Collection Baccara Band 404

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BEGEHREN - STÄRKER ALS JEDE VERNUNFT von MAYNARD, JANICE
Mit Simone hat er die leidenschaftlichsten Stunden seines Lebens verbracht. Bis er nach Afrika ging und sie zurückließ. Jetzt ist Troy wieder zuhause - und sein Verlangen nach ihr flammt sofort wieder auf. Doch bald steht zwischen ihnen das Geheimnis ihrer Schwangerschaft …

WER BIST DU, GELIEBTER CASANOVA? von ROCK, JOANNE
Bei seinem Anblick stockt Jillian der Atem - dieser Mann sieht ja noch besser aus als auf den Fotos! Nicht lange, und sie liegt in Codys Armen. Doch dann stellt sie zwei Dinge fest: 1. Er ist nicht der, für den sie ihn gehalten hat. 2. Die Nacht mit ihm hat Folgen …

WENN DAS VERLANGEN WIEDER ERWACHT von YAYE, PAMELA
Seit sein geliebter Neffe bei einem Unfall umkam, lebt Rennfahrerlegende Emilio Morretti völlig zurückgezogen. Bis er die hinreißende Sharleen Nichols trifft, deren Lebenslust und Energie ihn bezaubern. Kann sie ihm helfen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen?


  • Erscheinungstag 26.03.2019
  • Bandnummer 404
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725600
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Janice Maynard, Joanne Rock, Pamela Yaye

BACCARA COLLECTION BAND 404

JANICE MAYNARD

Begehren – stärker als jede Vernunft

Vor fünf Jahren ging Troy Hutchinson als Arzt nach Afrika und ließ sie mit gebrochenem Herzen zurück. Jetzt steht er vor ihr, und Simone spürt sofort: Sie will ihn noch immer. Aber sie erwartet Drillinge – von einem Samenspender. Und wenn Troy den wahren Grund für diese Schwangerschaft erfährt, wird er sie dann je wieder lieben können?

JOANNE ROCK

Wer bist du, geliebter Casanova?

Sein Leben lang hat Rancher Cody McNeill das Richtige getan. Doch als ihm in einer Bar die verführerische Jillian begegnet, kann er der Versuchung nicht widerstehen. Bis ihm bewusst wird: Sie hält ihn für seinen Zwillingsbruder Carson. Wie kann er die rothaarige Schöne davon überzeugen, dass er der richtige Bruder für sie ist?

PAMELA YAYE

Wenn das Verlangen wieder erwacht

Wie es sich wohl anfühlt, ihn zu küssen? Seit ihrem ersten Treffen geht Sharleen Ex-Rennfahrer Emilio Morretti nicht mehr aus dem Sinn. Aber er ist ihr Klient. Nach einem tragischen Verlust soll sie ihm helfen, ins Leben zurückzufinden. Deshalb darf sie ihrem Verlangen nach ihm nicht nachgeben. Wenn er nur nicht so verdammt sexy wäre …

1. KAPITEL

Royal war eine Stadt in Texas, in der es sich leben ließ. Simone Parker betrieb hier ihre eigene Werbeagentur. Zudem war sie ein Mitglied im angesehenen Texas Cattleman’s Club, und ihr Leben war so ausgefüllt, dass sie keine Zeit hatte, sich Gedanken über vergangene Liebschaften zu machen.

Heute schien diese glückliche Phase ihr Ende gefunden zu haben. Fünf Jahre war es her, seit sie Troy Hutchinson das letzte Mal gesehen hatte. Nun saß sie im kalten Untersuchungszimmer des Royal Memorial Krankenhauses, nackt bis auf einen dünnen Krankenhauskittel, als der Mann hereinkam, der ihr einmal das Herz gebrochen hatte. Instinktiv drückte sie die Knie zusammen und umklammerte den Rand des Untersuchungstisches.

„Wo ist Dr. Markman?“, entfuhr es ihr.

Hutch – so gut wie niemand nannte ihn Troy – sah sie teilnahmslos an. „Er hat eine Stelle in Houston übernommen. Ich bin der neue Leiter der Gynäkologie.“

Das war nachvollziehbar. Royals größtes Krankenhaus stellte nur die Besten ein.

Ihr fiel auf, dass Hutch nicht überrascht schien, sie hier zu sehen. Wahrscheinlich hatte er einen Blick auf ihre Krankenakte geworfen, bevor er hereingekommen war. Er sah so atemberaubend aus wie eh und je: dunkelbraune Augen, kurzes schwarzes Haar und ein heller Teint. Dazu war er groß und schlank. Ein Mann in der Blüte seiner Jahre. Ein Mann, der auch ohne Arztkittel beeindruckte. Jetzt verlieh der Kittel ihm zusätzlich Autorität und unterstrich seine Männlichkeit. Dagegen kam Simone sich klein und dumm vor.

Alles in ihr schien sich zu verkrampfen. Ihre Situation war brisant genug, auch ohne dass sie sich einer alten Liebe stellen musste. Wenn man es denn so nennen konnte. Sie war zweiundzwanzig gewesen und unberührt, als sie mit Hutch zusammengekommen war. Nach ihm hatte es nur eine weitere Beziehung für sie gegeben, und die war kurz und bedeutungslos gewesen.

Die meiste Zeit versteckte sie sich hinter der Fassade des seichten Partygirls. Sogar Hutch hatte sie anfangs dafür gehalten. Bis ihm klar geworden war, dass er der Erste für sie war.

Ihr brach der Schweiß aus. „Es kann nicht sein, dass du mein Arzt bist.“

„Dr. Markman ist ziemlich abrupt gegangen. Wir waren dabei, seine Patienten zu benachrichtigen. Irgendwie ist uns dein Termin dabei durchgegangen. Dr. Janine Fetter hat sich bereit erklärt, dich zu übernehmen – dein Einverständnis vorausgesetzt natürlich.“

„Natürlich“, sagte sie hastig, „aber das erklärt noch nicht, wieso du jetzt hier bist.“

Ein leichtes Lächeln glitt über seine Züge. „Du solltest nicht den Boten erschießen, wenn du die Botschaft meinst. Dr. Fetter hätte den nächsten freien Termin erst in der kommenden Woche gehabt. Sie ist heute gar nicht im Hause.“

Na, super! Hutch kannte jeden Millimeter ihres Körpers. Unter gar keinen Umständen würde sie sich jetzt auf den gynäkologischen Stuhl setzen und sich von ihm untersuchen lassen. Vollkommen ausgeschlossen! „Was habe ich für Alternativen?“

„Du kannst einen Termin in der nächsten Woche machen und nach Hause gehen …“

„Oder?“

„Falls du nicht warten möchtest, kann ich die Ultraschallaufnahmen mit dir durchgehen. Ohne zusätzliche Untersuchung“, setzte er rasch hinzu.

Simone hatte versucht, die medizinisch-technische Assistentin dazu zu bringen, ihr die Details der grobkörnigen Aufnahme zu erklären, aber die Frau hatte ihren Job gemacht und Simone in ein anderes Untersuchungszimmer geführt, wo sie geschlagene fünfundvierzig Minuten hatte warten müssen.

„Also gut“, fauchte sie und machte ihrer Anspannung endlich Luft. „Ich bin nicht schwanger, oder? Du kannst es ruhig sagen, ich breche nicht zusammen. Ich wusste, wie die Chancen stehen, als ich mich auf die Sache eingelassen habe.“

Der Prozess der künstlichen Befruchtung war komplizierter gewesen, als sie es je für möglich gehalten hätte. Zuerst hatte sie sich für einen Samenspender entscheiden müssen. Und die darauf folgende Prozedur war sehr stressig, teuer und zeitaufwändig gewesen. Simone hatte mehr als genug Gelegenheit gehabt, ihre hastige Entscheidung zu überdenken.

Schuld an allem war das Testament ihres Großvaters gewesen. Er hatte ihr die Hälfte seines Vermögens zugesprochen – fünf Millionen Dollar und das Anwesen der Familie, das noch einmal ein Vielfaches wert war –, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie ein Kind in die Welt setzte, das die Blutlinie der Familie fortsetzte. Da sie keinen Partner hatte, mit dem sie sich eine Familie vorstellen konnte, entschied sie sich kurzerhand für den unkonventionellen Weg.

Offenbar hatte sie von vornherein ein ungutes Gefühl bei der Sache gehabt, denn sie hatte nicht einmal ihren besten Freundinnen Naomi und Cecelia davon erzählt. Naomi war seit ihrer Rückkehr aus Europa irgendwie angespannt und geistesabwesend, während Cecelia nach der Wiedervereinigung mit ihrer Jugendliebe Deacon Chase vor Glück auf Wolke sieben schwebte.

Zum ersten Mal zeigten sich jetzt Risse in Hutchs Fassade. Für einen Moment presste er die Lippen aufeinander, während er sich bemühte, seinen Blick ausdruckslos zu halten. „Niemand hat mir gesagt, dass du geheiratet hast, Simone. Aber so wie ich dich kenne, überrascht es mich nicht, dass du deinen Mädchennamen behalten hast. Möchtest du den Vater des Babys nicht dabei haben, wenn wir über das Ultraschallbild sprechen? Kannst du ihn anrufen? Wir könnten das Gespräch auf heute Nachmittag verschieben.“

Sie sah ihn durchdringend an. „Hast du dir meine Akte genauer angesehen?“

„Noch nicht. Ich bin erst seit gestern im Dienst. Um ehrlich zu sein, leide ich noch etwas unter Jetlag.“

Kein Wunder! Er hatte die vergangenen fünf Jahre mit der Organisation ‚Ärzte ohne Grenzen‘ im Sudan verbracht. Der Mann war einfach zu gut, um wahr zu sein. Er war stark, einfühlsam und – wenn er seinen Charme spielen ließ –, einfach unwiderstehlich.

Obwohl sie nicht mehr zusammen gewesen waren, als er Royal verließ, hatte sie sich in den Monaten und Jahren Sorgen um ihn gemacht. Malaria. Gelbfieber. Politische Unruhen. Er hatte sich in größte Gefahr begeben und sah nicht zurück. Simone war sicher, dass er unzähligen Müttern und Babys das Leben gerettet hatte.

Hutch hatte nicht nur einen Einsatz im Sudan geleistet, sondern zwei. Als er nach dem ersten nicht nach Royal zurückkehrte, war sie sich sicher, dass er nicht daran interessiert war, ihre Beziehung wieder aufzunehmen. Auch wenn man nicht richtig von einer Beziehung sprechen konnte. Sie und Hutch waren wie ein Feuerwerk zusammen gewesen. Ein heißes, leuchtendes Feuerwerk, das nur zu schnell wieder erloschen war.

Während sie im Geiste die schmerzlichen Erinnerungen an die Vergangenheit durchging, wartete Hutch geduldig ab. Es tat weh zu erleben, wie er sie mit der beruflichen Neutralität eines Arztes betrachtete. Sehr weh sogar.

Nur tief empfundene Empörung konnte ihr jetzt helfen. Es ging Hutch nichts an, was sie mit ihrem Leben machte! „Es gibt keinen Vater“, erklärte sie kühl. „Und nun sag mir, was du mir zu sagen hast.“

Für einen Moment malten sich die widersprüchlichsten Gefühle auf seinen Zügen ab. Schock? Wahrscheinlich. Erleichterung? Eher nicht.

„Es tut mir leid, das zu hören.“ Sein Ton war so förmlich, dass ihr kalt wurde. „Bist du geschieden? Verwitwet?“

„Ich glaube nicht, dass ein Arzt solche Fragen stellen sollte.“ Plötzlich war sie wütend. Auf sich selbst, weil sie ein solches Chaos angerichtet hatte. Und auf Hutch, weil er die Stirn hatte, wieder nach Hause zu kommen und so gut auszusehen. Vielleicht ein wenig unnahbar und auch etwas müde.

Er schluckte. „Entschuldige. Du hast recht. Das geht mich nichts an.“

Trotz bester Absichten konnte sie ihren Zorn nicht aufrechthalten. Nicht heute. Und außerdem: Was spielte es schon für eine Rolle, wenn sie es ihm sagte? Natürlich nicht die ganze Wahrheit. Aber er konnte jederzeit Einblick in die Krankenakte nehmen. Früher oder später würde er es also ohnehin erfahren. Es war wohl am besten, sie nutzte die Gelegenheit und stellte es in ihrem Sinne dar.

„Ich wollte ein Baby haben“, erklärte sie schroff. Vielleicht aus den falschen Gründen, aber dennoch … „Ich habe mich für einen anonymen Samenspender entschieden, weil ich keine feste Beziehung habe. Dieses Baby soll mir gehören. Mir ganz allein. Es gibt viele alleinerziehende Mütter, die gut mit der Situation zurechtkommen. Ich habe einen guten Job, habe ausreichend Geld und viele Freunde. Ich werde es schaffen, Hutch. Du brauchst mich gar nicht so anzusehen.“

Die Beweggründe für ihren Kinderwunsch gingen nur sie selbst etwas an. Sie wollte sich ungern dem Urteil anderer aussetzen. Doch die Umstände ließen sich sehr wohl so interpretieren, dass sie dabei in einem schlechten Licht stand.

Das war schon ein echtes Problem, zumal der mysteriöse Maverick, der die Stadt seit Monaten mit seinen Erpressungen heimsuchte, irgendwie von ihrer künstlichen Befruchtung erfahren hatte und drohte, ihr Geheimnis zu lüften. Sie verdrängte den Gedanken an diese Gefahr. Die Begegnung mit Hutch war genügend Drama für einen Tag.

Er musterte sie so durchdringend, dass ihr ganz anders wurde. Sie meinte förmlich, das Schlagen ihres Herzens in den Ohren dröhnen zu hören. Hutchs Ausdruck spiegelte eine Mischung aus Ungläubigkeit, Mitgefühl und Missbilligung. Zumindest erschien es ihr so. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der sie immer genau gewusst hatte, was er dachte, aber das war lange her.

Er schob die Hände in die Taschen. „Ich habe keine Zweifel an deiner Fähigkeit, für ein Baby sorgen zu können.“

Sie runzelte die Stirn. „Und wieso dann diese Geheimniskrämerei? Du siehst so aus, als hättest du eine ungute Nachricht. Ist es etwas anderes? Ein Tumor? Irgendein abartiger Krebs? Sterbe ich? Das wäre ja nicht so witzig.“

Um seine Mundwinkel zuckte es. „Nichts von alledem, Simone. Aber du bekommst nicht nur ein Baby, sondern drei.“

Hutch fluchte, als Simone plötzlich kreidebleich wurde und umkippte. Er konnte sie gerade noch auffangen, bevor sie zu Boden ging. Er hätte es besser wissen sollen. Das war keine Nachricht, mit der man so ins Haus fiel! Aber wie immer brachte sie ihn aus der Ruhe. Sogar jetzt noch.

Behutsam hob er sie auf den Untersuchungstisch. Am liebsten hätte er sie in seinen Armen gehalten, bis sie wieder zu sich kam, aber das war gegen die Regeln. Also legte er sie auf den Tisch und holte eine leichte Decke, mit der er sie zudeckte. Dabei versuchte er, den Duft ihrer Haut zu ignorieren. Er hätte diesen Duft auch mit geschlossenen Augen überall auf der Welt erkannt. Eine blumige, würzige Mischung, die ganz einzigartig Simone war.

Langsam kam sie wieder zu sich. Die unglaublich langen Wimpern flatterten leicht. „Was ist passiert?“, fragte sie wie benommen und versuchte, sich aufzusetzen.

Er drückte sie mit sanftem Nachdruck zurück. „Gib dir einen Moment. Du hast einen Schock gehabt.“

Sogar in diesem Zustand und unter einer Krankenhausdecke war sie atemberaubend. Ihre Augen waren von einem faszinierenden, einzigartigen Blau. Das lange, seidige Haar erinnerte an die Flügel eines Raben: schwarz mit einem bläulichen Schimmer. Er versuchte, nicht daran zu denken, wie es sich anfühlte, seine Hände in dieser herrlichen Mähne zu vergraben. Damals hatte es ihr fast bis zur Taille gereicht. Sie trug es jetzt kürzer, aber es fiel ihr noch immer bis auf die Schultern.

Ihr Blick wurde wieder klarer. „Ich habe also nicht geträumt.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.

„Nein.“

„Ich möchte mich setzen.“

Er half ihr, auch wenn es ihm schwerfiel, sie zu berühren. In ihrer Nähe fühlte er sich wieder wie ein ungelenker Teenager. Nicht eben ideal für einen Mann, der die renommierte Abteilung für Gynäkologie leiten sollte.

„Es tut mir leid, dass ich dich schockiert habe, Simone. Irgendwie ist es nicht einfach, eine solche Bombe dezent platzen zu lassen. Es überrascht mich, dass du dich für diesen Weg entschieden hast.“

„Ich werde nicht jünger.“ Sie presste die Lippen aufeinander.

Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie störrisch Simone sein konnte, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. „Du bist noch nicht einmal dreißig. Hättest du nicht warten und dich für den traditionellen Weg entscheiden können?“

In ihren Augen blitzte etwas, das sich sowohl als Schmerz als auch als Zorn deuten ließ. „Das habe ich versucht. Es hat mir nicht gefallen. Männer machen alles so kompliziert.“

Die Spitze war auf ihn gerichtet, und sie traf. Ganz eindeutig gab Simone ihm immer noch die Schuld daran, dass sie sich getrennt hatten. Er hätte sich gern gewehrt, aber wozu – nach dieser langen Zeit? Es war nicht sein Job, die Rolle ihres Freundes zu spielen oder gar ihres Partners. Er war hier nur als Arzt.

„Ich nehme an, die Diskussion ist jetzt müßig“, sagte er deprimiert. „Es sei denn, du hättest deine Meinung geändert. Möchtest du die Schwangerschaft abbrechen? Falls du dich dafür entscheidest, steht die Abteilung dir selbstverständlich bei.“

„Findest du, dass ich das tun sollte?“

Er erwog seine Worte mit Bedacht. „Drillinge sind eine große Verantwortung, sogar unter normalen Umständen. Ich meine, für ein Paar. Du wärest ganz allein mit dieser Belastung.“

Sie sah ihm in die Augen. Ihre Finger spielten nervös mit der Decke. „Ich will diese Babys.“

Er musterte sie nachdenklich. „Du wolltest ein Baby, Simone. Ich glaube, du solltest die Situation sorgfältig überdenken. Noch ist es früh genug.“

„Es gibt nichts zu überdenken. Meine Entscheidung ist gefallen. Ich muss mit den Folgen leben.“

„Für den Rest deines Lebens.“

Sie wurde rot. „Ich weiß, du hältst mich für flatterhaft und impulsiv. Seit du damals gegangen bist, bin ich erwachsen geworden. Ich schaffe das.“

„Aber wieso?“ Das war es, was er nicht verstand. Es war ja nicht so, als liefe ihr die Zeit davon. Davon einmal abgesehen war sie ihm nie wie der mütterliche Typ erschienen.

„Meine Gründe gehen nur mich etwas an. Kann ich jetzt gehen?“

Sie verbarg ein Geheimnis vor ihm, das spürte er. Sie mochten während der vergangenen Jahre getrennte Wege gegangen sein, aber es hatte eine Zeit gegeben, als er alles an ihr kannte: Jeden Gedanken. Jedes Gefühl. Jeden Schlag ihres leidenschaftlichen Herzens.

Die Simone, die er kannte, stürzte sich stets mit voller Kraft auf alles, was sie tat. Und es gab Menschen, die sie nicht mochten. Royal war eine relativ kleine Stadt mit einem langen Gedächtnis. Simones Jugendsünden als Mitglied der ‚Drei Hexen‘ waren noch vielen in Erinnerung. Es war schwer, einen einmal erworbenen schlechten Ruf wieder abzuschütteln, aber er wusste, dass sie im Grunde ein gutes Herz hatte.

„Hör dir einfach an, was ich zu sagen habe, Simone. Mit einer Mehrlingsschwangerschaft gehörst du sofort zur Risikogruppe. Das Krankenhaus hat mich wegen meiner Erfahrungen eingestellt. Dr. Fetter würde mich sofort informieren, falls es Probleme gibt. Bist du damit einverstanden?“

Simone schluckte. „Hast du Cracker?“

„Wie bitte?“ Hatte er einen Hörschaden?

„Ich brauche etwas Salziges. Mir ist übel.“

Oh Gott! „Moment!“ Er riss die Tür zum Gang auf und rief nach einer Schwester. Die arme Frau schien einen Sprint hingelegt zu haben, denn schon zwei Minuten später erschien sie mit Crackern und einer Schale mit Eiswürfeln.

Er murmelte einen Dank und schloss die Tür hinter ihr, bevor er sich wieder Simone zuwandte. Sie war jetzt nicht mehr blass. Ihre Haut hatte eine leichte Grünfärbung angenommen. Hastig reichte er ihr eine Plastikschale und begann, die Packung mit den Crackern aufzureißen. „Langsam“, sagte er.

„Keine Sorge. Ich habe Angst, mich zu bewegen.“

„Du Ärmste.“ Er hatte sein ganzes Berufsleben lang täglich mit schwangeren Frauen zu tun gehabt, aber kein Anblick hatte ihn je so tief berührt wie der dieser Frau. Ohne lange darüber nachzudenken, legte er einen Arm hinter ihren Rücken, um sie zu stützen. „Ich halte den Cracker“, sagte er. „Du brauchst nur abzubeißen.“

Die Tatsache, dass sie ihm kein Contra gab, zeigte, wie elend sie sich fühlte. Als sie sich an ihn lehnte, schien sein Herz für einen Moment auszusetzen. Dabei erschien die Warnung fast wie mit großen Leuchtbuchstaben vor seinem geistigen Auge: Vorsicht! Vorsicht!

Obwohl er wusste, dass er ihr nie wieder nahekommen würde, verriet sein Körper ihn. Sie war so vertraut, so herrlich weiblich. Die Überreste des Höhlenmannes in ihm drängten ihn, sie zu beschützen. Frauen waren zäh, oft weitaus zäher als Männer. Aber diese Simone, die heute zu ihm gekommen war, befand sich an einem Tiefpunkt. Er wollte ihr wieder aufhelfen.

Dabei war er der Letzte, den sie brauchte. Er hatte zu viel Leid erlebt, um Simone etwas bieten zu können, das auch nur annähernd der Liebe glich, die sie einmal geteilt hatten.

Es gelang ihr, einen Cracker hinunterzubringen. Sie begann den zweiten. Zwischen den Bissen bot er ihr Eiswürfel an. Jede Packung enthielt vier Cracker, acht zusammen. Irgendwann hatte sie alle geschafft.

„Danke“, sagte sie. „Jetzt geht es mir besser.“

Es war weit von der Wahrheit entfernt, aber er glaubte ihr. „Ich muss mich noch um andere Patienten kümmern“, sagte er und wusste dabei selbst nicht, wieso es ihm so widerstrebte, diesen Raum zu verlassen.

„Ich weiß.“ Sie nickte. „Geh nur. Ich komme zurecht. Ich bin froh, dass du in Afrika nicht umgekommen bist.“

Er lachte leise. „Ist das alles, was du zu sagen hast?“

„Ich will dein Ego nicht noch größer werden lassen. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Stadt dich in den Status eines Heiligen erhebt. Der heilige Hutch. Klingt gut, findest du nicht?“

„Du bist unmöglich.“

„Einiges ändert sich eben nie.“

Ihre Gesichtsfarbe war inzwischen wieder halbwegs normal. Der Arzt in ihm registrierte es zufrieden. „Das stimmt nicht, Simone. Keiner von uns ist mehr derselbe wie vor fünf Jahren. Ich auf jeden Fall nicht.“

Sie schob sich eine widerspenstige Strähne hinter das Ohr. „Ist das eine höfliche Warnung, dass ich mir keine Hoffnungen machen soll?“ Ihr Blick deutete ein trockenes Lächeln an.

Sogar in dieser Situation war sie in der Lage, ihn zu schockieren. Während er sich bemüht hatte, nicht weiter an ihrer schmerzlichen Vergangenheit zu rühren, ging sie das Thema direkt an – bis an den wundesten Punkt. Vielleicht kannte sie ihn besser, als ihm klar gewesen war. „Das hatte ich nicht vor, aber wahrscheinlich hätte ich es tun sollen.“

„Du bist nicht mein Arzt.“

„Nein. Technisch betrachtet nicht.“ Er suchte nach den richtigen Worten. „Vielleicht ist es anmaßend von mir, aber du hast dieses Thema angeschnitten. Ich wusste, wir würden uns über den Weg laufen, Simone. Es war unausweichlich, wenn ich wieder zurück in der Stadt bin. Aber …“

„Aber du hast dich neu orientiert.“

„Stimmt.“ Den Rest behielt er für sich. Er konnte nicht darüber reden.

Simone nickte. „Ich verstehe, Hutch. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass ich auch gut beschäftigt sein werde. Aber vielleicht können wir wenigstens Freunde bleiben.“

„Vielleicht.“ Die Lüge rollte ihm über die Lippen. So gern er ihr auch geholfen hätte, aber er konnte es sich nicht leisten, ihr wieder nahezukommen. Nicht noch einmal. „Ist jetzt alles in Ordnung? Ist die Übelkeit vorüber?“

Sie reichte ihm die Schale. „Falscher Alarm. Du bist gut in einer solchen Situation. Vielleicht solltest du Arzt werden.“

Er musste unwillkürlich lächeln. Simone hatte schon immer ein Talent dafür gehabt, ihn zum Lachen zu bringen, vor allem, wenn er sich zu ernst nahm. Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und schrieb rasch die Nummer seines Smartphones darauf. „Du musst es mir versprechen“, sagte er, während er sie ihr reichte.

„Was soll ich versprechen?“ Sie hielt die Karte mit spitzen Fingern, als handelte es sich um etwas Giftiges.

„Ich möchte, dass du mich sofort anrufst, falls irgendwelche Probleme auftreten.“

„Was ist mit Dr. Fetter?“

„Sie hat genug zu tun mit ihren vielen Patientinnen.“

„Und du nicht?“

Sie sahen sich einen Moment lang schweigend in die Augen.

„Verdammt, Simone, du machst es mir nicht leicht.“

„Ich verstehe dich nicht.“

„Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Ich möchte dafür sorgen, dass es dir und den Babys gut geht.“

„Der heilige Hutch!“

Wenn sie es so sehen wollte, dann sollte er es vielleicht dabei belassen. Es war besser als die Wahrheit. „Ich mag dich“, sagte er leise. „Es ist mir ernst. Du kannst mich jederzeit anrufen, ganz gleich, ob Tag oder Nacht. Dies ist keine normale Schwangerschaft. Ich möchte es von dir hören.“

„Also gut.“ Sie rollte die Augen. „Ich verspreche es. Bist du jetzt glücklich?“

Er war schon seit langer Zeit nicht mehr glücklich gewesen. „Es genügt. Ich bleibe in Kontakt, Simone. Gib gut auf dich acht.“

2. KAPITEL

Nach dem unerwarteten Termin mit Hutch war das verschobene Treffen mit Dr. Fetter eine Woche später vergleichsweise harmlos. Die Anordnungen für eine Mehrlingsschwangerschaft waren im Wesentlichen dieselben wie die bei jeder anderen Schwangerschaft auch: viele Vitamine. Viel Ruhe und Schlaf. Viel Bewegung. Jede Unregelmäßigkeit sofort melden, insbesondere Blutungen.

Dieser Hinweis war beängstigend. „Wie oft kommt das vor?“, fragte Simone beklommen, während die Ärztin sich Notizen in ihrem Laptop machte. „Die Blutungen, meine ich.“

Dr. Fetter warf ihr einen Blick über den Rand ihrer Brille zu. „Zehn bis zwanzig Prozent aller Schwangerschaften enden mit einer Fehlgeburt, Simone. Bei Mehrlingen liegt das Risiko noch höher. Aber Sie sollten sich deswegen keine Gedanken machen. Ihr Ultraschall sieht gut aus, und wir werden Sie gut unter Kontrolle halten – intensiver als bei einer normalen Schwangerschaft.“

„Ich verstehe.“ Die Ärztin hatte gut reden. Machen Sie sich keine Gedanken! Sie war ja nicht diejenige, die die Verantwortung für drei neue kleine Leben hatte.

Kurze Zeit später stand Simone vor dem Eingang des Krankenhauses und starrte wie benommen auf die gepflegte Gartenlandschaft, die das Gebäude umgab. Drillinge! Ganz gleich, wie oft sie das Wort wiederholte – es schien irgendwie nicht real. Vor ihrem geistigen Auge hatte sie sich mit einem schicken Kinderwagen gesehen, in dem ein winziges Baby in Rosa oder Hellblau gekleidet lag. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, wie sie mit drei Babys durch die Stadt spazierte.

Sie versuchte, sich einzureden, es wäre alles in Ordnung. Ihre ursprünglichen Beweggründe für diese Schwangerschaft waren alles andere als rein gewesen. Bestrafte das Schicksal sie jetzt für ihren Leichtsinn?

Auch wenn alles dagegen sprach: Es erstaunte sie selbst, wie sehr sie diese Babys wollte. Nicht nur eines oder zwei, sondern alle drei. Während sie sich eine Hand auf den Bauch legte, versuchte sie, sich vorzustellen, wie sie in ein paar Monaten aussehen würde. Bei Drillingen war ihr Bauch dann sicher riesig.

Überraschenderweise versetzte diese Vorstellung sie nicht in Panik. Für eine Frau, die wie selbstverständlich mit der Haute Couture lebte und die daran arbeitete, ihren Körper in Form zu halten, war es ein Zeichen der Reife, dass sie sich mit einem unförmigen Babybauch sehen konnte, ohne in Schnappatmung zu verfallen.

Zumindest sagte sie sich das.

Es wurde schon spät. Sie war in weniger als einer Stunde mit ihren Freundinnen verabredet. Naomi und Cecelia wollten ihre legendäre Pizza Jalapeño mit Rindfleisch machen. Normalerweise verschlang Simone davon wenigstens drei Stücke. Wie sollte sie diesen Abend überstehen, wenn allein der Gedanke an Essen ihr Übelkeit verursachte?

Während sie durch die Stadt fuhr, ging sie im Geiste durch, was sie sagen wollte. Ach, übrigens: Ich habe seit Monaten keinen Sex mehr gehabt, aber ich bin schwanger mit Drillingen. Oder vielleicht: Ich bin Hutch in der vergangenen Woche begegnet. Ich glaube, ich bin nie über ihn hinweggekommen.

Sie hatte ihre Idee, Naomi und Cecelia nicht einzuweihen, längst verworfen. Die Situation war zu hart, um allein damit fertigzuwerden. Sie brauchte jemanden zum Reden – jemanden, der zu ihr stand. Wenn sie sich ihren besten Freundinnen nicht anvertrauen konnte, wem dann? Dennoch war sie noch nicht bereit, all ihre Geheimnisse auf einmal zu offenbaren. Sie musste zuerst einmal mit sich selbst ins Reine kommen. Es ging alles zu schnell.

Simone gab ihren Code in die Tastatur ein und rollte durch das elegante Tor. Ihr Blick glitt über den gepflegten Rasen, der die Luxusapartments umgab. Hier war Naomis Privatsphäre geschützt. Naomi Price war aus verschiedenen Gründen bekannt in Royal. Ihre Fernsehshow wurde inzwischen landesweit gesendet, sodass ihre Modetipps für Frauen und Männer in ganz Amerika gesehen werden konnten.

Simone parkte und ging zum Haus. Cecelia machte ihr auf. „Das wurde auch Zeit. Wo bist du gewesen?“

Die Frage war eindeutig rein rhetorisch, denn Cecelia verschwand gleich in die Küche. Simone drückte sich eine Hand auf den Mund. Der Geruch des Essens verursachte ihr Übelkeit. Großer Gott! Sie angelte eine Flasche mit Wasser aus den Tiefen ihrer Tasche und trank vorsichtig einen Schluck. Falls sie noch nicht von den Babys sprechen wollte, dann musste sie ihren Magen unter Kontrolle bringen, sonst würde ihr Geheimnis nicht mehr lange ein Geheimnis bleiben.

Vorsichtig näherte sie sich der Küche. Der Raum war nicht groß, aber so durchgestylt wie die Frau, die sich über den Herd beugte. Naomi hatte braune Augen und langes, kupferrotes Haar. Sie war charmant und ausgesprochen hübsch, aber Simone wusste, dass ihre Freundin nicht wirklich begriff, wie hübsch sie war.

Cecelia hingegen hatte das Aussehen eines Models und wusste es einzusetzen. Ihr blondes Haar und die langen Beine zogen die Männer in Scharen an. Ihre Firma To The Moon spezialisierte sich auf exklusive Möbel für Kinder. Gerade erst startete sie mit Luna Fine Furnishings auch im Erwachsenenbereich durch. Simone und ihre Werbeagentur waren im Moment dabei, eine Kampagne zu entwickeln, die Cecelias Firma den entscheidenden Schritt voran bringen sollte.

Die beiden Frauen kamen kaum dazu, sie wirklich zu begrüßen. Sie stritten gerade über das richtige Verhältnis von Paprika zu Fleisch. Schließlich sah Naomi auf. „Hi, Honey. Was ist los mit dir? Ich habe schon Gespenster mit mehr Farbe gesehen.“

Das war das Schöne an guten Freundinnen: Sie nahmen kein Blatt vor den Mund. „Nur ein nervöser Magen“, sagte Simone. „Ich glaube, ich habe zu Mittag zu viel gegessen.“ Glücklicherweise waren die beiden noch so mit der Pizza beschäftigt, dass sie nicht weiter darauf eingingen.

Normalerweise hätte Simone sich erboten, zu helfen, aber im Moment schien es ihr sicherer, auf Distanz zum Essen zu bleiben. Als die große Pizza endlich im Ofen war, verzogen sich die drei Frauen in das Wohnzimmer. Simone beneidete Naomi um ihr sicheres Stilgefühl. Ihre Wohnung war eingerichtet wie für ein Hochglanzmagazin und trotzdem dabei gemütlich.

Simone ließ sich vorsichtig in einen der bequemen Sessel sinken. Sie hatte viel über die Schwangerschaftsübelkeit gehört, hatte sich aber nie vorstellen können, wie schrecklich es sein konnte. Sie zog die Beine unter sich und versuchte, sich zu entspannen.

Cecelia stand am Fenster. Sie war immer voller Energie, aber heute sprühte sie förmlich vor Erregung.

Naomi nippte an ihrem Chardonnay. „Nun rede schon, Cecelia. Du hast gesagt, wir müssten auf Simone warten. Jetzt ist sie da. Spann uns nicht auf die Folter.“

Cecelia fuhr herum und streckte ihnen ihre Hand hin. „Deacon hat mir einen Antrag gemacht! Und ich bin schwanger!“

Die Erklärung löste schrille Entzückensschreie und Jubel aus. Simone und Naomi umarmten ihre Freundin und bewunderten den Ring. Deacon Chase war ein ziemlicher Fang. Er hatte zehn Jahre in Europa gelebt und war dann nach Royal zurückgekommen – als Partner des neuen Luxushotels Bellamy. Der attraktive Selfmade Milliardär und Hotelier hatte Charisma und ein Lächeln, bei dem die meisten Frauen schwach wurden. Nach Simones Meinung war er einer der wenigen Männer weltweit, der mit Cecelia fertig werden konnte, ohne sich von ihrem Aussehen und ihrer Persönlichkeit einschüchtern zu lassen.

Jetzt war eindeutig nicht der richtige Moment für Simone, um mit ihren eigenen Neuigkeiten herauszuplatzen. Sie wollte Cecelia nicht die Show stehlen.

Als alle sich wieder beruhigt hatten, gingen sie in die Küche und widmeten sich der frisch gebackenen Pizza. Simones Magen zeigte sich so kooperativ, dass es ihr gelang, fast ein ganzes Stück zu essen, auch wenn sie die Jalapeños verstohlen beiseitelegte und sie in die Serviette wickelte. Sie wollte das Schicksal nicht unnütz herausfordern.

„Wer ist dein Arzt?“, erkundigte Simone sich und hoffte dabei inständig, dass es nicht Hutch war.

„Ich bin bei Janine Fetter. Sie redet nicht viel und ist nicht übermäßig freundlich, aber das brauche ich bei einer Ärztin auch nicht. Ich möchte jemanden haben, dem ich vertrauen kann. Dafür ist sie genau richtig.“

Naomi schüttelte den Kopf. „Ich kann es gar nicht glauben. Wir müssen eine Babyparty zu Ehren der werdenden Mom organisieren!“

Cecelia lachte. „Dazu ist noch Zeit genug. Ich bin ja noch im ersten Drittel der Schwangerschaft. Deacon und ich wollen es noch eine Weile für uns behalten, aber er weiß natürlich, dass ich es euch sagen muss.“

„Das will ich meinen“, sagte Naomi. „Wir haben doch nie Geheimnisse voreinander gehabt.“

Simone wand sich innerlich. Ihre enge Freundschaft hatte in Royal schon manches Mal für Unruhe gesorgt. Irgendwann hatten sie den Spitznamen der Drei Hexen bekommen. Das war zwar nicht fair. Aber wenn drei Frauen ausgesprochen erfolgreich waren, zudem attraktiv und immer im Blickfeld der Öffentlichkeit, dann ließ es sich wohl nicht vermeiden, dass sie auch Anfeindungen ausgesetzt waren. Die allgemeine Kritik war noch gewachsen, nachdem Naomi, Cecelia und Simone in den renommierten Texas Cattleman’s Club aufgenommen worden waren.

Einige Erzkonservative fanden immer noch, der Klub sollte den Männern vorbehalten sein. Und dann war irgendwie das Gerücht aufgekommen, sie drei stünden hinter den anonymen Erpressungen, die die Stadt seit einigen Monaten in Atem hielten. Mehrere bekannte Persönlichkeiten waren über die Sozialen Medien unter Druck gesetzt worden.

Natürlich stimmte das nicht. Im Gegenteil: Auch Cecelia hatte eine der Drohungen des Erpressers erhalten. Und nun auch Simone, aber sie hatte es bisher noch niemandem gesagt.

Als Simone später am Abend nach Hause fuhr, kämpfte sie mit Neidgefühlen. Cecelia freute sich auf ihr Baby, und sie plante eine Hochzeit. Das hieß, Cecelias Situation war ein Anlass zum Feiern. Und Simone? Sie war schwanger mit Drillingen, deren Vater ein unbekannter Samenspender war.

Viele Menschen nutzten Samenspender in Fällen eigener Unfruchtbarkeit. Aber das waren Paare, die den Entschluss zusammen fassten und sich darauf freuten, gemeinsam ein Kind zu bekommen.

Simones Beweggründe waren egoistisch gewesen, angestachelt von den vollkommen altmodischen Bedingungen im Testament ihres Großvaters. Sie unterdrückte die Tränen, die in ihr aufgestiegen waren, und entschuldigte sich bei den drei winzigen Funken des Lebens in ihrem Bauch. „Ich schwöre euch, ich werde eine gute Mutter sein“, flüsterte sie. „Ich würde alles rückgängig machen, wenn ich es könnte, aber da ihr nun einmal entstanden seid, will ich euch behalten. Ihr werdet bald genug lernen, dass Erwachsene Fehler machen. Ich ganz besonders.“

Es wäre schön gewesen, jetzt jemanden zu haben, der sie beschwichtigte: Sei nicht so hart zu dir selbst, Simone. Es wird alles gut werden, du wirst schon sehen. Solange sie sich Naomi und Cecelia nicht anvertraute, gab es allerdings niemanden in Royal, der hinter ihr gestanden hätte. Sie musste sich den Mut schon selbst zusprechen. Zuerst einmal wollte sie sich jetzt einen entspannten Abend zu Hause gönnen.

Ihre Villa war einladend und freundlich, aber auf eine vollkommen andere Art als Naomis durchgestyltes Apartment. Nachdem ihre Werbeagentur den dritten Großkunden an Land gezogen hatte, hatte Simone sich diese Villa mit dem riesigen Grundstück in Pine Valley gegönnt. Es war alles absurd groß für nur eine Person, aber sie liebte das Anwesen.

Zumindest hatte sie hier auch gleich Platz für eine Nanny, die im Haus wohnen konnte. Oder vielleicht auch zwei. Drillinge! Wie sollte sie damit fertig werden?

Sie bog von der Hauptstraße auf ihr Grundstück ein und betrachtete voller Stolz die blühenden Kirschbäume, die die Auffahrt säumten. Wenn der Wind die Zweige bewegte, schwebten kleine weiße Blütenblätter zu Boden, wie Schnee. Frühling in Texas, das war ihre liebste Jahreszeit.

Überrascht registrierte sie einen schwarzen SUV vor ihrer Tür. Die Überraschung wurde zum Schock, als sie den Mann sah, der sich aus den Schatten löste. Ohne sich die Mühe zu machen, ihren kleinen Sportwagen in die Garage zu fahren, trat sie auf die Bremse und stieg aus.

„Was machst du denn hier, Hutch?“

Sie hasste es, wie ihr Puls schneller ging, sobald sie ihn sah. Auch ohne Schwangerschaft hätte sie sich nicht mehr mit ihm einlassen sollen. Unter den gegebenen Umständen wäre es emotionaler Selbstmord, sich einzubilden, sie könne noch eine Chance bei dem attraktiven Arzt haben.

Er hatte einen mittelgroßen Karton unter dem Arm. „Ich habe dir etwas aus meiner Bibliothek gebracht. Ich weiß ja, dass du dich gern genauer informierst, deswegen dachte ich, die Bücher könnten dich interessieren. Alles über Mehrlingsgeburten – sowohl aus medizinischer Sicht als auch unter praktischen Aspekten.“

„Das ist sehr aufmerksam von dir. Bietest du diesen Service allen deinen Patientinnen an?“

Er lächelte widerstrebend. „Wenn ich dich daran erinnern darf: Du bist nicht meine Patientin.“

„Stimmt.“ Sie war sich nicht sicher, was die Etikette in diesem Fall verlangte. Auf jeden Fall konnte sie den Mann nicht einfach vor der Tür stehen lassen. „Möchtest du vielleicht auf einen Eistee oder eine Cola mit hineinkommen?“

„Hast du vielleicht einen Kaffee?“

„Auch das.“

„Dann bin ich dabei.“

Sie schloss die Haustür auf und warf die Schlüssel auf den Tisch im Foyer. Hutch stellte den Karton auf einen Stuhl und sah sich interessiert um. „Dein Haus gefällt mir. Es passt zu dir.“

Simone begab sich in die Küche und war sich dabei die ganze Zeit bewusst, dass er ihr folgte. „Inwiefern?“ Sie zog die Tür des Kühlschranks auf, um ihr glühendes Gesicht zu kühlen und sich für einen Moment vor Hutchs Blicken zu verbergen. Ihr Puls raste.

„Es ist modern. Stylish. Einfach. Und doch elegant.“

Wow! So sah er sie? Während sie den Kaffee aufsetzte, nahm Hutch auf einem Hocker an der Bar Platz. „Danke“, murmelte sie. Dachte er an all das Geld, das sie hier ausgegeben hatte, während er sich um kranke Babys in unvorstellbarer Armut gekümmert hatte? War sein Kompliment eigentlich eine Kritik?

Aber vielleicht deutete sie auch zu viel in eine beiläufige Bemerkung.

„Wo wirst du jetzt wohnen?“, erkundigte sie sich. „Irgendwo in der Nähe des Krankenhauses?“

„Ich werde dein Nachbar“, gestand er grinsend. „Ich bin im Gespräch als neuer Besitzer für das alte Haus ein Stück die Straße hinunter.“

„Oh.“ Es gab nur ein Haus in der Nähe, das zum Verkauf stand. War das ein Zufall?

Hutch zuckte mit den Schultern. „Ich bin zu alt für eine Junggesellenbude. Ich wollte irgendwo Wurzeln schlagen.“

„Keine Einsätze mehr bei Ärzte ohne Grenzen?“

„Ich glaube nicht. Das ist etwas für junge Männer. Ich habe mehr als fünf Jahre meines Lebens dafür gegeben. Es ist das Beste, was ich je gemacht habe, aber es war Zeit, wieder nach Hause zu kommen.“

„Ich bin sicher, deine Eltern sind sehr froh darüber.“

„Sie waren überglücklich, das stimmt.“

„Das muss doch schön sein. Meine Eltern tauchen nur auf, wenn sie mir aus irgendeinem Grund eine Moralpredigt halten wollen. Aber daran erinnerst du dich sicher noch.“ Ihre Eltern waren nicht angetan gewesen davon, dass ihre Tochter sich mit einem Mann abgab, den nicht sie für sie ausgesucht hatten. Weder Hutch noch Simone hatten sich von ihrer Missbilligung irritieren lassen.

Simone bemühte sich, die Gedanken an ihre leidenschaftliche Affäre und deren Ende zu vermeiden. Meist gelang es ihr. Aber jetzt, wo Hutch in ihrer Küche saß, waren alle Erinnerungen mit einem Schlag wieder da.

Sie hatten sich auf einer Party im Cattleman’s Club kennengelernt. Simone war knapp zweiundzwanzig gewesen und bereit, sich endlich zu verlieben. In der Stadt hielt man sie damals und heute noch für flatterhaft, doch das war nur eine Fassade, hinter der sie sich verbarg.

Ein gemeinsamer Freund machte sie mit Troy Hutchinson bekannt. Es war wie eine Vorsehung. Vom ersten Moment an wusste sie, dass er der Richtige für sie war. Dabei war es weniger sein attraktives Äußeres, das sie anzog, sondern seine ruhige, intelligente Art. Hutch war kein grüner Junge, der auf einen schnellen Aufriss aus war.

Er redete mit ihr und wollte ihre Ansichten kennenlernen. Er tanzte mit ihr. Lachte über ihre Scherze. Und in einer abgeschiedenen Ecke vor dem Klub küsste er sie. Noch jetzt, Jahre später, erinnerte sie sich an jede Einzelheit dieses magischen Moments. An den frischen Duft seiner Haut und das gestärkte Leinen seines Hemdes. Erinnerte sich an das Gefühl, sich bei ihm klein und beschützt vorzukommen, obwohl sie sehr wohl in der Lage war, sich um sich selbst zu kümmern. Er war größer als sie und körperlich sehr fit – es passte zu einem Mann, der sein Leben der Medizin verschrieben hatte.

„Simone? Jemand zu Hause …?“

Plötzlich stand er vor ihr und sah sie fragend an. „Du rührst jetzt schon seit einer halben Ewigkeit in dem Kaffee.“

Sie wurde rot. Ahnte er, woran sie dachte? „Hier“, sagte sie. „Ich habe ihn so gemacht, wie du ihn magst – stark genug, um die Farbe von der Wand zu ätzen und mit genug Zucker, um dir Karies zu bescheren.“

Er nahm die Tasse und nippte daran. Dabei schloss er genießerisch die Augen. „Das ist wirklich ein guter Kaffee. Der könnte sogar mit dem echten aus Afrika konkurrieren.“

„Ich schätze, nicht alles war dort drüben so gut. Soweit ich mich erinnere, stehst du auf Fleisch und Kartoffeln. In der Gegend, in der du warst, dürfte beides rar gewesen sein.“

„Das stimmt. Ich habe in der Zeit etliches an Gewicht verloren.“

„Lass uns ins Wohnzimmer gehen.“ Sie nahm ein Paket Kekse aus dem Schrank und ging voraus. Hutch entschied sich für einen Ohrensessel, Simone nahm auf dem Sofa Platz.

Er lehnte sich zurück. „Du hast es dir hier schön gemacht, Simone. Ich bin stolz auf dich. Alle in der Stadt singen ein Loblied auf dich, beziehungsweise auf deine Agentur“, schränkte er ein.

„Das ist vielleicht übertrieben, aber danke für die Blumen. Dahinter steckt eine Mischung aus harter Arbeit und etwas Glück.“

„Ich habe immer gewusst, dass du deine Spuren in Royal hinterlassen wirst.“

Sie runzelte die Stirn. Ihr Ehrgeiz war mit ein Grund für ihre Trennung gewesen, aber nicht aus ihrer Sicht. Denn sie hatte Hutchs Träumen nicht im Weg stehen wollen. Als er anbot, seinen Auslandsdienst solange zu verschieben, bis ihre Agentur sich etabliert hatte, hatte sie darauf bestanden, dass er ging. Hutch hatte das als Abfuhr empfunden. Er dachte, ihre Firma und das Geld wären ihr wichtiger als er. Wie dumm konnte ein Mann sein?

Aber das alles war nun so lange her.

Schweigend tranken sie ihren Kaffee. Simone war müde. Hutch wiederzusehen erinnerte sie schmerzlich daran, wie viele Fehler sie in ihrem Leben gemacht hatte.

Würde sie je aus ihnen lernen?

Schließlich wurde das Schweigen zwischen ihnen unerträglich. Simone stellte ihre Tasse ab. „Ich glaube, du solltest jetzt gehen“, sagte sie. „Ich fühle mich nicht sehr gut. Ich würde mich gern hinlegen. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich nicht, dass die Leute deinen Wagen vor meinem Haus sehen.“

3. KAPITEL

Hutch verzog das Gesicht. Simones Worte verletzten ihn, auch wenn sie ihm die Möglichkeit zu einem eleganten Rückzug boten.

Er hatte sich eingeredet, er wäre jetzt immun gegen die Gefühle für Simone, aber in seinem tiefsten Inneren kannte er die Wahrheit. Als er ihr vor einer Woche im Untersuchungszimmer unvermittelt gegenübergestanden hatte, war es sofort wieder dagewesen: das schwindelerregende Gefühl des Verlangens, das ihn immer überkam, wenn er in ihrer Nähe war.

Panik überfiel ihn. Er konnte das alles nicht noch einmal durchmachen. Nicht nach allem, was im Sudan passiert war. Simone sollte Bescheid wissen.

Sie verlor jedoch die Geduld. „Wenn du etwas zu sagen hast, sag es. Ich habe einen langen, stressigen Tag hinter mir, und ich möchte jetzt ein Bad nehmen und zu Bett gehen.“

Ich würde gern mitkommen … Sein Unterbewusstsein war unerbittlich ehrlich. Die dunklen Schatten unter ihren faszinierenden Augen erinnerten ihn daran, dass sie im Moment geschwächt war, sowohl körperlich als auch psychisch. Er hätte sie jetzt gern in seinen Armen gehalten, aber das durfte nicht sein.

Er ging auf und ab, die Hände in den Taschen vergraben. „Ich verstehe, dass dir mein Wagen vor dem Haus unangenehm ist. Nachdem ich jetzt wieder in der Stadt bin und wir beide immer noch Single sind, wird die Gerüchteküche bald in Gang kommen. Vielleicht schreibt man die Drillinge sogar mir zu.“

Simone schluckte erkennbar. „Gerüchte haben selten etwas mit der Wirklichkeit zu tun.“

„Natürlich nicht. Aber ich will ehrlich sein mit dir: Ich bin nicht an einer Beziehung interessiert.“

„Ich auch nicht“, beschied sie ihn kühl. „Aber eines würde mich doch interessieren: Hat deine Abneigung etwas mit unserer Vergangenheit zu tun?“

„Nicht direkt. Ich habe mich im Sudan in eine Ärztin verliebt. Sie hieß Bethany.“

Für den Bruchteil einer Sekunde meinte er so etwas wie Schmerz in Simones Augen zu erkennen. Aber falls es so war, erholte sie sich schnell.

„Du sprichst in der Vergangenheitsform …“

Er nickte. „Sie ist vor zwei Jahren gestorben. Sie hatte sich den Fuß an einem Stein aufgeschnitten. Ärzte sind immer die schlimmsten Patienten. Sie hat niemandem von uns gesagt, wie schlimm es war. Es kam zu einer Blutvergiftung. Ich konnte sie nicht retten.“ Noch jetzt tat ihm die Erinnerung weh.

„Das tut mir leid, Hutch.“

Ihr Mitgefühl hätte seinen Schmerz lindern sollen. Stattdessen machte es ihm Gewissensbisse. „Ich mag dich nach wie vor, Simone. Und ich werde mich um dich kümmern. Aber du musst wissen, dass es nie mehr sein wird wie früher.“

„Ich verstehe.“

„Wahrscheinlich hältst du es für absurd, dass ich denken sollte, du könntest noch an mir interessiert sein.“

„Ganz und gar nicht. Du bist ein wunderbarer Mann. Ich bin sicher, ich bin nicht die einzige Frau in Royal, die deine Qualitäten zu würdigen weiß.“

„Verdammt, du machst dich lustig über mich, oder?“

„Vielleicht ein bisschen.“ Sie lächelte leicht. „Vor sechs Monaten wäre deine Tugend vielleicht in Gefahr gewesen, aber jetzt muss ich an drei Babys denken. Ihr Wohlergehen ist wichtiger als alles andere.“

„Ich sollte gehen“, sagte er, machte aber keinerlei Anstalten aufzubrechen.

Simone erhob sich. Sie schwankte für einen Moment und stützte sich auf einer Sessellehne ab. „Ja, das solltest du.“

Er nickte. Der Wunsch, sie zu küssen, war einfach überwältigend.

Sie behielt eine Hand auf der Sessellehne. Sei es, weil sie sich noch schwach fühlte, sei es, weil sie eine Art Barriere zwischen ihnen wollte. Aber es spielte keine Rolle. Sein Verlangen blieb.

Spontan legte er seine Hände auf ihre Schultern. Sie trug keine Schuhe, sodass sie ihm kleiner erschien als sonst. Er schob die Finger durch ihr Haar und seufzte. „Ich hätte vor einem Jahr nach Hause kommen sollen. Dann hätte ich dir diese Idee der alleinerziehenden Mutter vielleicht ausreden können.“

„Das ist nicht dein Problem.“

Es war so einfach … Er hatte Bethany geliebt, tief und ehrlich. Und er hatte ihren Tod betrauert. Aber diese Sache mit Simone war etwas anderes. Konnte er es wagen, die Möglichkeiten auszuloten?

Langsam ließ er seine Lippen über ihre gleiten … und wartete auf einen Protest, der nie kam. Sie schmeckte nach Kaffee. War wunderbar vertraut. Und doch erregend. Als sie sich auf die Zehenspitzen hob und die Arme um seinen Nacken schlang, stöhnte er auf. Fünf Jahre, fast sechs – mit einem Schlag vergangen.

Er ließ die Hände über ihren Rücken gleiten bis hinunter zu ihrem Po. Sie war schmaler geworden, war aber immer noch so weich und so verführerisch wie eh und je. Damals war Simone offen gewesen. Unschuldig. Weit entfernt von der Frau, die jetzt erhobenen Hauptes die Welt herausforderte.

Das Herz klopfte ihm bis zum Halse. Er küsste die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr. Drückte seine Zähne leicht in ihr Ohrläppchen. Simone tat nichts, um ihn aufzuhalten. Sie versuchte nicht einmal zu verbergen, dass sie ihn begehrte. Die Versuchung drohte ihn zu überwältigen. Seine Erregung wuchs. Das Sofa war gleich neben ihnen. Verdammt! Wie konnte es sein, dass er sie immer noch so begehrte? Das musste aufhören. Sofort!

Er atmete tief durch und löste sich aus ihrer Umarmung. „Macht es dich glücklich zu wissen, dass ich dich immer noch will?“, herrschte er sie an. Er kam sich vor wie ein Idiot.

Simone sah ihn betroffen an. „Nein, das tut es nicht, Hutch. Aber ich habe verstanden. Du hast nichts von mir zu befürchten. Ich wäre dir dankbar, wenn du jetzt gehst.“

Simone wartete, bis sie die Haustür ins Schloss fallen hörte, bevor sie ihren Tränen freien Lauf ließ. Sie rutschte an der Wand nach unten und saß wie ein Häufchen Elend auf dem Boden. Tiefe Schluchzer drohten ihren Körper zu zerreißen.

Sie wusste, dass ihre Hormone im Moment Amok liefen, aber es war mehr als das. Es war alles so verworren! Hutch war so weit von ihr entfernt, als wäre er immer noch in Afrika. Die Kluft zwischen ihnen war so tief, dass es zweifelhaft war, ob sie je überhaupt so etwas wie Freunde sein konnten. Und doch war es nicht zu leugnen: Das Feuer zwischen ihnen brannte wie am ersten Tag.

Das Gefühl, seine starken Arme um sich zu spüren … das Klopfen seines Herzens unter ihrer Wange zu fühlen … zu wissen, dass er sie so sehr begehrte wie sie ihn – das löste bei allem Elend ein Gefühl tiefer Freude in ihr aus. Nie hatte sie sich in ihrem Leben so glücklich und frei gefühlt wie in der Zeit, als Hutch und sie ein Paar gewesen waren.

Was er gesagt hatte, war richtig. Wäre er sechs Monate früher zurückgekehrt, hätte sie sich auf diese ganze Sache nicht eingelassen. Sie war wütend gewesen auf ihren verstorbenen Großvater und entschlossen zu beweisen, dass sie den Familiennamen weitertragen konnte. Eigentlich war es weniger um das Geld gegangen als darum, zu zeigen, dass sie dazugehörte.

Jetzt war es zu spät für eine Umkehr. Die Babys waren eine Realität, die sich nicht leugnen ließ.

Simone schleppte sich ins Bad. Sie wusch sich das Gesicht und ließ sich anschließend auf das Bett fallen. Sie hatte wieder Hunger, aber es war ein widersprüchliches Gefühl. Der Magen wollte gefüllt werden und protestierte gleichzeitig dagegen, mit allen Anzeichen der Übelkeit.

Gegen Mitternacht ertrug sie es nicht länger. Sie begab sich in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen. Nichts mit Milch. Weder Käse noch Joghurt. Etwas Salziges. Endlich fand sie noch eine halbe Tüte alte Kartoffelchips. Sie spülte sie mit einem Ginger Ale hinunter.

Das Hungergefühl war befriedigt. Simone begab sich wieder ins Bett, nur um zwanzig Minuten später ins Bad zu rennen und alles wieder von sich zu geben. Sogar das anschließende Ausspülen ihres Mundes ließ ihren Magen erneut rebellieren.

Stöhnend drückte sie sich ein feuchtes Tuch gegen die Stirn. Die Vorstellung, dass dieses Elend noch wochenlang so weitergehen könnte, machte ihr nur wieder einmal deutlich, wie dumm ihre Entscheidung gewesen war. Es tut mir leid! entschuldigte sie sich stumm bei den drei winzigen Leben, die sie in sich trug.

Ganz gleich, was es für Opfer von ihr verlangte, sie würde dafür sorgen, dass nichts diese Schwangerschaft beeinträchtigte.

Der folgende Morgen verlief nicht besser. Sie aß Haferflocken mit Wasser zum Frühstück, und sah gleich darauf alles wieder. Ihre Finger verkrampften sich, wohl ein Zeichen der Dehydrierung. Immer wieder nippte sie an einer Wasserflasche und zwang sich, zu duschen und sich anzuziehen. Sie konnte nicht einfach zu Hause bleiben, nur weil ihr übel war. Sie hatte eine Agentur zu leiten. Eine Agentur, die bald nicht nur sie, sondern auch drei kleine Kinder ernähren musste.

Das Fahren war erträglich, solange sie nicht über fünfzig fuhr. Candace, die junge Frau an der Rezeption, sah sie erstaunt an, als sie das Büro betrat. Simone verschwand schnellstmöglich in ihrem Büro, schloss die Tür hinter sich und legte den Kopf auf den Tisch. Die scharfe Kante einer Visitenkarte drückte sich in ihren Bauch.

Sie zog sie aus der Hosentasche und legte sie auf den Tisch. Hutch. Dr. Hutch. Der heilige Hutch. Niemals würde sie ihn anrufen.

Schiere Willenskraft ließ sie den Tag überstehen. Phase eins der Kampagne für Luna Fine Furnishings, die neue Firma ihrer Freundin Cecelia, war bereits angelaufen. In zwei Wochen sollte eine Blitzkampagne in den sozialen Netzwerken die Printanzeigen und Plakatwerbung unterstützen.

Die Mittagspause kam und ging. Simone machte nicht einmal den Versuch, etwas zu essen. Um fünf Uhr schloss sie ihren Laptop, packte ihre Tasche und atmete einmal tief durch, bevor sie zu ihrem Wagen ging. Es dauerte eine Weile, bis sie sich eingeredet hatte, dass sie die Fahrt nach Hause schaffen konnte. Sie fühlte sich schwach, ihr war schwindelig und übel. Keine prickelnde Kombination.

Offenbar hatte sie zu Hause eine Weile geschlafen, denn plötzlich war es sieben Uhr. Naomi würde ihr etwas zu essen bringen, wenn sie sie anrief, aber dann hätte sie ihr erklären müssen, was los war. Auch wenn es Zeit wurde, ihr Geheimnis mit den Freundinnen zu teilen, dann war es ihr doch lieber, es zu tun, wenn beide da waren.

Die Vorstellung, eine Pizza kommen zu lassen, löste eine neuerliche Woge der Übelkeit aus. Ein Blick auf ihre Vorräte war deprimierend. Sie konnte zwar kochen, tat es aber höchst selten. An den meisten Tagen aß sie mit einem Kunden zu Mittag und gönnte sich abends nur noch einen kleinen Salat.

Letztlich blieb nur die Erdnussbutter. Ihre Cracker waren schal, aber mit Erdnussbutter waren sie vielleicht essbar. Zuerst glaubte Simone, ein Wunder zu erleben. Alles roch und schmeckte gut.

Ihre Freude war von kurzer Dauer. Schon nach wenigen Minuten hatten sie alles wieder von sich gegeben.

Die Nacht verging nur langsam. Simone lag entweder in kaltem Schweiß gebadet auf ihrer Bettdecke oder sie beugte sich über die Toilettenschüssel. Ganz gleich, wie langsam sie das Wasser nippte, es wollte nicht unten bleiben. Weder das Wasser noch irgendetwas anderes.

Einmal wäre sie fast gestürzt, weil sich alles um sie zu drehen schien. Gegen vier Uhr fiel sie endlich in einen erschöpften Schlaf.

Als ihr Wecker ging, protestierte sie entsetzt. Wie schafften das berufstätige Mütter?

Sie schleppte sich in die Dusche und musste sich festhalten, als sie ihr Haar wusch. Das Föhnen kostete sie all ihre Kraft. Endlich war sie angezogen und bereit, das Haus zu verlassen. An ein Frühstück war gar nicht zu denken. Vielleicht konnte sie zu Mittag etwas hinunterbringen.

Sie schaffte die Fahrt ins Büro und nahm den besorgten Blick ihrer Mitarbeiterin diesmal kaum wahr. Ihr Mund war wie ausgedörrt. Wie sollte sie es wagen, etwas zu trinken, wenn sie dann vielleicht in den Waschraum rennen musste? Niemand in Royal wusste, dass sie schwanger war. Abgesehen von Hutch und Dr. Fetter natürlich. Es war viel zu früh, um darüber zu reden.

Sie saß wie benommen an ihrem Schreibtisch, als die Gegensprechanlage summte. „Leitung zwei, Miss Parker. Es ist Ihr Buchhalter.“

Später konnte Simone sich an keine Details des Gesprächs mehr erinnern. Soweit sie wusste, konnte sie sich einverstanden erklärt haben, alle ihre Vermögenswerte auf ein illegales Konto im Ausland zu verschieben.

Glücklicherweise waren ihre beiden Vollzeitkräfte – einschließlich von Tess, ihrer rechten Hand – im Moment auswärts zu einer Konferenz. Candace war noch relativ neu und würde nicht den Mut haben, ihr Büro unaufgefordert zu betreten.

So vergingen die Stunden.

Um ein Uhr wusste Simone, dass sie etwas essen musste. Ihre Kopfschmerzen waren kaum noch zu ertragen. Vielleicht sollte sie Candace bitten, ihr eine Hühnersuppe zu holen. Einerseits gab ihr das ein paar Minuten, um zu testen, ob ihr Magen bereit war, etwas Wasser bei sich zu behalten. Andererseits konnte die Suppe ihr vielleicht tatsächlich guttun.

Sie erhob sich mit weichen Knien. Sie bat selten eine ihrer Angestellten, einen privaten Botengang für sie zu machen, aber im Moment hatte sie einfach nicht die Kraft, selbst zu gehen. Vorsichtig öffnete sie die Tür. „Candace, könnten Sie kurz zu mir kommen?“

Die junge Frau sah auf und wurde bleich. Offensichtlich sah Simone noch schrecklicher aus als sie sich fühlte. Candace eilte herein. „Kann ich Ihnen helfen, Miss Parker?“

Simone nickte und verzog das Gesicht, als die Bewegung ihr Schmerzstöße durch den Kopf fahren ließ. „Könnten Sie mir wohl eine Hühnersuppe holen?“

„Natürlich. Gern.“

„Ich hole Geld.“

„Das können wir später erledigen. Möchten Sie etwas zu trinken? Eine Limonade vielleicht? Oder einen Eistee?“

„Tee wäre wunderbar.“ Ihr Mund war so unglaublich trocken. „Beeilen Sie sich, Candace. Ich glaube, ich kann nicht …“ Sie unterbrach sich, überwältigt von einer Woge der Übelkeit. „Oh, verdammt, ich muss …“

Es mochten Stunden oder Tage vergangen sein, als Simone wieder richtig wach wurde. Sie hatte vage Erinnerungen an einen Krankenwagen und mehrere Menschen in weißen Kitteln. Jetzt lag sie in ihrem eigenen Bett.

Als sie sich bewegte, hörte sie Hutchs Stimme. „Immer langsam, Simone. Alles wird gut.“

„Mein Kopf dröhnt“, stöhnte sie und versuchte, die Lücken in ihrem Gedächtnis zu füllen.

„Kein Wunder.“ Hutch hockte sich neben ihr Bett und grinste schief. „Du bist ziemlich hart damit gegen deinen Schreibtisch gestoßen, als du in Ohnmacht gefallen bist. Der Notarzt hat die Wunde mit drei Stichen genäht, aber du hast keine Gehirnerschütterung.“

Panik befiel sie, und sie setzte sich auf. „Die Babys?“

„Immer mit der Ruhe. Es geht ihnen gut.“

„Was ist mit mir passiert?“

„Hyperemesis gravidarum.“

„Oh Gott! Ist es so schlimm, wie es klingt?“

„Ja und nein. Übermäßiges Schwangerschaftserbrechen. Du warst total dehydriert, Simone, und desorientiert. Du gehörst zu den unglücklichen Frauen, die während der Schwangerschaft an schwerer Übelkeit und Erbrechen leiden. Mehrlinge erhöhen das Risiko.“

„Na, super“, murmelte sie.

„Dr. Fetter wollte dich einweisen, aber du hast darauf bestanden, nach Hause zu gehen. Sie hat nur zugestimmt, weil ich versprochen habe, bei dir zu bleiben.“

Erst jetzt merkte Simone, dass sie am Tropf hing. „Hast du das gemacht?“

Er sah sie merkwürdig an. „Ja. Falls du damit nicht einverstanden bist, bringe ich dich zurück ins Krankenhaus.“

Die Nebel in ihrem Kopf lichteten sich allmählich. „Woher hast du erfahren, dass ich in Ohnmacht gefallen bin? Candace kennt dich gar nicht, sie kann dich also nicht gerufen haben.“

„Sie wollte die Notrufnummer wählen und sah zufällig meine Karte auf deinem Tisch.“

„Ich wusste doch, dass ich sie hätte wegwerfen sollen.“

Hutch hatte die Stirn, laut zu lachen. In diesem Moment erkannte sie in ihm wieder den unbeschwerten jungen Arzt, in den sie sich vor so vielen Jahren verliebt hatte. Wenn sein Sinn für Humor die Schatten aus seinem Blick vertrieb, war er einfach unwiderstehlich.

Er warf einen Blick auf den Monitor. „Es wird wenigstens vierundzwanzig Stunden dauern, bis alles wieder ausbalanciert ist. Danach müssen wir sehen, ob du essen oder trinken kannst. Falls nicht, müssen wir dich intravenös ernähren.“

„Und wie lange dauert das?“

„Na ja …“ Es war deutlich, dass er sie schonen wollte.

„Nun sag’s schon, Hutch! Ich kann damit leben.“

„Tage vielleicht. Oder auch Wochen.“ Er verzog das Gesicht. „Dein Körper ist gerade dabei, sich auf die hormonellen Veränderungen einzustellen. Mit etwas Glück ist es bald vorbei.“

„Vielen Dank für die aufbauenden Worte“, bemerkte sie trocken. „Du kannst nicht hierbleiben. Du hast einen Job.“

„Darüber wollte ich mit dir reden. Ich habe eine gute Freundin, die sich darauf spezialisiert hat, Menschen zu Hause zu betreuen. Sie ist teuer, aber es ist billiger als das Krankenhaus und wesentlich bequemer.“

„Würde sie über Nacht bleiben?“

Hutch rieb sich die Stirn. „Nein, ich würde nach dem Dienst hierherkommen.“

Simone schloss die Augen und befahl sich, die Ruhe zu wahren. Alles andere würde den Babys schaden. „Du weißt, dass das nicht geht“, flüsterte sie.

Er setzte sich auf die Bettkante und nahm ihre Hand in seine. „Es ist mein Job, Risikogeburten zu betreuen.“

„Und was ist mit uns? Sollten wir nicht auf Distanz bleiben?“

„Du hängst am Tropf. Was können wir da schon anstellen?“

Simone musste wider Willen lachen. „Ich habe Freundinnen“, sagte sie schließlich. „Und meine Eltern.“

„Mach dir nichts vor, Simone. Ich weiß zufällig, dass Cecelia frisch verlobt und schwanger ist, und Naomi ist ständig unterwegs. Deine Eltern haben keinerlei Ader dafür, sich um jemanden zu kümmern. Vergiss nicht, dass ich sie kenne. Wenn du dir das Krankenhaus ersparen willst, musst du deinen Frieden mit dieser Lösung machen.“

„Du könntest mir zeigen, wie man einen Tropf anlegt“, sagte sie hoffnungsvoll.

„Netter Versuch! Sogar Kate Middleton musste ein paar Nächte im Krankenhaus bleiben, als sie dieses Problem hatte. Und das, obwohl sie über Schlösser und jede Menge Personal verfügt. Du kannst von Glück sagen, dass Dr. Fetter mir vertraut.“

„Das sollte sie. Immerhin bist du ihr Boss.“

„Du weißt schon, wie ich das meine.“

„Es tut mir leid, dass Candace dich in die Sache hineingezogen hat.“

Er schob ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Mir tut es nicht leid. Du hast uns allen einen schönen Schrecken eingejagt. Es ist mir ganz recht, wenn ich ein Auge auf dich halten kann.“

4. KAPITEL

Hutch hatte Mühe, die lächelnde Fassade zu wahren. Niemals hätte er erwartet, Simone in dem Zustand zu erleben, als sie zusammengebrochen war. Im ersten Moment hatte er sogar um ihre Schwangerschaft gefürchtet.

Und nicht nur das – er hatte sich an den Verlust von Bethany erinnert gefühlt. Auch wenn er keine romantische Verbindung mit Simone mehr wollte, war er fest entschlossen, während seiner Nachtwachen sicherzustellen, dass ihr nichts passierte.

Die halsstarrige Frau musste sehr gelitten haben. Und doch war sie entschlossen gewesen, es allein durchzustehen. Sie sah jetzt ein wenig besser aus, aber nicht sehr viel. Er schätzte, dass sie bereits sechs oder sieben Pfund verloren hatte. Wangenknochen und Schlüsselbein traten scharf hervor.

Er berührte die Stelle hinter ihrem Ohr. „Im Krankenhaus haben sie dir Pflaster gegen die Übelkeit gegeben. Ich werde sie austauschen, falls nötig.“

„Ist es sicher?“ Ihre Hände glitten nervös über die Decke.

Er runzelte die Stirn. „Auf jeden Fall sicherer als wegen Dehydrierung das Bewusstsein zu verlieren. Es stand wirklich nicht gut um dich, Simone.“

„Ich dachte, ich komme zurecht.“

„Du hasst es, Hilfe anzunehmen, oder?“

„Ich nehme nicht gern Hilfe von dir an.“ In ihren Augen glänzten Tränen.

Er setzte sich wieder, weil er sich sagte, dass er hier derjenige war, der eine professionelle Haltung wahren solle. „So viel bin ich dir schuldig, findest du nicht?“

„Wofür?“ Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen.

„Du hast mir den Rat gegeben, nach Afrika zu gehen.“

Irgendwie klangen die Worte auch in seinen eigenen Ohren vorwurfsvoll. Als deutlich geworden war, dass er und Simone verrückt nacheinander waren, hatte er angeboten, noch ein paar Jahre in Royal zu bleiben, bis sie ihre Agentur zum Laufen gebracht hatte. Er war davon ausgegangen, dass sie das Angebot sofort annehmen würde. Stattdessen hatte sie sich von ihm getrennt. Sie hatte darauf bestanden, sie wolle ihm und seiner wichtigen Aufgabe nicht im Wege stehen.

Bitter und desillusioniert war er zu dem Schluss gekommen, dass Simone ihn nicht so liebte wie er sie. Während er den Gedanken kaum ertrug, sie zurückzulassen, hatte sie ihn freigegeben und ihm fröhlich alles Gute gewünscht.

„Ich habe das Richtige getan“, sagte sie verbissen. „Du hattest eine Mission zu erfüllen.“

„Und was hattest du, Simone?“ Plötzlich fühlte er sich wie der letzte Mensch, weil er sie so unter Druck setzte. Sie wirkte so zerbrechlich. „Vergiss, dass ich das gesagt habe“, sagte er leise. „Es tut mir leid. Es ist nicht wichtig.“

Plötzlich war ein Geräusch von der Haustür her zu hören, das Hutch auffahren ließ. Wer sollte das sein? Es kam doch sicher nicht einfach jemand ohne zu klingeln herein? Er hatte nicht mit Naomi gerechnet. Der TV-Star war eine ebensolche Naturgewalt wie Simone.

Die Frau stürzte mit weit aufgerissenen Augen ins Schlafzimmer. Sie würdigte Hutch kaum eines Blickes. „Großer Gott, Simone! Was ist passiert? Ich habe dich doch gerade erst vor ein paar Tagen gesehen. Da war noch alles in Ordnung …“

Hutch ging zur Tür. „Ich lasse euch dann mal allein.“

„Nein. Geh nicht, Hutch“, bat Simone. „Ihr könnt es beide hören.“

Naomi musterte ihn mit gerunzelter Stirn. „Ich wusste gar nicht, dass du wieder in der Stadt bist. Hast dich gleich ins gemachte Nest gesetzt, was? Ich begreife nicht, was du hier zu suchen hast. Du hast sie schon beim ersten Mal genug verletzt. Ich bin jetzt hier, du kannst gehen.“

Simone versuchte, sich aufzusetzen. „Du weißt doch nicht, was du da redest, Naomi. Hör nicht auf sie, Hutch. Du weißt ja, wie dramatisch sie sein kann.“

Naomi setzte sich an das Bett und versuchte, Simone dabei nicht anzustoßen. „Also gut. Was weiß ich nicht?“

Hutch trat auf der anderen Seite an das Bett. „Du musst das nicht machen, Simone. Du bist schwach und krank.“

Sie warf ihm einen Blick zu, der eine Spur ihres üblichen Feuers enthielt. „Ich bin kein Invalide.“ Sie griff nach Naomis Hand und verwob ihre Finger miteinander. „Sei nicht böse mit mir. Ich wollte Cecelia neulich abends nicht die Show stehlen. Ich bin auch schwanger. Und offensichtlich werde ich damit nicht so gut fertig wie unsere frisch verlobte Freundin.“

Es tat Hutch weh, die Bitterkeit in ihrem Ton zu entdecken. „Es ist kein Wettbewerb“, sagte er.

Naomi schnappte nach Luft. „Du bist schwanger?“ Sie warf Hutch einen empörten Blick zu.

Er hob die Hände. „Du brauchst mich gar nicht so anzusehen.“

„Wer ist es dann?“ Naomi schien verwirrt.

Vielleicht hatte Simone die Wahrheit gesagt. Vielleicht gab es wirklich keinen Mann in ihrem Leben. Das hätte ihn nicht so freuen sollen. Simone versuchte erneut, sich aufzusetzen, aber er schüttelte den Kopf. „Zu früh. Bleib liegen.“

„Gut. Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du dir zu viel Sorgen machst?“ Sie wandte sich wieder ihrer Freundin zu, die sichtlich unter Schock stand. „Ich wollte ein Baby haben, Naomi. Und ich wollte nicht warten. Also habe ich einen Samenspender genommen.“

„Einen Samenspender …“ Naomi wiederholte es wie vom Donner gerührt.

„Du brauchst gar nicht so entsetzt zu sein“, bat Simone. „Das ist heutzutage vollkommen akzeptiert.“

„Aber es ist nichts, das die Simone, die ich kenne, tun würde.“

Hutch sah, wie Simones Unterlippe zu beben begann. „Das ist genug, Naomi“, erklärte er energisch. „Sie hat einen anstrengenden Tag hinter sich.“

„Tut mir leid“, stöhnte Naomi. „Was ist denn los mit ihr?“

„Sie leidet an extremer Morgenübelkeit.“

„Ich bin hier“, fauchte Simone ihn an. „Und ich weiß wirklich nicht, wieso es Morgenübelkeit heißt. Bei mir hält sie den ganzen Tag an.“

Er und Naomi tauschten einen Blick. Beide versuchten, nicht zu lachen. Hutch ging zur Tür. „Ich muss jetzt wirklich noch ein paar Telefonate erledigen.“ Er sah Naomi an. „Ruf mich, falls ihr mich braucht.“

In der Küche ging er nervös auf und ab. Keines der Telefonate war dringend, er brauchte einfach etwas Abstand, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er bedauerte seine spontane Entscheidung, sich um Simones Krise zu kümmern. Komischerweise war sie es sonst, die zu impulsiven Entscheidungen neigte. Es hatte eine Zeit gegeben, wo er sie für diese Spontaneität bewundert hatte.

Er war der Ältere von ihnen beiden gewesen. Der Spielverderber. Er hatte sich oft gefragt, ob das der Grund war, wieso sie sich von ihm getrennt hatte. Vielleicht fand sie seine übermäßig gewissenhafte Art langweilig und pedantisch.

Aber das spielte jetzt keine Rolle. Wenn sie schon vor fünf Jahren nichts gemein gehabt hatten, dann stimmte es jetzt umso mehr. Mit etwas Glück beruhigte sich ihr Magenproblem bald und er konnte wieder so tun, als wäre sie eine Schwangere von vielen aus seinem Krankenhaus.

Simone sah Naomi an. „Bitte hilf mir, mich aufzusetzen.“

Naomi runzelte die Stirn. „Hutch hat gesagt, das ist nicht gut für dich.“

„Seit wann gehörst du zu Troy Hutchinsons Fanklub?“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich sein Fan bin, aber der Mann ist ein brillanter Arzt, und du siehst im Moment eher aus wie ein Wesen aus einem Zombie-Film.“

„Danke für die Blumen.“

Trotz ihres Protests erhob Naomi sich und nahm ein paar Kissen, um sie Simone hinter den Rücken zu schieben. „Gut so?“

Simone schloss die Augen. „Gut ist es erst wieder, wenn ich einen Milchshake und einen Cheeseburger zu mir nehmen kann, ohne hinterher gleich wieder alles von mir zu geben.“

„Soll ich dir irgendetwas holen?“

„Nein, danke.“ Simone hatte plötzlich Tränen in den Augen. „Ich komme mir so blöd vor.“

Naomi lachte leise. „Zu Recht. Wenn du schon schwanger werden solltest, dann doch von deinem griechischen Adonis von Doktor.“

„Er ist nicht mein Adonis“, sagte Simone automatisch. „Wir sind nicht mehr zusammen.“

„Was natürlich erklärt, wieso ich ihn in deinem Bett gefunden habe.“

„Er war nicht in meinem Bett, er hat auf der Bettkante gesessen. Das ist ja wohl ein Unterschied.“

„Nicht aus meiner Perspektive.“

„Meine Güte, Naomi, nun lass es gut sein! Hutch und ich … wir haben uns vor Jahren getrennt. Und sogar, wenn ich auch nur den Hauch eines Interesses daran hätte, die alte Flamme wiederzubeleben – welcher Mann möchte schon den Vater spielen für die Drillinge eines anderen?“

Naomi rang nach Atem. Simone hätte über ihre entsetzte Miene lachen können, hätte sie sich nicht so elend gefühlt. „Drillinge?“, fragte sie entgeistert.

„Ja, genau. Ich nehme an, das habe ich noch nicht erwähnt. Ich bekomme drei Babys. Zumindest hoffe ich das.“

„Was soll das heißen?“

„Es ist noch sehr früh. Zu früh, um zu wissen, ob alle Föten lebensfähig sind.“

Naomi sprang auf und begann, hin und her zu gehen. „Wie kannst du so ruhig bleiben? Das ist doch Wahnsinn! Was hast du dir dabei gedacht, Simone? Du betreibst eine aufstrebende Werbeagentur. Du bist nicht verheiratet. Warum um alles in der Welt hast du so etwas Verrücktes gemacht?“

Leider konnte Simone ihr nicht die ganze Wahrheit sagen. Weder ihr noch Cecelia oder Hutch. „Ich wollte ein Baby“, wiederholte sie. „Als ich schon alles angeschoben hatte, bekam ich Zweifel, aber dann wollte ich keinen Rückzieher mehr machen. Ich nehme an, das hätte ich tun sollen.“

„Du nimmst es an?“ Naomis Stimme hatte sich hysterisch gehoben.

Simone konnte sie verstehen. Wäre sie an der Stelle ihrer Freundin gewesen, hätte sie auch Zweifel an ihrem Geisteszustand gehabt.

„Ich habe Mist gebaut, Naomi. Das weiß ich jetzt. Aber ich wusste nicht, wie mein Körper reagieren würde. Und außerdem …“

„Außerdem was?“

„Ich will sie“, flüsterte Simone. „Die Babys. Alle drei. Hutch sagte, es sei aus medizinischer Sicht noch nicht zu spät, meine Entscheidung rückgängig zu machen, aber das könnte ich nie tun. Ich habe es angefangen, und nun bringe ich es auch zu Ende.“

Naomi musterte sie kritisch. „Ich hoffe, es ist nicht dein Ende.“

Hutch kam gerade rechtzeitig, um diese Bemerkung noch zu hören. Er runzelte die Stirn, als er Simone sitzen sah, sagte aber nichts dazu.

Simone sah ihn an. „Könnte ich wohl etwas Wasser haben?“

Wortlos füllte Hutch einen Becher halb voll und reichte ihn ihr.

„Prost!“ Sie nippte vorsichtig. Ihre Lippen waren vollkommen ausgetrocknet. Das kühle Nass war wunderbar in ihrem ausgedörrten Hals. Augenblicke später revoltierte ihr Magen. „Hutch!“ Sie geriet in Panik.

Er war sofort bei ihr und hielt ihr eine kleine Schale hin, als sie hilflos würgte. Noch nie hatte sie sich so elend gefühlt.

Wortlos schob Hutch die Kissen beiseite und half ihr, sich hinzulegen. „Wieder alles in Ordnung?“

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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