E-Mails für eine Traumfrau

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Die Chatbekanntschaft mit der charmanten, temperamentvollen Ally hat einen Riesenvorteil, findet Caleb Kinley. Wenn es für ihn zu intensiv wird, kann er einfach den Computer ausschalten! Aber nun braucht der beziehungsscheue Millionär dringend eine Freundin vor Ort, wenn auch nur als Scheindate zur Hochzeit seiner Schwester. Also lädt er Ally in die Kinley-Villa nach Italien ein. Doch nichts hat ihn darauf vorbereitet, wie verführerisch seine Online-Freundin ist! Und diesmal kann Caleb aus Angst vor Nähe nicht einfach offline gehen …


  • Erscheinungstag 04.04.2023
  • Bandnummer 2591
  • ISBN / Artikelnummer 9783751518444
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Ally: Du wirst nie glauben, was meine Eltern jetzt getan haben!

Caleb: Kein Plan … dich mit Zuneigung und Liebe überschüttet?

Okay … das sowieso! Aber du musst schon genauer sein, wenn du das Speed-Boat gewinnen willst!

Ich habe schon ein Speed-Boat.

Was? Wirklich?! Natürlich hast du eins …

Nun tu es nicht so geheimnisvoll …

Los, rate mal!

Sie haben … keine Ahnung … dir ein köstliches Dinner bereitet?

Caleb, das ist nichts Besonderes, sondern normale elterliche Fürsorge!

Vielleicht für jemanden, dessen Eltern einen nicht ins Internat stecken und sich dann ins Ausland absetzen …

Tut mir leid, vergessen wir das Rätselraten … du hast ja ohnehin schon ein Speed-Boat!

Nein, schon in Ordnung … sollte ein Witz sein. Ich will das Boot unbedingt. Also, haben sie dir etwa wieder ein Date angehängt? Obwohl du sie angefleht hast, es nicht zu tun, nachdem du das Herz des netten Arztes gebrochen hast?

Ich habe ihm nicht das Herz gebrochen!

Lag ich trotzdem richtig?

In etwa … nur dass es viel schlimmer ist! Warte, ich kopiere kurz und füge ein: Liebe Ally, Willkommen in der ‚Kein Single mehr-Family‘! Wir können es kaum erwarten, dich an Bord zu begrüßen und auf die Reise deines Lebens mitzunehmen. Auf eine Kreuzfahrt rund um die zauberhaften Scilly-Inseln, zusammen mit anderen Singles – selbstverständlich von uns abgecheckt und ausgesucht. Freu dich auf romantische Candlelight-Dinner, abendliche Spaziergänge auf den Decks und entspannte Tage am Pool …

Es gibt noch weitere Infos, aber so hast du schon mal einen ersten Eindruck.

Ally, das ist jetzt kein Witz? Sie wollen wirklich, dass du so etwas mitmachst?

Ja! Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen, um das zu torpedieren! Hast du vielleicht eine Idee? Und überhaupt … wie läuft es bei euch mit der Hochzeit?

Unerträglich! Das Brautpaar Rowan und Jonathan schwebt auf Wolke sieben, und Adam und Liv können kaum die Finger voneinander lassen. Sie starren mich jedes Mal an, wenn ich nach meinem Handy greife! Wann darf man anstandshalber so eine Veranstaltung verlassen?

Du musst wenigstens bleiben, bis sie die Torte anschneiden … das schaffst du.

Du hast leicht reden! Ich kann nicht glauben, dass ich in einer Woche mit ihnen nach Italien fahren muss. Ganze sieben Tage mit meiner Familie! Sobald dir eine Blitzidee kommt, wie man sich vor unangenehmen Familiensachen drücken kann …

Cal?

Cal!

Cal, bist du noch da?

Sorry, Liv hatte kurzfristig mein Handy konfisziert. Hast du schon für deine Kreuzfahrt gepackt?

Mach dich nicht über mich lustig! Ich muss die Sache unbedingt abbiegen!

Kannst du nicht einfach sagen, dass du keine Lust auf so was hast?

Schon versucht … hat nicht geklappt. Also habe ich etwas getan, worüber du wahrscheinlich sauer sein wirst …

Was hast du angestellt?

Ich habe Mum erzählt, dass ich einen Freund habe.

Hast du es nicht schon mal auf die Tour versucht?

Schon, aber sie hat mir nicht geglaubt. Sie wollte wissen, wer es ist, aber … anscheinend bist du der einzige Typ, den ich je erwähnt habe. Also habe ich ihr gesagt, du wärst mein Freund …

Cal? Bist du noch da?

1. KAPITEL

Alles war in bester Ordnung. Ihm ging es gut. Ally ging es gut … und alles zwischen ihm und Ally war gut.

Es gab also keinen Grund, warum er sich darüber aufregen sollte, dass ihre Lüge – oder seinetwegen auch ihre kleine Schwindelei – innerhalb einer Woche dazu geführt hatte, dass er am Ankunftsgate des Mailänder Flughafens stand und darauf wartete, seine beste Freundin zum ersten Mal live zu sehen.

Als zweite Herausforderung kam hinzu, seine wie auch ihre Familie davon zu überzeugen, dass sie wirklich zusammen waren und keine weitere Einmischung in ihr Liebesleben – oder das Fehlen eines solchen – akzeptieren würden.

Caleb erinnerte sich noch sehr gut daran, wie inspiriert er sich gefühlt hatte, nachdem ihm diese Lösung für ihrer beider Probleme eingefallen war, als er mitten in der Nacht Allys letzte Nachricht gelesen hatte. Sie wollte unbedingt, dass ihre Eltern aufhörten, einen Freund für sie zu suchen, und er wollte auf diesem Weg seine Geschwister davon überzeugen, dass er mit dem Leben, das er führte, vollkommen zufrieden war. Dann könnten sie endlich aufhören, sich ständig Sorgen um ihn zu machen und ihn heimlich zu beobachten, während sie mit ihren Liebsten an Orten rumknutschten, die für seinen Geschmack viel zu öffentlich waren.

Dazu kam, dass sie nicht einfach nur subtil kritisierten, wie viel Zeit er am Handy oder seinem PC verbrachte, sondern die Geräte sogar konfiszierten. Seine Versicherungen, dass er ernsthaft arbeiten und dringend mit einer Freundin sprechen müsse, hatten sie nicht davon überzeugen können, dass er durchaus in der Lage war, eigene Entscheidungen sein Leben betreffend zu fällen. Vielleicht brächten sie mehr Verständnis auf, wenn sie davon ausgingen, dass auch er – na ja – in Liebesdinge verstrickt war.

Mit dem Ergebnis, dass ihm eine Woche Family-Time am Pool bevorstand. Denn sowohl sein Bruder und seine neue Schwägerin als auch seine Schwester und ihr Freund hatten beschlossen, seine Auszeit in der italienischen Villa, die er von ihren Großeltern geerbt hatte, zu sprengen beziehungsweise ihn dort mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Um zu verhindern, dass sie ihn auf Schritt und Tritt nervten, würde er Handy und Laptop ab und zu zur Seite legen und Zeit mit ihnen verbringen müssen.

Und wie konnte er seine ebenso liebevoll besorgten wie nervigen Geschwister samt Anhang besser davon überzeugen, dass es ihm bestens ging, als damit, ihnen die Person vorzustellen, mit der er im letzten Jahr nahezu seine gesamte Freizeit online verbracht hatte.

So war Cal auf diese blendende Idee gekommen: Anstatt ständig von seiner Familie genervt zu werden, könnte er Ally doch einfach zu sich einladen. Auf diese Weise müsste er sich nicht für die Zeit rechtfertigen, die er mit ihr allein verbringen wollte.

Abgesehen von seiner kleinen Intrige gegen zu viel Familien-Überwachung wäre das auch für Ally und ihn ein aufregendes Abenteuer, wenn sie tatsächlich nach Italien käme. Eine Woche reale Zeit miteinander anstatt am Bildschirm … Reality life … face to face.

Sie hatten es so lange hinausgezögert, sich persönlich zu treffen, dass er fast vergessen hatte, dass Freundschaften normalerweise anders als digital verliefen. Sie lebten in derselben Stadt und hätten im vergangenen Jahr jederzeit in eine U-Bahn steigen, sich treffen und in der realen Welt Zeit miteinander verbringen können.

Kennengelernt hatten sie sich bei einem Online-Rollenspiel, bei dem sie angefangen hatten zu chatten. Als sie merkten, dass sie damit mehr Zeit als mit dem Spiel selbst verbrachten, verlegten sie ihre Beziehung von der Spieleplattform auf eine private Basis und schickten sich seit Monaten Nachrichten, mit denen sie sich gegenseitig unterhielten, amüsierten und zum Lachen brachten. Inzwischen tauschten sie sich auch zunehmend über ihre täglichen Unternehmungen und Erlebnisse oder ihre nervigen Familien aus, wenn ihnen mal wieder alles zu viel wurde.

Caleb seufzte und überlegte, ob die Einladung nach Italien wirklich eine so brillante Idee gewesen war, wie er sich bisher eingeredet hatte. Ally und er hätten sich einfach auf einen Kaffee in London treffen können, wo sie beide lebten. Das wäre viel einfacher und sinnvoller gewesen als das hier: auf einem fremden Flughafen in dem Wissen zu stehen, dass seine gesamte Familie am Ende einer kurzen Fahrt auf sie beide wartete!

Aber die Sache zwischen Ally und ihm war längst an einem Punkt angelangt, an dem allein der Gedanke, einfach mal einen Kaffee zusammen zu trinken, sich zu einem übergroßen und unüberwindbar scheinenden Hindernis ausgewachsen hatte. Ihre Freundschaft war Caleb so wichtig geworden, dass er nichts tun wollte, was Ally zu der Ansicht bringen könnte, dass er die Mühe nicht wert war. Doch anstatt dieses Hindernis zu überwinden, hatte er zugelassen, dass es immer größer wurde, bis …

Tja, bis er sich dazu hatte hinreißen lassen, die ganze Familie mitten in den Hochzeitsvorbereitungen seines Bruders und dessen Verlobter für eine Woche in sein Haus in Italien einzuladen, anstatt Ally einen Cappuccino in einem Londoner Café auszugeben.

Wer Ally jedoch nahekommen wollte, der bekam ein Problem. So wie es dieser Arzt erlebt hatte, der auf keinen Fall gut genug für sie gewesen war! Er wurde kalt abgewiesen, bevor er überhaupt zum Zug kam.

Und was ihn selbst betraf … seine Eltern waren nicht nur in einen Steuerschuldenskandal verstrickt gewesen, sondern hatten sich durch ihre Kinder so belastet gefühlt, dass sie sich kurzerhand und ohne einen Blick zurück ans andere Ende der Welt abgesetzt hatten – noch bevor er aus der Schule war. So hatte Jonathan als Ältester die Verantwortung für einen Teenager übernehmen müssen und es nie wirklich verbergen können, was ihn das gekostet hatte.

Caleb seufzte und versuchte, seine verkrampfte Schulterpartie zu lockern. Er sollte die belastende Vergangenheit wenigstens für die nächsten Tage rigoros ausblenden und sich auf das konzentrieren, was vor ihm lag.

Seine Onlinefreundschaft mit Ally trotz dieser spontanen Familienferien-Woche in Italien aufrechtzuerhalten, war für ihn das Wichtigste. Hauptsache, sie fühlte sich nicht überfordert von zu viel Nähe und seiner Familie und er verpatzte nicht alles mit seinem reduzierten Gemeinschaftssinn. Dann konnten sie nach dieser Woche wieder entspannt online abhängen …

Nur warum habe ich dann diese schweißnassen Hände?

Sicher lag das nur daran, dass die Klimaanlage im Terminal nicht funktionierte und Allys Flugzeug Verspätung hatte, weshalb er zwei Stunden lang in der Hitze auf sie hatte warten müssen. Wahrscheinlich glaubten seine Geschwister immer noch, dass Ally sich als Hirngespinst entpuppte …

Es schien keine Rolle zu spielen, wie oft er seiner Familie sagte, dass er alles hatte, was er brauchte, einschließlich Freunden und eines sozialen Lebens. Sie machten sich weiterhin Sorgen. Er wusste nicht, wie groß die Wirkung von einer Woche, in der er vorgab, mit Ally liiert zu sein, auf seine Geschwister sein würde. Ob sie anschließend endlich aufhörten, ihn zu bevormunden und zu pushen? Einen Versuch war es allemal wert.

Als ein weiterer Menschenstrom die Ankunftshalle bevölkerte, schaute er sich die Augen aus dem Kopf, entdeckte aber immer noch kein Zeichen von Ally. Er hatte sich schon damit abgefunden, noch länger warten zu müssen, als er sie sah.

Ally starrte mit gerunzelter Stirn auf ihr Handydisplay, schleppte einen silbern glänzenden Koffer hinter sich her und trug ein leuchtend orangefarbenes Sommerkleid, das fast die gleiche Farbe wie ihr Haar hatte und ein wenig verrutscht war, sodass Cal eine cremeweiße Schulter und den Träger eines Neckholder-Bikinis sehen konnte …

In diesem Moment schaute sie hoch und registrierte seinen Blick. Ihre vollen Lippen weiteten sich in einem Lächeln, das über die rosigen Wangen bis zu den strahlenden Augen reichte. Ohne einen Funken Unsicherheit steuerte sie direkt auf ihn zu.

„Ally?“, fragte er etwas benommen.

Ihre Antwort bestand darin, dass sie ihre Arme um seinen Hals schlang, sich an ihn schmiegte und ihm ins Ohr flüsterte: „Caleb! Ich kann nicht glauben, dass du es bist.“

„Du hast dich nicht einmal versichert, ob ich es auch tatsächlich bin!“ Er lachte und hielt Ally auf Armeslänge von sich ab, um sie richtig anschauen zu können. Sie war … erstaunlich.

Leuchtende Farben, ein Gewirr aus Locken und überall derart aufregende Kurven, dass Caleb einmal heftig schluckte und sich dann auf ihr Gesicht konzentrierte. Er hielt das für sicherer, merkte aber schnell, dass er sich geirrt hatte. Denn Ally zwinkerte ihm wissend zu und lachte.

„Was, wenn du dem falschen Typ um den Hals gefallen wärst?“

„Niemals! Du siehst aus wie … na ja, eben genau wie du. Hast du lange gewartet?“

Er wich der Frage aus, indem er nach ihrem Koffer griff, den sie ihm aber sofort wieder entriss, losmarschierte und ihr Gepäck hinter sich in Richtung Ausgang herzog.

„Wie lange brauchen wir bis zu deinem Domizil?“, wollte Ally wissen, als sie in den Wagen stiegen.

Caleb schnitt eine Grimasse. „Etwa eine halbe Stunde … bis meine Familie mich bis aufs Blut blamiert und du es bereuen wirst, hergekommen zu sein.“

„Unsinn! Sie können unmöglich schlimmer sein als meine Familie. Was hast du ihnen denn erzählt?“, fragte sie, als sie den Flughafenparkplatz verließen und nur knapp einem verbeulten Fiat ausweichen konnten, der aus dem Nichts aufgetaucht war.

„Worüber?“, fragte Caleb, schaltete den Blinker ein und biss die Zähne zusammen, als er sich einem Kreisverkehr näherte. Er war erst gestern in Italien angekommen und hatte sich noch nicht wieder an die hiesige Fahrweise gewöhnt.

Ally knuffte ihn gegen den Oberarm. „Hast du ihnen erzählt, wer ich bin, warum ich hier bin und so weiter?“

Er schaute kurz zu ihr hinüber und dann wieder auf die Straße. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich jemanden mitbringe.“

Sie rollte mit den Augen. „Das ist alles? Du hast ihnen nicht gesagt, dass wir Freunde sind? Oder wie wir uns kennengelernt haben? Oder dass ich meine Eltern angelogen und ihnen gesagt habe, dass wir zusammen sind?“

Caleb zuckte mit den Schultern und scherte aus, um ein langsameres Auto zu überholen. „Ich wollte nicht voreilig sein“, erklärte er etwas steif. „Wir haben ja noch nicht dezidiert darüber gesprochen, wie der aktuelle Stand ist. Und ich war mir nicht sicher, ob das Täuschungsmanöver, dass ich dein Freund bin, nur für deine Familie oder auch für meine gilt.“

Doch selbst ohne diese Komplikation hätte er nicht gewusst, wie er den anderen ihre Freundschaft so erklären sollte, dass sie es verstehen würden. Erst jetzt wurde Caleb bewusst, dass es wahrscheinlich besser gewesen wäre, das vorher … also online mit Ally zu klären. Jetzt war es dafür zu spät.

Ob seine Familie es ihm überhaupt abnehmen würde, dass Ally seine engste und beste Freundin war, obwohl sie sich vor diesem Wochenende noch nie persönlich getroffen hatten? Und wollte er überhaupt, dass sie zu dem Schluss kamen?

Hätte ich doch nur vorher an derartige Details gedacht!

„Also ich habe meinen Eltern gesagt, dass du mein fester Freund bist …“, sagte Ally und hielt den Blick auf die Straße vor ihnen gerichtet. „Bin ich damit zu weit gegangen?“

„Meine Familie wird wahrscheinlich ohnehin davon ausgehen, dass wir zusammen sind“, erwiderte er und versuchte, seine Stimme neutral zu halten.

„Und das ist für dich in Ordnung?“

Caleb holte tief Luft. „Ich hoffe, es wird sie davon abhalten, mich andauernd damit zu nerven, ob ich nun eine Freundin habe oder nicht. Oder dass ich mehr unter Leute gehen soll und ob es allgemein gesund für mich ist, so viel Zeit vor dem PC zu verbringen.“

Er riskierte einen schnellen Seitenblick und fügte hastig hinzu: „Du würdest mir einen Gefallen tun, wenn du das Märchen von unserer … festen Beziehung unterstützen könntest. Denn sie würden wahrscheinlich noch mehr Fragen stellen und noch schlimmer nerven, wenn ich ihnen sage, dass wir nur Onlinefreunde sind.“

Nachdem sie ihn kurz von der Seite gemustert hatte, meinte sie: „Schon okay. Hauptsache, wir haben uns abgesprochen, bevor ich auf die anderen treffe.“

Dieses Mal lachte er aufrichtig erheitert. „Ally, wir haben keine Bank ausgeraubt! Wir müssen uns nicht abstimmen, bevor wir mit den anderen reden. Es geht sie im Grunde gar nichts an, was wir füreinander sind.“

„Schon klar“, gab sie sich lässig. „Ich will nur nicht erwischt oder besser enttarnt werden. Denn ich habe meinen Eltern erzählt, dass du mich quasi zu einem Liebesurlaub in dein Ferienhaus entführst. Sie werden Beweisfotos sehen wollen oder behaupten, dass ich mir alles nur ausgedacht habe. Und deine Familie im Ungewissen zu lassen, geht auch nicht, weil es irgendwie … peinlich ist. Außerdem könnte es sein, dass sie dich für noch verrückter halten, als sie es ohnehin schon tun.“

Darauf lachte und schnaubte er in einem Atemzug. „Danke für das versteckte Kompliment! Also gut, wir werden ihnen sagen, dass du meine Freundin bist. Vielleicht mildert das ihre Sorgen über meine angebliche Isoliertheit. Und wenn es diese kleine Notlüge braucht, damit das endlich aufhört, ist es für mich in Ordnung.“

Ihr Blick war ein wenig zu forschend, um angenehm zu sein. „Also erstens bin ich nicht auf der Seite deiner Familie, da ich mich selbst als Computer-Nerd bezeichnen würde, und anlügen tust du sie doch auch gar nicht, oder? Ich bin froh, deine Freundin zu sein, Cal. Ich wollte da nur nicht unvorbereitet reinplatzen.“

„Ja, ich denke, es ist gut, so wie es ist“, stimmte er ihr ehrlich erleichtert zu. „Jetzt zu den Details. Wo haben wir uns getroffen?“

„Wir sollten so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben. Getroffen haben wir uns ja wirklich bei einem Onlinecomputerspiel. Und es darf nicht so aussehen, als müssten wir noch darüber nachdenken.“

„Dann sind wir jetzt also zusammen.“ Caleb hörte selbst den Anflug von Panik in seiner Stimme und hätte am liebsten noch mal von vorn angefangen. „Ich meine, das ist es, was wir ihnen sagen … obwohl ich weiß, dass es nicht so ist.“

„Ein bisschen souveräner müsste das schon noch rüberkommen, aber okay …“, meinte Ally. „Wir haben uns also online kennengelernt. Und was dann?“

„Keine Ahnung“, murmelte Caleb und dachte laut nach. „Wir fingen an zu reden, haben uns immer länger unterhalten, und – da wir beide in London leben – beschlossen wir irgendwann, uns zu treffen und … und mochten uns auf Anhieb.“

„Ich finde, das klingt plausibel genug. Und wann haben wir angefangen, uns zu treffen? Was sagen wir dazu? Wie lange ist das her?“

„Sechs Monate“, stieß Caleb spontan hervor und versuchte sich daran zu erinnern, wann das Gespräch mit Ally so sehr zu einem festen Bestandteil seines Tages geworden war, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie sein Leben davor ausgesehen hatte.

„Bestens“, stimmte Ally zu. „Wir sind also seit sechs Monaten zusammen. Auf welcher Bettseite schläfst du?“

Calebs Augenbrauen schossen bis zum Haaransatz in die Höhe. „Ally, wir müssen nicht … ich meine, es gibt ein Gästezimmer und …“

Sie schüttelte den Kopf und hoffte, er würde den Blick nicht von der Straße nehmen, da ihre Wangen plötzlich brannten wie Feuer. „Ich meinte doch nur, falls jemand fragt. Solche Dinge sollten Paare übereinander wissen.“

Caleb streckte eine Hand zu ihr rüber, und sie ergriff sie. Ein leichtes Zittern verriet ihm, dass Ally nervös war, was er bereits geahnt hatte. „Niemand wird uns fragen, auf welcher Seite des Bettes wir schlafen. Und wenn du weder ein Bett noch ein Zimmer mit mir teilen willst, ist das auch in Ordnung. Wir haben genügend Platz.“

„Wir werden kaum als Paar überzeugen, wenn wir nicht zusammen schlafen.“

„Du scheinst zu glauben, dass ich mir mehr Gedanken darüber mache, was meine Geschwister denken könnten, als darüber, was du willst. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Mir liegt daran, dass du dich hier wohl fühlst. Wenn dich ein gemeinsames Zimmer irritiert, vergessen wir das einfach.“

„Was wäre dir lieber?“

„Ich würde ein gemeinsames Zimmer vorziehen, allein schon deshalb, weil es so einfacher wäre, die anderen auch mal abzuhängen und unsere Ruhe vor ihnen zu haben. Wir müssen ja nicht das Bett teilen, ich kann auch auf der Couch schlafen.“

„Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass es auch Spaß machen könnte, mit deiner Familie zusammen zu sein?“, erkundigte sie sich verwundert.

„Diese Frage wirst du nach einem Tag in ihrer Gesellschaft ganz sicher überdenken“, prophezeite Caleb lachend.

„Was ist denn so schrecklich an ihnen?“, wollte Ally wissen. Seit Caleb und sie Kontakt hatten, war kaum ein Wort über seine Familie gefallen, außer dass er ihretwegen generell frustriert war.

„Ehrlich gesagt …“ Er brach ab und schnitt eine kleine Grimasse. „Irgendwie verstehe ich selbst nicht ganz, warum ich mich all die Jahre von dem Dauerzwist zwischen meinen Geschwistern derart habe beeinflussen lassen. Inzwischen ist Jonathan mit Livs bester Freundin Rowan verheiratet. Liv mit Adam zusammengezogen, und beide arbeiten in unserem Familienunternehmen. Seit diese beiden krassen Individualisten sich zusammengetan haben, geben sie sich furchtbar erwachsen und selbstgefällig und werden wohl erst zufrieden sein, wenn ich dieselben Lebensentscheidungen treffe wie sie. Ständig machen sich alle Sorgen um mich, und nichts, was ich sage oder tue, scheint sie zu befriedigen. Das treibt mich noch in den Wahnsinn.“

„Kein Wunder, dass du frustriert bist.“ Ally lächelte, süß und irgendwie versöhnlich, was sein Herz unverhofft weit oben im Hals schlagen ließ. „Was genau erwartet man denn von dir?“

Caleb seufzte. „Sie scheinen zu glauben, dass auch ich nur mit einer festen Partner glücklich sein könnte. Ich denke nicht, dass sie es klaglos akzeptieren würden, wenn ich meine Zeit lieber mit einem Freund verbringe, den ich online kennengelernt habe.“

„Aber wird das hier dein Problem nicht vergrößern, anstatt es zu lösen?“

„Du meinst die Sache mit dem vermuteten Online-Boyfriend?“, fragte er gepresst und hielt den Blick fest auf die Straße gerichtet.

„Nein, eher, dass es sie es vermutlich fragwürdig fänden, eine Onlinebeziehung zu haben als echten Sex mit mir.“

Caleb hoffte inständig, dass Ally im Zweifel die strahlende Sonne für seine geröteten Wangen verantwortlich machen würde anstatt ihr Gespräch über Sex miteinander. Er hatte schon genug damit zu kämpfen, dass sie als reale Person so dicht neben ihm saß … quasi in erreichbarer Nähe.

„Keine Ahnung, wie meine Geschwister samt Anhang tatsächlich ticken“, gab er sich betont lässig. „Ich jedenfalls bin einfach froh, dass ich eine Woche mit dir zusammen sein kann.“ Als er ihren Blick auf dich spürte, schluckte er. „Was ist?“, fragte er rau.

„Nur um sicherzugehen … Du schlägst also vor, dass wir nur so tun, als würden wir miteinander schlafen, oder?“

„Natürlich tun wir nur so!“, stellte er klar, ohne sie anzuschauen.

Ally lachte. „Schon gut, kein Grund, das so zu betonen. Nur zu deiner Information, es gibt tatsächlich Typen, die gern mit mir Sex hätten.“

Caleb glaubte nicht, dass er noch stärker erröten konnte. „Das bezweifle ich nicht“, erwiderte er ehrlich. „Aber ganz bestimmt gehört das zu den Dingen, auf die du dich auf jeden Fall verlassen kannst, bevor ich dich meiner Familie in einem fremden Land vorstelle, um …“

„Genau, was ich gehofft hatte!“, unterbrach sie ihn lachend. „Aber es schadet ja nicht, sich rückzuversichern, oder?“

Zum Glück ließ sie das Thema danach fallen, und Caleb schaffte es, den Wagen bis zu ihrem Ziel auf der Straße zu halten. Während sie darauf warteten, dass sich das Tor öffnete, nutzte er die Gelegenheit, Ally zum ersten Mal, seit sie ins Auto gestiegen waren, richtig anzuschauen.

„Gibt es noch etwas, das wir besprechen müssen, bevor wir deine Leute treffen?“, fragte sie, als die Villa in Sicht kam. „Zum Beispiel, ob wir uns auch mit anderen treffen?“

„Wie meinst du das?“

Sie wandte sich ihm zu. „Ich meine, da wir ja bereits seit sechs Monaten liiert sind, gibt es noch irgendwelche anderen Leute, die wir eventuell erklären müssen?“

Caleb stellte den Motor aus, um sich ihr ganz zuwenden zu können. „Nein, ich … ich bin in letzter Zeit mit niemandem ausgegangen“, formulierte er es vorsichtig.

„Gut. Ich auch nicht, also brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.“

Auf einmal herrschte Schweigen zwischen ihnen, obwohl er nicht wusste, warum. Unerwartet berührte es ihn seltsam, dass sie es tatsächlich geschafft hatten, mehr als zwölf Monate eine Freundschaft zu pflegen, ohne sich persönlich zu treffen. Ally erschien ihm absolut vertraut … ihr zartes Gesicht, das schimmernde Haar, die warme Ausstrahlung. Eigentlich war das verrückt, da sie sich heute zum ersten Mal sahen.

Nicht vorbereitet war er auf das, was er dabei fühlte. Es war eine Kombination aus: Natürlich musste sie genau so aussehen und: Sie ist fantastisch und: Klar, dass ich meine beste Freundin umwerfend finde, das sollte eigentlich keine Überraschung sein und; Wow, ich möchte sie wirklich küssen …

„Alles in Ordnung mit dir?“, wollte sie wissen.

„Jep … cool, alles bestens“, brachte er mühsam hervor, ließ den Wagen wieder an und steuerte ihn über die Auffahrt bis vor die Villa. Dass er plötzlich an nichts anderes denken konnte, als sie küssen zu wollen, verstörte ihn einigermaßen. Ally plötzlich real vor sich zu sehen, brachte ihn völlig durcheinander. Sie zusätzlich dazu auch noch zu küssen, würde nur Komplikationen mit sich bringen, die er nicht gebrauchen konnte.

Autor

Ellie Darkins
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