Ein heißes Wiedersehen

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Nach dem Tod ihrer Schwester Marnie hat Lexi die Sorge für ihren Neffen übernommen. Sie ist entschlossen, herauszufinden, ob Nick Clayton tatsächlich der Vater des kleinen Jimmy ist. Denn Marnie hat es weder mit der Wahrheit so genau genommen noch mit der Anzahl ihrer Liebhaber. Lexi bucht einen Urlaub auf Nicks Ferienfarm, aber kaum dort angekommen, verläuft überhaupt nichts nach Plan. Der athletisch gebaute Rancher hat eine so starke Wirkung auf sie, dass es ihm nicht verborgen bleibt, wie heiß sie ihn begehrt. Schon nach wenigen Tagen erfüllen sich Lexis lustvolle Träume - ihre leidenschaftlichen Nächte sind einfach perfekt. Hat Nick ihre Schwester genauso geliebt?


  • Erscheinungstag 11.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727574
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, Mutter. Nick Clayton ist Jimmys Vater, und er wird dafür bezahlen, dass er Marnie verlassen hat, als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Du wirst mich nicht davon abbringen können. Gleich morgen früh mache ich mich auf den Weg nach Jackson Hole, Wyoming.“

Lexi beendete ihr Telefongespräch und ging ins Wohnzimmer, wo ihr fünfjähriger Neffe auf dem Fußboden saß und fernsah. Sie betrachtete ihn einen Moment, während sie ihre langen blonden Haare mit einem Gummiband zu einem Pferdeschwanz zusammennahm. Der Junge hatte das Aussehen seiner Mutter – Marnies hellbraune Haare und blaugraue Augen. Freunde und Familienmitglieder hatten stets behauptet, dass man die beiden Mädchen glatt für Zwillinge hätte halten können, wenn Marnie nicht sechs Jahre älter als ihre Schwester Lexi gewesen wäre. Beide Mädchen waren groß und schlank gewesen und hatten stets die gleiche Kleidung getragen.

Marnie war eine gute Mutter gewesen. Was ihr und ihrem Sohn an materiellen Dingen fehlte, hatte sie durch Liebe und Aufmerksamkeit wettgemacht. Sie schien ihr Leben lang nach jemandem gesucht zu haben, der sie brauchte, jemanden, dem sie ihre Liebe geben konnte. In ihrem Sohn hatte sie diesen Menschen gefunden. Marnies Tod bedeutete einen tragischen Umbruch in Jimmys Leben. Sie hatte eine Lücke hinterlassen, die Lexi nun verzweifelt zu füllen versuchte. Ein Anflug von Traurigkeit überkam sie und bekräftigte sie gleichzeitig in ihrem Entschluss, ihr Vorhaben durchzuführen.

„Jimmy?“ Beim Klang ihrer Stimme sah der kleine Junge auf. „Ich habe ein paar Dinge zu erledigen und muss eine Weile verreisen. Du bleibst solange bei Grandma. Sie fährt mit dir in den Zoo.“ Lexi zwang sich zu einem ermutigenden Lächeln und gab sich Mühe, beiläufig und unbeschwert zu klingen. „Wäre das nicht toll?“

Sie packte einen Koffer für Jimmy und dann einen für sich. Natürlich war ihre Mutter gegen ihren Plan. Aber das war sie schon, seit Lexi diese Idee nach dem Tod ihrer Schwester vor vier Monaten zum ersten Mal erwähnt hatte. Keine der beiden Frauen war von ihrem Standpunkt abgerückt, und Lexi hatte entschieden, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Sie musste Jimmys Zukunft absichern und gleichzeitig herausfinden, was tatsächlich geschehen war.

Obwohl Marnies Tod technisch gesehen ein Unfall gewesen war, machte Lexi nach wie vor Nick Clayton dafür verantwortlich. Marnie war gezwungen gewesen, einen zweiten Job anzunehmen, um für ihren Sohn sorgen zu können. Auf der Fahrt zu diesem zweiten Job war sie bei einer Überschwemmung ertrunken. Sie hatte sich trotz der Warnungen, die Straßen nicht zu benutzen, auf den Weg gemacht. Und jetzt musste Lexi Marnies fünf Jahre alten Sohn großziehen. Sie liebte ihn wie ein eigenes Kind, und sie war darauf vorbereitet, den Mann zur Rechenschaft zu ziehen, von dem Marnie schwanger geworden war und der später jede Verantwortung abgelehnt hatte. Lexi würde diesen gewissenlosen Kerl auffordern, Alimente zu zahlen, damit Jimmy eine gute Ausbildung erhielt.

Erneut meldete sich ein leiser Zweifel, ob die Geschichte nicht wieder eine von Marnies maßlosen Übertreibungen gewesen sein könnte. Doch sofort schob sie diesen beunruhigenden Gedanken wieder beiseite. Bei etwas so Wichtigem hätte Marnie sicher nicht gelogen. Ganz bestimmt nicht …

1. KAPITEL

Während der Fahrt im Zubringerbus sah Lexi abwesend aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft. Die übrigen Passagiere lachten und waren fröhlich. Sie freuten sich auf ihre tollen Ferien. Lexi nicht. Sich zu amüsieren war das Letzte, was sie im Sinn hatte. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen in der Hoffnung, damit ihre Kopfschmerzen zu lindern.

Zum ungefähr hundertsten Mal in den vergangenen vier Monaten ging sie die Fakten durch. Marnie hatte Nick Clayton während eines Aufenthaltes auf „Claytons Via Verde Ferienranch“ kennengelernt. Sie hatten eine Affäre, zu der eine Reise nach Hawaii gehörte, und in dieser Zeit wurde Marnie schwanger. Als sie Nick davon erzählte, weigerte er sich, irgendeine Verantwortung zu akzeptieren. Da Marnie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, hatte sie zuerst Lexi und dann ihrer Mutter Colleen anvertraut, dass sie schwanger sei und der Vater des Kindes sie verlassen habe.

Colleen hatte ihrer Tochter die Schuld gegeben und gemeint, es sei nur ein weiteres Beispiel für Marnies wilden Lebensstil. Marnies und Lexis Vater war vor zehn Jahren gestorben. Dass sie in so jungen Jahren Witwe geworden war, hatte ihre Mutter zu einer verbitterten Frau gemacht. Das Verhältnis der beiden Mädchen zu ihrer Mutter konnte seither bestenfalls als gespannt bezeichnet werden, was die Situation nur noch schlimmer machte. Lexi hatte ihr Bestes versucht, um ihre Schwester zu unterstützen. Colleen hingegen hatte Marnie erklärt, dass sie mit diesem neuesten Schlamassel nicht bei ihr um Hilfe zu bitten brauche. Lexi war wütend gewesen und hatte Nick Clayton zur Rede stellen und ihm mit rechtlichen Konsequenzen drohen wollen. Marnie hatte sie jedoch angefleht, es nicht zu tun, bis Lexi sich widerwillig dem Wunsch ihrer Schwester beugte.

Marnie wollte das Baby. Bei Jimmys Geburt hatte sie ein Dokument aufgesetzt, in dem sie erklärte, falls ihr etwas zustieße, solle ihre Schwester der gesetzliche Vormund ihres Kindes werden, nicht ihre Mutter. Obwohl Marnie sich später mit ihrer Mutter versöhnte, hatte sie das Dokument nie ändern lassen. Daher war Lexi durch Marnies unerwarteten Tod Jimmys Vormund geworden. Ihre Mutter half ihr, sich um den Jungen zu kümmern.

Und jetzt, vier Monate später und trotz der heftigen Proteste ihrer Mutter, hatte Lexi ihre gesamten Ersparnisse in einen dreiwöchigen Aufenthalt auf einer teuren Ferienranch in Wyoming investiert. Eigentlich war das nicht der Ort, der zu ihrer Schwester gepasst hätte, und bevor Lexi den Mann zur Rede stellte, dem sie, wenn auch indirekt, die Schuld am Tod ihrer Schwester gab, wollte sie sich selbst ein Bild von ihm machen und herausfinden, wer dieser Nick Clayton eigentlich war. Nie zuvor hatte sie sich emotional so erschöpft oder trotz ihrer sechsundzwanzig Jahre so alt gefühlt wie in diesem Moment.

Der Bus bog in eine lange, von Bäumen gesäumte Auffahrt ein und hielt vor einem großen Gebäude.

„Willkommen auf der Via Verde Ferienranch, Leute, hier im Herzen des wunderschönen Jackson Hole, Wyoming. Ihr Gepäck wird in einer Minute ausgeladen sein“, verkündete der Fahrer.

Die Passagiere stiegen aus, und der Fahrer beschäftigte sich mit ihren Koffern.

Lexi schaute sich um. Das Gelände war reizvoll gestaltet. Die Gebäude sahen rustikal aus und fügten sich in das Gesamtbild der Ranch. Lexi registrierte, dass es zwei Tennisplätze gab, mehrere im Schatten von Bäumen liegende Terrassen, einen großen Swimmingpool mit Kinderbecken sowie einen Whirlpool.

Dann fiel ihr Blick auf den Korral, in dem ein äußerst temperamentvolles Pferd in einen Boxengang geführt wurde. Sie schlenderte zum Zaun des Korrals, um besser sehen zu können, was dort vorging. Ein Cowboy kletterte in den Boxengang, um sich auf den Rücken des nervösen Pferdes zu schwingen. Sein Hut verdeckte sein Gesicht, doch seine breiten Schultern, seine langen Beine und seine enge Jeans waren ebenfalls eine genauere Betrachtung wert. Das Tor des Boxengangs sprang auf, und das halbwilde Pferd schoss hinaus in den Korral. Offenbar war Lexi gerade rechtzeitig angekommen, um Zuschauerin eines kleinen Rodeos zu werden.

Der Hut des Cowboys flog weg. Darunter kamen glänzendes dunkles Haar und ein attraktives Gesicht zum Vorschein. Einen Moment lang schweiften Lexis Gedanken ab. Der Wilde Westen und die rauen Kerle, die hier lebten, hatten eindeutig etwas Reizvolles. Lexi richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen im Korral. Der Reiter, dessen Alter sie auf etwa dreißig schätzte, schien das Pferd zu beherrschen. Allerdings nicht lange. Plötzlich bäumte sich das Tier auf, vollführte eine halbe Drehung und warf den Mann ab.

Der Cowboy stürzte mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Lexi verzog mitfühlend das Gesicht. Sie beobachtete, wie er sich den Staub von der Jeans klopfte und dann seinen wohlgeformten Po rieb, auf dem er gelandet war. Sicher wäre es ein angenehmer Zeitvertreib, die geprellten Stellen dieses umwerfend gut aussehenden Reiters zu küssen. Was für eine verlockende Vorstellung! Ihr Atem beschleunigte sich. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass der Wilde Westen so unterhaltsam sein konnte.

Das außergewöhnliche Exemplar von einem Mann hob seinen Hut auf und kam direkt auf Lexi zu. Eine Aura rauer, ungezähmter Männlichkeit umgab ihn und verlieh ihm eine unbestreitbar erotische Ausstrahlung. Lexi war ein wenig verlegen. Fast schien es, als hätte er ihre Gedanken gelesen und würde jetzt zu ihr kommen, um ihre reizvolle Fantasie Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Möglichkeit jagte ihr einen prickelnden Schauer des Verlangens über den Rücken.

Sein selbstbewusster Gang verriet, dass er genau wusste, was er vom Leben wollte. Er gehörte zu der Sorte Mann, die einer Frau Herzklopfen verursachen konnte. Lexi erinnerte sich an den Grund ihres Besuchs auf der Ranch, und das holte sie unsanft wieder in die Realität zurück. Träume von einem sexy Cowboy sollten sie wahrhaftig nicht beschäftigen.

Beim Näherkommen sah er noch besser aus als aus der Ferne. Und dann lächelte er. Es war ein freundliches, einladendes Lächeln, das seine perfekten, strahlend weißen Zähne zur Geltung brachte. Er war der attraktivste Mann, der ihr je begegnet war … genau der Typ Mann, der die Fantasie einer Frau anregte.

Eine verräterische Hitze breitete sich in Sekundenschnelle in ihrem ganzen Körper aus. Fast glaubte sie, seine nackte Haut auf ihrer zu spüren. Dabei waren solche Vorstellungen völlig untypisch für sie, zumal sie einem Fremden galten, mochte er auch noch so attraktiv sein. Normalerweise war sie viel vernünftiger. Doch plötzlich kam sie sich vor wie ein Teenager, dessen Hormone verrückt spielen. Sicher, sie hatte kein Date mehr gehabt, seit sie Jimmy bei sich aufgenommen hatte. Aber das rechtfertigte nicht diese verrückten Träumereien. Erneut ermahnte sie sich, den ernsten Hintergrund ihrer Reise nicht zu vergessen. Einen aufregenden Mann kennenzulernen gehörte nicht zu ihrem Plan, ganz gleich, wie stark seine sinnliche Anziehungskraft war.

Er blieb knapp drei Meter vor ihr stehen, zog seine ledernen Arbeitshandschuhe aus und klemmte sie sich unter den Gürtel. Seine strahlend blauen Augen schienen bis auf den Grund ihrer Seele blicken zu können und hielten sie in ihrem Bann. Lexi hatte keine Ahnung, wer er war, aber sie war begierig, es herauszufinden. Wenn sie gewusst hätte, dass es auf Ferienranches solche Männer gab, hätte sie schon vor langer Zeit eine besucht.

Dann sprach er, und der Klang seiner Stimme erhöhte noch den Reiz, den er auf sie ausübte. „Hallo. Ich glaube nicht, dass ich Sie hier schon einmal gesehen habe.“ Er streckte die Hand aus und nahm Lexi die Sonnenbrille ab. „Das ist viel besser. Jetzt bin ich ganz sicher, dass Sie noch nie bei uns gewesen sind.“ Er gab ihr die Sonnenbrille zurück. „Sie sollten Ihre wunderschönen Augen nicht hinter dunklen Brillengläsern verstecken.“

„Ach nein?“ Lexi versuchte, sich auf seine offene, ungezwungene Art einzustellen. „Sie finden also nicht, dass sie mir etwas Geheimnisvolles verleihen?“

Er ignorierte ihre Frage. „Hoffentlich ist Ihnen klar, Sie für meinen Sturz verantwortlich sind.“

Sie riss erschrocken die Augen auf. „Ich? Was habe ich denn getan?“

„Sie tauchten aus dem Nichts auf und standen da – die faszinierendste Frau, die ich je gesehen habe, mit Haaren wie gesponnenes Gold und einem halb durch die dunkle Brille verdeckten Gesicht. Als ich mich endlich wieder darauf konzentrieren konnte, dass das Pferd und ich verschiedene Ziele haben, war es zu spät. Ich saß auf meinem Hintern im Dreck und wunderte mich, was passiert war.“ Sein Lächeln war sexy und keineswegs unfreundlich. „Jetzt sind Sie mir also etwas für diese schreckliche Unannehmlichkeit schuldig.“

„Tatsächlich?“ Sie musste unwillkürlich grinsen. „Und was könnte das sein?“

„Das muss ich mir noch überlegen.“ Er zwinkerte ihr frech zu. „Ich will keine übereilten Entscheidungen treffen.“

Sie bemerkte das mutwillige Funkeln in seinen Augen, das eine Welle heftigen Begehrens in ihr auslöste. Er neigte den Kopf und betrachtete sie einen Moment auf eine beunruhigende Art, die sie rasch wieder in die Realität zurückholte. Flirten und neckische Spielchen lagen ihr nicht. Das hätte sie bei ihm lieber nicht versuchen sollen.

„Wollten Sie denn geheimnisvoll wirken?“

Verwirrt zog sie die Brauen zusammen. „Wie bitte?“

„Sie haben mich gefragt, ob ich finde, dass die Sonnenbrille Ihnen etwas Geheimnisvolles verleiht. War das Ihre Absicht?“

Lexi senkte den Blick. Ihre Wangen schienen zu glühen. „Nein.“ Dann sah sie wieder auf. Er schien ehrlich an ihrer Antwort interessiert zu sein und sich nicht über sie lustig zu machen. „Tut mir leid. Ich wollte nicht so schnippisch klingen. Ich fürchte, ich beherrsche diese Art der Unterhaltung nicht besonders gut.“

Mit den Fingerspitzen berührte er ihre Wange und ließ sie dort einen Moment verweilen, ehe er sie wieder zurückzog. Seine Stimme bekam einen sanften, intimen Klang. „Welche Art von Unterhaltung beherrschen Sie denn?“

Die Berührung hinterließ eine heiße Spur auf ihrer Haut. Benommen murmelte Lexi: „Ich meinte nur, dass solche Wortgefechte nicht meine Stärke sind. Ich weiß nie, was ich sagen soll, und komme mir am Ende meistens ziemlich dumm vor.“ Ihre eigenen Worte entsetzten sie. Sie hatte keine Ahnung, was sie dazu gebracht hatte, diesem völlig fremden Mann etwas so Persönliches zu gestehen.

„Das bringt uns wohl zu meiner anfänglichen Bemerkung zurück, dass ich Sie hier noch nicht gesehen habe.“ Er musterte sie unverhohlen von Kopf bis Fuß, was Lexi erneut in prickelnde Erregung versetzte, und zwinkerte er ihr zum zweiten Mal zu. „Glauben Sie mir, ich hätte Sie bemerkt. Sind Sie gerade erst angekommen?“

„Ja“, antwortete sie zögernd. „Ich bin gerade erst mit dem Zubringerbus vom Flughafen gekommen.“ Sie deutete mit der Hand auf den Kleinbus, der vor dem Eingang stand.

Mit leicht erstaunter Miene folgte er ihrem Blick und meinte mehr zu sich selbst: „Offenbar hat Herb eine gute Zeit vom Flughafen bis hierher hingelegt. Er ist früher da, als ich erwartet habe.“ Er sah sie wieder an, und erneut erschien das atemberaubende Lächeln auf seinem Gesicht. „So gern ich auch hier bleiben und mich mit Ihnen unterhalten würde, ich fürchte, ich muss wieder an die Arbeit.“

„Soll das heißen, dieses bockende Pferd zu reiten und sich abwerfen zu lassen war keine Arbeit? Für mich sah es ganz danach aus.“

„Das?“ Er deutete über die Schulter zu dem Pferd, das aus dem Korral geführt wurde. „Nein, das war keine Arbeit. Ich habe mich nur mit einem kleinen Problem befasst. Keine große Sache.“ Er blickte wieder zu dem Van. „Jetzt muss ich mich aber auf den Weg machen.“ Er kletterte über den Zaun, fuhr sich durch das glänzende Haar und setzte sich seinen Stetson auf. Augenzwinkernd tippte er sich an die Hutkrempe. „Wir sehen uns ganz bestimmt später.“ Seine Worte waren ein Versprechen, keine unverbindliche Bemerkung.

Lexi erwiderte sein Lächeln. „Ich freue mich darauf.“

Sie schaute ihm nach, während er mit entschlossenen Schritten davonging, und in ihrem Magen schienen Schmetterlinge zu tanzen. Ja, sie würde ihn sehr gern wieder sehen, trotz der Tatsache, dass er sie völlig aus dem Gleichgewicht brachte. Er war der erotischste Mann, dem sie je begegnet war, und weckte heftiges Begehren in ihr. Gleichzeitig ahnte sie, dass es nicht nur das war. Er hatte etwas in ihrem tiefsten Innern ausgelöst, das sie an Liebe auf den ersten Blick denken ließ. Gab es so etwas? Und wenn ja, woran konnte man es erkennen? Wie auch immer die Antworten auf diese Fragen aussahen, dieser Cowboy hatte sie völlig verzaubert.

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Zubringerbus und ihr Vorhaben. Der Fahrer hatte einen Handwagen geholt, auf den er das Gepäck lud. Lexi eilte zu den anderen, innerlich noch ganz aufgewühlt von ihrer Begegnung mit dem verwegenen Cowboy. Kurz darauf sah sie das Objekt ihrer Begierde auf den Wagen zugehen. Er lächelte ihr zu – jedenfalls kam es ihr so vor, als gelte sein Lächeln nur ihr, nicht der ganzen Gruppe. Vielleicht war das aber auch nur Wunschdenken.

Er gesellte sich zu den Neuankömmlingen. „Guten Morgen, Ladys und Gentlemen. Wenn Sie mir noch einen kleinen Moment Zeit geben, bin ich sofort bei Ihnen.“ Er wandte sich an den Fahrer. „Hast du eine Kopie der Gästeliste, Herb? Du bist ziemlich früh hier, daher bin ich nicht vorbereitet. Außerdem wurde ich abgelenkt …“, er warf Lexi einen kurzen Seitenblick zu, „… und hatte noch keine Gelegenheit, das Klemmbrett aus dem Büro zu holen.“ Wie um seine Aussage zu bestätigen, klopfte er sich mit einem jungenhaften Grinsen den Staub von Hemd und Hose. „Offenbar hatte ich auch noch nicht die Gelegenheit, mich zu säubern.“

Der Fahrer reichte ihm ein Blatt Papier und zog den Handwagen ins Gebäude.

Der Cowboy wandte sich mit einem gewinnenden Lächeln wieder an die Gruppe. „Ich bin Nick Clayton und möchte Sie auch im Namen meiner Mutter, Gloria und meines Bruders Danny herzlich auf der Via Verde Ferienranch willkommen heißen. Wir hoffen, dass Ihr Aufenthalt zu einer tollen Erfahrung wird, an die Sie sich später immer wieder gern erinnern.“

Lexi war geschockt. Hatte sie ihn richtig verstanden? Dieser sexy Cowboy, der sie so faszinierte, war Nick Clayton? Dieser Mann, der ihr Verlangen geweckt und in wenigen Minuten ihre Welt auf den Kopf gestellt hatte, war der gleiche, den sie zur Rechenschaft ziehen wollte, weil er das Leben ihrer Schwester ruiniert hatte?

Die widersprüchlichsten Gefühle tobten in ihr. Auf der einen Seite stand ihre felsenfeste Überzeugung, alles tun zu müssen, um die Zukunft ihres Neffen zu sichern. Andererseits kannte sie Marnies Hang, sich die Wahrheit so zurechtzubiegen, wie es ihr passte. Ihre vagen Zweifel an Marnies Version der Geschichte hatten Lexi bereits dazu veranlasst, hierher zu kommen und sich einen eigenen Eindruck von Nick Clayton zu verschaffen, bevor sie weitere Schritte unternahm.

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das, was er sagte.

„Sollten Sie irgendwelche Fragen oder Wünsche haben, wenden Sie sich bitte jederzeit an mich oder unsere Mitarbeiter.“ Nick überflog die Liste in seiner Hand. „Und jetzt würde ich den Namen hier gern die Gesichter zuordnen.“

Rasch identifizierte er die übrigen Gäste, die mit Lexi in dem Van gekommen waren, und begrüßte sie mit einem freundlichen Händeschütteln. Dann wandte er sich an Lexi und bot ihr ebenfalls die Hand.

„Der letzte Name auf meiner Liste ist Alexandra Parker aus Chicago.“ Er drückte ihre Hand ein paar Sekunden länger als nötig, und diese Berührung weckte in Lexi eine Sehnsucht nach mehr.

Schon wieder musste sie die völlig unangebrachten Emotionen, die die Nähe dieses faszinierenden Mannes hervorrief, unter Kontrolle bringen. Sie versuchte sie als albern abzutun. Sie fühlte sich nur rein körperlich zu einem äußerst attraktiven Mann hingezogen, weiter nichts. Immerhin war sie eine erwachsene Frau, die solchen Unsinn verdrängen und sich auf das Wesentliche konzentrieren konnte.

Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen und ließ nur noch gelten, was und wer er war, nicht mehr das, was sie sah und empfand. Sie kannte solche Typen nur zu gut. Sie war selbst einmal mit einem solchen Mann verlobt gewesen – einem Mann mit sehr viel Charme, der genau wusste, wie man mit Frauen umgehen musste, um sein Ziel zu erreichen. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit suchte man bei solchen Männern vergebens. Deshalb war sie innerlich auch darauf vorbereitet gewesen, Nick Clayton auf Anhieb zu hassen.

Der Klang seiner Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Ist das richtig? Sind Sie Alexandra Parker?“

„Ja … kurz Lexi Parker.“

Er machte sich eine Notiz in der Liste. „Gut, dann werde ich Sie Lexi nennen.“

Als er sie zum ersten Mal am Zaun des Korrals bemerkt hatte, waren ihm lediglich ihre langen blonden Haare aufgefallen und die großartigen gebräunten Beine, die aus ihrer Jeansshorts ragten. Beim Näherkommen hatte er dann eine Frau mit wundervollen Kurven an genau den richtigen Stellen gesehen. Als er ihr schließlich gegenüberstand und ihr die Sonnenbrille abnahm, hatte er eine wunderschöne Frau mit großen braunen Augen und langen dunklen Wimpern vor sich. Ihre makellose Haut wirkte weich wie Seide – eine Haut, die seine Mutter „Pfirsichhaut“ nennen würde.

Etwas in seiner Brust zog sich zusammen, was ein deutlicher Hinweis darauf war, welchen Eindruck sie auf ihn gemacht hatte. Er atmete tief durch und nahm sich zusammen. Diese Frau würde er gern näher kennenlernen … viel näher.

Doch plötzlich änderte sich ihre ganze Haltung. Sie starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an, die Stirn in Falten gelegt. Ihre Miene wirkte beinahe herausfordernd, so als müsse er sich erinnern, wo sie sich in der Vergangenheit begegnet waren. War sie vielleicht früher schon einmal Gast auf der Ranch gewesen? Bestimmt hätte er eine so gut aussehende Frau nicht vergessen.

„Haben wir Gäste dabei, die schon einmal hier waren?“, fragte Nick. Er sah die Leute an, die um ihn herum standen, und richtete den Blick auf Lexi, da sie sich zu Wort meldete.

„Meine Schwester war vor etwa sechs Jahren hier. Ihr Name ist Marnie Adams. Erinnern Sie sich an sie?“ Ein provozierender Unterton schwang in ihrer Frage mit.

Nick versuchte sich an den Namen zu erinnern und schüttelte schließlich langsam den Kopf. „Nein, tut mir leid. Der Name sagt mir nichts. Vor etwa sechs Jahren?“

„Na ja, es ist schon eine Weile her. Da ist es sicher verständlich, wenn Sie sich nicht mehr an sie erinnern.“

Nick bemerkte erneut einen scharfen Unterton, der im Widerspruch zu ihren Worten stand. Im Gegensatz zu vorhin, als er sich am Korral mit ihr unterhalten hatte, schien sie jetzt nicht mehr zu den übrigen Gästen zu passen. Die anderen waren fröhlich, lachten und freuten sich auf ihren Urlaub. Lexi dagegen benahm sich nicht wie jemand, der sich auf eine schöne Zeit freute. Und wie sie ihn ansah – fast vorwurfsvoll, als müsste er wissen, wer sie war. Das war eine verwirrende Situation, die jedoch nichts daran änderte, dass er Lexi faszinierend und begehrenswert fand.

Bei ihrer Unterhaltung am Korral hatte er keinerlei Feindseligkeit ihm gegenüber festgestellt. Wieso also jetzt? Er beschloss, dieser merkwürdigen Sache keine weitere Beachtung zu schenken. Vielleicht war Lexi nur müde von der Reise, oder er hatte in ihr Verhalten etwas hineininterpretiert, das gar nicht da war. Wie auch immer, es hatte keinen Zweck, weiter darüber nachzudenken, wenn so viele andere verlockende Dinge an dieser Frau seine Aufmerksamkeit gefangen hielten. Er widmete sich wieder seiner momentanen Aufgabe.

„Herb hat Ihr Gepäck zur Rezeption gebracht. Bitte gehen Sie hinein und tragen Sie sich ein. In Ihren Zimmern werden Sie Tagespläne finden, die Ihnen bei der Auswahl Ihrer Aktivitäten helfen.“ Er lächelte freundlich. „Noch einmal: falls Sie irgendetwas brauchen, zögern Sie nicht, sich an einen unserer Mitarbeiter zu wenden.“

Lexi ging mit den übrigen Gästen zur Anmeldung. Sie war zornig, weil er einfach abgestritten hatte, Marnie zu kennen. Fast wäre sie umgekehrt, um ihn jetzt gleich zur Rede zu stellen, doch sie überlegte es sich anders. Sie hatte es eilig, in ihre Hütte zu kommen, um die Lage in Ruhe neu einzuschätzen – und um Nick Claytons verstörender Nähe zu entfliehen. Diese merkwürdige Wendung der Ereignisse hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Bis jetzt war überhaupt nichts so verlaufen, wie sie es geplant hatte.

Autor

Shawna Delacorte
Shawna Delacorte hatte schon immer eine große Schwäche für Krimis und baut in ihre romantischen Handlungen gern eine spannende Nebenhandlung ein. Aber wussten Sie, das sie ursprünglich Drehbuchautorin werden wollte und lange Zeit im Filmgeschäft tätig war?
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