Das Vermächtnis der Mächtigen (3-teilige Serie)

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Eines haben der italienische Milliardär Ravelli, der griechische Millionär Christakis und der mächtige Scheich Zarif gemeinsam - ihre drei Grundsätze zum Leben: Geld, Macht und das rücksichtslose Streben nach Leidenschaft!

DIE BRAUT DES ITALIENISCHEN MILLIARDÄRS
"Heirate mich." Wie bitte? Hat Belle sich verhört? Aber Cristo Ravellis feuriger Blick erlaubt keine Zweifel: Wenn Belle ihre fünf Halbgeschwister retten will, muss sie Ja zu dem Milliardär sagen …

ZURÜCK IN DIE ARME DES GRIECHISCHEN MILLIONÄRS?
Wie Smaragde schimmern Nik Christakis’ Augen - und wecken eine Begierde in Betsy, gegen die sie machtlos ist. Dabei wollte sie eigentlich nur noch eins von dem griechischen Millionär: die Scheidung! Doch ein letztes Mal gibt sie seiner Anziehung nach. Mit ungeahnten Folgen …

ZU EINEM SCHEICH SAGT MAN NICHT NEIN
"Nein, ich heirate dich nicht!" Stolz lehnt die schöne Ella den Antrag von Scheich Zarif ab und macht Schluss mit ihm. Doch sie hätte es wissen müssen: Ein Wüstenherrscher bekommt immer, was er will …


  • Erscheinungstag 17.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739218
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Lynne Graham

Das Vermächtnis der Mächtigen (3-teilige Serie)

IMPRESSUM

Die Braut des italienischen Milliardärs erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2014 by Lynne Graham
Originaltitel: „Ravelli’s Defiant Bride“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 398 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Valeska Schorling

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733739072

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Cristo Ravelli starrte seinen Anwalt ungläubig an. „Soll das ein verspäteter Aprilscherz sein?“, fragte er stirnrunzelnd.

Robert Ludlow, Seniorpartner bei Ludlow and Ludlow, verzog keine Miene. Er wusste, dass Cristo, ein steinreicher Investmentbanker, der sich auf Risikokapital spezialisiert hatte, kein Mann war, mit dem man spaßte. Zumindest hatte Robert bisher noch keinen Sinn für Humor an ihm entdecken können. Cristo nahm das Leben überaus ernst, ganz anders als sein gerade verstorbener und vermutlich nur wenig betrauerter Vater Gaetano.

„Ich fürchte, das ist kein Witz. Ihr Vater hatte fünf Kinder mit einer Frau in Irland.“

„Sie meinen, all die Jahre, in denen er zum Angeln auf seinen irischen Landsitz fuhr …?“

„Ich fürchte, ja. Soweit ich weiß, ist das älteste Kind fünfzehn Jahre alt.“

Fünfzehn? Aber das bedeutet ja …“ Cristo presste die sinnlichen Lippen zusammen, um eine abfällige Bemerkung zu unterdrücken. Seine dunklen Augen blitzten wütend auf. Warum überraschte ihn die Neuigkeit eigentlich? Er wusste doch, dass sein Vater ein notorischer Frauenheld gewesen war. Warum sollte Gaetano also keine unehelichen Kinder gehabt haben, wo er doch schon diverse wütende Ex-Frauen und drei eheliche Söhne hinterließ?

Cristo selbst würde nie das Risiko eingehen, ein uneheliches Kind zu bekommen. Es war ihm unbegreiflich, dass sein Vater das gleich fünf Mal geschafft hatte, zumal er nie auch nur das geringste Interesse an seinen legitimen Söhnen gezeigt hatte. Cristos Brüder Nik und Zarif würden bestimmt genauso entsetzt auf diese Neuigkeit reagieren wie er, aber er beschloss, ihnen vorerst nichts zu sagen und allein mit dem Problem fertigzuwerden.

Das Scheitern von Niks Ehe hatte Cristo schwer getroffen, und sein eigener Anteil daran bereitete ihm immer noch schlaflose Nächte. Auch ihr Bruder Zarif, frisch gebackener Herrscher eines Landes im mittleren Osten, konnte gerade keinen Skandal gebrauchen. Gaetanos unmoralisches Treiben musste daher dringend vor der Presse geheim gehalten werden.

„Fünfzehn Jahre alt“, wiederholte Cristo fassungslos. Das bedeutete ja, dass sein Vater Zarifs Mutter während ihrer ganzen Ehe betrogen hatte! „Ich muss mich für meine Reaktion entschuldigen, Robert, aber das Ganze ist ein ziemlicher Schock für mich. Was wissen Sie über die Mutter der Kinder?“

Robert hob eine ergraute Augenbraue. „Ich habe Daniel Petrie kontaktiert, den Grundstücksverwalter des irischen Landsitzes Ihres Vaters. Er hat erzählt, dass Mary Brophy in ihrem Dorf einen sehr schlechten Ruf hat“, erklärte er fast entschuldigend.

„Als Frau mit lockeren moralischen Ansichten traf sie bestimmt genau Gaetanos Geschmack. Was für Vorkehrungen hat mein Vater für diese Kinderschar getroffen?“

„Genau darüber wollte ich mit ihnen reden.“ Robert räusperte sich verlegen. „Wie Sie wissen, hat Gaetano weder die Frau noch die Kinder in seinem Testament erwähnt.“

„Wollen Sie damit etwa sagen, dass mein Vater überhaupt keine Vorkehrungen getroffen hat?“, fragte Cristo fassungslos. „Er hatte fünf Kinder mit dieser … dieser Frau und hat ihnen kein Geld hinterlassen?“

„Keinen Penny“, bestätigte Robert bedauernd. „Ich dachte erst, er hätte vielleicht privat für sie vorgesorgt, aber offensichtlich war das nicht der Fall, da die Frau sich mit der Bitte um Begleichung der Schulgebühren an mich gewandt hat. Aber Ihr Vater hat immer in der Gegenwart und nicht in der Zukunft gelebt. Er ging vermutlich davon aus, mindestens achtzig zu werden.“

„Und stattdessen starb er mit zweiundsechzig und hat mir dieses Chaos hinterlassen“, sagte Cristo wütend. „Ich werde mich persönlich um diese Angelegenheit kümmern müssen. Ich will auf keinen Fall, dass die Presse Wind davon bekommt.“

„Verständlich“, stimmte Robert zu. „Für die Medien sind Männer mit diversen Ehefrauen und Geliebten ein gefundenes Fressen.“

Cristo biss die makellosen weißen Zähne zusammen. Seine dunklen Augen blitzten zornig. Sein Vater hatte schon zu Lebzeiten genug Schaden angerichtet. Unfassbar, dass er seiner Familie auch nach seinem Tod noch keine Ruhe ließ. „Die beste Lösung wäre, wenn die Kinder zur Adoption freigegeben werden, damit man diese ganze unappetitliche Angelegenheit unter den Teppich kehren kann.“

Robert sah Cristo für einen Moment ganz verwundert an, beherrschte sich jedoch rasch. „Glauben Sie wirklich, die Mutter wird diesem Vorschlag zustimmen?“

„Sollte sie in das übliche Beuteschema meines Vaters passen, wird eine angemessene Entschädigung sie bestimmt überzeugen.“

Robert wusste, worauf Cristo anspielte, bezweifelte jedoch, dass Cristo Erfolg haben würde. Aber so, wie Cristo aufgewachsen war, konnte er sich vermutlich nicht vorstellen, dass Eltern ihre Kinder lieben konnten. Er hatte nie den Zusammenhalt erlebt, der in anderen Familien selbstverständlich war. Plötzlich war Robert dankbar dafür, dass sein Leben ihn selbst nicht so zynisch gemacht hatte.

Cristo straffte die Schultern und griff nach seinem Handy, um seine Assistentin zu bitten, ihm einen Flug nach Dublin zu buchen. Er würde diese widerliche Angelegenheit zügig erledigen und sich dann wieder seiner Arbeit widmen.

„Ich hasse die Ravellis!“, tobte Belle, das hübsche Gesicht verzerrt vor Wut. „Ich hasse sie alle!“

„Dann müsstest du auch deine eigenen Brüder und Schwestern hassen“, rief ihre Großmutter ihr ins Gedächtnis. „Und du weißt, dass das nicht der Fall ist.“

Belle zügelte ihr Temperament mühsam und sah ihre Großmutter entschuldigend an. Isa war eine kleine geschmeidige Frau mit stahlgrauem Haar und hatte die gleichen grünen Augen wie Belle. „Dieser dämliche Anwalt hat noch nicht mal auf Mums Brief wegen der Schulgebühren reagiert. Ich hasse die ganze Familie! Warum lassen sie uns um etwas betteln, was den Kindern zusteht?“

„Ich kann nachvollziehen, wie unangenehm dir das ist“, räumte Isa Kelly ein. „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass nur Gaetano Ravelli für diese Situation verantwortlich ist.“

„Wie könnte ich das je vergessen?“, rief ihre Enkelin frustriert und sprang auf. Man hatte sie wegen der skandalösen Beziehung ihrer Mutter mit Gaetano Ravelli und deren fünf unehelichen Kindern in ihrer Schulzeit erbarmungslos gequält. Viele Menschen hatten Anstoß daran genommen, dass Mary sich mit einem verheirateten Mann eingelassen hatte. Sie war mehr oder weniger als Hure gebrandmarkt worden, und Belle hatte man gleich mit verurteilt.

„Aber Gaetano lebt nicht mehr“, erinnerte Isa sie überflüssigerweise. „Und deine Mutter leider auch nicht.“

Isas letzte Worte versetzten Belle einen schmerzhaften Stich. Ihre Mutter war erst vor einem Monat an einem Herzinfarkt gestorben. Belle war immer noch nicht über den Schock hinweg. Mary, eine lebenslustige Frau Anfang vierzig, war kaum jemals krank gewesen, hatte jedoch ein schwaches Herz gehabt, und ihre letzte Schwangerschaft war für sie vermutlich einfach zu viel gewesen. Doch Mary Brophy hatte nie auf die Stimme der Vernunft gehört. Sie war immer ihren eigenen Weg gegangen, egal welchen Preis sie dafür bezahlen musste.

Aber was auch immer man Mary Brophy anlasten konnte – und es hatte viele Menschen im Ort gegeben, die sie wegen ihrer Langzeitaffäre mit Gaetano verurteilt hatten – war sie doch eine hart arbeitende Frau gewesen, die nie ein schlechtes Wort über jemanden verloren hatte und immer hilfsbereit gewesen war. Im Laufe der Jahre waren daher sogar aus manchen ihrer erbittertsten Kritiker Freunde geworden.

Trotzdem hatte Belle nie verstanden, warum Mary einem Mann zuliebe so viele Opfer gebracht hatte. Belle hatte Gaetano Ravelli für seine Lügen, seine Selbstsüchtigkeit und sein manipulatives Verhalten verabscheut. Erschöpft strich sie sich eine rote Locke aus dem Gesicht. Sie müsste dringend zum Friseur, hatte dafür aber keine Zeit – und kein Geld.

Gut, dass ihr wenigstens das Pförtnerhaus am Fuß der gewundenen Auffahrt zu Mayhill House gehörte, dem Landsitz Gaetanos. Wahrscheinlich würden sie es verkaufen und sich etwas Billigeres suchen müssen. Gaetano hatte es vor Jahren ihrer Mutter überschrieben. Aber was nützte ihnen ein Dach über dem Kopf, wenn sie die Rechnungen nicht bezahlen konnten? Obwohl Obdachlosigkeit natürlich ein noch schlimmeres Los wäre.

„Ich kümmere mich gern um die Kinder“, sagte Isa mit fester Stimme. „Mary war meine Tochter und ich will nicht, dass du den Preis für ihre Fehler bezahlst.“

„Die Kinder würden dich doch völlig überfordern“, protestierte Belle. Ihre Großmutter mochte fit wie ein Turnschuh sein, aber sie war schon siebzig. Belle hatte kein gutes Gefühl dabei, ihr eine solche Last aufzubürden.

„Du bist extra auf eine Universität gegangen, die weit weg von hier liegt, um eurer Situation zu entfliehen, und du wolltest sofort nach deinem Abschluss nach London ziehen“, erinnerte Isa sie.

„Es kommt eben nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Die Kinder haben innerhalb von zwei Monaten beide Eltern verloren. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen können, ist, dass ich auch noch weggehe.“

„Bruno und Donetta gehen beide aufs Internat, also sind sie während der Schulzeit versorgt“, widersprach die ältere Frau. „Die Zwillinge sind auf der Grundschule. Nur Franco ist zu Hause, aber da er schon zwei ist, kommt er bald in den Kindergarten.“

Kurz nach dem Tod ihrer Mutter hatte Belle das noch genauso gesehen. Sie war ihrer Großmutter sehr dankbar für das großzügige Angebot gewesen, sich um die Kinder zu kümmern, hatte jedoch auch ein schlechtes Gewissen deswegen gehabt. Nachdem sie sich selbst davon überzeugt hatte, wie viel Arbeit auch nur drei Kinder machten, konnte sie das Isa auf keinen Fall zumuten. Sie selbst war erst dreiundzwanzig und fühlte sich trotzdem manchmal völlig überfordert.

Als es an der Hintertür klopfte, zuckten die beiden Frauen erschrocken zusammen. Stirnrunzelnd öffnete Belle die Tür und sah zu ihrer Erleichterung einen guten Freund auf den Stufen stehen. Mark Petrie und Belle waren zusammen zur Schule gegangen.

„Komm rein“, forderte sie den schlanken dunkelhaarigen Mann auf. „Setz dich. Kaffee?“

„Danke, gern.“

„Wie geht es Ihnen, Mark?“, fragte Isa lächelnd.

„Gut. Ich mache mir eher Sorgen um Belle.“ Mark warf Isas Enkelin einen Blick voll unverhüllter männlicher Bewunderung zu. „Hör mal, ich komme direkt zur Sache. Ich habe heute meinen Vater am Telefon gehört. Er muss mit jemandem aus Gaetano Ravellis Familie geredet haben, mit dem ältesten Sohn, glaube ich, Cristo.“

Belle verkrampfte sich beim Klang dieses Namens. Sie stellte Mark einen Becher Kaffee hin. „Wie kommst du darauf?“

„Cristo ist Gaetanos Nachlassverwalter. Er hat meinen Vater über deine Mutter ausgefragt, aber er weiß noch nicht, dass Mary tot ist. Mein Vater ist ja gerade erst von seiner Australienreise zurückgekommen und es hat sich noch niemand die Mühe gemacht, ihn darüber zu informieren“

„Na ja, dein Vater und meine Mutter waren nicht gerade Busenfreunde“, bemerkte Belle trocken. Es hatte im Laufe der Jahre viel böses Blut gegeben zwischen dem Grundstücksverwalter Daniel Petrie und Mary, die als Haushälterin auf Mayhill House gearbeitet hatte. „Warum sollte ihm also jemand davon erzählen?“

Cristo Ravelli, dachte Belle voller Abscheu. Der steife Banker und unglaublich gut aussehende älteste Sohn Gaetanos, den wohl noch niemand je hatte lächeln sehen … Im Laufe der Jahre hatte sie sich oft im Internet über Gaetanos kompliziertes Liebesleben informiert, anfänglich aus Neugier und später, um Antworten auf die Fragen zu bekommen, die ihre arme vertrauensselige Mutter sich nie zu fragen getraut hatte. Sie wusste daher über die Ehefrauen, die Söhne und die skandalösen Affären Bescheid.

Gaetano Ravelli hatte einen enormen Frauenverschleiß gehabt und jede Menge Herzen gebrochen. Geheiratet hatte er jedoch nur reiche Frauen. Belles arme Mutter hatte daher nie eine Chance auf einen Ehering gehabt.

„Anscheinend wollen die Ravellis, dass Gaetanos uneheliche Kinder mit Mary zur Adoption freigegeben werden.“

„Adoption?“, fragte Belle fassungslos.

„Offensichtlich will die Familie damit die ganze Affäre unter den Teppich kehren.“ Mark verzog bedauernd das Gesicht. „Eine Adoption würde peinliche Spuren verwischen.“

„Aber hier geht es um Kinder, die eine Familie und ein Zuhause haben!“, protestierte Belle entsetzt. „Sie gehören zusammen, verdammt noch mal!“

Mark räusperte sich verlegen. „Bist du eigentlich der gesetzliche Vormund der Kinder?“

„Klar. Wer sonst?“

„Aber das hast du nicht schriftlich, oder? Du solltest dir vielleicht einen Anwalt suchen, bevor sich womöglich herausstellt, dass die Gaetanos mehr Entscheidungsbefugnis haben als du.“

„Aber das wäre absolut lächerlich!“, wandte Belle ein. „Gaetano hatte nie etwas mit den Kindern zu tun.“

„Er hat aber zumindest die Schulgebühren der älteren Kinder bezahlt und deiner Mutter das Pförtnerhaus überschrieben“, rief Mark ihr ins Gedächtnis. „Er war vielleicht ein mieser Vater, aber materiell hat er für das Notwendigste gesorgt. Was Gaetanos Söhnen ein größeres Mitspracherecht gewähren könnte als dir, was die Zukunft der Kinder angeht.“

„Aber Gaetano hat keins der Kinder in seinem Testament erwähnt“, wandte Belle ein und hob herausfordernd das Kinn.

„Das spielt keine Rolle. Gesetz ist Gesetz“, erklärte Mark, ganz eifriger Jurastudent.

„Adoption!“ Schockiert ließ Belle sich zurück auf ihren Stuhl sinken. „Das ist ja völlig absurd.“

„Wenn Mary nur lange genug gelebt hätte, um sich darum zu kümmern, dass die Kinder abgesichert sind.“ Isa seufzte niedergeschlagen. „Habe ich als Großmutter der Kinder vielleicht etwas zu sagen?“

„Das bezweifle ich“, wandte Mark ein. „Sie sind ja erst nach Marys Tod in das Pförtnerhaus gezogen, um mit den Kindern zusammenzuleben.“

„Ich könnte ja so tun, als sei ich ihre Mutter“, schlug Belle aus einer plötzlichen Eingebung heraus vor.

„Wie bitte?“ Isa starrte ihre Enkelin verdutzt an. „Mach dich nicht lächerlich, Belle!“

„Wieso lächerlich? Cristo Ravelli hat keine Ahnung von Mums Tod. Solange er glaubt, dass sie noch am Leben ist, wird er sich bestimmt nicht in unsere Lebensverhältnisse einmischen.“ Belle sah ihre Großmutter triumphierend an.

„Niemals kannst du eine Frau in den Vierzigern spielen!“, protestierte Mark.

Belle überlegte fieberhaft. „Ich brauche vielleicht nicht ganz so alt auszusehen. Nur alt genug, um einen fünfzehnjährigen Sohn zu haben. Ich könnte locker Anfang dreißig sein.“

„Ein solcher Betrugsversuch ist viel zu riskant“, wandte Isa ein. „Cristo Ravelli würde die Wahrheit bestimmt irgendwann herausfinden.“

„Wie denn? Als ein Ravelli wird er bestimmt nicht im Dorf herumlaufen und neugierige Fragen stellen. Er hätte keinen Grund, meine Identität in Frage zu stellen. Ich stecke mir einfach das Haar hoch und benutze viel Make-up. Dann klappt das bestimmt.“

„Belle, ich weiß ja, dass du zu jedem Schabernack aufgelegt bist, aber das wäre schwerwiegender Betrug. Ich würde mir das an deiner Stelle gut überlegen“, wandte Mark ein.

Die Küchentür ging auf, und ein am Daumen lutschender kleiner Junge mit schwarzen Locken kam herein. Er kletterte seiner ältesten Schwester auf den Schoß. „Müde“, sagte er. „Arm.“

Belle drückte ihren jüngsten Halbbruder zärtlich an sich. „Ich bringe ihn nach oben und lege ihn ins Bett“, flüsterte sie, hob ihn hoch und stand mühsam auf. Der Kleine war ganz schön schwer.

Oben legte Belle den kleinen Franco in das neben ihrem Bett stehende Gitterbettchen und blieb für einen Moment vor dem Fenster stehen, von dem aus man einen malerischen Blick auf das georgianische Herrenhaus und den weitläufigen Park Mayhills hatte.

Belle war erst acht Jahre alt gewesen, als die frisch verwitwete Mary bei Gaetano Ravelli als Haushälterin angefangen hatte.

Belles Vater war ein Trinker gewesen, der unter Alkoholeinfluss gewalttätig geworden war. Eines Tages war er in betrunkenem Zustand vor ein Auto gelaufen. Nur wenige Menschen hatten um ihn getrauert, zuallerletzt Belle, die in ständiger Angst vor den Wutanfällen und den Fäusten ihres Vaters gelebt hatte. Mutter und Tochter hatten auf ein neues und schönes Leben gehofft, als Mary Haushälterin geworden war. Doch leider hatte Mary sich unsterblich in ihren neuen Chef verliebt – und sich ihren Ruf spätestens mit der Geburt von Belles erstem Halbbruder Bruno hoffnungslos ruiniert.

Jemand wie Cristo Ravelli hatte bestimmt keine Ahnung, unter welchen Umständen die weniger Privilegierten lebten. Er sah fantastisch aus, war hochintelligent und schon fast obszön erfolgreich. Als Sohn einer sehr reichen italienischen Prinzessin war er praktisch mit dem Silberlöffel im Mund geboren worden. Sein Stiefvater war ein ungarischer Bankier, sein Zuhause ein venezianischer Palast, und er war nur auf die besten Schulen gegangen.

Kein Wunder, dass ihm der Erfolg nur so aus den Poren strömte. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie es war, ständig gedemütigt, ignoriert oder gehänselt zu werden. Belle konnte wetten, dass er sich nie für seine Abstammung hatte entschuldigen müssen.

Das Einzige, was er auszustehen gehabt hatte, mochte sein Vater Gaetano gewesen sein, der pädagogisch eine Katastrophe gewesen war. Bruno zum Beispiel war erst dreizehn gewesen, als Gaetano ihn beschuldigt hatte, schwul zu sein. Bruno hatte ihm erzählt, Maler werden zu wollen, und für Gaetano waren alle Künstler homosexuell. Belles kleiner Bruder hatte so darunter gelitten, dass er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen.

Belle lief noch jetzt ein Schauer bei der Vorstellung über den Rücken, ihn um ein Haar für immer verloren zu haben. Vor allem Bruno brauchte die Unterstützung seiner Familie. Belle würde alles dafür tun, dass ihre Geschwister zusammenbleiben konnten.

Mark brach gerade auf, als sie wieder nach unten kam. „Du hast das doch nicht ernst gemeint, dass du dich als Mary ausgeben willst, oder?“, fragte er, als Belle ihn zur Tür brachte.

Sie straffte entschlossen die Schultern. „Doch, wenn das die einzige Möglichkeit ist, die Familie zusammenzuhalten!“

Der Abend dämmerte bereits, als Cristo seinen Wagen in die lange Zufahrt von Mayhill House lenkte. Er war bisher noch nie in Gaetanos irischem Schlupfwinkel gewesen.

Als er vor dem Haus bremste, sah er eine junge Frau mit einem Hund über den weitläufigen Rasen gehen. Cristo runzelte missbilligend die Stirn. Er mochte keine unbefugten Eindringlinge. Doch den Bruchteil einer Sekunde später ertappte er sich dabei, ihre rote Lockenmähne und ihr hübsches herzförmiges Gesicht fasziniert anzustarren. Ihr loses Oberteil umspielte üppige Brüste, und ihre hautenge Jeansshorts betonte ihre langen schönen Beine und ihren knackigen Po. Der Anblick der schönen Unbekannten verschlug ihm förmlich den Atem. Zu seiner Bestürzung spürte er, wie seine Lenden sich regten.

Er biss die Zähne zusammen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal mit einer Frau geschlafen hatte. Seine Arbeit war ihm wichtiger als Sex, denn sie gab ihm Energie, während Sex für ihn nur ein Mittel zum Stressabbau war.

Irritiert schloss Cristo die schwere Eingangstür auf und stieg über einen Stapel unberührter Post in die große, mit schwarz-weißen Fliesen im Schachbrettmuster bedeckte Eingangshalle. Eine dünne Staubschicht lag auf den Möbeln, was darauf schließen ließ, dass das Haus nicht bewohnt war. Cristo war überrascht. Irgendwie hatte er damit gerechnet, dass Mary Brophy sich mit ihren fünf Kindern bereits hier eingenistet hatte.

Langsam schlenderte er durch die verlassenen Räume und landete schließlich in der Küche, wo sein Blick auf den offen stehenden leeren Kühlschrank fiel. Missbilligend verzog er das Gesicht. Einer der Knöpfe des Wandtelefons war mit dem Etikett „Haushälterin“ versehen. Er nahm den Hörer ab und presste ihn mit unnötiger Heftigkeit.

„Ja?“, hörte er nach einer Weile eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung, als er die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, jemanden zu erreichen.

„Hier ist Cristo Ravelli. Ich bin im Haus. Warum wurde hier nichts für meine Ankunft vorbereitet?“, fragte er barsch.

Belle am anderen Ende der Leitung stellten sich beim Klang seiner ungeduldigen Stimme sämtliche Nackenhaare auf. Ihre grünen Augen blitzten wütend auf. „Vielleicht liegt das ja daran, dass die Haushälterin seit Mr Ravellis Absturz mit dem Hubschrauber kein Gehalt mehr bekommen hat.“

Cristo war nicht an freche Antworten gewöhnt und presste gereizt die Lippen zusammen. „Ich habe diese Anordnung nicht erteilt.“

„Tja, das macht keinen Unterschied. Niemand arbeitet gern umsonst“, gab Belle zurück.

Cristo unterdrückte einen Fluch. Er war hungrig und müde und nicht in der Stimmung für eine Auseinandersetzung. „Ich nehme an, Sie sind die Haushälterin?“

Jetzt kam der Moment der Wahrheit. Belle zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, aber nur, bis sie ihre Geschwister vor ihrem inneren Auge in einem Waisenhaus sah. „Äh … ja“, antwortete sie nervös.

„Dann machen Sie, dass Sie herkommen und Ihren Job erledigen. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie gut bezahlen werde. Ich brauche etwas zu essen, ein Bett …“

„Es gibt mehrere Läden im Dorf. Sie müssten auf dem Weg zum Haus an einigen vorbeigekommen sein“, protestierte Belle.

„Diese Aufgaben übertrage ich gerne Ihnen“, erklärte Cristo glatt, bevor er den Hörer auflegte. Ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, die dummdreiste Haushälterin an ihre Pflichten zu erinnern? Aber da er nur zwei Tage bleiben wollte, bevor er das Haus zum Verkauf anbot, brauchte er sich über sie nicht den Kopf zerbrechen.

Belle hingegen war nach dem Telefonat weitaus weniger gelassen als Cristo. Jetzt oder nie. Sie konnte sich nicht als Marys Tochter ausgeben und dann plötzlich ihre Meinung ändern. Entweder sie zog das jetzt durch, oder sie erzählte Cristo Ravelli, dass die Haushälterin und heimliche Geliebte seines Vaters tot war.

Doch als ihr wieder einfiel, welchen Einfluss sie auf das Leben der Kinder haben konnte, wenn sie sich als deren Mutter ausgab, fielen die Zweifel von ihr ab. Hastig ging Belle nach oben, um sich etwas anzuziehen, das sie optisch älter machte.

Sie durchwühlte ihre Garderobe und entschied sich für ihren einzigen Rock, ein langärmeliges T-Shirt und High Heels. Ihre Mutter hatte nie flache Absätze oder Jeans getragen. Nachdem sie sich umgezogen hatte, ging sie ins Badezimmer, kämmte sich das Haar aus dem Gesicht und zog eine Grimasse, als sie ihr blasses Gesicht sah, das sie jünger aussehen ließ, als sie war. Ob sie wirklich älter wirken würde, wenn sie sich das Haar hochsteckte und viel Make-up auftrug? Ihr fielen die Smokey Eyes ein, zu denen eine Freundin sie mal überredet hatte, und holte die Utensilien aus ihrer Make-up-Tasche.

Großzügig trug sie Lidschatten auf, verwischte die Ränder und fügte jede Menge Kajal hinzu. Na ja, ich sehe jedenfalls anders aus als sonst, dachte sie nervös, als sie Mascara und Rouge auftrug und sich die Lippen mit leuchtend rosa Lipgloss anmalte.

„Ich wollte dich gerade zum Abendessen rufen …“ Isa Kelly erstarrte, als ihre Enkelin die Treppe hinunterkam. „Wo um alles in der Welt willst du in diesem Aufzug hin?“

Belle versteifte sich. „Warum? Sehe ich so komisch aus?“

„Also, wenn du dich vorbeugst, kann ich bestimmt deine Unterwäsche sehen“, kommentierte Isa.

Ein peinliches Schweigen breitete sich aus, wurde jedoch wenige Sekunden später von lauten Kinderstimmen unterbrochen. Ein dunkelhaariger Junge und ein Mädchen von jeweils acht Jahren rissen die Hintertür auf und betraten lautstark streitend den Flur.

„Wenn ihr nicht aufhört, euch zu zanken, geht ihr heute früher ins Bett“, ermahnte Belle die Zwillinge Pietro und Lucia.

Die beiden Kinder klappten die Münder zu, senkten die zerzausten Köpfe und schossen an ihrer ältesten Schwester vorbei die Treppe hoch.

„So, und jetzt erzähl, warum du dich so aufgetakelt hast“, hakte Isa nach.

„Cristo Ravelli hat gerade angerufen. Er braucht eine Haushälterin.“ Belle fasste das Telefonat rasch zusammen. „Ich muss also mindestens zehn Jahre älter aussehen.“

Isa sah die junge Frau entgeistert an. „Du kannst dich unmöglich als Mary ausgeben. Das ist eine völlig verrückte Idee. Damit kommst du nie durch.“

Trotzig hob Belle das Kinn. „Es ist zumindest einen Versuch wert. Ich habe nämlich noch ein Hühnchen mit Cristo Ravelli zu rupfen. Offensichtlich weiß er nicht das Geringste über Mum! Ich glaube, er weiß noch nicht einmal, dass sie als Haushälterin für seinen Vater gearbeitet hat!“

„Ich bezweifle, dass er so ignorant ist. Ich will nicht, dass du die Einkäufe dieses Mannes erledigst, kochst und sein Bett machst, schon gar nicht in diesem Aufzug!“

„Was stimmt denn nicht damit?“

„Du könntest einen falschen Eindruck erwecken.“

„Das bezweifle ich.“ Belle zog sich den Stretchrock über die Hüften. „Soweit ich weiß, ist Ravelli kein Sexbesessener wie sein Vater.“

Isa presste die Lippen zusammen. „Das ist eine sehr respektlose Bemerkung, Belle.“

„Ich habe eine Tatsache festgestellt, kein bloßes Gerücht.“

„Gaetano war immerhin der Vater der Kinder. Vielleicht kein guter, aber du solltest trotzdem nicht so abfällig über ihn reden, wenn sie in der Nähe sind!“

Belle errötete schuldbewusst. „Darf ich mir deinen Wagen leihen, Gran?“

„Ja, natürlich.“ Als Isa auffiel, dass Belle sie mit Erfolg von ihren Bedenken wegen des Betrugsversuchs abgelenkt hatte, legte sie eine Hand auf die Haustür, bevor Belle sie öffnen konnte. „Denk gut darüber nach, was du tust, Belle. Wenn du diesen Mann erst mal hintergehst, gibt es keinen Weg mehr zurück, und er wird vielleicht sehr ungehalten reagieren, wenn er die Wahrheit herausfindet … was nur eine Frage der Zeit ist“, gab sie zu bedenken.

„Cristo ist ein Ravelli, Gran. Clever, ausgebufft und skrupellos. Wenn ich mit ihm erfolgreich verhandeln will, dann muss ich jeden Vorteil nutzen, den ich habe. Und der besteht im Augenblick darin, mich als Mum auszugeben.“

2. KAPITEL

Belle fuhr zur Tankstelle im Dorf, um das Nötigste für die Küche in Mayhill zu besorgen. Cristo Ravelli erwartete bestimmt von ihr, dass sie kochte, aber das konnte sie nicht – zumindest nichts, wofür man mehr als einen Dosenöffner und eine Mikrowelle brauchte. Nach kurzem Nachdenken entschied sie sich für Omelett mit Salat und Knoblauchbrot. So etwas würde sogar sie hinbekommen, oder? Sie hatte ihre Mutter und ihre Großmutter schon oft bei der Zubereitung von Omeletts beobachtet.

Nervös parkte sie ihren Wagen an der Rückseite des Hauses. In den Zimmern brannten noch keine Lampen, und die Hintertür war verschlossen. Genervt trug sie die Einkaufstaschen zur Haustür, stieg die Treppe hoch und drückte auf die Klingel.

Cristo war gerade am Telefon. Er öffnete die Tür und prallte überrascht zurück, als eine schlanke Rothaarige in hochhackigen Schuhen an ihm vorbeistapfte. Das sollte die Haushälterin sein? Irgendwie hatte er sich die ganz anders vorgestellt.

Verstohlen ließ er den Blick über die Rothaarige gleiten. Ihre Figur war wirklich atemberaubend! Und diese Beine! Beine, die ihn an das Mädchen von vorhin auf dem Rasen erinnerten. Er hob den Blick zum Gesicht der Frau, deren große grüne Augen unter all dem schweren Make-up fast untergingen. Sie war absolut nicht sein Typ, viel zu aufgetakelt.

Nein, Cristo fühlte sich eher zu zierlichen kühlen Blondinen mit blauen Augen hingezogen. Er verdrängte diesen Gedanken rasch und musterte die bemerkenswerten Brüste der Rothaarigen. Sie waren genauso schön wie ihre Beine.

Belle, die die Wirkung ihres vollen Busens auf das männliche Geschlecht schon zur Genüge kannte, nutzte ihrerseits die Gelegenheit, Cristo Ravelli zu betrachten. Er war zweifellos der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Er hatte volles schwarzes Haar, das er kurz geschnitten trug, ein markantes Gesicht und umwerfende dunkle Augen, die von absurd langen schwarzen Wimpern umrandet wurden. Sein Dreitagebart betonte seine unglaublich männliche Ausstrahlung, und unter seinem zweifellos teuren Geschäftsanzug zeichneten sich breite Schultern ab, schmale Hüften und lange muskulöse Beine.

Bei seinem Anblick beschleunigte sich Belles Herzschlag. Das sind nur die Nerven, versuchte sie sich zu beruhigen. Nerven und Adrenalin, weil sie ihn hintergehen wollte. Nervös machte sie auch, dass Cristo extrem groß gewachsen war, groß genug sogar, um ihr das Gefühl zu geben, zierlich zu sein, obwohl sie locker einsdreiundsiebzig groß und mit den hohen Absätzen sogar noch größer war.

„Ich trage das mal eben runter in die Küche und fange an zu kochen“, sagte sie und hob demonstrativ die Hände mit den ausgebeulten Einkaufstüten.

Beim Anblick ihrer sich unter dem dünnen Jerseyoberteil deutlich abzeichnenden Brüste musste Cristo schlucken. „Sie sind die Haushälterin meines Vaters?“, fragte er ungläubig. Irgendwie hatte er mit einer bodenständigen Landfrau unbestimmbaren Alters gerechnet.

Belle stellte die Tüten auf dem Boden ab und hob trotzig das Kinn. „Ja, ich bin Mary Brophy.“

Cristo musterte die Frau verwirrt. „Sie waren also die … Geliebte meines Vaters?“

Belles Magen krampfte sich bei dem Wort schmerzlich zusammen, aber ihr fiel auch keine treffendere Bezeichnung für die kompromittierende Position ihrer toten Mutter ein. „Ja“, bestätigte sie errötend.

Cristo ertappte sich dabei, dass er sie im Geiste auszog, was ihn umso mehr irritierte, als er ja genau wusste, wer sie war. Die Frau nämlich, die mindestens fünfzehn Jahre lang das Bett seines Vaters geteilt hatte – eine Zeitspanne, die noch keine andere Frau bei dem schnell gelangweilten Gaetano geschafft hatte. Bei ihrem Anblick wunderte ihn das jedoch nicht. Offensichtlich gab diese Frau sich viel Mühe mit ihrem Aussehen. Auch nach fünf Kindern hatte sie noch die schlanke Taille eines jungen Mädchens, und ihre zarte Haut unter dem vielen Make-up war fest und faltenfrei. Sie war eigentlich viel zu jung, um die Geliebte seines Vaters gewesen zu sein.

„Waren Sie wirklich Gaetanos Haushälterin?“, wiederholte er verwirrt.

„Ja.“ Entschlossen griff Belle wieder nach den Tüten. „Sind Sie einverstanden mit Omelett und Salat?“, fragte sie und ging Richtung Küche.

Die ist ja echt scharf, dachte Cristo benommen. Er konnte sie sich immer noch nicht als Mutter von fünf Kindern vorstellen. Fünf! Er folgte ihr zur Küche. „Sie müssen sehr jung gewesen sein, als Sie meinem Vater begegnet sind“, bemerkte er von der Tür aus.

Belle, die gerade Lebensmittel im Kühlschrank verstaute, versteifte sich für einen Moment. „So jung nun auch wieder nicht“, antwortete sie ausweichend. Am liebsten hätte sie Cristo gebeten, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, aber es wäre unklug, ihn zu verärgern. Schließlich brauchte sie seine Unterstützung, auch wenn es nicht sehr realistisch war, dass er ihr helfen würde.

Adoption! dachte sie wieder fassungslos. Kein normaler Mensch würde es auch nur wagen, einen solchen Vorschlag zu machen.

„Ich dachte, Sie wohnen hier im Haus.“ Vergeblich versuchte Cristo, den Blick von Belles schlanken Oberschenkeln loszureißen.

„Ich habe hier nur gewohnt, wenn Gaetano hier war“, antwortete sie zögernd.

„Und den Rest der Zeit?“ Soweit Cristo wusste, war sein Vater nur drei oder viel Mal im Jahr nach Irland gekommen und war nie länger als zwei Wochen am Stück geblieben.

„Ich wohne im Pförtnerhaus beim Tor“, antwortete Belle widerstrebend und richtete sich auf, um Salat und Eier auf die steinerne Arbeitsplatte zu legen.

Cristo runzelte irritiert die Stirn. Sie und die Kinder würden das Haus räumen müssen, bevor er Mayhill zum Verkauf anbot. Natürlich würde er ihr eine Entschädigung für die Unannehmlichkeiten zahlen.

Ihr Haar loderte im Licht der Lampe wie Flammen auf. Kleine Locken ringelten sich an ihrem langen eleganten Nacken. Immer noch ungläubig musterte er ihr geschwungenes Kinn und ihren üppigen geschminkten Mund. Sie musste viel älter sein, als sie aussah, um einen fünfzehnjährigen Sohn zu haben. Oder hatte sein Vater ihr eine Schönheitsoperation spendiert?

Belle packte das Knoblauchbrot aus und legte es auf ein Ofenblech. Sie wünschte, Cristo würde endlich gehen. Seine Gegenwart machte sie nervös und ungeschickt. Außerdem musste sie noch die Schränke nach Kochutensilien durchsuchen. Belle war fast nie hier im Herrenhaus gewesen …

Ihre grünen Augen verdunkelten sich vor Wut, als sie daran dachte, dass sie und ihre immer größer werdende Geschwisterschar bei ihrer Großmutter im Dorf wohnen mussten, wenn Gaetano mal wieder einen Besuch angekündigt hatte. Wenn er da gewesen war, hatte Mary immer alles stehen und liegen lassen.

Sie hatte wie verrückt Sport getrieben, war zum Friseur gegangen und hatte sich etwas Neues zum Anziehen gekauft, um so gut wie möglich für ihren Liebhaber auszusehen. Belle hatte sich schon früh vorgenommen, lieber zu sterben, als einem Mann so verzweifelt gefallen zu wollen. Allerdings hatten Marys erbärmliche Loyalität und ihre Hingabe ihr keine Vorteile eingebracht.

Belle wusch rasch den Salat, gab ihn in eine Schüssel und versuchte, aus der Erinnerung das Lieblingsdressing ihrer Mutter zu machen. Danach machte sie sich an das Omelette. Zu ihrer Erleichterung war Cristo inzwischen verschwunden.

Er hatte widerspruchslos akzeptiert, dass sie Mary Brophy war, aber warum auch nicht? Marks Vater, der Grundstücksverwalter Daniel Petrie, würde zwar früher oder später erfahren, dass die Frau, die er so lange abgelehnt hatte, tot und begraben war, doch Belle hielt es für unwahrscheinlich, dass er sich die Mühe geben würde, das Cristo Ravelli zu erzählen. Mit diesem beruhigenden Gedanken im Kopf wandte sich Belle wieder dem Abendessen zu. Mit einem Gasherd hatte sie es noch nie zu tun gehabt! Aber irgendwie würde sie schon herausfinden, wie er funktionierte …

Cristo verging der Appetit beim Anblick des Essens schnell. Zögernd stach er mit der Gabel in das Omelett, das so fest wie eine Gummimatratze war. Der Salat war mit Öl durchtränkt und das Knoblauchbrot angebrannt, obwohl die Haushälterin sich große Mühe gegeben hatte, das Schwarze abzuschneiden. Angewidert schob er den Teller weg. Sie konnte offensichtlich nicht kochen. Hatten sie und sein Vater immer auswärts gegessen?

Genervt stand Cristo auf. Was machte er eigentlich hier? Er wollte nichts mit dieser schrecklichen Frau und den Folgen ihrer schmutzigen Langzeitaffäre mit seinem Vater zu tun haben. Leider blieb ihm keine andere Wahl als zu bleiben. Mary Brophy und ihre Kinder waren ein Problem, das zu ignorieren er sich nicht leisten konnte. Außerdem gab es sonst niemanden, der das Problem lösen konnte.

Belle legte gerade einen Stapel Bettwäsche auf Gaetanos Bett im ersten Stock, als sie ein Geräusch hinter sich hörte und Cristo in der Tür stehen sah. Prompt zog sie den Kassenbon aus ihrer Rocktasche und reichte ihn ihm. „Das schulden Sie mir übrigens noch.“

Cristo kramte eine Banknote aus seiner Brieftasche hervor und musterte dann stirnrunzelnd die vergoldeten Möbel und Spiegeln und das üppig drapierte Himmelbett. „War das das Zimmer meines Vaters?“

„Ja.“

„Dann schlafe ich woanders. Dieses viktorianische Bordelldesign ist nicht mein Ding“, sagte er abfällig.

Belle musste zugeben, dass die Möbel schrecklich aussahen. Sie nahm den Stapel Bettwäsche und ging zu einem der wenigen Gästezimmer mit angeschlossenem Bad.

„Als ich das mit dem Design gesagt habe, wollte ich Sie übrigens nicht beleidigen“, sagte Cristo. Er hielt es für unklug, es sich schon jetzt mit ihr zu verscherzen. Abfällige Bemerkungen über ihre Rolle als die Geliebte seines Vaters waren daher völlig unangebracht, zumal die Frau nicht gerade davon profitiert zu haben schien. Cristo überraschte das nicht. Gaetano war für seinen Geiz bekannt gewesen.

Er war aus jeder Scheidung wohlhabender als vorher hervorgegangen, obwohl die Schuld am Scheitern seiner Ehen immer bei ihm gelegen hatte. Dass Gaetanos heimliche Geliebte bis zum Schluss seine Haushälterin geblieben war, wunderte ihn daher gar nicht, und auch nicht ihre billige Kleidung. Was eine Schönheitsoperation jedoch umso unwahrscheinlicher machte.

„Keine Sorge, ich hatte mit den Möbeln nichts zu tun. Gaetano hat vor etwa zehn Jahren eine Innenarchitektin beauftragt“, erklärte Belle. Sie wusste noch, wie verletzt ihre Mutter gewesen war, dass Gaetano ihr nicht diese Aufgabe anvertraut hatte. Dabei hatte Mary wirklich keinen guten Geschmack gehabt. Das in sämtliche Rosaschattierungen dekorierte Pförtnerhaus war der beste Beweis dafür.

Cristo beobachtete fasziniert, wie Belle das Bett bezog – und welch aufregende Auswirkung diese Tätigkeit auf ihre Hüften und Brüste hatte. Ihr zartes Profil mit der kleinen Nase und den vollen Lippen war leicht gerötet. Sein Körper reagierte so heftig auf ihren Anblick, dass er ihr gereizt den Rücken zudrehte. Die Geliebte seines Vaters war schließlich kein Sexobjekt. Aber warum zog sie sich dann so aufreizend an? Er war auch nur ein Mann.

Belle beobachtete Cristo aus dem Augenwinkel. Seine distanzierte Aura, seine natürliche Autorität und Überlegenheit erinnerten sie an seinen Vater, der Belle bei ihren seltenen Begegnungen kaum je zur Kenntnis genommen hatte. Plötzlich bereute sie, in die Rolle der Haushälterin geschlüpft zu sein. Dadurch war sie ihm automatisch unterlegen.

Mit unnötiger Heftigkeit schüttelte sie die Bettdecke aus. Als sie einen Stapel Handtücher ins Bad trug, verfolgte Cristo sie mit dem Blick. Mensch, hatte der Kerl einen Sex-Appeal! Sie spürte, wie ihre Brustwarzen unter ihrem Spitzen-BH hart wurden, und empfand ein Gefühl der Hitze in ihrem Unterleib – eine äußerst verstörende Reaktion. Kein Zweifel, sie fühlte sich körperlich zu ihm hingezogen. Was möglicherweise bedeutete, dass sie nicht besser als ihre Mutter war.

„Ich würde mich morgen früh gern unter vier Augen mit Ihnen unterhalten“, murmelte Cristo, als sie zurückkam. „Sagen wir um zehn?“

Belle nickte. „Wann wollen Sie die Kinder sehen?“

Cristo erstarrte. „Ich will sie nicht sehen.“

Belle wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. War dieses mangelnde Interesse ein gutes oder schlechtes Zeichen für ihre Geschwister? Bedeutete es, dass die Adoption nur ein dummes Gerücht war? Sie musterte Cristos schmales attraktives Gesicht stirnrunzelnd. Seine kalte Reserviertheit und Hartherzigkeit waren erschreckend. Maß er Blutsbanden denn keinerlei Bedeutung bei? Die meisten Menschen würden schon allein deshalb die Kinder kennenlernen wollen, aber Cristo Ravelli war anscheinend eine Ausnahme.

Belle spürte plötzlich fast so etwas wie Hass in sich aufsteigen. Weigerte er sich zu akzeptieren, dass die Kinder zur Ravelli-Familie gehörten? Offensichtlich waren Mary Brophys Kinder nicht gut genug für ihn, so, wie Mary nie gut genug für Gaetano gewesen war. Wütend ging Belle nach unten, um die Küche aufzuräumen und nach Hause zu gehen. Hoffentlich erwartete er nicht auch noch von ihr, ihm Frühstück zu machen.

Als sie das Essen, das sie für ihn gekocht hatte, im Mülleimer fand, wurde sie noch wütender. Okay, das Abendessen war ihr nicht gerade gut gelungen, aber mal im Ernst! Er hatte es auch nicht anders verdient!

Nachdem Gaetano damals vor all den vielen Jahren den halben Sommer mit Mary verbracht hatte, hatte er ihr gestanden, dass er eine sehr unglückliche Ehe führte. Damit war Marys Hoffnung auf ein Happy End für ihre Romanze sofort gestiegen. Doch Gaetano hatte seine arabische Frau nie um eine Scheidung gebeten. Im Laufe der Jahre hatten die Medien immer wieder über seine außerehelichen Affären berichtet, doch Belles Mutter hatte sich geweigert, ihnen Glauben zu schenken. Auch nicht, nachdem Belle ihr verräterische Fotos im Internet gezeigt hatte. Mary hatte Gaetano immer verteidigt.

„Er fühlt sich in seiner Ehe gefangen und einsam. Es ist nur ein geschäftliches Arrangement. Sie war schon lange vor der Ehe eine Freundin, und er liebt sie nicht. Er braucht eine Gastgeberin für seine Geschäftspartner, und sie kommt aus einem Land, in dem eine Frau einen Mann braucht, um einigermaßen frei leben zu können“, hatte Mary erklärt. „Ich kann ihm seine Ehe nicht zum Vorwurf machen, Belle. Ich bin total ungebildet. Ich könnte einer Prinzessin nie das Wasser reichen.“

Mary Brophy war Gaetano Ravelli von ihrer ersten Begegnung an so verfallen gewesen, dass sie ihn nur durch eine rosarote Brille gesehen hatte. Ihre Trauer nach Gaetanos Hubschrauberunfall war unendlich gewesen.

„Ich weiß, dass du das nicht verstehst“, hatte sie zu Belle gesagt, „aber Gaetano war die Liebe meines Lebens. Ich weiß, dass er mich nicht heiraten wollte, aber niemand ist perfekt. Ich hatte weder sein Geld noch seine gute Herkunft und kann ihm deshalb keinen Vorwurf daraus machen. Wenn man jemanden liebt, akzeptiert man seine Schwächen, und er war einfach zu sehr Snob, um eine so gewöhnliche Frau wie mich zu heiraten.“

Belle wurde immer noch wütend bei der Erinnerung. Kein Wunder, dass Mary ein so schlechtes Selbstwertgefühl gehabt hatte. Sie war in ihrer Ehe geschlagen worden und hatte als Geliebte eines verheirateten Mannes geendet. Das Leben ihrer Mutter war immer hart gewesen, aber wie Großmutter Isa immer wieder sagte, war sie selbst für ihre falschen Entscheidungen verantwortlich, wenn es um Männer ging …

Isa wartete schon auf Belle, als sie ins Pförtnerhaus zurückkehrte. „Und?“, fragte sie. „Hat er dir wirklich abgenommen, dass du eine Frau in den Vierzigern bist?“

„Er glaubt, ich habe seinen Vater kennengelernt, als ich noch sehr jung war.“ Belle schüttelte irritiert den Kopf. „Ich soll morgen um zehn zu ihm kommen. Wahrscheinlich will er mit mir über die Zukunft der Kinder reden.“

Die ältere Frau seufzte tief. „Mir gefällt das nicht, Belle. Ehrlich währt immer noch am längsten.“

„Aber ich habe es nicht mit einem netten ehrlichen Mann zu tun.“

„Mach nicht den Fehler, deinen Hass auf Gaetano auch auf seinen Sohn zu übertragen.“

Belle presste wütend die Lippen zusammen. „Er will noch nicht mal die Kinder sehen.“

Ihre Großmutter schüttelte betrübt den Kopf. „Wenn deine Mutter doch nur bessere Entscheidungen getroffen hätte.“

Cristo schlief unruhig. Er träumte, dass er eine Frau mit langen Beinen durch eine neblige Landschaft jagte. Jedes Mal, wenn er näherkam, lief sie lachend schneller. Ihr Widerstand stachelte seine Begierde nur noch weiter an, doch als er sie schließlich einholte, war sie plötzlich eine andere Frau mit hellblondem Haar und großen blauen Augen. Schweißgebadet wachte er auf, überwältigt von Wut, Frustration und Schuldgefühlen wegen der einzigen Frau, die er noch nicht mal in seinen Träumen haben konnte: Betsy, die Frau seines Bruders Nik.

Gereizt sprang Cristo aus dem Bett und ging unter die Dusche. Es war nicht seine Absicht gewesen, die Ehe seines Bruders zu zerstören. Betsy hatte sich hilfesuchend an ihn gewandt, nachdem Zarif ihr etwas Schlimmes über Nik erzählt hatte. Etwas, das eigentlich Cristo seinem Bruder Zarif anvertraut hatte. Ein Fehler, der sich bitter gerächt hatte.

Deswegen war es auch allein Cristos Aufgabe, sich jetzt um den Schlamassel in Irland zu kümmern. Sein Bruder Nik hatte seine eigenen Probleme, und Zarif hatte schon genug unter den Nachwirkungen zu leiden, die seine unbedachte Bemerkung hervorgerufen hatte.

Seitdem hatten die drei Brüder kaum noch ein Wort miteinander gewechselt.

3. KAPITEL

„Ganz schön altjüngferlich“, verkündete Isa am nächsten Morgen, als sie sah, was Belle diesmal trug. „Ist das ein Rock deiner Mutter?“

„Ja, ich habe ein paar Sachen von ihr aufgehoben, zur Erinnerung. Er ist ein bisschen weit, aber mit dem Gürtel geht’s.“

„Das gilt leider nicht für diese Strickjacke und diese Perlenkette.“ Isa seufzte. „Du siehst aus wie eine junge Frau, die verzweifelt älter wirken will.“

„Stimmt, aber das siehst du nur, weil du die Wahrheit weißt. Es ist jetzt heller Tag, und ich muss einen besseren Eindruck machen als gestern Abend.“

„Sogar das Tageslicht durchdringt nicht diese dicke Schicht Make-up“, entgegnete ihre Großmutter trocken. „Aber du hast recht – es macht dich älter.“

„Hör mal, ich weiß selbst, dass Cristo irgendwann die Wahrheit herausfinden wird, aber ich will erst diese Adoptionsidee vom Tisch haben.“

„Auch auf die Gefahr hin, ihn gegen dich aufzubringen?“, wandte Isa ein. „Gaetano hat sich immer äußerst schnell provozieren lassen!“

„Mit seinem Sohn werde ich schon fertig werden.“

„Wie denn? Sein Reichtum und sein Intellekt machen Cristo zu einem höchst gefährlichen Gegner. Du solltest ihn nicht unterschätzen!“

Als Belle auf hohen Absätzen die Auffahrt hochstöckelte, versuchte sie sich einzureden, dass Geld nicht alles war, genauso wenig wie Intelligenz. Außerdem war sie auch nicht gerade dumm. Sie hatte einen sehr guten Abschluss in Wirtschaftswissenschaften gemacht und war Cristo um eine wichtige Information voraus – zumindest solange er sie für Mary Brophy hielt. Anders als ihre Mutter scheute sie nicht davor zurück, mit schmutzigen Mitteln zu kämpfen.

Cristo beobachtete sie vom Wohnzimmerfenster aus. Diesmal trug sie zwar keinen Minirock, aber ihre hochhackigen Schuhe betonten ihre tollen Beine trotzdem. Er biss die Zähne zusammen und verdrängte diesen Gedanken. Na schön, sie war attraktiv. Na und? Die Geliebten seines Vaters waren immer Schönheiten gewesen, während die Ehefrauen eher unscheinbar gewesen waren. Gaetano waren Geld und Klasse bei Ehefrauen wichtiger gewesen als gutes Aussehen.

Cristo fragte sich, mit welchem Betrag er Mary Brophy überzeugen konnte. Die Frau stand schließlich ohne einen Penny da. Da er ein geschickter Verhandlungspartner war, rechnete er nicht mit großem Widerstand. Außerdem konnte sie nicht sehr helle sein, wenn sie dem alten Mann fünf Kinder geboren hatte und sich trotzdem mit der Position der Haushälterin hatte abspeisen lassen.

Zu seiner Überraschung empfand Cristo plötzlich so etwas wie Mitgefühl für sie. Vielleicht sollte er sie nicht allzu hart anfassen.

Belle holte tief Luft und versuchte, sich nach außen hin ruhig und gelassen zu geben, als sie das mit Möbeln vollgestopfte dämmrige Wohnzimmer betrat. Als Cristo sich zu ihr umdrehte, spielten ihre Sinne sofort wieder verrückt. Sie versteifte den Rücken und holte tief Luft.

Cristo musterte sie eingehend von Kopf bis Fuß. Zusätzlich zu dem altmodischen Rock trug sie eine Strickjacke, die eher zu einer alten Jungfer passte, hatte es jedoch unerklärlicherweise mit einem Make-up kombiniert, das einer Straßenhure würdig wäre. Irgendetwas stimmte hier nicht. Was auch immer man über Gaetano sagen konnte, er war ein Frauenkenner gewesen und sehr kultiviert. Nie im Leben wäre er wiederholt nach Irland zu der Frau zurückgekehrt, die gerade vor ihm stand.

„Mr Ravelli“, begrüßte sie ihn atemlos und wandte das Gesicht ab, um aus dem Fenster zu sehen. Cristo musterte ihr flammendrotes Haar, ihr zartes Profil, ihren vollen Mund und ihre von langen Wimpern umrahmten großen Augen, die so grün waren wie irisches Gras. Gereizt presste er die Lippen zusammen, als ihm wieder ihre sexuelle Anziehungskraft bewusst wurde. Sie hatte jede Menge von jenem gewissen Etwas, das Männer so scharf machte, dass sie nicht mehr klar denken konnten.

Er verspürte plötzlich den verrücken Impuls, sie in die Arme zu nehmen, an sich zu pressen und auszuprobieren, ob ihr üppiger Mund sich genauso gut anfühlte wie er aussah. Er ballte die Hände zu Fäusten, um eine drohende Erektion zu unterdrücken. Gleichzeitig versuchte er sich mit den Gedanken an Geschäftliches von ihrem Mund, ihren Brüsten und ihren Beinen abzulenken. Es irritierte ihn maßlos, was für eine Wirkung diese Frau auf ihn hatte.

Errötend wich Belle seinem Blick aus. Sie war so erregt, dass ihr das Blut in den Adern pulsierte und sie schwer atmete. Sie fühlte sich wie von einem gefährlichen Raubtier in die Enge gedrängt. Gleichzeitig fielen ihr jede Menge Kleinigkeiten an ihm auf: seine schmalen dunklen Augenbrauen, die Röte in seinen Wangenknochen und die Vertiefungen darunter, die seinen sinnlichen Mund betonten. Er sah wirklich unglaublich gut aus.

Das sich zwischen ihnen ausdehnende Schweigen war plötzlich so spannungsgeladen, dass ihr Körper vor Anspannung förmlich schmerzte. Es war, als gäbe es nur noch sie beide auf der Welt … und ihre körperliche Reaktion auf ihn.

Scharf einatmend trat Cristo einen Schritt zurück. Es nervte ihn, dass ihre Wirkung auf ihn seinen sonst immer so messerscharfen Verstand trübte. „Miss Brophy.“

„Mrs.“

Cristo runzelte die Stirn. „Sie sind verheiratet?“

„Ich bin seit vielen Jahren verwitwet“, antwortete Belle kurz angebunden und ging zum Fenster, um sich von ihren Empfindungen abzulenken. Sie brauchte jetzt volle Konzentration.

„Ich habe Sie hierhergebeten, um Ihre Zukunft und die Ihrer Kinder mit Ihnen zu besprechen“, hörte sie Cristo hinter sich sagen und drehte sich wieder zu ihm um.

„Gaetano hat uns in einer ziemlich unsicheren Lage zurückgelassen.“

„Sie meinen vermutlich Ihre finanzielle Lage. Es war sehr nachlässig von meinem Vater, nicht rechtzeitig für Sie und die Kinder vorzusorgen.“

„Allerdings. Aber er hat mir das Haus übertragen“, betonte Belle in dem Versuch, loyal zu wirken. Sie konnte es sich nicht erlauben, ihren Hass auf den alten Herren durchblicken zu lassen.

Cristo zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Welches Haus?“

„Das Pförtnerhaus. Er hat es mir vor Jahren überschrieben, um zu gewährleisten, dass wir immer ein Zuhause haben.“ Belle wunderte sich darüber, dass er das zum ersten Mal zu hören schien. Als Nachlassverwalter müsste er das doch eigentlich wissen. „Aber in Anbetracht der laufenden Kosten und der Kinder werde ich es vielleicht verkaufen müssen.“

„Entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment!“, sagte Cristo, ging ins Nebenzimmer und zog sein Handy aus der Tasche, um den Anwalt seines Vaters anzurufen. Robert Ludlow würde wissen, ob ihr wirklich ein Teil des Besitzes gehörte.

Robert war zunächst verwirrt über Cristos Frage, sah jedoch sofort in Gaetanos Unterlagen nach und stieß tatsächlich auf eine Vereinbarung, die vor fünfzehn Jahren getroffen worden war. Robert entschuldigte sich ausgiebig bei Cristo, das übersehen zu haben.

Auf den neuesten Stand gebracht, ging Cristo zufrieden zurück zu Mary Brophy. Anscheinend war die Frau nicht richtig informiert. Unter gar keinen Umständen würde sie das Pförtnerhaus verkaufen.

Belle ging nervös im Wohnzimmer auf und ab, als Cristo mit der unbewussten Anmut eines Mannes, der sich in der stärkeren Position wähnt, ins Wohnzimmer zurückschlenderte.

„Ich fürchte, das Pförtnerhaus gehört Ihnen nicht“, sagte er.

„Das kann nicht sein!“ Belle hob trotzig das Kinn. „Ihr Vater hat mir versichert, dass es mir gehört!“

„Aber nur zu Ihren Lebzeiten, danach wird es wieder in den Mayhill-Besitz übergehen“, erwiderte Cristo glatt.

Belle hatte das Gefühl, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. „Das hat Gaetano mir aber anders erklärt.“

„Mein Vater konnte sehr geschickt mit Worten umgehen. Er hat Ihnen vielleicht suggeriert, dass das Pförtnerhaus Ihnen gehört, aber Sie haben nur ein Nutzungsrecht.“

Wut flammte in Belle auf. Gaetano! Dieser ekelhafte manipulative Kerl! Wie hatte er ihre Mutter, die ihn aufrichtig geliebt hatte, nur so täuschen können? Ihr schoss das Blut ins Gesicht. „Dieses Wohnrecht zu meinen Lebzeiten … gilt das auch für meine Kinder, wenn ich … tot bin?“

„Ich fürchte, nein.“ Cristo Ravelli lächelte mit falschem Bedauern. „Aber so weit ist es ja noch nicht. Sie können das Haus natürlich nicht verkaufen oder größere Veränderungen vornehmen, aber Sie haben das Recht, dort zu wohnen, solange Sie wollen.“

Belle wurde blass. Was für eine schreckliche Neuigkeit! Ihre Mutter war tot, sodass Belles Recht, im Pförtnerhaus zu wohnen, erloschen war. Sie und die Kinder waren praktisch obdachlos.

„Mein Vater war sehr … penibel, wenn es um Geld und Besitz ging“, fuhr Cristo fort. „Aber ich bin gern bereit, Ihnen ein anderes Haus zu suchen und es auf Ihren Namen zu übertragen.“

Belle fiel es schwer, sich auf Cristos Worte zu konzentrieren. „Warum sollten Sie das tun wollen?“

„Es wird leichter, diesen Landsitz zu verkaufen, wenn auch das Pförtnerhaus unbewohnt ist.“

„Dieser …“ Belle gelang es nicht länger, ihre Wut zu zügeln. „Dieser … Bastard! Wie konnte er so etwas nur seinen eigenen Kindern antun?“

„Mein Vater war alles andere als sentimental“, erklärte Cristo nüchtern. „Und er hat ein ziemliches finanzielles Chaos hinterlassen. Ich hätte aber einen Vorschlag, der alle Ihre Probleme mit einem Schlag lösen würde …“

Als Belle ihn vor sich stehen sah, so gelassen, selbstsicher und kontrolliert, hasste sie plötzlich auch ihn mit jeder Faser ihres Körpers.

Cristo beobachtete, dass sie tief Luft holte und ihre grünen Augen im Sonnenlicht vor Wut aufblitzten. Sie war offensichtlich sehr emotional und hatte ein explosives Temperament, etwas, was er bei Frauen überhaupt nicht schätzte.

„Und Ihr … Vorschlag?“, wiederholte Belle zitternd vor Wut.

„Ja. Ich wollte Ihnen vorschlagen, Ihre Kinder zur Adoption freizugeben“, erklärte Cristo seelenruhig. „Es wäre zweifellos das Beste für sie, ihre fragwürdige Herkunft hinter sich zu lassen und die Chance zu bekommen, ein normales Leben zu führen.“

„Ich kann nicht fassen, dass Sie es wagen, mir so etwas ins Gesicht zu sagen“, zischte Belle.

„Dieses Opfer soll sich natürlich für Sie lohnen“, fuhr Cristo so unbeirrt fort, als sei sein Vorschlag der normalste der Welt. „Mein Vater hätte dafür sorgen müssen, dass Sie ein Zuhause und ein finanzielles Auskommen haben, aber da er das nicht getan hat, werde ich mich an seiner Stelle darum kümmern.“

„Keine anständige Mutter würde ihre Kinder einem finanziellen Vorteil opfern“, erklärte Belle voller Verachtung. „Mit was für Frauen haben Sie es eigentlich sonst zu tun?“

„Das geht Sie nichts an“, entgegnete Cristo scharf.

„Um Himmels willen, diese Kinder sind Ihre eigenen Brüder und Schwestern!“

„So sehe ich sie nicht und werde sie auch nicht so sehen“, gab Cristo hochmütig zurück.

„Warum? Sind sie nicht gut genug für den Namen Ravelli?“, fuhr Belle ihn an. „Die Kinder der Haushälterin … nicht besonders nobel, oder? Nicht ganz die richtige Abstammung. Aber ich sage Ihnen mal was …“

„Nicht, solange Sie sich nicht im Griff haben“, fiel Cristo ihr schneidend ins Wort.

„Sie sind bestimmt auch noch stolz darauf, ein Eisberg zu sein, oder?“, erwiderte Belle unerschrocken und verzog verächtlich die Lippen. „Also, ich schäme mich nicht dafür, emotional zu sein und mich für das Richtige einzusetzen, ganz egal, wie unwillkommen oder schwierig es ist!“

„Kommen Sie bei Ihren Tiraden auch je mal zum Punkt?“, fragte Cristo ätzend.

Belle ballte die Hände zu Fäusten. Bisher hatte sie noch nie das Bedürfnis verspürt, jemanden zu schlagen, aber sie hätte ihm liebend gern eine Ohrfeige verpasst. Wie konnte er es wagen, auf sie und ihre Geschwister herabzublicken und so zu tun, als stünden sie tief unter ihm? Wie konnte er es wagen, vorzuschlagen, ihre Brüder und Schwestern von den Menschen zu trennen, die sie liebten, und sie bei Adoptivfamilien unterzubringen?

Verstand er denn nicht, wie grausam es wäre, die Kinder von ihren Geschwistern loszureißen, zumal sie nach dem Verlust ihrer Eltern ein verzweifeltes Bedürfnis nach Sicherheit hatten? Wusste er denn nicht, dass Mary Brophy vielleicht einen schlechten Geschmack in Bezug auf Männer gehabt hatte, aber eine sehr liebevolle Mutter gewesen war?

„Mein Punkt ist der.“ Belles Stimme zitterte buchstäblich vor Emotionen. „Meine Mutter mag nur eine Haushälterin und jahrelang die Geliebte Ihres Vaters gewesen sein, aber sie war ein toller und liebevoller Mensch, und nach ihrem Verlust verdienen ihre Kinder das Beste, was ich ihnen geben kann.“

„Ihre … Mutter?“, wiederholte Cristo. „Mary Brophy war Ihre Mutter?“

Belle erstarrte vor Schreck. Es überlief sie eiskalt, als ihr bewusst wurde, dass sie sich bei ihrem leidenschaftlichen Versuch, Cristo zu überzeugen und ihre Mutter zu verteidigen, gerade verraten hatte. Sie hatte total vergessen, dass sie sich eigentlich für sie ausgeben wollte.

„Wenn Sie nicht Mary Brophy sind … wo ist sie? Und wer sind Sie?“, hakte Cristo nach. Er fand es unglaublich, dass die Frau vor ihm versucht hatte, ihn zum Narren zu halten.

„Ich bin Belle Brophy. Meine Mutter ist etwa einen Monat nach Ihrem Vater gestorben. Sie hatte einen Herzinfarkt“, gestand Belle resigniert. Zu blöd, dass ihr Temperament so mit ihr durchgegangen war. Aber anscheinend wirkten Cristo Ravellis Gefühllosigkeit und seine zur Schau gestellte Überlegenheit wie ein rotes Tuch auf sie.

„Sie hatten also nie die Absicht, mir zu sagen, dass Ihre Mutter tot ist. Sie haben gelogen, um das Pförtnerhaus zu behalten“, sagte Cristo verächtlich.

Belle war empört über seine voreilige Schlussfolgerung. „Das hatte nichts mit dem Pförtnerhaus zu tun! Ich dachte schließlich noch vor ein paar Minuten, dass es meiner Mutter gehört hat und daher nach ihrem Tod an uns fällt“, rief sie ihm ins Gedächtnis. „Aber ich hielt es für unwahrscheinlich, dass sie sich meine Zukunftspläne für die Kinder anhören, wenn Sie wissen, dass ich nur die Schwester und nicht die Mutter bin.“

Cristo hatte keine Geduld mit Menschen, die ihn belogen und versuchten, ihn zu hintergehen. Er musste plötzlich an die langbeinige Rothaarige auf dem Rasen denken. Vermutlich war das Belle Brophy gewesen.

Wütend ging er einen Schritt auf sie zu. „Sie haben sich für Ihre Mutter ausgegeben! Sind Sie verrückt oder einfach nur dumm?“

Belles Herzschlag beschleunigte sich, als sie sein wütendes Gesicht sah. Aus einem Impuls heraus rannte sie an ihm vorbei zur Tür. Sie hielt es nie lange in der Gegenwart eines wütenden Mannes aus, da sie in ihrer Kindheit die Erfahrung gemacht hatte, dass Wut schnell in körperliche Gewalt ausartete.

Cristo hielt sie an einem Unterarm fest. „Sie gehen jetzt nirgendwohin!“

„Lassen Sie sofort meinen Arm los!“, schleuderte Belle ihm ins Gesicht. „Ich habe einen Fehler gemacht, aber das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht, handgreiflich zu werden!“

„Ich bin nicht handgreiflich!“, erwiderte Cristo heftig. „Aber Sie schulden mir zumindest eine Erklärung für Ihr seltsames Verhalten!“

Ihre grünen Augen blitzten wütend auf, als sie sich von ihm losriss. „Sie sind ein Ravelli! Der Tag, an dem ich Ihnen etwas schulde, muss erst noch kommen!“

Cristo beobachtete, wie sie mit klackernden Absätzen durch die Eingangshalle marschierte, den schlanken Rücken stocksteif. Rote Korkenzieherlocken hatten sich aus ihrem schlecht geknoteten Chignon gelöst. „Kommen Sie sofort zurück!“, brüllte er, am Ende mit seiner Geduld.

Belle wirbelte wütend herum. Als sie ihn auf sich zukommen sah, griff sie nach einer schweren Vase auf dem Tisch neben sich und hob sie wie eine Waffe. „Wagen Sie es ja nicht, näherzukommen!“, drohte sie.

„Benehmen Sie sich immer wie eine Irre?“, fragte Cristo. Es fiel ihm sehr schwer, seine Wut zu zügeln.

„Ich bringe Sie vor Gericht und zwinge Sie dazu, die Kinder anzuerkennen!“, fauchte Belle. „Sie haben einen Anspruch auf einen Teil des Erbes, und Sie können nichts dagegen tun. Außerdem bin ich keine Irre.“

Cristo überlief es kalt, als er ihre Drohung hörte. Bei einer Gerichtsverhandlung würde Gaetanos sämtliche schmutzige Wäsche gewaschen werden. Die Medien würden sich auf jedes schlüpfrige Detail stürzen wie die Aasgeier. „Beruhigen Sie sich erst mal“, sagte er. „Lassen Sie uns in Ruhe darüber reden.“

„Ich traue Ihnen nicht!“, gab Belle zurück. „Lassen Sie mich gehen, oder ich werfe mit dieser Vase nach Ihnen!“

Cristo verstand sich selbst nicht, als er trotz ihrer Warnung weiterging. Es war eigentlich offensichtlich, dass er kein vernünftiges Wort aus ihr herausbekommen würde, solange sie in diesem Zustand war.

Wie angekündigt schleuderte Belle die Vase in seine Richtung – und floh. Porzellan zerschellte mit einem lauten Scheppern auf dem Fliesenboden, als sie die Haustür aufriss und die Eingangsstufen hinablief.

Cristo folgte ihr vor das Portal und beobachtete, wie sie die Auffahrt heruntermarschierte, den Kopf so hoch erhoben wie eine verletzte Königin. Was für eine völlig durchgeknallte Irre! Wie sollte er mit einer solchen Frau verhandeln? Aber er musste das irgendwie schaffen, wenn er keinen langwierigen und öffentlichen Rechtsstreit riskieren wollte.

4. KAPITEL

„Na ja, wenigstens ist die Katze jetzt aus dem Sack. Ist das nicht eine Erleichterung?“, sagte Isa zu Belle. „Zumindest wissen wir jetzt alle, woran wir sind.“

Belle strich sich mit dem Unterarm eine Locke aus der erhitzten Stirn, wischte die Arbeitsplatten ab und trocknete sich die Hände. Nach ihrer Rückkehr ins Pförtnerhaus hatte sie einen Putzanfall bekommen, um ihre überschüssige Energie loszuwerden.

Ihre Großmutter, die bei Stress immer sehr gelassen blieb, hatte Belle, als die ihr das schlimmstmögliche Szenario ausgemalt hatte – Obdachlosigkeit nämlich – ruhig daran erinnert, dass Bruno und Donetta erst in ein paar Wochen nach Hause zurückkehren würden und sie bis dahin noch massenhaft Zeit hatten, eine neue Unterkunft zu finden. Belle hatte sich die Frage verkniffen, wie sie denn bitteschön die Miete bezahlen sollten.

Der Hund Tag begann lautstark zu bellen, als es an der Tür klingelte, und stürzte in den Flur.

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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