Das Geschenk der Heiligen Nacht

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Es ist Weihnachten: Nur deshalb erlaubt Lady Katherine DuMonde dem mittellosen Sir Rafe, in ihren Stallungen zu übernachten. Katherine, kühl und einsam, ahnt nicht, welch herzerwärmendes Geschenk der ritterliche Vagabund für sie zum Fest der Liebe hat …


  • Erscheinungstag 16.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728342
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Mit einem aufgebrachten Schnauben blies Sir Rafe Bracton eine feuchte Haarlocke aus seiner Stirn. Der Schnee fiel nun dichter, die Flocken waren schwerer geworden, und bald würde die Nacht über sie hereinbrechen. Der eisige Wind durchdrang seinen dünnen Mantel, und seine bloßen Hände waren von der Kälte rot und rissig.

„Beim heiligen David, Cassius“, murmelte Rafe und wandte sich an seinen einzigen Gefährten auf dieser Reise, während er wieder mit der Faust gegen das hölzerne Tor vor ihnen schlug. „Dieser Ort sieht nicht so aus, als sei er von jeder Menschenseele verlassen.“

Das große, schwarze Streitross schnaubte, sein Atem stieg in der eiskalten Luft wie eine Wolke auf.

Seit Stunden waren sie nun schon unterwegs, und obwohl sie dabei an einigen armseligen Schuppen und Hütten vorbeigekommen waren, war Rafe davon überzeugt gewesen, noch etwas Besseres zu finden, wenn sie einfach weiterzogen. Als er dann abseits der Straße die Steinmauer mit dem gewaltigen Tor erblickte, war er zufrieden, dass sich seine Vermutung bestätigt hatte.

Diese Zufriedenheit hielt jedoch nur so lange an, bis er merkte, dass auf sein Klopfen und Rufen niemand reagierte.

Vielleicht lag unter dem Schnee ein abgeschiedenes, verlassenes Rittergut verborgen. Vielleicht waren seine Bewohner auch woanders hingereist, um dort die zwölf Tage der Weihnacht zu feiern.

Oder aber alle Bewohner waren einer fürchterlichen Krankheit erlegen …

Plötzlich wurde eine kleine Luke im Tor geöffnet, durch die ein skeptisch dreinblickendes, aber durchaus lebendig wirkendes braunes Augenpaar nach draußen spähte.

„Dem Herrn sei Dank“, flüsterte Rafe und hob dann seine Stimme an, um das Pfeifen des Windes zu übertönen. „Ich suche eine Zuflucht vor diesem Sturm.“

Die Augen blickten ihn verständnislos an.

„Beim Himmel, Mann! Dieser Wind ist kälter als eine Hexenzitze“, brummte Rafe laut genug. „Und das Unwetter wird immer schlimmer. Seid ein guter Christ und lasst mich ein.“

Der Mann kniff die Augen zusammen, als Cassius wieder schnaubte und zusätzlich mit einem Huf über den gefrorenen Boden kratzte, als sei er genauso nervös wie sein Herr.

Daraufhin wandte der Mann den Kopf ab, als schaue er über die Schulter, um jemandem zuzuhören. Schließlich nickte er und schlug die Luke mit einem lauten Knall zu.

Ein sehr blumiger und bemerkenswert vulgärer Fluch kam über Rafes Lippen, während er die Faust hob, um wieder zu klopfen. Man musste ihn hier einlassen, und er würde dafür sorgen, dass es auch geschah. Im Umkreis von etlichen Meilen gab es kein anderes geeignetes Quartier, und er war ein Ritter des Reichs, bei Gott – wenn auch ein armer Ritter, der kein Land sein Eigen nennen konnte. Und niemand durfte …

Mit einem lauten Knarren ging die Tür langsam auf.

„Schon besser“, murmelte Rafe, packte Cassius am Zaumzeug und führte ihn hinter sich her auf einen kleinen Hof. Er sah sich um und entdeckte einen kleinen, rundlichen Mann, der sich am Griff des Tors festklammerte. Kein Wunder, dass er nicht mehr als seine Augen zeigen wollte, wenn er der Einzige war, der das Gut verteidigen sollte. Er sah noch nicht einmal so aus, als könne er sich gegen eine Biene zur Wehr setzen, geschweige denn gegen einen feindseligen Eindringling.

Rafe ließ seinen Blick über den Hof wandern. Die Gebäude waren in ausgezeichnetem Zustand und machten einen gepflegten Eindruck. Es gab einen Saal, daneben offenbar eine Küche, nach dem Rauch zu urteilen, der aus dem Schornstein quoll. Vor der Küche fanden sich der Brunnen und ein ordentlicher Stapel Brennholz. Auf der anderen Seite des Saals schienen sich Vorratsräume zu befinden, und das große Gebäude musste der Stall sein, denn er konnte durch das kleine Fenster im oberen Stockwerk Heuballen erkennen. Nahe dem Wachhaus gab es noch ein weiteres Bauwerk, dessen hohe, schmale Fenster auf eine Kapelle hindeuteten.

Rafe seufzte zufrieden, dass er eine so komfortable Zuflucht vor dem Unwetter gefunden hatte. Er wandte sich abermals dem Wachmann zu, bereit, sich ihm edelmütig zu zeigen.

„Nun denn, Mann“, sagte er in jovialem Tonfall, und seine tiefe Stimme hallte von den Mauern ringsum wider. „Wo bin ich hier? Ist dies eine kleine Burg oder ein großes Gut?“

Der Wachmann schaute unruhig zum Saal. „Sir, Ihr solltet mir sagen, wer Ihr seid, damit ich es mei…“

„Damit Ihr es Eurem Herrn sagen könnt? Natürlich, natürlich. Ich bin Sir Rafe Bracton, Ritter. Ich werde Eurem Herrn nicht während der Weihnachtsfeierlichkeiten zur Last fallen, falls Ihr das fürchtet – es sei denn, er möchte das. Immerhin hat man mir schon gesagt, ich sei unterhaltsamer als so mancher Troubadour.“ Seiner Bemerkung ließ er ein Lachen folgen.

„Ich glaube, das ist nicht sehr wahrscheinlich“, erklärte eine ernste Frauenstimme.

Vom Tonfall und von den Worten gleichermaßen überrascht, verstummte Rafe abrupt und sah zum Saal.

Auf den Stufen stand eine große Frau, die in schwarzen Mantel, weißes Kopftuch und schwarzen Schleier gekleidet war. Genaueres konnte er durch das dichte Schneetreiben nicht erkennen.

„Mein Gott, ist das hier ein Kloster?“, wollte Rafe wissen und drehte sich vorwurfsvoll zu dem zitternden Wachmann um. „Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt?“

„Weil’s kein Kloster ist, deshalb“, gab der Mann abwehrend zurück. „Sonst hätte ich’s gesagt.“

„Dies ist mein Zuhause, und ich bedauere, dass ich Euch nicht gestatten kann zu bleiben“, erklärte die Frau in einem Ton, der so eisig war wie die Luft.

Von dem Wissen ermutigt, dass er nicht unabsichtlich in ein Kloster geraten war, schlenderte Rafe auf die Frau zu. „Was? Kein Zimmer in der Herberge? Und das zwei Tage vor dem Weihnachtsfest? Nein, Mylady, sagt mir bitte, dass dem nicht so ist.“

Als er sich der Frau näherte, die so reglos dastand wie aus einem Eisblock geschnitzt, fiel ihm auf, dass sie durchaus hübsch hätte sein können, wäre sie nicht so herablassend und unfreundlich gewesen. Was ihr Alter anging, konnte sich das irgendwo zwischen neunzehn und dreißig bewegen, da ihre blasse Haut kaum Falten aufwies, während er von ihrem Haar gar nichts sehen konnte.

Ihm entging jedoch nicht, dass sie keinen Ehering an der linken Hand trug, die sie nahezu verkrampft auf ihre rechte gelegt hatte.

Eine alte Jungfer also, oder vielleicht eine Witwe. Sie machte auf ihn keinen schüchternen Eindruck, doch das Fehlen eines Mannes an der Spitze des Haushalts mochte erklären, warum es ihr nicht gefiel, wenn ein Fremder ihr Eigentum betrat.

Er bemühte sich, ihre Sorgen zu zerstreuen. „Erlaubt mir, dass ich mich Euch vorstelle. Ich bin Sir Rafe Bracton, bis vor Kurzem im Dienst von Baron Etienne DeGuerre“, verkündete er und verbeugte sich schwungvoll.

In den Augen der Lady blitzte etwas auf, was man für einen winzigen Anflug von Belustigung halten konnte. „Ich bin Lady Katherine DuMonde, und ich stehe in niemandes Diensten.“ Wieder ließ sie ihren wütenden Blick über ihn wandern. „Es scheint, als wäret Ihr schon seit einigen Tagen unterwegs, Sir. Oder wurdet Ihr von Wegelagerern überfallen, die Euch alles abnahmen, ausgenommen Eure armseligste Kleidung?“

Rafes üblicherweise fröhlicher Gesichtsausdruck war wie weggewischt.

„Würdet Ihr bleiben“, fuhr sie fort, „dann müsste ich von Euch einen Beweis dafür bekommen, dass Ihr nicht bloß ein Vagabund seid. Aber da Ihr ja nicht bleiben werdet …“

„Ist das Eure Vorstellung von Gastfreundschaft gegenüber einem edlen Ritter? Indem Ihr über meine Kleidung spottet und mich mitten in der Nacht in einen Schneesturm hinausschickt?“, wollte Rafe wissen und zeigte dabei auf den dunkler werdenden Himmel.

„Der Schneefall ist nicht so heftig, und Ihr habt Zeit genug, um das Gasthaus südlich von hier zu erreichen.“

„Selbst ein Dummkopf sieht, dass das Wetter schlechter wird. Außerdem bin ich in Richtung Norden unterwegs.“

„Und nur ein noch größerer Dummkopf gewährt einem bewaffneten Fremden Zuflucht in seinem Haus.“

„Ich bin ein Ritter, und ich habe mich zur Ritterlichkeit verpflichtet. Ich stelle keine Gefahr für Euch dar, Mylady“, versicherte er ihr. „Ihr müsst nicht befürchten, dass ich in Eurem Bett über Euch herfalle, es sei denn, Ihr wünscht das so.“

Der Wachmann schnappte vor Entrüstung über diese Bemerkung so laut nach Luft, dass es trotz des Sturms zu hören war, und Lady Katherines Gesicht lief scharlachrot an.

„Dort ist das Tor, Sir“, herrschte sie ihn an. „Und ich will nur eines: dass Ihr sofort verschwindet!“

Es war ihr Ernst, wie Rafe sofort bewusst wurde. Sie wollte ihn wegschicken – ohne Rücksicht auf das Unwetter und die einsetzende Nacht. Du Narr, schimpfte er sich selbst für seine Dummheit und war kurz davor, sich einen Schlag gegen die Stirn zu verpassen. „Verzeiht meine Unverschämtheit, Mylady“, sagte er und setzte ein gewinnendes und zugleich zutiefst zerknirschtes Lächeln auf. „Ich habe einen zu großen Teil meines Lebens mit grobschlächtigen Soldaten zugebracht. Daher vergesse ich manchmal, wie man eine edle Frau anspricht.“

„Geht jetzt bitte“, wiederholte sie und schien kein bisschen besänftigt zu sein. „Einige Meilen die Straße entlang gibt es ein Gasthaus. Wenn Ihr Euch beeilt, solltet ihr es erreichen, bevor der Schneefall noch stärker wird.“

Rafe machte einen weiteren Schritt auf sie zu und sah sie flehend an. „Mylady, mein Pferd und ich sind seit Tagen unterwegs, wie Ihr ganz richtig erkannt habt. Cassius ist müde und braucht Ruhe und einen wärmenden Stall. Wenn Ihr schon kein Mitleid mit mir habt, dann bitte ich Euch, wenigstens auf mein Pferd Rücksicht zu nehmen.“

Sie sah an ihm vorbei und warf Cassius einen nachdenklichen Blick zu.

„Mein Pferd ist nicht mehr jung“, fuhr er fort, da er ihr Schweigen für ein hoffnungsvolles Zeichen hielt, und lächelte wieder zerknirscht. „Beim Hut des heiligen Hubert, das Gleiche lässt sich auch über mich sagen“, gestand er. „Ich flehe Euch an, Gnade walten zu lassen. Der Stall würde uns beiden genügen, wenn Ihr so gütig wärt, uns ein Dach über dem Kopf zu gewähren.“

Ob es an Cassius lag oder an seinem Angebot, selbst auch im Stall zu schlafen, wusste Rafe nicht, aber wenigstens nickte die ehrfurchtgebietende Dame vor ihm erhaben. „Nun gut. Ihr könnt bleiben – im Stall, wie Ihr selbst vorgeschlagen habt.“

„Ich danke Euch, Mylady. Und Cassius, der mir viele Jahre treu gedient hat und mit mir in mehr Schlachten zog, als ich an meinen Fingern abzählen möchte, dankt Euch ebenfalls.“

Die Frau zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern machte auf der Stelle kehrt und begab sich in den Saal. Rafe zog verwundert eine Augenbraue hoch. „Nicht gerade ein herzlicher Empfang, aber ich sollte mich damit wohl zufriedengeben.“

Durch den Schnee waren die Pflastersteine glatt und gefährlich, deshalb ging er vorsichtig zurück zu seinem Pferd und zum Wachmann, der ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte.

„Was ist?“, fragte Rafe. „Sind mir Hörner aus der Stirn gewachsen?“

„Sie lässt Euch übernachten“, flüsterte der Mann in ehrfurchtsvollem Ton.

„Das hatte ich auch gehofft“, meinte Rafe. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, und er zog seinen abgewetzten Mantel fester um die breiten Schulten. Dann griff er nach dem Zaumzeug seines Pferdes. „Es ist verdammt kalt. Ist das dort der Stall?“ Mit einer Kopfbewegung deutete er auf eines der Gebäude.

„Aber Ihr seid ein Mann!“

„Ich bin ein Ritter.“

„Ach so“, seufzte der Wachmann und nickte verstehend. „Natürlich, das ist der Grund. Ihr seid ein Ritter, darum muss sie Euch übernachten lassen.“

„Wäre ich kein Ritter, hätte sie mich dann tatsächlich weggeschickt?“, fragte Rafe, als sie sich auf den Weg zum Stall machten.

„Auf der Stelle. Es sei denn, Ihr wärt bettelarm und stündet kurz vor dem Erfrieren und Verhungern. Dann hätte sie Euch vermutlich in die Küche gelassen.“

„Ich habe das Gefühl, Eure Herrin ist nicht mit Menschlichkeit gesegnet, nicht wahr?“

Der Wachmann stieß ein bellendes Lachen aus, dann sah er sich schuldbewusst auf dem Hof um.

„Das erfüllt mich nicht eben mit Hoffnung, am Tisch der Dame ein wenig Essen zu bekommen“, fuhr Rafe fort, als sie die Stalltür erreichten.

„Ich sage Euch eines, Sir. Ich an Eurer Stelle würde Gott dafür danken, dass Ihr ihr Herz genügend erweichen konntet, damit sie Euch im Stall nächtigen lässt. Lady Katherine DuMonde hat für Männer keine Verwendung, außer wenn es sich um Diener handelt, und sie vertraut keinem von uns.“

„Wem? Den Männern oder den Dienern?“

„Beiden“, erklärte der kleine Mann entschieden und wandte sich von Rafe ab, um über das Kopfsteinpflaster des Hofs zum Wachhaus zurückzukehren.

Stirnrunzelnd drückte Rafe die Tür auf und betrat den Stall, der für das Gut außergewöhnlich großzügig ausfiel. Sofort umgaben ihn Wärme und der vertraute Geruch nach Heu und Pferden. Als sich seine Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten, erkannte er, dass dieses Gebäude mindestens so sauber und gepflegt war wie der Hof. Genau genommen war er noch in keinem Stall gewesen, der so sauber und nahezu frei von den typischen üblen Gerüchen gewesen wäre wie dieser.

Ein Mann in der Kleidung eines Bediensteten, womöglich der Pferdeknecht, und ein Junge, vermutlich der Stallbursche, standen da und musterten ihn mit ernster Miene. Auch ihre Kleidung war sauber und ordentlich, und selbst ihre Gesichter waren auffallend sauber.

Die Dame des Hauses legte offenbar großen Wert auf Reinlichkeit und Ordnung. Unwillkürlich fiel sein Blick auf die schäbige, zerrissene Kleidung, die er am Leib trug. Vielleicht hatte er deshalb ihrem prüfenden Blick nicht genügt. „Ich bin Sir Rafe Bracton, und Lady Katherine …“ Die beiden nickten, noch während er zu reden begann. „Ihr wisst, dass ich hier nächtigen werde?“

„Aye, Sir“, erwiderte der Mann mit tiefer, polternder Stimme. „Wir haben alles mitbekommen.“ Er deutete auf eine Box. „Die ist für Euer Pferd, Ihr selbst könnt die daneben nehmen.“

„Seid Ihr der Pferdeknecht?“

„Der bin ich, Sir. Giles ist mein Name“, erwiderte der Mann und zog an seiner Stirnlocke. „Ich bin im Dienst Ihrer Ladyschaft, seit sie als Braut vor fast fünfzehn Jahren herkam.“

Der Junge betrachtete Rafe mit unverhohlener Ehrfurcht. „Ihr seid wirklich ein Ritter?“, flüsterte er. „Wo ist Eure Rüstung?“

Autor

Margaret Moore

Ihre ersten Schreibversuche als Autorin machte Margaret Moore mit acht Jahren, als der verwegene Errol Flynn sie zu einer Geschichte inspirierte. Wenig später verfiel sie dem kühlen Charme von Mr. Spock aus Raumschiff Enterprise. Er ließ bei sich keine Emotionen zu – ganz anders als die Helden in ihren Romances!...

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