Das letzte Paradies auf Erden

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Obwohl Davina ahnt, dass sie einen schrecklichen Fehler macht, beginnt sie eine leidenschaftliche Affäre mit dem gut aussehenden Unternehmer Steve Warwick. Zusammen erkunden sie die wildromantische Insel Lord Howe - bis Davinas Ex-Mann von ihrer neuen Liebe hört …


  • Erscheinungstag 28.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758394
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Davina Hastings atmete tief durch und öffnete erleichtert die zu Fäusten geballten Hände. Sie fühlte sich in kleinen Flugzeugen furchtbar unbehaglich. In der achtsitzigen Maschine, mit der sie über dreihundert Meilen vom australischen Festland über den Südpazifik zur Lord Howe-Insel geflogen war, hatte sie es als schrecklich beengend empfunden. Zu allem Überfluss hatte es gestürmt, weshalb Davina bei der Landung die Augen geschlossen hatte.

Als das Flugzeug Richtung Terminal rollte, schaute sie gespannt durch die ovale Luke, um einen ersten Eindruck von Lord Howe zu erhaschen. Sie hatte gehört, dass die Insel ein Juwel und ein Paradies für Fotografen sei, aber alles, was sie sah, waren nebelverhangene Berge. Noch dazu regnete es jetzt in Strömen.

„Tut mir leid, Leute“, sagte der Pilot, „aber keine Angst, das ist nur eine kleine Schlechtwetterfront, die nach Neuseeland zieht. Danach wird es wieder schön. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Urlaub und bedanke mich, dass Sie mit uns geflogen sind.“

Davina verzog das Gesicht. Aus der Unterhaltung mit den anderen Passagieren wusste sie, dass sie als Einzige unter ihnen hier keinen Urlaub machte. Einen Moment wünschte sie inständig, sie wäre zu ihrem Vergnügen auf die Insel gekommen, aber ein Job war eben etwas anderes. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich, straffte die Schultern und machte sich zum Aussteigen fertig.

Wenig später lief sie das kurze Stück zum Terminal. Drinnen schüttelte sie sich die Regentropfen von Haar und Jacke und blickte in die Augen eines großen Mannes, der am Ankunftsschalter lehnte. Sofort bemerkte sie den typischen Gesichtsausdruck, den Männer bekommen, wenn sie eine Frau im Geiste ausziehen.

Mit ausdrucksloser Miene wandte Davina den Blick ab, obwohl sie innerlich vor Wut kochte, was sie eigentlich wunderte, da ihr so etwas schließlich nicht zum ersten Mal passierte. Tatsächlich amüsierte es sie sogar manchmal, wenn sie mit ihrer Figur, ihrem dunkelblonden Haar und den veilchenblauen Augen Aufmerksamkeit erregte. Davina, praktisch veranlagt und realistisch, hatten schon viele Männer erzählt, sie sei die Frau ihrer Träume, war aber selbst noch keinem begegnet, der sie ins Träumen hatte bringen können.

Sie mied weiterhin den Blick des Mannes und überlegte, ob er tatsächlich die Unverschämtheit besaß, ihre Qualitäten im Bett abzuschätzen, oder ob sie sich das nur einbildete. Schließlich schob sie die unangenehmen Gedanken beiseite und schaute sich suchend um. Eigentlich sollte sie ja abgeholt werden.

In der kleinen Halle herrschte rege Betriebsamkeit. Reiseführer riefen Gästenamen aus und kümmerten sich um das Gepäck der Neuankömmlinge. Ein Flughafenangestellter, anscheinend der Einzige, telefonierte gerade. Niemand jedoch schien Davina Hastings, engagiert als Hausangestellte für einen Mr. S. Warwick und dessen Familie, zu erwarten.

Davina nahm ihr Gepäck und sah sich noch einmal um. Allmählich leerte sich die Halle. Der Mann, der am Schalter gelehnt hatte, hatte sich halb abgewandt und blickte den Menschen nach, die das Gebäude verließen. Er wirkte gereizt.

Vom Rollfeld kam jetzt der Pilot herein und ging direkt auf sie zu. Dass er sie traf, schien ihn zu freuen, und er sagte lächelnd: „Ich dachte schon, ich hätte Sie verpasst. Wo wohnen Sie denn? Wir könnten zusammen zu Abend essen, ich bleibe nämlich über Nacht auf der Insel.“

Schon wieder einer, dachte Davina genervt und stellte fest, dass der Pilot in seiner schicken Uniform wenigstens gut aussah und ungefähr in ihrem Alter, fünfundzwanzig, sein musste. Unbefangen streckte er ihr die Hand hin und fuhr fort: „Davina Hastings, nicht wahr? Ich habe auf der Passagierliste nachgesehen, wo der Name Hastings nur einmal vorkam, und Sie waren die einzige Alleinreisende. Außerdem tragen Sie keinen Ehering. Deshalb dachte ich, fragen könnte ich ja mal!“

Unwillkürlich schaute Davina auf ihre unberingte Hand und wollte etwas erwidern, aber bevor sie etwas sagen konnte, hörte sie eine scharfe Stimme. „Hastings? Das darf doch nicht wahr sein! Sagen Sie bloß nicht, dass Sie Mrs. Hastings sind!“

Davina drehte sich langsam um, wusste aber schon, wer sie angesprochen hatte. Es beschlich sie das ungute Gefühl, dass der große, breitschultrige Mann Mr. S. Warwick war, ein Mann Mitte dreißig, der Dynamik ausstrahlte und aus seinem Ärger keinen Hehl machte. Seine abgewetzte Cordhose, der ausgebeulte Pullover und sein windzerzaustes Haar konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ein weltgewandter Mensch war, der gewöhnlich bekam, was er wollte.

Und wenn schon, dachte Davina und erwiderte kühl: „Ja, ich bin Mrs. Hastings. Und wer sind Sie?“

Er bedachte sie mit einem vernichtenden Blick. „Das ist doch die Höhe! Ich habe ausdrücklich eine kompetente, mütterliche Frau mittleren Alters angefordert, und was schickt man mir? Ein Filmsternchen, das wahrscheinlich nur darauf wartet, sich in irgendeinem drittklassigen Streifen ausziehen zu können.“

Davina machte einen Schritt auf ihn zu und war drauf und dran, ihm eine Ohrfeige zu verpassen, als der Pilot, der in seiner Verwirrung fast komisch wirkte, hastig eingriff. „Mr. Warwick, darf ich …“

„Hau ab, Pete“, befahl Warwick nur, und der Pilot kam zu Davinas Erstaunen der Aufforderung tatsächlich sofort nach.

„Also, so etwas“, empörte sich Davina. „Wer sind Sie denn? Man könnte ja meinen, Ihnen gehöre die ganze Insel, so wie Sie mit den Leuten umspringen!“

Warwick zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Zumindest gehört mir ein nicht zu kleiner Teil der Fluggesellschaft. Sie müssen Pete also wohl oder übel verzeihen, dass er sie im Stich gelassen hat“, stellte Warwick herablassend fest und fügte hinzu: „Warum tragen Sie denn keinen Ehering, Mrs. Hastings? Oder hat die Agentur auch in dieser Beziehung meine Wünsche ignoriert?“

„Hat sie nicht“, antwortete Davina scharf. „Und ob ich einen Ehering trage oder nicht, ist allein meine Sache! Außerdem bin ich als Haushälterin absolut kompetent und durchaus in der Lage, jemand zu bemuttern, falls es nötig ist.“ Forschend blickte sie Warwick an. „Was soll das überhaupt? Warum suchten Sie einen mütterlichen Typ? Sind Sie geschieden oder alleinerziehend?“

„Weder noch, und ich habe das auch nie behauptet. Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?“

Davina runzelte die Stirn. „Nun, normalerweise braucht nur ein Kind, das keine Mutter hat, jemand, der diese Rolle übernimmt. Daraus schließe ich, dass Sie weder eine Frau noch eine Lebensgefährtin haben. Trifft das zu?“

Sein Blick drückte so viel Verachtung aus, dass manch einer zurückgeschreckt wäre, aber Davina zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er sagte: „Da ich nicht verheiratet bin, habe ich auch keine Frau. Glauben Sie, dass Sie das in Ihren Schädel hineinbekommen?“

„Auch keine Geliebte, keine Lebenspartnerin, oder wie immer Sie es nennen wollen?“, hakte Davina unbeirrt nach.

„Nein, nichts dergleichen.“ Ironisch fügte er hinzu: „Das muss Sie ja brennend interessieren. Darf ich vielleicht auch den Grund erfahren?“

„Allerdings. Ich arbeite nicht für alleinstehende Männer, Mr. Warwick“, antwortete Davina ohne Umschweife. „Und ich verrate Ihnen sogar, warum! Alleinstehende Männer neigen nämlich dazu, Haushälterinnen als Freiwild zu betrachten. Und mit der Art, wie Sie mich angesehen haben, haben Sie das ja schon bewiesen. Im Übrigen hat die Agentur nicht Sie falsch informiert, sondern mich, was Sie betrifft.“ Kalt blickte sie ihn an. „Man hat mir gesagt, Sie seien verheiratet und hätten eine Tochter. Ich frage mich nur, Mr. Warwick, warum man mir das erzählt hat, etwas, was ja offensichtlich nicht zutrifft.“

Er lächelte flüchtig, bevor er erklärte: „Ich fürchte, es handelt sich um ein Missverständnis. Es ist richtig, ich habe weder Frau noch Tochter, aber dafür eine Stiefmutter und eine achtjährige Halbschwester, die beide den Namen Warwick tragen, außerdem heißt auch meine Großmutter Warwick. Man hat wohl bei der Agentur aus der Existenz zweier Mrs. und einer Miss Warwick falsche Schlüsse gezogen und die Dinge etwas durcheinandergebracht. Nun, Mrs. Hastings, glauben Sie sich angesichts dieser weiblichen Übermacht in unserem Haushalt vor den Nachstellungen alleinstehender Männer sicher fühlen zu können?“

Finster blickte Davina ihn an. Sie hätte den Verantwortlichen, der „die Dinge etwas durcheinandergebracht hatte“, umbringen können. „Und ich möchte wissen, wie Sie bei Ihrer Stiefmutter, Halbschwester und vor allem bei Ihrer Großmutter mit einer Haushälterin durchkommen wollen, die wie ein Filmsternchen aussieht“, gab Davina bissig zurück.

„Oh“, meinte er selbstsicher, „die drei Damen akzeptieren für gewöhnlich meine Entscheidungen.“

Feindselig blickte Davina ihn an. „Glauben Sie wirklich, ich könnte unter diesen Umständen noch für Sie arbeiten? Nein, Mr. Warwick, Ihre weibliche Verwandtschaft mag sich ja von Ihnen schikanieren lassen, aber bei mir wird Ihnen das nicht gelingen. Ich fliege sofort zurück.“ Zornig wandte Davina sich ab.

„Das können Sie nicht.“

„Was kann ich nicht?“

„Sofort zurückfliegen“, meinte Warwick milde.

Sie drehte sich zu ihm um und fragte kalt: „Und warum sollte ich es nicht können?“

Er betrachtete ihre angespannte Körperhaltung und bemerkte, dass sich ihr üppiges, vom Regen leicht feuchtes Haar zu kringeln begann. Als er seinen Blick weiterwandern ließ, nahm er jedes Detail wahr: den sandfarbenen Leinenblazer, den sie zu einer weißen Seidenbluse und einer engen weißen Leinenhose trug, ihre schönen schmalen Hände, die eleganten Schuhe und die lederne Reisetasche, die genau den Ton der Schuhe hatte. Auf ihrer Kameratasche verharrte sein Blick einen Moment, bevor er die zarte, sonnengebräunte Haut betrachtete, die der V-Ausschnitt der Bluse freigab …

Davina reichte es. „Sehen Sie, Mr. Warwick …“, begann sie aufgebracht.

„Natürlich können Sie zurückfliegen“, meinte er amüsiert. „Nur nicht sofort.“

Wütend schaute sie aufs Rollfeld hinaus. „Wollen Sie damit etwa sagen, dass heute keine Maschine mehr startet?“

„Genau.“

Davina unterdrückte einen Fluch. „Nun, ich nehme an, es gibt eine Übernachtungsmöglichkeit.“

„Sie können …“

„Außer bei Ihnen natürlich“, unterbrach sie ihn spitz.

„Es gibt auf der Insel vierhundert Gästebetten, und ich bin sicher, dass wir für Sie ein freies Zimmer finden“, meinte er beschwichtigend. „Allerdings kam mir der Gedanke, dass Sie vielleicht den ersten Eindruck, den ich von Ihnen hatte, revidieren möchten, Mrs. Hastings.“

Wachsam funkelte sie ihn an. „Was stellen Sie sich darunter vor?“

„Sie könnten unter Beweis stellen, dass Sie tatsächlich eine patente Haushälterin sind“, antwortete er ernsthaft. „Anders ausgedrückt, Sie könnten Ihre Anstellung bei mir antreten.“

„Ich dachte, Sie hätten verstanden, dass das für mich nicht infrage kommt.“

„Habe ich, ja, aber nachdem ich bereit bin, den ersten Eindruck zu vergessen, hoffte ich, dass auch Sie es sich anders überlegen würden“, erklärte er mit Unschuldsmiene.

Davina brauchte eine Weile, um ihre Gedanken zu formulieren, was Warwick höflich abwartete. „Sie wollen mir also tatsächlich beweisen, dass Sie nicht einer der arrogantesten, unfreundlichsten, beleidigendsten Männer sind, die mir je begegnet sind?“

Er lachte. „Ja.“

„Nein …“

„Nun kommen Sie aber, Mrs. Hastings.“ Ungeduldig zuckte er die Schultern, als wäre er der Sache langsam überdrüssig. „Unsere erste Begegnung stand zwar nicht gerade unter einem glücklichen Stern, aber das könnten wir doch nun langsam vergessen. Was erwarten Sie denn von mir? Soll ich mich entschuldigen?“

„Geben Sie sich keine Mühe.“

Scharf herrschte er sie an: „Wenn Sie es genau wissen wollen, es gibt wahrscheinlich kaum einen Mann, der von Ihrem Anblick nicht angetan wäre, wenn Sie mit offener Jacke und einer feuchten weißen Bluse, unter der sich Ihre weiblichen Formen abzeichnen, auf ihn zulaufen.“

Als Davina an sich heruntersah und ihre Jacke hastig schloss, funkelten Warwicks Augen spöttisch. Trocken fuhr er fort: „So ist es nun mal, aber ich entschuldige mich trotzdem in aller Form, dass ich einen Moment meine guten Manieren vergaß. Zugegeben, meine Bemerkung über Filmsternchen war unfair. Aber ich habe Sie bei Ihrem Aussehen einfach nicht für eine Haushälterin gehalten!“

Als er weitersprach, klang er wieder gereizt. „Ich gebe also zu, dass ich meinem Ärger etwas übertrieben Luft gemacht habe, versichere Ihnen jedoch, dass Sie in meinem Haushalt nicht als Freiwild betrachtet werden. Sie haben mein Wort.“

„Und das soll ich Ihnen abnehmen?“, fragte Davina ironisch und stellte eigentümlich berührt fest, dass sie ihm tatsächlich glaubte. So geradeheraus er sein Verhalten erklärt und entschuldigt hatte, musste er die Wahrheit gesagt haben. Vielleicht …

Warwick tat nichts, um sein Versprechen zu bekräftigen, sondern sah Davina nur gleichgültig an. Hinter seinem ruhigen Äußeren aber verbargen sich Ungeduld und Gereiztheit.

Unwirsch warf Davina den Kopf zurück und wandte sich ab. Überrascht blickte sie durch die Glastür, die zum Parkplatz führte. Es hatte aufgehört zu regnen, und der Himmel war fast wolkenlos. Sie war überwältigt von dem Anblick, der sich ihr bot, und ihre Stimme klang heiser, als sie fragte: „Diese Berge – wie heißen sie?“

Mount Lidgbird und Mount Gower“, antwortete er, ohne nachzudenken oder hinzusehen. „Warum?“

Sie schluckte. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich einige Fotos davon mache? Mit dem Regenbogen darüber? Vielleicht kennen Sie ja einen Platz, von dem man einen besseren Aufnahmewinkel hat.“

Er runzelte die Stirn. „Schon, aber …“

„Sie müssen wissen, dass ich eine leidenschaftliche Amateurfotografin bin, wenn ich nicht gerade als Haushälterin arbeite, und so etwas Atemberaubendes habe ich noch nie gesehen.“

Nach einer kurzen Pause fuhr sie entschlossen fort: „Um ehrlich zu sein, Mr. Warwick, ich glaube nicht, dass es zwischen uns je ein harmonisches Arbeitsverhältnis geben wird, aber so schnell wie geplant kann ich Lord Howe nicht verlassen – ich muss diese Berge einfach fotografieren! Wenn wir unsere Diskussion also verschieben und Sie mir einen geeigneten Platz zum Fotografieren zeigen, solange der Regenbogen noch sichtbar ist, wäre ich Ihnen wirklich dankbar.“

Mount Gower und Mount Lidgbird, die das südliche Ende der Insel bildeten, waren zwar keine sehr hohen Berge, aber äußerst beeindruckend, wie Davina feststellte, als sie, den Blick darauf gerichtet, barfuß im nassen Gras stand. Sie wirkten im späten Nachmittagslicht karg und düster. Steil ragten sie aus dem Meer heraus, und ihr Anblick mit dem leuchtenden Regenbogen darüber verschlug Davina die Sprache. Die Brandung donnerte an die Küste, und Seevögel glitten an den zerklüfteten Felsen entlang.

Davina stellte ihr Stativ auf und begann zu fotografieren. Sie war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie Steve Warwick, der sie einige Schritte entfernt aufmerksam beobachtete, erst bemerkte, nachdem sie die letzte Aufnahme gemacht hatte.

„Oh, Sie müssen mich für verrückt halten!“, meinte sie, während sie ihre Fotoausrüstung zusammenpackte. „Auf jeden Fall danke ich Ihnen, dass Sie mich hierher gebracht haben. Es war wunderbar.“

„Wie wär’s mit einem Drink?“, schlug er ironisch lächelnd vor.

„Ich weiß nicht …“

„Keine Widerrede, Mrs. Hastings, wir müssen unsere Diskussion noch zu Ende bringen. Ich glaube, das sind Sie mir schuldig.“

Davina zögerte, aber was blieb ihr schon anderes übrig. Es gab hier außer ihnen keine Menschen, nur die wundervolle wilde Landschaft von Lord Howe und den Südpazifik. Also fügte Davina sich und stieg in Steves außergewöhnlich gut gefederten Landrover.

Sie fuhren ein Stück Richtung Mount Lidgbird und bogen dann von der schmalen Straße auf einen unbefestigten Weg ab, der zu einem spärlich besiedelten Tal hinunterführte.

„Das ist es?“, fragte Davina.

„Genau.“

„Hier ist es sehr einsam“, stellte sie fest.

„Mit dem Fahrrad sind es ungefähr zwanzig Minuten zum Zentrum“, erklärte er.

Davina sagte nichts mehr, stieg aus und folgte ihm auf dem von mächtigen Tannen gesäumten Weg zum Blockhaus. Sie musste zugeben, dass es ihr gefiel. Als er die Eingangstür öffnete, fiel ihr auf, dass sie nicht abgeschlossen war.

Sie traten ein, und Davina blieb wie angewurzelt stehen. Durch breite Fenster bot sich ihr ein atemberaubender Blick auf Mount Lidgbird und Mount Gower im Licht der untergehenden Sonne.

„Genau deshalb habe ich mich für diesen einsamen Ort entschieden“, sagte Steve, der ihr Staunen richtig gedeutet hatte, und wartete einige Sekunden, bevor er die Lampe anknipste.

„Ich verstehe“, sagte Davina, als sie sich beeindruckt umsah. Zwei Stufen führten hinab zu einem weitläufigen Wohnbereich, durch dessen Fensterfront man diese wundervolle Aussicht hatte. Auf der einen Seite des Raumes standen um einen großen Glastisch mit schmiedeeisernem Fuß drei breite Sofas, die mit matt glänzendem Chintz in Rosé und Grün bezogen waren. In der Essecke auf der anderen Seite waren acht Stühle ebenfalls um einen Glastisch mit schmiedeeisernem Fuß gruppiert. Einige Sessel und Tischchen mit Lampen oder Blumenarrangements waren locker über den Raum verteilt, und in der Mitte lag ein wunderbarer chinesischer Teppich.

Von der Diele, wo sie gerade standen, konnte man bis unters Dach sehen, und im oberen Stockwerk bemerkte Davina mehrere Türen. Vermutlich führten sie zu den Schlafzimmern. Als sie gerade die Treppe nach oben suchte, sagte er: „Setzen Sie sich, Mrs. Hastings. Was möchten Sie trinken?“

Davina zögerte wieder, was er mit einem bissigen Kommentar quittierte. „Falls Sie glauben, ich hätte vor, Sie betrunken zu machen, um Sie dann an diesem einsamen Ort zu verführen, täuschen Sie sich.“

Sie biss sich auf die Lippe und meinte dann möglichst kühl: „Nun gut, ich nehme einen Brandy mit Soda, aber …“

„Aber Sie wissen immer noch nicht, ob Sie mir trauen können“, fiel er ihr ironisch ins Wort.

Davina warf ihm einen vernichtenden Blick zu, ehe sie die zwei Stufen hinunter zu den Sofas ging. Über die Schulter sagte sie: „Nein, Mr. Warwick, außerdem habe ich allergrößte Zweifel, ob ich Sie jemals werde mögen können.“

„Nun, darüber würde ich mir weiter keine Gedanken machen“, erwiderte er und nahm aus einem antiken Eichenschränkchen zwei Gläser. „Es gibt ja noch die anderen Familienmitglieder, und wir beide müssten uns nicht mehr als unbedingt notwendig sehen.“

Davina warf den Kopf zurück und setzte sich.

Er reichte ihr ein Glas und ließ sich auf dem Sofa ihr gegenüber nieder. „Zum Wohl. Was meinten Sie eigentlich, als Sie sagten, dass Sie fotografieren, wenn Sie nicht gerade als Haushälterin arbeiten?“

Davina trank einen Schluck Brandy. „Nun, ich würde gern hauptberuflich als Fotografin arbeiten, aber im Moment kann ich davon noch nicht leben, also muss ich ab und zu einen anderen Job annehmen, in dem ich gut bin, und das ist nun mal der einer Haushälterin.“

Sie machte eine kurze Pause und sah ihn ruhig an. „Um genug Zeit fürs Fotografieren zu haben, nehme ich nur befristete Verträge an. Sie müssen aber keine Bedenken hinsichtlich meiner Person haben. Die Agentur stellt ziemlich hohe Anforderungen und hat mich auf Herz und Nieren geprüft. Ich habe einen einwandfreien Leumund und außerdem einen Abschluss von einer Hauswirtschaftsschule. Sind Sie nun zufrieden, Mr. Warwick?“

Steve lehnte sich zurück und blickte sie nachdenklich an. „Sie haben sich also entschlossen, den Job anzunehmen.“

Kalt blitzte Davina ihn an. „Nein, das habe ich nicht, noch nicht. Ich wollte nur klarstellen, dass ich vertrauenswürdig bin.“

„Dennoch, es scheint mir eine etwas seltsame Berufskombination zu sein.“ Er betrachtete sein Glas. „Sie haben wohl einen gewissen Hang zum Zigeunerleben. Woher kommt das?“

„So bin ich eben.“ Davina nippte an ihrem Drink.

„Und Sie sind trotz dieses Lebensstils verheiratet, tragen aber keinen Ehering. Warum?“, bohrte er weiter.

„Sagte ich nicht schon, das sei ganz allein meine Angelegenheit?“

„Das sehe ich etwas anders, denn ich habe schließlich das Recht zu wissen, wer in meinem Haus ein und aus geht. Und wenn Sie in diesem Punkt nicht offen sind, drängt sich mir der Verdacht auf, dass Sie vielleicht auch in anderen Dingen nicht so vertrauenswürdig sind, wie sie erscheinen möchten.“

Mühsam beherrscht blickte Davina ihn an. „In Ordnung, Mr. Warwick“, sagte sie und holte ihr Portemonnaie aus der Tasche, entnahm ihm einen schmalen Goldreif und steckte ihn an den Ringfinger. „Hier, mein Ehering.“ Sie hielt ihm die Hand hin. „Aber wenn Sie es genau wissen wollen, ich bin nicht mehr verheiratet!“

Sie trank einen Schluck Brandy und fuhr gereizt fort: „Ich nehme mir jedoch die Freiheit, den Ring bei meinen Einsätzen als Hausangestellte zu tragen – gewissermaßen als Schutz.“

„Sonst tragen sie ihn nicht?“

„Nein.“

„Vergaßen Sie, ihn sich über den Finger zu streifen?“

„Ja. Könnten wir das Thema jetzt bitte wechseln?“

„Warum?“, fragte er und musterte sie aufmerksam. „Sie können mir doch sicher noch sagen, ob ihr Exmann tot ist oder ob er noch lebt und sich nur von Ihnen hat scheiden lassen.“

Davina sah starr auf ihren Ehering, ehe sie hochblickte. Ihre veilchenblauen Augen drückten viel Bitterkeit aus. „Wenn sie es unbedingt hören wollen – mein Exmann hielt mich für frigide.“ Sie beugte sich vor und stellte ihr Glas auf den Tisch. „Ich gehe jetzt. Bitte rufen Sie mir ein Taxi, ich möchte Ihnen keine weiteren Umstände machen.“

Steve musterte sie einen Moment nachdenklich, ehe er sagte: „Das kann ich leider nicht, Mrs. Hastings.“

„Warum nicht?“ Davinas Stimme klang unsicher.

„Weil es auf der Insel keine Taxis gibt.“

2. KAPITEL

„Oh nein!“ Davina sprang auf und sah Steve entsetzt an.

Ihn schien die Situation zu amüsieren. „Es ist eine sehr kleine Insel, Mrs. Hastings. Knapp sieben Meilen lang und zwei Meilen breit, und der größte Teil ist unbewohnt. Es gibt ungefähr dreihundert Einwohner und sechshundert Fahrräder – das beliebteste Transportmittel für die vierhundert Touristen, die die Insel beherbergen kann. Ich selbst habe vier Fahrräder …“

„Sollten Sie mir eines davon anbieten wollen, muss ich ablehnen“, unterbrach Davina ihn scharf.

„Können Sie nicht Rad fahren?“

„Natürlich kann ich es! Aber im Dunkeln und mit meinem Gepäck ist es wohl keine so gute Idee.“

„Nun, das hatte ich ja auch nicht im Sinn.“

Davina atmete hörbar ein. „Und warum bringen Sie es dann zur Sprache?“

Er verzog das Gesicht. „Ich wollte Ihnen nur ein liebenswertes Charakteristikum der Insel nahe bringen. Sie scheinen nicht sehr viel über Lord Howe zu wissen, Mrs. Hastings.“

„Stimmt“, gab sie gereizt zu. „Ich bin in letzter Minute für die kompetente mütterliche Dame eingesprungen, die für Sie vorgesehen war, sich aber den Knöchel gebrochen hat. Mir blieb also keine Zeit, meine spärlichen Kenntnisse über Lord Howe zu vertiefen. Ich weiß eigentlich nur, dass es ein besonders schönes Fleckchen Erde sein soll – und ein wahres Paradies für Fotografen.“

Steve Warwick lächelte, sagte aber nichts.

Davina überlegte kurz, ehe sie Steve aufforderte: „Also gut! Erzählen Sie mir etwas über den Job, aber glauben Sie nur nicht, ich hätte mich schon entschieden zu bleiben“, warnte sie. „Es ist nur …“ Sie machte eine hilflose Geste und ließ den Satz unvollendet.

Er beugte sich nach vom. „Also, meine weibliche Verwandtschaft wird mich in Kürze überfallen. Normalerweise meiden sie einander zwar wie die Pest, aber diesmal wollen sie um der familiären Beziehungen willen ihren Urlaub anscheinend gemeinsam verbringen. Hätten Sie nur die leiseste Ahnung, welche Horrorvorstellung dies für mich ist, würden Sie mich sicher bedauern, Mrs. Hastings.“

Davina sah ihn verständnislos an. „Ich hatte den Eindruck, dass ein Wort von Ihnen genügen würde, um aus den Damen sanfte Lämmer zu machen.“

„Ganz so ist das nicht, obwohl sie letztendlich doch immer tun, was ich will. Auf einem Gebiet allerdings habe sogar ich Probleme, mich durchzusetzen, nämlich wenn es darum geht, wer im Haushalt das Sagen hat.“

Autor

Lindsay Armstrong

Lindsay Armstrong wurde in Südafrika geboren, und bis heute fasziniert sie der Kontinent sehr. Schon als kleines Mädchen wusste sie, was sie später machen wollte: Sie war entschlossen, Schriftstellerin zu werden, viel zu reisen und als Wildhüterin zu arbeiten.

Letzteres ist ihr zwar nicht gelungen, aber noch immer ist sie...

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