Geheilt von einem kleinen Wunder

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Mit gebrochenem Herzen hat Bailey sich von ihrem Kinderwunsch verabschiedet. Sie darf nie wieder schwanger werden! Trotzdem verbringt sie mit Sportarzt Jared Fraser, eine unwiderstehliche Mischung aus attraktiv und arrogant, eine zärtliche Nacht. Mit gefährlichen Folgen …


  • Erscheinungstag 04.11.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504522
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Unsere Bailey ist schon ein hübsches Ding“, stellte Archie McLennan fest.

Beunruhigt sah Jared den Trainer an. Offenbar gefiel Archie die Wissenschaftlerin. Jared hatte das ungute Gefühl, dass in diesem Fall die Libido des Trainers seinen gesunden Menschenverstand überlagerte.

Angeblich hatte das hübsche Ding, also die Wissenschaftlerin, ein System entwickelt, mit dem sich Weichteilverletzungen bei den Spielern minimieren ließen. So weit, so gut. Aber die Erfolgszahlen, die sie nannte, klangen einfach absurd optimistisch.

Wenn etwas zu schön klang, um wahr zu sein, dann war es meistens auch so, jedenfalls Jareds Erfahrung nach. Außerdem wollte er nicht, dass eine junge Frau mit hochfliegenden Plänen seine Spieler ablenkte, wenn er sie behandelte. Schließlich hatte er die neue Stelle als Arzt der Nachwuchsmannschaft eines Premier-League-Fußballteams gerade erst angetreten.

Jared hatte es schon oft erlebt, dass eine hübsche Frau dem Trainer oder einem Spieler den Kopf verdrehte. Das endete immer im Chaos und wirkte sich auch auf den Rest der Mannschaft aus. Bei einer Horde Teenager könnte die Wirkung geradezu verheerend sein.

Doch er behielt seine Gedanken lieber für sich und nickte dem Trainer nur höflich zu. Insgeheim hoffte er jedoch, dass es entweder dieser Bailey bald langweilig werden oder ihre Methode als Unsinn entlarvt werden würde. Dann könnten sie wieder eine vernünftigere Methode anwenden, um Weichteilverletzungen, also Verletzungen von Gewebe, Muskeln und Sehnen, zu vermeiden. Zum Beispiel ein ganz auf den Fußballsport abgestimmtes Training, nachdem er sich jeden Spieler genau angesehen und eine gründliche Anamnese durchgeführt hatte.

Bis dahin würde er die Zähne zusammenbeißen und so höflich und sachlich bleiben wie nur möglich.

„Ah, Bailey, da sind Sie ja. Darf ich vorstellen? Das hier ist Jared Fraser, unser neuer Mannschaftsarzt“, rief Archie vom Rand des Spielfelds, als Bailey sich durch den Spielertunnel näherte.

Bailey lächelte den Trainer an, blieb jedoch so weit auf Abstand, dass er ihr nicht den Arm um die Schultern legen konnte. Als Kollegen schätzte sie ihn sehr – zumindest war er bereit, sich ihre neuen Ideen anzuhören, und in Bezug auf das Forschungsprojekt hatte er sich bisher mehr als fair verhalten. Aber auf eine Beziehung war sie nun wirklich nicht aus. Insbesondere nicht mit einem frisch geschiedenen Mann, dessen Lebensstil nicht zu ihrem passte.

Bailey hatte schon mehr als genug gescheiterte Beziehungen hinter sich. Künftig sollte ihr Leben einfach und unkompliziert verlaufen: Sie hatte ihre Familie, ihre Freunde, ihre Arbeit – das genügte ihr völlig.

„Jared, das hier ist Bailey Randall, die Ärztin, von deren Forschungsprojekt ich Ihnen erzählt habe“, sagte Archie.

Einen Moment lang wirkte Jared, als habe er ein Gespenst gesehen. Dann gab er sich sichtlich einen Ruck und nickte kurz.

„Guten Tag, Dr. Randall“, sagte er ohne den Hauch eines Lächelns.

Hatte er vielleicht etwas dagegen, dass eine Frau mit einer Fußballmannschaft zu tun hatte? Mangelte es ihm an Sozialkompetenz? Vielleicht, dachte Bailey wegen seines markanten Akzents, entspricht er einfach nur dem Klischee des mürrischen, schweigsamen Schotten.

Das wäre schade, er hatte nämlich wunderschöne, glockenblumenblaue Augen, die sicher unwiderstehlich funkeln würden, sollte er doch einmal lächeln.

Jetzt hör aber auf, ermahnte Bailey sich innerlich. Glockenblumenblau? So ein romantischer Quatsch sah ihr gar nicht ähnlich.

„Freut mich“, sagte sie und reichte ihm die Hand, die Jared fest, kurz und sehr geschäftsmäßig schüttelte – immer noch, ohne zu lächeln oder etwas Höfliches zu sagen. Aber egal, sie würde ohnehin nicht viel mit ihm zu tun haben.

Der Vorstand des Fußballklubs hatte die Durchführung ihres Projekts beschlossen und abgesegnet. Sie würde testen, ob sich die Anzahl auftretender Weichteilverletzungen mithilfe eines speziellen Systems zur Fitnesskontrolle reduzieren ließ. Bailey arbeitete beim Training und bei Heimspielen der Jugendmannschaft mit deren Trainer Archie zusammen. Bisher waren die Ergebnisse sehr interessant.

„Hi, Bailey.“ John, einer der Spieler, klatschte sie ab.

„Hi, John. Wie geht es deinem Knöchel?“

„Hält ganz gut durch, danke.“ Er lächelte.

„Trägst du die Bandage noch?“

John nickte. „Ja, und ich mache auch die Übungen auf dem Wackelbrett, die Sie mir gezeigt haben.“

„Bailey hat ein paar Mal ausgeholfen, als dein Vorgänger krank war“, erklärte Archie Jared. „John hat sich vor ein paar Wochen den Knöchel verrenkt.“

„Die häufigste Verletzung beim Fußball“, fügte Bailey hinzu, um Jared Fraser zu zeigen, dass sie sich auskannte. Vielleicht war er ja der überholten Ansicht, dass Frauen von Sport keine Ahnung hatten.

„Er hat sich beim Laufen wegen einer Unebenheit auf dem Platz die Bänder an der Außenseite des Fußes verletzt. Mit den Übungen auf dem Wackelbrett senken wir das Risiko, dass er sich erneut eine solche Verletzung zuzieht.“

Wieder nickte Jared kurz, doch seine Miene blieb völlig ausdruckslos.

Na, super. Wie will er denn so eine Beziehung zu den Spielern aufbauen, dachte Bailey. Hoffentlich war sein Kommunikationsverhalten besser, wenn er im Arbeitsmodus als Arzt war! Schließlich brauchten die noch jungen Spieler Ermunterung und Unterstützung.

„Sie sollten vielleicht Ihre Handynummern und Mail-Adressen austauschen, falls Sie mal irgendetwas besprechen müssen“, sagte Archie.

„Das wird wohl kaum der Fall sein, aber von mir aus“, erwiderte Jared.

Bailey hätte ihn am liebsten geschüttelt, doch sie war sehr darauf bedacht, professionell aufzutreten. „Geben Sie mir einfach Ihre Nummer, dann schicke ich Ihnen meine Mail-Adresse“, sagte sie.

Als das erledigt war, zog sie ihren Laptop heraus. „Also, Jungs, ihr wisst ja Bescheid. Los geht’s!“

Nachdem die Spieler sich aufgestellt hatten, rief sie alle nacheinander auf und überreichte ihnen ein Gerät, das mit einem Brustgurt am Oberkörper befestigt wurde.

„Was genau ist das für ein Gerät?“, fragte Jared, als die Spieler sich aufzuwärmen begannen. „Ein aufgemotzter Schrittzähler? Wie diese teuren Dinger, die man am Handgelenk trägt und die einem erzählen, dass man dreimal nachts aufgewacht ist, die einem aber nicht verraten, warum – und auch nicht, was man dagegen tun kann?“

Er klang ausgesprochen feindselig. Was ist denn mit dem los, dachte Bailey und bemühte sich, höflich zu bleiben. „Ja, das Gerät misst die Anzahl der Schritte. Aber es registriert auch die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Spielers, seine durchschnittliche Schrittzahl pro Spiel, die durchschnittliche sowie die maximale Herzfrequenz und den VO2-Wert.“

Der VO2-Wert gab an, wie viele Milliliter Sauerstoff der Körper im Zustand der Belastung maximal verwerten konnte, und sagte damit etwas über die Ausdauerleistung aus. Je höher der maximale VO2-Wert, umso fitter war der Spieler.

Jared Fraser schnaubte verächtlich. „Den VO2-Wert kann man nur mit einer Gesichtsmaske über die Messung der Atemluft korrekt bestimmen.“

„Ja, es handelt sich um eine Schätzung“, gab Bailey zu. „Aber das Gerät ist weit mehr als nur ein aufgemotzter Schrittzähler.“ Er sollte ruhig merken, dass ihr seine abschätzige Bemerkung missfiel. Wenn er erst einmal richtig über das Gerät Bescheid wusste, würde sie sich gerne Verbesserungsvorschläge anhören. Aber momentan hatte er ja noch keine Ahnung.

„Das Ziel bei der ganzen Sache ist es, die Zahl der Weichteilverletzungen zu senken“, erklärte sie. „So haben die Spieler mehr Zeit für Training und Freizeit, weil sie sich nicht mehr so häufig von Verletzungen erholen müssen. Mit diesem System konnte bei einer Rugbymannschaft die Verletzungsquote um siebzig Prozent gesenkt werden. Deshalb hielt mein Chef es für sinnvoll, es auch in anderen Sportarten auszuprobieren.“

Sie lächelte ein wenig angestrengt. „Um eins klarzustellen: Ich will Sie nicht um Ihren Arbeitsplatz bringen, sondern Ihnen das Leben einfacher machen.“

„Haben Sie Medizin studiert?“, fragte er.

Oh Mann, dachte Bailey, rang sich jedoch erneut ein Lächeln ab. „Ja. Ich bringe gerne nächstes Mal mein Abschlusszeugnis mit. Sie können auch im Internet nach mir suchen: Ich biete dreimal in der Woche eine Sportmedizin-Sprechstunde im Victoria Hospital an, und an den anderen beiden Tagen arbeite ich an meinem Forschungsprojekt“, erläuterte sie. „Bei meinem letzten Forschungsprojekt ging es um Präventivmedizin. Da habe ich Patienten mit hohem Blutdruck dabei unterstützt abzunehmen und Muskeln aufzubauen. So konnten der Blutdruck und das Risiko von Herz-Kreislaufstörungen gesenkt werden.“ Sie konnte nicht anders und fügte hinzu: „Damit meine ich Herzanfälle und Schlaganfälle.“

Starr blickte Jared sie an. Archie hatte Bailey als „hübsches Ding“ bezeichnet, aber das war stark untertrieben. Mit ihrem herzförmigen Gesicht und den großen braunen Augen, die durch ihren Kurzhaarschnitt noch betont wurden, war Bailey einfach bildschön. Eigentlich sah sie eher aus wie eine Prinzessin aus dem Mittelmeerraum, nicht wie eine Ärztin.

Doch er hatte die Erfahrung gemacht, dass schöne Frauen oft für Kummer sorgten. Seine Ex Sasha hatte ihre Schönheit immer sehr berechnend eingesetzt, um ihren Willen zu bekommen. Das hatte er selbst schmerzlich erleben müssen. Mittlerweile war er ziemlich immun gegen große Augen und ein hübsches Lächeln. Doch nach der Art und Weise zu urteilen, wie der Trainer Bailey Randall ansah, schien auch sie ihr Aussehen ganz bewusst zu ihrem Vorteil zu nutzen – im Moment, um ihr albernes Gerät testen zu dürfen.

Aber zumindest konnte sie den Spielern damit nicht schaden. Informationen liefern, mit denen man wirklich etwas anfangen konnte, würde es aber sicher auch nicht.

Für den Fall, dass ein Spieler sich verletzte und behandelt werden musste, blieb Jared während des Trainings am Spielfeldrand. Doch es kam zu keinen Zerrungen, Verstauchungen oder ernsteren Verletzungen, noch nicht einmal zu Prellungen oder blauen Flecken.

Nachdenklich beobachtete er die Fußballer. Vor einem halben Leben war auch er so ein junger Hoffnungsträger gewesen, der als Profisportler Karriere machen und für sein Land hatte spielen wollen. Und tatsächlich hatte er es in den Nationalkader der U19-Fußballer geschafft, also in die Mannschaft der unter Neunzehnjährigen, und er hatte sogar bei Länderspielen mehrere Tore geschossen. Doch auch Bailey Randalls lächerliches kleines Gerät hätte ihn nicht vor der Knieverletzung bewahren können, die er sich bei einem Tackling zugezogen und die seine Karriere als Fußballer abrupt beendet hatte. Jared hatte stattdessen seine ursprünglichen Pläne weiter verfolgt, die Schule abgeschlossen und entsprechend der Familientradition Medizin studiert.

Wegen seiner Liebe zum Fußball hatte er dann als Mannschaftsarzt gearbeitet statt im Krankenhaus oder in der Praxis seiner Eltern. Die Hoch- und Tiefpunkte des Spiels, der Teamgeist der Spieler und der Jubel der Fans bei jedem Tor gefielen ihm noch immer.

Nach dem Training wandte sich Archie an Bailey: „So, jetzt sind Sie wieder dran.“

Ungläubig sah Jared, wie Bailey mit der Mannschaft Dehn- und Atemübungen aus dem Yoga machte.

Yoga auf dem Fußballplatz? Seiner Erfahrung nach wären fußballspezifische Übungen wesentlich sinnvoller. Neben Ballkontrolle waren auch Kraftausdauertraining und die Stärkung des Unterkörpers wichtig. Außerdem musste plötzliches Beschleunigen geübt werden.

Wenn Archie wollte, würde er schnell ein passendes Trainingsprogramm erarbeiten. Jared dachte an ein Warm-up für die ganze Mannschaft und dann ein gesondertes Programm für jeden Spieler, das individuell auf dessen Schwächen zugeschnitten war. Für die neuromuskuläre Koordination würde das wesentlich mehr bringen als Yoga.

Aber er wollte nicht unprofessionell wirken, indem er Bailey Randall vor der Mannschaft kritisierte. Also wartete er, bis die Jungs duschen gegangen waren. Dann ging er zu ihr und sagte: „Können wir uns kurz unterhalten?“

Überrascht blickte sie von ihrem Laptop auf. „Na klar.“

„Was genau verrät uns Ihre Trickkiste denn?“

„Das Gerät analysiert die individuelle Leistung. Ich kann Ihnen zu jedem Spieler ein Diagramm der letzten zehn Spiele und Trainingseinheiten zeigen. Außerdem zeigt es, wie die heutige Leistung im Vergleich zur Durchschnittsleistung des Spielers ausfällt.“

So weit, so gut. „Und was kann man dann daraus schließen?“

„Das Gerät registriert, wenn die Leistung eines Spielers unterdurchschnittlich ist“, erwiderte sie. „Zum Beispiel, weil er eine Erkältung bekommt, aber noch keine Symptome spürt. Und wenn ein Spieler angeschlagen ist, steigt das Risiko einer Verletzung, also sollte er nicht spielen.“

Jared sah Bailey skeptisch an. „Soll das heißen, Sie können vorhersagen, ob ein Spieler eine Erkältung bekommt?“

„Nein, aber auf Basis der Tagesleistung im Vergleich zum Durchschnitt der letzten zehn Einheiten kann ich sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er sich beim nächsten Spiel eine Verletzung zuzieht.“

„Aha.“ Jared war immer noch nicht überzeugt. Dann fragte er nach dem Punkt, der ihn besonders irritiert hatte: „Und was soll das mit dem Yoga?“

„Als Mannschaftsarzt und als Experte für Sportmedizin wissen Sie ja sicher, dass dynamisches Dehnen sinnvoller ist als statisches.“ Sie sah ihm fest in die Augen. „Aber da ich Ihnen offenbar beweisen soll, dass ich weiß, wovon ich rede: Dynamisches Dehnen bedeutet ständige Bewegung, wodurch Durchblutung, Kraft und Stabilität gesteigert werden. Außerdem kann man so an mehr als einer Muskelgruppe gleichzeitig arbeiten. Deswegen ist dynamisches Dehnen effizienter – es ahmt alltägliche Bewegungen nach. Man hält die Dehnung nur kurz, der Muskel lockert sich besser, und mit jeder Wiederholung wird der Bewegungsbereich verbessert.“ Sie zog die Augenbrauen hoch. „Zufrieden?“

Jared nickte. Sie kannte sich immerhin aus. Auch wenn das mit dem Gerät natürlich Quatsch war. „Und was ist mit den Atemübungen?“

Bailey stützte die Hände in die Hüften und sah ihn aufgebracht an. „Wollen Sie mir wirklich zu allem Löcher in den Bauch fragen? Das Projekt wurde bereits von Mr. Fincham genehmigt.“ Das war der Vorstandsvorsitzende des Vereins. „Wenn Sie ein Problem damit haben, dann müssen Sie mit ihm darüber reden.“

„Ich verstehe einfach nicht, was Yoga diesen Jungs nützen soll, die ein auf Fußball abgestimmtes Training brauchen.“

„Genau, es sind Jungs“, bekräftigte sie. „Sechzehn, siebzehn Jahre alt. Genau genommen, sind sie noch nicht erwachsen, und die meisten ihrer Altersgenossen gehen noch zur Schule oder machen eine Ausbildung. Es sind zwar keine Kinder mehr, aber erwachsen müssen sie erst noch werden. Als Profifußballer stehen sie zudem stark im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Medien warten doch nur auf ein Fehlverhalten der vermeintlich überbezahlten Fußballer.“

„Stimmt, aber was hat das mit Yoga zu tun?“

„Disziplin“, erwiderte sie knapp.

„Sie haben bereits genug Disziplin, um zum Training zu kommen und das zu tun, was Archie von ihnen fordert.“

„Auch das Halten der Yogastellungen und das Atmen erfordern Disziplin. Es ist also eine gute Übung und unterstützt Archies Arbeit mit ihnen. Außerdem hilft es beim Umgang mit Stress“, erklärte Bailey.

Das konnte Jared nicht so recht glauben.

Offenbar sah Bailey ihm seine Skepsis an, denn sie seufzte. „Wenn die Jungs von Fotografen, Reportern oder einfach von jemandem in der Disco oder in einem Klub genervt werden – jemandem, der sich als Held aufspielen will, weil er einen Profifußballer herausfordert und zusammenschlägt, dann müssen sie einfach nur daran danken, ruhig zu atmen und einen Gang runterzuschalten.“

„Hm“, machte er zweifelnd.

Sichtlich entgeistert hob sie die Hände. „Wissen Sie was? Denken Sie doch, was Sie wollen, Dr. Fraser. Auf meine Forschungsarbeit hat das keinerlei Einfluss. Wenn Sie gute Vorschläge dazu haben, wie man die Daten nutzen kann, oder Vorschläge für andere Messungen, die zum Analysieren der Leistung nützlich sein könnten, werde ich sie mir gerne anhören. Aber wenn Sie nur an allem herumnörgeln wollen, dann suchen Sie sich dafür jemand anderen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe nämlich viel zu tun.“

Bailey Randall schätzte es ganz offensichtlich nicht, wenn jemand sie hinterfragte. Und vom Nutzen ihres Projekts war Jared noch immer nicht überzeugt.

„Sicher haben Sie das“, sagte er. Ihm war bewusst, wie abschätzig das klang, aber in diesem Moment kümmerte es ihn nicht.

„Mann, was für ein Idiot“, hörte er sie beim Weggehen aufgebracht murmeln.

Natürlich hatte sie das Recht auf ihre Meinung, und auch Jared war von ihr nicht gerade begeistert. Aber sie würden das Beste daraus machen müssen, bis Archie und der Vorstandsvorsitzende einsehen würden, dass ihre sogenannte Forschungsarbeit absoluter Mumpitz war.

2. KAPITEL

„Einfach unmöglich, der Typ. So borniert und engstirnig!“ Frustriert stieß Bailey ihre Gabel in den Kuchen.

Als Joni nur lachte, sagte sie warnend: „Als meine beste Freundin solltest du mich unterstützen und aufbauen.“

„Natürlich“, beschwichtigte Joni sie. „Aber du bist doch die Königin der Endorphine. Du siehst sonst in jedem Menschen immer das Beste – und jetzt zeterst du plötzlich über jemanden. Der muss ja mächtig Eindruck auf dich gemacht haben!“

„Allerdings, und keinen guten“, bestätigte Bailey, noch immer aufgebracht.

Joni umarmte sie über den Tisch hinweg. „Dieser Jared Fraser hat dich wirklich aus dem Konzept gebracht.“

„Er hat jedes einzelne Detail meines Projekts hinterfragt!“

„Das ist immer noch besser, als es einfach abzuqualifizieren.“

„Genau das hat er aber getan! Er ist nämlich der Meinung, dass die Spieler nur fußballspezifisches Training absolvieren sollten.“

Joni hüstelte. „Du hast mir doch auch mal erzählt, das wäre am effektivsten!“

„Sie sollten aber auch noch andere Übungen machen“, erklärte Bailey. „Beim Yoga wird dynamisch gedehnt, was effektiver ist als statisches Dehnen. Außerdem fördert das Halten der Stellungen und das Atmen die Disziplin. Es tut den Jungs sehr gut und hilft ihnen, sich zu konzentrieren.“

„Wie wäre es, wenn Jared gemeinsam mit den Jungs die Yogaübungen machen müsste?“, schlug Joni vor. „Und ein paar zusätzliche Bretthaltungen?“

Bailey aß noch mehr Kuchen. „Ehrlich gesagt, ist das gar keine schlechte Idee. Er muss sich nämlich dringend ein bisschen entspannen, und dafür gibt es nichts Besseres als eine Übung wie den herabschauenden Hund und ein paar Atemlektionen.“

„Ich würde ja zu gerne miterleben, wie du ihm das vorschlägst!“

„Nein, würdest du nicht. Du findest es schrecklich, wenn Leute sich streiten. Und Jared kann mich nicht leiden.“

„Du ihn doch auch nicht“, entgegnete Joni.

„Natürlich nicht! Er ist unhöflich, arrogant und engstirnig. Wenn ich Männer wie ihn erlebe, bin ich froh, dass ich frei und ungebunden bin!“

Die Freundinnen wussten beide, dass es einen anderen Grund dafür gab, dass Bailey überzeugter Single war. Vor zweieinhalb Jahren war nach dem Scheitern ihrer Ehe ihr ganzes Leben in sich zusammengebrochen. Sie war einfach noch nicht bereit, das Risiko einer neuen Beziehung einzugehen. Und vielleicht würde sie das auch nie sein.

„Ich weiß nicht so recht, was ich zu dem Ganzen sagen soll.“ Wieder umarmte Joni ihre Freundin. „Außer, dass ich an dich glaube und dich lieb habe.“

„Ich dich auch“, erwiderte Bailey.

„Und ich mache mir Sorgen, dass du vielleicht einsam bist.“

„Weil du total verliebt bist. Und das ist ja auch gut so! Schließlich ist deine Hochzeit mit Aaron erst zwei Monate her. Und er ist so ein lieber Kerl!“

„Ich mache mir wirklich Sorgen um dich“, beharrte Joni ernst.

„Mir geht es gut“, versicherte Bailey und rang sich ein Lächeln ab. „Ich habe bloß heute Abend schlechte Laune. Und keine Silbe zu meiner Mum, hörst du? Sonst wird sie sofort behaupten, eigentlich würde ich Jared Fraser total attraktiv finden und das bloß nicht wahrhaben wollen.“

„Und, stimmt das?“, fragte Joni.

Bailey atmete hörbar aus. „Du bist wirklich die Einzige, der ich diese Frage verzeihe. Die Antwort lautet Nein. Vielleicht sähe er ganz gut aus, wenn er mal lächeln würde, und ich muss zugeben, dass er schöne Augen hat – ein Blau wie von Glockenblumen. Aber selbst wenn er so nett und lieb wäre wie Aaron, würde er mich nicht interessieren. Mir gefällt mein Leben genau so, wie es ist. Ich brauche niemanden, der es komplizierter macht.“

Ihre Worte klangen ein wenig leer, was Joni sicher nicht entging. Doch zu Baileys Erleichterung sagte ihre Freundin nichts weiter dazu, nicht einmal zu der albernen Bemerkung mit den Glockenblumen.

Nein, sie fand Jared Fraser nicht attraktiv. Im Gegenteil: Sie hätte ihn am liebsten heftig geschüttelt und ihm gesagt, er solle nicht so engstirnig sein.

Und das mit den Glockenblumen sollte sie lieber vergessen.

Vor dem nächsten Spiel führte Bailey eine Besprechung mit Archie, bei der es um die neuesten mit ihrer Software gemessenen Ergebnisse gehen sollte.

Wie sie halb erwartet hatte, war auch Jared da. Nach wie vor gab er sich mürrisch und schweigsam. Sein Problem, dachte Bailey. Sie hatte schließlich Wichtigeres zu tun.

„Travis’ Leistung ist unterdurchschnittlich“, sagte sie und zeigte den beiden Männern das entsprechende Diagramm auf dem Bildschirm ihres Laptops. „Vielleicht ist er in der letzten Woche zu oft spät ins Bett gegangen, vielleicht wird er aber auch krank. Auf jeden Fall empfehle ich, dass er heute nicht in der Mannschaft mitspielt.“

„Ich habe mir den Kader heute Morgen schon angesehen. Alle Spieler sind fit“, wandte Jared ein.

„Bei einem Spieler, dessen Leistung unterdurchschnittlich ist, ist das Risiko einer Weichteilverletzung erhöht“, erinnerte sie ihn.

„Nach Ihrer Theorie, die keinesfalls bewiesen ist. Wenn Sie jeden Spieler herausnehmen, der ein paar Schritte weniger macht als sonst, dann erleidet der natürlich keine Weichteilverletzung, einfach weil er nicht spielt. Und wenn Sie das jedes Mal so machen, wird die Auswahl an Spielern ziemlich klein werden – und die Gruppe der Spieler, die nicht ausreichend trainieren, um sich zu verbessern, wird ziemlich groß.“

„Wenn die Spieler verletzungsbedingt mehrere Wochen lang nicht trainieren können, hilft ihnen das ja wohl auch nicht dabei, sich zu verbessern“, entgegnete Bailey.

„Travis geht es gut.“ Jared verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie machen Theater wegen nichts und wieder nichts.“

„Nein, es geht ihm nicht gut.“ Sie verschränkte ebenfalls die Arme. „Aber das haben nicht wir zu entscheiden, sondern Archie.“

Dieser blickte vom einen zum anderen und seufzte. „Ich rede mal mit dem Jungen.“

Travis wollte offenbar unbedingt spielen, denn schon bald kam Archie zurück und verkündete, dass der Junge mit der Mannschaft antreten würde.

Wenn jetzt ein selbstzufriedener Kommentar von Jared kommt, schlage ich ihn, dachte Bailey.

Jared schwieg, doch sein Gesichtsausdruck sagte alles.

Verärgert setzte sich Bailey auf die Bank am Spielfeldrand und schrieb ihrer besten Freundin eine Nachricht.

Jared Fraser ist der selbstgefälligste, anmaßendste Mann im ganzen Universum!

Wenige Sekunden später piepste ihr Handy. Doch statt aufmunternder Worte von Joni war da eine Nachricht von Jared Fraser. Warum schrieb er ihr, obwohl er nur knapp zwei Meter von ihr entfernt saß?

Herodes?

Verwirrt schrieb sie zurück.

Das verstehe ich nicht.

Kurz darauf piepste ihr Handy erneut.

Ihre Nachricht von eben: Herodes Fraser ist der selbstgefälligste, anmaßendste Mann im ganzen Universum!

Nun begriff Bailey. Oh, nein. Sie hatte sehr schnell getippt und nicht bemerkt, dass die Autokorrektur – warum auch immer – „Jared“ in „Herodes“ geändert hatte. Und dann hatte sie auch noch den falschen Namen aus der Kontaktliste ausgewählt, in der sich Jared direkt über Joni befand. Nun wusste Jared Fraser also genau, was sie von ihm hielt. Wie unangenehm!

Autor

Kate Hardy
Kate Hardy wuchs in einem viktorianischen Haus in Norfolk, England, auf und ist bis heute fest davon überzeugt, dass es darin gespukt hat. Vielleicht ist das der Grund, dass sie am liebsten Liebesromane schreibt, in denen es vor Leidenschaft, Dramatik und Gefahr knistert? Bereits vor ihrem ersten Schultag konnte Kate...
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