Nur diese eine Nacht im Paradies?

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Auf einer paradiesischen griechischen Insel verliebt Kellnerin Poppy sich in den geheimnisvollen Alex. Doch ihr Glück währt nur kurz. Nach einer berauschenden Nacht der Leidenschaft verschwindet er spurlos. Schockiert entdeckt Poppy wenig später die süßen Folgen ihres One-Night-Stands – und dass Alex der mächtige Reeder Xander Caras ist! Als sie ihm gesteht, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt, entführt er sie auf seine Luxusjacht. Obwohl seine Zweckehe mit einer anderen Frau bevorsteht, entbrennt erneut das Feuer der Lust zwischen ihnen …


  • Erscheinungstag 25.11.2025
  • Bandnummer 2728
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535229
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Heidi Rice

Nur diese eine Nacht im Paradies?

1. KAPITEL

„Ich kann nicht glauben, dass du noch nicht mit der Prinzessin geschlafen hast, Xander. Worauf wartest du?“

Alexander Caras musste sein Temperament zügeln, um nicht auf die Provokation seines Bruders Theo zu antworten, während die Limousine sie beide durch den nächtlichen Verkehr des renommierten Küstenorts Port Gabriel fuhr.

„Wir haben die Verlobung noch nicht mal offiziell verkündet“, murmelte er. Denn das sollte erst bei einem offiziellen Empfang nächste Woche passieren. „Und ich habe auch nicht vor, mit ihr zu schlafen, bevor wir verheiratet sind.“

Nach einem Jahr intensiver Verhandlungen mit Prinzessin Freyas Vater Andreas, dem Fürsten des Zwergstaats Galicos, würde der milliardenschwere Deal, durch den Caras Shipping Land in Galicos kaufen konnte, endlich unter Dach und Fach sein.

Der Fürst hatte darauf bestanden, dass Xander seine eigenwillige Tochter heiratete, bevor er unterzeichnete. Das hatte Xander überrascht. Eine arrangierte Ehe war so mittelalterlich! Trotzdem hatte er die Chance ergriffen. Wann bekam ein Mann, der in den Athener Armutsvierteln aufgewachsen war, schon die Gelegenheit, in eine Fürstenfamilie einzuheiraten? Die Tatsache, dass er die Prinzessin bei ihren wenigen Begegnungen kein bisschen anziehend gefunden hatte, hatte ihm damals nichts ausgemacht.

Aber jetzt tat es das.

Wegen der Frau, der er vor fünf Monaten begegnet war. Der Frau, die er nicht vergessen konnte. Der Frau, die ihn so gefesselt hatte, dass er immer noch unter ihrem Bann stand.

Poppy.

Er kannte nicht einmal ihren Nachnamen. Sie hatten sich an einem heißen Frühlingstag auf Rhodos getroffen, wo sie ihn angesprochen und davon überzeugt hatte, sie mit dem Jetski hinüber zu der Insel zu fahren, die er gekauft hatte. Allerdings hatte sie keine Ahnung gehabt, dass dieses paradiesische Eiland, auf dem sie als Mädchen einmal mit ihrer Mutter gewesen war, nun ihm gehörte. Überhaupt hatte sie nicht gewusst, wer er war. Die Frau, deren strahlendes, süßes Lächeln er immer noch sehen konnte, deren erfülltes Stöhnen noch in seinen Ohren hallte, deren Enge er noch um sich spüren konnte und deren berauschender Duft ihm noch immer in die Nase stieg …

Was hatte sie mit ihm gemacht? Xander gefiel nicht, dass er andauernd an diesen Tag mit ihr denken musste – und dass es ihn die Verlobung bereuen ließ, durch die Caras Shipping langfristig enorme Vorteile haben würde.

Es war nur Sex. Fantastischer Sex, ja, aber du wirst sie irgendwann vergessen. Das musst du.

„Deine Verlobte zu vögeln, wäre für den Deal jedenfalls hilfreich“, sagte Theo. „Sie soll hübsch sein. Ich begreife nicht, was dich davon abhält. Keiner erwartet von Männern wie uns, auf die Hochzeitsnacht zu warten.“

Sie fuhren weiter durch das Lichtermeer der Kasinos und Luxusjachten im Hafen.

Xander runzelte die Stirn. „Prinzessin Freya ist noch Jungfrau. Glaubt zumindest ihr Vater. Meiner künftigen Frau ein bisschen Respekt zu zeigen und nicht sofort mit ihr in die Kiste zu springen, zeugt eher von Stil. Und das bezwecken wir ja mit diesem Deal: Zugang zu besseren Kreisen.“

Theo lachte leise. „Ja, klar! Als ob uns irgendjemand abnehmen würde, dass wir Stil haben. Da kannst du dir noch so viele Prinzessinnen anlachen.“

Xander biss die Zähne zusammen. Wut und Frustration machen ihm zu schaffen. Sein jüngerer Bruder war ein Playboy, der Sex wie einen Freizeitsport betrieb. Was dem Namen ihres Unternehmens bisher nicht geschadet hatte, weil Theo über die Art von Charisma verfügte, die die sozialen Medien und die Klatschpresse liebten. Es hatte ihnen in der Anfangszeit sogar geholfen, sich einen Namen zu machen. Aber selbst jetzt, da sie an die Spitze gelangt waren – ihr Logistikunternehmen machte Milliardenumsätze im Jahr –, weigerte sich Theo, das Ganze ernst zu nehmen.

Vor allem Xanders Heiratspläne.

Caras Shipping wollte in den Bereich Luxuskreuzfahrten expandieren. Was das Containergeschäft anging, war das Potenzial so gut wie ausgeschöpft. Aber um ins Kreuzfahrtgeschäft einzusteigen, brauchten sie Zugang zu den Häfen im Mittelmeer. Die neue Flotte an Schiffen war schon im Bau. Galicos eignete sich perfekt. Bisher war es keinem anderen Unternehmen gelungen, so einen Deal auszuhandeln. Und Fürst Andreas brauchte das Geld. So ein Luxusleben wollte finanziert werden.

Xander war es, der die Prinzessin heiraten musste, um ihre Zukunft zu sichern. Eine Frau, die er kaum kannte und nicht besonders mochte. Freya war jung und vermutlich sehr verwöhnt. Und habgierig. Warum sonst sollte sie sich darauf einlassen, einen griechischen Unternehmer zu heiraten, wenn nicht wegen seines Vermögens?

Nicht, dass Xander ihr das übelnahm. Er war skrupelloser als die meisten, weil er das als Kind hatte sein müssen, um sich und seinen Bruder ernähren zu können und ihnen beiden die Polizei vom Hals zu halten. Gefühle bedeuteten einem Mann wie ihm nichts. Als Kind hatte er sie sich nicht leisten können, also würde er jetzt auch nicht zulassen, dass sie ihm im Weg standen.

Nein, das einzige Problem war Poppy, deren ausgelassenes Lachen ihn bis in seine Träume verfolgte. Die Begierde ließ einfach nicht nach. Er wünschte sich, er würde auch nur einen Funken davon für die Frau empfinden, die er heiraten wollte.

„Der Unterschied ist, ich will die Prinzessin nicht einfach nur vögeln, Theo.“ Er wollte überhaupt nicht mit ihr schlafen. Weil er immer noch Poppys offenes, herzförmiges Gesicht vor sich sah, das Funkeln in ihren braunen Augen, als sie gedacht hatte, sie würden sich gemeinsam in das Haus eines Milliardärs schleichen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Xander selbst dieser Milliardär war.

„Ich werde sie heiraten.“ Wenn er es sich oft genug sagte, würde er es vielleicht irgendwann glauben. Und aufhören, die Entscheidung zu hinterfragen.

„Das kommt mir riskant vor. Wie kannst du sie heiraten, bevor du weißt, wie sie im Bett ist?“ Xanders Zurückhaltung beeindruckte Theo erwartungsgemäß wenig. „Was, wenn sie frigide ist? Ich meine, woher kommt es, dass sie mit zwanzig noch Jungfrau ist?“

Vielleicht, weil sie keine Schlampe ist wie du?

Xander musste die Zähne zusammenbeißen, um es nicht laut auszusprechen. Er hatte zu diesem Thema wirklich alles gesagt, was er sagen wollte. Weiter daran zu denken, weckte nur wieder Gedanken an die Frau, die er nicht haben konnte.

Er starrte durch die getönten Scheiben zu den Edelrestaurants herüber, die den Hafen säumten. Dort boten Sterneköche mediterrane und internationale Küche für alle an, denen es in den Kasinos oder an Bord ihrer Jachten zu eintönig wurde.

Das Auto kam nur langsam voran. Xanders Blick fiel auf eine Kellnerin, die mit dem Rücken zu ihm stand und gerade damit beschäftigt war, eine Bestellung aufzunehmen. Er blinzelte. Und war auf einmal hellwach.

Was zur Hölle …? War das Poppy?

Ein anmutig geschwungener Hals, honigbraune Locken, die sich aus ihrem Haarknoten stahlen. Selbst ihre Körperhaltung wirkte vertraut. Träumte er? Wurde er allmählich verrückt? Er musste ihr Gesicht sehen.

Dreh dich um, verdammt noch mal.

Sie wandte den Kopf, und er sah sie im Profil. Das Lächeln, die hohen Wangenknochen, das Grübchen in ihrer Wange. Die Art, wie sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn strich. Dieselben vollen Lippen, von denen er genau wusste, wie sie schmeckten …

„Poppy?“, flüsterte er. Sie musste es sein.

„Was hast du gesagt?“

Aber Xander bemerkte seinen Bruder kaum. Er schlug von hinten gegen die Glasscheibe. Dimitrios, ihr Fahrer, ließ das Panel aufgleiten.

„Halten Sie an“, sagte Xander. Sein Atem ging auf einmal viel zu schnell. „Ich muss hier aussteigen.“

Vielleicht wurde er tatsächlich verrückt. Vielleicht hatte er sie in Gedanken zu oft heraufbeschworen in jenen einsamen Nächten, in denen er sich wie ein Teenager zu den entsprechenden Fantasien über sie Erleichterung verschafft hatte. Aber er musste sich sicher sein. Kaum hatte das Auto gehalten, riss er die Tür auf und sprang heraus.

„Xander, wo willst du hin?“, rief sein Bruder ihm hinterher.

„Wir sehen uns nachher auf der Jacht“, rief Xander über die Schulter zurück, schlug die Tür zu und hastete zum Restaurant.

Die Kellnerin hatte die Bestellung gerade aufgenommen und war auf dem Weg hinein. Ihr Gang … Das war Poppys Gang! Anmutig und sinnlich, und so verführerisch, dass ihn allein der Anblick erregte.

Das unterschwellige Verlangen nach ihr, das ihn seit Monaten wachhielt, entflammte neu. Xander drängte sich am Oberkellner vorbei, der ihn auf Französisch fragte, ob er einen Tisch wollte. Drinnen sah er die Kellnerin am Ende der Bar stehen, mit dem Rücken zu ihm, während sie Drinks auf ein Tablett stellte.

„Poppy!“, rief er.

Ruckartig wandte sie den Kopf. Oh ja, sie war es! Ihre Augen, ihr Gesicht. Er war nicht verrückt geworden.

Als er näherkam, breitete sich eine tiefe Röte auf ihrem Gesicht aus, die die Sommersprossen auf ihrer Nase stärker hervortreten ließ. Während sie das Tablett zurück auf die Bar stellte und sich zu ihm umwandte, wanderte sein Blick gierig über ihre Figur. Wie angewurzelt blieb er stehen. Aus Freude wurde Schock, dann Verwirrung. Wo ihre Taille so schlank gewesen war, dass er sie beinahe mit zwei Händen hatte umfassen können, befand sich eine deutliche, feste Wölbung.

Endlich stand er vor ihr. Die letzten Schritte hatten sich angefühlt, als liefe er durch Treibsand.

„Alex“, murmelte sie. Das war der Name, den er ihr damals genannt hatte. Der Name, den nur sie je benutzt hatte. „Hallo.“

Aus irgendeinem Grund wirkte sie nicht besonders überrascht, ihn zu sehen.

Xander konnte sich nicht davon abhalten, ihren Oberarm zu umfassen. Der Drang, sie zu berühren, sich zu vergewissern, dass sie real war, war zu stark. Sie erschauerte. Ihre Reaktion rief sofort Begierde in ihm wach.

Aber dann versuchte sie, sich ihm zu entziehen. „Wir können gerade leider nicht miteinander reden, Mr. Caras.“ Ihre Stimme klang jetzt kühl und neutral. Ihr Blick war direkt. „Ich bin mitten in der Schicht.“

Mr. Caras?

Also wusste sie, wer er war. Hatte sie es immer gewusst?

Zynismus war Xanders ständiger Begleiter, ein Überlebensinstinkt, seit er in Athen auf der Straße nach Wegen gesucht hatte, sich und seinen Bruder über Wasser zu halten. Derselbe Zynismus, der ihn an jenem Tag im Stich gelassen hatte, als er Poppy getroffen hatte, die so ungekünstelt und natürlich auf seine Küsse und Berührungen reagiert hatte.

Und dann kamen ihm die Worte in den Sinn, die sie geflüsterte hatte, nachdem sie sich geliebt hatten. „Weißt du, Alex, ich habe nie jemanden gehasst. Aber ich wünschte, ich könnte den Mann treffen, der seine Privilegien und seinen Reichtum benutzt hat, um Parádeisos’ unberührte Natur in seine private Spielwiese zu verwandeln. Ich würde ihm gern sagen, was ich von seiner Selbstsucht halte. Du nicht auch?“

Er hatte gelacht, aber es hatte gezwungen und hohl geklungen. Innerlich war er zurückgezuckt. Was als harmlose Lüge angefangen hatte – ein Versuch, unbelastet eine Frau kennenzulernen –, war auf einmal eine unüberwindbare Kluft. Der Schweiß trocknete noch auf seiner Haut. Während der letzten Stunden mit ihr hatte er zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Glück empfunden. Aber ihre Worte, voller Traurigkeit und Verachtung, hatten ihn verdammt. Auf einmal hatte er den ruchlosen Ehrgeiz infrage gestellt, der ihn in der wunderschönen Insel nicht mehr sehen ließ als eine gute Investitionsmöglichkeit.

Schlimmer noch war die Erkenntnis, dass er Poppy niemals sagen konnte, wer er wirklich war, oder sie würde auch ihn hassen.

Aber als er seinen Namen von ihren Lippen hörte, begriff er, dass er vielleicht in die Falle getappt war. Vielleicht war sie nie diejenige gewesen, für die sie sich ausgegeben hatte.

Hatte sie ihn manipuliert? Den rebellischen Freigeist nur gespielt? Das süße, lebensfrohe Mädchen, dem Liebe wichtiger war als Geld?

Sein Temperament regte sich. Er ärgerte sich über die Scham, die er damals bei ihren Worten empfunden hatte. Und war misstrauisch. Aber zugleich empfand er den Drang, sie erneut für sich zu beanspruchen. Hier und jetzt. Für immer.

Selbst, wenn sie ihn angelogen hatte.

Und dann wanderte sein Blick wieder zu ihrem Bauch, und die einzige Frage, die wirklich eine Rolle spielte, platzte aus ihm heraus: „Ist das Baby von mir?“

Wieder röteten sich ihre Wangen. Aber alles, was er in ihrem Tonfall hörte, war Bedauern. „Ja.“

2. KAPITEL

„Wir gehen.“

Poppy starrte den Mann an, von dem sie geglaubt hatte, sie wäre in ihn verliebt. Den Mann, den sie damals gebeten hatte, sie auf seinem Jetski mit zu der Insel zu nehmen, auf der sie ihre letzten wirklich glücklichen Tag mit ihrer Mutter verbracht hatte. Den Mann, der dort an einem wunderschönen Frühlingstag ihr Kind gezeugt hatte. Den Mann, an den sie oft voller Sehnsucht dachte – bis sie herausgefunden hatte, wer er war.

Als sie am nächsten Morgen in Rhodos wieder an den Strand gegangen war in der Hoffnung, Alex dort wiederzusehen, hatte sie keine Spur von ihm gefunden. Die ganze Woche lang hatte sie die Strände abgesucht und nach ihm gefragt. Selbst, wenn sie sich nicht wiedersehen würden, sie hätte gern seinen Nachnamen gewusst. Um ihn wissen lassen, wie viel ihr der gemeinsame Tag bedeutet hatte. Aber niemand dort hatte mit dem Namen Alex etwas anfangen können.

Warum hatte sie sich nicht seine Telefonnummer geben lassen? Aber damals war es ihr so romantisch erschienen, diese Begegnung mit einem Fremden. Immerhin hatten sie sich heimlich auf die private Insel eines Milliardärs geschlichen. Sie hatte den Pakt zwischen ihnen vorgeschlagen, eher scherzhaft, für den Fall, dass man sie erwischte. Wenn sie den Namen des anderen nicht kannten, konnten sie ihn auch nicht preisgeben.

Es war alles perfekt gewesen, ein Tag voller Hoffnungen und Möglichkeiten und brennender Leidenschaft. Alex hatte vorgeschlagen, sich in das neue Haus zu schleichen, das der Milliardär dort hatte bauen lassen. Sie waren im Pool geschwommen, zwei verrückte, ausgelassene Kids auf einer Insel, die bald gesperrter Privatbesitz sein würde.

Und der Sex … Poppy hatte den ersten Schritt getan. Sie hatte nicht widerstehen können, die Hand auf seinen flachen, muskulösen Bauch zu legen, die kleinen Narben und primitiven Tattoos nachzufahren, die sie so fesselten, dem Streifen dunklen Haars unter seinem Bauchnabel zu folgen. Der tiefe, grollende Laut, den Alex von sich gegeben hatte, als sie seine Erektion berührt und ihn gestreichelt hatte, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie genauso wollte wie sie ihn.

Er hatte sich mit ihr ins Haus geschlichen, in eins der luxuriösen Schlafzimmer. Dort hatten sie ihre Badesachen ausgezogen und sich geliebt. Es hatte sich so richtig angefühlt. Berauschend und süchtig machend. Aber hinterher hatte sich die Stimmung zwischen ihnen verändert. Schon auf der Fahrt zurück zum Anlegesteg, an dem sie sich erst vier Stunden vorher begegnet waren, hatte Poppy es bemerkt.

Irgendetwas musste sie gesagt haben, das ihn dazu gebracht hatte, sich von ihr zurückzuziehen.

Als sie sich mit einem Kuss verabschiedet hatten, hatte er zärtlich ihre Wange umfangen. Sie hatte versucht, ihm ihren Namen zu sagen. Aber er hatte ihr den Finger auf die Lippen gelegt. „Sag ihn mir nicht. Lass uns diesen perfekten Tag nicht verderben. Wer weiß, vielleicht verhaften sie uns doch noch …?“

Sie hatte über seinen albernen Scherz gelacht, sich wild und frei gefühlt. Und war davon ausgegangen, sie würden sich wiedersehen. Die ganze Nacht über hatte sie sich darauf gefreut, war sich sicher gewesen, dass es der Beginn von etwas war. Sie hatte geglaubt, ihm ginge es genauso. Wegen der Intensität, mit der er sie angesehen, und der Zärtlichkeit, mit der er sie berührt hatte …

Als sie sechs Wochen später herausgefunden hatte, dass sie ein Baby von Alex erwartete, war es ein Moment der Freude, aber auch der Verzweiflung gewesen. Sie hatte ihre Anstrengungen, ihn zu finden, verdoppelt, und war schließlich vor einem Monat nach Rhodos zurückgekehrt.

Nur, um herauszufinden, dass alles eine Illusion war. Sie hatte sein Bild in einer Zeitung gesehen. Darin ging es um eben die Insel, auf der sie sich vermeintlich illegal aufgehalten hatten. Er war nicht Alex. Sondern Xander Caras – ein griechischer Unternehmer, der eine Prinzessin heiraten würde. Nicht der Mann, in den sie sich verliebt hatte, sondern ein gewissenloser Betrüger.

Jetzt umfasste er ihren Oberarm. Poppy erzitterte. Ein Schauer überlief sie, als sie die Schwielen auf seiner Hand spürte.

Es war das erste Mal, dass er sie berührte, seit er damals den Finger auf ihre Lippen gepresst hatte, auf dem Pier in Rhodos. Bevor er sie dort hatte stehen lassen.

Sie entzog ihm ihren Arm. „Lass mich los. Ich habe es dir gesagt. Ich kann jetzt nirgendwohin gehen. Ich muss arbeiten.“

Das war keine Lüge. Sie brauchte diesen Job, um Rücklagen zu bilden. Sie hatte ihr Erspartes angreifen müssen, um sich die Reise nach Galicos leisten zu können, nachdem sie aus dem Internet erfahren hatte, dass er wegen seiner bevorstehenden Verlobung mit der Prinzessin hier war.

Es war Poppy einzige Chance, ihn wissen zu lassen, dass er Vater werden würde. Wenn es irgendeine andere Möglichkeit gegeben hätte, ihn zu erreichen – diskret und aus der Ferne –, dann hätte sie das getan. Aber es hatte nicht lange gedauert, bis sie begriffen hatte, wie gut Milliardäre durch ihren Stab aus Assistenten und Sicherheitsdiensten von der Öffentlichkeit abgeschirmt waren.

Es war schlimm genug, dass sie hierher hatte kommen müssen, nur für eine Chance, irgendwie an ihn heranzukommen. Die Reise zu planen und hier einen Job zu finden für den Fall, dass es länger dauerte, war sehr anstrengend gewesen.

Obwohl sie diese Unterhaltung mit ihm persönlich hatte führen wollen, hatte sie nie damit gerechnet, tatsächlich die Gelegenheit zu erhalten. Vor allem nicht so bald. Nach all den Lügen, die er erzählt hatte, lag es nahe anzunehmen, dass er kein Interesse an seinem Kind haben würde. Bestimmt hatte er schon viele Frauen auf die gleiche Wiese hereingelegt wie Poppy. Er war so gut darin gewesen. Wahrscheinlich hatte er sich ins Fäustchen gelacht, als sie vorgeschlagen hatte, nichts als ihre Vornamen auszutauschen.

Eins war sicher: Dieser Abend war nicht der richtige Zeitpunkt für die anstehende Unterhaltung. Und nach allem, was sie die letzten fünf Monate durchgemacht hatte, würde sie jetzt bestimmt nicht einfach nach seiner Pfeife tanzen. Seit dem Mittag war sie unablässig auf den Beinen. Sie war erschöpft. Ihn unverhofft wiederzusehen, war mehr, als sie heute Abend verkraftete.

Nicht eine Sekunde lang hatte Poppy erwartet, er würde sie erkennen und ansprechen. Das Misstrauen in seinen Augen legte nahe, dass er sie so kurz vor seiner Verlobung nicht hier in Galicos haben wollte und um Schadensbegrenzung bemüht war.

Aber warum sollte sie sich nach ihm richten, statt heute Abend möglichst früh schlafen zu gehen und die Unterhaltung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wenn sie ausgeruht und vorbereitet war?

„Bist du wahnsinnig?“, knurrte er, als wäre er derjenige, dem hier ein Unrecht geschah. Sein brennender Blick wanderte erneut zu ihrem Bauch. „Du bist schwanger mit meinem Kind! Ich werde diese Unterhaltung ganz sicher keine Minute aufschieben.“

Der Ärger in seinem Ton ließ ihren eigenen wachsen.

Wie konnte er es wagen, sich aufzuführen, als wäre es ihre Schuld? Sie war es nicht, die unter einer falschen Identität aufgetreten war. Oder die so abgeschirmt lebte, dass alle Versuche, sie zu erreichen, scheitern mussten.

„Tja, Pech gehabt. Mir ist egal, was du willst“, gab sie ärgerlich zurück. „Wir werden uns unterhalten, wenn ich so weit bin. Nicht vorher.“

Seine dunklen Brauen hoben sich. Ganz so, als ob er noch nie mit einem Nein konfrontiert worden war. Wahrscheinlich war er das auch nicht. Falls es sich so verhielt, würde Poppy stolz darauf sein, ihm zu dieser Erfahrung zu verhelfen.

Dieser Gedanke half, gegen das Zittern anzukämpfen, das begonnen hatte, als sie ihn an der Bar stehen sah, groß und unbezwingbar. Sein Gesicht war ihr vertraut; der Rest nicht. In dem maßgeschneiderten Designeranzug hatte er nichts gemeinsam mit dem Mann auf dem Jetski, an dessen breiten Rücken sie sich geklammert hatte, dem Mann, der sehr verschlossen gewesen war und bei ihrer gemeinsamen Wanderung über die Insel langsam aus seiner Schale herausgekommen war. Er hatte ihr zugehört, ohne viel zu reden. Seine Aufmerksamkeit – die Faszination, mit der er sie betrachtet hatte – hatte ihr Herz dazu gebracht, schneller zu schlagen.

Der glatt rasierte Mann vor ihr hingegen, den ein Duft von Sandelholz umgab, war ein Fremder und hatte mit seinem Dreitagebart und der sonnengebräunten, salzigen nackten Haut nichts gemein mit einem Strandurlauber.

Er kniff die blauen Augen zusammen. Darin brannte die Wut. „Du kommst mit oder ich zwinge dich dazu. Deine Wahl.“ Seine Stimme blieb so leise, dass ihn wahrscheinlich niemand außer ihr hört.

„Bitte, mach ruhig eine Szene.“ Poppy konzentrierte sich auf ihre Bitterkeit, um ihren Schmerz zu verbergen. Das hier war nicht Alex. Alex hatte nie existiert. Der Mann vor ihr war ein Caras. Ein arroganter Milliardär und Playboy, der dachte, die Welt drehte sich um ihn.

Poppy würde sich von seinem Benehmen nicht einschüchtern lassen. „Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob deine Prinzessin es gut finden wird, wenn Videos auftauchen, wie du eine schwangere Frau aus einer Bar zerrst.“

In seinen Augen flackerte etwas, das fast wie Bewunderung wirkte.

In diesem Moment unterbrach sie Serge, der Eigentümer und Manager der Bar. „Verzeihung, Sir. Ist alles in Ordnung?“ Sein Blick gab Poppy laut und deutlich zu verstehen, dass er sich um diesen Grobian kümmern würde, wenn er sie belästigte.

Serge war ein toller Chef. Er lebte und arbeitete nach der Devise, dass der Kunde nicht immer König war, auch wenn man ihm erlaubte, das zu denken. Er hatte Poppy eingestellt, obwohl sie schwanger war, und sie während der Eingewöhnung unterstützt. Im Gegensatz zu dem Mann, der vor ihr stand und Irritation und Arroganz verströmte, war Serge ein guter Mensch.

Als Poppy sich gerade erleichtert abwenden wollte, griff Caras nach seiner Brieftasche. „Sie müssen Ihrer Kellnerin den Rest des Abends freigeben.“ Er zog eine goldene Kreditkarte hervor.

Poppy blinzelte. Seine Arroganz machte sie sprachlos.

„Es tut mir leid, Sir“, antwortete Serge geduldig. „Die Personaldecke ist heute Abend sehr dünn, daher …“ 

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