Entscheidung in den Flitterwochen

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Tausend Sterne leuchten über Hongkong, als Rachel dem mächtigen Manager Damian Flint ihr Jawort gibt. Seit der ersten Begegnung im Unternehmen ihres Vaters hat sie Damians erotische Anziehungskraft fasziniert und schon lange weiß sie, dass sie ihn liebt. Doch die luxuriöse Hochzeit in der Glitzermetropole ist nicht das große Happy End, von dem sie geträumt hat...


  • Erscheinungstag 16.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733779481
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Rachel wirbelte in Tonys Armen über die Tanzfläche. Ihre grünen Augen leuchteten, und das lange schwarze Haar fiel ihr offen über den Rücken. Sie war schlank und wirkte in dem roten Kleid ganz bezaubernd. Rachel tanzte gern mit Tony Radcliffe, ihrem besten Freund, den sie seit achtzehn Monaten nicht gesehen hatte.

„Es macht Spaß, mit dir zu tanzen.“ Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Ich habe dich sehr vermisst.“

„Warum bist du dann aus Hongkong weggegangen?“ Tony, ein großer Mann mit blondem Haar und blauen Augen, lächelte sie an.

„Ich konnte den Stress nicht mehr aushalten.“ Rachel war in Hongkong geboren und aufgewachsen. Sie liebte diese Stadt. Aber ihr Vater und ihr Onkel hatten sich viel zu oft gestritten und sie in ihre lebenslangen Feindseligkeiten hineingezogen. Die beiden hatten von ihr erwartet, dass sie Stellung bezog. Vor zwei Jahren war sie es endgültig leid gewesen und hatte Hongkong verlassen. Seitdem lebte sie in London.

Tony blickte sie mitfühlend an. „Es ist immer noch dasselbe. Charles und Jamie Swift kämpfen noch so heftig miteinander wie eh und je.“

„Es wird wahrscheinlich nie aufhören. Das ist mir damals klar geworden.“ Zu dieser Überzeugung hatte Rachel sich durchgerungen. Ihr Vater und ihr Onkel waren Gegner, und nichts und niemand konnte das ändern.

„Vielleicht bringt dieser neue Mann die beiden zur Besinnung.“ Tony zog die Augenbrauen hoch.

„Wen meinst du?“ Sie runzelte die Stirn.

„Damian Flint.“

„Ah ja.“ Sie erinnerte sich daran, dass Jamie ihr einiges über ihn geschrieben hatte. „Was ist er für ein Mensch?“

„Er wirkt auf Frauen unwiderstehlich“, antwortete Tony. „Außerdem ist er ein Machtmensch, in jeder Hinsicht erfolgreich und sehr rücksichtslos, wie behauptet wird.“

„Stimmt es, dass er die Finanzierungsgesellschaft meines Vaters übernehmen will?“

„Es sieht so aus.“ Tony zuckte die Schultern. „Sei froh, dass du weit genug weg bist von all den Auseinandersetzungen. Vielleicht kann Damian Flint dem Streit ein Ende setzen.“

Sie seufzte. „Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich die beiden allein gelassen habe.“

„Es war richtig für dich. Komm, lass uns gehen. Es ist schon drei Uhr.“ Sie verließen den Nachtclub.

Die Luft war recht kühl für eine Julinacht. Tony hielt ein Taxi an, und sie setzten sich auf den Rücksitz. Dann nannte Rachel dem Fahrer ihre Adresse im Stadtteil Clapham.

Sie lehnte den Kopf an Tonys Schulter. „Wie lange bleibst du in London?“

„Noch eine Woche.“

Sie kannten sich seit der Kindheit. Ihrer beider Eltern waren reiche Finanziers in Hongkong. Rachel und Tony waren gleich alt, und sie waren zusammen in die Schule gegangen. Ein Liebespaar waren sie nie gewesen, sondern immer nur die allerbesten Freunde.

Als das Taxi in die Straße einbog, in der Rachel wohnte, fiel ihnen sogleich der schwarze Rolls-Royce mit Chauffeur auf, der vor dem viktorianischen Haus stand.

Tony pfiff leise. „Du hast offenbar reiche Nachbarn.“

„Vielleicht ist mein Märchenprinz endlich erschienen“, scherzte Rachel und stieg aus. „Komm mit, du musst Jenny begrüßen. Sie war ganz begeistert, als sie hörte, dass du in London bist.“

Sie schlenderten durch den Vorgarten auf den Eingang zu. Jenny war Rachels Freundin und Mitbewohnerin. Sie hatte ihr geholfen, sich schließlich aus der erdrückenden Umklammerung ihres Vaters und ihres Onkels zu lösen. Die schöne und intelligente Jenny war Ende zwanzig und hatte bei Swift Investments als Jamies Sekretärin gearbeitet. Sie kannte die Familie sehr gut, und sie war in Jamie verliebt gewesen. Aber er hatte sie zurückgewiesen. Für Liebe gab es in seinem Leben keinen Platz, solange er von Hass auf seinen Bruder Charles erfüllt war.

„Du bist schon zwei Jahre hier und hast noch keinen Freund?“, neckte Tony sie, während sie die Haustür öffnete.

„Niemand kann dich ersetzen, Tony“, neckte sie ihn und ging mit ihm die Treppe hinauf.

Er lachte aus vollem Halse. „Ich bin dein heimlicher Liebhaber.“

„Ja, mein einziger.“ Rachel musste auch lachen und schloss die Wohnungstür auf. „Du bist der einzige Mann in meinem Leben, Tony Radcliffe.“

Lachend und eng umschlungen betraten sie schließlich das Wohnzimmer und verstummten sogleich.

Jenny stand am Fenster. Sie war sehr blass, und ein großer Mann in einem dunklen Designeranzug stand mit finsterer Miene neben ihr. Die Hände hatte er in die Taschen seiner Hose geschoben. Er hatte blaue Augen, einen durchdringenden Blick und ein markantes Gesicht. Seine Haut war gebräunt. Er wirkte so entschlossen, unnachgiebig und unbeugsam, dass Rachel erbebte. Aus Gründen, die sie selbst nicht verstand, fühlte sie sich zu dem Fremden hingezogen. Jenny ist um so einen Liebhaber zu beneiden, dachte sie.

„Es tut mir leid, Jenny“, entschuldigte sie sich. „Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.“ Sie wandte sich an Tony und wollte ihn bitten zu gehen.

„Das ist Damian Flint“, flüsterte er ihr zu.

„Damian Flint will zu dir“, erklärte in dem Moment Jenny.

Rachel stand wie erstarrt da. Schließlich sah sie den Mann mit der seltsam faszinierenden Ausstrahlung wieder an und bekam Herzklopfen. „Damian Flint?“, wiederholte sie atemlos und schockiert.

Er kam auf sie zu. „Miss Swift, ich habe schlechte Nachrichten. Kann ich Sie kurz allein sprechen?“ Er hatte eine wohlklingende, tiefe Stimme.

„Ist meinem Vater …?“, begann sie und hielt den Atem an.

„Ja. Er hatte einen Herzinfarkt und liegt im Krankenhaus. Sie müssen sofort nach Hongkong zurückkommen.“

Sekundenlang herrschte Schweigen, während Rachel ihn mit großen Augen fassungslos ansah.

„Der arme Charles. Wann ist es passiert?“, fragte Tony entsetzt.

„Letzte Nacht.“ Damian Flint betrachtete Tony aufmerksam. „Ich bin momentan geschäftlich in London. Mein engster Mitarbeiter hat mich angerufen und mich informiert. Ich bin sogleich hergekommen.“ Er blickte Rachel an. „Miss Swift, ich muss unbedingt mit Ihnen allein reden.“

Offenbar war das noch nicht alles. Sie sah ihn an. Plötzlich war sie sich sicher, dass der Herzinfarkt ihres Vaters etwas mit Jamie zu tun hatte. Ihr sank der Mut. „Würdest du bitte gehen, Tony?“, bat sie ihren Freund. „Wir sehen uns in Hongkong.“

Tony küsste sie auf die Wange. „Pass auf dich auf, Liebes. Grüß deinen Vater, ich wünsche ihm alles Gute.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Ich bringe dich zur Tür, Tony.“ Jenny durchquerte den Raum. Sie war sehr attraktiv mit dem langen roten Haar und der hellen Haut.

Als Rachel mit Damian Flint allein war, kam er ihr noch Furcht einflößender vor als zuvor. Tränen traten ihr in die Augen, und sie hatte Mühe, sich zu beherrschen.

„Wo war er, als es passiert ist?“ Sie legte die Schlüssel auf den Tisch.

„Zu Hause im Bett. Die ganze Sache ist ziemlich kompliziert. Wollen Sie sich nicht setzen, Miss Swift? Was ich Ihnen jetzt sagen muss, erschüttert sie vielleicht noch mehr als der Herzinfarkt Ihres Vaters.“

Sie wurde blass und ließ sich in den Sessel sinken. „Es geht um meinen Onkel, oder?“

„Ja. Ich glaube, es hat gestern Abend eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Brüdern gegeben.“ Er wirkte kühl und beherrscht.

Rachel schluckte. „Sprechen Sie weiter.“

„Ihr Vater hatte einige einflussreiche japanische Kunden zum Abendessen eingeladen. Völlig überraschend kam Jamie herein. Er war betrunken und fing an, Ihren Vater lautstark zu beleidigen.“

Rachel schloss sekundenlang die Augen. Sie konnte sich denken, was dann geschehen war, denn sie kannte Jamie allzu gut. Sie wusste, dass er trank und spielte und immer wieder Wutausbrüche hatte. Er hasste und beneidete ihren Vater.

„Ihr Vater hat versucht, ihn hinauszuwerfen“, fuhr Damian Flint fort. „Es gab ein Handgemenge und auf der Polizeistation sogar eine Schlägerei. Offenbar war es eine hässliche Szene.“

„Sind die beiden verletzt?“, fragte Rachel erschüttert.

„Jamie hat nur ein blaues Auge, aber Charles hat zwei gebrochene Rippen und Verletzungen am Kinn.“

„O nein!“, rief sie aus und stand auf.

„Momentan sitzt Jamie in Untersuchungshaft. Charles war die ganze Nacht auf den Beinen. Zuerst wurde er im Krankenhaus ärztlich versorgt, dann musste er seine Aussage bei der Polizei machen. Als er sich schließlich um sechs Uhr morgens ins Bett gelegt hat, hatte er den Herzinfarkt.“

Sie schluckte. „War er allein?“

„Nein“, antwortete er. „Glücklicherweise war die Haushälterin schon wach. Sie hat sogleich den Notarzt gerufen und später meinen Mitarbeiter informiert.“

„Ich muss sofort zu ihm“, flüsterte Rachel und wollte den Raum verlassen. „Ich muss den Flug buchen, packen und …“

Damian Flint versperrte ihr den Weg. „Den Flug habe ich schon für Sie gebucht. Wir fliegen heute Morgen um sieben Uhr nach Hongkong.“

Mit ihren grünen Augen sah sie ihn an. Auf einmal kribbelte ihr die Haut, und Rachel wandte sich irritiert ab. „Gut, dann packe ich jetzt.“

„Es ist halb vier“, stellte er fest. „In einer halben Stunde müssen wir fahren, um rechtzeitig am Flughafen zu sein.“

Sie nickte. „Ich brauche nicht lange.“ Dann eilte sie in ihr Schlafzimmer. Tränen liefen ihr über die Wangen, und ihre Hände zitterten, während sie den Koffer hervorholte und anfing, wahllos einige Sachen zusammenzupacken.

Zu Lebzeiten von Rachels Großvater Edward Swift, dem Firmengründer, hätten seine beiden verfeindeten Söhne Charles und Jamie nie gewagt, sich offen zu bekämpfen. Edward Swift hatte die Firma seinem ältesten Sohn Charles vererbt. Jamie, der zehn Jahre jünger war als sein Bruder, war darüber wütend gewesen und hatte sich enterbt gefühlt. Eine Klausel im Testament besagte, dass Swift Investments im Besitz der Familie bleiben müsse. Charles hatte sich schriftlich dazu verpflichtet, sich an diese Bestimmung zu halten. Falls er keine Erben hatte, sollte das Unternehmen nach seinem Tod oder seinem Rückzug aus der Unternehmensleitung automatisch in Jamies Besitz übergehen. Edward hatte Jamies Reaktion natürlich nicht voraussehen können. Weil die Möglichkeit bestand, dass die Gesellschaft eines Tages ihm gehören würde, hatte er angefangen, sich einzumischen und darum zu kämpfen.

Vor fünfundzwanzig Jahren hatte Charles die schöne französische Tänzerin Marguerite geheiratet. Rachel wurde geboren und einige Jahre später ein Sohn, der jedoch tot zur Welt kam. Als Marguerite bei einem Schiffsunglück ertrank, war Charles völlig verzweifelt. Er hatte aus Liebe geheiratet und nicht, um einen Erben zu haben. Noch einmal zu heiraten war für ihn ausgeschlossen. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Brüdern gingen weiter.

Im Lauf der Jahre geriet Rachel zwischen die Fronten. Sie liebte sowohl ihren Vater als auch ihren Onkel und glaubte ernsthaft, sie könnte Frieden stiften. Doch nach zweiundzwanzig Jahren, die die reinste Hölle gewesen waren, wurde ihr klar, dass sie nichts erreichen konnte, sondern sich nur zu Grunde richtete. Jenny hatte ihr damals geholfen. Sie war eine intelligente, sensible Frau und hatte Rachel jede Nacht zugehört, wenn sie geweint und davon geredet hatte, die beiden Brüder unbedingt versöhnen zu wollen.

„Du musst an dich denken, Rachel, und aufhören, dich in die Streitereien der beiden einzumischen“, hatte Jenny ihr geraten.

Irgendwann hatte Rachel begriffen, dass Jenny recht hatte. Als sie nach der Zurückweisung durch Jamie Hongkong verlassen hatte, war Rachel mitgegangen.

Seit zwei Jahren lebte Rachel jetzt schon in London. Sie arbeitete als Sekretärin und erholte sich von dem jahrelangen Stress. Sie wünschte sich Ruhe und Frieden und wollte frei sein. Ihr Vater und ihr Onkel waren viel zu Besitz ergreifend und eifersüchtig aufeinander.

Plötzlich klopfte es. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Jenny und kam herein. Sie sah Rachel besorgt an.

„Na ja, ich komme zurecht.“ Rachel zuckte die Schultern.

„Ich würde dich gern begleiten“, erklärte Jenny. „Doch es bringt nichts, oder? Die Auseinandersetzungen gehen weiter. Jamie verschwendet immer noch seine Zeit damit, seinen Bruder zu hassen.“

„Du hast gewusst, dass früher oder später etwas Dramatisches passieren würde, stimmt’s?“ Rachel sah Jenny aufmerksam an. „Du hast einmal so etwas erwähnt.“

Jenny nickte. „Mir war klar, dass es so enden musste. Ich wollte nicht in der Nähe sein, wenn die Situation sich zuspitzte. Charles wird handeln müssen.“

„Tony meint, Damian Flint könne es gelingen, eine Änderung herbeizuführen“, erwiderte Rachel.

„Ja, er scheint Durchsetzungsvermögen zu besitzen.“ Jenny lächelte.

Auf einmal runzelte Rachel die Stirn. „Offenbar ist Jamie derselben Meinung, sonst hätte er in seinen Briefen an mich nicht so heftig auf Damian Flint geschimpft.“

„Aber er gehört nicht zur Familie“, wandte Jenny ruhig ein. „Du bist die Erbin, Rachel.“

Rachel verzog das Gesicht und macht den Reißverschluss des Koffers zu. „Ich eigne mich nicht zur Vorstandsvorsitzenden. Ich habe nur den einen Wunsch, zufrieden und frei zu sein. Mein Vater kann mir ja alles hinterlassen, wenn er will. Wahrscheinlich würde ich sowieso Jamie alles überschreiben.“

„Er würde die Gesellschaft ruinieren. Er hat absolut keine Ahnung von Unternehmensführung“, gab Jenny zu bedenken.

„Wie kann denn das Problem gelöst werden?“, fragte Rachel.

Nachdenklich blickte Jenny sie an. „Ich bin sehr beeindruckt von Damian Flint. Was hältst du von ihm?“

Als Rachel sich an seine klaren blauen Augen, die finstere Miene, den eleganten Designeranzug und seine faszinierende Ausstrahlung erinnerte, überlief es sie heiß. „Ich mag ihn nicht“, erklärte sie energisch. „Er wirkt viel zu ehrgeizig und rücksichtslos. Solche Männer haben mir noch nie gefallen.“

„Er ist aber ausgesprochen sexy.“ Jenny lächelte. „Sein Anblick hat mir beinah den Atem verschlagen.“

„Hat er mit dir geflirtet?“ Es sollte ein Scherz sein, doch zu ihrer eigenen Überraschung empfand Rachel so etwas wie Eifersucht. Sie ärgerte sich über sich selbst.

„Nein, leider nicht, obwohl wir uns angeregt unterhalten haben, während er auf dich wartete.“ Jenny musste lachen.

Wieder verspürte Rachel Eifersucht. Was ist los mit mir? überlegte sie irritiert und ging mit dem Koffer zur Tür. „Ich muss dreizehn Stunden neben ihm im Flugzeug sitzen. Wenn Mr. Flint mir gefiele, würde ich mich darauf freuen. Aber bis jetzt finde ich ihn überhaupt nicht attraktiv.“ Sie öffnete die Tür – und wäre beinah mit Damian Flint zusammengestoßen.

Er betrachtete sie mit finsterer Miene. Was er soeben gehört hatte, passte ihm gar nicht. „Sind Sie fertig, Miss Swift?“

Rachel errötete. „Ja … natürlich.“

Er nahm ihr den Koffer ab.

„Alles Gute.“ Jenny begleitete sie hinaus und küsste Rachel zum Abschied auf die Wange. „Grüß deinen Vater … und Jamie.“

„Jamie werde ich ganz besonders herzlich von dir grüßen.“ Rachel lächelte verständnisvoll.

„Auf Wiedersehen, Mr. Flint.“ Jenny reichte ihm die Hand. „Es freut mich, Sie kennen gelernt zu haben. Was Sie über die Liebe gesagt haben, werde ich nicht vergessen.“

Rachel versteifte sich. Die beiden hatten sich ja wirklich gut verstanden.

„Wie war es noch?“, fuhr Jenny fort. „Sie haben irgendwo gelesen, die Liebe bewirke …?“

„Sie bewirkt völliges Verschmelzen von Körper und Seele.“ Er küsste ihr die Hand. „Auf Wiedersehen, Jenny. Danke, dass Sie mir so nett die Zeit vertrieben haben. Es war mir ein Vergnügen, mich mit Ihnen zu unterhalten.“

Mit wachsender Verblüffung hörte Rachel zu und ärgerte sich immer mehr. Zum ersten Mal beneidete sie ihre Freundin um ihre Schönheit.

Wenig später hielt er ihr die Wagentür auf. Der Rolls-Royce, der ihr und Tony beim Nachhausekommen aufgefallen war, gehörte natürlich ihm.

„Weshalb haben Sie sich mit meiner Freundin über die Liebe unterhalten?“, fragte Rachel, während sie über die Autobahn in Richtung Flughafen fuhren.

„Ach, es hat sich so ergeben“, antwortete er.

„Sie haben ungefähr fünf Stunden in unserer Wohnung gewartet, stimmt’s?“ Sie zauberte ein Lächeln auf die Lippen. „Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?“

„Rein zufällig.“ Er wandte sich ab und blickte zum Fenster hinaus.

Rachel kam sich zurückgewiesen vor und ärgerte sich darüber. Ich hasse diesen Mann, sagte sie sich. Jenny gefiel ihm offenbar. Hatten die beiden sich etwa geküsst? Was für ein beunruhigender Gedanke.

„Der Mann, mit dem Sie ausgegangen sind, war Tony Radcliffe, oder?“

„Ja“, erwiderte sie überrascht.

„Kennen Sie ihn schon lange?“ Damian Flint sah sie mit unbewegter Miene an.

Rachel vermutete, dass er nur Konversation machen wollte. „Seit der Kindheit sind wir zusammen“, erwiderte sie bewusst zweideutig.

Er ließ den Blick über ihre schlanke Gestalt gleiten. „Es ist sicher schwierig, eine romantische Beziehung auf so eine große Entfernung zu haben. Besucht er Sie regelmäßig in London?“

„Oh, wir sind in ständigem Kontakt.“ Sie wollte ihn genauso verletzend behandeln, wie er sie behandelt hatte, und drehte sich zum Fenster um.

Dann herrschte Schweigen. Rachel war sich seiner Nähe allzu sehr bewusst. Als er sein Handy aus der Tasche zog, berührte er versehentlich ihren Oberschenkel mit seinem. Prompt zuckte sie zusammen.

„Wollen Sie etwa den Flughafen anrufen? Haben Sie nicht behauptet, Sie hätten die Flüge schon gebucht?“, fuhr sie ihn an.

„Ich rufe eine Freundin an, die mit mir in London war“, entgegnete er kühl. „Sie wird in Hongkong Bescheid sagen, dass wir unterwegs sind.“

„Ah ja.“ Rachel nickte.

„Domino?“ Seine Stimme klang plötzlich ungemein verführerisch. „Ja, wir sind auf dem Weg nach Heathrow … Würdest du das tun? Danke … Ja, wenn du zurück bist.“ Er lachte. „Das hört sich gut an.“

Das ist wohl seine Geliebte, überlegte Rachel. Ihre Abneigung gegen Damian Flint wuchs. Nachdem er das Gespräch beendet hatte, fragte sie: „Wen ruft diese Frau an? Meinen Vater oder meinen Onkel?“

„Sie ruft im Krankenhaus an.“

„Heißt das, es geht meinem Vater schon wieder so gut, dass er telefonieren kann?“ Sie schöpfte Hoffnung. „Ich habe gedacht …“

„Ihr Vater wünscht sich sehr, dass Sie zurückkommen“, unterbrach er sie. „Die Ärzte haben mich gebeten, sie zu informieren, sobald Sie unterwegs sind. Man nimmt an, dass Ihre Anwesenheit den Genesungsprozess beschleunigt. Ihr Vater hat Sie sehr vermisst.“

Sogleich fühlte sie sich schuldig. „Das hat er mir gegenüber nicht erwähnt. Er hat nie eine Andeutung gemacht …“

„Weil er wusste, dass Sie unabhängig sein wollten“, erklärte Damian Flint kühl. „Aber dieser Herzinfarkt hat ihn so beunruhigt, dass er Sie unbedingt sehen will. Ich glaube, da hat sich schon längere Zeit etwas zusammengebraut.“

Rachel war beunruhigt. „Sie reden so, als könnte er …“

„Sterben?“ Er sah sie mit seinen blauen Augen kühl an. „Das müssen wir alle früher oder später, Miss Swift. Das Problem ist, Charles mutet sich zu viel zu.“

Sie wünschte, sie könnte ein Unternehmen führen. Aber das würde sie beim besten Willen nicht schaffen.

„Natürlich gibt es eine Lösung für das Problem Ihres Vaters“, fuhr Damian Flint fort.

„Was für eine?“ Rachel sah ihn aufmerksam an.

„Das wird Ihr Vater selbst mit Ihnen besprechen.“

Wieder fühlte Rachel sich zurückgewiesen. Sie konnte verstehen, warum Jamie ihn nicht mochte. Seine Bemerkungen über Damian Flint hatte sie zunächst nicht ernst genommen, denn er unterstellte den Freunden ihres Vaters immer das Schlimmste. Jetzt wurde ihr jedoch klar, dass er recht gehabt hatte.

Als sie schließlich an Bord des Flugzeugs nach Hongkong gingen, wurden sie von einer der Stewardessen zu ihren Plätzen in der ersten Klasse geführt. Dann bot man ihnen Champagner an, den sie jedoch ablehnten.

„Was wird aus Jamie?“, fragte Rachel, nachdem der Flieger die vorgeschriebene Höhe erreicht hatte und sie die Sicherheitsgurte lösen konnten. „Sie haben erzählt, Charles hätte ihn angezeigt …“

„Auch das müssen Sie mit Ihrem Vater besprechen“, unterbrach Damian Flint sie kühl.

„Aber wenn Jamie verurteilt wird, was …?“

„Dann könnte er eine Gefängnisstrafe erhalten.“ Er kniff die Augen zusammen und sah Rachel an. „Ich bin der Meinung, Ihr Vater wird die Anzeige zurückziehen, sobald es ihm wieder so gut geht, dass er sich mit seinem Bruder auseinander setzen kann.“

„Der arme Jamie.“ Sie seufzte und wünschte, sie könnte ihrem Onkel helfen, sich von seinem Zorn und Hass zu befreien. Damit machte er sich und ihrem Vater das Leben viel zu schwer.

„Versuchen Sie zu schlafen“, forderte Damian Flint sie gleichgültig auf. „Sie waren die ganze Nacht auf. Es bringt nichts, wenn Sie hier sitzen und über ihren geliebten Onkel grübeln.“ Seine Stimme klang ironisch, und seine Miene wirkte hart und verächtlich.

In Rachels Augen blitzte es ärgerlich auf. „Ich liebe meinen Vater genauso sehr wie meinen Onkel“, verteidigte sie sich angespannt.

„Habe ich Sie kritisiert oder Ihnen etwas vorgeworfen?“ Damian Flint zog spöttisch die Augenbrauen hoch.

„Ich hatte jedenfalls das Gefühl“, erwiderte sie.

Er lächelte freudlos. „Miss Swift, glauben Sie mir, Sie haben es sich nur eingebildet.“

„Davon bin ich nicht überzeugt“, entgegnete sie gereizt und zauberte auch ein Lächeln auf die Lippen.

„Ah ja. Lassen Sie uns darüber nicht streiten. Es ist weder der richtige Zeitpunkt noch …“

„Doch, das ist es“, fiel sie ihm ärgerlich ins Wort und kniff die Lippen zusammen.

„Miss Swift, Sie sind müde“, begann er langsam, „und Sie haben einen Schock erlitten. Deshalb …“

„Halten Sie mich für hysterisch?“

„Das habe ich nicht gesagt“, antwortete er leise. Er lächelte nicht mehr.

„Aber gedacht. Ich würde auf dem Flug nach Hongkong zu gern herausfinden, was Sie sonst noch denken, Mr. Flint.“

2. KAPITEL

Über den weißen Wolken schien die Sonne golden vom blauen Himmel. Das helle Licht betonte Damians markantes Profil, die geschwungenen dunklen Augenbrauen und den rücksichtslosen Zug um seinen Mund. Er wirkte entspannt, hatte die langen Beine ausgestreckt und betrachtete Rachel nachdenklich.

„Okay, Miss Swift, schießen Sie los“, forderte er sie sanft auf.

Sekundenlang zögerte sie. Dieser Mann machte sie nervös. „Sie mögen Jamie nicht“, stellte sie schließlich fest.

„Wie kommen Sie denn darauf?“ In seinen Augen blitzte es auf.

Rachel lächelte. „Mein Onkel und ich stehen uns sehr nah. Er informiert mich über alles.“ Damian Flint schien sie nicht ernst zu nehmen, wie ihr plötzlich bewusst wurde. Er glaubte wohl, er hätte leichtes Spiel mit ihr. Dann würde sie ihm beweisen, dass er sich getäuscht hatte.

„Und was genau hat Ihr Onkel Ihnen über mich berichtet?“, fragte er spöttisch.

„Oh, er hat mir beispielsweise geschrieben, dass Sie jetzt Teilhaber von Far East Swift sind, einer Tochterfirma von Swift Investments.“ Sie lächelte betont unschuldig.

„Das ist richtig“, gab er kühl zu. „Was schließen Sie daraus?“

„Dadurch gewinnen Sie im gesamten Unternehmen an Einfluss und Macht.“

Er kniff die Augen zusammen. „Ich liebe es, Macht zu haben. Ich liebe aber auch meine Arbeit und gehe behutsam mit der Macht um, Miss Swift.“

„Ich bin sicher, Sie sind sehr geschickt im Umgang mit Macht.“

Damian lachte leise. Ihm war klar, dass sie ihn nicht mochte. „Danke für das Kompliment.“

„Ehrgeizige Menschen sind immer machtbesessen“, fuhr sie fort. „Sie sind sehr ehrgeizig, wie mein Onkel mir mitgeteilt hat.“

„Auch das kann ich bestätigen“, antwortete er gleichgültig.

„Jamie behauptet, Sie würden Ihren Willen und Ihre Vorstellungen rücksichtslos durchsetzen“, fügte sie lächelnd hinzu.

„Da könnte er recht haben. Aber jeder Mensch möchte seine Ziele erreichen, sogar Jamie.“

„Was sind denn Ihre Ziele, Mr. Flint?“

Er lächelte spöttisch. „Ach, wissen Sie, ich hatte eine schwierige Kindheit. Deshalb habe ich mir viel vorgenommen.“

„Verzeihen Sie mir, dass ich nicht in Tränen ausbreche vor Mitleid. Sie haben schon viel erreicht. Das sollte Sie für die schwierige Kindheit entschädigen.“

Wieder lachte er. „Ja, das stimmt.“

„Jamie hat mir mehr über Ihre ehrgeizigen Ziele berichtet.“

Er lehnte sich zu ihr hinüber und verzog die Lippen. Es belustigte ihn, wie feindselig Rachel ihn behandelte und wie diplomatisch sie ihre Kritik verpackte.

Autor

Sarah Holland
Sarah Holland kann auf einen beeindruckenden Werdegang zurückblicken, ihr wurde das kreative Talent offenbar schon in die Wiege gelegt: Als Tochter eines erfolgreichen Journalisten und einer Bestsellerautorin romantischer Romane kam sie früh mit dem Schreiben in Kontakt. Als Jugendliche zog sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihren Geschwistern von London...
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