Die Braut des Kronprinzen

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Ja, der Kronprinz von Daniz ist atemberaubend gutaussehend. Aber das ist noch kein Grund, so unverschämt mit ihr zu flirten! Schließlich ist Emily nur in das Fürstentum am Mittelmeer gekommen, um seine Hochzeit zu organisieren. Und noch ahnt sie nicht, wer die Braut sein soll …


  • Erscheinungstag 24.01.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751513463
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Brenda, glaubst du, es ist wahr, was die Zeitungen über Vater schreiben?“ Emily Parks nahm die zarte Teetasse zwischen die Hände, um sich die Finger daran zu wärmen. Obwohl draußen fünfundzwanzig Grad herrschten, war es in der Küche von Walter Parks’ Villa in San Francisco schattig und kühl. Die Fenster in der Essecke waren geöffnet, und vom Pazifik wehte eine leichte Brise und brachte den Geruch von Salz und Tang mit sich.

„Es ist schwer zu sagen, wie viel man davon glauben darf.“ Die Stimme der Haushälterin klang skeptisch.

„Ich habe immer gewusst, dass Vater in geschäftlichen Dingen völlig rücksichtslos ist, aber ich kann kaum glauben, dass er in ein Verbrechen verwickelt ist.“

„Du willst nicht glauben, dass er etwas Illegales tun könnte?“ Hinter ihrer Brille kniff Brenda die Augen zusammen. „Oder fällt es dir schwer, dich damit abzufinden, dass jemand aus der Familie vielleicht gegen das Gesetz verstoßen hat?“

Emily legte die Stirn in Falten und überlegte. „Vielleicht will ich einfach nicht glauben, dass mein alter Herr verbotene Geschäfte macht. Sicher, er war uns kein guter Vater, aber ich hatte sonst keine Eltern.“

Sie warf Brenda einen Blick zu. Die Haushälterin saß ihr gegenüber an dem Walnusstisch, klein und rundlich in ihrem hellblauen Kleid, voller Besorgnis und mütterlicher Zuneigung. Brenda war zwar nicht Emilys leibliche Mutter, hatte sich jedoch in jeder Hinsicht, die zählte, das Recht verdient, „Mom“ genannt zu werden. „Ohne dich wäre ich wahrscheinlich mit ständig wechselnden Kinderfrauen aufgewachsen.“

„Hmm.“ Brenda schnaubte und stellte ihre Tasse ab. „Dein Vater hat nie ein gutes Gespür gehabt, wenn es um das Hauspersonal ging. Mir ist wirklich ein Rätsel, wie er es geschafft hat, aus einem kleinen Juwelierladen ein so großes Unternehmen mit weltweiten Verbindungen zu machen.“

Emily lachte. „Der kleine Juwelierladen ist San Franciscos Version von Tiffany’s in New York. Ich bin sicher, Vater hat einen rasiermesserscharfen Verstand, wenn es darum geht, Mitarbeiter einzustellen. Aber im Privatleben war das einzig Intelligente, das er vollbracht hat, dich zu engagieren, damit du dich um uns alle kümmern konntest.“

Brendas Augen funkelten. „Wem sagst du das? Ich konnte euch vier nach Herzenslust verwöhnen, ohne dass euer Vater sich eingemischt hat. Und dann hat er mir auch noch ein gutes Gehalt gezahlt.“ Sie strich sich über das kurze graue Haar und zwinkerte Emily zu. „Nur deshalb konnte ich genug sparen, um in diesem Jahr zu verreisen.“

„Wie hat dir Paris gefallen?“ Emily liebte es, wenn Brenda von ihren Reisen erzählte. Sie hätte sich gern selbst die Welt angesehen, doch ihr florierendes Geschäft ließ ihr dafür keine Zeit.

„Es war herrlich – die Champs-Elysées, der Eiffelturm, die Seine, die Bilder von Monet im Louvre …“ Sie lächelte. „Ich glaube, dort würde ich gern meine Flitterwochen verbringen.“

Emily verschluckte sich an ihrem Tee. „Flitter…wochen?“, stammelte sie. „Was für Flitterwochen? Ich wusste ja nicht mal, dass du einen Freund hast.“

„Habe ich auch nicht“, erwiderte Brenda. „Aber ich habe auf ein paar Kontaktanzeigen geantwortet und ein paar sehr nette Männer getroffen. Bestimmt finde ich irgendwann einen, der meinen Ansprüchen genügt.“

Emily konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. „Du willst dir einen Ehemann suchen, Brenda? Ich dachte immer, du bist mit deiner Arbeit verheiratet.“

„Das war ich“, bestätigte Brenda. „Nachdem mein John tot war, wart ihr Kinder ein wahrer Segen für mich. Ich hatte gar keine Zeit, in Trauer zu versinken. Aber jetzt, da ihr alle aus dem Haus seid, denke ich mehr und mehr daran, den Rest meines Lebens mit einem guten Mann zu verbringen.“

„Du bist unglaublich.“ Langsam schüttelte Emily den Kopf. „Es braucht schon Mut, nur einmal nach Liebe zu suchen, aber zweimal? Du verdienst einen Orden.“

„Mut?“ Brenda runzelte die Stirn. „Warum?“

„Weil es selten genug vorkommt, dass man ein einziges Mal geliebt wird.“ Emily zuckte mit den Schultern und hob die Tasse. „Dass es ein zweites Mal passiert, ist äußerst unwahrscheinlich.“

„Oh, Honey.“ Brenda legte eine Hand auf Emilys. „Nicht alle Männer sind wie dein Vater und die, mit denen du bisher ausgegangen bist.“

„Kann schon sein. Aber wenn es auf der Welt nette Männer gibt, von meinen Brüdern abgesehen, so bin ich ihnen noch nicht begegnet.“

„Also versuchst du nicht mehr, einen Märchenprinzen zu finden?“

„Ja, leider.“

Brenda seufzte. Lächelnd nippte sie an ihrem Tee. „Dass ein kleines Mädchen, das Märchen über alles liebte, als erwachsene Frau nicht an die Liebe glaubt, ist schwer vorstellbar. Weißt du noch, wie du mal erklärt hast, dass du einen Prinzen heiraten wirst, genau wie Aschenputtel?“

„Ich erinnere mich.“ Emilys Lächeln verblasste. „Das ist lange her, Brenda. Unglücklicherweise werden kleine Mädchen groß und müssen in der Wirklichkeit leben.“

„Dein Vater hat dir das Vertrauen in die Männer genommen. Aber die sind nicht alle wie Walter Parks. Und eines Tages wird der Richtige vorbeikommen, und du wirst die Familie bekommen, die du dir immer gewünscht hast.“

„Ich hoffe, du hast recht, Brenda“, sagte Emily betrübt. „Es wäre schön, wieder an Märchen zu glauben.“

„Hmm.“ Brenda wedelte mit dem Zeigefinger. „Du musst ihn nur erkennen, wenn er auftaucht. Nicht alle Prinzen reiten einen Schimmel und tragen eine Krone.“

Emily lachte. „Ja, Ma’am, ich weiß. Aber während ich auf ihn warte, werde ich meine Firma ausbauen, denn das ist ein Traum, der sich leichter verwirklichen lässt.“

Lazhar Eban war auf dem Weg zu Walter Parks’ Bibliothek im Obergeschoss der weit verzweigten Villa. Vom Vertrag abgelenkt, den er dabei überflog, bog er am Fuß der Treppe nach links statt nach rechts ab, ging einen Flur entlang und fand sich vor der Küche wieder. Als zwei Stimmen an sein Ohr drangen, blieb er wie angewurzelt stehen.

Im Spiegel an der gegenüberliegenden Wand sah er die gemütliche Essecke im Erker mit Blick auf den Kräutergarten. Die ältere Frau, die dort saß, war die Haushälterin, die ihn am Abend zuvor ins Gästezimmer gebracht hatte. Die zweite Frau, deren Stimme er hörte, war jünger und atemberaubend schön. Das schulterlange Haar war goldbraun, die Augen hellgrün, und jedes Lächeln zauberte Grübchen neben den vollen Mund. Emily Parks, Walter Parks’ Tochter, war der Grund, aus dem Lazhar seinen Terminplan abrupt geändert hatte und nach San Francisco geflogen war.

Ihr Foto war in der Anlage zu einem geschäftlichen Vorschlag ihres Vaters enthalten gewesen, der erst vor drei Tagen in Lazhars Büro eingetroffen war.

Er war kurz davor gewesen, den Vertrag mit Walter Parks zu unterzeichnen, doch dann waren dem Edelsteinbaron in den Zeitungen fragwürdige Geschäftspraktiken vorgeworfen worden. Als er Walter von seinen Bedenken erzählte, versuchte dieser, ihm den Vertrag dadurch schmackhaft zu machen, dass er seine Tochter Emily als die Braut anbot, die Lazhar brauchte.

Auf dem Flug über den Atlantik hatte er gelesen, was seine Leute über Emily Parks herausgefunden hatten. Seit dem College arbeitete sie als Hochzeitsplanerin, und ihre kleine Firma hatte keinen Mangel an Aufträgen. Vor drei Jahren hatte sie eine Verlobung gelöst, aber es gab keine Hinweise darauf, dass sie danach eine neue Beziehung eingegangen war. Emily schien sich ganz auf ihren Beruf zu konzentrieren.

Angesichts der Tatsache, dass sie eine der hübschesten Frauen war, die er je gesehen hatte, konnte Lazhar kaum glauben, dass es keinen Mann in ihrem Leben geben sollte. Aber trotz intensivster Nachforschungen hatten seine Detektive niemanden gefunden.

Umso besser für mich, dachte er zufrieden.

Doch jetzt, da er sie leibhaftig vor sich sah, war sie nicht die Frau, die er erwartet hatte.

Das Gesicht auf dem Foto hatte ihn auf Anhieb fasziniert. In dem kühlen Blick hatte Verletzlichkeit gelegen, und im leicht trotzigen Ausdruck um den Mund ein Hauch von Leidenschaft. In diesem Moment, während sie mit der Haushälterin sprach, strahlte sie auch noch ein Gefühl von Einsamkeit aus, das ihm unter die Haut ging. Seine Augen wurden schmal, als sie sich das Haar aus dem Gesicht strich und Brenda freundlich zulächelte. Die kleine, anmutige Geste reichte aus, um sein Herz schneller schlagen zu lassen.

Verdammt. Er wollte sie. Und er würde sie bekommen. Dass er gerade jetzt eine Ehefrau brauchte, war ein glücklicher Zufall, der es ihm erlauben würde, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.

Doch was er gerade eben gehört hatte, machte eine Änderung seines Plans erforderlich. Dass sie ihrem Vater gehorchen und widerstandslos den Mann heiraten würde, den er für sie ausgesucht hatte, war mehr als unwahrscheinlich. Nachdenklich wandte Lazhar sich vom Spiegelbild der beiden Frauen ab, ging leise über den Marmorboden zur Bibliothek und klopfte an.

„Herein.“

Walter Parks hob den Kopf, als Lazhar eintrat, und ein geschmeidiges Lächeln löste das Stirnrunzeln ab.

„Lazhar, kommen Sie.“ Er zeigte auf die Ledersessel vor seinem Schreibtisch. „Nehmen Sie doch Platz.“

„Danke.“ Lazhar setzte sich, und sein Blick fiel auf das Papier in Walters Hand. „Ich hoffe, ich störe nicht.“

„Nein, überhaupt nicht.“ Walter legte den Bogen hin. „Was kann ich für Sie tun?“

„Ich habe mir das mit Emily anders überlegt.“

Walter errötete und kniff verärgert die Augen zusammen. „Warum? Hat sie etwas getan, das Sie kränkt? Denn wenn das der Fall ist, werde ich mit ihr …“

Lazhar unterbrach ihn mit einer knappen Handbewegung. „Nein, sie hat nichts getan. Ich bin ihr ja noch nicht mal vorgestellt worden. Ich bin lediglich zu dem Ergebnis gekommen, dass sie auf keinen Fall von unserem geschäftlichen Arrangement erfahren darf. Ich möchte, dass die Dinge einen natürlicheren Lauf nehmen.“

„Ah, ich verstehe.“ Walter zog die Augenbrauen hoch, was seinen Gesichtsausdruck noch zynischer machte. „Dann sind Sie also mit meinem Vorschlag einverstanden?“

„Sobald Emily sich bereit erklärt, meine Frau zu werden, werde ich den Vertrag unterschreiben“, erwiderte Lazhar. „Aber nicht vorher.“

Walter verzog kurz den Mund, bevor er nickte.

„Ausgezeichnet.“ Lazhar stand auf. „Ich möchte Ihre Zusicherung, dass Sie Ihrer Tochter nichts von unserer Vereinbarung erzählen.“

„Die haben Sie.“ Walter erhob sich und streckte die Hand aus.

Lazhar ergriff sie und schüttelte sie so kurz wie möglich.

„Ich werde im Fairmont Hotel am Nob Hill wohnen und sofort hinfahren. Da Emily nichts von unserem Plan wissen soll, halte ich es für besser, wenn Sie und ich nicht zusammen gesehen werden, bevor ich mit ihr gesprochen habe.“

„Natürlich.“

Lazhar verließ die Bibliothek und warf dabei einen Blick über die Schulter. Walter starrte wieder auf das Blatt Papier. Er fragte sich kurz, was den Geschäftsmann daran so fesselte, vergaß es jedoch rasch wieder, als er nach oben und in das für ihn reservierte Gästezimmer ging.

„Eure Hoheit?“ Ein kleiner Mann, der gerade ein schneeweißes Oberhemd in den Schrank hängte, drehte sich überrascht um.

„Wir ziehen aus, Pierre.“ Lazhar trat an den Schreibtisch und klappte seinen Laptop zu.

„Sehr wohl.“ Der Diener nahm das Hemd wieder heraus und legte es zusammen.

Zehn Minuten war das Gepäck im Kofferraum der Limousine verstaut, und Pierre saß neben dem Chauffeur, als Lazhar das Anwesen der Parks’ verließ und sich in die Innenstadt von San Francisco fahren ließ, wo ihn eine luxuriöse Turmsuite im historischen Fairmont Hotel erwartete.

Emily und Brenda hatten nicht bemerkt, dass sie von Walters Gast belauscht worden waren.

„Ich frage mich, ob Vater …“ Emily verstummte, als die Hintertür aufging und ein uniformierter Wachmann hereinkam.

„Sorry, Ladies.“ Er sah sich in der Küche um. „Wir haben einen Eindringling auf dem Gelände. Haben Sie jemanden gesehen?“

„Nein.“ Emily warf Brenda einen Blick zu. „Ist die Person gefährlich?“

„Das bezweifle ich, Ma’am. Ich glaube, es ist Maddy Jones, eine Reporterin, die Mr. Parks interviewen will.“

„Da bin ich aber beruhigt, Andrew.“ Brenda klang zutiefst erleichtert. „Ich fürchtete schon, es wäre ein Verbrecher. Reporter sind lästig, mehr aber auch nicht.“

„Ja, Ma’am. Wir werden sie finden. Wenn Ihnen etwas Verdächtiges auffällt, sagen Sie uns sofort Bescheid.“ Der Wächter tippte sich an die Mütze und verschwand.

„Das machen wir“, rief die Haushälterin ihm nach.

Emily schob den Stuhl zurück und stand auf. „Ich muss wieder an die Arbeit, Brenda. Danke, dass du mir so geduldig zugehört hast.“

„Dafür brauchst du dich nicht zu bedanken.“ Brenda umarmte sie. „Ich liebe es, wenn du mich besuchst. Jetzt, da du nicht mehr hier wohnst, sehe ich dich ja kaum noch.“

„Ich weiß.“ Emily hakte sich bei ihr ein, und zusammen gingen sie hinaus und ums Haus, wo der kleine, sportliche BMW stand. „Warum treffen wir uns in der nächsten Woche nicht mal zum Lunch? In der Nähe meines Büros ist ein neues französisches Restaurant, das dir bestimmt gefallen wird.“

„Abgemacht.“

Emily verabschiedete sich herzlich und fuhr davon. Brendas Zuspruch hatte ihr gut getan.

Mit gerunzelter Stirn starrte Walter auf das Papier in seiner Hand. Es war ein Brief, den seine Tochter Jessica an seine Ehefrau Anna geschrieben hatte, die seit vielen Jahren in einem Schweizer Sanatorium lebte. Darin stand, dass Annas Leiden bald zu Ende sein und sie „aus den Fängen meines Vaters“ befreit werden würde.

„Was zum Teufel meint sie damit?“, murmelte Walter erbost. Er hatte die wenigen Zeilen immer wieder überflogen, war jedoch nicht sicher, worauf Jessica anspielte. Was auch immer es war, er hatte auch ohne ihre Einmischung Probleme genug und wollte, dass Anna blieb, wo er sie damals untergebracht hatte.

Kurz entschlossen rief er Fields an, den Privatdetektiv, den er schon häufiger engagiert hatte. Er würde Jessica beschatten lassen, um herauszufinden, was seine rebellische Tochter und ihre Mutter im Schilde führten.

In Emilys Büro herrschte ein organisiertes Chaos.

„Gerade erst neun, und ich bin schon im Rückstand.“

Emily sah auf. Jane, ihre Assistentin, stand in der Tür, einen Bleistift hinters Ohr geklemmt.

„Es ist ein verrückter Tag“, pflichtete Emily ihr bei. „Hast du die Lilien für die Everston-Hochzeit aufgetrieben?“

„Ja.“ Jane lächelte zufrieden. „Ich habe fünf Anrufe gebraucht, bis ich endlich welche in Seattle gefunden habe. Sie werden heute Nachmittag eingeflogen.“

„Ausgezeichnet.“ Emily seufzte erleichtert und nahm einen Schluck von ihrem Milchkaffee mit Vanille. „Mir ist schleierhaft, wie Mrs. Everston erst am Tag vor der Hochzeit einfallen konnte, dass ihre Tochter unbedingt Lilien am Traualtar haben muss.“

Jane zuckte mit den Schultern. „Typisch Brautmutter – immer im Stress, hektisch und vergesslich. Ich bin nur froh, dass sie nichts wollte, das aus Südamerika oder China eingeflogen werden muss.“

„Stimmt.“ Emily prostete ihr mit dem Pappbecher vom Espresso-Stand an der Straßenecke zu. „Es hätte schlimmer sein können.“

„Emily?“ Natalie, die Empfangssekretärin in Emilys Drei-Personen-Büro, stellte sich neben Jane. Ihre Aufregung war spürbar.

Emily musterte sie neugierig. „Was ist denn, Natalie?“

„Du wirst nie erraten, wen ich gerade am Telefon habe.“

„Wer ist es denn?“ Gespannt sahen Emily und Jane ihre Kollegin an.

„Ein Berater von Prinz Lazhar, dem Kronprinzen von Daniz.“

Emilys Augen wurden groß, und sie wechselte einen erstaunten Blick mit Jane. „Prinz Lazhar? Von Daniz? Was will er?“

„Sein Berater will einen Termin vereinbaren. Bei dir. Für den Prinzen. Noch heute Nachmittag.“

Emily brauchte nicht in ihren Terminkalender zu schauen. Sie wusste genau, wie ihr Tag aussah, und schüttelte den Kopf. „Unmöglich, Natalie. Vielleicht morgen.“ Sie schlug den Kalender auf.

„Emily, du kannst einem Prinzen nicht sagen, dass er auf der Warteliste steht“, entgegnete Jane mit Nachdruck. „Schon gar nicht diesem Prinzen. Die Zeitungen sind voll davon, dass er eine Ehefrau sucht. Vielleicht will er, dass du seine Hochzeit organisierst.“

Emily war nicht überzeugt. „Das bezweifle ich, Jane. Du redest von einer königlichen Hochzeit. Etwas so Aufwendiges habe ich noch nie arrangiert … Ich bin sicher, er wird eine größere Firma engagieren, vielleicht eine aus London oder Paris. Oder aus New York.“

„Das kannst du nicht wissen, bevor du mit ihm gesprochen hast“, erwiderte Jane.

Emily sah Natalie an und erhielt ein eifriges Nicken als Antwort.

„Na gut.“ Sie schlug die heutige Seite des Kalenders auf und überflog sie dann. „Es geht nicht“, murmelte sie kopfschüttelnd, während sie mit dem Finger über die Liste ihrer Termine fuhr. „Ich habe keine Lücken mehr, aber … sag seinem Berater, dass ich den Prinzen zwischen die Benedict-Anprobe und die Catering-Besprechung mit den Powells quetsche.“

„Hervorragend.“ Natalie strahlte. „Ich wollte schon immer mal einen echten Prinzen kennenlernen.“ Sie verschwand auf dem Flur.

„Du quetschst einen königlichen Prinzen zwischen eine Lady der feinen Gesellschaft von Atlanta und einen Filmstar aus Kalifornien?“ Jane zog die Augenbrauen hoch.

„Mehr kann ich nicht tun. Katherine Powell kommt immer zu spät, also werde ich hoffentlich etwas Zeit für ihn haben, bevor sie auftaucht.“ Emily schaute auf die Uhr. „Anders als jetzt. Ich hinke schon jetzt hinter meinem Plan her.“

„Genau wie ich. Zurück an die Arbeit.“ Jane eilte davon.

„Der Kronprinz von Daniz“, flüsterte Emily und starrte auf den blinkenden Cursor auf dem Bildschirm ihres Computers. In der Presse war ausführlich darüber berichtet worden, dass der König schwer krank war und unbedingt noch erleben wollte, wie sein Sohn heiratete. Konnte es sein, dass der Prinz ernsthaft daran dachte, sie mit der Planung seiner Hochzeit zu betrauen? Sie wagte kaum, sich auszumalen, welche Zukunft ein solcher Auftrag Creative Weddings bescheren würde.

Kopfschüttelnd konzentrierte sie sich wieder auf den Ordner, der offen vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Sie hatte heute zu viel tun. Für Träume von einer königlichen Hochzeit war in den nächsten Stunden keine Zeit.

Zum Glück hatte Miss Benedict noch eine Verabredung zum Essen und musste ihren Termin abkürzen. Emily brachte die junge Braut und ihre Mutter zur Tür und ging in den Waschraum, um sich frisch zu machen. Sie war gerade dabei, den Lippenstift zu erneuern, da platzte Natalie herein.

„Er ist hier!“ Die Augen der Sekretärin funkelten vor Aufregung, und ihre Wangen waren gerötet. „Und er sieht so toll aus wie auf den Fotos.“

„Wirklich?“ Emily lächelte nachsichtig.

„Glaub mir.“ Natalie fächerte sich mit den Fingern Luft zu. „Das ist eine Tatsache.“

„Jetzt bin ich sogar noch neugieriger auf den rätselhaften Prinzen.“ Emily warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, strich über die scharlachrote Kostümjacke und den schmalen Rock und folgte Natalie auf den Flur.

Im Empfangsbereich stand ein großer, dunkelhaariger Mann mit dem Rücken zu ihnen und betrachtete interessiert die Drucke der französischen Impressionisten an der Wand.

„Eure Hoheit?“ Sie konnte nur hoffen, dass das die korrekte Anrede war.

Er schaute über die Schulter, als Emily auf ihn zuging, und drehte sich ganz zu ihr um.

Oh, du meine Güte, dachte sie. Natalie hat recht, er sieht tatsächlich atemberaubend aus.

Seine Wimpern senkten sich über den braunen, fast schwarzen Augen, als er den Blick langsam an ihr hinabwandern ließ.

„Miss Parks?“

„Ja, ich bin Emily Parks. Und Sie müssen Prinz Lazhar sein.“ Und Sie sind ein gefährlicher Mann, fügte sie stumm hinzu. Er sah nicht nur großartig aus, mit rabenschwarzem Haar, dunkler Haut über hohen Wangenknochen, sündhaft langen Wimpern und einem athletischen Körper. Er verströmte buchstäblich Testosteron und einen unwiderstehlichen Sex-Appeal. Sie war nicht sicher, was das höfische Protokoll für die Begrüßung eines Kronprinzen vorsah, also streckte sie einfach die Hand aus und brachte ein höfliches Lächeln zu Stande.

„Bitte, nennen Sie mich Lazhar.“ Er erwiderte ihr Lächeln und nahm ihre Hand in seine.

„Sehr gern … Lazhar.“ Als ihr bewusst wurde, dass ihre Hand noch in seiner warmen, viel größeren lag, machte sie einen Schritt zurück und zeigte zum Durchgang. „Möchten Sie in mein Büro kommen?“ Sie warf Natalie einen Blick zu. Die Sekretärin tat so, als würde sie in einer Akte lesen, während sie den Prinzen verstohlen musterte. „Natalie, bringst du uns Kaffee, bitte?“

„Sofort.“

Emilys Haut kribbelte, als Lazhar ihr aus dem Empfangsbereich und über den kurzen Flur zu ihrem Büro folgte. Etwas an ihm ließ in ihr sämtliche Alarmglocken schrillen. Dies war kein zahmer, zivilisierter Mann. Lazhar Eban bedrohte ihre feminine Unabhängigkeit auf äußerst urwüchsige Weise. Sie musste sich zusammenreißen, um das Gespräch nicht einfach abzusagen und ihr Heil in der Flucht zu suchen. Erleichtert, ein wenig auf Distanz gehen zu können, zeigte sie auf die beiden Sessel.

„Nehmen Sie doch Platz.“ Ein wenig hastiger als nötig ging sie um den Schreibtisch herum und setzte sich. „Was kann ich für Sie tun, Hoheit?“

„Ich werde heiraten“, erwiderte er, den Blick auf ihr Gesicht gerichtet. „Und ich möchte, dass Sie die Hochzeit organisieren.“

Emily war sprachlos. Erst nach einem langen Moment nickte sie. „Sehr gern.“ Sie klappte ihr Notizbuch auf und griff nach dem goldenen Füllfederhalter. „Ich brauche ein paar Angaben. Welches Datum haben Sie festgelegt?“

„So bald wie möglich.“

„Sie und Ihre Verlobte haben noch kein Datum ausgesucht?“

„Nein. Ist das ein Problem?“

Vorsichtig legte sie den Füllfederhalter auf das glänzende Kirschholz. „Vielleicht nicht gerade ein Problem, aber ohne zeitlichen Rahmen ist die Planung schwierig. Und ich fürchte, wir sind ziemlich ausgebucht.“

„Wann würden Sie frühestens zur Verfügung stehen?“

Emily fragte sich, ob er an eine kleine, private Zeremonie dachte. „Vielleicht sollten wir uns vorher darüber unterhalten, was für eine Hochzeit Sie wünschen. Je nach den Vorbereitungen, die erforderlich sind, könnten wir eventuell einen früheren Termin ins Auge fassen.“

Lazar zuckte mit den Achseln. „Ich fürchte, in der Hinsicht habe ich keinen großen Spielraum. Bei königlichen Hochzeiten in Daniz müssen gewisse Traditionen beachtet werden, und es ist bei uns Sitte, dass die Festlichkeiten eine Woche dauern.“

Sie blinzelte verwirrt. „Also bitten Sie mich, eine einwöchige Feier, einschließlich einer königlichen Zeremonie, so kurzfristig wie möglich zu organisieren?“

„Der Palast hat Mitarbeiter, die Ihnen helfen werden. Was ich brauche, ist jemand, der plant, organisiert und delegiert. Und ich bin bereit, Sie dafür zu bezahlen, dass Sie Ihre Zeit ausschließlich darauf verwenden, um den Ablauf zu beschleunigen.“

Emily traute ihren Ohren nicht. Eine königliche Hochzeit zu organisieren würde ihr wichtige Türen in Europa und dem Nahen Osten öffnen und Creative Weddings weltweite Anerkennung verschaffen. Andererseits hatte sie die Erfahrung gemacht, dass der Bräutigam nur selten viel Zeit mit der Hochzeitsplanerin verbrachte. Die zukünftigen Ehemänner überließen die Einzelheiten gern ihren Bräuten. „Ich nehme an, die Hochzeit soll in Daniz stattfinden?“

„Ja.“

Sie hob den Kopf. „Darf ich fragen, wie Sie auf mich gekommen sind?“

„Sie wurden mir von den Radissons empfohlen. Meine Schwester ist eine gute Freundin ihrer Tochter Angela und hat zur Hochzeitsgesellschaft gehört.“

„Natürlich.“ Angela Radisson war eine Debütantin, jünger als Emily und trotz ihrer Herkunft herrlich unverdorben. Zur Hochzeit waren mehrere ihrer Freundinnen vom College gekommen, darunter eine wunderschöne junge Frau namens Jenna. Jetzt, da Emily Lazhar ansah, fiel ihr die Ähnlichkeit auf. „Mir war nicht bewusst, dass Jenna Eban eine Prinzessin ist.“

Sein Lächeln war hinreißend. „Meine Schwester liebt es, ihre königliche Herkunft zeitweilig abzulegen. Es wundert mich nicht, dass sie es Ihnen verschwiegen hat, aber es erstaunt mich, dass Sie es nicht gemerkt haben.“

„Warum sollte ich?“

„Jenna ist ein Magnet für die Klatschpresse. Ich freue mich zu hören, dass die Reporter ihr nicht den Spaß verdorben haben.“

„Ich verstehe.“ Emily nahm den Blick von seinem Mund. „Schön.“ Sie griff wieder nach dem Füllfederhalter und blätterte im Kalender. „Ich nehme an, das Personal des Palasts hat Erfahrung darin, große Feierlichkeiten zu planen …“ Sie hob den Kopf, und er nickte. „Gut. Dann ist es vielleicht möglich, die Hochzeit in sechs Monaten stattfinden zu lassen.“ Sie legte die Stirn in Falten. „Aber es könnte knapp werden. Und ich werde die Örtlichkeiten inspizieren müssen“, murmelte sie. „Leider bin ich für die nächsten beiden Wochen ausgebucht, aber danach könnte ich ein langes Wochenende einrichten, um nach Daniz zu fliegen und mich mit Ihren Leuten zu treffen.“

„Das wird nicht gehen.“

„Was wird nicht gehen?“, fragte sie verblüfft.

„Ich will keine zwei Wochen warten. Ich möchte, dass Sie sofort anfangen. Noch heute Nachmittag.“

„Ich fürchte, das ist unmöglich“, entgegnete sie kühl. „Ich habe Verpflichtungen, denen ich mich nicht entziehen kann.“

Er schwieg einen Moment. „Also ist es eine Frage des Zeitpunkts und Ihrer Arbeitsbelastung, nicht Ihrer Bereitschaft, sofort mit den Vorbereitungen zu beginnen?“

„Ja.“

Lazhar nickte zufrieden. „Sehr schön. Dann sind wir uns einig, dass Sie so bald wie möglich nach Daniz kommen werden?“

Autor

Lois Faye Dyer
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