Ein Scheich für die Liebe

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EIN SCHEICH ZUM VERLIEBEN

Rahman Harun ist nicht der einfachste Patient, den Amanda jemals hatte - aber der faszinierendste! Trotz seiner abweisenden Art kümmert sie sich nach einem Unfall aufopfernd um ihn. Und die gemeinsamen Stunden in seinem eleganten Chalet am Lake Tahoe verändern ihr Leben …

IN DER OASE DES SCHEICHS

Weit ist der Himmel über der Wüste, doch eng ist es um Claudias Herz. Ihre heimliche Liebe zu ihrem Boss Scheich Samir ist aussichtslos! Sie muss ihn begleiten in seine Heimat Tazzatine, wo er sich mit einer anderen Frau verloben wird. Doch kaum dort angekommen, geschieht das Unfassbare: Im letzten Moment wird die Verlobung abgesagt - und Samir ist wie verwandelt. Zum ersten Mal scheint er Claudia nicht nur als Assistentin sondern als Frau zu sehen. Er lädt sie ein in seine luxuriöse Villa in einer exotischen Oase, zieht sie unvermittelt in die Arme und küsst sie feurig …

SAPHIRE FÜR DIE BRAUT DES SCHEICHS

Wie in einem wunderschönen Traum kommt sich das Topmodel Tamara Weston vor, als sie überraschend ihre große Liebe Wüstenprinz Kaliq Al Zahir wiedersieht. Hat er sie doch dazu auserkoren, die Saphire von A’zam zu tragen, jenes kostbare Hochzeitsgeschenk, das die Herrscher seines märchenhaften Reichs seit jeher ihrer Braut überreichen. Aber auch wenn sie in Kaliqs Armen liegt, während die Sanddünen im goldenen Licht der aufgehenden Sonne leuchten, scheint ein Happy End in weiter Ferne zu liegen. Kaliq bietet ihr nur einen Modelvertrag. Von Liebe spricht er nicht ...

GEBORGEN IN DEN ARMEN DES SCHEICHS

Herrlich: ein kostenloser Luxusurlaub im exotischen Bab el Sama! Dafür soll Lydia als Lady Rose die aufdringlichen Paparazzi, die die junge Adlige ständig bedrängen, an der Nase herumführen. Ein Kinderspiel für das Profi-Double - bis Lydia im exklusiven Privatjet auf Kalil al-Zaki trifft. Der Scheich will sich persönlich um ihre Sicherheit kümmern. Und zwar rund um die Uhr. Schon sein Anblick bringt Lydias Gefühle in Aufruhr. Mit seinen glutvollen Augen scheint der Wüstenprinz bis tief in ihr Herz zu sehen. Wie wird er reagieren, wenn er von ihrer Täuschung erfährt?


  • Erscheinungstag 12.04.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733735685
  • Seitenanzahl 592
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Carol Grace, Sabrina Philips, Liz Fielding

Ein Scheich für die Liebe

IMPRESSUM

Ein Scheich zum Verlieben erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2002 by Carol Culver
Originaltitel: „Falling For The Sheik“
erschienen bei: Silhouette Books Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 221 - by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Marianne Wienert

Umschlagsmotive: leaf / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733735746

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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PROLOG

Scheich Rahman Harun war ein ausgezeichneter Skiläufer und mit Begeisterung und einer gehörigen Portion Draufgängertum bei der Sache, wie bei allem, was er tat. Der heutige Tag in Squaw Valley war besonders schön gewesen, und er wollte ihn mit einer letzten Abfahrt beenden. Er wurde langsam müde, und mit zunehmender Kälte vereiste der aufgeweichte Schnee und verschlechterte die Piste. Aber das war ihm egal, solange er noch einmal hinunterfahren konnte und ihm dabei der Wind um die Ohren pfiff!

Natürlich, mit Lisa wäre es noch viel aufregender gewesen. Seine schöne, faszinierende Freundin hätte ihm keine Ruhe gelassen, noch schneller, noch wagemutiger zu sein. Rahman könnte einfach nicht glauben, dass sie nie wieder zusammen Ski laufen würden. Jedes Mal, wenn eine graziöse Frauengestalt in einer roten Jacke an ihm vorbeifuhr, glaubte er für eine Sekunde, es sei Lisa. Aber sie war es nicht, konnte es nicht sein. Denn Lisa war tot.

Tränen brannten in seinen Augen. Nie wieder würde sie versuchen, ihn zum Slalomlaufen, zum Drachenfliegen oder sonst einem verrückten Abenteuer zu überreden. Sie hatte ihr Schicksal einmal zu oft herausgefordert und mit ihrem Leben dafür bezahlt. Die strahlenden, sorglosen Tage waren für immer vorbei. Nicht nur für sie, sondern auch für ihn.

Wenn wenigstens Rafik jetzt bei ihm wäre! Als Kinder waren sie unzertrennlich gewesen, hatten in allen erdenklichen Sportarten miteinander rivalisiert. Aber mittlerweile war sein Zwillingsbruder verheiratet und hatte wenig Zeit für ihn. Obwohl Rahman seine Schwägerin wirklich gern mochte, fehlte ihm Rafiks Gesellschaft sehr.

Es wurde höchste Zeit, sich ans Alleinsein zu gewöhnen. Nichts war von Dauer, und die Einsamkeit konnte jederzeit mit voller Wucht von ihm Besitz ergreifen. Für morgen hatte sich ein ganzer Schwarm Freunde angesagt. Ob sie ihm über seine trübe Stimmung hinweghelfen würden?

Die Sonne verschwand am Horizont, und in der Dämmerung wurde es schwierig, die Piste zu erkennen. Seine Bretter glitten über eine vereiste Stelle, und er geriet ins Schleudern. Dann, plötzlich, schien mit großer Geschwindigkeit der Boden auf ihn zuzurasen. Rahman überschlug sich und stürzte den Abhang hinunter … immer weiter und weiter. Mit seinem Kopf prallte er auf den hart gefrorenen Schnee, und als er schließlich wie betäubt und mit dem Gesicht nach unten in einer Schneewehe liegen blieb, befand er sich nur wenige Meter von einem Baum entfernt.

Alles tat ihm weh. Zuerst hatte er das Gefühl, keinen heilen Knochen mehr im Leibe zu haben. Wahrscheinlich war es aber nicht gar so schlimm. Die Bindungen seiner Skier hatten sich Gott sei Dank gelöst; dagegen hingen die Stöcke noch an seinen Handgelenken. Er würde ein paar Minuten warten, bis der Schmerz etwas nachgelassen hatte und sein Atem wieder ruhiger ging. Dann würde er aufstehen und sich langsam auf die Heimfahrt machen. Für heute hatte er genug vom Skilaufen.

Als er jedoch nach einer Weile versuchte, sich aufzurichten, durchfuhr ihn der Schmerz so scharf, als hätte man ihm einen Dolch in die Brust gestoßen. Da wusste er, dass er allein nicht weiterkommen würde. Er versuchte, um Hilfe zu rufen. Aber alles, was er hervorbrachte, war ein Stöhnen.

1. KAPITEL

Mit dem verschneiten Dach und der rustikalen Inneneinrichtung glich die North Star Home Health Agency in Pine Grove, Kalifornien, eher einer Skihütte als einer Stellenvermittlung für Pflegepersonal. Die Agentur machte einen ebenso freundlichen und einladenden Eindruck wie die Besitzerin Rosie Dixon, die jetzt ihrer Freundin Amanda mit einem strahlenden Lächeln gegenübersaß.

„Ich habe einen Super Job für dich“, verkündete sie.

„Was, schon? Ich habe doch noch nicht mal ausgepackt.“

„Tja, wir sind eben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, erwiderte Rosie. „Deshalb bist du doch auch hier, oder?“

Warum war sie hier? Warum hatte sie ihre hervorragende Stelle in Chicago gekündigt, um ins ferne Kalifornien zu kommen? Dafür gab es einen Grund, aber der war so beschämend, dass Amanda ihn nicht einmal ihrer Freundin anvertrauen konnte.

„Ich bin bloß froh, dass du endlich Vernunft angenommen hast“, fuhr Rosie munter fort. „Seit Jahren sage ich dir, dass wir hier das reinste Paradies haben.“

Amanda blickte aus dem Fenster auf die Menschen, die draußen vorbeigingen, und auf die Berge im Hintergrund. Ob es ein Paradies war oder nicht, spielte keine Rolle. Sie war weder am Skilaufen noch am Bergsteigen interessiert. Worauf es ihr ankam, war einzig und allein der Tapetenwechsel.

„Was für ein Job ist es denn?“, fragte Amanda und zog ihren Mantel aus.

„Genau das Richtige für dich. Ein Skiunfall. Perforierte Lunge, gebrochener Knöchel, Gehirnerschütterung und noch ein paar Problemchen. Der Patient will auf keinen Fall im Krankenhaus bleiben. Er will nach Hause, das heißt, nach San Francisco. Das geht natürlich nicht. Als Alternative käme das Ferienhaus seiner Familie infrage. Der Arzt ist dagegen. Aber ich habe vorgeschlagen, wenn er sein Einverständnis gibt, dann besorge ich für den Patienten eine erstklassige private Krankenschwester mit viel Erfahrung. Eine, die jahrelang auf der Intensivstation gearbeitet hat und sich mit Unfällen auskennt. Mit anderen Worten …“, Rosie zeigte mit einer dramatischen Geste auf Amanda, „… meine beste Freundin und Zimmergenossin aus der Studentenzeit, Amanda Reston!“

Bewundernd sah diese ihre Freundin an. Seit den gemeinsamen Studientagen hatte Rosie sich nicht verändert, obwohl sie inzwischen verheiratet und Mutter eines entzückenden Zwillingspärchens war. Sie war noch genauso überschwänglich wie damals. Amanda wünschte, dass sie selbst wieder etwas von dieser Begeisterung und Lebensfreude spüren würde. Beides hatte sie in Chicago eingebüßt, dafür hatte Dr. Ben Sandler gesorgt, ihr Chef auf der Intensivstation am St. Vincent’s Memorial Krankenhaus.

Entschlossen schob sie die Gedanken beiseite und wandte sich wieder der Gegenwart zu. „Dem Patienten scheint es ja noch ziemlich schlecht zu gehen, wenn der Arzt ihn nicht entlassen will.“

„Das kann man wohl sagen. Er hat eine Drainage in der Brust und kann sich so gut wie gar nicht bewegen“, sagte Rosie.

„Kein Wunder, dass er nicht raus darf“, erwiderte Amanda. „Wann war denn der Unfall?“

„Vor einer Woche. Seitdem geht es in unserem kleinen Krankenhaus wie in einem Taubenschlag zu. Aus der ganzen Welt kommen Freunde und Verwandte angeflogen, kümmern sich nicht um Besuchszeiten und bestellen Pizza für die ganze Etage. Partys, Musik und Fernseher laufen auf Hochtouren. Du kannst dir denken, dass wir an so was hier nicht gewöhnt sind. Na ja, wenn der Patient auch ein steinreicher Scheich ist…“

„Ein Scheich! Mit Harem und Kamelen und Zelten in der Wüste?“

„Ein Scheich mit enorm viel Geld, der die besten Schulen besucht hat und traumhaft aussieht. Das behaupten wenigstens die Schwestern. Ich kann es nicht beurteilen, bisher kenne ich ihn nur vom Telefon.“ Rosie seufzte.

„Und?“

„Tja, der Mann weiß, was er will, und er ist daran gewöhnt, es auch zu bekommen. Aber er kann von Glück sagen, wenn er in seinem Zustand vom Krankenhaus in das Ferienhaus umziehen darf.

Das Feriendomizil ist übrigens eine Villa unten am See. Mit einer Haushälterin und einem Apartment für das Pflegepersonal.“ Amanda war nicht gerade begeistert. Der Scheich schien problematisch zu sein, und Probleme brauchte sie im Augenblick wirklich nicht. Die hatte sie in Chicago zur Genüge gehabt.

„Und wenn ich den Posten nicht will?“, fragte sie.

„Dann kannst du morgen in unserem Krankenhaus auf der Intensivstation anfangen. Die nehmen dich mit Kusshand. An deiner Stelle würde ich mir aber den Patienten erst mal ansehen und bei der Gelegenheit auch gleich unser Krankenhaus. Danach kannst du dich dann entscheiden. Und heute Abend kommst du zu uns, vergiss das nicht. Es gibt Fondue.“

Amanda stand auf. „Ach Rosie, ich will dir doch nicht noch mehr zur Last fallen. Du hast schon so viel für mich getan.“

Rosie umarmte sie. „Rede doch keinen Unsinn. Ich bin so froh, dass du endlich gekommen bist. Du warst doch schon immer meine beste Freundin. Alles konnte ich dir sagen …“ Sie bekam feuchte Augen. „Jetzt fange ich gleich an zu heulen.“

„Ich auch“, gestand Amanda, und ihre Stimme zitterte verdächtig. Rosie war wirklich ihre beste Freundin. Trotzdem, was in Chicago passiert war, konnte sie selbst ihr nicht anvertrauen.

„Also dann bis später. Um sechs Uhr bei uns“, erwiderte Rosie, jetzt wieder mit fester Stimme. „Wir freuen uns schon. Und mach dir keine Sorgen … wenn du den Scheich nicht magst, dann muss er sich halt jemand anderen suchen.“

Als Amanda am Krankenhaus ankam, entdeckte sie, wie klein es war im Vergleich zu St. Vincent’s. Ob es ihr gelingen würde, hier zu arbeiten? Dazu kam noch die Umstellung von der Großstadt Chicago auf ein Städtchen wie Pine Grove. Hoffentlich hatte sie sich in ihrem Wunsch nach Veränderung nicht zu viel zugemutet.

An der Rezeption stellte sie sich vor und erkundigte sich bei Carrie, der Schwester vom Dienst, nach der Zimmernummer des Scheichs. Kurz danach stand sie vor dem Krankenzimmer. Sie öffnete die Tür, trat ein und blieb stehen.

Der Raum lag im Dämmerlicht. Es herrschte absolute Stille, von Besuchern oder lauter Musik war keine Spur. Durch die herabgelassenen Jalousien drangen noch einige späte Sonnenstrahlen. Eine kleine Nachttischlampe verbreitete zusätzlich sanftes Licht. Amandas Blick fiel auf den Mann, der regungslos im Bett saß. Als Erstes bemerkte sie seinen melancholischen Gesichtsausdruck. Natürlich hatte sie nicht erwartet, den Kranken in heiterster Stimmung vorzufinden. Aber nach allem, was sie von ihm gehört hatte, war sie auf diese Tragik in den samtbraunen Augen nicht vorbereitet. Da war keine Spur von dem reichen, anmaßenden Playboy, den sie sich vorgestellt hatte. Ein Fuß war stark bandagiert und hochgelagert; ein weißer Verband um seine Stirn kontrastierte scharf mit dem schwarzen Haar.

Langsam wandte er sich um und sah sie prüfend an. Auf diesen Blick war Amanda nicht vorbereitet. Unwillkürlich ballte sie die Hände. Welche Gedanken verbargen sich wohl hinter der verbundenen Stirn? Sie wollte etwas sagen, sich vorstellen, fragen, wie es ihm ginge. Aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Was war mit ihr los? Er war doch nur ein Patient wie jeder andere. Nein, das stimmte nicht. Sie war noch nie jemandem wie ihm begegnet. Schließlich brach er das Schweigen.

„Wer sind Sie?“ Seine Stimme war tief und melodisch, klang aber etwas brüchig. Unwillkürlich regte sich ihr Mitgefühl für ihn in seinem hilflosen Zustand. Bevor sie noch antworten konnte, fuhr er jedoch in festerem Ton fort: „Können Sie nicht näher kommen und die Jalousien hochziehen? Ich kann Sie ja kaum sehen.“ Zweifellos war er ans Kommandieren gewöhnt. Da kam er bei ihr an die falsche Adresse. Sie fand ihre Stimme wieder.

„Ich bin Schwester Amanda Reston.“

Er verbeugte sich leicht im Sitzen. „Rahman Harun. Leider bin ich im Moment nicht in der Lage, Ihre Bekanntschaft in formvollendeter Weise zu machen.“ Sein Blick glitt über ihre Figur und ihre langen Beine, die in den eng anliegenden Stretchhosen gut zur Geltung kamen.

Amanda wurde rot. Sie kam sich vor wie ein Teenager.

Sein Blick wich nicht von ihr ab. „Krankenschwestern stelle ich mir eigentlich anders vor. Nicht so jung und so hübsch. Und nicht so schick angezogen.“

Natürlich, jetzt musste er seinen Charme an ihr ausprobieren! Als Nächstes würde er sie bitten, Pizza für ihn zu bestellen. Nicht mit ihr! Sie war eine hoch qualifizierte Krankenschwester und kein Dienstmädchen. Wenn sie ihn gesund pflegen sollte, musste er sich nach ihren Anweisungen richten und nicht umgekehrt.

„Ich bin im Moment nicht im Dienst“, erwiderte sie steif.

„Was verschafft mir dann die Ehre Ihres Besuchs, Schwester? Wollten Sie einmal sehen, wie ein Scheich aussieht? Und wie schlecht es auch ihm gehen kann?“ Er lachte freudlos und verschluckte sich dabei. Automatisch reichte sie ihm ein Glas Wasser. Er nahm es entgegen und umschloss dabei ihre Hand. Die Berührung durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag. Beinahe hätte sie das Glas fallen lassen.

„Jetzt weiß ich, wer Sie sind“, fuhr Rahman fort und stellte das Wasser wieder auf den Nachttisch. „Sie sind die Superschwester, die man mir versprochen hat. Mit der jahrelangen Erfahrung und so. Ich war allerdings auf jemand Älteren gefasst. Mit grauen Haaren und dicken Beinen, “ Wieder glitt sein Blick über ihre schlanke Figur. „Anscheinend habe ich diesmal Glück gehabt. Gut. Dann können wir ja jetzt gehen, Schwester.“ Er machte Anstalten, aufzustehen.

Amanda fühlte sich überrumpelt. „Halt, nicht so schnell. Sie sind ja noch nicht entlassen, und ich bin mir auch noch gar nicht sicher, ob ich Sie überhaupt als Patienten übernehmen will.“

Empört sah er sie an. „Und warum nicht? Für Sie ist es doch nur ein Job, Schwester. Und ich bin ja auch nicht wählerisch. Ich will nur hier raus. Dafür brauche ich eine Privatschwester. Ohne die muss ich bleiben. Und das kann ich einfach nicht.“ Voller Widerwillen sah er sich in dem Raum um. „Ich komme mir vor wie im Gefängnis.“

Um ihn abzulenken, fragte sie: „Wie ist es denn passiert?“

„Der Unfall? Das Übliche. Ich konnte nicht aufhören, obwohl ich eigentlich schon zu müde war. Da verlor ich die Kontrolle und stürzte. Laufen Sie Ski?“

Amanda schüttelte den Kopf.

„Schade. Es ist ein großartiger Sport. Ich kann mir nichts Schöneres denken als eine Schussfahrt. Die Geschwindigkeit, der Wind.“ Er lächelte, und einen Moment sah Amanda den Mann vor sich, der er vor dem Unfall gewesen sein musste. Wieder regte sich ihr Mitgefühl.

„Glauben Sie an Unfälle?“, fragte er sie.

„Natürlich.“

„Ich nicht. Ich glaube, dass man genau das bekommt, was man verdient. Es war meine Schuld. Genau wie …“ Er stockte. Seine Augen glitzerten. Dann wiederholte er: „Es war meine eigene Schuld. Ich war unachtsam und leichtsinnig und bekam, was ich verdiente. Und jetzt zahle ich für meinen so genannten Unfall.“ Erschöpft lehnte er sich zurück und schloss die Augen.

Besorgt zog Amanda sich einen Stuhl heran, setzte sich und griff dann nach seinem Handgelenk. Der Puls ging schnell, aber regelmäßig. Als sie ihre Hand zurückziehen wollte, hielt Rahman sie fest.

„Ihre Hand ist kalt“, murmelte er. „In meiner Heimat sagt man ‚Kalte Hände, heißes Blut.‘ Stimmt das, Amanda?“

Hatte sie sich verhört, oder hatte er das wirklich gesagt? Sie war nur froh, dass er anscheinend keine Antwort von ihr erwartete und dass niemand ihren Puls fühlte. Der ging jetzt auch viel zu schnell. Es musste an der Höhe liegen, obwohl sie in den Bergen bisher keine Probleme gehabt hatte.

Rahman rührte sich nicht, er schien eingeschlafen zu sein. Noch immer hielt er ihre Hand, und Amanda machte keine Anstalten, sie ihm zu entziehen. Sie war sich nicht sicher, ob sie Angst hatte, ihn aufzuwecken, oder ob sie einfach das Gefühl von Wärme und Energie, das von ihm ausging, nicht verlieren wollte.

Eins war sicher: Er erweckte Gefühle in ihr, die mit denen einer Krankenschwester für ihren Patienten nichts zu tun hatten. Und das konnte sie sich nicht leisten, nach dem Fiasko mit Dr. Sandler in Chicago. Der Scheich war kein Patient für sie. Da käme sie nur vom Regen in die Traufe.

Vorsichtig zog sie ihre Hand zurück, stand auf und schlich betont langsam zur Tür. Als sie auf den Flur trat, blieb sie wie angewurzelt stehen. Vor ihr stand der Scheich – oder vielmehr ein hoch gewachsener Mann, der ihm zum Verwechseln ähnlich sah. Hatte sie bereits den Verstand verloren?

„Schwester Reston? Ich bin Rahmans Zwillingsbruder Rafik. Könnte ich Sie einen Augenblick sprechen?“

„Gern“, antwortete Amanda mechanisch und folgte ihm zu einer Sitzecke auf dem Gang. Sie konnte sich denken, was er von ihr wollte, und legte sich bereits ihre Antwort zurecht. So Leid es mir auch tut, ich kann mich nicht um Ihren Bruder kümmern. Ich bin nicht die richtige Krankenschwester für ihn. Das liegt an mir, nicht an ihm. Aber ich kann es einfach nicht. Es geht über meine Kräfte.

2. KAPITEL

„Und? Wie war’s?“, fragte Rosie, als ihre Freundin in die Küche kam, in der es angenehm nach Käse und Kirschwasser duftete.

„Er ist ein schwieriger Fall“, antwortete Amanda und hängte ihren Mantel an einen Kleiderhaken.

Rosie nickte und reichte ihr ein Glas Weißwein.

„Schwieriger, als dir lieb ist?“

„Ich weiß nicht.“ Wie konnte sie es Rosie verständlich machen? Nach so vielen Jahren war sie zum ersten Mal einem Patienten begegnet, der Gefühle in ihr weckte, die mit Krankenpflege nichts zu tun hatten. Diesen Schock hatte sie noch nicht überwunden.

Die Tür ging auf, und Rosies Mann Jake kam hereingestürmt. „Amanda! Willkommen in Kalifornien! Deiner neue Heimat, hoffe ich“, rief er ihr fröhlich zu. Amanda war ihm bisher nur ein Mal begegnet: bei seiner und Rosies Hochzeit in Chicago. Und jetzt begrüßte er sie, als gehöre sie zur Familie. Dann umarmte er Rosie und küsste sie stürmisch, wie nach einer wochenlangen Trennung. Dass die beiden glücklich miteinander waren, war für jeden sichtbar.

Trotz eines kleinen Anflugs von Neid freute sich Amanda aufrichtig für ihre Freundin. Sie wusste, dass auch Rosie Kummer und Enttäuschungen in ihrem Leben gekannt hatte. Rahmans Worte kamen ihr in den Sinn. Jeder bekommt, was er verdient. Sollte das heißen, dass sie, Amanda, ihr Schicksal verdient hatte? Sie hoffte es nicht. Aber wie dem auch sei, sie hatte aus ihrem Fehler gelernt. Nie wieder würde sie einem Mann vertrauen.

Die Tür öffnete sich zum zweiten Mal, und herein kamen die Zwillinge Sara und Nora. Für Amanda war es Liebe auf den ersten Blick. Sie beugte sich zu den dreijährigen Mädchen hinab und nahm sie in die Arme. Die beiden waren entzückend und glichen sich wie ein Ei dem anderen. Willig folgte Amanda ihnen ins Kinderzimmer, um mit Puppen zu spielen, den Hamster zu bewundern und tausend Fragen zu beantworten.

Am liebsten hätte sie den ganzen Abend mit Sara und Nora verbracht. Sie lauschte ihrem Geplapper und spürte, wie sie sich nach und nach entspannte und die Strapazen des Tages vergaß.

Sie hatte sich bisher nie danach gesehnt, selbst Kinder zu haben. Aber jetzt, als sie die zarten Wangen der Kleinen streichelte und den süßen Duft ihrer seidigen Löckchen einatmete, wünschte sie von ganzem Herzen, sie wäre an Rosies Stelle.

Leider sah die Wirklichkeit anders aus. Sie hatte einen aufreibenden Tag hinter sich mit vielen neuen Eindrücken, die sie noch nicht verkraftet hatte. Dazu kam die Bekanntschaft der Brüder Harun, von denen der eine schwierig und anspruchsvoll war und der andere liebenswürdig und überzeugend. Rafik sah genauso gut aus wie sein Bruder, aber in seiner Gegenwart spürte Amanda nichts von der elektrisierenden Spannung, die entstand, wenn sie mit Rahman zusammen war.

Als es für die beiden Mädchen an der Zeit war, schlafen zu gehen, erhielt Amanda von beiden einen Gutenachtkuss, worauf sie widerstrebend zu Rosie und Jake in die Küche zurückging.

„Die beiden sind ganz vernarrt in dich“, sagte Rosie beim Abendessen.

„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, antwortete Amanda. „Ich finde, sie sind einfach süß.“

„Wir sind auch sehr stolz auf sie“, erwiderte die Freundin. „Aber jetzt erzähle, wie es mit dem Scheich ging.“

„Also, ich habe ihn besucht und mit ihm gesprochen. Und entschieden, den Fall nicht zu übernehmen.“

„Warum nicht?“

„Er ist genauso, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Ungeduldig, arrogant und anspruchsvoll. Einfach nicht der richtige Patient für mich.“

„Na ja, in seinem Zustand zeigt man sich nicht gerade von der besten Seite“, meinte Rosie.

„Das ist mir klar. Er hat große Schmerzen und ist mutlos. Außerdem ist er daran gewöhnt, dass immer alles nach seinem Kopf geht. Und jetzt kann er sich kaum bewegen und muss wegen jeder Kleinigkeit klingeln. Ich kann mir gut vorstellen, wie ihm zu Mute ist.“ Unwillkürlich dachte sie wieder an den tragischen Ausdruck in seinen Augen und erinnerte sich an den Druck seiner Hand.

Rosie lächelte.

„Aber…“, fuhr Amanda mit fester Stimme fort, als wolle sie sich selbst überzeugen, ‚,… ich habe das Gefühl, dass er gesund auch nicht viel anders ist. Obwohl…“ Sie stockte.

Rosie sah sie wissend an. „Er hat es dir angetan, stimmt’s? Das überrascht mich eigentlich. Ich dachte immer, du lässt dich durch niemand aus der Ruhe bringen. Aber dem Scheich scheint es gelungen zu sein.“

„Wahrscheinlich habe ich Mitleid mit ihm.“ Wahrscheinlich habe ich mehr für ihn übrig, als mir recht ist.

Sie verstand sich selbst nicht mehr. Rahman war nicht ihr erster gut aussehender männlicher Patient. Warum fühlte sie sich so stark zu ihm hingezogen? Rosies Stimme holte sie aus ihren Gedanken auf.

„Entschuldige, ich habe nicht zugehört.“

„Ich sagte, demnach wirst du den Job also nicht übernehmen“, wiederholte Rosie.

„Doch.“

„Wie bitte?“ Vor Überraschung blieb Rosie der Mund offen stehen.

„Als ich aus dem Krankenzimmer kam, lief ich Rafik in die Arme. Das ist sein Zwillingsbruder und das ganze Gegenteil von Rahman. Er ist höflich und aufmerksam und kommandiert nicht herum. Wir unterhielten uns ein wenig, und ich sagte ihm, dass ich seinen Bruder nicht pflegen könnte.

Er meinte, vielleicht sollte ich es mir noch einmal überlegen. Er würde mir vorher auch gern noch das Ferienhaus zeigen. Wir fuhren also hin. Du hattest Recht, es ist wirklich eine Villa. Fantastisch eingerichtet und mit einem traumhaften Blick auf den See. Dazu kommen ein komplett eingerichteter Reha-Raum und eine Haushälterin, die anscheinend eine Superköchin ist.

Dann lernte ich noch einige Familienmitglieder kennen. Um es kurz zu machen, sie haben mich überzeugt, Rahman doch als Patienten anzunehmen. Angeblich hat er in letzter Zeit ziemlich viel durchgemacht, auch seelisch. Einzelheiten weiß ich keine und will sie auch nicht wissen.“

„Sie haben dich also überredet“, sagte Rosie langsam. „Ich hoffe nur, dass alles gut geht.“

„Ich auch, denn die Würfel sind mm einmal gefallen. Morgen reisen sie alle ab.“

„Sie können von Glück reden, dass sie dich bekommen haben“, meinte Rosie.

„Ich muss sagen, es lohnt sich auch für mich. Die Bezahlung ist fantastisch, und ich bin fürstlich untergebracht.“

„Wann wird Rahman aus dem Krankenhaus entlassen?“

„Das erfahre ich morgen.“

Die Freundin atmete tief auf. „Ich freue mich wirklich, dass es geklappt hat, Amanda. Und ich hoffe … na ja, dass auch alles gut geht.“

„Das hoffe ich auch. Auf jeden Fall ist es meine eigene Entscheidung. Du hast nichts damit zu tun.“

Bei dem Gedanken, Tag und Nacht mit Rahman unter einem Dach zu wohnen und ihn zu pflegen, war Amanda allerdings alles andere als zuversichtlich. Hatte er selbst den Willen und die Kraft dazu, wieder gesund zu werden? Wieder hörte sie ihn sagen „Man bekommt, was man verdient“. Wenn Rahman glaubte, er verdiene es nicht, gesund zu werden, dann waren seine Chancen nicht sehr gut.

Im Krankenhaus besprach Amanda am nächsten Tag Rahmans Entlassung mit dessen Arzt, Dr. Flanders. Schließlich gab er seine Einwilligung.

Eigentlich hätte Amanda stolz sein können auf das Vertrauen, das ihr der Arzt und Rahmans Familie entgegenbrachten. Außer ihr schienen alle davon überzeugt zu sein, dass sie die ideale Pflegerin für ihn war. Man würde ja sehen. Wie würden sie miteinander zurechtkommen? Wie gut würde sie selbst sich im Griff haben?

Er ist ein Patient wie jeder andere. So werde ich ihn auch behandeln und mich nicht durcheinander bringen lassen.

Amanda holte tief Atem und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Schon beim Näherkommen hörte sie seine erregte Stimme. Anscheinend stritt er sich mit seinen Angehörigen.

„Ihr wollt abreisen und mich hier allein lassen? In meinem Zustand? Ihr könnt mich doch nach San Francisco überweisen lassen. Ich sage euch, ich bleibe nicht hier!“ Vor lauter Erregung konnte er kaum sprechen.

Eine ruhige Frauenstimme mit leichtem Akzent antwortete: „Rahman, beruhige dich doch. Du weißt, dass du in deinem Zustand nicht reisen kannst. Sobald es dir besser geht, kommst du nach Hause. Bis dahin bist du in unserem Ferienhaus bestens untergebracht. Alles ist fertig. Wir haben gestern deine Krankenschwester kennen gelernt und sind sehr von ihr beeindruckt. Ihre Empfehlungsschreiben sind ellenlang.“

„Empfehlungsschreiben! Natürlich lobt sie hier jeder. Die wollen mich doch alle nur loswerden. Was mir auch recht ist. Ich will ja weg. Aber nicht in das Chalet mit einer Superschwester. Ich will nach Hause.“

Darauf antwortete eine schroffe Männerstimme. „Du weißt genau, dass du nach dem schweren Unfall noch nicht in die Stadt zurückkommen kannst. Du solltest dich glücklich schätzen, überhaupt noch am Leben zu sein.“

„So, ich soll mich also glücklich schätzen! Wohl dafür, dass ich den ganzen Tag im Bett liegen muss und mich nicht bewegen kann und dutzendweise Pillen schlucke, weil ich es sonst vor Schmerzen nicht aushalte. Hast du schon mal Angst gehabt, nicht nur dein Bein, sondern auch den Verstand zu verlieren? Und dafür soll ich mich glücklich schätzen!“

„Rahman! “, rief die Frauenstimme vorwurfsvoll.

Darauf antwortete er in ruhigerem Ton: „Es tut mir Leid.“

Amanda war an der Tür stehen geblieben. Sie hatte gedacht, ihr Patient würde sich freuen, das Krankenhaus verlassen zu dürfen. Auf so einen Zornausbruch war sie nicht gefasst gewesen. Er war und blieb eben ein verwöhnter Scheich.

Rafik kam aus dem Zimmer, sah Amanda und blieb stehen.

„Ich nehme an, Sie haben alles gehört“, sagte er grimmig.

„Ja, leider.“

„Er meint es nicht so. Er will nur nicht, dass wir abreisen.“

„Das ist verständlich.“ Amanda gab sich Mühe zu lächeln. Aber es schmerzte sie, wie sehr sich Rahman dagegen zu wehren schien, von ihr gepflegt zu werden. Natürlich war es nicht persönlich gemeint, und sie warf sich vor, zu empfindlich zu sein. Er war einfach unglücklich und hatte Schmerzen.

„ Am besten komme ich später noch einmal. Wenn er sich beruhigt hat.“

Nachdem seine Angehörigen gegangen waren, blieb Rahman allein zurück. Er war froh darüber. Sie gingen ihm alle auf die Nerven mit ihrem Zureden und ihren guten Ratschlägen. Und dennoch, ohne sie fühlte er sich unsagbar verlassen.

Er war schon immer sehr unabhängig gewesen, aber das Gefühl, allein zu sein, hatte er bisher nicht gekannt. Lisa, Rafik, seine ganze Familie – alle waren immer für ihn da gewesen, wenn er sie brauchte.

Jetzt war niemand für ihn da. Keiner schien zu verstehen, wie ihm zu Mute war. Nicht einmal sein Zwillingsbruder, sein bester Freund. Seit Rafiks Hochzeit war das Gefühl der Verbundenheit zwischen ihnen nicht mehr so wie früher. Statt Anteilnahme las Rahman nur Unverständnis und Ärger in den Augen seines Bruders.

Müde beobachtete er, wie die Sonne hinter den Bergen verschwand. Er konnte sich nur schwer vorstellen, vor kurzem noch selbst dort oben auf dem Gipfel gestanden zu haben. Jetzt lag er hier und wusste kaum, ob es Tag oder Nacht war. Er schien jegliches Zeitgefühl verloren zu haben. Auf dem Gang brannte ständig Licht, Krankenschwestern kamen und gingen. Er erinnerte sich an keine einzige. Außer an Amanda. Sie war anders. Beruhigend und aufregend zugleich.

Sie trug auch keine Uniform, sondern enge Stretchhosen. Wie würde sie wohl in einem Abendkleid mit tiefem Dekolletee aussehen? Der Gedanke daran brachte schon jetzt seinen Puls auf Hochtouren. Wie sollte das erst werden, wenn sie Tag und Nacht beisammen wären!

Er wollte keine junge, gut aussehende Krankenschwester, die ihn wie ein Baby füttern und ihm vorschreiben würde, was er tun und lassen konnte. Wenn er schon eine Pflegerin brauchte, sollte sie wenigstens alt und hässlich sein! Wenn Amanda blieb, würde er bald nach Dingen verlangen, die er nicht haben konnte.

Und eine neue Freundin kam überhaupt nicht infrage. Schon gar nicht eine Frau wie Amanda, deren Beruf es war, für andere da zu sein. Er brauchte niemand, wollte keine Frau mehr um sich haben. Das Schicksal hatte ihm Lisa geschenkt und dann wieder genommen. Anscheinend war ihm vorbestimmt, allein zu sein, und je früher er sich damit abfand, umso besser.

Rahman schloss die Augen. Wieder sah er Amanda vor sich. Er dachte an ihr erstes Zusammentreffen, wie sie dort in der Tür gestanden und ihn angesehen hatte. Ein vorher nie gekanntes Glücksgefühl war über ihn gekommen. Sie hatte an seinem Bett gesessen, während er schlief, und er war frisch und ausgeruht wieder auf gewacht. Er konnte es kaum erwarten, dass sie jeden Abend an seinem Bett sitzen würde, bis er einschlief. Aber das ging selbst über die Pflichten einer Privatschwester hinaus. Er versetzte dem Bettpfosten einen Tritt mit seinem gesunden Bein. Wenn er doch bloß keinen Unfall gehabt hätte!

Als er auf sah, stand Amanda wieder in der Tür. Es war keine Illusion. Vor Überraschung fuhr er sie an: „Können Sie nicht anklopfen?“

„Ich wollte Sie nicht wecken.“

„Ich war schon wach.“

„Wie geht es Ihnen?“

„Das können Sie selbst wohl am besten beurteilen.“ Sein Ton war patzig.

„Auf jeden Fall haben Sie eine gesunde Einstellung.“

„So, meinen Sie?“

„Ja, meine ich. Nach meiner Erfahrung werden die unausstehlichsten Patienten am schnellsten wieder gesund.“

„Soll das heißen, dass ich unausstehlich bin?“

„Ihr Benehmen ist es.“

Rahman lächelte sie schief an. „Vielleicht haben Sie Recht.“

In dem dunkelblauen Rollkragenpulli, der das Blau ihrer Augen noch zu betonen schien, sah Amanda einfach hinreißend aus. Eine Welle des Verlangens, auf die er nicht gefasst war, stieg in ihm hoch. Anscheinend hatte der Unfall seine sexuellen Reaktionen nicht beeinträchtigt.

Sollte er sich darüber freuen, dass in dieser Richtung alles nach wie vor zu funktionieren schien? In seinem Zustand nützte es ihm nicht viel – und konnte im Gegenteil weitere Enttäuschungen mit sich bringen.

„Ist das ein freundschaftlicher Besuch, oder sind Sie als Krankenschwester hier?“

Sie setzte sich an sein Bett. „Beides. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich gut verstehe, wie Ihnen zu Mute ist.“

„Was meinen Sie damit?“

„Ich hörte, wie Sie zu Ihren Angehörigen sagten, dass Sie nicht hier bleiben und mich als Pflegerin haben wollen.“

„Daran kann ich mich nicht erinnern. Wahrscheinlich habe ich fantasiert. Es stimmt natürlich auch nicht. Ich weiß sehr gut, dass ich Sie brauche.“

Er konnte ihr schlecht erklären, dass er sie nicht um sich haben wollte, weil er sie viel zu hübsch und zu begehrenswert fand. Und weil er Angst hatte, sich in seinem hilflosen Zustand lächerlich zu machen.

„Wenn Sie meinen …“, sagte Amanda zögernd.

„Warum behalten Sie mich eigentlich als Patienten, wenn Sie mich so unausstehlich finden? Gibt es nichts Besseres für Sie?“

„Ich mag schwierige Fälle.“

„Na, da sind Sie ja an der richtigen Adresse, mein Täubchen.“ Amanda errötete und sah ihn streng an.

„Bitte nennen Sie mich nicht so. Sie können Amanda zu mir sagen oder Schwester. Ich bin schließlich Ihre Krankenschwester.“

Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie ein bisschen zu ärgern. „Das weiß ich, doch, Liebling.“

Ärgerlich funkelte sie ihn an. Sie sah zum Anbeißen aus. Er würde schon herausfinden, wie er sie in Fahrt bringen konnte.

„Es tut mir Leid“, antwortete er. Beide wussten, dass es nicht stimmte.

„Ich habe mir sagen lassen, dass Ihnen die Krankenhauskost nicht besonders schmeckt“, fuhr Amanda fort. „Ich gehe jetzt essen. Wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen etwas aus der Stadt mit.“

„Und mit wem gehen Sie essen?“

„Ist das wichtig?“

„Nein. Und Sie brauchen auch nicht zu antworten. Ich dachte nur, da wir schon miteinander leben müssen, brauchen wir auch keine Geheimnisse voreinander zu haben.“

„Da bin ich anderer Meinung. Sie sind mein Patient, und ich bin Ihre Pflegerin. Es besteht kein Grund für uns, persönlich zu werden. Diesmal will ich Ihre Frage beantworten. Ich gehe alleine in ein japanisches Restaurant. Ich bin neu hier und habe noch keine Bekannten. Sind Sie jetzt zufrieden?“

„Bitte entschuldigen Sie meine Taktlosigkeit. Es geht mich natürlich nichts an, wie Sie Ihre Freizeit verbringen. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir etwas zu essen mitbringen könnten. Das Zeug hier schmeckt wirklich nicht.“

„Sehr gern.“ Sie stand auf Und nickte ihm zu. „Ich gebe der Stationsschwester Bescheid.“

„Es ist mir sehr peinlich, aber ich muss Sie bitten, mir das Geld dafür auszulegen. Meine Brieftasche wurde mir bei der Einlieferung abgenommen. Ich versichere Ihnen, dass ich kreditwürdig bin.“

Sie lächelte ihn an. Ihr Lächeln war bezaubernd und wirksamer als alle Kompressen, die man ihm bisher aufgelegt hatte. „Das bezweifle ich nicht“, erwiderte sie.

„Sie sollten das öfters tun“, sagte Rahman.

„Was? Japanisch essen?“

„Nein, lächeln.“

An der Tür blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. Langsam verschwand der glückliche Ausdruck von ihrem Gesicht. Er hätte alles dafür gegeben, um zu wissen, warum. Und wenn er nicht krank und hilflos im Bett gelegen hätte, wäre er auch dahinter gekommen.

Schließlich sagte sie: „Vielleicht haben Sie Recht.“ Dann ging sie, und er war wieder allein.

Beim Essen dachte Amanda über Rahmans Bemerkung nach. Er hatte Recht, dieser Tage lächelte sie nicht sehr oft. Nur gut, dass er den Grund dafür nicht kannte.

Als sie mit seinem Abendessen ins Krankenhaus zurückkam, erklärte ihr die Nachtschwester wenig entgegenkommend, dass die Besuchszeit vorbei war. Amanda stellte sich vor und sagte, wem ihr Besuch galt.

„Seit einer Stunde“, erwiderte die Schwester missbilligend, „hat Ihr Patient nichts Besseres zu tun als nach mir zu klingeln. Erst will er telefonieren, dann fernsehen. Dann braucht er Schmerztabletten, seine Brieftasche und was weiß ich noch alles. Ich bin schließlich nicht seine Angestellte, und er ist nicht der einzige Patient auf der Station.“

Amanda schluckte die scharfe Antwort hinunter, die ihr auf der Zunge lag. Sie hätte schneller zu Rahman zurückkommen sollen. Trotzdem ärgerte sie sich über den Mangel an Verständnis für einen Kranken.

„Wahrscheinlich ist er hungrig und müde“, gab sie zurück. „Er wartet auf sein Abendessen.“

„Abendessen war um fünf“, kam die abweisende Antwort.

„Aber …“ Sie gab auf. Die Nachtschwester war an Erklärungen nicht interessiert, für sie galt nur die Vorschrift. Ob ein Patient hungrig oder müde oder deprimiert war, interessierte sie nicht.

Amanda versuchte einzulenken. „Ich verstehe Sie sehr gut, ich habe selbst oft Nachtdienst gehabt. Es ist nicht leicht, allein für die ganze Station verantwortlich zu sein.“

Darauf erhielt sie keine Antwort. So nahm sie die Tüte mit den japanischen Köstlichkeiten und eilte in Rahmans Zimmer. Als sie eintrat, sah sie, dass er schlief. Sie stellte sich vor, wie er auf sie gewartet hatte und schließlich eingeschlafen war, und es kam ihr vor, als habe sie ihn im Stich gelassen. Er konnte nicht wissen, dass das Restaurant überfüllt und die Bedienung langsam gewesen war. Sie hatte versprochen, ihm sein Abendessen zu bringen, und ihr Versprechen nicht gehalten.

Sollte sie ihn wecken? Lieber nicht, denn er brauchte seinen Schlaf. Das Essen hätte ihm allerdings auch nicht geschadet. Er sah abgemagert aus. Sie glättete seine Bettdecke. Rahman bewegte sich, wachte aber nicht auf.

Unschlüssig setzte sich Amanda an sein Bett. Sie hatte sich darüber gefreut, etwas für ihn tun zu können und hätte ihm jetzt gern beim Essen zugesehen. Obwohl er wahrscheinlich wieder versucht hätte, sie auszufragen.

Über eines war sie sich klar. Sie würde Scheich Harun ihr Geheimnis nicht anvertrauen und ihm auch keine indiskreten Fragen stellen. Die Gespräche mussten unverbindlich bleiben. Vielleicht konnten sie dann Freunde werden.

Rahman schlief unruhig und murmelte etwas vor sich hin. Amanda beugte sich zu ihm hinab. So nahe war sie ihm noch nie gewesen. Sie strich sein dichtes schwarzes Haar zurück und ließ ihre Hand auf seiner Stirn ruhen. Ich werde dir helfen, wieder gesund zu werden. Das verspreche ich dir. Schlaf jetzt gut.

Nach einer Weile ging sein Atem wieder regelmäßig. Sie stand auf, streckte die steifen Glieder und verließ das Krankenzimmer.

Als sie bei der Nachtschwester vorbeikam, blieb sie stehen und reichte ihr die Tüte mit dem Abendessen. „Hier. Das ist für Sie.“ Die Schwester brummte ein Dankeschön, und Amanda verließ das Krankenhaus. Sie wusste nicht, ob sie mehr Mitleid für die überarbeitete Nachtschwester oder für Rahman hatte.

Langsam fuhr sie in der kalten Nachtluft zu ihrem Motel zurück. Sie nahm ein heißes Bad und ging zu Bett. Morgen Abend würden sie und Rahman unter demselben Dach wohnen. Würden die bevorstehenden Wochen aus ihr auch eine sture und unfreundliche Krankenschwester machen oder im Gegenteil eine übertrieben gefühlvolle? Das durfte auf keinen Fall nicht geschehen. Dann noch lieber stur und unfreundlich.

Sie wusste, dass sie seelisch auf wackligen Beinen stand und die harte Erfahrung von Chicago noch lange nicht überwunden hatte. Aber das war im Augenblick nicht das Wichtigste. Es galt, Rahman gesund zu pflegen. Danach würde sie weitersehen. Wer weiß, vielleicht würde es ihr sogar gelingen, wie Rosie Erfolg im Beruf zu haben und außerdem einen liebevollen Ehemann und zwei entzückende Kinder.

Aber so viel verlangte sie gar nicht. Nur einen gewissen, arroganten Chefarzt wollte sie vergessen und wieder Freude am Leben und an ihrer Arbeit finden. Das war alles.

Am nächsten Tag war Amanda im Krankenhaus so beschäftigt, dass sie keine Zeit hatte, über sich selbst nachzudenken. Sie machte sich auf die Suche nach Dr. Flanders und der Physiotherapeutin, um den Umzug vorzubereiten. Sie begrüßte Rahman nur kurz, ohne die Gelegenheit zu finden, ihm ihr Bedauern wegen des Abendessens auszudrücken. Endlich war alles vorbereitet. Ein Krankenpfleger brachte Rahman in einem Rollstuhl zu einem Krankenwagen und fuhr mit ihm zu der Villa am See.

Hier ging immer noch alles drunter und drüber. Handwerker waren dabei, die Rampe für den Rollstuhl am hinteren Eingang fertigzustellen, während im Billardzimmer, das als Reha-Raum dienen würde, noch ein Massagetisch und Geräte für Rahmans Krankengymnastik installiert wurden. Die Haushälterin kam, um sich vorzustellen und anzukündigen, dass das Abendessen um sieben Uhr serviert würde. Auch die Angehörigen waren anwesend und liefen im ganzen Haus herum.

Als Rahmans Schlafzimmer diente ein gemütliches Lesezimmer im Erdgeschoss, in dem man ein Spezialbett für ihn aufgestellt hatte. Zwei der Wände waren von oben bis unten mit Bücherregalen bedeckt, während an den beiden anderen große Fenster den Blick auf die Berge und den See frei gaben. In einem Kamin lagen würzig duftende Holzscheite für ein Feuer bereit.

Das Badezimmer mit seinen Marmorwänden war riesig. Auch hier hatte man Änderungen vorgenommen, um dem Kranken die Körperpflege zu erleichtern. Überall sah man Zeichen von Reichtum und gutem Geschmack, Ein solches Heim hatte Amanda noch nie gesehen, aber für Scheich Harun und seine Familie war dieser Luxus selbstverständlich.

Sie war noch dabei, Rahmans Bett auf die richtige Höhe zu kurbeln, als er in seinem Rollstuhl hereingebracht wurde. Der Umzug hatte ihn mehr erschöpft, als ihm lieb war. Zum ersten Mal erkannte er, wie schwach er noch war. Als er daran dachte, wie sehr er auf einer Überführung nach San Francisco bestanden hatte, kam er sich wie ein Narr vor.

Das Durcheinander um ihn herum machte ihn noch reizbarer. Und der Anblick von Rafik und seiner Frau Anne, die hereinkamen, um nach ihm zu sehen, trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu verbessern. Wie gut die beiden zueinander passten. Man sah ihnen an, dass sie sich auch ohne Worte wunderbar verstanden. Rahman wusste, dass er selbst eine solche Verbundenheit noch nie erlebt hatte. Abenteuer und Sinnlichkeit hatte er gekannt, vor allem mit Lisa. Aber Liebe?

Sein Bruder und Anne waren mm schon monatelang verheiratet, aber ihre Liebe war noch genauso wie am ersten Tag. Womit hatte Rafik dieses unglaubliche Glück verdient? Würde es ihm, Rahman, auch einmal begegnen? Vielleicht, wenn er das Seine dazu tat und Ordnung in sein Leben brachte. Wahrscheinlicher war jedoch, dass ihm ein solches Schicksal nicht beschieden war.

„Wo waren Sie die ganze Zeit?“, fragte er Amanda gereizt und packte sie beim Arm.

Sie sah ihn erstaunt an und befreite sich von seinem Griff. „Ich war hier und sehr beschäftigt.“

„Ich dachte, Sie seien für mich da. Dafür werden Sie schließlich bezahlt, oder?“ Er wusste, dass er sich unmöglich benahm, aber das war ihm egal. Jetzt wollte er nur noch seine Ruhe haben und Amanda, die sich um ihn kümmerte. Er war viel zu erschöpft, um sich wegen seiner schlechten Manieren Gedanken zu machen.

„Ich weiß, wofür ich bezahlt werde und was Sie brauchen“, erwiderte sie. „Sobald alles fertig ist und Ihre Angehörigen abgereist sind, stellen wir ein Programm auf und legen den Tagesablauf fest.“

„Wozu brauche ich einen vorprogrammierten Tagesablauf?“

„Um gesund zu werden.“

Schweigend sah er sie an. Wenn er darauf bestand, dass sie schließlich für ihn arbeitete, würde sie ihm am Ende noch kündigen. Es war besser zu schweigen.

„Ganz wie Sie wollen“, erwiderte er steif.

Ihre Stimme wurde weicher. „Es tut mir wirklich Leid wegen gestern Abend. Sie schliefen schon, als ich mit Ihrem Essen zurückkam.“

„Das war nicht meine Schuld.“ Eher würde er sich die Zunge abbeißen, als zuzugeben, wie sehr er auf sie gewartet hatte und wie verlassen er sich vorgekommen war. In Gedanken hatte er sie im Restaurant mit gesunden und gut gelaunten Menschen gesehen, während er im Krankenhaus auf sie wartete. Sie hatte natürlich Recht gehabt. Wer wollte schon mit einem Invaliden den Abend verbringen?

„Ich weiß, es war nicht Ihre Schuld“, sagte sie. „Und ich verspreche, ich werde mich gut um Sie kümmern.“ Sie wusste, wie leicht es war, mit sich selbst Mitleid zu haben, wenn man krank im Bett lag. „Hier, sehen Sie. Von jetzt an brauchen Sie nur auf diese Klingel zu drücken, wenn Sie jemand brauchen.“

„Ich brauche nicht jemand, ich brauche Sie“.

Seine Stimme war laut und leidenschaftlich. Sie ließ sie innerlich erbeben, ebenso wie der Blick, mit dem er sie maß. Sie antwortete so unbeteiligt wie möglich: „Natürlich. Und ich komme auch, so schnell wie möglich.“

„Ja, so wie gestern.“

„Rahman…“

Rafik stand in der Tür und sagte: „Amanda, könnte ich Sie bitte einen Moment sprechen?“

„Nein, Rafik, das kannst du nicht! “, fuhr ihn Rahman wütend an. „Amanda ist für mich da und nicht für dich.“

„Du benimmst dich wie ein kleiner Junge. Wenn du so weitermachst, wird sie es nicht lange bei dir aushalten“, erwiderte Rafik mit einem spöttischen Grinsen.

Aber Rahman war nicht gelaunt, auf den Ton seines Bruders einzugehen. „Vielleicht darf ich dich daran erinnern, dass ich einen Unfall hatte, mein Knöchel gebrochen ist und ich eine Gehirnerschütterung habe.“

„Rahman! Beruhige dich doch. Ich weiß, dass du Schmerzen hast. Aber jetzt bist du doch in besten und noch dazu ausgesprochen hübschen Händen. Und brauchst monatelang nicht zu arbeiten. Und wenn du auf Schwester Reston hörst, dann wirst du vielleicht auch bald wieder Ski laufen können. Natürlich nicht so gut wie ich, das konntest du ja noch nie, aber immerhin …“

„Von wegen! Ich war schon immer besser als du. Wenn du mich nur gesehen hättest bei der letzten Abfahrt…“ Er verstummte und wandte sich ab.

Heimlich gab Rafik Amanda ein Zeichen, worauf sie leise das Zimmer verließ und ihm zu einer Sitzecke mit zwei bequemen Ledersesseln folgte.

„Ich wollte Ihnen noch einmal sagen, wie froh wir alle sind, dass Sie sich um meinen Bruder kümmern“, begann Rafik. „Wir sind sicher, dass Sie ihm helfen werden.“

„Ich werde mein Möglichstes tun. Aber er muss mitarbeiten und Anweisungen befolgen, ob es ihm nun Spaß macht oder nicht. Er wird nur gesund werden, wenn er es auch wirklich will. Sowohl körperlich als auch seelisch.“

„Das weiß er auch. Ich bin ganz sicher. Er hat in letzter Zeit viel mitgemacht. Jetzt ist er unausstehlich, aber ich hoffe, dass sich seine Haltung und sein Benehmen bald ändern werden. Wenn nicht… wenn er Schwierigkeiten macht, rufen Sie mich bitte an. Hier sind meine Telefonnummern. Sie können mich jederzeit erreichen, zu Hause oder im Büro.“

„Vielen Dank. Ich bin sicher, es wird alles gut gehen. Ich habe schon schwierigere Patienten als Ihren Bruder gepflegt“, sagte Amanda und lächelte, als sie Rafiks ungläubigen Blick sah. „Ich weiß, wie schwer es ist, krank und hilflos zu sein. Und wenn man daran gewöhnt ist, immer das zu tun, was man will, dann ist es natürlich noch schwerer. Ich kann Rahman gut verstehen. Wir werden schon miteinander auskommen.“

Sie hoffte nur, dass Rafik ihr nicht ansah, wie sehr sie an ihren eigenen Worten zweifelte.

„Ich werde Sie auf jeden Fall anrufen“, fuhr sie fort, „um Ihnen von seinen Fortschritten zu berichten.“

Lächelnd verabschiedete sich Rafik und ging zu seiner Frau zurück. Amanda sah den beiden nach. Sie fragte sich, wie lange sie wohl schon verheiratet waren. Man sah ihnen an, wie nahe sie sich standen und wie sehr sie sich liebten. Unwillkürlich wünschte sie, dass Rafik ihr Patient wäre und nicht sein Bruder. Aber vielleicht würde Rahman, wenn er erst wieder gesund war, genauso charmant und liebenswert sein. Sie würde ja sehen. Auf keinen Fall durfte sie zulassen, dass er sie in ein Nervenbündel verwandelte.

3. KAPITEL

Endlich waren Rahmans Verwandte abgereist. Amanda gab ihm ein Schmerzmittel und blieb einen Augenblick an seinem Bett stehen. Er sah erschöpft aus und hatte Schatten unter den Augen. Seine Temperatur schien normal zu sein, aber die Hände waren kalt. Sie zog ihm die Bettdecke bis ans Kinn.

„Wie geht es Ihnen?“

„Ich bin müde.“

„Wie wäre es mit einer heißen Schokolade?“

„Dafür ist es zu spät. Clarice liegt bestimmt schon im Bett.“ Clarice war die Haushälterin.

„Das macht nichts. Ich glaube, ich kann auch mit dem Herd umgehen.“

„Von mir aus.“

Amanda ließ sich von seinem Mangel an Begeisterung nicht abhalten und ging in die luxuriös ausgestattete Küche. Nach einigem Suchen fand sie eine Dose Kakao, Zucker und Milch und machte sich an die Arbeit. Auf dem Küchentisch stand ein Blech mit Hefeschnecken, fertig zum Backen am nächsten Morgen. Sie dufteten verlockend. Amanda überlegte, wann jemand zum letzten Mal ein Frühstück für sie vorbereitet hatte, und konnte sich nicht daran erinnern. Wie schön war es doch, verwöhnt zu werden.

Sicher, sie hatte eine schwierige Aufgabe vor sich. Aber sie würde gleichzeitig einen bisher nicht gekannten Luxus und die Kochkünste einer guten Haushälterin genießen. Dafür konnte man schon einiges ertragen. Mit zwei Tassen heißer Schokolade ging sie ins Krankenzimmer zurück, wo sie Rahman schlafend vorfand. Diesmal weckte sie ihn.

„Rahman“, sagte sie sanft.

Er öffnete die Augen und sah sie an.

„Sie haben mich nicht vergessen“, murmelte er.

Sie dachte an gestern Abend und verspürte wieder ein leises Reuegefühl.

„Natürlich nicht. Sie sind doch mein Patient.“

„Sonst nichts?“ Er setzte sich im Bett auf.

Was sollte sie dazu sagen? Sie reichte ihm seine Tasse.

„Ist das nicht genug?“

Er trank einen Schluck Kakao. „Mehr als genug. Eine schöne Krankenschwester, die auch noch kochen kann. Womit habe ich das verdient?“

Sie lächelte. „Die meisten Frauen wissen, wie man Kakao macht.“

„Wirklich? Lisa bestimmt nicht.“

„Und wer ist Lisa?“

Er schwieg eine Weile, bevor er erwiderte: „Eine gute Freundin.“ Dann stellte er die Tasse auf den Nachttisch und wandte sich ab.

Amanda biss sich auf die Zunge. Sie hatte sich doch vorgenommen, sein Privatleben nicht anzutasten. Diese Art von Fragen würde zu nichts Gutem führen, und nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, schien er der gleichen Meinung zu sein.

„Am besten schlafen Sie jetzt“, sagte sie und sammelte die Tassen ein. Sie gab ihm noch seine Tropfen, die er widerspruchslos einnahm. Dann wünschte sie ihm eine gute Nacht und suchte ihr eigenes Apartment auf.

Dieses hatte nicht nur einen privaten Eingang, sondern auch eine Terrasse und war mit viel Geschmack in Blau und Gelb eingerichtet. Die Farben erinnerten Amanda an den See und die Sonne Kaliforniens. Sie zog ihr Nachthemd an und stellte den Wecker. In vier Stunden musste sie noch einmal nach Rahman sehen.

Als der Alarm losging, schlüpfte sie in ihren Morgenrock, nahm die Flasche mit der Medizin und einen Löffel und ging zu ihrem Patienten. Während sie mit einer Hand seinen Kopf stützte, schluckte er folgsam die dunkelrote Flüssigkeit. Dann legte er sich zurück und schlief sofort wieder ein. Amanda schaltete das Licht aus, ging in ihr Zimmer und war auch kurz darauf wieder eingeschlafen.

Beim Erwachen am nächsten Morgen streckte sie sich wohlig in dem riesigen Bett mit der weichen Daunendecke. Es war ein herrliches Gefühl. Sie bewunderte die massiven, unverputzten Balken an der Zimmerdecke und den dicken gemusterten Teppich auf dem Holzfußboden. Ihr Badezimmer allein war größer als ihr altes Motelzimmer mit Bad. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr den strahlend blauen Himmel, die Berge und den See, der im Glanz der aufgehenden Sonne funkelte. Es war Zeit zum Auf stehen.

Während sie sich anzog, stieg ihr der Duft von frischem Kaffee und Zimtschnecken in die Nase. Das allein war schon Grund zur Zufriedenheit. Und gut bezahlt wurde sie außerdem noch.

Rahmans Stimme erklang aus der Sprechanlage und erinnerte sie daran, wofür sie bezahlt wurde. Schnell machte sie sich auf den Weg, klopfte an und trat gut gelaunt in sein Zimmer. Als sie jedoch seinen abweisenden Blick bemerkte, verging ihr die gute Laune. Streng musterte er ihr T-Shirt, die dicken Socken und die Birkenstock-Sandalen.

„Warum sind Sie nicht in Uniform?“, fuhr er sie an.

„Warum soll ich denn eine Uniform tragen?“, fragte sie erstaunt.

„Damit Sie wie eine Krankenschwester aussehen.“

Eigentlich ging es ihn nichts an, wie sie aussah.

„Sie tragen ja auch keinen Kaftan“, bemerkte sie. „Dabei sind Sie ein Scheich.“

„Normalerweise trage ich tagsüber auch keinen Schlafanzug“, erwiderte er. „Anscheinend muss ich mich Ihnen demnächst in traditioneller Kleidung präsentieren.“

„Ich kann es kaum erwarten. Was die Uniform angeht, die können Sie bald an Schwester Whitmore bewundern.“

„An wem?“

„An der Schwester, die Sie am Wochenende betreut. Sie ist genauso, wie Sie sich eine Krankenschwester vorstellen. Grauhaarig und so um die fünfzig. Ob sie dicke Beine hat, weiß ich allerdings nicht.“

. „Das ist mir ja ganz neu. Warum hat man mich wegen dieser Wochenendschwester nicht befragt?“

„Ihr Bruder hat sich darum gekümmert. Ich dachte, er hätte es Ihnen gesagt.“

„Nein“, erwiderte er kurz. „Ich sehe auch nicht ein, dass ich eine andere Schwester brauche, wenn Sie zwei Tage lang nicht hier sind. Was wollen Sie überhaupt am Wochenende anfangen?“

„Keine Ahnung, aber es wird mir schon etwas einfallen. Vielleicht besuche ich meine Freundin. Am Sonntagabend komme ich dann wieder zurück. Auch eine Krankenschwester muss ab und zu abschalten, glauben Sie mir.“

Sie sah, dass ihm das nicht passte, und wechselte das Thema.

„Drehen Sie sich um“, befahl sie ihm.

Er sah die Spritze in ihrer Hand und zuckte zusammen. „Soll das heißen…“

„Dass ich die Absicht habe, Ihnen eine Spritze in den Allerwertesten zu setzen? Ja, das heißt es.“

Er drehte sich um und zog die Schlafanzughose nach unten. Beim Anblick seines wohlgeformten Hinterteils blieb ihr der Atem stehen. Sie war froh, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Mit zittriger Hand verabreichte sie die Spritze.

Er wandte sich wieder um und sagte mit einem Grinsen: „Das war nicht schlecht. Ich habe kaum etwas gespürt.“

Bevor sie antworten konnte, klopfte es, und Clarice, die Haushälterin, kam mit Rahmans Frühstückstablett ins Zimmer. Beim Anblick von Grapefruit, Schinken und frischen Brötchen lief Amanda das Wasser im Mund zusammen. Sie merkte auf einmal, wie hungrig sie war.

„Und was ist mit Amanda?“, fragte Rahman

„Ich habe im Esszimmer für sie gedeckt“, erwiderte Clarice und sah Amanda fragend an. „Ich wusste nicht, dass Sie hier frühstücken wollten.“

„Ich möchte es“, sagte Rahman schnell. „Ich hasse es, allein zu essen. Noch dazu, wo Sie so gut kochen, Clarice.“

„Ihre Schmeicheleien können Sie sich sparen, Rahman“, antwortete die Haushälterin. „Die kenne ich schon lange. Sie haben sich, seit Sie klein waren, nicht geändert.“

„Das war wohl nicht als Kompliment gemeint“, bemerkte er kleinlaut, als Clarice gegangen war.

„Ist sie schon lange in Ihrer Familie?“, fragte Amanda.

„Sie und ihr Mann André kamen zusammen mit meinen Eltern nach Amerika. André kümmert sich im Augenblick um ein paar Angelegenheiten in unserem Haus in San Francisco. Eigentlich sollten sie beide dort arbeiten, aber das Stadtleben war nichts für sie. Zu viel Lärm und Straßenverkehr. Hier gefällt es ihnen, und wir sind froh, dass wir sie hier haben. Clarice kennt mich von klein auf und scheut sich nicht, mir die Meinung zu sagen.“

Er zeigte auf einen Stuhl neben dem Bett. „Setzen Sie sich, sie wird gleich mit Ihrem Frühstück kommen. Ich garantiere Ihnen, dass Sie mindestens zehn Pfund zunehmen, während Sie hier sind. Das würde Ihnen auch nicht schaden.“ Wieder sah er sie prüfend an.

Amanda war sich nicht sicher, ob diese Bemerkung ein Kompliment sein sollte oder nicht. Sie setzte sich, und gleich darauf erschien Clarice mit ihrem Tablett.

„Sind Sie sicher, dass Sie hier essen wollen? Lassen Sie sich nicht von ihm herumkommandieren. Wenn er sich schlecht benimmt, brauchen Sie mir nur Bescheid zu geben.“

„Gute Idee“, sagte Amanda.

Rahman hatte Recht gehabt. Es schmeckte wirklich vorzüglich. Sie freute sich, dass auch er herzhaft Zugriff, und sagte es ihm. „Sie werden Ihre Kräfte brauchen.“

„Wofür? Um den ganzen Tag im Bett zu liegen?“

„Die Zeiten sind vorbei. Heute Nachmittag kommt die Physiotherapeutin, um mit Ihnen Ihr Programm durchzugehen. Wenn Sie wieder gesund werden wollen, müssen Sie täglich trainieren. “

„Was meinen Sie, wie lange es dauern wird, bis ich wieder fit bin?“

„Das ist schwer zu sagen. Es hängt von Ihnen ab.“

„An mir soll es nicht liegen.“

Anscheinend war es ihm ernst mit seiner Genesung. Die Therapeutin, eine junge Frau namens Heidi, ging sein Programm langsam mit ihm durch, und er befolgte ihre Anweisungen ohne Widerspruch, obwohl es ihm zeitweise schwer zu fallen schien. Amanda passte ebenfalls genau auf, damit sie Rahman später bei seinem täglichen Training helfen konnte.

Als er schließlich wieder in seinem Rollstuhl saß, sah man ihm die Erschöpfung an. Sein Atem ging stoßweise. Amanda nahm sein Handgelenk, um den Puls zu prüfen. Der Blick, den er ihr dabei zuwarf, war unergründlich. Erinnerte er sich an ihr erstes Zusammentreffen im Krankenhaus, als er plötzlich ihr Handgelenk ergriffen und nicht mehr losgelassen hatte? Sie hatte seine Geste nicht vergessen. Um sich nichts anmerken zu lassen, begleitete sie Heidi zur Tür.

„Ein tolles Haus“, meinte die Therapeutin mit einem bewundernden Blick auf die Wohnzimmereinrichtung. „Er weiß nicht, wie gut er es hat. Die meisten Patienten müssen zur Therapie ins Krankenhaus kommen. Und eine Privatschwester haben sie auch nicht.“

„Sagen Sie ihm das bloß nicht“, erwiderte Amanda. „Er denkt nämlich nur an das, was ihm seit dem Unfall alles fehlt.“

„Er hat alles, was man mit Geld kaufen kann. Und noch dazu das Beste vom Besten.“

Amanda bezweifelte, ob sich Rahman dessen bewusst war. Er war an Reichtum und Luxus gewöhnt und nahm beides als selbstverständlich hin.

Nachdem Heidi gegangen war, kehrte Amanda zu ihm zurück.

„Wollen Sie duschen?“, fragte sie.

„Nein“, antwortete er, „dafür bin ich jetzt zu müde.“

„Ich kann Sie gern hier im Bett mit einem Waschlappen etwas frisch machen.“

„Auf gar keinen Fall!“, antwortete er erschrocken.

Das hatte gerade noch gefehlt, dass Amanda ihn auszog und dann nackt mit Waschlappen und Seife bearbeitete. Wo er schon vor Verlangen brannte, wenn sie bloß seinen Puls fühlte. Sie durfte auf keinen Fall erfahren, welche Wirkung sie auf ihn hatte.

„Vielen Dank, Schwester. Dann dusche ich doch lieber.“

„ Ich dachte nur …“

„Ja, ich weiß. Sie glauben, dass ich dazu noch zu schwach bin. Ich sehe ein, dass ich beim Training nicht besonders gut war. Das heißt aber nicht, dass ich jemand zum Duschen brauche.“ Die Vorstellung, dass sie ihn für zu schwach hielt, allein zu duschen, brachte ihn außer sich. Sie hatte keine Ahnung, wie sportlich er vor dem Unfall gewesen war.

„Es liegt mir natürlich fern, Ihnen zu helfen, wo es nicht notwendig ist“, erwiderte Amanda spitz. „Hauptsache, Sie sind bald wieder der Alte.“

„Genau das ist mein Ziel.“

„Gut. Meines auch.“

„Das glaube ich Ihnen gerne. Je schneller Sie mich loswerden können, umso eher können Sie Ihr früheres Leben wieder aufnehmen. Warum erzählen Sie mir eigentlich nicht, wo Sie vor mir waren, Schwester? Ich habe Ihnen ja auch von mir erzählt.“ Er sah sie herausfordernd an.

Nach kurzem Zögern antwortete Amanda: „Ich habe auf der Unfallstation einer großen Klinik in Chicago gearbeitet. Wir behandelten die Opfer von Verkehrsunfällen, Schießereien und dergleichen. Skiunfälle gab es dort keine.“

„Hört sich interessant an.“

„Das war es auch. Ständig kamen neue Patienten. Sie blieben nur so lange, bis sie in eine andere Abteilung überwiesen werden konnten. Zum Operieren oder zur Langzeitpflege.“

„Wahrscheinlich ist es Ihnen hier sterbenslangweilig.“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Aber Sie denken es. Mir ist auch langweilig. Ich wäre viel lieber woanders. Warum sind Sie dann hierher gekommen, wenn es in der Großstadt so aufregend war?“

„Vielleicht kann ich ein bisschen Langeweile gebrauchen. Was meinen Sie?“

Rahman war mit seinen Fragen noch nicht zu Ende.

„Warum sind Sie Krankenschwester geworden, Amanda?“

Wieder zögerte sie. „Meine Mutter war sehr oft krank, als ich noch klein war“, sagte sie schließlich. „Ich habe sie gepflegt, so gut ich das in meinem Alter konnte.“ Sie wandte sich ab.

Rahman biss sich auf die Lippen. Es war nicht seine Absicht gewesen, traurige Erinnerungen in ihr wachzurufen.

Er beugte sich vor. „Es tut mir sehr Leid, Amanda, ich wollte Ihnen nicht wehtun.“ Er hätte sie gern getröstet, ihre Hand genommen oder den Arm um sie gelegt. Aber wahrscheinlich wollte sie das gar nicht.

„Schon gut“, antwortete sie, und ihre Stimme zitterte ein wenig. „Sie starb, als ich noch zur Schule ging. Danach habe ich mich um meinen Vater gekümmert und den Haushalt geführt, Als es Zeit war, einen Beruf zu wählen, hat er mir vorgeschlagen, Krankenschwester zu werden. Er meinte, das würde mir liegen.“

„Er hatte Recht.“

Amanda erhob sich von der Sessellehne, auf der sie gesessen hatte. Es war Zeit zum Duschen. Sie half Rahman ins Badezimmer, stellte die Dusche an und regelte die Wassertemperatur. Dann überließ sie ihn sich selbst. Mühsam zog er sich aus, setzte sich auf einen Hocker und ließ sich vom Wasser berieseln.

Als er in seinem Hausmantel aus dem Badezimmer kam, hatte Amanda einen sauberen Schlafanzug für ihn bereitgelegt. Taktvoll verließ sie sein Zimmer. Rahman wusste, dass das Anziehen mit ihrer Hilfe leichter gewesen wäre. Aber er wollte nicht, dass sie ihn unbekleidet sah, und außerdem musste er so viel wie möglich ohne Hilfe tun. Auch wenn es ihm schwer fiel.

Das Mittagessen, Gemüsesuppe und selbst gebackenes Brot, wurde wieder in seinem Zimmer serviert. Rahman aß seinen Teller halb leer und legte sich dann erschöpft zurück. Ob er wollte oder nicht, er war reif für einen Mittagsschlaf. Wie ein kleines Kind.

Amanda war auch müde. Letzte Nacht hatte sie nicht viel geschlafen, und der Vormittag war anstrengend gewesen. Sie warf einen Blick auf ihren Patienten. Wie verletzlich er jetzt aussah. Da war nichts mehr zu sehen von dem gelangweilten und aufsässigen Scheich, der gegen seine Hilflosigkeit rebellierte. Sie wusste, dass er beim Duschen und Anziehen ihre Hilfe gebraucht hätte. Andererseits hatte sie kein Verlangen danach, ihn hüllenlos zu sehen, denn sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er aussah: breite Schultern, schmale Hüften, ein paar dunkle Haare auf der Brust … Ihr Mund fühlte sich an wie Pergamentpapier. Sie trank ein Glas Wasser und rief sich energisch zur Ordnung.

Aus dem geplanten Mittagsschlaf wurde allerdings nichts. Rosie und die Zwillinge kamen sie besuchen. Sie wollten sehen, wie es ihr ging, und auch einen Blick auf die Villa werfen. Alles wurde gebührend bewundert, vor allem Amandas Apartment mit den hellgelben Wänden, der schweren Eichentruhe und dem riesigen eingebauten Kleiderschrank.

„Fantastisch! Ich hatte keine Ahnung, wie fürstlich du untergebracht bist“, begeisterte sich die Freundin.

„Vom Essen ganz zu schweigen! Kommt, ich stelle euch die Haushälterin vor.“

Sie gingen in die Küche, wo Clarice mit den Vorbereitungen für das Abendessen beschäftigt war. Es duftete verlockend nach Wein und Gewürzen. Amanda stellte Rosie und die Zwillinge vor. Diese machten große Augen und strahlten, als Clarice einen Teller mit Plätzchen und zwei Gläser Milch auf den Tisch stellte.

„Wie schön, wieder einmal Kinder im Haus zu haben“, meinte sie. „Wir hoffen ja, dass bei Rafik und Anne bald Nachwuchs kommt. Aber wer weiß, was aus Rahman wird.“

„Jetzt muss er erst einmal gesund werden“, gab Amanda kurzerhand zu bedenken.

„An Heiratskandidatinnen dürfte es ihm doch kaum fehlen“, bemerkte Rosie. „Er soll sehr gut aussehen. Und reich ist er auch.“

Clarice nickte zustimmend. „Manche halten ihn für arrogant, aber das stimmt nicht. In Wirklichkeit ist er viel zu sensibel und gibt es bloß nicht zu. Ich kenne ihn von klein auf und weiß, wie empfindsam er sein kann. Zu sehr, wenn Sie mich fragen. Wie bei … aber was rede ich da.“ Sie schwieg.

Wahrscheinlich denkt sie an Lisa, ging es Amanda durch den Kopf. Die geheimnisvolle Lisa. Wo war sie jetzt? Amanda hätte Clarice gern nach ihr gefragt, aber Rosie wollte noch den Reha-Raum besichtigen. So ließen sie die Zwillinge in der Obhut der Haushälterin und machten sich auf den Weg.

Rahman erwachte aus einem Traum. Eine fremde, weiß uniformierte Krankenschwester, die wie Amanda aussah, hatte ihm ein äußerst stimulierendes Duschbad gegeben, welches nicht nur der Körperpflege gedient hatte. Es war ihm, als spüre er immer noch die sanften Hände, die ihn geschickt massierten.

Kopfschüttelnd trank er einen Schluck Wasser und sah aus dem Fenster. Der Gedanke an Amanda ließ ihn nicht los. Sie brachte ihn aus dem Gleichgewicht.

Ein leichtes Geräusch veranlasste ihn, zur Tür zu sehen. Verblüfft riss er die Augen auf. Dort standen zwei kleine Mädchen mit braunem Haar in rosa Overalls und weißen Stiefeichen. Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen. Hatte er bereits Wahnvorstellungen?

Er räusperte sich und fragte: „Gibt es euch wirklich?“

Darauf kicherten sie, und eine von ihnen antwortete: „Natürlich gibt’s uns. Ich bin Sara, und das ist Nora.“

„Kommt her, ich will euch genau ansehen. Unglaublich, wie ähnlich ihr euch seid.“

„Wir sind ja auch Zwillinge“, belehrte ihn Nora, während sie näher kamen.

„Ich bin auch ein Zwilling“, sagte er, während er sich im Bett aufsetzte.

Sie sahen ihn ungläubig an. Wahrscheinlich hatten sie noch nie einen erwachsenen Zwilling gesehen. „Wo ist denn der andere?“, wollte Sara wissen.

„Mein Bruder? Der ist weit weg.“

„Oh. Dann bist du ja ganz allein. Bist du traurig?“, fragte Nora.

Rahman nickte. Ja, er war allein und auch traurig. Er vermisste seinen Bruder sehr.

„Wo kommt ihr denn her? Haben wir hier ein Zwillingstreffen?“

„Ein was?“

„Nichts.“

„Gehen wir lieber“, flüsterte Sara ihrer Schwester zu. „Mommy hat gesagt, wir dürfen ihn nicht aufwecken. Sonst wird er böse.“

„Ich bin nicht böse. Aber mir ist langweilig, weil ich nicht aufstehen darf“, erklärte er ihnen.

Die beiden sahen ihn mitfühlend an. Für sie gab es nichts Schlimmeres, als den ganzen Tag im Bett bleiben zu müssen.

„Bevor ihr geht, könnt ihr mir sagen, wer euch hergebracht hat?“, fragte er.

„Unsere Mom. Sie ist Amandas Freundin. Amanda ist die beste Krankenschwester auf der Welt, sagt Mommy“, erwiderte Nora.

„Da hat sie Recht.“ Wie niedlich die beiden waren. Rahman wollte sie nicht gehen lassen. Sie lenkten ihn ab. Er hatte nicht gewusst, dass kleine Kinder so unterhaltsam sein konnten. „Habt ihr schon mal jemandem aus Spaß gesagt, dass ihr der andere Zwilling seid?“

Sie nickten und grinsten, wobei ihre Zahnlücken sichtbar wurden.

„Ich habe eine Idee“, sagte Rahman. „Wollt ihr ein Foto von mir und meinem Bruder sehen, als wir so alt waren wie ihr?“

Sie nickten wieder.

„Dann bringt mir das Buch mit dem Lederdeckel.“ Er zeigte auf den Schreibtisch.

Es war ein Fotoalbum, das Rahmans Mutter mitgebracht hatte, um ihm die Zeit zu vertreiben. Bisher hatte er es nicht angerührt, da ihn die Fotos zu sehr an sein Leben vor dem Unfall erinnerten. Aber Kinderfotos anzusehen würde ihm sicherlich nichts ausmachen.

Nora gab ihm das Album, dann stellten sich beide neben sein Bett. Er zeigte auf ein Foto.

„Das ist mein Bruder, und das bin ich. Und das ist unsere Schulklasse“, erklärte er.

„Da sind ja gar keine Mädchen dabei.“

„In meinem Land gehen die Mädchen in eine andere Schule als die Jungen.“

„Das ist aber komisch.“

Rahman konnte sie gut verstehen. Er fand es jetzt auch komisch, denn er hatte, zusammen mit Rafik, den größten Teil seiner Ausbildung in Amerika absolviert, zuerst im Internat, danach auf der Universität.

„Du siehst aber ganz anders aus“, meinte Sara.

„Wenn ihr so alt seid wie ich, seht ihr bestimmt auch anders aus“, gab er zurück.

„Wie alt bist du denn?“, fragte Nora.

Die Tür öffnete sich, und Amanda kam mit einer anderen Frau in das Zimmer. Wahrscheinlich war es die Mutter der Zwillinge. „Da seid ihr ja. Ich habe euch doch gesagt, dass ihr …“

Rahman unterbrach sie. „Keine Angst, sie haben mich nicht gestört.“

„Rahman, das ist meine Freundin Rosie. Sie leitet die Agentur in Pine Grove und hat mir den Posten bei Ihnen vermittelt.“

„Dann verdanke ich Ihnen, dass sich Amanda um mich kümmert“, sagte er zu Rosie. „Ich habe Glück gehabt.“

„Ja, das haben Sie. Amanda ist sehr gefragt.“

„Mommy …“, rief Nora, „… er ist auch ein Zwilling.“

„Wirklich?“

„Schau, da ist ein Bild von seinem Bruder.“ Sie nahm das Album, um es ihrer Mutter zu zeigen.

„Nora, du darfst das Album nicht anfassen“, sagte Rosie.

„Das macht nichts“, erwiderte Rahman.

Rosie sah das Foto an und machte eine Bemerkung über Zwillinge im Allgemeinen. Sie entschuldigte sich noch einmal für die Störung, und dann gingen sie. Plötzlich war das Zimmer wieder leer. Und viel zu ruhig. Er klingelte ungeduldig.

Atemlos kam Amanda zurück. „Ich hoffe, die Zwillinge haben Sie nicht aufgeweckt. Sie sollten bei Clarice in der Küche bleiben. Ich hätte mir denken können, dass sie es dort, auch mit Plätzchen, nicht lange aushalten würden.“

„Plätzchen? Wieso bekomme ich keine?“

„Aber natürlich bekommen Sie welche.“

Sie ging in die Küche und kam mit dem Gebäck und zwei Gläsern Milch zurück.

„Milch? Ein Bier wäre mir lieber.“

„Bier und Medikamente vertragen sich nicht gut. Außerdem schmeckt Milch besser dazu.“

„Das stimmt.“ Er nahm ein Plätzchen.

Amanda setzte sich zu ihm, trank ihre Milch und knabberte an ihrem Keks.

„Liegt die Geburt von Zwillingen nicht in der Familie?“, fragte Rahman nach einer Weile.

„Ich glaube schon.“

„Ich hätte nichts dagegen, Vater von so einem Pärchen zu sein“, überlegte er. „Komisch. Bisher habe ich nie daran gedacht, verheiratet zu sein und Kinder zu haben. Als Rafik und ich zehn Jahre alt waren, haben wir uns geschworen, niemals zu heiraten. Und jetzt…“

Bisher hatte er nie an Heirat gedacht, weder mit Lisa noch mit einer seiner früheren Freundinnen. Auch nicht nach Rafiks Hochzeit. Aber der Nachmittag mit den Zwillingen gab ihm zu denken. Wie niedlich sie waren, mit ihren Zahnlücken und ihrem Gekicher. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, Vater zu sein. Kinder aufwachsen zu sehen und ihnen zu helfen, verantwortungsvolle Menschen zu werden. Dazu war er noch nicht fähig. Er war nicht einmal in der Lage, auf sich selbst aufzupassen. Außerdem, zum Heiraten gehörten zwei.

„Ja, Rosies Mädchen sind wirklich süß“, meinte Amanda versonnen.

„Und Sie? Wollen sie Kinder?“

„Ach, ich weiß nicht. Vielleicht später einmal. Dazu müsste man …“ Sie brach ab.

„Erst einmal verheiratet sein? Da haben Sie Recht“, stimmte er zu. „Was meinen Sie mit ‚später einmal’? Wie alt sind Sie?“

„Einunddreißig.“

„Ich dachte, Sie würden mir sagen, dass mich das nichts angeht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Mein Alter ist kein Geheimnis.“

„Nein? Was ist dann eins?“

Ohne auf seine Frage einzugehen, griff sie nach dem Album auf dem Nachttisch.

„Sind das die Fotos, die Sie den Zwillingen gezeigt haben?“

Er nickte.

„Darf ich?“

„Wenn Sie möchten.“

Sie blätterte in dem Album. „Wo ist das aufgenommen?“ Sie zeigte auf ein Familienfoto, in dessen Hintergrund eine Villa und das Meer zu sehen waren.

„Das ist unser Familiensitz am Persischen Golf.“

„Dort sind Sie aufgewachsen?“, fragte sie. Die Schönheit der Villa mit den blühenden Gärten und dem tiefblauen Meer im Hintergrund verschlug ihr den Atem.

„Ja. Es ist schon lange her, seit ich zum letzten Mal dort war. Aber ich erinnere mich gut an früher. Wir lernten schwimmen und segeln und konnten in den Gärten herumstromern.“

„Und Sie waren nie allein“, fügte sie leise hinzu. „Sie hatten immer Ihren Bruder.“

„Meistens auch noch ein paar Cousins, die zu Besuch waren. Aber jetzt…“

„Jetzt ist ihr Bruder verheiratet. Ich kann mir denken, wie sehr Sie ihn vermissen“, sagte Amanda. Seit sie Rahman und Rafik und dann Sara und Nora gesehen hatte, verstand sie, wie nahe Zwillinge sich standen. Und wie groß die Leere sein musste, wenn sie getrennt waren.

„Ich beneide Sie. Ich war ein Einzelkind und habe mir immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht. Wenn ich jemals Kinder habe, dann mindestens zwei. Es ist nicht leicht, allein aufzuwachsen.“

„Und wann werden Sie Kinder haben?“, fragte er in leichtem Ton.

Sie stand auf und ging zum Fenster, um den Vorhang zu schließen.

„Bitte verzeihen Sie mir“, sagte er reumütig. „Es geht mich nichts an. Ich verstehe bloß nicht, wie jemand wie Sie, mit Ihrem Aussehen und Ihrem Können, noch ledig sein kann. Was ist denn mit den Männern in Chicago los?“

Fast wäre sie herausgeplatzt: Sie sind schon verheiratet! Aber sie hielt sich noch rechtzeitig zurück. Sie durfte ihm nicht gestehen, dass sie einem Mann vertraut hatte, der es nicht wert war.

„Wenn die so dumm sind, dann geschieht es ihnen recht“, sagte er leicht. „Umso besser für mich.“

Amanda atmete auf. Die Gefahr war vorbei. Sie setzte sich wieder an sein Bett und blätterte weiter in dem Fotoalbum.

„Was soll ich mir noch ansehen?“, wollte sie wissen, froh darüber, dass wieder von seiner Vergangenheit die Rede war.

„Nichts. Es sei denn, Sie interessieren sich für meine Lebensgeschichte. Und für mich.“

Er lächelte sie spöttisch an, und sie spürte ein leises Beben. Kein Zweifel, er wusste mit Frauen umzugehen.

„Aber natürlich interessiere ich mich für Sie“, erwiderte sie im gleichen Ton.

Da umschlossen Rahmans Finger ganz fest ihr Handgelenk. Plötzlich war die Atmosphäre im Zimmer wie elektrisch geladen. Amanda wollte etwas sagen, aber es gelang ihr nicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.

„Warum sollten Sie?“, erwiderte er schließlich. Seine Stimme hatte einen warmen Klang, und sein Gesicht war ihr so nahe, dass sie seinen Atem fühlen konnte. Ihr Herz begann wie rasend zu klopfen. Um die Fassung zu bewahren, wandte sie sich wieder dem Album zu. Auf einem der Fotos sah man Rahman am Strand, umgeben von einer Gruppe junger Frauen, die ihn alle anhimmelten. Eifersucht packte Amanda, und sie rief sich zur Ordnung. Mach dich nicht lächerlich. Du hast keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Du hast in seinem Leben nichts zu suchen.

Sie entzog ihm ihre Hand. Um etwas zu sagen, zeigte sie auf das Foto und eine attraktive Blondine im Bikini. „Wer ist das?“

Rahman lehnte sich vor und blickte ihr über die Schulter. Ein heftiger Schauer durchfuhr Amanda. Was um alles in der Welt war mit ihr los? Sie konnte es einfach nicht zulassen, dass ein Patient sie so sehr aus dem Gleichgewicht brachte. Wo war ihre Professionalität? Bisher war es ihr immer gelungen, Beruf und Privatleben getrennt zu halten. Immer, bis auf das eine Mal… Das durfte nicht wieder passieren. Man sollte meinen, dass sie aus dem Fiasko in Chicago etwas gelernt hätte. Rahman sah blendend aus, und er wusste mit Frauen umzugehen. Umso mehr Grund für sie, auf der Hut zu sein.

„Wer? Lassen Sie mal sehen.“ Er überlegte laut. „Das muss am Strand von Laguna sein. Ich habe keine Ahnung, wer das ist.“

„Und diese hier?“, fragte Amanda weiter.

„Ich kann mich nicht erinnern.“

„Kein Wunder, dass Sie nicht verheiratet sind. Wenn Sie sich nicht einmal an die Namen ihrer Freundinnen erinnern können.“

„Also daran liegt es. Ich habe mich schon immer gefragt, was ich falsch mache.“

„Sie sind ein Mann mit Vergangenheit, Rahman“, bemerkte Amanda spöttisch.

„Aber wie Sie sehen, kann man in meiner Vergangenheit wie in einem offenen Buch lesen. Was bei Ihnen nicht der Fall ist, liebe Amanda. Wie wäre es, wenn Sie jetzt ein wenig von sich erzählen würden?“

„Das steht nicht in unserem Vertrag“, erwiderte sie, schloss das Album und stand auf. Sie verließ das Krankenzimmer so schnell, wie es ihr Würde und weiche Knie gestatteten. Und hoffte, dass er ihr nicht ansah, wie sehr er sie verwirrte.

4. KAPITEL

Es war nie Amandas Absicht gewesen, sich von Rahman Einzelheiten über ihr Privatleben entlocken zu lassen. Aber die Wortgefechte, die sie sich lieferten, waren unterhaltsam, und Amanda hatte den Eindruck, dass auch er daran Gefallen fand.

Am nächsten Tag jedoch vermieden sie beide wie verabredet jegliches persönliche Geplänkel. Sie zog ihn nicht mit seinen Freundinnen auf, und er stellte ihr keine neugierigen Fragen. Sie waren Patient und Krankenschwester, sonst nichts. Amanda verspürte Erleichterung darüber, aber auch eine gewisse Enttäuschung – was sie sich allerdings nicht eingestand.

Der Tag verlief programmgemäß: Frühstück, Physiotherapie, Mittagessen, Mittagsschlaf. Es gab keine unangenehmen Überraschungen, aber die kameradschaftliche Stimmung vom Vortag kam nicht auf.

Clarice fragte Amanda, ob Rahman kräftig genug sei, im Speisezimmer zu Abend zu essen.

„Es wäre viel behaglicher für Sie beide“, meinte sie, während sie einen Braten in die Ofenröhre schob. „Er könnte ja in seinem Rollstuhl am Tisch sitzen.“ Amanda fragte Rahman, was er davon halte, und er stimmte zu.

Aber als sie ihn dann abholen kam, war er nicht bei guter Laune. Das offene Fotoalbum lag auf seinem Bett, und er machte ein verdrießliches Gesicht.

„Was ist los?“, fragte sie.

„Gar nichts ist los.“ Er schloss das Album mit einem Knall. „Meine Mutter hätte es nicht mitbringen sollen. Es erinnert mich zu sehr an mein früheres Leben.“ Er presste die Lippen zusammen.

„Rahman, es wird Ihnen bald besser gehen. Der Arzt sagt, dass Sie wieder völlig gesund werden. Dann können Sie wieder genauso leben wie früher. Segeln, Ski laufen …“

„Mit wem denn?“, unterbrach er sie.

„Mit Ihren Freunden natürlich“, sagte sie, während sie ihm in den Rollstuhl half. „Die haben Sie doch alle im Krankenhaus besucht.“

„Nur die, die noch am Leben sind“, erwiderte er bitter.

Vor lauter Bestürzung blieb sie stehen.

„Rahman, ich wusste nicht… ist jemand gestorben?“ Am liebsten hätte sie sich wegen ihrer Taktlosigkeit geohrfeigt.

„Ja. Lisa, meine Freundin. Sie ist tot, und sie war immer so voller Lebensfreude und Energie. Sie war einmalig. Alles ist so sinnlos.“

Amanda wusste nicht, was sie dazu hätte sagen können. Am besten gar nichts. Schweigend schob sie ihn ins Speisezimmer. Sie setzten sich an den ovalen Tisch und begannen mit dem Abendessen. Rahmans Gesicht glich einer Maske der Hoffnungslosigkeit.

„Vielleicht hätten wir doch besser in Ihrem Zimmer essen sollen“, sagte Amanda. „Aber Clarice meinte, dass es hier für uns gemütlicher wäre.“

„Ich weiß. Sie ist der Meinung, dass ich mich gehen lasse.“

„Das stimmt nicht“, protestierte Amanda. „Das hat sie nicht gesagt.“

„Nein, aber sie denkt es. Ich kenne ihren Blick. Sie hat noch nie ein Geheimnis aus ihrer Meinung gemacht. Sie schüchtert mich mehr ein als mein Vater. Können Sie sich das vorstellen?“

„Sehr gut. Wahrscheinlich hat sie diese Wirkung auch auf andere. Aber ich glaube, dass sie diesmal wirklich nur der Ansicht war, eine kleine Abwechslung würde Sie aufmuntern. Wenn das nicht der Fall ist, dann …“

„Wie soll ich meine Munterkeit denn zeigen? Soll ich Witze erzählen? Mich vor Lachen ausschütten? Hahaha.“ Sein lautes, gekünsteltes Lachen ließ Amanda zusammenfahren.

„Rahman …“ Sie unterbrach sich, denn die Tür ging auf, und Clarice kam mit einem Kartoffelauflauf herein.

„Was ist los?“, fragte sie und stellte die Schüssel auf den Tisch. „Wissen Sie nicht mehr, wie man sich benimmt, Rahman? Amanda ist unser Gast, und Sie sind der Gastgeber. Ich konnte Sie bis in die Küche hören. Wo sind Ihre Manieren? Ob Sie krank sind oder nicht, Ihr Gast hat ein Anrecht auf Höflichkeit. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie sich bald nach einer anderen Krankenschwester umsehen müssen.“

Rahman war dunkelrot angelaufen. Amanda hatte Mitleid mit ihm, aber gleichzeitig wünschte sie, sie könne genauso mit ihm reden wie Clarice. Er benahm sich manchmal wirklich wie ein verzogener kleiner Junge.

„Bitte verzeihen Sie mir“, bat er in gezwungenem Ton. „Wenn meine Eltern mich hören könnten, wären sie von meinem Mangel an Benehmen sehr enttäuscht.“

„Wenn man krank ist und um jemanden trauert, hat man sich nicht immer in seiner Gewalt“, tröstete Amanda ihn. „Ich bin sicher, Ihre Eltern würden das auch verstehen.“

„Ich weiß nicht“, erwiderte er und sah Clarice an, die immer noch an der Tür stand. „Höchstwahrscheinlich würden sie sagen, dass es kein Grund sei für schlechte Manieren. Und sie hätten auch Recht. Ich werde versuchen, mich besser zu beherrschen. Ich will Sie doch nicht verlieren“, fügte er leise hinzu.

Amanda nickte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sein Bedauern schien echt zu sein und ebenso seine Angst, sie könne ihm kündigen.

Als Clarice gegangen war, blickte Rahman von seinem Teller auf. „Sie gehen doch nicht, oder?“

„Nein. Zumindest nicht, solange Clarice so gut kocht“, antwortete sie und nahm sich von dem Kartoffelauflauf.

Rahman atmete auf. „Nur gut, dass es Clarice gibt.“ Nach einer Weile fragte er: „Haben Sie schon Pläne für Ihr freies Wochenende gemacht, Amanda?“

Überrascht sah sie ihn an. Aus dem schlecht gelaunten Patienten war im Handumdrehen ein liebenswürdiger Gastgeber geworden.

„Eigentlich nicht. Ich kenne die Gegend kaum, und eine Skiläuferin bin ich auch nicht.“

„Kahn ich ein paar Vorschläge machen?“, fragte er und lächelte sie an.

„Das sollten Sie öfters tun“, erwiderte sie.

„Was? Vorschläge machen?“

„Nein. Lächeln.“

Er schmunzelte bei der Erinnerung daran, ihr gegenüber die gleichen Worte gebraucht zu haben.

„Sie könnten von Squaw Valley aus mit der Seilbahn den Berg hinauffahren. Die Aussicht auf den See ist einzigartig.“

„Das klingt gut. Kennen Sie Mark Twain?“

„Hat er nicht geschrieben ‚Mein bisher kältester Winter war ein Sommer in San Francisco?‘“

„Genau“, bestätigte sie, erfreut, dass er den amerikanischen Schriftsteller nicht nur kannte, sondern auch zitieren konnte. „Er hat auch gesagt, dass Lake Tahoe der schönste Anblick auf der ganzen Welt sei oder so ähnlich. Also werde ich es mir nicht entgehen lassen.“

„Dafür brauchen Sie ein Auto. Haben Sie eins?“

„Nein, ich habe mein altes in Chicago verkauft und bis jetzt noch keine Zeit gehabt, mich nach einem neuen umzusehen.“

„Sie können meins nehmen.“

„Das ist sehr großzügig von Ihnen, aber das kann ich nicht annehmen.“

„Warum nicht? Es steht nur in der Garage. Ich zeichne Ihnen auf, wie Sie fahren müssen.“

„Vielen Dank. Das ist wirklich sehr lieb von Ihnen.“ War das derselbe Rahman, der ihr vorgeworfen hatte, sie wolle das Wochenende freinehmen? Jetzt malte er ihr Straßenkarten, damit sie sich nicht verfuhr. Wenn das nicht der Mann mit den zwei Gesichtern war!

Seine gute Stimmung hielt auch nach dem Abendessen an. Vielleicht lag es an dem leckeren Nachtisch. Danach servierte Clarice den Kaffee im Wohnzimmer, wo ein Kaminfeuer brannte Und die gedämpfte Beleuchtung eine behagliche Atmosphäre verbreitete.

Durch die großen Fenster blickten Rahman und Amanda auf die Berge, die sich dunkel vom sternklaren Abendhimmel abhoben.

„Wie schön das ist“, seufzte Amanda und trank einen Schluck Kaffee. „Ich habe fast das Gefühl, im Urlaub zu sein.“

„Trotz der harten Arbeit?“

Sie nickte.

„Soll das heißen, dass Sie in Kalifornien leben könnten?“

„Das werde ich sehen, wenn ich wieder im Krankenhaus arbeiten und auf Wohnungssuche gehen muss.“

„Sie brauchen ja nicht hier zu bleiben. Waren Sie schon einmal in San Francisco?“

„Bisher noch nicht. Aber nächsten Monat findet dort ein Kongress für Krankenschwestern statt. Rosie und ich haben uns zur Teilnahme angemeldet. Da habe ich dann Gelegenheit, mir die Stadt anzusehen.“

„Wer weiß, vielleicht gefällt es Ihnen so gut, dass Sie bleiben wollen.“

„Aber in San Francisco kenne ich keine Menschenseele.“

„Sie kennen doch mich.“

Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu. Was wollte er damit sagen? Er musste doch wissen, dass sie nicht in den gleichen Kreisen verkehrten. Er war der einzige Scheich, den sie kannte.

„Sie haben ja selbst gesagt, dass ich bald wieder gesund sein werde“, fuhr Rahman fort. „Dann bin ich auch nicht mehr so langweilig.“

„Habe ich etwa gesagt, dass Sie langweilig sind?“, fragte sie erstaunt.

„Doch, mit anderen Worten.“

„Wenn ich mich recht erinnere, habe ich gesagt, dass Ihr Benehmen zu wünschen übrig lässt.“

„Ich glaube, Sie benutzten den Ausdruck unausstehlich.“

„Das heißt immer noch nicht, dass ich Sie langweilig finde.“

Anscheinend erinnerte er sich an jede einzelne ihrer unschmeichelhaften Bemerkungen.

„Wie dem auch sei…“, fuhr er fort „… ich hoffe, Sie rufen mich an, wenn Sie in San Francisco sind. Ich würde Sie gerne herumführen.“

„Vielen Dank“, erwiderte sie höflich. Sie wusste, es waren nur leere Worte. Wenn er erst wieder sein altes Leben aufgenommen hatte, würde er nicht mehr an seine ehemalige Krankenschwester denken. „Ich habe gehört, es soll wunderschön sein. Das Meer, die Bucht, die cable cars …

„Die Bars und Nachtclubs“, unterbrach er sie.

„Ich mache mir nicht sehr viel aus Nachtclubs“, meinte Amanda. Im Gegensatz zu ihr war er dort wahrscheinlich zu Hause. Kein Wunder, er war eben ein Weltenbummler, einer der oberen Zehntausend.

Rahman stellte sich vor, wie schön es wäre, Amanda San Francisco zu zeigen. Aber vielleicht gab es schon jemand, mit dem sie die Stadt entdecken wollte. Der Glückspilz, er war zu beneiden.

Eine Frau wie sie, so charmant und warmherzig, fand man nicht alle Tage. Es war unmöglich, dass sie noch nicht in festen Händen war. Wahrscheinlich wartete sie mit Ungeduld darauf, zu dem Mann ihrer Träume zurückzukehren. Der Gedanke daran verursachte ihm ein schmerzliches Ziehen in der Brust, das mit seiner Verletzung nichts zu tun hatte.

„Ich rate Ihnen ab, San Francisco allein zu besichtigen“, meinte er spitz.

„Das verspreche ich“, erwiderte sie.

Sofort stellte er sich das Schlimmste vor: Wie sie ihren Freund am Flughafen abholen und ihm zur Begrüßung um den Hals fallen würde. Seine gute Laune war dahin.

Es war einfach nichts aus ihr herauszubringen. Wie geschickt er auch fragte, es gelang ihm nicht, ausfindig zu machen, ob es jemand in ihrem Leben gab oder nicht. Selbstverständlich ging es ihn nichts an. Andererseits verbrachten sie so viel Zeit miteinander, dass es ganz natürlich war, an ihrem Leben Anteil zu nehmen.

Schweigend saßen sie beisammen in dem dämmrigen Raum. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Für Rahman war es eine neue Erfahrung, besinnlich an einem Kaminfeuer zu sitzen. Das Züngeln der Flammen hatte etwas Beruhigendes, das den Schmerz in seinem Inneren über Lisas Verlust linderte.

Noch vor zwei Wochen hätte ihn ein solcher Abend zu Tode gelangweilt. Am Kamin zu sitzen, anstatt sich mit Freunden in einem Nachtclub zu amüsieren, welche Zeitvergeudung! Stillzusitzen war noch nie seine Stärke gewesen.

Rahman wusste, dass er sein altes Leben bald wieder aufnehmen würde. Es war das beste Mittel, über Lisas Tod hinwegzukommen. Je mehr Lärm und je mehr Menschen, umso besser. Aber bis es so weit war, wollte er gern mit Amanda stille Abende am Kamin verbringen. Sie sah aus wie ein Engel, und sie hielt ihn in Schach. Das war schon etwas.

Dann kam Amandas freies Wochenende. Als Schwester Whitmore am Samstag ankam, um sie abzulösen, war er mit einem Schlag wieder in trübster Stimmung. Es wurde ihm klar, dass er Amanda zwei Tage lang nicht sehen würde. Obwohl er ihr den Urlaub gönnte, frustrierte ihn der Anblick der hübschen jungen Frau, der die Vorfreude anzusehen war.

Rahman biss die Zähne zusammen. Sein eigenes Wochenende erschien ihm endlos und trübselig. Als sie sich von ihm verabschiedete, wünschte er ihr eine schöne Zeit und gab sich Mühe, einen unbekümmerten Eindruck zu machen.

Sie blickte ein wenig besorgt drein. „Vielleicht gebe ich Ihnen besser eine Telefonnummer, wo Sie mich erreichen können. Im Falle eines Falles.“

Davon wollte er jedoch nichts wissen. „Machen Sie sich keine Sorgen. Schwester Whitmore wird sich bestimmt gut um mich kümmern. Ich habe das Gefühl, dass sie sehr tüchtig ist. Sie sieht genauso aus, wie ich mir eine Krankenschwester vorgestellt habe.“ Sie entsprach wirklich ganz dem Bild, das er sich gemacht hatte: älter, grauhaarig und in einer gestärkten weißen Uniform. Ihre Haltung war sachlich und kühl. Rahman schauderte es.

Amanda lächelte ihm zu. „Ich hoffe, dass ich meinen Posten nicht an sie verlieren werde.“

Er grinste, und für einen Augenblick verband sie wieder ein Gefühl der Freundschaft.

„Ich werde es mir überlegen“, versprach er. Sie hatte keine Ahnung, wie sehr sie ihm fehlen würde. Er zwang sich, den leichten Ton beizubehalten. „Was steht denn nun eigentlich auf Ihrem Programm, Schwester?“

„Ich werde Ihren Vorschlag befolgen und mir die Gegend ansehen. Und heute Abend gehe ich zu einem Volkstanz.“

„Sie gehen tanzen? Allein?“ Er konnte sich die Frage nicht verbeißen.

„Nein, mit Rosie. Obwohl man zu einem Volkstanz auch allein gehen kann. Es fehlt nie an Tänzern. In Chicago gehörte ich einem Club an. Wir hatten viel Spaß.“

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Ich weiß, was Sie sich vorstellen: Leute in komischen Trachten und Hüten, die auf der Tanzfläche herumhüpfen und in die Hände klatschen. Stimmt’s? Aber in Wirklichkeit steckt viel mehr dahinter. Man muss beweglich sein und ein gutes Gespür für Rhythmus haben. Manche Tänzer sind wirklich gut. Und einen Hut oder Trachtenrock braucht man auch nicht unbedingt.“

„Gehören Sie auch zu den wirklich guten Tänzern? Oder Tänzerinnen?“

Sie zuckte mit den Schultern und meinte leichthin: „Ich habe ein paar Stunden genommen und kenne die Schritte. Viele Zehen habe ich noch nicht platt getreten.“

„So einen Tanzabend würde ich gern einmal sehen.“

„Ich würde Sie auch gern einmal mitnehmen.“ Sie stockte, als ob sie ihre Worte bedauerte und sie am liebsten zurückgenommen hätte. „Natürlich nur, wenn …“

„Sie brauchen keine Angst zu haben. Bevor ich wieder tanzen kann, dauert es noch eine Weile.“

„Vielleicht würde es Ihnen auch Spaß machen, nur zuzusehen.“

Ein verlegenes Schweigen trat ein. Rahman wusste, dass sie nie zusammen ausgehen würden. Nicht, weil sie Patient und Krankenschwester waren oder aus verschiedenen Kreisen kamen. Der Grund war ihre Weigerung, ihm mehr von sich zu erzählen. Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass es einen Mann in ihrem Leben gab. Sie war viel zu hübsch und zu intelligent, viel zu bezaubernd und zu … ja, zu einzigartig, um noch allein zu sein.

Ein anderer Grund war seine Angst vor einer neuen Bindung. Amanda war ihm alles andere als gleichgültig. Sie erweckte Träume ihn ihm, die er besser nicht träumen sollte.

„Vielleicht“, meinte er vorsichtig. Er würde ihr liebend gern beim Tanzen Zusehen. In Gedanken sah er ihr erhitztes Gesicht, den wirbelnden Rock und die fliegenden Haare. Fast konnte er den Klang der Fiedeln hören. Er war überzeugt, dass die Männer Schlange standen, um mit ihr zu tanzen. Der Gedanke daran machte ihn krank.

„Also dann bis Sonntag“, sagte sie betont munter. Sie nahm ihre Reisetasche und ging aus dem Zimmer, ohne sich noch einmal umzusehen.

Mit leerem Blick starrte er aus dem Fenster. Draußen schien die Sonne, aber ihm war, als säße er in einer dunklen Höhle. Es konnte ja sein, dass sie nicht zurückkäme. Vielleicht lernte sie beim Tanzen jemand Netten kennen, oder sie überlegte es sich und ging nach Chicago zurück. Was sollte er ohne sie anfangen?

Er schloss die Augen und überließ sich seinen trübseligen Überlegungen. Ein paar Minuten später trat Schwester Whitmore ein, um ihm eine Spritze zu setzen. Sie tat es erstaunlich behutsam.

„Wie fühlen Sie sich?“, wollte sie wissen, als er sich wieder umgedreht hatte.

„Ausgezeichnet“, entgegnete er sarkastisch.

Autor

Carol Grace
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