Dieses unwiderstehliche Verlangen

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"Es war nur Sex." Blair sieht Draco Sandrelli fest in die Augen. Ja, er hat ihr gutgetan, nachdem ihr Verlobter mit ihrer besten Freundin fremdgegangen war. Und ja, Draco weckt eine derart ungezähmte Leidenschaft in ihr, dass sie alles andere vergessen könnte. Aber jetzt liegt die Zeit in der Toskana hinter ihr, und Blair will dafür sorgen, dass ihr Restaurant mit fünf Sternen ausgezeichnet wird. Auch wenn dieser charmante Italiener sie so verführerisch anlächelt … Ein letzter Kuss, denkt Blair - und ahnt nicht, dass sie längst mehr mit Draco verbindet als Lust!


  • Erscheinungstag 02.01.2010
  • Bandnummer 0003
  • ISBN / Artikelnummer 9783862951772
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Das zwischen uns war nur Sex. Sonst nichts.“

Und mehr würde es auch nie sein, das hatte Blair sich geschworen. Sie sah Draco Sandrelli direkt in die Augen und hoffte, dass er ging, bevor sie irgendetwas Verrücktes tat, wie etwa in Ohnmacht zu fallen oder sich auf seine teuren italienischen Schuhe zu übergeben. Seit dem Frühstück litt sie an leichter Übelkeit, aber als Draco sie jetzt anlächelte, wurde ihr glühend heiß, genau wie damals, als sie seinem Lächeln nicht hatte widerstehen können und mit ihm ins Bett gesunken war.

„Aber, cara mia, du weißt doch genau, dass es viel mehr als nur Sex war.“

Seine dunkle, samtige Stimme blieb nicht ohne Wirkung. Immer noch wachte Blair nachts auf und dachte an diese Stimme, die ihr schon damals jeglichen Widerstand geraubt hatte. Und dann konnte sie nicht wieder einschlafen, weil ihr sofort bewusst wurde, wie es sich angefühlt hatte, seinen Körper so dicht an ihrem zu spüren, seine warme, glatte Haut …

Seine grünen Augen funkelten, als wisse er genau, was in ihr vorging. Obgleich sie nur wenige Tage zusammen gewesen waren, schien sie für ihn wie ein offenes Buch zu sein. Er lächelte. Trotz des Trauergottesdienstes hatte er auf seinen Dreitagebart nicht verzichten wollen, der ihm sehr gut stand – was er genau wusste. Immerhin hatte er das schwarze Haar, das ihm bis auf den Kragen reichte, zurückgestrichen, sodass es ihm nicht ins Gesicht fiel … dieses Gesicht. Sie musste ein leises Stöhnen unterdrücken. Der Mann sah einfach unverschämt gut aus.

„Willst du nicht heute Abend mit mir essen gehen?“, fragte er leise.

„Nein, auf keinen Fall. Das ist mein Ernst, Draco. Wie auch immer du es nennen willst, meinetwegen auch einen Urlaubsflirt, es wird sich nicht wiederholen. Der Urlaub ist zu Ende, ich bin wieder zu Hause und will und muss arbeiten. Das heißt, ich habe andere Dinge zu tun, als hier mit dir zu stehen und zu schwatzen. Und dir geht es doch sicher nicht anders.“

Auf keinen Fall würde sie ihn fragen, weshalb er hier war. Aber es war schon mehr als seltsam, dass ihr Urlaubsflirt ausgerechnet heute hier aufgetaucht war. Und zwar auf der Trauerfeier, deren Empfang sie nur einem alten Freund ihres Vaters zuliebe ausrichtete. Auch wenn der Gedanke durchaus verführerisch war, wieder mit dem Erben des weltweiten Sandrelli-Konzerns ins Bett zu gehen, es kam nicht infrage. Blair hatte Wichtigeres zu tun.

So nahm sie sich zusammen, schüttelte noch einmal entschlossen den Kopf, drehte sich um und ließ Draco einfach stehen.

Sofort folgte er ihr. Sie beschleunigte ihre Schritte, machte eine abrupte Wendung und bog in den langen Flur ein, der zu der großen Küche führte. Schwer atmend presste sie sich gegen die Wand und hoffte, dass Draco sie hier nicht finden würde. Ihr Herz schlug wie verrückt, ihr zitterten die Hände.

Seit dem Tag, an dem sie ihren Verlobten in enger Umarmung mit ihrer besten Freundin überrascht hatte, war sie nicht so durcheinander gewesen. Ausgerechnet im Weinkeller ihres Restaurants „Carson’s“ hatte sie Alicia in flagranti mit ihrem Verlobten erwischt, das war bitter gewesen. Der Schmerz war fast unerträglich gewesen, als der Mann, mit dem sie ihre Zukunft geplant hatte, die Freundin küsste, die in wenigen Tagen ihre Trauzeugin hätte sein sollen. Blair hatte nicht nur den Verlobten, sondern auch die Freundin verloren, und dieser Verlust berührte sie immer noch tief.

Ihre anschließende Reise in die Toskana war mehr eine Flucht gewesen, und dort war sie Draco Sandrelli begegnet und ihm prompt verfallen.

Ja, es war nur Sex gewesen, aber noch nie war sie mit einer solchen Leidenschaft geliebt worden. Genau das hatte sie gebraucht, um ihr angeschlagenes Selbstbewusstsein wieder aufzurichten. Doch das war es dann auch schon gewesen.

Blair stieß sich von der Wand ab und ging in die Küche, während sie sich überlegte, was noch zu tun war, bevor sie wieder ins „Carson’s“ zurückkehren konnte. Dort musste sie alles für die Gäste vorbereiten. Glücklicherweise waren ihre persönlichen Sachen bereits zusammengepackt worden. Für sie gab es hier nichts mehr zu tun. Die Crew, die sie für den Empfang angeheuert hatte, würde das Aufräumen besorgen und das Geschirr später wieder beim Restaurant abliefern.

Sie strich den schwarzen Rock glatt, der ihre schmale Hüfte vorteilhaft betonte und den sie immer zu solchen Gelegenheiten trug – in Kombination mit einer kurzärmeligen weißen Bluse. Dann hängte Blair sich die Tasche über die Schulter und ging zu ihrem Kombi, den sie draußen vor dem Hintereingang geparkt hatte. Der Wagen sah aus, als könnte er eine neue Lackierung vertragen. Und wenn sie nicht in die Toskana geflogen wäre, hätte sie die „alte Gertie“, wie sie das Auto liebevoll nannte, durch einen neuen Gebrauchtwagen ersetzen können. Aber dann hätte sie sich weiter wegen des perfiden Verhaltens von Alicia und Rhys gegrämt und nie erfahren, was für eine sinnliche Frau sie eigentlich war.

Und genau diese Entdeckung hatte ihr gezeigt, dass sie im Leben nicht alles haben konnte. Sie war nicht der Mensch, der erfolgreich ein Geschäft – in diesem Fall ein mehrfach ausgezeichnetes Restaurant – führen und gleichzeitig eine hingebungsvolle und verlässliche Lebenspartnerin sein konnte. Nein. Sie hatte sich für ihre Karriere entschieden und war glücklich damit. Sie hatte sich ganz auf ihren Beruf konzentriert. Als sie Draco kennengelernt hatte, hatte sie begriffen, dass in ihrem Leben nicht beides Platz hatte. Denn die Leidenschaft, die sie für ihn empfand, war so intensiv gewesen, dass die Gefahr bestand, alles andere in ihrem Leben zu vernachlässigen. Deshalb hatte Blair geschworen, sich nie wieder einer solchen Leidenschaft hinzugeben.

Wie Schuppen war es ihr von den Augen gefallen, als sie eines Morgens nackt in Dracos Armen aufgewacht war. Drei Tage und drei Nächte hatte sie nicht an das Restaurant gedacht! Das bedeutete, dass die Leidenschaft für Draco sie stärker gefangen hielt als das Interesse, das sie sonst ihrer Arbeit entgegenbrachte – ein ernüchternder Gedanke.

Ihr wurde sofort klar, dass beides zusammen – die große Leidenschaft und die Karriere als Topköchin und Chefin eines exquisiten Restaurants – in ihrem Leben keinen Platz hatte. Die Arbeit bedeutete ihr alles, der Erfolg gab Blair Selbstvertrauen und hatte sie zu der Frau gemacht, die sie war. Dagegen war so etwas Flüchtiges wie körperliche Anziehungskraft bedeutungslos.

An dem Morgen war Blair sofort aufgestanden und hatte ihre Sachen zusammengepackt. Draco hatte zwar versucht, sie zum Bleiben zu überreden, aber seine Worte waren auf taube Ohren gestoßen. Obgleich sie noch nie so leidenschaftlichen Sex gehabt hatte, wusste Blair, dass darauf keine Zukunft aufzubauen war.

Momentan hatte sie nur ein Ziel, und diesem Ziel musste sie alles unterordnen. Sie wollte, dass das berühmte Fine Dining Magazin dem „Carson’s“ fünf Sterne verlieh. Damit würde es zu den Toprestaurants des Landes zählen. Das war immer der Traum ihres Vaters gewesen, der nur zögernd die Zügel aus der Hand gegeben hatte. Aber da er gesundheitlich angeschlagen war, hatte er das Restaurant seiner Tochter überlassen müssen, ein Umstand, mit dem er sich immer noch nicht ganz abgefunden hatte.

Nun wollte Blair diesen Traum verwirklichen, und dabei hatte sie eigentlich auf Rhys’ und Alicias Hilfe gezählt. Doch jetzt musste sie es allein hinkriegen. Und sie würde es schaffen. Das „Carson’s“ würde Aucklands bestes Restaurant werden. Und sie, Blair Carson, würde Draco Sandrelli vergessen.

Zögernd blieb Draco vor der Küchentür stehen. Wo war Blair? Frustriert ging er auf dem Flur hin und her. Sie musste in der Küche sein. Unwillkürlich straffte er die Schultern. Sie mussten unbedingt miteinander sprechen, und er würde sich nicht abweisen lassen. Als Blair an dem Morgen so hastig aufgebrochen war, war er bereit gewesen, Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, um sie aufzuhalten. Aber unglücklicherweise hatten seine Eltern in dem Augenblick angerufen, die nur wenige Kilometer entfernt auf dem Familiensitz der Sandrellis lebten. Und als Draco endlich vom Krankenbett seines Vaters zurückgekehrt war, hatte Blair den Palazzo bereits verlassen, ohne eine Adresse oder Telefonnummer hinterlassen zu haben.

Die Begegnung an diesem Tag war für Draco vollkommen überraschend gekommen. Aber er grübelte nicht lange darüber nach, ob dies Zufall oder Schicksal war. Ihm war klar, er hatte seine zweite Chance bekommen, und die wollte er nutzen. Sofort hatte er wieder diese ungeheure Anziehungskraft gespürt, die sie beide verband und die die meisten Paare nie in ihrem Leben füreinander empfanden.

Blair war eine ganz besondere Frau, das fühlte er sehr genau. Er hatte sie einfach nicht vergessen können.

Schwungvoll stieß er die Tür zur Küche auf und sah gerade noch, wie Blair durch den anderen Ausgang verschwand. Mit ein paar langen Schritten hatte Draco die Küche durchquert und sah, wie Blair einen Kasten in den Kofferraum eines Autos lud, das schon bessere Tage gesehen hatte.

„Blair, warte.“

„Alles, was ich zu sagen hatte, habe ich gesagt“, erwiderte sie leise, aber bestimmt und schob sich hinter das Lenkrad.

Draco hielt die Fahrertür fest. „Aber du hast noch nicht gehört, was ich dazu zu sagen habe.“

„Ehrlich gesagt bin ich daran nicht besonders interessiert.“

Sie versuchte, die Tür zuzuziehen. Als es ihr nicht gelang, verschränkte sie verärgert die Arme vor der Brust. „Was soll das, Draco? Kannst du es nicht ertragen, wenn jemand dir eine Abfuhr erteilt? Wahrscheinlich ist dir so etwas noch nie passiert, aber ich fürchte, diesmal wirst du es hinnehmen müssen.“

Er musste über ihre zornigen Worte lächeln. Sie hörte sich an wie ein kratzbürstiges Kätzchen. „Ich möchte doch nur mit dir reden. Du bist so schnell verschwunden. Und wir hatten noch nicht einmal Zeit, uns richtig zu … verabschieden.“

Wie er es vorausgesehen hatte, reagierte sie darauf, wenn auch widerwillig. Denn er sah, wie sich unter dem dünnen Baumwollstoff ihrer Bluse die harten Brustspitzen abzeichneten. Er liebte ihre kleinen festen Brüste und besonders Blairs leidenschaftliche Reaktion, wenn er sie berührte und die harten Spitzen mit Lippen und Zunge reizte. Nie zuvor hatte er eine Frau geliebt, die in diesem Punkt so empfindsam war. Der Sex mit ihr war fantastisch gewesen, besser als mit jeder anderen Frau. Und er würde nicht aufgeben, sie zurückzuerobern. Er musste einfach wieder mit ihr schlafen.

Als Blair den Kopf wandte und Draco ansah, bemerkte sie seinen Blick, der auf ihre Brüste gerichtet war.

„Himmel noch mal!“, stieß sie unwillig hervor und ließ den Motor an. „Wir haben alles gesagt, was nötig war. Ich zumindest. Muss ich es wiederholen? Du warst ein Urlaubsflirt. Du warst gut im Bett, und das hat meinem Ego sehr gutgetan. Aber das ist alles. Die Sache ist abgeschlossen. Und nun lass meine Tür los. Sonst muss ich den Sicherheitsdienst rufen.“

„Und genau in diesem Punkt bin ich nicht deiner Meinung, delizia. Die Sache zwischen uns ist keineswegs abgeschlossen. Ich lasse dich jetzt fahren, aber du kannst sicher sein, ich werde dich wiedersehen, und wir werden diese Unterhaltung vernünftig zu Ende führen.“

Langsam trat er einen Schritt zurück, und ohne ein weiteres Wort schlug sie die Tür zu und fuhr mit kreischenden Reifen davon, sodass der Kies hoch aufspritzte.

Er blickte ihr hinterher, und ein triumphierendes Lächeln umspielte seine Lippen. Ihr Nummernschild hatte er sich sehr genau angesehen. Auch wenn sie vielleicht glaubte, ihm entkommen zu sein, er wusste jetzt, wie sie zu finden war. Und er schwor sich, dass er nicht aufgeben würde, bis er sie wieder in seinem Bett hatte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass seine beiden besten Freunde Brent Colby und Adam Palmer neben ihren beiden Moto Guzzis standen und zu ihm hinübersahen. Draco hatte dafür gesorgt, dass drei dieser schnellen wendigen Motorräder nach Neuseeland gebracht wurden. So konnten sie wie früher wieder gemeinsam auf Tour gehen, sofern sie alle zur selben Zeit im Lande waren. Das war allerdings selten genug der Fall.

Brent hatte sich seine Millionen durch harte Arbeit selbst verdient. Er hatte schwierige Zeiten durchlebt und sein Vermögen komplett verloren, was ihn aber nicht entmutigt hatte, und Draco bewunderte ihn dafür. Umso mehr, als Brents zweite Karriere noch erfolgreicher verlief und er jetzt sehr viel besser dastand als jemals bevor. Brents Cousin Adam kam aus vollkommen anderen Verhältnissen. Seine Familie gehörte zum alten neuseeländischen Geldadel. Zwar konnte er nicht wie Draco Sandrelli auf einen jahrhundertealten Stammbaum zurückblicken, aber was seine Familie im letzten Jahrhundert erreicht hatte, war sehr eindrucksvoll. Die Palmers spielten eine bestimmende Rolle in der neuseeländischen Wirtschaft, und ihr Konzern hatte Niederlassungen überall in der Welt.

Die Sandrellis dagegen mit ihrer uralten Tradition … Draco fühlte wieder den Druck, wie immer, wenn er an seine Familie dachte. Wie ein Riesengewicht lasteten die Worte seines kranken Vaters auf ihm, die dieser ohne Unterlass wiederholte, wann immer er die Gelegenheit dazu hatte. Draco war der letzte der Sandrellis, und wenn er keine Nachkommen zeugte, bedeutete das das Ende der ruhmreichen Familiengeschichte. Diese Verantwortung bedrückte ihn und ließ ihn nie los. Blair war die erste Frau seit Langem, die ihn wirklich interessierte. Wenn er sie nur überreden könnte, ihrer Beziehung eine Chance zu geben.

Schnell lief er zu den Freunden hinüber. Geplant war, nach Auckland zurückzufahren und den Tag bei Brent mit Poker und ein paar guten Drinks abzuschließen. Vielleicht fiel ihm auf der Fahrt ein, wie er Blair für sich gewinnen, sie zumindest überzeugen könnte, sich noch einmal mit ihm zu treffen.

Offensichtlich war sie der Meinung, sie sei ihn ein für alle Mal losgeworden, aber das Gegenteil war der Fall. Ihre Zurückweisung hatte sein Verlangen nur noch gesteigert. Auch wenn sie meinte, sie habe momentan die besseren Karten, er wusste genau, dass sie ihm auf Dauer nicht widerstehen konnte. Genauso wenig, wie er von ihr lassen wollte. Dass er sie hier wiedergetroffen hatte, war Schicksal, davon war er fest überzeugt. Und kein Mann, der bei Verstand war, würde sich diese unverhoffte Gelegenheit entgehen lassen.

Dennoch war es sehr ungewiss, ob er seinem Vater den sehnlichsten Wunsch erfüllen konnte. Dessen erster Schlaganfall war zwar relativ milde ausgefallen, aber die Ärzte ließen keinen Zweifel daran, dass ein zweiter sehr viel schwerer, wenn nicht sogar tödlich verlaufen könnte.

Es durfte einfach nicht zu spät sein. Schließlich hatten die Sandrellis seit vielen Jahrhunderten große Teile der Toskana beherrscht. Die großen Ländereien rund um den Palazzo durften nicht in fremde Hände fallen. Seit Dracos älterer Bruder vor zehn Jahren gestorben war, beherrschte den jüngeren dieser Gedanke. Wenn er Blair dazu bringen konnte, ihn zu heiraten, würde er dem Vater die Enkelkinder schenken, die der sich so sehnlich wünschte. Und wenn er an die drei leidenschaftlichen Tage und Nächte mit Blair dachte, dann dürfte ihm das eigentlich keine Mühe machen.

Adam und Brent sahen ihn schweigend an. „Sagt nichts“, warnte er sie und griff nach seinem Helm, setzte ihn sich auf und klappte das Visier herunter.

Irgendwann würde er ihnen auch von seinen Plänen erzählen. Dann, wenn er Blair da hatte, wo er sie haben wollte.

„Er ist schon wieder da, Darling. Das ist jetzt der siebte Abend in Folge.“ Gustav, Blairs schwuler Oberkellner, der erfrischend offen mit seiner Neigung umging, hob fragend eine Augenbraue, als er mit einer neuen Bestellung in die Küche lief.

Blair fiel das scharfe Messer aus der Hand, das scheppernd auf dem Fliesenboden landete. Seit der Trauerfeier war Draco jeden Abend im Restaurant aufgetaucht. An diesem Tag war er später dran als sonst, und die Ungewissheit, ob er kommen würde oder vielleicht schon wieder in die Toskana zurückgekehrt war, hatte Blair ganz nervös gemacht. Nur schwer hatte sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können, was besonders ungünstig war, da einer ihrer Köche fehlte. So mussten die Gäste länger als üblich auf ihr Essen warten.

Das sollte in einem preisgekrönten Restaurant eigentlich nicht vorkommen. Für jemanden wie sie gab es nur eine Priorität, und das war nicht Draco Sandrelli.

„Was hat er bestellt?“ Hoffentlich hatte er sich etwas ausgesucht, das sie schnell zubereiten konnte. Je eher er sein Essen bekam, desto eher würde er das Restaurant auch wieder verlassen.

„Scaloppine alla Boscaiola mit gedünstetem gemischten Gemüse. Erstaunlich, dass sich so ein großer, kräftiger Mann immer diese leichten Gerichte bestellt“, meinte Gustav lächelnd. „Vielleicht bewahrt er sich seinen Appetit für etwas anderes auf?“ Er zwinkerte Blair kurz zu, griff nach dem vorbereiteten Teller und verließ die Küche durch die Schwingtür.

Vor Erleichterung seufzte Blair leise auf. Die dünnen Schweinefilets auf Pilzen mit gemischtem Gemüse waren leicht zuzubereiten. Dieses Gericht hatte sie auf ihrer kulinarischen Studienreise durch die Toskana kennengelernt. Auf der Reise, während der sie nicht nur Märkte und berühmte Restaurants besucht hatte, sondern überraschenderweise auch im Bett des jüngsten Sohnes der ebenso berühmten Familie Sandrelli gelandet war.

Während Blair vorsichtig Olivenöl in der schweren Pfanne erhitzte, versuchte sie, die Erinnerung an diesen „Umweg“ zu unterdrücken. Sie war aus dem Reisebus direkt vor dem Palazzo Sandrelli ausgestiegen, und auf der anderen Seite des großen Hofes stand er und sah sie an. Aber nicht nur er fesselte sie auf den ersten Blick. Merkwürdigerweise verspürte sie augenblicklich eine starke Sehnsucht danach, dort hinzugehören, in einen Palazzo wie den der Sandrellis mit seiner langjährigen Tradition und Geschichte.

Wahrscheinlich lag das darin begründet, dass ihr Vater und sie eher ein Nomadenleben geführt hatten, nachdem die Mutter sie verlassen hatte. Auf der Suche nach Arbeit waren sie mehr oder weniger den Touristenströmen gefolgt und hatten mal in dieser, mal in jener Stadt gelebt. Erst als der Vater sein eigenes Restaurant aufmachen konnte, hatte Blair so etwas wie ein Zuhause gehabt. Das „Carson’s“ war der Ruhepol in ihrem Leben geworden, und deshalb würde sie alles dafür tun, damit das Restaurant seinen guten Ruf behielt. Allerdings konnte ihr das nur gelingen, wenn sie sich ganz auf ihre Arbeit konzentrierte und nicht in Gedanken irgendwelchen Fantasien nachhing.

Genau. Vorsichtig legte sie die dünnen Filets in die Pfanne und wandte sich dann dem Gemüse zu.

Erst als sie Fleisch und Gemüse auf dem Teller anrichtete, erlaubte sie sich, wieder an Draco zu denken. Jeden Abend ließ er der Küche ausrichten, wie exzellent das Essen gewesen sei. Normalerweise ging sie häufiger in den Gästebereich, um ihre Besucher zu begrüßen. Aber seit Draco kam, blieb sie in der Küche. Sie hatte Angst, ihm zu begegnen, Angst vor ihren eigenen Gefühlen.

Wenn er nun wieder mit dem anfing, was er vor einer Woche bei ihrem zufälligen Wiedersehen angedeutet hatte? Dass er mehr wollte? Zu wissen, dass er nur wenige Meter von ihr entfernt saß, ließ ihr Herz bereits schneller schlagen, und ein wohliges Kribbeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. All ihre Sinne waren auf den Mann gerichtet, der, nur durch die Schwingtür getrennt, an einem Einzeltisch saß. Und sie wusste, dass er nur auf den passenden Augenblick wartete. Denn Männer wie Draco wollten das erreichen, was sie sich vorgenommen hatten. Das hatte sie buchstäblich am eigenen Leib erfahren.

„Blair?“

Gustav war in die Küche gekommen.

„Was ist?“ Blair war zusammengezuckt. „Bitte, sag nicht, dass gerade eine Busladung Touristen angekommen ist, die alle Ossibuchi essen wollen. Davon ist nichts mehr da, wie du weißt.“

„Nein. Es handelt sich um Mr. Superman. Er möchte mit dir persönlich sprechen.“

Blair stockte kurz der Atem. „Du hast ihm hoffentlich gesagt, dass das nicht möglich ist.“

„Nein, im Gegenteil. Ich habe ihm gesagt, du kämst gleich.“

„Aber Gustav!“

„Warum nicht? Es ist gleich halb zwölf, das Restaurant ist so gut wie leer, Nachtisch und Kaffee für Tisch zehn serviere ich gleich. Es gibt keinen Grund, warum du mit einem Gast nicht ein Glas Port trinken solltest, bevor wir schließen. Na los, das Leben besteht doch nicht nur aus Arbeit. Amüsier dich doch mal ein bisschen.“

Nur mit Mühe unterdrückte Blair ein Stöhnen. Seit ihre Verlobung in die Brüche gegangen war und sie Rhys und Alicia hatte entlassen müssen, hatte Gustav versucht, sie aufzuheitern. Immer wieder ermunterte er sie, doch mal wieder auszugehen.

Ja, wenn er wüsste!, dachte sie. In der Toskana hatte sie sich so sehr „amüsiert“, dass sie jetzt nicht mehr davon loskam. Und das, obgleich sie sich mit ganzer Kraft auf die Arbeit gestürzt hatte, als sie vor gut zehn Tagen aus Italien zurückgekommen war.

Gustav zog einfach ihre Schürzenbänder auf und befreite sie von dem fast bodenlangen Kleidungsstück. Dann reichte er ihr wortlos den Lippenstift, den sie neben der Schwingtür deponiert hatte, um ihn zur Hand zu haben, bevor sie die Gäste begrüßte.

„Nun mach schon. Es wird dich nicht umbringen. Glaub mir, Darling, wenn ich wüsste, ich hätte bei ihm Chancen, säße ich bereits an seinem Tisch. Aber er hat sehr deutlich gesagt, dass er mit dir sprechen will.“

Zögernd zog sie den Deckel des Lippenstifts ab und trug ein wenig Rot auf. „Zufrieden?“

„Nicht ganz.“ Er nahm ihr das Haarnetz ab und lockerte ihr mit gespreizten Fingern die Frisur. „So, das ist besser.“ Dann nahm er sie bei den Schultern und schob sie in Richtung Tür. „Mach dir um die Küche keine Gedanken. Wir kümmern uns um alles. Viel Vergnügen!“

Als die Schwingtür hinter ihr zufiel, hätte Blair schwören können, leises Klatschen zu hören. Schnell wandte sie den Kopf und sah durch das Fenster in der Tür, wie Gustav sich vor ihren Angestellten verbeugte, wohl weil er es endlich geschafft hatte, die Chefin umzustimmen. Sie lächelte gerührt und wandte sich dann dem Mann zu, der bereits ungeduldig auf sie wartete.

2. KAPITEL

Draco erhob sich, als er Blair auf sich zukommen sah. Er hatte schon befürchtet, dass der Kellner es nicht geschafft hatte, sie zu überreden. Aber nun kam sie. Endlich.

Langsam musterte er sie von oben bis unten. Sie wirkte verspannt und unsicher, als habe sie Angst vor dieser Begegnung. Die schmalen dunklen Augenbrauen hatte sie leicht zusammengezogen, und mit ihren großen braunen Augen musterte sie ihn misstrauisch.

Unter dem weiten weißen Kochjackett und der weiß-schwarz karierten Hose verbarg sich ein schlanker, gut proportionierter Körper, wie Draco nur zu genau wusste. Und bei dem Gedanken an ihre kleinen festen Brüste stieg Verlangen in ihm auf. Sie schien zu spüren, was in ihm vorging, denn sie errötete leicht und befeuchtete sich die Lippen.

Dracos Erregung wuchs. Noch bevor der neue Tag anbrach, musste sie in seinem Bett liegen. Er konnte es kaum noch erwarten, sie endlich wieder neben sich zu fühlen. Außerdem gab es vieles, was noch geklärt werden musste. Vor allem musste Blair Carson begreifen, dass sie nicht einfach vor ihm davonlaufen konnte. Das ließ sich ein Draco Sandrelli nicht bieten.

Am liebsten hätte er sie einfach bei der Hand genommen und sie in sein Auto gesetzt, das direkt vor der Tür stand. Dann würde er mit ihr in sein Apartment fahren, sie langsam ausziehen, den Anblick ihres nackten Körpers genießen und dann mit ihr schlafen.

Nur mit Mühe konnte er sich davor zurückhalten, aufzuspringen und genau das zu tun. Denn als sie auf ihn zukam, wirkte sie wie eine ängstliche Gazelle, die jederzeit zur Flucht bereit war. Und auf keinen Fall wollte er sie vertreiben. Er musste sie in Sicherheit wiegen.

Sie hob kurz die Hand zum Gruß, als sie vor seinem Tisch stand. „Ich hoffe, es hat Ihnen geschmeckt, Mr. Sandrelli.“

Draco musste über ihren Versuch lächeln, sachlich zu bleiben. Blair sah das. Sie presste kurz die Lippen aufeinander, als er aufstand, sie bei den Schultern nahm und sie links und rechts auf die Wangen küsste.

Dann wies er auf den Platz neben sich. „Ich bin immer entzückt über die Ergebnisse deiner Kochkunst, Blair. Deine Fähigkeiten in der Küche werden nur übertroffen von denen im …“

„Vielleicht kann ich dir etwas zu trinken bringen lassen“, unterbrach sie ihn schnell. „Gustav hat was von Port gesagt. Möchtest du einen?“ Sie wandte sich um, als wolle sie in die Küche zurückgehen, aber Draco hielt sie am Arm fest.

„Bleib. Gustav wird ihn schon bringen. Ich möchte erst mal ein bisschen mit dir reden.“

„Okay, wenn es sein muss.“

„Du hast während deines Aufenthalts in der Toskana viel dazugelernt. Das Rezept für das Gericht von heute Abend hast du dir doch aus Lucca mitgebracht, oder?“

„Ja. Ein paar der Rezepte aus der Gegend stehen jetzt auf meiner Karte. Die Gerichte sind sehr beliebt bei den Gästen.“

„Das kann ich mir vorstellen. Aber du siehst müde aus. Hast sicher einen anstrengenden Tag gehabt.“ Zärtlich strich er ihr mit dem Daumen über die Wange.

Autor

Yvonne Lindsay

Die in Neuseeland geborene Schriftstellerin hat sich schon immer für das geschriebene Wort begeistert. Schon als Dreizehnjährige war sie eine echte Leseratte und blätterte zum ersten Mal fasziniert die Seiten eines Liebesromans um, den ihr eine ältere Nachbarin ausgeliehen hatte. Romantische Geschichten inspirierten Yvonne so sehr, dass sie bereits mit...

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