Glühende Küsse unter griechischer Sonne

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Wie ein griechischer Gott sieht Akis Giannopoulos mit seinem athletischen Körper aus. Doch auch wenn sein Überraschungskuss verzehrende Leidenschaft in Raina weckt, muss sie ihm widerstehen. Zu groß ist ihre Angst, verletzt zu werden, wenn er erfährt, wer sie wirklich ist …


  • Erscheinungstag 26.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727376
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Chloe? Es tut mir leid, dass ich nicht deine Brautjungfer sein kann. Aber du weißt ja, warum.“

Ihre Freundin schwieg lange. Raina hatte ihren Job und trug seit dem Tod ihres Großvaters für so vieles die Verantwortung. Sie war die Erbin des milliardenschweren Maywood-Vermögens und ständig in den Schlagzeilen. Sobald sie ausging, hefteten sich die Paparazzi an ihre Fersen.

Chloe kam aus einer bekannten griechischen Industriellenfamilie, ein beliebtes Ziel der europäischen Paparazzi. Ihre Heirat würde die Topstory in Athen sein. „Wenn ich deine Brautjungfer bin, wird aus deinem großen Tag ein Medienrummel.“ Raina befürchtete, dass ihre Freundin dann nicht mehr im Mittelpunkt stehen würde. Das durfte sie nicht riskieren.

Zu viel war in der Zwischenzeit passiert. Es war acht Jahre her, dass Chloe während ihres letzten Schuljahrs bei Raina und ihren Großeltern gewohnt hatte. Aber sie waren per Telefon und Internet in Kontakt geblieben.

Vor drei Jahren war ihre Großmutter gestorben, und Chloe war mit ihren Eltern zur Beerdigung nach Kalifornien gekommen. Sie waren auch zur Beerdigung von Rainas Großvater angereist, der vor neun Monaten gestorben war. Die enge Freundschaft mit ihnen hatte ihr über ihre tiefe Trauer hinweggeholfen, und Chloes Eltern hatten sie gebeten, mit ihnen nach Griechenland zu kommen.

„Bitte sag, dass du es verstehst, Chloe. Ich möchte dich in deiner Freude nicht stören.“

„Das macht mir nichts aus.“

„Aber mir.“

Chloe seufzte resigniert. „Dann wohn wenigstens bei uns. Nach allem, was du damals für mich getan hast, wollen meine Eltern auch alles für dich tun, was sie können.“

„Wenn ihr erst in die Flitterwochen gefahren seid, verbringe ich sehr gern Zeit bei ihnen, bevor ich zurück nach Kalifornien fliege.“

„Bestimmt wollen sie, dass du mehrere Monate bleibst. Denk darüber nach. Wir könnten uns großartig amüsieren.“

„Ich überlege es mir. Erst einmal kann ich es kaum erwarten, auf eurem Empfang zu sein. Die Fotos, die du mir von dir im Brautkleid geschickt hast, sind fantastisch!“

„Aber du wirst mich nicht in der Kirche heiraten sehen.“

„Es ist besser so. Ich habe schon ein Zimmer im Diethnes Hotel reserviert. Chloe? Du hast deinem Verlobten doch nichts von meinen Plänen erzählt?“

„Nein. Ich schwöre es. Natürlich weiß er über dich Bescheid, aber er hat keine Ahnung, dass du nach Griechenland kommst.“

„Gut. So soll es bleiben. Das wird dein großer Tag! Ich fürchte, er wird dir verdorben, wenn die Presse herausfindet, dass ich dort bin. Später in diesem Jahr komme ich rüber, um ihn kennenzulernen. Oder ihr kommt nach Kalifornien.“

„Ich verspreche es. Er ist so toll, ich kann weder essen noch schlafen.“

„Das wundert mich nicht. Bis dann, Chloe.“

Raina legte auf. Vor sechs Jahren war sie genauso aufgeregt gewesen wie ihre Freundin. Während ihres Studiums hatte sie Byron Wallace kennengelernt, einen Autor. Nach einer stürmischen Romanze heirateten sie. Doch es dauerte nicht lange, bis sie merkte, wie egoistisch er war, und ihn verdächtigte, ihr untreu zu sein. Noch vor ihrem zweiten Hochzeitstag hatte sie Beweise und ließ sich von ihm scheiden, nur um kurz danach ihre Großmutter zu verlieren.

In tiefem Schmerz hatte sich Raina geschworen, nie wieder zu heiraten. Und das hatte sie ihrem geliebten Großvater gesagt, der an Magenkrebs gestorben war.

Als Chloe vor einem Monat wegen ihrer bevorstehenden Heirat angerufen hatte, war das für Raina eine wundervolle Überraschung gewesen. Seit dem Tod ihres Großvaters die einzige Neuigkeit, die wieder etwas Freude in ihr Leben brachte.

Der Leiter ihres Laborteams wusste, dass sie schon mehrere Jahre keinen Urlaub gemacht hatte. Er drängte sie, sich so lange freizunehmen, wie sie wollte. „Flieg nach Griechenland zu deiner Freundin“, hatte er gesagt. „Wir sind noch hier, wenn du zurückkommst.“

Vielleicht war sie einfach völlig gestresst nach allem, was sie vor ihrem Flug nach Athen noch hatte erledigen müssen. Jedenfalls hatte Raina rasende Kopfschmerzen. Sie brauchte ein Schmerzmittel. Sie holte ihren Koffer und verließ den Terminal, um ein Taxi zu finden.

„Das Diethnes Hotel, bitte“, sagte sie zum Fahrer. Der Mann im Reisebüro in Carmel-by-the-Sea, Kalifornien, hatte das preiswerte Hotel für sie gebucht. Von dort konnte sie zu Fuß zum Syntagma-Platz und in die Innenstadt gehen.

Chloe hatte sie gestern aus Athen angerufen und vor Freude über die herrlichen fünfundzwanzig Grad geschrien. Das perfekte Wetter für ihre Junihochzeit morgen. Die Familien Milonis und Chiotis waren prominent, deshalb versprach es eines der großen gesellschaftlichen Ereignisse des Sommers in Griechenland zu werden.

Als sie ausgepackt hatte, ging Raina wieder nach unten in die Hotelhalle und fragte, wo sie Kopfschmerztabletten kaufen könne. Der Rezeptionist sagte, im nächsten Häuserblock sei ein Laden, den viele amerikanische Touristen aufsuchten.

Raina dankte ihm und ging die Straße hinunter.

Akis Giannopoulos lächelte seinen besten Freund an. „Bist du bereit, den großen Schritt zu wagen?“

Theo grinste. „Du kennst die Antwort darauf schon. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich Chloe vor Monaten entführt und in aller Stille geheiratet. Aber ihre Mutter und meine hatten seit der Verlobung ihre eigenen Pläne. Auf der Gästeliste stehen an die tausend Leute.“

„Du bist ein Glückspilz.“ Akis freute sich für ihn. „Kann ich noch irgendetwas für dich tun, bevor aus dir ein verheirateter Mann wird?“

„Du hast mehr als genug getan, indem du mir geholfen hast, die ganzen Hotelzimmer für unsere auswärtigen Gäste zu reservieren. Fahr zum Penthouse. Ich brauche morgen einen ausgeruhten Trauzeugen. Kommt dein Bruder?“

„Vasso hat vorhin angerufen. Er schafft es zur Trauung, aber dann muss er zurück zur großen Einweihung, deshalb wird er auf dem Empfang nicht dabei sein.“

„Schon klar. Wir sehen uns am Morgen in der Kirche?“, fragte Theo.

Akis umarmte ihn. „Nichts wird mich davon abhalten.“

Sie waren seit Langem befreundet. Natürlich freute sich Akis für Theo, doch er würde die Kameradschaft vermissen, die sie als Junggesellen miteinander geteilt hatten. Sie hatten so vieles gemeinsam unternommen, dass Akis ein echtes Gefühl des Verlustes empfand.

Jetzt würde Theo immer mit Chloe zusammen sein. Sich in sie zu verlieben hatte ihn verändert. Er freute sich so auf die Ehe. Akis wunderte sich darüber. Wie konnte sein Freund sicher sein, dass Chloe zu heiraten das Richtige für ihn war?

Heirat bedeutete eine lebenslange Bindung. Die Frau müsste unglaublich toll sein. Akis konnte sich überhaupt nicht vorstellen, so eine Frau je zu finden.

Er verließ die Bank, die Theos Familie schon seit Jahrzehnten besaß. Sich bewusst, dass er einfach schlecht drauf war, beschloss er, ein Stück zu Fuß zu gehen, um seinen Frust loszuwerden. Nach der Hochzeitsprobe an diesem Morgen brauchte er Bewegung. Touristen waren in die Stadt geströmt. Auf dem Weg zum Giannopoulos-Komplex sah er Besucher aller Art. Als er um eine Ecke bog, stieß er fast mit einer schönen Frau in Jeans und T-Shirt zusammen.

„Entschuldigung.“ Akis wich gerade noch rechtzeitig aus.

Sie murmelte etwas, was er nicht verstand. Einen Moment lang konnten sie den Blick nicht mehr voneinander abwenden. Akis war, als hätte er plötzlich einen kleinen Stromschlag bekommen. Sie musste es auch gespürt haben, denn ihre blauen Augen wurden dunkler. Das Letzte, was er von ihr sah, bevor sie um die Ecke bog, war ihr halblanges, welliges rotblondes Haar, das in der Sonne schimmerte.

Raina ging langsamer, schockiert über das, was gerade passiert war. Vielleicht war sie wegen ihrer schlimmen Kopfschmerzen beinahe in den Mann hineingelaufen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einen so schönen Mann gesehen. Nicht in ihren kühnsten Träumen hätte sie so ein Prachtexemplar hervorzaubern können.

Sie brauchte ein Schmerzmittel, und zwar schnell!

Zum Glück war das Ladenschild auf Griechisch und Englisch. „Alpha/Omega 24. Alles von A bis Z.“ Auf einem Warnschild gleich hinter dem Eingang stand in beiden Sprachen „Vorsicht, Rutschgefahr!“

Raina tappte in ihren Sandalen über den frisch gewischten Boden zum Tresen. Der Verkäufer, wahrscheinlich im Studentenalter, half ihr, die rezeptfreien Medikamente zu finden. Nachdem sie ein Schmerzmittel und dazu noch eine Flasche Mineralwasser ausgewählt hatte, folgte sie ihm zurück zum Tresen, um zu bezahlen. Während sie wartete, öffnete sie die Wasserflasche und nahm zwei Tabletten.

Als sie zum Ausgang ging, rutschte sie aus und fiel hin. Schmerz strahlte von ihrem Knöchel aus. Schnell kam der Verkäufer hinter der Ladentheke hervor und half ihr auf. Raina versuchte zu stehen, doch es tat wirklich weh. Der junge Mann eilte ins Hinterzimmer und brachte ihr einen Stuhl.

„Ich rufe einen Krankenwagen.“

„Ich glaube nicht, dass das nötig ist.“

„Dies ist unsere Schuld. Sie bleiben da.“

Sie kam sich dumm vor, während sie dort saß und Kunden kamen und gingen, die von dem anderen Verkäufer bedient wurden, der den Boden gewischt hatte. Nach wenigen Minuten fuhr der Krankenwagen vor. Inzwischen hatte Raina ein paar Fragen beantwortet, die der Verkäufer ihr gestellt hatte, um das Unfallmeldeformular auszufüllen.

Weil sie inkognito reiste, gab sie den Namen ihrer Großmutter an. Zu ihrem Entsetzen hatte sich vor dem Laden eine kleine Menschenmenge versammelt. Toll! Genau das, was sie nicht wollte. „Danke“, sagte sie zu dem Verkäufer, bevor ihr einer der Sanitäter in den Krankenwagen half. „Sie sind sehr freundlich gewesen.“

Zwei Stunden später war ihr Fuß bandagiert. Sie musste ihn mit Eispackungen kühlen und hochlegen, damit die Schwellung zurückging. Der Arzt in der Notaufnahme versah sie mit Krücken und schickte sie damit nach draußen in ein Taxi. Die Rechnung werde der Laden übernehmen, sagte er zu ihr.

Nach dem Hochzeitsempfang würde sie dafür sorgen, dass ihre Versicherung dem Laden das Geld erstattete. Schließlich war der Unfall ihre Schuld. Fürs Erste musste sie sich hinlegen und beim Zimmerservice Eis und etwas zu essen bestellen. Wirklich verrückt, dass sie an Krücken zu dem Empfang gehen musste. Aber egal wie, sie würde die Feier ihrer Freundin auf keinen Fall verpassen.

Noch verrückter war, dass sie nur an den Mann denken konnte, mit dem sie fast zusammengestoßen wäre. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Athen war voller Menschen. Wie war es möglich, dass ihr ein einziger Mann den Atem raubte, nur weil sie ihn kurz ansah?

Mit einem Glas Champagner in der Hand stand Akis am Tisch eins, um einen Trinkspruch auf das Brautpaar auszubringen. „Theo Chiotis hat mir eine große Ehre erwiesen, als er mich gebeten hat, sein Trauzeuge zu sein. Einen besseren Freund kann ein Mann nicht haben.“ Bis auf Vasso, natürlich. „Nachdem ich Chloe kennengelernt habe, darf ich vorbehaltlos sagen, eine liebenswertere Frau kann ein Mann nicht heiraten. Auf Theo und Chloe. Mögt ihr immer so glücklich sein wie heute.“

Die Gäste klatschten Beifall, und dann brachten andere Freunde des Brautpaars Trinksprüche aus. Akis war dankbar, dass seine Rolle bei dieser langen Hochzeitsfeier offiziell vorbei war. Er würde anstandshalber noch eine Weile bleiben, bevor er sich aus dem luxuriösen Ballsaal des Hotels schlich und zum Penthouse fuhr.

Wie entsetzlich, eine Frau so zu lieben, dass man einen derart anstrengenden Tag für sie durchstand. Niemand schätzte Frauen mehr als er, aber das Unternehmen, das er zusammen mit dem dreißigjährigen Vasso führte, hielt ihn zu sehr in Atem, um mehr als eine oberflächliche Kurzzeitbeziehung zu haben.

Akis beglückwünschte sich dazu, im Alter von neunundzwanzig Jahren noch nicht verheiratet zu sein. Aber Theos Hochzeit ließ ihn in Zweifel ziehen, was mit ihm und seinem Bruder passierte. Sie waren seit ihrer Jugend Geschäftsleute. Bis jetzt hatte keine feste Beziehung ihr Leben gestört, und sie hatten ihren Traum wahr machen können, reich zu werden. Inzwischen besaßen sie eine Einzelhandelskette mit Geschäften überall in Griechenland und hatten eine Stiftung mit zwei Zentren gegründet, einem in Griechenland und einem in New York City.

Dass Vasso und er aus armen Verhältnissen stammten, trieb sie beide ständig an zu arbeiten, damit sie nie wieder hungern mussten. Leider hatte ihr Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär auch seine Schattenseiten. Vasso und er trauten den Frauen nicht, die in ihr Leben kamen. Sie wurden misstrauisch, wenn sie Frauen begegneten, die sie scheinbar ohne Interesse an ihrem Geld um ihrer selbst willen liebten.

Er dachte an die Worte, die er eben an die Gäste gerichtet hatte. Was er über Chloe gesagt hatte, war ernst gemeint. Sie war nett und passte zu Theo, der auch eine gewinnende Art hatte. Beide kamen aus der Oberschicht, deshalb konnten sie darauf vertrauen, dass keiner von ihnen irgendwelche Hintergedanken hegte. Wenn zwei Menschen es schaffen konnten, ein Leben lang glücklich zusammen zu sein, dann diese beiden.

Gelegentlich spürte Akis den Blick der Brautjungfer auf sich ruhen. Althea Loris war eine von Chloes Freundinnen, eine sehr glamouröse Frau, die noch ungebunden war. Sie hatte auf mehreren Partys vor der Hochzeit versucht, ihn in Beschlag zu nehmen. Althea kam aus einer guten Familie mit durchschnittlichem Einkommen, aber Akis merkte, wie sehr sie eine Hochzeit in diesem Stil hier wollte.

Selbst wenn er sich zu ihr hingezogen gefühlt hätte, er hätte sich gefragt, ob sie wegen seines Geldes an ihm interessiert war. Es war nicht fair, über sie zu urteilen, aber er konnte sein Bauchgefühl nicht ignorieren. Nichts wünschte er sich mehr, als dass eine Frau einfach ihn liebte und nicht sein Geld. So unvollkommen er auch war. Vasso und er waren in eine Familie hineingeboren worden, in der man von seiner Hände Arbeit lebte. Eine ordentliche Ausbildung war undenkbar gewesen. Er hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, bis zu dem Sommer, bevor er seinen Militärdienst leisten musste.

Eine italienische Touristin hatte in dem Laden, in dem er arbeitete, mit ihm geflirtet. Er sprach kein Italienisch und Fabrizia kein Griechisch, aber sie kamen mit ganz passablem Englisch zurecht. Er fand sie attraktiv und ging mit ihr schwimmen, wenn er sich eine Stunde freinehmen konnte. Als ihr Urlaub zu Ende ging, war er bis über beide Ohren in sie verliebt und wollte wissen, wann sie wiederkommen würde.

Fabrizia hatte ihn leidenschaftlich geküsst und dann gesagt, sie würden sich nicht wiedersehen. Sie würde bald einen der Anwälte heiraten, die in Rom für ihren Vater arbeiteten. „Aber ich werde niemals meinen schönen Jungen aus dem Lebensmittelgeschäft vergessen. Warum kannst du nicht der Anwalt sein, den meine Eltern für mich ausgesucht haben?“

Nicht nur sein Stolz war verletzt, ihre Frage hatte ihm auch seine Unzulänglichkeiten bewusst gemacht. Unzulänglichkeiten, die die Reichen von den Armen trennten. Seit damals hatte Akis mehrere Beziehungen gehabt, doch sie waren nie so weit gegangen, dass er heiraten wollte.

Zum Glück waren die Reden fast vorbei. Chloes Vater sprach als Letzter und riet am Ende seiner Rede allen, den Rest des Abends zu genießen und zu tanzen.

Theo führte Chloe auf die Tanzfläche. Bald schlossen sich ihnen andere Paare an. Akis wusste, was von ihm erwartet wurde. Er sollte Althea auffordern, die nichts mehr herbeisehnte, als in seinen Armen zu tanzen.

„Ich warte schon den ganzen Tag darauf, Akis.“

Ihm war klar, was sie damit meinte, worauf sie hoffte. Aber er konnte sich nicht zwingen, an ihr interessiert zu sein. Der lange, anstrengende Hochzeitstag war fast überstanden. Akis wollte gehen, doch er musste seine Worte sorgfältig wählen. „Leider habe ich noch zu arbeiten.“

„Heute Abend?“

„Meine Arbeit hört nie auf.“ Er tanzte mit ihr zum Tisch ihrer Eltern und ließ sie los. „Danke, Althea. Theo hat mich gebeten, mich unter die Gäste zu mischen. Wenn du mich entschuldigen würdest, mit einer anderen Dame sollte ich noch tanzen, bevor ich gehe.“ Die Lüge war ihm gerade eingefallen.

Um zu beweisen, dass er nicht geschwindelt hatte, suchte er auf dem Weg durch den Ballsaal nach irgendeiner Frau ohne Begleiter, die er zum Tanzen auffordern konnte.

An dem runden Tisch gleich neben den hinteren Türen sah er eine Frau allein sitzen. Ihr gegenüber saß noch ein Paar, doch sie schienen nicht zusammenzugehören. Akis wusste, dass Althea ihn weiter beobachtete. Er ging auf die Fremde zu. Vielleicht wartete sie auf ihren Partner, aber er würde es riskieren.

Näher jetzt, erkannte er klassische Gesichtszüge und fantastisches goldblondes Haar mit einem Hauch von natürlichem Rot. Bisher hatte er nur eine einzige Frau mit dieser Haarfarbe gesehen. Ihm stockte der Atem. Sie trug ein hellblaues Kostüm und eine Halskette mit einem kleinen Emailmedaillon. Er schätzte sie auf Mitte zwanzig. Er sah keine Ringe.

Akis sprach sie an. „Entschuldigen Sie. Ich habe gesehen, dass Sie für den Moment allein sind. Als Trauzeuge dieser Hochzeit würde ich gern mit Ihnen tanzen.“

Sie hob den Blick zu ihm.

Diese Augen. Dieselben, in die er gestern gesehen hatte, aber heute Abend stellte Akis fest, dass sie lavendelblau waren, und er verlor sich in ihnen.

„Tut mir leid, ich spreche kein Griechisch.“

Wie kam diese amerikanische Schönheit auf Theos Hochzeitsempfang? Akis wechselte ins Englische. „Wir sind uns gestern auf der Straße begegnet.“

„Ich erinnere mich, dass ich fast mit Ihnen zusammengestoßen bin“, sagte sie. Zufrieden bemerkte er, dass an ihrem Hals ein Nerv zuckte. Sie war ebenso aufgeregt wie er über dieses unerwartete Zusammentreffen. „Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hingehe.“

Er lächelte. „Kein Problem. Ich habe Sie eben zum Tanzen aufgefordert, aber vielleicht warten Sie auf den Mann, mit dem Sie gekommen sind.“

Eine zarte Röte stieg ihr in die Wangen. „Nein. Ich bin allein gekommen. Ich wollte gerade los, trotzdem danke für die Einladung.“

Nein, ein zweites Mal würde er sie nicht gehen lassen. „Für einen Tanz mit mir haben Sie doch sicherlich noch Zeit? Ich muss gerettet werden.“

„Wo ist Ihre Frau?“

„Ich bin nicht verheiratet und war es noch nie. Und eine Freundin habe ich seit Monaten nicht mehr gehabt.“ Das war die Wahrheit.

„Wer war dann die Frau mit dem langen schwarzen Haar, mit der Sie eben getanzt haben?“

Also hatte sie ihn dabei beobachtet. „Sie ist die Brautjungfer. Es wäre unhöflich gewesen, als Theos Trauzeuge nicht mit ihr zu tanzen.“

Sie beugte sich zur Seite, hob ein Paar Krücken vom Boden auf und stellte sie hochkant. „Ich tue Ihnen jetzt einen Gefallen und verlasse den Ballsaal. Es sei denn, Sie möchten, dass ich mit einer davon Ihren Fuß aufspieße.“

Ihr leicht spöttisches Lächeln ließ seinen Puls rasen. Sie musste sich verletzt haben, nachdem sie einander begegnet waren. Ihr triftiger Grund, ihm einen Korb zu geben, ließ sein Verlangen, sie näher kennenzulernen, nur noch größer werden. Denn nur aus Angst, sie zu erschrecken, war er ihr gestern nicht nachgegangen.

Er nahm ihr die Krücken ab und wartete, bis sie aufgestanden war. Sie war etwa einen Meter siebzig groß und hatte verführerische Rundungen und schlanke Beine. Sein Blick fiel auf ihren linken Knöchel, der bandagiert war. Sie trug eine Sandale und am anderen Fuß einen Schuh mit flachem Absatz.

„Danke.“ Sie griff nach den Krücken. Ihr zarter Duft überfiel seine Sinne. „Warum fordern Sie nicht die Frau an meinem Tisch zum Tanzen auf? Ihr Partner hat sicher nichts dagegen.“

„Ich möchte lieber Ihnen auf Ihr Zimmer helfen.“

„Ich wohne nicht hier.“

Das war ja interessant. Er hatte mit Theo für alle auswärtigen Gäste Zimmer in diesem Hotel gebucht. „Dann begleite ich Sie nach draußen und bringe Sie hin, wohin Sie wollen.“

„Es wäre nett, wenn Sie mir ein Taxi herbeiwinken würden. Ich sehne mich danach, in mein Hotel zu kommen und mein Bein hochzulegen.“

„Ich weiß etwas Besseres.“ Akis ging mit ihr aus dem Ballsaal und durch die Hotelhalle. Auf dem Weg rief er seinen Fahrer an und sagte ihm, er solle zum Eingang kommen.

Draußen wurden sie vom Blitzlichtgewitter der Paparazzi geblendet. Chloes und Theos Hochzeit würde es in die Zehn-Uhr-Nachrichten im Fernsehen schaffen, mit den Videoaufnahmen der TV-Nachrichtenteams, die vor dem Hotel die prominenten Gäste des Empfangs filmten.

Die Paparazzi wollten wissen, wer die schöne Frau an seiner Seite war. Akis hasste die Aufmerksamkeit, obwohl er daran gewöhnt war. Er ging mit ihr weiter auf die Limousine zu, ohne die Fragen zu beantworten, und nahm die Krücken, damit sie einsteigen konnte. Dann folgte er ihr und zog die Tür zu. „Sind Sie okay?“

„Ja. Und Sie?“

„Jetzt ja. Die Presse ist gnadenlos. Sagen Sie mir, wo Sie wohnen, dann gebe ich es an den Fahrer weiter.“

„Im Diethnes.“

Viele Touristen mit knappem Budget buchten Zwei-Sterne-Hotels wie das. Akis gab seinem Fahrer Anweisungen, und sie ließen das Grand Bretagne hinter sich. „Wann hatten Sie Zeit, sich den Knöchel zu verletzen?“

Sie seufzte verärgert. „Direkt nachdem wir uns auf dem Bürgersteig begegnet sind. Ich war auf dem Weg in ein Geschäft, um Kopfschmerztabletten zu kaufen. Drinnen bin ich dann auf dem nassen Boden ausgerutscht. Es war allein meine Schuld, ich habe nicht aufgepasst. Der Verkäufer war unglaublich freundlich und hat einen Krankenwagen gerufen.“

Akis dachte darüber nach. War sie wegen der Verletzung nur auf dem Empfang und nicht bei der Trauung gewesen? Wenn sie in der Kirche gewesen wäre, hätte er während der Trauung nicht die Augen von ihr abwenden können.

„Haben Sie Schmerzen?“

„Keine starken. Es ist eher ein dumpfes Ziehen.“

„Es tut mir leid, dass Sie ausgerechnet am Tag vor der Hochzeit hingefallen sind.“

„Das Leben ist schon komisch, stimmt’s? Man weiß nie, was passiert, wenn man morgens aufsteht.“

Ihr gequälter Ton machte ihn neugierig. „Wie wahr. Als ich losgefahren bin zur Hochzeit, wusste ich nicht, dass ich die bezaubernde Fremde treffen würde, die mir gestern auf der Straße begegnet ist.“

„Oder dass die Brautjungfer hinter Ihnen her ist“, sagte sie trocken. „Täusche ich mich, oder haben Sie die Flucht ergriffen?“

„Das haben Sie bemerkt?“

„Es war schwer, es nicht zu tun. Ein Mann mit Ihrem Aussehen und ohne Ehering muss sich wahrscheinlich vor unzähligen Frauen retten.“

„Mein Aussehen?“

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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