Dich und sehr viel Liebe

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Okay, dann muss es eben sein: Die hübsche Perri und der Rancher Matt Ransom heiraten. Vor zwölf Jahren war ' genau das Perris sehnlichster Wunsch, aber damals zerbrach ihre Beziehung an einer Intrige. Dass Perri jetzt Ja sagt, liegt nicht gerade an glühend heißer Liebe, die sie für Matt empfindet. Nein, diese Ehe ist die Bedingung, unter der sie und Matt gemeinsam das große Anwesen von Gannie Gledhill erben. Obwohl - schon in der Hochzeitsnacht muss Perri feststellen, dass Gannie ihr mit diesem verrückten Testament ein großes Geschenk gemacht hat! Liebe, Glück, Familie - alles ist möglich…


  • Erscheinungstag 03.12.2012
  • Bandnummer 1089
  • ISBN / Artikelnummer 9783864947803
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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PROLOG

Die siebzehnjährige Perri Stone stand vor dem Fenster. Vorsichtig öffnete sie das mit einem kleinen Diamanten besetzte goldene Medaillon, das sie an einer Kette um den Hals trug. Der Diamant glitzerte im Licht der Abendsonne. Immer wieder drehte Perri den Anhänger hin und her, um den funkelnden Stein zu betrachten.

Schon bald würde sie Matts Foto hier aufbewahren. Dann konnten ruhig alle wissen, dass sie heiraten wollten. Sobald Matt seinen Eltern alles erklärt hatte, brauchten Perri und er ihre Beziehung nicht mehr zu verheimlichen.

Mit einem Kuss verschloss Perri den Anhänger und wandte sich vom Fenster ab. Gledhill gehörte Gannie, die für Perri wie eine Großmutter war. Gannie kam Perri wie der gute Geist von Spirit Valley vor. Sie hatte sich schon besonders für Matt und Perri interessiert, noch bevor die beiden sich ineinander verliebten. Schon als Kinder waren sie beide davon überzeugt gewesen, dass Gannie sie liebte, als seien sie ihre leiblichen Enkel.

Nachdenklich ging Perri zum Kamin und betrachtete alle Gegenstände auf dem Sims. Was soll ich jetzt tun, fragte sie sich. Vielleicht sollten sie schon heute Abend mit Gannie über alles sprechen. Gannie wäre bestimmt nicht überrascht, die Neuigkeit zu hören. Seit nunmehr einem Jahr trafen Matt und sie sich hier in Gledhill.

Bald bin ich achtzehn, dachte sie, und dann wird alles gut. Sie nahm einen versteinerten Ammoniten vom Bord, den Matt einmal in der Nähe der Scheune gefunden hatte. Die Kanten waren immer noch scharf, aber die Oberfläche war glatt und anschmiegsam. Perri drückte sich die Kanten in die Handfläche. Bitte, flehte sie innerlich. Der alte Skandal und der Streit zwischen unseren Familien dürfen einfach nicht zwischen uns stehen.

Mit geschlossenen Augen versuchte Perri sich vorzustellen, wie ihre Mutter auf die Neuigkeit reagieren würde. Janie Stone hatte ihre eigenen Gründe, warum sie nicht wollte, dass ihre Tochter in die Nähe von Matt Ransom kam. Aber Gannie würde sie umstimmen, da war Perri sich ganz sicher. Perri Ransom. Immer wieder versuchte sie, sich an diesen Namen zu gewöhnen: Mrs. Ransom.

In der Auffahrt hielt ein Auto an, und Perri lief zurück zum Fenster. Ihr stockte der Atem, als sie Leila Ransom, Matts Mutter, aus dem Wagen steigen sah. Eine Weile musterte Mrs. Ransom nur das große alte Haus. Dann ging sie entschlossen zur Veranda und kam zur Haustür herein. Wie eine Raubkatze betrat sie das Wohnzimmer.

“Bist du schwanger?”, fragte sie Perri leise, und ihre schönen grünen Augen glitzerten kalt wie Glas.

Wortlos schüttelte Perri den Kopf.

“Wenn du herausfindest, dass du es doch bist, bezahle ich dir die Abtreibung. Die wirst du brauchen, denn Matt wird dich nicht heiraten, egal, was er dir versprochen hat. Er hat schließlich seinen Stolz und kennt seine gesellschaftliche Stellung.” Leila blickte zur Uhr auf dem Kaminsims. Anscheinend hatte sie es sehr eilig. “Er ist mit dir fertig, Kleines”, fuhr sie fort, “glaub mir.”

Perri konnte ihr Entsetzen nicht verbergen. Nie im Leben hätte sie mit einer Konfrontation mit Matts Mutter gerechnet. Dazu war sie viel zu sehr in Matt verliebt.

“Hoffentlich hörst du mir zu”, warnte Leila sie, “denn ich sage es nicht zweimal. Wenn du dich weiterhin mit meinem Sohn triffst, werde ich dafür sorgen, dass du es bereust.” Leila sah aus dem Fenster, und die Sonne ließ ihr hellblondes Haar schimmern. “Ich könnte das Gerücht verbreiten, dass deine Mutter seit Jahren ein Verhältnis mit meinem Mann hat, und dann würden alle vermuten, dass sie sich deswegen hat scheiden lassen. Man wird mir glauben, darauf kannst du dich verlassen.”

Fast belustigt blickte sie Perri durchdringend an. “Zweifle niemals an meiner Entschlossenheit, Perri. Auch wenn es eine Lüge wäre, ich würde nicht zögern, deine Mutter zu Grunde zu richten. Das könnte mir direkt Spaß machen.” Leila lächelte kühl. “Am besten nimmst du das Angebot deines Daddys an und gehst auf diese tolle Highschool, mit der deine Mutter ständig prahlt. Zieh nach Raleigh um und verbring das letzte Schuljahr bei deinem Vater und seiner neuen Familie. Auf jeden Fall musst du dich von meinem Sohn fernhalten.” Nachdenklich strich Leila mit einem ihrer gepflegten Fingernägel über die Armbanduhr.

Bei dem leicht kratzenden Geräusch zuckte Perri zusammen.

“Möglicherweise gibt es dort auch Sommerkurse.” Erfreut über diese Idee lächelte Leila. “Dann könntest du fortgehen, sobald das Schuljahr zu Ende ist.”

Perri öffnete den Mund, aber Leila schüttelte nur den Kopf. “Wenn nicht, dann werde ich deine Mutter dazu bringen, die Stadt zu verlassen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?”

Perri fing zu zittern an. “Ja, Madam”, stieß sie flüsternd aus und vergaß ihre Hoffnungen und Träume für die Zukunft.

“Und wage es nicht, jemals ein Wort dieser Unterhaltung Matt gegenüber zu erwähnen”, befahl Leila. “Verstehen wir uns?”

“Ja, Madam.” Mehr bekam Perri in ihrem ungläubigen Entsetzen nicht heraus.

“Gut.” Zufrieden seufzend betrachtete Leila das Kaminsims. Dann ging sie hinaus und fuhr ohne ein weiteres Wort davon.

Perri konnte sich nicht regen und sah nur starr auf die Uhr. Wie schnell konnte ein Leben sich ändern! Aber sie würde nicht weinen.

Das tat sie nie.

1. KAPITEL

Zwölf Jahre später

Matt Ransom war nicht in Stimmung für einen Tornado. Allerdings konnte man so einem Wirbelsturm mit etwas Glück immer noch ausweichen. Ich dagegen werde wohl eher in einen Hagelschauer mit taubeneigroßen Hagelkörnern geraten, dachte Matt.

Wenn man in einer als “Tornado Alley” bekannten Gegend lebte, konnte man sich über Tornados schlecht beschweren. Matts Bruder Whit zum Beispiel hatte nur hilflos zusehen können, wie der gesamte Mutterboden seines Ackerlands fortgeweht worden war. Seit November war kaum Regen gefallen, viele Farmer hatten ihr Vieh verkaufen müssen, und Whit konnte nicht einmal mehr auf eine gute Weizenernte hoffen.

Doch hier bei Spirit Valley, Oklahoma, würde es etwas zu ernten geben, wenn auch nicht viel. Durch den Fluss und ein paar tiefe Quellen gab es, abgesehen von den aufgestauten Seen, zumindest so viel Wasser, dass auf den Feldern Weizen wuchs.

Aber die Ähren sahen noch viel zu klein aus. Fluchend betrachtete Matt das Land und den Himmel. Der Gedanke, dass es anderen noch schlimmer ging als ihm, tröstete ihn nicht. Im Moment machte er sich eher wegen des Sturms Sorgen, der sich irgendwo zusammenbraute. Das konnte Matt förmlich spüren, obwohl man außer dunklen Wolken und etwas Regen nichts bemerken konnte. Er war hier aufgewachsen und wusste, wie schnell das Wetter sich änderte.

Immer wieder musste er an Ampeln und Stoppschildern anhalten, und entnervt stieß er die Luft aus. In der kleinen Stadt gab es mittlerweile so viele Menschen, dass solche Verkehrszeichen nötig waren, und alle diese Menschen waren von der jährlichen Ernte abhängig. Voller Ungeduld gab Matt Gas, als die letzte Ampel auf Grün sprang.

Ihm fiel ein, was er noch alles zu erledigen hatte. Seit dem Hagelsturm gestern hatte auch noch der Pferdestall ein Loch im Dach, und Matt wusste überhaupt nicht, wann er die Zeit für die Reparatur finden sollte. Andererseits konnte er froh sein, dass wenigstens das Dach des Wohnhauses unversehrt geblieben war.

Der alte Sam Ransom würde niemals seinen Sohn um Hilfe bitten. Die beiden sprachen seit dem Tod von Matts Mutter Leila vor ein paar Jahren miteinander nur noch über Pferde und die Arbeit. Matt wusste, dass er für das distanzierte Verhältnis zu seinem Vater verantwortlich war. Im Gegensatz zu vielen anderen Dingen, die ihn innerlich hatten verhärten lassen, schmerzte ihn das Zerwürfnis mit seinem Vater fast täglich. Er nahm sich vor, bald einmal nachzusehen, ob an dem alten Haus etwas zu reparieren war.

“Jetzt geht’s los”, sagte er zu sich selbst, als die ersten großen Tropfen aus den dunklen Wolken herabfielen.

Er war so in seine Gedanken über das Loch im Stalldach vertieft, dass er fast nicht bemerkte, dass die Vordertür von Gannie Gledhills Haus offen stand. Langsam fuhr er die Auffahrt hinauf.

Schon der Anblick von Gledhill bekümmerte ihn. Er vermisste Gannie schrecklich. Wieso hatte sie nicht noch ein paar Jahre länger leben können? Die Beerdigung war jetzt zwei Tage her, und Matt konnte sich gar nicht vorstellen, die alte Frau niemals wieder zu sehen. Sie war die einzige Frau in seinem Leben, an deren Ehrlichkeit er nicht ein einziges Mal gezweifelt hatte. Vieles würde sich durch Gannies Tod ändern.

Gannies Familie lebte schon fast so lange hier wie Matts. Ihr Großvater hatte mitgeholfen, die erste Eisenbahnstrecke hierher zu bauen. Er hatte eine Indianerin geheiratet, sich ein Stück Land gekauft und ein Haus errichtet. Die gesamte Einrichtung hatte er sich von der Ostküste anliefern lassen, bis hin zur Seidentapete fürs Esszimmer.

Gannie, die eigentlich Olivia Gledhill hieß, hatte einen Abschluss am Mädchen-College gemacht und war die Leiterin der städtischen Bibliothek geworden. Sie hatte niemals geheiratet, doch fast alle Kinder kamen, wenn sie Kummer hatten, zu ihr. Sam Ransom hatte ihr als Kind den Spitznamen verpasst, weil er fand, sie sei die “Grannie”, also die Großmutter, der ganzen Stadt. Nur hatte er damals das Wort Grannie noch nicht richtig aussprechen können, und so war daraus Gannie geworden.

Gannie hütete die Bücher der Stadt und auch ihre Kinder. Für viele war sie die wichtigste Persönlichkeit von Spirit Valley gewesen, und Matt hatte sie noch mehr bedeutet. Ohne Gannies Liebe und ihr klugen Ratschläge hätte er die letzten zwölf Jahre nicht gesund überstanden, das wusste er.

Und die Ransoms hatten schließlich einen guten Ruf in Spirit Valley. Ihr Ansehen durfte keinen Kratzer bekommen, darauf achtete die Familie seit jeher. Jetzt war Gannie nicht mehr da, und für Matt war das alte Haus jetzt nur noch mit einer Frau verbunden.

Er sah sie noch vor sich, wie sie im Esszimmer gelacht hatte. Aus glänzenden Augen hatte sie ihn angesehen. Matt konnte sich an ihr blondes Haar und die großen ausdrucksvollen Augen erinnern. Nur am Gesichtsschnitt konnte man erkennen, dass sie auch indianische Vorfahren besaß. Damals hatte sie schlank und reglos vor ihm gestanden, und sie hatte ihm gehört.

Ihre Augen würde Matt niemals vergessen. Diese grünen Augen mit dem kleinen hellbraunen Ring um die Pupille hatten sich ihm unauslöschlich eingeprägt. Erst jetzt fiel ihm zum ersten Mal auf, dass sie seinen dunkelgrünen Augen ähnelten, denn auch seine Pupillen waren von einem dunkelbraunen Kranz umgeben. Schlagartig überkam ihn wieder etwas von der Wut, die er mit den Erinnerungen an Perri Stone verband.

Hastig stellte er den Wagen im Carport ab und bekam gar nicht mit, dass das kleine Tor zum Friedhof nebenan nur angelehnt war und dass auf einem der schlichten Grabsteine eine rote Rose lag. Er stieg aus und fühlte kaum den Wind und den kalten Regen, während er die Stufen zum Haus hinauflief.

Wenn der Eindringling keinen triftigen Grund angeben konnte, warum er das Haus betreten hatte, würde er kurzen Prozess mit ihm machen. Matt war nicht in Stimmung für eine längere Auseinandersetzung, und Zeit hatte er ohnehin nicht dafür.

Morgen starteten einige seiner Pferde bei einem Rennen im Remington Park, vorausgesetzt, das Derby wurde nicht wegen schlechten Wetters abgesagt. Einige Pferdezüchter, deren Tiere ebenfalls an den Start gehen würden, hatten ihren Besuch bei ihm angekündigt, und es fiel Matt ohnehin schwer genug, dem Ruf seiner Familie gerecht zu werden und den zuvorkommenden Gastgeber zu spielen.

Er betrat das alte Haus, und knallte die Tür hinter sich zu.

Wer kam da hereingepoltert, als gehöre ihm das Haus? Perri Stone hatte keine Lust, dass sich jetzt schon herumsprach, dass sie hier einzog. Sie schüttelte die Regentropfen ab und beeilte sich, damit sie den Besucher gleich wieder hinausbegleiten konnte.

Der Mann erreichte fast gleichzeitig mit ihr die Tür zum Wohnzimmer, und sie beide erstarrten. Matt fiel erst jetzt ein, dass er die rote Rose auf dem Grabstein gesehen hatte, und Perri erinnerte sich, wer schon immer in dieses Haus gekommen war, als gehöre es ihm.

Im dämmrigen Licht sah Perri zunächst nur die Jeans, die Stiefel und das Arbeitshemd. Aber das kantige Gesicht, die durchdringenden Augen und die schmale gerade Nase waren unverwechselbar. Sie konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken, obwohl sie sich den Schreck lieber nicht hätte anmerken lassen.

Matt fluchte leise, als sie gegen ihn prallte. Unwillkürlich zog er sie in die Arme, damit sie nicht fiel, aber seine Stimmung besserte sich dadurch erst recht nicht.

Perri machte sich auf einen hitzigen Streit gefasst. Bisher waren sie nur kühl und sachlich miteinander umgegangen, doch es war das erste Mal seit zwölf Jahren, dass sie sich unter demselben Dach befanden, wenn man einmal die Zeit ausnahm, als sie abwechselnd bei Gannie im Krankenhaus gewacht hatten. Und beim letzten Treffen hier in Gledhill war Matt so außer sich vor Zorn gewesen, wie Perri ihn noch nie zuvor erlebt hatte.

“Verdammt, Ransom, du hast mich zu Tode erschreckt!”, beschwerte sie sich, um ihre Unsicherheit zu überspielen und schob ihn von sich.

“Ihnen auch einen schönen Tag, Miss Stone”, erwiderte er kühl und ließ sie los.

Sie erwiderte seinen Blick, dann ging sie zum Fernseher und schaltete die Wettervorhersage ein. Zwölf Meilen südlich zog gerade ein Tornado vorüber, und der Wind, der durch die offene Hintertür ins Haus drang, war so kalt, dass Perri fröstelte. Im Moment musste sie sich allerdings um etwas anderes als das Unwetter draußen kümmern.

Sie war eine große Frau, aber Matt überragte sie. Er hatte breite Schultern und lange kräftige Arme. Im Moment wirkte er wie ein finsterer Sturmgott. Eigentlich konnte Perri bei ihm mit nichts anderem rechnen. In der Wettervorhersage hieß es zwar, Spirit Valley sei nicht mehr tornadogefährdet, doch Perri fühlte sich trotzdem nicht sicher.

Sie merkte, dass er sie ungeniert musterte, und sie unterdrückte ein Gähnen. Schon immer hatte sie, wenn sie nervös wurde, gähnen müssen, und das in den unpassendsten Situationen. In diesem Augenblick ging draußen ein Hagelschauer nieder.

Prüfend sah Matt sie an. “Wenn ich mich nicht täusche, bist du größer als früher. Bist du noch gewachsen?”

“Zwei Zentimeter zwischen meinem siebzehnten und meinem neunzehnten Geburtstag”, erwiderte sie knapp und blickte weiterhin auf den Fernsehbildschirm.

“Das muss es sein. Irgendwie hast du dich verändert.” Er ging um sie herum. “Abgesehen davon, dass du erwachsen geworden bist. Ich wollte dir sowieso schon sagen, dass du weiblicher wirkst als früher, und es steht dir fantastisch.” Zufrieden lächelte er, als sie bei dieser Bemerkung die Schultern straffte.

Sie musste sich überwinden, ihn anzusehen. “Was tust du hier, Matt?”, fragte sie nach außen hin ruhig. Aber der Blick in seine Augen war ein Fehler.

Seine Augen wirkten fast schwarz. Erst beim näheren Hinsehen erkannte man, dass sie dunkelgrün waren, und es sah oft so aus, als würde alles Licht von diesen Augen geschluckt. Matts Augen sehen älter aus, als er ist, stellte Perri fest. Sie hatte den Eindruck, dass er seit langem nicht mehr richtig gelächelt hatte.

“Mir fiel auf, dass die Haustür offen ist, und da habe ich angehalten, um zu nachzuschauen, was los ist”, antwortete er. “Du zögerst ja nicht lange damit, dir zu holen, was dir gehört, oder?” Fast sanft fügte er hinzu: “Aber bestimmt dauert es auch nicht lange, bis du wieder von hier fliehst.”

Unter den gegebenen Umständen konnte Perri darauf nichts entgegnen.

“Wo steht dein Wagen?”, erkundigte er sich. “In der Garage?”

Sie nickte nur.

“Hast du alle Sachen ins Haus bekommen, bevor es zu regnen anfing?”

“Das lass ruhig meine Sorge sein”, antwortete sie kühl.

“Hast du alles im Haus?”, wiederholte er nur.

Perri schüttelte den Kopf und blickte auf seine Hände. Er hatte gerade die beiden obersten Knöpfe ihrer Jacke geöffnet. Immer mit der Ruhe, ermahnte sie sich. Ich darf jetzt nicht unbeherrscht reagieren, sonst zieht er nur Vorteile daraus.

“Wirklich sehr lustig, Matt.” Es verwunderte sie selbst, dass sie so gelassen, fast gelangweilt, klingen konnte, während ihr Herz wie wild raste. Er sah so freundlich und vertrauenswürdig aus, während er mit dem Zeigefinger langsam ihren Hals hinabstrich. Perri holte tief Luft und nahm Matts Duft wahr, der Bilder von sonnenbeschienenen Wiesen, Pferden, Heu und Matts glatter Haut heraufbeschwor. Sie hatte lange gebraucht, um diese aufregende Mischung zu vergessen, und jetzt war alles schlagartig wieder da. Wenn Matt sie berührte, fiel ihr alles wieder ein, was sie eigentlich hatte verdrängen wollen.

Unvermittelt trat er einen Schritt zurück und ging zur Hintertür. Sofort fühlte Perri sich so leer und mutlos wie an dem Tag, an dem sie erfahren hatte, dass er eine andere heiraten würde.

“Mach die Knöpfe ruhig wieder zu. Ich hole in der Zwischenzeit dein restliches Gepäck herein.” An der Tür blieb er noch einmal stehen. “Und hör auf, mich so kriegerisch anzufunkeln. Ich bin nur höflich. Schließlich müssen wir zusammenarbeiten, darauf freue ich mich schon.”

Sobald er zur Tür hinaus war, vermisste sie ihn. Wie sollte sie es jemals schaffen, mit diesem Mann zusammenzuarbeiten? Sie schloss die Knöpfe wieder und atmete tief aus. Um wieder etwas zur Ruhe zu kommen, ging sie zur Vordertür hinaus auf die überdachte Veranda, die sich um das ganze Haus zog.

Der Hagelschauer ließ etwas nach, und die kleinen Körner fielen leise prasselnd vom Dach. Ohne richtig hinzusehen, betrachtete Perri die Blumen im Garten. Ich bin jetzt neunundzwanzig, sagte sie sich, und nicht mehr die Siebzehnjährige, die sich in den vierundzwanzigjährigen Matt Ransom verliebt hat. Die beiden Menschen von früher gibt es nicht mehr, und jetzt haben Matt und ich eine Aufgabe vor uns.

Sicher werden wir damit fertig. Hier geht es schließlich um etwas, das uns beiden wichtig ist. Er will herausfinden, wie ich reagiere. Dass er mich nicht begehrt, hat er mir deutlich zu verstehen gegeben. Wenn ich es zulasse, wird er mit mir spielen. Es könnte mir Genugtuung verschaffen, wenn ich es auf eine Auseinandersetzung ankommen lasse, aber mit Gelassenheit erreiche ich sicher mehr.

Bestimmt war das Leben für Matt Ransom in den letzten zwölf Jahren nicht leicht gewesen, aber so sehr verändert hatte er sich auch wieder nicht. Perri wusste genau, dass er Frauen mit Respekt behandelte. Und hier ging es ja nur ums Geschäft.

Sie erzitterte, als der eiskalte Regen auf die Veranda geweht wurde. Noch einmal atmete sie tief durch, dann ging sie wieder ins Haus. Sorgfältig schloss sie die Tür, bevor sie die Treppe hinaufging.

Gerade als sie den oberen Treppenabsatz erreichte, holte Matt sie ein. Wortlos wandte sie sich den hinteren Schlafzimmern zu, während Matt mit dem Gepäck an der Tür zu ihrem früheren Zimmer stehen blieb. Hier hatten sie sich zum ersten Mal geliebt.

“Ich habe jetzt mehrere Zimmer zur Auswahl, und da schlafe ich lieber in einem der hinteren Räume”, sagte sie leise und ging den Flur entlang zu dem Zimmer, von dem aus man über die Bäume hinweg ins weite Land sehen konnte.

Reglos stand Matt da und schaute in das Zimmer, das sich seit damals fast gar nicht verändert hatte. Dann drehte er sich um und folgte Perri. Ihm war keinerlei Regung anzumerken. “Das kann ich verstehen”, meinte er nur. “Für das kleine Zimmer bist du wirklich zu groß.” Er stellte die Koffer ab. “Für jemanden, der nur auf der Durchreise ist, hast du aber sehr viel Gepäck dabei.”

“Wie kommst du darauf, ich sei nur auf der Durchreise? Es wird einige Zeit dauern, um Gannies letzten Willen zu erfüllen, wie immer der auch genau aussehen mag. Mindestens ein Jahr werde ich wohl hier sein, meinst du nicht? Es sei denn, du kennst das Testament schon und weißt, worum es geht.” Durch das Fenster blickte sie auf den großen Garten. “Stimmt das, Matt? Weißt du, was von uns erwartet wird?” Dass die letzte Frage fast so klang, als freue sie sich, gefiel ihr gar nicht.

“Spielt es für dich denn eine Rolle, Perri? Oder willst du einfach aus Pflichtgefühl das tun, was das Testament verlangt? Gannie ist nicht mehr da, du kannst jetzt machen, was du willst”, fügte er in gereiztem Ton hinzu.

Perri fühlte sich, als habe ihr jemand ein Messer in den Rücken gerammt.

Matt ging zur anderen Seite des Zimmers und sah dort aus den Fenstern. “Was immer wir auch tun, es wird eine Zeit lang Stadtgespräch sein. Und genau das hat Gannie sicher auch geplant. Ihr lag immer das Wohl der ganzen Stadt am Herzen, und die Veränderungen, die sie in die Wege leitete, waren immer von Dauer.” Er wandte sich Perri zu, und auf einmal wirkte die Atmosphäre wie elektrisch aufgeladen. Das Zimmer kam ihm sehr klein vor. “Falls du vorhast, die Sache möglichst schnell über die Bühne zu bringen, um dann deinen Erbteil zu verkaufen und wieder zu verschwinden, dann lass dir sagen, dass ich dich liebend gern auszahle. Das würde dir doch gut passen, oder?”

Perri spürte, dass er von hinten dicht an sie trat.

“Dann könntest du wieder nach New York gehen oder in irgendeine andere Stadt ziehen.”

Ihr war klar, dass Matt sie kränken wollte. Er nahm an, es sei ihr unwichtig, Wurzeln zu schlagen.

“Wie ich gehört habe, bist du sowieso nirgendwo fest angestellt. Du berätst Banken in Finanzfragen, stimmt’s?”

Wütend wandte sie sich vom Fenster ab. “Lass uns gleich eins klarstellen, Matt”, fuhr sie ihn an. “Spirit Valley bedeutet mir sehr viel. Es war mein Zuhause, und Gannie war der wichtigste Mensch auf der Welt für mich.” Es fiel ihr schwer, nicht zu weinen. “Ich schulde ihr mehr, als ich jemals in Worte fassen kann. Also denk bloß nicht, du hättest das recht, mir Vorwürfe dafür zu machen, dass ich von hier fortgegangen bin. Ich schulde dir keinerlei Rechtfertigung, aber ich hätte damals alles dafür gegeben, hier bleiben zu können.”

Scheinbar endlos blickten sie sich reglos an, bevor Matt lächelte, und bedrückt stellte Perri fest, dass seine Augen davon unberührt blieben.

“Du bist nicht mehr das junge Mädchen von damals.” Er steckte die Hände in die Hosentaschen. “Ich habe vieles falsch gemacht. Zum Beispiel hätte ich dich niemals anrühren dürfen.” Ganz bewusst wandte er den Blick von ihr ab. “Doch das alles ändert nichts an der Tatsache, dass du damals weggelaufen bist. Du gehörst nicht mehr in dieses Tal”, stellte er kalt fest. “Hier gibt es keine bunten Lichter, die dich locken könnten, nur ein paar Gedenktafeln auf dem Friedhof.” Schon allein der Gedanke machte ihn wütend, und er wandte sich ihr wieder zu. “Was hat Spirit Valley denn zu bieten, damit du bleiben könntest?”

Es gelang ihr nicht ganz, ihren sehnsüchtigen Blick zu verbergen, und sie erröteten beide. Langsam ging Perri zur Tür, aber dann blieb sie stehen. Genau wie in jener Nacht damals gab es für sie keinen Ort auf der Welt, wo sie hätte hinfliehen können.

“Lass es uns doch gleich jetzt herausfinden”, flüsterte Matt, als er auf sie zukam und die Arme ausstreckte. Er umrahmte ihr Gesicht mit den Händen, dann glitten seine Finger langsam über ihren Hals, die Schultern und die Arme. Schließlich hielt er Perris Handgelenke fest umschlossen. “Schmeckst du eigentlich noch genau so wie früher, Darling? Das will ich schon herausfinden, seit du wieder zurück bist.” Entschlossen zog er Perri an sich und presste die Lippen auf ihren Mund.

Perri war so überrascht, dass sie erschrocken Luft holte, und das nutzte Matt aus. Er drang mit der Zunge in ihren Mund ein, während er ihre Hände hinten auf dem Rücken festhielt. Es kam Perri vor, als würde die aufgeheizte Atmosphäre ein Feuer in ihr zum Auflodern bringen, das sie schon längst für erloschen gehalten hatte, und sie konnte plötzlich nicht mehr klar denken. So war es immer gewesen, wenn er sie küsste.

Aufreizend drang er mit der Zunge in ihren Mund ein, und Perri spürte, welche Lust in Matt tobte. Nichts in der Welt hätte sie daran hindern können, diese leidenschaftliche Liebkosung zu erwidern. Sie schmiegte sich eng an ihn und unterdrückte nur mühsam ein Stöhnen, als er sanft an ihrer Unterlippe sog.

Es war Matt, der den Kuss unvermittelt abbrach. Er führte die Unterhaltung genau an dem Punkt fort, an dem er sie unterbrochen hatte.

“Ja”, stellte er nüchtern fest, “du schmeckst noch genauso wie früher. Das gefällt mir. Jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind.” Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. “Diese Hitze wird immer zwischen uns herrschen, Perri. Mehr aber nicht.” Noch einmal gab er ihr einen kurzen, aber glutvollen Kuss, bevor er sie behutsam losließ. Sie bemühte sich, möglichst gelassen zu bleiben, als er sich wieder dem Fenster zuwandte und prüfend in den Himmel schaute.

“Mehr kann ich nicht für eine Frau empfinden. Wenn du also so willig bist, wie es aussieht, dann können wir uns prächtig amüsieren, bevor du wieder abreist.” Mit einem überheblichen Lächeln drehte er sich zu ihr. “Aber erwarte bloß keine Liebe von mir. Meine Liebe zu dir ist längst erloschen.”

Vor Scham hätte Perri im Boden versinken mögen, als er sie nun auch noch abschätzend von Kopf bis Fuß musterte, bevor er sich in aller Ruhe zur Tür wandte, gerade so, als wäre nichts Besonderes vorgefallen.

“Matt!”, rief sie, ohne sich von der Stelle zu rühren.

Ohne sich umzudrehen, blieb er stehen.

Autor

Virginia Dove
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