Eine neue Liebe für Dr. Bailey?

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Eigentlich braucht die junge Ärztin Laurie Grant keinen Mann in ihrem Leben. Aber dann tritt der ernste, in sich gekehrte Dr. Bailey in ihrer Dorfpraxis seine Stelle an. Plötzlich hat Laurie den unbezähmbaren Wunsch, ihr eigenes Glück zu teilen. Und Marc einmal lächeln zu sehen!


  • Erscheinungstag 05.05.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506755
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Es war einfach lächerlich. Man hätte glauben können, dass Marc fünf Jahre alt wäre und heute seinen ersten Schultag hatte. Tatsächlich war er fünfunddreißig, und es war sein erster Arbeitstag als Allgemeinarzt in der Praxis Pond Lane.

Marc schüttelte den Kopf über sich selbst. Für diese Nervosität gab es wirklich keinen Grund. Wäre Sam, der Seniorpartner der Praxis, nicht überzeugt, dass er sich für den Job eignen würde, hätte er ihn Marc gar nicht erst angeboten. Verglichen mit seiner bisherigen Tätigkeit in einer exklusiven Londoner Praxis war die Arbeit in einer verschlafenen Provinzstadt in Norfolk eine große Veränderung. Aber das war genau das, was er wollte. Eine Veränderung, die ihm half, die Vergangenheit zu begraben.

Marc atmete noch einmal tief ein, dann öffnete er die Tür.

Die Frau hinter dem Empfangstresen lächelte ihn freundlich an. „Sie sind etwas früh dran, fürchte ich. Wir haben noch nicht geöffnet.“

„Ich bin kein Patient“, sagte er schnell. „Mein Name ist Marc Bailey.“

„Oh, unser neuer Arzt! Dann herzlich willkommen.“ Sie streckte die Hand aus. „Ich bin Phyllis, die Empfangsschwester. Aber das sehen Sie ja selbst. Sam ist in seinem Sprechzimmer, ich bringe Sie hin.“

Die herzliche Begrüßung war ein guter Beginn. Er konnte nur hoffen, dass der Rest des Tages genauso positiv verlaufen würde.

Er folgte Phyllis durch den Korridor. Sie klopfte an eine bereits offene Tür. „Sam? Marc Bailey ist hier.“ Sie lächelte Marc an. „Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie Bescheid.“

„Danke.“

Sam schüttelte seine Hand. „Willkommen in der Pond Lane. Ich habe mir gedacht, Sie arbeiten heute Vormittag erst einmal mit Dr. Grant zusammen. Natürlich kommen Sie auch allein klar, aber am Anfang ist es doch immer gut, jemanden dabeizuhaben, der einem Dinge erklären kann. Allein schon unser Computersystem …“

„Okay.“ Marc fragte sich prompt, ob sein neuer Boss ihm nicht genug vertraute.

„Außerdem tun Sie ihr damit auch einen Gefallen. Laurie arbeitet nur Teilzeit bei uns, sie macht eine Zusatzqualifikation als Ausbilderin für Allgemeinärzte. Es ist für sie sicher hilfreich, während Ihrer ersten Patiententermine dabei zu sein.“

Marc lächelte etwas gezwungen. „Es ist schon etwas her, dass mich jemand bei der Arbeit beobachtet hat.“

„Ach was, Laurie beißt schon nicht. Sie ist eine tolle Ärztin und ein Schatz, wir haben sie alle sehr gern“, sagte Sam. Dann fügte er mit einem Lachen hinzu: „Nicht zuletzt, weil sie tollen Kuchen backt.“

„Alles klar.“ In Gedanken stellte Marc sich eine Kollegin in mittleren Jahren vor, die ihr Berufsleben durch eine Weiterbildung etwas aufpeppen wollte.

„Aber ich sollte Sie wohl besser warnen“, fügte Sam hinzu. „Laurie hat noch ein Projekt, an dem sie gerade arbeitet, und da Sie Erfahrung in Sportmedizin haben, wird sie Sie bestimmt dafür anwerben wollen.“

„Verstehe“, sagte Marc, obwohl das nicht wirklich der Fall war.

„So, dann bringe ich Sie mal zu ihr.“

Sam führte Marc ins Nachbarzimmer. „Laurie, das ist unser neuer Kollege Marc Bailey. Marc, das ist Laurie Grant.“ Er klopfte ihm freundlich auf die Schulter. „Wir sehen uns.“

Laurie entsprach ganz und gar nicht der Vorstellung, die Marc sich von ihr gemacht hatte. Sie war Anfang dreißig, ein wenig jünger als er selbst vermutlich. Was ihm sofort ins Auge fiel, waren die dunklen Korkenzieherlocken, die sie mit einem Haarband gebändigt hatte, ihre funkelnden blauen Augen und der verführerischste Mund, den er je gesehen hatte.

Das allerdings war etwas, was er auf keinen Fall bemerken sollte. Sie war eine neue Kollegin und mit Sicherheit nicht ungebunden.

Als ihm dieser Gedanke kam, wanderte Marcs Blick unwillkürlich zu ihrer Hand.

Kein Ring. Nicht dass das unbedingt etwas bedeuten musste.

Zum Glück schien Laurie nicht zu bemerken, was ihm durch den Kopf ging. Sie streckte die Hand aus. „Willkommen bei uns in der Praxis, Marc.“

Als er ihre Hand schüttelte, durchfuhr ihn die Berührung wie ein elektrischer Schlag.

Das konnte doch nicht wahr sein!

Laurie hatte entweder nichts gespürt, oder sie konnte ihre Reaktion perfekt überspielen. „Danke, dass ich bei Ihren ersten Terminen dabei sein kann. Unsere Praxismanagerin Leigh hat heute ihren freien Tag, aber ich habe alle Unterlagen hier. Und ich kann Ihnen unser IT-System erklären.“ Sie lachte. „Ich bin die Jüngste in der Praxis, und deswegen glaubt Sam wohl, dass ich hier die Computerexpertin bin.“

„Und sind Sie das?“, fragte Marc.

„Wahrscheinlich schon, aber das liegt eher daran, dass mein Bruder in der Branche arbeitet und mir viel beigebracht hat. Das war der einzige Weg, mich während des Studiums davon abzubringen, ihn immer mitten in der Nacht anzurufen, wenn ich nicht weitergekommen bin“, sagte sie grinsend. „Holen wir uns einen Kaffee, dann zeige ich Ihnen Ihr Sprechzimmer, und wir fangen an. Einverstanden?“

„Absolut.“ Laurie war ihm sympathisch. Sie war lebhaft und fröhlich und wirkte zugleich sehr kompetent. Marc war jetzt schon überzeugt, dass ihre Patienten sie heiß und innig liebten.

Sie gingen in die Personalküche, und Laurie stellte den Wasserkocher an. „Tee oder Kaffee?“

„Kaffee ist wunderbar, danke“, sagte Marc und sah zu, wie sie löslichen Kaffee in zwei Becher füllte und mit Wasser aufgoss. Vor ein paar Jahren hätte er sich noch mit Schaudern abgewandt und darauf bestanden, seine eigene Espressomaschine und eine Spezialröstung mitzubringen. Außerdem hätte er einen Designeranzug und maßgeschneiderte Hemden getragen. Aber diese Zeit war vorbei. Heute waren ihm andere Dinge wichtig. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als schon früher erkannt zu haben, worum es im Leben wirklich ging.

„Milch oder Zucker?“, fragte Laurie.

„Nein, schwarz, danke.“

Sie kippte großzügig Milch in ihren eigenen Becher und führte Marc dann in sein künftiges Sprechzimmer, das verglichen mit ihrem leer und ungemütlich wirkte. Bei Laurie hingen bunte Kinderzeichnungen an der Wand, auf ihrem Schreibtisch standen Fotos, und das Fensterbrett zierten Grünpflanzen.

Er würde es sich gemütlicher einrichten, nicht zuletzt, damit die Patienten sich wohlfühlten. Auf Fotos auf dem Schreibtisch würde er allerdings verzichten. Das hier war schließlich ein Neuanfang.

Laurie wies auf den Computer auf dem Tisch. „Ich weiß ja nicht, mit welchem System Sie bisher gearbeitet haben, aber unseres hat tatsächlich ein paar kleine Tücken.“ Sie setzte sich an den Tisch, schaltete den Rechner an und schob Marc ein Blatt Papier zu. „Hier, das sind Ihre Daten, um sich einzuloggen.“

Als sie ihm das System erklärte, fiel Marc auf, dass sie ihm die Tastatur überließ und ihm nur ein paar Hinweise gab, statt alles selbst zu machen und sich darauf zu verlassen, dass er ihr zusah. „Hey, Sie sind wirklich gut darin, Leuten etwas beizubringen“, sagte er.

„Danke, es macht mir auch Spaß.“

„Haben Sie sich deswegen für die Zusatzausbildung entschieden?“

Sie nickte. „Ja. Außerdem ist Sam ein großer Fan von Weiterbildungen. Wir haben alle unsere Spezialgebiete. Ricky – haben Sie Ricky schon getroffen?“ Marc schüttelte den Kopf, und sie fuhr fort: „Nein, stimmt, er hat heute frei. Also, Ricky macht eine Schulung zum Thema ALS. Ich bin im Semester einen Tag in der Woche an der Uni. Es ist nicht immer so einfach, alles unter einen Hut zu bringen, aber es macht mir Spaß.“

Marc hatte eine sehr angenehme Stimme, und Laurie hoffte, dass sein Verhalten Patienten gegenüber genauso angenehm war. Der letzte Vertretungsarzt in der Praxis war ein Totalausfall gewesen. Er hatte die Patienten behandelt, als wären sie fünf Jahre alt. Jeden Tag hatte Phyllis sich Beschwerden anhören müssen.

Marc allerdings kam nicht nur als Vertretung, sondern war schließlich aus London hergezogen, um diesen Job zu übernehmen. Sie hatte erwartet, dass er Ende vierzig oder Anfang fünfzig wäre. Ein Kollege in mittleren Jahren, dem der Wirbel der Großstadt einfach zu viel geworden war und der sich ins ruhige Norfolk zurückziehen wollte. Aber Marc war nur ein paar Jahre älter als sie selbst und, wie Laurie zugeben musste, mit den grünen Augen hinter seiner Brille und den dunklen Haaren ein ziemlich attraktiver Mann.

Nicht dass sie sich darüber Gedanken machte. Selbst wenn er sie ein wenig an diesen Filmstar erinnerte, für den sie immer geschwärmt hatte, sollte sie das nicht interessieren. Er war sicherlich verheiratet, und selbst wenn nicht – sie war an einer Beziehung nicht interessiert. Auf keinen Fall wollte sie Izzy alle paar Monate einen neuen Mann präsentieren, um ihren Vater zu ersetzen. Ihr Kind kam für Laurie an erster Stelle, und so würde es auch bleiben.

Nach der Geschichte mit Dean würde sie nicht noch einmal denselben Fehler machen.

„Also, wer steht als Erstes auf dem Plan?“, fragte sie Marc.

Er warf einen Blick auf den Bildschirm. „Meine erste Patientin ist Judy Reynolds.“

„Ah.“

Marc runzelte die Stirn. „Und was heißt das?“

„Oh, nichts. Sie steht auf der Liste für mein kleines Sportprojekt. Hat Sam Ihnen davon erzählt?“ Sie grinste.

„Er hat so etwas erwähnt, ja.“

„Gut. Ich will Sie nicht davon abhalten, pünktlich mit der Sprechstunde anzufangen, aber vielleicht können wir in der Mittagspause darüber sprechen.“

„Sicher.“ Marc drückte auf den Knopf, der Phyllis am Empfang signalisierte, dass er bereit war. Gleich darauf öffnete sich die Tür.

„Kommen Sie rein“, rief er.

Verwundert blickte die Frau, die das Zimmer betrat, zwischen ihm und Laurie hin und her.

„Hallo, Judy“, sagte Laurie. „Ich bin nur bei den ersten Terminen von Dr. Bailey dabei. Ich hoffe, das ist okay. Tun Sie einfach so, als wäre ich nicht da.“

„Ist gut.“ Judy schaute Marc herausfordernd an. „Ich hoffe, Sie sind nicht wie dieser andere Vertretungsarzt.“

„Na ja, ich bin schon mal keine Vertretung“, sagte Marc. „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“

„Hm.“ Judy ließ sich auf den Stuhl fallen. „Der Kerl hat mit mir geredet, als wäre ich ein Kleinkind.“

Laurie hielt sich zurück. Sie wollte sehen, wie Marc mit der Situation umging.

„Tut mir leid, dass Sie schlechte Erfahrungen gemacht haben“, sagte Marc. „Aber seien Sie beruhigt, ich gehe die Dinge anders an. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Wahrscheinlich verschwende ich sowieso nur Ihre Zeit, und eigentlich ist es gar nichts, aber …“ Sie seufzte. „Ich bin einfach immer müde. Ihr Vorgänger hat Blutuntersuchungen gemacht, aber ich weiß nicht, was dabei rausgekommen ist.“

Marc überflog die Krankenakte. „Ja, er hat Sie auf eine Schilddrüsenunterfunktion gecheckt. Die Werte sind in Ordnung, aber ich möchte Ihre Eisenwerte noch einmal prüfen. In Ordnung?“

Judy nickte.

„Sie sollten es mit einer Kombination von Vitamin B und Zink versuchen. Hatten Sie in letzter Zeit viel Stress?“, fragte Marc, während er die Blutentnahme vorbereitete.

Laurie gefiel die Art, wie er mit seiner Patientin umging. Er kam direkt zur Sache und sprach offen mit Judy.

Judy zuckte die Achseln. „Nicht mehr als andere Frauen, deren Kinder demnächst Abschlussprüfungen haben …“

„Wachen Sie nachts öfter auf?“

„Nicht dass ich wüsste.“ Sie zögerte. „Allerdings beklagt sich mein Mann über mein Schnarchen, und meine Kids machen auch schon Witze darüber.“

„Ich verstehe.“ Marc lächelte. „Nun, es wäre möglich, dass Sie unter einer Schlafapnoe leiden.“

„Oh. Was bedeutet das?“, fragte Judy.

„Bei diesem Syndrom setzt für Sekunden die Atmung aus, und man wacht auf. Nicht lange genug, um es zu bemerken, aber Sie bekommen dadurch nicht genug Tiefschlaf und fühlen sich am nächsten Morgen erschöpft, obwohl Sie das Gefühl haben, die Nacht durchgeschlafen zu haben.“

Marc war definitiv ein Gewinn für die Praxis. Er konnte die Dinge verständlich und ohne große Fachbegriffe erklären und Judy gleichzeitig beruhigen.

„Es kommt bei Frauen in Ihrem Alter relativ häufig vor“, fuhr er jetzt fort. „Aber lassen Sie mich noch ein paar Fragen stellen.“

Nach einigen weiteren Minuten beendete Marc die Untersuchung. „Ich werde mich an das Schlaflabor vor Ort wenden. Ich denke, wir sollten ein paar Tests machen. Sie werden dabei nachts an einen Monitor angeschlossen, der Ihre Atmung, den Sauerstoff in Ihrem Blut und Ihren Herzschlag misst. Dann schauen wir uns die Daten an und wissen bald mehr. Wenn das in Ordnung ist, werde ich Phyllis bitten, Sie anzurufen, sobald ich mit dem Labor gesprochen habe.“

„Ja, danke“, sagte Judy. „Ich habe wirklich noch nie von dieser Schlafapnoe gehört.“

„Noch wissen wir ja nicht, dass es das wirklich ist“, erwiderte Marc. „Aber in der Zwischenzeit gibt es ein paar Sachen, die Sie selbst tun könnten. Es ist gut, dass Sie nicht rauchen oder viel Alkohol trinken, aber es wäre hilfreich, wenn Sie Ihr Gewicht ein wenig reduzieren könnten. Und Sie könnten versuchen, eher auf der Seite als auf dem Rücken zu schlafen.“

Judy wurde rot, das Thema war ihr sichtlich unangenehm. „Es ist ja nicht so, dass ich den ganzen Tag vor dem Fernseher sitze und ungesundes Zeug esse.“

„Nein“, sagte Marc, „aber das Problem ist, dass der Stoffwechsel im Körper mit zunehmendem Alter weniger effektiv wird. Das heißt, je älter Sie werden, desto mehr Bewegung brauchen Sie, um Ihr Gewicht zu halten. Es ist unfair, ich weiß.“

„Kann ich etwas vorschlagen?“ Laurie mischte sich in das Gespräch ein, und Marc nickte ihr zu. „Ich bin dabei, ein Projekt für einige unserer Patienten zu starten, die Probleme mit ihrem Gewicht haben. Es geht nicht darum, jemanden zu kritisieren, wir wollen einfach herausfinden, wie wir Sie am besten unterstützen können. Wollen Sie sich das Ganze einmal anschauen?“

„Ich habe schon alle möglichen Diäten ausprobiert“, sagte Judy. „Also warum nicht auch das? Okay.“

„Wunderbar, dann setze ich Sie auf die Liste und melde mich bei Ihnen“, sagte Laurie.

„Sie hören von Phyllis oder mir wegen des Schlaflabors“, sagte Marc. „Und wenn Sie sich wegen irgendetwas Sorgen machen oder sich unwohl fühlen, egal, wie unwichtig es Ihnen erscheinen mag, dann melden Sie sich. Wenn es keinen Anlass zur Sorge gibt, dann werde ich es Ihnen sagen.“

„Das mache ich.“ Judy lächelte. „Danke, Dr. Bailey.“

„Sehr gerne.“

In den folgenden zwei Stunden bis zur Kaffeepause behandelte Marc weitere Patienten, dann blickte er zu Laurie. „Und? Habe ich die Prüfung bestanden?“

Sie verdrehte die Augen. „Das war doch keine Prüfung. Es war eine Gelegenheit für mich, Sie näher kennenzulernen und selbst etwas mitzunehmen. Sie haben schließlich mehr Erfahrung als ich. Aber wenn Sie schon fragen: Ja, Sie haben bestanden. Mit fliegenden Fahnen. Sie haben genau die Fähigkeiten, die ich meinen Studenten beibringen will. Die Patienten fühlen sich bei Ihnen wohl, Sie reden mit ihnen wie mit Erwachsenen. Sie sind eine absolute Verbesserung gegenüber Ihrem Vorgänger.“

„Danke. Obwohl das anscheinend nicht schwer war, nach allem, was ich gehört habe.“ Marc hob eine Augenbraue. „Ich habe den Eindruck, hier weiß jeder über jeden Bescheid.“

„Tja, es ist eben eine Kleinstadt, Marc. Sie sind nicht mehr in London.“

„Nein.“

Marcs Stimme klang angespannt. Der Gedanke schien ihm zu schaffen zu machen.

Laurie lächelte. „Das ist nicht einfach nur Neugier. Die Leute nehmen eben Anteil an allem, was in der Stadt geschieht. Das hier ist eine echte Gemeinschaft. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn Sie auch an meinem Projekt teilnehmen. Nicht dass Sie abnehmen müssten, aber so würden Sie schnell einige Leute kennenlernen.“

„Was muss ich dafür tun?“

„Holen wir uns was zu trinken, dann erkläre ich’s Ihnen.“ In der Personalküche kochte Laurie noch einmal Kaffee und setzte sich dann auf einen der Barhocker. „Wir haben einige Patienten mit Übergewicht, und ich möchte verhindern, dass Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen auftreten. Es geht nicht nur um Diät, einige von ihnen ernähren sich schon sehr vernünftig.“

„Aber sie bewegen sich zu wenig“, ergänzte Marc.

„Genau. Zwischen Beruf und Familie kommt das meist zu kurz. Viele Leute denken einfach, sie haben nicht die Zeit dafür.“

„Das heißt, wir müssen ihre Einstellung ändern.“

„Richtig.“ Laurie lächelte. „Ein Freund von mir an der Universität macht eine Studie über die Auswirkungen von Bewegung und Diät. Er leiht uns gern ein paar Überwachungsgeräte. So können wir feststellen, wie viel sich unsere Patienten jetzt bewegen, und daraus einen Plan entwickeln.“

„Das klingt gut.“

„Wir wiederholen die Überwachung dann nach drei Monaten, schauen, was sich verändert hat, und checken Gewicht, Blutzucker und Cholesterinwerte. Auf diese Weise bekommt mein Freund Jay Probanden für seine Tests, und wir bekommen gute Daten für das Programm.“ Laurie hatte sich in Begeisterung geredet. „Und die Geräte kosten nichts, also macht Leigh mir auch keinen Stress wegen unseres Budgets.“

„Ach ja, immer das Budget …“ Marc dachte kurz nach. „Ich glaube, das Entscheidende ist, eine Form von Training zu finden, die den Patienten Spaß macht.“

Wieder lächelte Laurie ihn an. Er verstand genau, worum es ging. „Ja, deswegen versuche ich, die Fitnesscenter und Sportklubs an Bord zu bekommen. Ich dachte, sie können uns Schnupperstunden anbieten. Wenn unsere Patienten so herausfinden, was für sie das Richtige ist, werden sie auch weitermachen. Und sie haben von Anfang an Trainingspartner.“

„Was bedeutet, dass sie eher bei der Stange bleiben.“ Wieder hatte er ihre Gedanken vorweggenommen.

„Sam hat gesagt, Sie hätten Erfahrung in Sportmedizin?“

„Ja, das stimmt.“ Mehr über seine bisherigen beruflichen Stationen sagte Marc nicht, und Laurie bohrte nicht nach. Sie hatte gesehen, wie er mit Patienten umging, das reichte ihr.

„Also, sind Sie dabei?“, fragte sie.

„Ich kann jetzt wohl schlecht Nein sagen, oder?“

„Doch, können Sie. Wenn es Ihnen zu viel ist, verstehe ich das.“

Marc musterte sie nachdenklich, und einen Moment dachte Laurie, dass er ablehnen würde. „Okay.“

„Wunderbar. Wann hätten Sie Zeit für ein Vorbereitungstreffen?“

„Direkt nach der Sprechstunde?“

Da wartete noch ein Stapel Akten, sie musste mit dem Hund raus und Izzy abholen. „Können Sie sich auch vorstellen, heute Abend einfach zu mir zu kommen?“

„Zu Ihnen?“, wiederholte er.

„Ja, ich habe eine Tochter. Es wäre für mich viel einfacher, wenn wir uns bei mir treffen könnten, nachdem Izzy im Bett ist. Aber wenn das für Sie schwierig ist, dann kann ich meine Mum fragen.“

Trotz ihres Angebots spürte Marc, dass Laurie nicht besonders froh wäre, es auch einlösen zu müssen. „Aber darauf würden Sie gern verzichten?“

„Wenn möglich schon. Sie hilft mir ohnehin so oft“, gab Laurie zu.

Bei ihr zu Hause … Zu Hause bei einer echten Familie.

Marc hatte versucht, solchen Situationen seit dem Unfall aus dem Weg zu gehen. Er hatte den Kontakt zu Freunden mit Kindern weitgehend abgebrochen, aber jetzt sah es so aus, als hätte er keine Wahl. Er konnte einer Kollegin, die er seit gerade mal zwei Stunden kannte, nicht erklären, warum er Kindern lieber auswich.

„Wenn Sie Ihre Partnerin – ähm, oder Ihren Partner – gerne mitbringen würden, freue ich mich“, sagte Laurie, die sein Zögern offenbar falsch deutete. „Das würde das Arztgeheimnis nicht verletzen, es geht ja erst mal um eine Ideensammlung, nicht um einzelne Patienten.“

Marc zuckte bei ihren Worten zusammen. „Nein, ich habe … niemanden“, sagte er mit angespannter Stimme. Er hatte sich langsam mit dieser Tatsache abgefunden, aber auch nach zwei Jahren gab er sich noch immer die Schuld an Ginnys Tod.

Laurie errötete. „Oh, sorry, Sie müssen mich für furchtbar neugierig halten. Wie gesagt, es ist eine Kleinstadt hier. Wir sind immer ziemlich direkt, ich habe es nicht böse gemeint.“

Das wusste Marc. Er hatte schon verstanden, dass Laurie meist ihr Herz auf der Zunge trug. Aber er wollte nicht, dass die Leute hier zu viel über ihn erfuhren. Würden sie die Wahrheit über seine Vergangenheit kennen, würden sie ihn wahrscheinlich genauso verachten wie er sich selbst.

„Dann sagen wir doch gleich heute Abend“, fuhr er fort. „Welche Uhrzeit?“

„Izzy geht um sieben ins Bett, also jederzeit danach.“ Laurie zuckte die Achseln. „Oder kommen Sie doch gleich zum Abendessen. Es gibt nichts Aufregendes – nur Pasta, Salat und Knoblauchbrot, aber Sie sind herzlich willkommen.“

„Nein, danke, aber gern ein anderes Mal.“ Damit war es ihm ernst. Und das war ein Problem. Etwas an Laurie wirkte ungemein anziehend auf ihn. Sie war keine klassische Schönheit, aber sie war warmherzig und freundlich. Wenn sie lächelte, war es, als wäre der ganze Raum plötzlich erleuchtet.

Für seinen eigenen Seelenfrieden musste er diese Gedanken jedoch zur Seite schieben. Und auch für Lauries. Ihr Leben als alleinerziehende Mutter war sicher schwierig genug, auch ohne jemanden wie ihn am Hals zu haben.

„Kein Problem.“ Laurie griff nach einem Zettel und schrieb ihre Adresse und Telefonnummer auf. „Rufen Sie an, wenn etwas dazwischenkommt. Dann bis heute Abend.“ Sie lächelte ihn an. „Ich wünsche Ihnen noch einen guten ersten Arbeitstag.“

Der Rest seines Arbeitstages lief tatsächlich gut. Zwischendurch fuhr Marc nach Hause, um ein Sandwich zu essen. Er aß in der Küche, die anderen Räume der Wohnung waren voll mit unausgepackten Kartons. Kartons voller Erinnerungen, mit denen er sich nicht auseinandersetzen wollte.

Vielleicht hätte er das Hilfsangebot seiner Schwester annehmen sollen. Aber er war zu stolz gewesen, um sich von Yvonne beim Auspacken und Einrichten helfen zu lassen. Er musste allein klarkommen, auch wenn es schwer war.

Er würde das Ganze einfach Schritt für Schritt angehen.

Ein Karton nach dem anderen.

2. KAPITEL

Nach einem Nachmittag mit Hausbesuchen war Marc nicht in der Stimmung zu kochen. Er machte sich einen einfachen Salat und aß im Stehen. Essen war für ihn eine Notwendigkeit, kein Vergnügen mehr.

Er schlug Lauries Adresse nach und stellte fest, dass sie am anderen Ende der Stadt wohnte. Selbst in einem kleinen Ort war das Grund genug, das Auto zu nehmen statt zu Fuß zu gehen.

Als er durch den Vorgarten auf Lauries Haustür zuging, fiel ihm ein, dass er ihr vielleicht Blumen hätte mitbringen sollen. Andererseits war dies ja ein Treffen unter Kollegen und kein Date. Wären Blumen da nicht ein seltsames Signal gewesen?

Marc schüttelte den Kopf über sich selbst. Warum machte er sich überhaupt solche Gedanken? Er musste sich eingestehen, dass der Gedanke, Laurie zu Hause zu besuchen, ihn verunsicherte. Vermutlich hatte sie genau die Art von Heim, die er selbst hätte haben können, wenn alles anders gekommen wäre. Ein Heim für eine Familie. Ein Heim mit Kindern.

Aber jetzt lebte er allein mit den unausgepackten Kartons. Und daran war er selbst schuld.

Marc klopfte an die Haustür. Von drinnen erklang ein Bellen, dann öffnete Laurie die Tür. Ein brauner Labrador versuchte mit heftigem Schwanzwedeln, an ihr vorbeizudrängen. In ihrem Gesicht waren Spuren von Mehl zu sehen, und ihre dunklen Locken hatten sich aus dem Haarband gelöst. Sie sah unglaublich bezaubernd aus, und er hätte ihr die widerspenstigen Strähnen am liebsten aus dem Gesicht gestrichen und ihr das Mehl von der Wange gewischt.

Natürlich tat er das nicht. Es war das Letzte, worüber er nachdenken sollte. Sein Leben war zerstört, sein Herz gebrochen, und er würde vermutlich nie wieder eine Beziehung aufbauen können. Selbst seine Familie hielt er auf Distanz, weil ihm das einfacher erschien. Je weniger Nähe, desto weniger Gefahr gab es, verletzt zu werden.

Laurie hatte sein Schweigen falsch gedeutet. Schnell schob sie den Hund zurück ins Haus. „Sorry, ich hab gar nicht gefragt, ob Sie etwas gegen Hunde haben. Unser Schoko hier ist manchmal etwas übermütig. Ich kann ihn auch in den Abstellraum sperren, das ist kein Problem.“

„Nein, alles in Ordnung. Ich mag Hunde.“ Ginny und er hatten geplant, einen anzuschaffen. Ein Kind und dann ein Hund. Und ein Haus mit Garten.

Sie hätte das alte Cottage geliebt, das er hier in Norfolk gemietet hatte. Ebenso wie den kleinen Teich im Ortszentrum, die alte Steinkirche mit dem runden Turm und die hügelige Landschaft. Aber sie würde all das niemals sehen. Marc hatte niemanden mehr.

Schnell verdrängte er die trüben Gedanken und streckte eine Hand aus, damit der Hund sie beschnüffeln konnte. Als er Schokos Kopf kraulte, drängte sich der Labrador an ihn.

„Jetzt wird er den ganzen Abend nicht mehr von Ihrer Seite weichen“, sagte Laurie lächelnd. „Kommen Sie rein. Ich muss den Herd im Auge behalten, also sitzen wir am besten in der Küche. Möchten Sie Kaffee oder ein Glas Wein?“

Sicher kein Wein. Zu viel Alkohol gehörte zu den Fehlern, die er begangen hatte. Seit der Beerdigung hatte Marc keinen Tropfen mehr getrunken. „Kaffee wäre schön, danke.“

„Kommen Sie, setzen Sie sich hin.“

Es war eine Familienküche, ganz eindeutig. Am Kühlschrank waren Kinderzeichnungen mit Magneten befestigt. An einer Korkpinnwand konnte Marc einen Stundenplan, Notizen und Fotos sehen, die ein kleines Mädchen als Baby bis zum Alter von etwa fünf Jahren zeigten.

Marc wusste nicht, ob er selbst einen Sohn oder eine Tochter gehabt hätte. Es war zu früh gewesen, um das festzustellen. Schnell wandte er den Blick von den Fotos ab.

Auf der Arbeitsfläche lag ein Backblech voller Cupcakes mit rosa Frosting und bunten Streuseln. Mindestens ebenso viele Streusel lagen daneben. Ein Stapel Geschirr stand neben der Spüle, und auf einem weiteren Backbleck kühlten frisch gebackene Plätzchen aus. Er war mitten in ihre Backsession geplatzt.

Autor

Kate Hardy
Kate Hardy wuchs in einem viktorianischen Haus in Norfolk, England, auf und ist bis heute fest davon überzeugt, dass es darin gespukt hat. Vielleicht ist das der Grund, dass sie am liebsten Liebesromane schreibt, in denen es vor Leidenschaft, Dramatik und Gefahr knistert? Bereits vor ihrem ersten Schultag konnte Kate...
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