Die falsche Braut des Sultans

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"Willkommen in meinem Reich!" Als Nicolette aus dem Flugzeug steigt, weiß Sultan Malik sofort, dass die sexy Brünette die ideale Braut für ihn ist. Leider sieht Nicolette das anders. Mit dem Feuer eines Wüstensohns macht sich Malik daran, sie zärtlich umzustimmen …


  • Erscheinungstag 14.08.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774462
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Das kommt nicht infrage.“ Prinzessin Nicolette griff nach dem Brief aus dickem Pergamentpapier und warf ihn in den Papierkorb. „Du rufst jetzt an und sagst dem Sultan oder Scheich oder was auch immer, dass du dich zu dieser barbarischen Heirat nicht zwingen lässt. Du liebe Güte, Chantal – du bist eine Frau und keine Märtyrerin!“

Chantal lächelte gezwungen. „Er ist reich, Nic. Er könnte Lillys Freiheit erkaufen, und da es keine andere Möglichkeit gibt …“

„Unsinn! Deine erste Ehe war die reinste Hölle. Genügt dir das nicht?“

Resigniert hob Chantal die schmalen Schultern. „Es geht um unser Land. Und um das Glück meiner Tochter.“

Nic konnte es nicht fassen. Was hatten die letzten beiden Jahre aus ihrer Schwester, der ältesten und distinguiertesten der drei Ducasse-Prinzessinnen, gemacht!

„Und was wird aus dir? Du brauchst Liebe und Verständnis. Noch eine Vernunftehe mit so einem Playboy, und du bist erledigt.“ Nic besaß einen ausgeprägten Familiensinn. Wenn ihre Schwester nicht mehr kämpfen wollte, dann würde sie es für sie tun. „Lilly hilfst du damit schon gar nicht. Die Kleine muss hier bei uns leben und nicht wieder in einem fremden Land. Mit einem neuen Kindermädchen, von dem sie nichts weiter zu hören bekommt als ,Nein, Prinzessin, das dürfen Sie nicht‘ oder ,Das schickt sich nicht‘.“

Chantal ließ den Kopf hängen. „Du bist nicht gerade sehr ermutigend.“

Nic kniete sich hin und umschlang die Beine ihrer Schwester. „Ich will dir doch nur helfen.“

Chantal blickte auf die langen blonden Locken und erwiderte mit leisem Spott: „Willst du den Sultan heiraten? Das glaube ich dir nie. Dafür bist du viel zu unabhängig – und zu erpicht auf die Männer.“

Nic presste die Wange an Chantals Knie. „Das stimmt nicht. Ich gehe mit ihnen aus, das ist alles.“

Ihre Schwester lachte. „Du bist eine Jägerin, Nic. Männer sind deine Beute.“

„Du redest, als wäre ich eine Nymphomanin. Ich bin dem Richtigen eben noch nicht begegnet.“

„Weil du immer nur mit den Falschen schläfst.“

„Ich schlafe nicht mit jedem x-Beliebigen.“

„Aber du magst Sex.“

„Und meine große Schwester findet das nicht richtig.“

„Deine große Schwester macht sich Sorgen um dich – wegen Aids und dergleichen, oder wegen einer ungewollten Schwangerschaft.“

Deswegen sorgt sie sich nicht, dachte Nicolette. Dafür kennt sie mich zu gut. Um was es ihr geht, ist mein guter Ruf. „Und du bist der Meinung, dass sich das für eine anständige Frau nicht schickt, nicht wahr?“

„Jemand muss es dir schließlich sagen. Und Mutter ist nicht hier.“

„Wahrscheinlich bist du froh darüber. Ihr Ruf war auch nicht der beste.“

Chantal versteifte sich. „Sag das nicht! Davon ganz abgesehen – du weißt genau, dass wir uns alle gut verheiraten müssen.“

Jeder wusste das. Wenn die Ducasse-Familie bis Ende des Jahres die fälligen Abgaben und Steuern nicht beglich, hörte ihr Königreich – zwei kleine Mittelmeerinseln – auf zu existieren. Dann fielen Mejia an Frankreich und Melio an Spanien zurück.

Es war Chantals Idee gewesen, dass die drei Prinzessinnen ihr Land durch vorteilhafte Heiraten vor diesem Schicksal bewahren und ihm zu wirtschaftlichem Aufschwung und neuer Macht verhelfen sollten. Sie war mit gutem Beispiel vorangegangen und hatte sich mit Prinz Armand Thibaudet von La Croix vermählt. Die Ehe war vom ersten Tag an ein Albtraum gewesen.

Kein Wunder also, dass Nic es mit dem Heiraten nicht eilig hatte. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie ihre Pflicht nicht tun würde.

„Und du glaubst, dass ich meine Chancen auf eine gute Heirat vertan habe.“

Chantal ignorierte den gekränkten Ton. „Ich weiß nur, dass Melios Zukunft von uns abhängt, Nic.“

„Ich habe meine Pflichten nie vernachlässigt. Wer hat sich um deine Wohltätigkeitsveranstaltungen gekümmert, als du in La Croix warst?“

„Wohltätigkeitsveranstaltungen genügen nicht mehr. Das Land braucht Millionen, um zu überleben. Und du hattest schon zwei Heiratsanträge.“

„Das war vor einer Ewigkeit.“

„Richtig, und seitdem kam nichts mehr. Was auch nicht erstaunlich ist: Durch die Presse weiß jedes Königshaus in Europa, wie unabhängig Prinzessin Nicolette ist.“

Nic hörte die Kritik aus ihren Worten. „Soll das heißen, dass dein Sultan, König Nuri, jemand wie mir keinen Antrag machen würde?“

„Soviel ich weiß, hat er es bis jetzt nicht getan.“

Nicolette starrte Chantal schweigend an. Sie würde es nicht zulassen, dass ihre Schwester aus Pflichtgefühl eine Vernunftehe mit dem Sultan schloss. Niemand außer ihr wusste, was Chantal an der Seite ihres verstorbenen Mannes durchgemacht hatte.

„Keine von uns wird den Sultan heiraten“, sagte sie schließlich. „Wir werden ihn dazu bringen, uns zu helfen, ohne unsere Freiheit zu opfern.“ Eindringlich sah sie Chantal in die Augen. „Wir bringen Lilly nach Melio zurück, verlass dich drauf.“

„Ihre Großeltern werden das niemals zulassen.“

„Doch – wenn König Nuri sie unter Druck setzt. Du sagtest doch, er sei sehr einflussreich, oder?“

„Ja. Und ungeheuer reich.“

„Dann werde ich ihn darum bitten. Seiner zukünftigen Braut wird er diesen Wunsch nicht abschlagen.“

„Nic, du willst …“

„Ich gehe als Prinzessin Chantal nach Baraka und bringe ihn dazu, sich in mich zu verlieben. Dann …“

„Nic.“

„Er ist ein Mann, Chantal. Und ich weiß mit Männern umzugehen.“

„Aber das ist doch unmöglich. Schon allein wegen unserer Haarfarbe. Ich bin brünett, und du …“

„Dann färbe ich mir die Haare, was ist schon dabei?“ Sie lachte. „Er wird überhaupt nichts merken.“

„Das gibt eine Katastrophe, Nic.“

„Nicht, wenn ich es schlau anstelle“, erwiderte ihre Schwester selbstsicher. „Verlass dich auf mich. Du weißt doch – wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann bekomme ich es auch.“

1. KAPITEL

König Malik Roman Nuri, der Sultan von Baraka, stand auf der alten Hafenmauer und beobachtete, wie die königliche Jacht mit der Flagge der Ducasse-Familie in den Hafen segelte. An Bord befand sich seine Prinzessin.

Er hörte, wie die Kapelle einen Willkommensgruß intonierte, und dachte an die junge Frau, die ihr Land verlassen hatte, um zu ihm zu kommen. Die Prinzessin und er lebten in zwei verschiedenen Welten – sie im Westen, er im Orient. Er stellte sich vor, wie ihr zumute sein musste. Wusste sie, wie sehr ihr Leben sich verändern würde? Bei dem Gedanken überkam ihn einen Moment lang so etwas wie Mitleid.

Währenddessen stand Nic auf dem polierten Deck der Royal Star. Sie strich sich über das neuerdings brünette Haar, während die Fahnen an den Masten im heißen Nachmittagswind flatterten und sie selbst vor Anspannung buchstäblich knisterte.

Sie sagte sich, dass alles wie geplant verlaufen würde. Sie war Prinzessin Chantal Thibaudet, die nach Baraka kam, um den Sultan kennenzulernen. Sie würde so tun, als wolle sie ihn heiraten, und, sobald ihre Schwester und Lilly sicher in Amerika gelandet waren, die Hochzeit wieder absagen. Das Ganze war ein Kinderspiel.

Am Horizont erschien jetzt die gewaltige Befestigungsmauer von Atiq, der Hauptstadt Barakas, die das Land und seine Bewohner jahrhundertelang vor Fluten und den Überfällen der Nachbarländer geschützt hatte. In Gedanken sah Nic die Angreifer vor sich. Sie konnte sich ihre Gier gut vorstellen – jeder trachtete nach Gewinn, die einen nach Frauen, die anderen nach Land, wieder andere nach Macht.

Dann fiel ihr der Grund ihres Kommens ein, und sie unterdrückte einen Anflug von Gereiztheit. Es war wichtig, ihr Temperament zu zügeln und sich gelassen und sanftmütig zu geben. König Nuri durfte nicht daran zweifeln, dass sie Chantal war.

Mit einem tiefen Atemzug zog sie den Schleier auf ihrem Kopf über Mund und Nase, als die hohen Palmen und blendend weißen Mauern näher kamen. Das also war der Schauplatz für die nächsten zwei Wochen ihres Lebens. Musik wehte vom Hafen zu ihr herüber. Sie registrierte die riesige Menschenmenge, die auf sie wartete.

Unter dem langen arabischen Gewand, das sie bereitwillig übergestreift hatte, begann ihr Herz vor Aufregung zu klopfen. Während die Jacht langsam in den Hafen einlief, dachte sie erneut an diese unmögliche Hochzeit. Wie hatte Chantal einem Mann wie dem Sultan ihr Jawort geben können?

Er war nichts weiter als ein gut aussehender Playboy, das hatte Nic im Internet ausfindig gemacht. Selbst auf den unscharfen Fotos sah man, dass er ein ausgesprochen markantes Gesicht und dickes dunkles Haar hatte. Beides passte gut zu seiner angeblich sagenhaften Libido. In den Klatschspalten sprach man von seinen zahlreichen Mätressen und nannte ihn den arabischen Casanova. Nic knirschte mit den Zähnen. Nach allem, was sie erlitten hatte, verdiente ihre Schwester einen besseren Mann.

Die fremdartige Musik begann ihr auf die Nerven zu gehen. Nur zwei oder drei Wochen, nicht länger, sagte sie sich. Sie würde dem Sultan vorschlagen, in den Vereinigten Staaten zu heiraten, in Baton Rouge, der Heimatstadt ihrer Mutter. Nichts Aufwändiges, nur eine kleine Feier im engsten Kreis. Und wenn sie erst einmal in Louisiana waren, würde sie die Hochzeit absagen. Ein Kinderspiel, wie gesagt.

„Wir sind am Ziel, Hoheit. Das Anlegemanöver ist fast beendet.“

Aus ihren Überlegungen gerissen, wandte Nic sich an den Kapitän der Royal Star, der neben sie getreten war. „Ich danke Ihnen, Anderson.“

„Es war mir eine Ehre, Hoheit. Darf ich mich jetzt von Ihnen verabschieden?“ Er verbeugte sich und ging. Zu den rhythmischen Klängen von Saiteninstrumenten, Trommeln und Tamburinen betrat Nic die Landungsbrücke. Als sie in der Mitte angelangt war, rieselte plötzlich ein Regen duftender Blütenblätter – orange, rosa und rot – auf sie nieder.

Wie in einem Märchen, dachte sie staunend. Die Musik, die Farben, der Duft von Gewürzen – plötzlich befand sie sich in einer anderen Welt, die sie mit ihren exotischen Geheimnissen in Bann zog.

Die Menschen jubelten und klatschten in die Hände. Ihre Sprache war Nic ebenso fremd wie ihre Gesichter. Alles um sie herum war neu und unbekannt. Sie blickte auf die Menge und suchte unwillkürlich nach etwas Vertrautem, etwas, woran sie sich orientieren könnte. Stattdessen spürte sie die Hitze, die feucht auf sie niederdrückte. Der Lärm war überwältigend, und für den Bruchteil einer Sekunde verschwamm alles vor ihren Augen.

Krampfhaft klammerte sie sich an die Reling, bemüht, die Fassung zu wahren. Nimm dich zusammen, befahl sie sich. Such dir irgendein Gesicht, das dich ablenkt.

Dann fand sie eins.

Ein Männergesicht – wie konnte es auch anders sein? Sie hatte schon immer eine Schwäche für das starke Geschlecht gehabt. Was sie sah, gefiel ihr: markante Züge, dichtes schwarzes Haar, eine breite Stirn. Der Mann trug einen eleganten dunklen Anzug und ein weißes Hemd, das am Kragen offen stand. Kühle und Selbstsicherheit gingen von ihm aus. Er war anders als die anderen.

Ihr Puls begann sich zu beschleunigen. Welche Farbe mochten die Augen hinter der dunklen Sonnenbrille haben? Nicht, dass es wichtig war, bei dem Haar und den Lippen! Die Nase war etwas zu lang, aber der Mund …

Er nahm die Brille ab, und Nic hielt den Atem an. Sein Blick war arrogant und herausfordernd. Er sah aus wie jemand, dem es gefiel, seine Kräfte mit anderen zu messen. Genau wie sie selbst. Nichts erregte sie mehr im Bett, als sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen, der versuchte, ihr seinen Willen aufzuzwingen. Wann hatte sie das letzte Mal dazu Gelegenheit gehabt? Das war schon sehr lange her …

Entschlossen verscheuchte sie ihre erotischen Träume. Sie war in Baraka, um den Sultan zu treffen. Wo blieb er? Warum erschien er nicht endlich auf der Bildfläche?

Ein untersetzter Mann mit dunklem Schnurrbart kam auf sie zu und verbeugte sich. „Prinzessin Chantal Marie Ducasse?“

„Ja.“

„Darf ich Sie mit Seiner Königlichen Hoheit, König Malik Roman Nuri, Sultan von Baraka, Prinz von Atiq, bekannt machen?“

Eine Bewegung ging durch die Menge, und für den Bruchteil einer Sekunde wünschte Nic, sie wäre nicht gekommen. Dann straffte sie die Schultern. Die Menschen traten zur Seite, und der hochgewachsene Mann in dem dunklen Anzug kam auf sie zu.

Sie spürte, wie ihre Knie nachgaben. Auf jemand wie ihn war sie nicht gefasst gewesen. Wie gebannt starrte sie auf seinen Mund – die vollen Lippen erschienen ihr wie eine Herausforderung zum Küssen.

Krampfhaft versuchte sie, sich an die Bilder im Internet zu erinnern. Auf denen hatte er ganz anders ausgesehen – kleiner, dicker, ein bisschen verweichlicht. Jemand, den sie leicht in den Griff bekommen konnte. Dieser Mann machte ganz und gar nicht den Eindruck.

„Seine Königliche Hoheit“, verkündete der Schnurrbärtige.

Nics Herz klopfte zum Zerspringen. „Königliche Hoheit?“ Es klang, als zweifle sie daran, dass er es auch wirklich war.

Er betrachtete sie schweigend, und sie senkte als Erste den Blick, um ihre Verwirrung zu verbergen. Dann kam er näher und hob ihr Kinn. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Er beugte sich hinab und küsste sie auf beide Wangen.

S-salamu alikum.“ Seine Stimme war so tief, dass Nic ihn kaum verstehen konnte.

„Friede sei mit Ihnen“, übersetzte der Begleiter und verbeugte sich erneut. „Seine Königliche Hoheit heißt Sie in Baraka willkommen, dem Land der tausend Träume.“

Land der tausend Träume? Das hörte sich interessant an.

„Vielen Dank“, murmelte sie. Ihre Wangen glühten von der Berührung seiner Lippen. Der Sultan sprach also kein Englisch. „Bitte teilen Sie Seiner Hoheit mit, dass ich von dem Empfang überwältigt bin.“

Der Mann übersetzte und wandte sich danach wieder an sie. „Seine Königliche Hoheit meint, es sei besser, nicht noch länger in der Sonne zu verharren. Sein Wagen steht bereit.“ Er zeigte auf eine Limousine, die von uniformierten Wächtern umgeben war.

Im Wageninneren setzte sich der Sultan neben Nicolette. Die kurze Fahrt verlief schweigend. Nic und der König sahen sich kaum an, aber sie war sich seiner Nähe nur allzu bewusst. Der angenehm würzige Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase. Er machte eine abrupte Bewegung und legte den Arm auf die Rückenlehne. Nics Haut begann zu prickeln. Sie spürte, wie sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten und sich die Spitzen ihrer Brüste verhärteten. Unglaublich! So stark hatte sie schon lange nicht mehr auf einen Mann reagiert. Nicht, seit Daniel …

Benommen schüttelte sie den Kopf. Dies war kaum der Moment, um in Erinnerungen zu schwelgen.

„Ihr Gepäck folgt nach“, bemerkte der Übersetzer nach ein paar angespannten Minuten. „Wenn Sie bis dahin irgendetwas benötigen, brauchen Sie nur danach zu fragen.“

Sie nickte, dankbar für den Schleier, der ihre glühenden Wangen verbarg.

Als sie den Palast erreichten, entdeckte Nic, dass es sich um eine alte, wenn auch modernisierte Festung handelte. Durch den kunstvoll verzierten Eingang fuhren sie in eine Art Ministadt mit zahlreichen Gärten, Innenhöfen und Bauwerken aus weißem Stein, eines schöner als das andere und alle von Säulengängen aus weißem Marmor umringt.

Wachen in weißen Hosen und Hemden, schwarzen Stiefeln und weißen Umhängen verbeugten sich, als König Nuri mit der Prinzessin und dem Übersetzer über einen großen Innenhof auf das Hauptgebäude zuging. Die Pracht, die sie im Inneren erwartete, verschlug Nic den Atem.

Die Halle war mindestens zwei Etagen hoch. Jede Wand, sogar die Decke, war mit Mosaiken und Ornamenten aus Gold und Bronze geschmückt. Wohin sie auch blickte, sie sah nur Gold und Reichtum und unglaubliche Schönheit.

Überwältigt folgte Nicolette dem König in einen eleganten Salon. Überall lagen leuchtend rote, kunstvoll gemusterte Teppiche. Der Sultan wies auf eins der niedrigen Sofas, und sie ließ sich dankbar auf die Seidenpolster fallen. Der Luxus um sie herum war unbeschreiblich.

Eine Dienerin mit einem silbernen Tablett kam auf sie zu. „Wünschen Sie etwas zu trinken, Prinzessin?“, fragte der Übersetzer.

Der köstliche Duft von Kaffee stieg Nic in die Nase. „Danke, sehr gern.“ Sie hatte eine Stärkung bitter nötig.

Währenddessen ließ König Nuri sie nicht aus den Augen. Er sagte ein paar Worte, und obwohl sie sie nicht verstand, klangen sie wie Musik. Seine Stimme war außergewöhnlich melodisch – und sehr sexy.

„Seine Majestät hofft, dass Sie eine angenehme Überfahrt hatten“, übersetzte der Dolmetscher.

Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Vielen Dank, Hoheit. Die Reise verlief ohne Zwischenfälle.“

Hamadulla, erwiderte König Nuri lächelnd.

„Das bedeutet ,Gott sei gedankt‘“, erklärte der Übersetzer.

Der König sprach weiter, und der Mann mit dem Schnurrbart beeilte sich, die Worte ins Englische zu übertragen. „In unserem Land ist es üblich, Gott für seine Gnade zu danken.“

„Meine Ankunft ist eine Gnade?“

„Ohne Zweifel“, erwiderte der Dolmetscher.

Nic warf dem Sultan einen verstohlenen Blick zu. So hatte sie sich dieses Zusammentreffen nicht vorgestellt. Sie war auf einen Playboy gefasst gewesen: gut aussehend und etwas verlebt, der unverhohlen mit ihr flirten würde. Der Mann, der vor ihr stand, tat nichts dergleichen.

Er setzte sich auf ein Sofa neben ihr und lehnte sich vor, um seine Tasse in die Hand zu nehmen. Dabei streifte sein Arm beinahe ihr Knie, und ein Zittern durchlief sie.

Hatte sie gehofft, dass er sie berühren würde, oder hatte sie sich davor gefürchtet? Sie wusste es nicht.

Während er auf Arabisch mit dem Übersetzer weitersprach, betrachtete sie sein Profil. Es war markant und ausgesprochen männlich.

„Seine Hoheit sagt, wie sehr er sich über Ihre Ankunft freut. Sein Land und er haben lange auf diesen Tag gewartet.“

Nic wusste nicht, was sie erwidern sollte. Nur gut, dass Chantal nicht hierher gekommen ist, dachte sie. Sie wäre König Nuri nicht gewachsen.

„Auch ich sehe unserer Bekanntschaft voller Erwartung entgegen“, erwiderte sie sorgfältig. „Es liegt mir sehr daran, Seiner Majestät meine Vorschläge für die Hochzeit zu unterbreiten.“

„Ihre Vorschläge?“, fragte der Übersetzer.

„Selbstverständlich. Schließlich ist es meine Hochzeit.“

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Der Sultan lehnte den Kopf zurück und studierte ihr Gesicht aus halb geschlossenen Augen. Sein Blick verweilte auf ihrem Mund.

Nach einer weiteren Übersetzung und der Antwort des Königs wandte sich der Dolmetscher wieder an Nicolette.

„Seine Majestät versteht, dass Ihnen alles noch sehr ungewohnt und befremdlich erscheinen muss. Er bittet Sie, sich wegen der Hochzeitsvorbereitungen keine Gedanken zu machen und sie ihm zu überlassen, da sie unserem Glauben und unseren Traditionen entsprechen müssen.“

„Bitte sagen Sie Seiner Majestät, dass ich dafür Verständnis habe, aber trotzdem darauf bestehe, an der Planung teilzuhaben.“

„Der König dankt Ihnen für Ihr Verständnis und versichert, dass Sie sich damit nicht belasten brauchen. Er wünscht, dass Sie sich in den nächsten zwei Wochen entspannen und mit Ihrer neuen Umgebung vertraut machen.“

„Und was geschieht dann?“

Der Übersetzer verbeugte sich. „Dann findet die Hochzeit statt, Hoheit.“

Nic glaubte, nicht recht gehört zu haben. In zwei Wochen? Hier in Baraka? Das musste ein Irrtum sein, ein sprachliches Missverständnis. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich verstehe nicht ganz. Wollen Sie sagen, dass das Datum bereits feststeht?“

„So ist es, Hoheit.“

Nic fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Sie befand sich noch keine zwei Stunden in König Nuris nordafrikanischem Königreich, und die Dinge wuchsen ihr bereits über den Kopf. Was wurde aus ihrem Plan für eine Hochzeit in Amerika? „Wieso wurde der Termin schon festgelegt?“

Wieder verbeugte sich der Übersetzer. „Seine Hoheit hat nach unserem Glaubenskalender den besten Tag für das große Ereignis bestimmt.“

Sie wandte den Kopf und blickte erneut auf den Sultan, der unbeteiligt neben ihr saß. Männern wie ihm – intelligent, verbindlich und selbstsicher – war sie bisher immer aus dem Weg gegangen. „Und was wird aus meinem Kalender?“ Ihr Ton ließ keinen Zweifel an ihrem Missfallen. „Er kann doch das Datum nicht festlegen, ohne mich vorher zu fragen.“

Der Dolmetscher nickte mit ernster Miene und erklärte höflich: „Es ist üblich, dass der König die Empfehlungen seiner geistlichen Berater befolgt.“

„Ist der König religiös?“

„Der König ist der König. Der Herrscher von Baraka …“

„Und ich bin Prinzessin Chantal Ducasse“, unterbrach sie hitzig. Was fiel ihm ein, sie einfach zu übergehen? „Bitte erinnern Sie Seine Majestät daran, dass nichts entschieden ist, bevor auch ich meine Zustimmung gebe.“

Der Mann zögerte, ihre Worte zu übersetzen.

Nic schob das Kinn vor. „Bitte sagen Sie es ihm.“

„Prinzessin …“

Sie beugte sich vor und stellte die Tasse auf den niedrigen Tisch. „Vielleicht war es ein Fehler, nach Baraka zu kommen. Ich war der Meinung, dass König Nuri ein aufgeschlossener moderner Herrscher ist …“

„Mit anderen Worten, ein Mann des Westens“, murmelte der König und erhob sich.

Nic blieb der Mund offen stehen.

Er sprach also doch Englisch. Aber natürlich! Wie hatte sie das nur vergessen können? Im Internet war von seinem Studium in Oxford die Rede gewesen. Dennoch zog er es vor, dieses erste Gespräch mithilfe eines Dolmetschers zu führen, so, als handele es sich um ein Interview.

Sie sah zu ihm hoch, wobei ihr Kopfschleier auf die Schultern fiel. „Wozu der Übersetzer?“, fragte sie.

„Ich dachte, es wäre leichter für Sie“, erwiderte er gleichmütig.

Leichter für ihn, nicht für sie.

Er will mir seine Macht beweisen, dachte sie zähneknirschend. Ich muss mich zusammennehmen und wie Chantal reagieren. Ich bin Chantal.

Sie nickte liebenswürdig. „Sie sind sehr rücksichtsvoll“, entgegnete sie und stand ebenfalls auf. „Ich … Ich danke Ihnen.“

König Nuri verzog den Mund. „Keine Ursache.“ Er machte eine Geste mit der Hand, worauf der Übersetzer den Raum verließ.

Nic und der König standen sich gegenüber. Eine Weile studierte er ihr Gesicht, dann legte er die Hände auf den Rücken und begann, langsam um sie herumzugehen.

Autor

Jane Porter

Bereits in der Grundschule schrieb Jane ihr erstes Manuskript: Es war 98 Seiten lang und wurde von einem Jungen in ihrer Klasse zerrissen. Jane weinte, der Junge musste die zerrissenen Seiten zusammenkleben und kam mit einer Verwarnung davon, während Jane fürs Schreiben im Unterricht bestraft wurde und so lernte, dass...

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