, das habe ich!“, verriet sie ihm strahlend. „Ich gehe in Ihr Spa in Phuket und könnte nicht aufgeregter sein. Waren Sie schon dort?“

„Nicht mehr, seit ich mich in der Region auf Segelregatten verlegt habe“, gestand er mit schiefem Lächeln. „Aber es ist toll dort, und das Personal absolut fantastisch. Sie werden eine wundervolle Zeit haben.“

Eve saß im Schatten auf der Terrasse, als Martha sich mit einem zufriedenen Seufzer behutsam im Korbstuhl neben ihr niederließ.

„Tut mir leid, dass ich dich im letzten Moment im Stich gelassen habe“, entschuldigte Eve sich. „Hast du den Zuschlag für deine Reise bekommen?“

„Ja, aber ich habe auch gesehen, wie dieser ungehobelte Kerl dich zur Seite gedrängt hat und du fast gestürzt wärst. Geht es dir gut, Darling?“

Sie nickte. „Einzig der Saum von Nanas Kleid hat gelitten, was du wahrscheinlich als Glücksfall bezeichnen wirst“, scherzte sie schwach. „Ich brauchte nur etwas frische Luft.“

„Na, dann atme mal tief durch“, riet Martha. „Wir machen nämlich beide eine Traumreise. Ich ins Spa, du auf Safari.“

„Was?“ Eve war immer noch benommen von der unverhofften Begegnung mit Kit und wie nahe sie sich rein zufällig gekommen waren … zum Glück nur für einen Sekundenbruchteil. Sie konnte nicht mal entscheiden, was für sie schlimmer gewesen wäre, den Schock des Wiedererkennens in seinen wundervollen Augen zu sehen oder den höflichen Ausdruck eines Mannes, der einer völlig Fremden gegenüberstand.

In der nächsten Sekunde hielt sie bereits die Hochglanzbroschüre mit dem Foto von Elefantenmutter und Kind in Händen.

Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „Aber das … das ist doch nicht möglich“, stammelte sie. „Es gab doch ein höheres Gebot kurz vor Ende der Auktion.“

Ihre Patin zögerte und wirkte zum ersten Mal eine Spur unsicher. „Die Sehnsucht in deinen Augen war unmöglich zu übersehen, als du dir dieses Foto angeschaut hast, Eve. Sollte ich mich dennoch geirrt haben, wäre dein konkurrierender Bieter gern bereit, die hundert zusätzlichen Dollar zu zahlen und die Reise selbst anzutreten.“

Überwältigt vom Ansturm widerstreitender Emotionen fühlte Eve sich absolut überfordert. Andererseits …

„Nein!“ Sie drückte die Mappe fest an ihre Brust, schüttelte aber vehement den Kopf. „Nein, ich …“ Sie schluckte und setzte noch einmal an. „Ich will so schnell wie möglich heim “, murmelte sie rau.

Und damit meinte sie nicht London.

Unsicher wandte sie sich an ihre Patin. „Es gibt nur ein Problem. Auch wenn Mary bereit ist, sich in der Zeit um Hannah zu kümmern, wer sorgt für die Katze?“

Martha verdrehte die Augen. „Ich habe Mungo gefüttert, bis du hier angekommen bist. Ich denke, ich könnte es wieder tun.“

„Im nächsten Monat findet die jährliche Betriebsprüfung statt, Brad. Dafür musst du hier vor Ort sein“, sagte Laura. Da ihre Mutter rund um die Uhr in die Betreuung ihres Vaters eingespannt war, bestritten diesmal nur die drei Geschwister das anberaumte Geschäfts-Meeting. „Ich kann ja für das Trustmeeting nach Nymba fliegen, da es nicht mehr als eine Formalität ist, einmal im Jahr …“

„Es ist nicht nur eine Formalität!“, wandte Brad temperamentvoll ein. „Der Nymba Trust ist ein wichtiger Partner. Doch selbst wenn es anders wäre, könnte die Entsendung einer neunzehnjährigen Studentin als Vertretung des Unternehmens …“

„Ich fliege“, unterbrach Kit.

Am Ende seiner Geduld warf Brad beide Hände in die Luft. „ Heureka! Popeye, der Seemann, will der Jungfrau in Nöten zur Rettung eilen! Wo ist der Spinat …?“

„Es braucht mehr als eine Dose Spinat, um hochtechnisierte Jachten zu segeln und Weltcuprennen zu gewinnen“, gab Kit mit erzwungener Ruhe zurück. „Es erfordert Teamwork, psychologisches Einfühlungsvermögen und Diplomatie. Außerdem dürfte die Aussicht, mich in Kürze auf einem anderen Kontinent zu wissen, dein Stresslevel gehörig senken.“

Brad hatte sichtlich mit sich zu kämpfen, war aber noch weit davon entfernt, den angebotenen Olivenzweig zu akzeptieren. „Hier geht es aber nicht darum, als gefeierter Star in einem der Resorts aufzutauchen, um etwas vom berühmten Kit-Merchant-Glanz und – Charme zu versprühen“, knurrte er unwillig. „ Nymba Lodge ist ein immens wichtiger Partner, weshalb Dad diese Mission stets selbst übernommen hat.“

„Dad hat es zur Chefsache erklärt, weil er Afrika liebt und froh über die Gelegenheit war, sich hier mal für eine Weile rausnehmen zu können“, korrigierte seine kleine Schwester, die immer noch an der Studentin zu knabbern hatte. „Kit ist die perfekte Vertretung.“

„Wegen seines herausragenden Verantwortungsgefühls?“, ätzte Brad weiter. „Na, wir haben ja alle noch die Schnappschüsse von ihm vor Augen, wie er im vergangenen Jahr mit diesem Franzos...

Autor

Liz Fielding
<p>In einer absolut malerischen Gegend voller Burgen und Schlösser, die von Geschichten durchdrungen sind, lebt Liz Fielding in Wales. Sie ist seit fast 30 Jahren glücklich mit ihrem Mann John verheiratet. Kennengelernt hatten die beiden sich in Afrika, wo sie beide eine Zeitlang arbeiteten. Sie bekamen zwei Kinder, die inzwischen...
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