Falsche Verlobung mit dem Playboy-Scheich
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„Warum suchst du dir nicht endlich eine Frau, Bruderherz? Dann würde der alte Bock endlich aufhören zu versuchen, dich in eine arrangierte Ehe zu zwingen.“
„Nein danke, Bruderherz“, antwortete Karim Jamal Amari Khan, Kronprinz von Zafar, sarkastisch und schubste die Füße seines Bruders Dane von dem Couchtisch, für den sein Innenarchitekt vermutlich ein Vermögen gezahlt hatte. „Unser Vater kann mich zu gar nichts zwingen.“
„Das Wort Vater ist in diesem Zusammenhang ein ziemlich vager Begriff, oder?“ Dane ließ ein Lächeln aufblitzen, das so scharf war, dass es Beton hätte schneiden können. „In Anbetracht dessen, dass seine einzige Beteiligung an unserer Erziehung darin bestand, unsere beiden Mütter zu schwängern?“
„Das stimmt, ist aber irrelevant.“ Die Lüge ging Karim geschmeidig über die Lippen. Als ältester Sohn und offizieller Kronprinz hatte er etwas mehr Aufmerksamkeit von seinem Vater erhalten – unter anderem in den grauenhaften Sommern, die er nach dem Selbstmord seiner Mutter in Zafar hatte verbringen müssen. Sommer, von denen Dane nichts wusste. „Die Sache ist die: Ich verspüre keinerlei Verlangen, mir unserem Vater zuliebe eine Frau zu suchen. Wenn er mich enterben will, kann er das gern tun.“ Darüber würde Karim sich sogar freuen. Das Königreich von Zafar hielt für ihn nichts als schlimme Erinnerungen bereit, was der Grund dafür war, dass er seinen eigenen Weg gesucht und mit zweiunddreißig Jahren ein Milliardenunternehmen aufgebaut hatte. Seit dem Sommer, in dem er sechzehn geworden war, war er nicht mehr ins Königreich zurückgekehrt.
„Damit stünde ich dann in der Schusslinie“, merkte Dane an. „Vielen Dank, Bruder.“
„Du Armer.“ Karim lachte leise. Es würde ihrem Vater recht geschehen, wenn er Dane zu seinem Erben ernennen müsste. Sein jüngerer Bruder war leichtsinnig und undiszipliniert, dazu hatte er noch weniger Interesse am Familienerbe als Karim. Karims Mutter Cassandra Wainwright war eine junge britische Adlige gewesen, die nach der Scheidung mit ihrem Sohn nach England zurückgekehrt war und ihn in eine Reihe langweiliger, auf Disziplin ausgerichteter Internate geschickt hatte. Danes Mutter Kitty Jones hingegen hatte nach ihrer Scheidung ein Jetset-Leben geführt und ihren Sohn ohne jegliche Grenzen aufwachsen lassen.
Dane hatte Karims Angebot, als Manager in seinem Unternehmen Amari Corp einzusteigen, abgelehnt und seine eigene Eventagentur aufgebaut, die erstaunlich erfolgreich war. Wenn es eines gab, das Dane gut konnte, dann war es, Partys zu schmeißen.
„Ich weiß etwas, das deine Meinung über eine Ehefrau ganz schnell ändern kann“, sagte Dane mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen, das Karim leichtes Unbehagen bereitete. Dane liebte nichts mehr, als ihn in den Wahnsinn zu treiben – was auch erklärte, warum er heute früh um acht Uhr unangekündigt in Karims Villa in Belgravia aufgetaucht war, nachdem er den Nachtflug von New York genommen hatte.
„Und das wäre?“, fragte Karim ungeduldig nach. Er musste zur Arbeit und hatte keine Zeit für die Spielchen seines Bruders.
„Der alte Bock weiß, dass du es auf das Gestüt der Calhouns abgesehen hast“, sagte Dane.
„Woher weißt du davon?“, herrschte Karim ihn an. Dass er dieses Gestüt haben wollte, war streng geheim.
Michael Calhoun war vor beinahe einem Jahr gestorben und hatte die Rennpferdzucht samt Trainingsanlage in Irland mit erdrückenden Schulden zurückgelassen. Sie hatten viele ihrer Tiere verkauft, um liquide zu bleiben, doch vor ein paar Tagen hatte Karim erfahren, dass sie endlich gezwungen waren, Insolvenz anzumelden. Und Karim war darauf vorbereitet, sich das Gestüt zu schnappen, sobald es zur Auktion aufgerufen wurde.
„Ach, eine von Dads Geliebten hat es gestern Abend in Tribeca erwähnt. Weshalb ich den letzten Flug hier rüber genommen haben. Sie hat mir gesagt, er wäre“, Dane malte Gänsefüßchen in die Luft, „total aufgeregt, endlich im Rennzirkus mitzumischen, sobald er Calhouns gekauft hätte. Was, wie wir beide wissen, bedeutet, er hat vor, dir diesen Deal zu vermasseln, um dich in eine Ehe zu zwingen.“
Karim stieß einen lauten Fluch aus. „Ein Anruf hätte genügt“, murmelte er, wohl wissend, dass sein Bruder nur hergekommen war, um ihn persönlich schwitzen zu sehen. Doch Karim weigerte sich, ihm oder ihrem Vater diese Genugtuung zu gönnen. „Aber danke für die Warnung.“
Er würde den Deal aufgeben müssen.
Was verdammt schmerzhaft wäre. Das Gestüt stand für die Chance, in die Welt der Pferderennen einzutreten und sein eigenes Vermächtnis aufzubauen – etwas, das er schon seit einer Weile plante. Das Einzige, was ihm in Zafar immer gefallen hatte, war, die Araberpferde seines Vaters zu reiten und zu trainieren.
Aber er weigerte sich, sich auf irgendeiner Ebene auf einen Machtkampf mit seinem Vater einzulassen. Der alte Mistkerl hatte schon in der Vergangenheit ähnliche Tricks versucht und Karim gezwungen, sich mit ihm zu messen. Anfangs hatte es Karim nicht gestört; im Gegenteil, er hatte es sogar genossen, Wege zu finden, um den Alten zu übertrumpfen. Ihm zu zeigen, dass er keine Angst mehr vor ihm hatte. Doch als die Versuche seines Vaters, ihn zu erpressen, immer verzweifelter und verstörender wurden, war ihm bewusst geworden, dass jede Schlacht zwischen ihnen nicht nur die Finanzen seines Vaters, sondern auch die Wirtschaft Zafars schädigte. Einst eines der wohlhabendsten Königreiche in der Region, verlor Zafar immer mehr an Wert, weil sein Vater Geld für den Krieg mit seinem Sohn abzweigte. Karim verspürte zwar keine Verbindung zu seinem Erbe, aber er wollte nicht, dass die Bevölkerung des Landes leiden musste. Deshalb hatte er vor mehreren Jahren aufgehört, sich mit seinem Vater zu messen, indem er die Geschäfte, die er plante, geheim hielt oder sich zurückzog, sobald sein Vater Interesse zeigte. Das hatte zwar anfangs heftig an seinem Ego genagt, aber inzwischen wusste er, dass seine Taktik aufging: Seit über einem Jahr war sein Vater in keinen seiner Deals mehr involviert gewesen.
„Wieso lässt du es dieses Mal nicht drauf ankommen?“, fragte Dane. „Anstatt den Deal sausen zu lassen.“
„Ich werde nicht heiraten, bloß um einen Deal zu gewinnen …“ Karim fragte sich, ob sein Halbbruder den Verstand verloren hatte.
„Aber was wäre, wenn du nicht wirklich heiraten würdest“, unterbrach Dane ihn. „Das wäre die perfekte Rache an dem manipulativen Mistkerl. Wenn du nicht mit ihr schläfst, kannst du ihm auch nicht die Erben schenken, die er will.“
„Und wie genau soll das funktionieren?“, gab Karim genervt zurück. „Der Hauptgrund, aus dem ich nicht heiraten will, hat nichts mit unserem Vater zu tun. Ich will einfach keine Frau.“ Er hatte Affären, das ja, aber er führte keine längerfristigen Beziehungen. „Und selbst eine vorgetäuschte Ehefrau würde gewisse Dinge verlangen … und meine Zeit einfordern.“
Und dabei könnte sie so schwach und bedürftig werden wie seine Mutter.
Er musste einen Schauder unterdrücken, als er sich an das tränenüberströmte Gesicht seiner Mutter erinnerte. Ihre Traurigkeit hatte seine Kindheit bestimmt, und er würde nicht wieder die Verantwortung für eine Frau übernehmen, die Dinge brauchte, die er ihr nicht geben konnte.
Deshalb hatte er ein hübsch eingerichtetes kleines Stadthaus in Kensington, in dem immer seine aktuelle Geliebte wohnte. So stand sie ihm zur Verfügung, wenn ihm danach war, aber er ersparte sich all den emotionalen Ballast. Gut, das Haus stand seit einem Monat leer – oder seit zweien. Aber seitdem er Alexandra ausbezahlt hatte, als sie anfing, etwas von „echter Beziehung“ zu reden, hatte er keine Zeit gehabt, sich eine neue Geliebte zuzulegen.
„Bruderherz, du bist reich“, erwiderte Dane grinsend. „Lass deine Anwälte einen wasserdichten Ehevertrag aufsetzen. Dann musst du nur noch eine Frau finden, die gierig oder verzweifelt genug ist, um sich kaufen zu lassen.“
„Orla, guck mal, da fliegt ein Hubschrauber über der Farm. Gerry hat ihnen gerade die Erlaubnis zum Landen gegeben. Er meint, es wäre er, der Scheich, der uns alle auf die Straße setzen will.“
Orla Calhoun hielt im Ausmisten des Stalls inne, als die panische Stimme ihrer Schwester Dervla an ihr Ohr drang. Der schwarze Hengst neben ihr scharrte aufgeregt mit den Hufen. Sie legte ihre Hand an seine Nüstern, um ihn zu beruhigen. Anders als die meisten Rennpferde im Ruhestand war Aderyn entspannt genug, dass sie seine Box ausmisten konnte, während er darin war. Er mochte die Gesellschaft beinahe so gern wie sie.
„Ist gut, mein Schöner. Sie ist nur gestresst“, flüsterte sie, bevor sie seine Box verließ. Sie lehnte die Mistgabel an die Wand, zog sich die Handschuhe aus und funkelte ihre Schwester an. „Um Himmels willen, Dervla, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du in der Nähe der Pferde nicht schreien sollst?“, zischte sie. „Sie könnten sich erschrecken und jemanden verletzen. Oder sich selbst, was noch schlimmer wäre.“
Sie hatten nur noch sechs Pferde übrig, doch jedes von ihnen bedeutete ihr etwas. Und sie betrauerte noch immer den Verlust der Pferde, die sie im letzten Jahr hatten verkaufen müssen. Für Orla waren sie mehr gewesen als die Pokale, die sie gewonnen, oder die Zuchtprämien, die sie mit ihnen verdient hatte. Vielleicht war das der Grund, aus dem es ihr nicht gelungen war, Calhouns am Laufen zu halten. Es hatte nicht an ihrem Training oder ihrer Fürsorge gelegen, sondern daran, dass die Tiere ihr immer mehr bedeutet hatten als nur ein Geschäft.
Und jetzt würde sie alles verlieren …
„Okay, okay“, flüsterte Dervla. „Aber was machen wir mit ihm?“
Nun hörte Orla auch das Dröhnen der Rotoren. „Bist du sicher, dass er es ist?“, fragte sie. „Er sollte doch erst Freitag kommen.“
Der Insolvenzverwalter hatte arrangiert, dass Kronprinz Karim Jamal Amari Khan sich das Gestüt vor der Auktion am Samstag ansehen konnte. Vermutlich war das hier nur einer seiner Angestellten. Zumindest hoffte sie das, denn sie war emotional noch nicht bereit, ihn zu treffen.
Und ansonsten auch nicht, dachte sie, als sie an sich herunterschaute – Arbeitsstiefel, dreckige Jeans und ein schweißgetränktes Tanktop, das an ihren Brüsten klebte. Im Morgengrauen war sie mit Aderyn ausgeritten und hatte danach bis jetzt Ställe ausgemistet, weil sie vor einem Monat auch ihren letzten Stallburschen hatten gehen lassen müssen.
„Gerry hat gesagt, er hätte mit ihm gesprochen“, flüsterte Dervla. „Er fliegt den Helikopter selbst! Gerry meint, er wäre allein gekommen.“
Die Anspannung, die Orla verspürte, seitdem sie gezwungen gewesen war, sich dem Unausweichlichen zu stellen, nahm noch ein wenig zu.
Sie hatte vorgehabt, das Haus und sich selbst makellos zu präsentieren, wenn er kam. Wenn man einen reichen Playboy-Scheich um einen Gefallen bitten wollte, sollte man so gut wie möglich aussehen.
„Beschäftige du ihn, während ich hier ein wenig Ordnung mache“, sagte Orla. „Und bitte Maeve, meine beste Hose, frische Unterwäsche und die Bluse rüberzubringen, die ich gestern gebügelt habe.“
Sie schob ihre Schwester aus der Stallgasse und rannte dann zu dem Waschraum im hinteren Bereich. Sich weltgewandt zu geben fiel jetzt zwar flach, aber sie hatte noch nie in die High Society des Rennsports gepasst, in der ihr Vater zu Hause war. Einst hatte sie es versucht, indem sie sich mit Patrick Quinn verlobt hatte. Aber das war eine Katastrophe gewesen.
Was hast du erwartet? Männer haben Bedürfnisse, Orla. Und du bist so frigide wie eine Nonne.
Innerlich zuckte sie zusammen, als sie sich an die Abschiedsworte von Patrick vor fünf Jahren erinnerte, und an den Übelkeit erregenden Anblick von ihm und Maggie O’Reily, als sie die beiden auf ihrer eigenen Verlobungsparty wild knutschend erwischt hatte.
Egal. Du kannst froh sein, dass du ihn los bist.
Aber mit einer Sache hatte Patrick recht gehabt. Sie war nie gut darin gewesen, die flirtende Debütantin zu spielen. Einen Playboy-Scheich mit ihrem gewinnenden Wesen einzunehmen, war also von Anfang an ein kühnes Unterfangen gewesen, selbst wenn sie Zeit gehabt hätte, sich vernünftig vorzubereiten.
Aber sie könnte sich etwas Sauberes anziehen und sich kühl und gefasst geben – denn das war ihre einzige Chance, Karim Khan davon zu überzeugen, sie auf Calhouns bleiben zu lassen.
Der Mann kannte ihre finanzielle Situation, wusste, dass sie gezwungen waren, zu verkaufen, deshalb hatte sie nicht viel Verhandlungsmacht.
Am Vorabend hatte sie im Internet ausgiebig recherchiert. Nach allem, was sie über Karim Khan erfahren hatte, war er reich, arrogant und ein Prinz, der es gewohnt war, alles zu bekommen, was er wollte. Und er hatte ausreichend Geld, um zu glauben, er könnte sich einfach so das Vermächtnis dessen unter den Nagel reißen, was ihre Familie über zehn Generationen aufgebaut hatte. Aber sie sollte verdammt sein, wenn sie zuließe, dass Kronprinz Werauchimmer ihr alles nahm, wofür sie ihr Leben lang gearbeitet hatte.
Sie brauchte nur eine Chance, ihm zu beweisen, dass sie auf dem Gestüt noch nützlich war. Immerhin hatte sie das Unternehmen geleitet, seitdem sie siebzehn gewesen und ihr Vater nach dem Tod ihrer Mutter in eine tiefe Depression verfallen war.
Doch das würde ihr nicht gelingen, wenn sie aussah wie ein armes Waisenkind. Nach den Zeitungsartikeln, die sie gelesen hatte, war Khan ein Mann, der seine Aufmerksamkeit nur schönen, weltgewandten Frauen mit manikürten Fingernägeln, Designerkleidung und perfekt gestylten Haaren schenkte. So eine Frau war sie nie gewesen, nicht einmal damals, als sie geglaubt hatte, in den Sohn des Nachbargestüts verliebt gewesen zu sein.
Schnell zog sie Jeans und Stiefel aus. Nur in Tanktop und Höschen schnappte sie sich den Schlauch, mit dem sie das Zaumzeug abwuschen, und ließ das kalte Wasser über ihren Körper laufen, wobei sie laut fluchte.
Warum tauchte Khan fünf Tage vor dem eigentlichen Termin hier auf? Wollte er sie überrumpeln?
Ein lautes Räuspern schreckte sie auf.
„Ms. Calhoun, wie ich annehme?“ Die tiefe Stimme mit dem britischen Akzent ließ sie so schnell herumwirbeln, dass der Schlauch ihr aus der Hand glitt und das Wasser überallhin spritzte.
Hitze stieg ihr in die Wangen.
Ein großer Mann lehnte an der Tür zum Waschraum. Sein Gesicht lag im Schatten, aber dennoch erkannte sie ihn von ihren Internetrecherchen.
Was um alles in der verflixten Welt …
Sie verschränkte die Arme vor der Brust, um sich zu bedecken, konnte aber einen Schauer nicht unterdrücken, als sein kühler Blick sie musterte.
Ernsthaft? Hätte sie einen noch schlechteren ersten Eindruck machen können? Und wie hatte er sie so schnell gefunden?
Dervla, ich bring dich um.
„Mr. … Mr. Khan?“ Sie reckte das Kinn und versuchte, ihre Würde zu behalten, obwohl sie aussah wie eine ertrunkene Ratte. „Wir haben Sie nicht vor Freitag erwartet. Und was tun Sie hier im Stall?“
Er trug Jeans, einen schwarzen Pullover, der seine breiten Schultern betonte, und schwarze Lederstiefel. Seine Haut war dunkel, sein Haar schwarz.
„Was ich hier tue?“ Sein sarkastischer Tonfall brannte wie Schnitte auf ihrer Haut. „Ich habe vor, Ihr Gestüt zu kaufen, Ms. Calhoun. Und zwar heute.“
Heute?
Panik baute sich erneut in ihr auf, doch dann drehte er sich ins Licht, um das Handtuch zu nehmen, das an einem Haken an der Wand hing, und jeder Gedanke verflüchtigte sich.
Scharf sog sie die Luft ein. Sie hatte gewusst, dass Karim Khan unglaublich attraktiv war, weil sie viele Fotos von ihm in Smoking oder Maßanzug auf verschiedenen Veranstaltungen gesehen hatte. Doch diese Fotos reichten nicht an das Original heran. Dieser Mann war einfach atemberaubend. Ihr Herz hörte beinahe auf zu schlagen, als sie seinen Anblick in sich aufnahm – den sinnlichen Mund, den markanten Kiefer, die hohen Wangenknochen und die scharf geschnittene Nase. Eine kleine Narbe über seinem linken Auge störte die Symmetrie seines Gesichts, ließ ihn aber nur noch männlicher und überwältigender aussehen.
Ihre Wangen färbten sich rot, als ihr bewusst wurde, in welche Richtung ihre Gedanken wanderten.
„Trocknen Sie sich ab“, sagte er und warf ihr das Handtuch zu.
Sie fing es mit einer Hand auf und sah die Ungeduld in seinen wunderschönen goldbraunen Augen.
Während sie panisch das Handtuch um sich wickelte, glitt sein Blick nach unten, über jeden Zentimeter ihrer bloßen Haut, bis er an der kleinen Pfütze landete, die sich zu ihren Füßen gebildet hatte.
„Wir treffen uns in fünfzehn Minuten im Haus“, sagte er zu ihr, als wäre sie eine ungehorsame und außerordentlich nervtötende Zehnjährige. „Ich muss diesen Deal heute abschließen.“
Trotz der Schwierigkeiten zu atmen, spürte Orla, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten.
Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu reden? Nur weil er umwerfend und unendlich reich und vollständig angezogen war und sie … Nun ja, sie nicht.
Aber bevor ihr eine passende Erwiderung einfiel, hatte der unmögliche Kerl sich auch schon umgedreht und marschierte aus dem Stall.
„Mr. Khan, es tut mir leid, dass ich Sie warten ließ. Ich hoffe, Dervla hat Ihnen eine Erfrischung angeboten?“
Karim, der gerade die weiten grünen Hügel und Hecken betrachtet hatte, die das Calhoun-Gestüt umgaben, drehte sich um und sah das Mädchen, das er vor zwanzig Minuten im Stall getroffen hatte, über den abgetretenen Teppich auf sich zukommen.
Sie trug eine schlichte schwarze Hose und eine weiße Bluse. Die roten Haare waren noch feucht. Im Licht, das durch das große Erkerfenster in das weitläufige Wohnzimmer fiel, sah er, dass sie nicht geschminkt war. Sie wirkte unglaublich jung und frisch, und wieder fielen ihm die Sommersprossen auf, die ihre Nase sprenkelten. Schnell unterdrückte er die Hitze, die in ihm aufstieg. Er musste sich eine neue Geliebte suchen, wenn er jetzt schon so auf einen Wildfang wie sie reagierte.
„Ich habe keine Zeit für Erfrischungen“, gab er zurück und verbarg seine unangebrachte Reaktion auf sie hinter Ungeduld. „Ich habe ein Angebot für den Kauf des Gestüts dabei, aber Sie müssen einwilligen, den Verkauf heute abzuschließen.“
Der Plan war perfekt. Er hatte nicht lang gebraucht, um eine bessere Variante zu finden, als auf die lächerliche Idee zurückgreifen zu müssen, die Dane ihm heute früh vorgeschlagen hatte. Um ihn schneller in die Tat umsetzen zu können, hatte er den Hubschrauber selbst geflogen.
Danes Warnung hatte ihm einen Vorsprung gegenüber seinem Vater verschafft. Aber er hatte sich das Gelände ohnehin anschauen wollen, bevor er tatsächlich ein Angebot unterbreitete. Doch sobald er den Innenhof vor den Ställen betreten hatte, hatte er es gewusst. Er wollte das Gestüt, koste es, was es wolle, denn es war genau das, wonach er gesucht hatte.
„Ich … ich verstehe, Mr. Khan, aber ich fürchte, ich kann nicht darauf eingehen.“ In ihren Augen blitzte Bedauern auf, sogar ein wenig Schmerz, doch dann reckte sie das Kinn. „Die Insolvenzverwalter regeln den Verkauf, weil wir das Gestüt nicht halten können.“
Er nickte. „Aber noch haben Sie es nicht verloren. Und Sie und Ihre Schwester haben das Gelände geerbt, richtig?“
Seine Anwälte hatten bereits alles überprüft, also war das nur eine rhetorische Frage, doch sie überraschte ihn mit ihrer offenen Antwort.
„Ja, das haben wir. Aber wir haben auch die Schulden geerbt. Das Anwesen ist bereits mit einer Hypothek belegt, und wir können die monatlichen Raten nicht mehr begleichen.“
Nach seinen Berechnungen würde ihr und ihrer Schwester nach dem Verkauf nichts bleiben.
„Ich verstehe, dass Sie auf einen guten Preis hoffen, indem Sie den Verkauf beschleunigen, aber glauben Sie mir, das Gestüt ist bereits ein Schnäppchen“, fuhr sie fort. Der Anflug von Stolz in ihrer Stimme ließ sie älter wirken, als ihre samtige Haut und die smaragdfarbenen Augen vermuten ließen.
„Ich bin nicht hier, um ein Schnäppchen zu machen. Ich bin hier, um Ihnen die Chance zu geben, das Ganze abzuwickeln, ohne noch weitere Schulden begleichen zu müssen.“
„Wie das?“ Ihre Skepsis verriet ihm, dass sie zwar jung, aber nicht naiv war.
„Ich werde heute alle Ihre Außenstände bezahlen. Die Summe liegt ungefähr fünf Millionen Euro über dem Wert des Gestüts“, sagte er. „Danach können Sie mir das Anwesen für die Summe von einem Euro verkaufen und die Insolvenzverwalter kommen trotzdem zu ihrem Recht.“
Das war ein fairer und cleverer Deal, sowohl für sie als auch für ihn. Sie und ihre Schwester wären frei und könnten ohne Schulden in ein neues Leben starten. Sie wären zwar immer noch obdachlos, doch als Töchter einer der angesehensten Familien im Rennzirkus hätten sie ohne Zweifel genügend Gelegenheiten, sich etwas aufzubauen, solange sie gewillt waren, hart zu arbeiten. Und zu seiner Überraschung machte Ms. Calhoun den Eindruck, als schreckte sie vor harter Arbeit nicht zurück.
Doch wichtiger noch: Das Gestüt würde nicht zur Auktion aufgerufen, sodass sein Vater keine Gelegenheit hatte, gegen ihn zu bieten.
„Also, haben wir einen Deal?“, fragte er, sich ihrer Antwort gewiss. Sie musste wissen, dass das ihre einzige Chance war, den Schuldenberg zu bezwingen, den ihr Vater ihr hinterlassen hatte.
„Nein“, sagte sie.
„Wie bitte?“, gab er scharf zurück, überrascht von ihrer sturen Miene.
„Ich …“ Ihre Wangen färbten sich rot. „Ich habe Nein gesagt. Wir haben noch keinen Deal. Aber ich habe eine Forderung.“
Er runzelte die Stirn. Meinte sie das wirklich ernst?
„Ich glaube nicht, dass Sie die Situation richtig verstehen, Ms. Calhoun. Das hier ist keine Verhandlung, sondern ein zeitlich begrenztes Angebot. Und zwar das beste, das Sie je kriegen werden. Wenn ich heute durch diese Tür gehe und nicht der neue Besitzer von Calhouns bin, wird das Gestüt am Samstag, wie von den Insolvenzverwaltern arrangiert, zur Auktion angeboten werden und wesentlich weniger Geld einbringen, als ich Ihnen heute anbiete.“
„Das verstehe ich. Aber Sie wollen den Vertrag heute unterschreiben. Was mir ein kleines Druckmittel verschafft. Warum hören Sie sich meine Forderung nicht erst einmal an?“
Sie versuchte, ruhig zu wirken, doch die Röte, die sich von ihrem Hals ausbreitete, verriet ihm, dass sie das nicht war. Unselige Erinnerungen an den Anblick, wie sie kaum bekleidet vor ihm gestanden hatte, stiegen in ihm auf und milderten seine Ungeduld ein wenig. Die Frau war auf viele Arten ein Rätsel … Wer hätte erwartet, dass sie selbst die Ställe ausmistete und verschwitzt eine Arbeit erledigte, die genauso gut ein Angestellter hätte erledigen können? Oder dass sie sich mit einem Schlauch abduschte? Andererseits vermittelte ihm der Zustand ihres Zuhauses – abgetretene Teppiche, verwohnte Möbel und abblätternde Farbe –, dass das Gestüt finanziell schon länger zu kämpfen hatte, als alle dachten. Wie viele Angestellte hatten sie noch? Er hatte bisher nur einen alten Mann namens Gerry getroffen, der sich um Anrufe zu kümmern schien, und eine ältere Haushälterin namens Maeve.
„Ich höre zu“, sagte er und war selbst von sich überrascht.
„Ich … ich will einen Job.“
„Was für einen?“ Noch während er die Frage stellte, hallte Danes alberner Vorschlag vom Vormittag durch seinen Kopf.
Du musst nur eine Frau finden, die gierig oder verzweifelt genug ist, um sich kaufen zu lassen.
„Jeden, der es mir erlaubt, auf Calhouns zu bleiben. Ich leite das Gestüt seit fünf Jahren. Ich kenne mich mit Pferden und mit Pferderennen aus.“
Sie hielt inne, und er sah einen Anflug von Traurigkeit und noch etwas anderes in ihrer Miene. War das Scham?
„Mein Vater hat nach dem Tod meiner Mutter aufgehört, mit den Pferden zu arbeiten … Alle Erfolge, die wir in den letzten fünf Jahren erzielt haben, gehen also auf das Team zurück, das ich zusammengestellt habe. Ich würde gerne weiter mit ihnen zusammenarbeiten …“
Sie sprach noch weiter, zählte alle möglichen Erfolge und Referenzen auf, doch er hörte nur mit halbem Ohr zu, weil ihm eine andere Möglichkeit eingefallen war.
Noch vor vier Stunden hatte er Danes Vorschlag, sich eine Frau zu suchen, rundheraus abgelehnt. Doch die Vorteile dieser Idee, nämlich, sich seinen Vater vom Hals zu halten und an der Seite einer Calhoun den Rennzirkus zu betreten, standen ihm immer klarer vor Augen, je länger er zusah, wie die Brüste der jungen Frau sich unter der schlichten Bluse hoben und senkten. Ihre Augen hatten sich erwartungsvoll geweitet, während sie ihm weiter erklärte, warum es von Vorteil wäre, sie auf dem Gestüt zu behalten.