Heiß wie die Sonne von El Bahar

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Zwei Welten prallen aufeinander, als die schöne Lehrerin Liana am Flughafen von El Bahar dem feurigen Malik Khan begegnet. Sie ahnt nicht, was der Kronprinz bei Blick in ihre veilchenblauen Augen beschließt. In seinem Palast will er sie zu seiner Prinzessin machen...


  • Erscheinungstag 26.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733779566
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Mommy, guck mal!“

Liana Archer blickte von dem Liebesroman auf und starrte aus dem Fenster des Flugzeugs. Sie sah einen strahlend blauen Himmel, eine erbarmungslose Sonne und etwa ein Dutzend Männer auf Pferden. „Keine Angst, Bethany“, sagte sie geistesabwesend. „Das ist nur …“

Erschrocken verstummte sie und riss die Augen weit auf. Männer auf Pferden? Als der Pilot verkündet hatte, dass sie ein paar Minuten verspätet am Gate eintreffen würden, hatte sie angenommen, dass es sich um ein technisches Problem handelte. Nicht im Traum hätte sie daran gedacht, dass sie von einer Gruppe Eingeborener überfallen wurden.

Instinktiv zog sie ihre neunjährige Tochter an sich. „Es wird alles gut“, sagte sie mit einer Ruhe, die sie keineswegs verspürte.

Andere Passagiere hatten die Männer ebenfalls entdeckt. Stimmengemurmel erhob sich. Mehrere Frauen begannen zu schreien. Lianas Herz pochte heftig, und ihr Atem beschleunigte sich derart, dass sie in Ohnmacht zu fallen fürchtete. Was ging da vor sich? Ihr war versichert worden, dass El Bahar das sicherste Land im Nahen Osten und der König ein aufrechter, von seinem Volk geliebter Herrscher war. Sie hatte diesen Informationen geglaubt. Andernfalls hätte sie sich und ihre Tochter niemals dem Umzug bis ans andere Ende der Welt ausgesetzt.

Die Passagiere duckten sich auf ihren Sitzen, als die Eingeborenen an Bord kamen.

Zum Glück sitzen wir ganz hinten, dachte Liana, während sie sich nach dem nächsten Notausgang umblickte.

„Mommy?“ Bethanys Stimme klang zittrig, und ihr Gesicht war kreidebleich. „Müssen wir jetzt sterben?“

„Natürlich nicht.“ Liana strich ihr das blonde Haar aus der Stirn und küsste sie auf die Wange. „Bestimmt gibt es eine logische Erklärung dafür, und wir werden …“

Mehrere große, dunkle Männer in Roben und mit Kopfbedeckung stürmten die Kabine. Sie schienen nach jemandem zu suchen.

„Was wollen Sie?“, verlangte ein Passagier zu wissen und stand auf. „Wenn Sie Geiseln wollen, lassen Sie wenigstens die Frauen und Kinder gehen.“

Die Eingeborenen ignorierten ihn. Etwa in der Mitte des Flugzeugs blieben sie stehen. Einer von ihnen griff nach einer jungen Frau und zog sie vom Sitz. Nach einem Wortwechsel, den Liana nicht verstehen konnte, wurde die Frau abgeführt.

Aufgeregte Stimmen erhoben sich. Schreie hallten durch die Kabine.

„Ruhe, bitte!“, rief eine laute Männerstimme über den Lärm der hysterischen Passagiere hinweg.

Liana blickte auf und sah einen der Einheimischen vorn in der Kabine stehen. Er war größer als die anderen und auf exotische Weise gut aussehend. Mit gespreizten Beinen stand er da, und seine zurückgeschlagene Robe enthüllte eine Pistole an seinem Gürtel. Sie schluckte schwer und suchte sich mit dem Gedanken zu trösten, dass Erschießung zumindest ein schneller Tod war.

„Ich entschuldige mich für die Ängste, die Sie ausgestanden haben“, sagte der Mann. „Einige der jüngeren Männer haben sich zu sehr für ihren Auftrag engagiert und das Spiel zu ernst genommen.“

Er verbeugte sich tief. Als er sich wieder aufrichtete, lächelte er, und sein Gesicht wirkte nicht länger unnahbar, sondern faszinierender, als gesetzlich erlaubt sein sollte.

„Ich bin Malik Khan, Kronprinz von El Bahar. Willkommen in meinem Land. Was Sie gerade gesehen haben, war keine Entführung, und es war kein Leben in Gefahr. Eine junge Amerikanerin, die im Palast angestellt ist, wurde von ihrem Verlobten aus dem Flugzeug gerettet.“ Er deutete zur Linken aus dem Fenster. „Wie Sie beobachten können, ist sie sehr erfreut über die Geschehnisse.“

„Kannst du es sehen?“, flüsterte Bethany.

Liana reckte den Hals und blickte auf der anderen Seite des Flugzeugs aus dem Fenster. Die junge Frau, die aus dem Flugzeug geführt worden war, lag in den Armen eines Mannes und wirkte überglücklich. „Sie küssen sich. Der Mann scheint recht zu haben. Es war nur ein Spaß, der außer Kontrolle geraten ist.“

Grinsend legte Bethany sich eine Hand auf die Brust. „Ich dachte schon, mein Herz würde aus meiner Brust springen.“

Liana lächelte. „Ich auch, Kind. Da hätten sie zappelnd auf dem Fußboden gelegen.“ Sie demonstrierte es mit einer zuckenden Handbewegung.

Bethany kicherte.

„Also hast du dich erholt, junge Dame? Du fürchtest nicht mehr, El Bahar zu betreten?“

Gleichzeitig drehten sie sich zum Gang um. Der große Prinz stand neben ihren Sitzen. Bethany starrte zu ihm auf. „Ich würde El Bahar gern sehen, aber nicht, wenn Sie uns die Köpfe abhacken.“

Er zwinkerte ihr zu. „Mir gefällt dein Kopf, wo er ist. Ich verspreche, dass du hier in Sicherheit sein wirst. Wenn dich jemand belästigt, dann sag ihm, dass du den Kronprinzen persönlich kennst.“

Mit großen Augen blickte sie ihn an. „Sind Sie ein richtiger Prinz? Wie in Aschenputtel?“

„Genau so einer.“ Er wandte sich ein Liana. Gerade wollte sie ihm ein höfliches Lächeln schenken und ihm versichern, dass es auch ihr gut ging, als sich ihre Blicke begegneten und einander gefangen hielten.

Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht, und sie spürte deren Wirkung bis hinab in die Zehenspitzen. Obwohl sie die vernünftigste Frau war, die sie kannte, spürte sie eine heftige Anziehungskraft. In ihr erwachte ein überwältigender Drang, diesen Fremden anzuflehen, sie zu berühren und zu küssen – geradewegs in diesem Flugzeug. Es schien, als wäre ihr eine Überdosis einer Liebesdroge verabreicht worden. Sie konnte nicht sprechen, konnte kaum atmen.

Zum Glück lächelte der Prinz nur und kehrte wortlos in den vorderen Bereich zurück.

„Wow! Der ist aber cool“, flüsterte Bethany verklärt. „Ich habe einen lebendigen Prinzen kennen gelernt! Er ist viel netter, als ich dachte. Findest du, dass er gut aussieht, Mommy?“

„Ja, das finde ich“, gestand Liana ein. Beide beobachteten, wie er von Bord ging. Die Tür wurde geschlossen, und das Flugzeug rollte zum Gate. Als sie ihren Liebesroman im Handgepäck verstaute, musterte sie den Einband und dachte dabei, dass der Inhalt ansteckend sein musste. Denn einen flüchtigen Moment lang hatte sie sich wie die Heldin zu einem großen, dunklen, unerreichbaren Mann hingezogen gefühlt.

Nur eine Verirrung, sagte sie sich, während sie und Bethany sich in der trägen Schlange zur Gepäckausgabe begaben. Der lange Flug, die Angst oder der Genuss von zu viel Kaffee musste einen Schalter in ihrem Gehirn betätigt haben. Das war die einzige Erklärung für ihre spontane, überwältigende Zuneigung zu einem Fremden.

Vierzig Minuten später, als Liana und Bethany an der Zollabfertigung warteten, trat ein schmächtiger Mann zu ihnen. „Würden Sie bitte mitkommen?“, bat er und bückte sich bereits nach einem ihrer Koffer.

„Was tun Sie denn da?“, fragte Liana schroff. „Fassen Sie das nicht an.“

Die Zollabfertigung befand sich in einem großen klimatisierten Raum. Obwohl die Schlangen an den Schaltern lang waren, ging es zügig voran. Gerade wollte sie einen der Sicherheitsbeamten rufen, die durch die Menge patrouillierten, als sich der kleine Mann entschuldigend verbeugte.

„Ich wurde geschickt, um Sie zu einer kürzeren Schlange zu führen“, erklärte er. „Da Sie ein Kind bei sich haben, möchten wir Ihnen lange Wartezeiten ersparen. Gleich da drüben.“ Er deutete zu einem einsamen Zollbeamten am anderen Ende des Gebäudes.

Liana fragte sich, warum niemand sonst diesen Schalter wählte. Sie hob den Blick und sah ein Schild mit der Aufschrift: Staatsbesucher und Residenten. „So gern ich es mir auch anders wünsche“, entgegnete sie mit einem freundlichen Lächeln, „bin ich weder Staatsbesucher noch Resident. Aber vielen Dank für das Angebot.“

Der kleine Mann presste die dünnen Lippen zusammen. Er hatte dunkle Augen und einen spärlichen Bart, und er trug einen vorzüglich geschneiderten Anzug. „Bitte, Madam. Wir wären Ihnen gern zu Diensten.“

Ein uniformierter Sicherheitsbeamter trat zu ihnen. „Es ist wirklich in Ordnung, Madam. Wir bemühen uns nur, den Prozess zu beschleunigen.“

„Wenn Sie meinen“, sagte Liana zweifelnd. Sie gestattete den beiden Männern, Besitz von ihrem Gepäck zu ergreifen und zu dem Zollbeamten vorauszugehen.

„Wieso wolltest du nicht zu dem Schalter gehen?“, wollte Bethany wissen. „Hättest du lieber hier Schlange gestanden?“

„Okay, okay, ich wollte nur vorsichtig sein.“

Sie warteten, während der uniformierte Beamte ihre Pässe prüfte. Liana blickte sich um und stellte überrascht fest, dass sie die Einzigen an diesem Schalter waren. Sie wandte sich an den kleinen Mann. „Ich verstehe das nicht. Warum ich und niemand sonst?“

„Weil ich es angeordnet habe.“

Auf Anhieb erkannte Liana die tiefe, sonore Stimme. Noch bevor sie sich zu dem Mann umdrehte, stellten sich ihre Nackenhaare auf. Sie war müde, hungrig und vierundzwanzig Stunden lang mit ihrer neunjährigen Tochter um die halbe Welt gereist. Sie war nicht in der Stimmung, als Spielball behandelt zu werden – nicht einmal von ihrem eigenen Körper.

Doch all ihr Widerstand vermochte nicht die Woge der Hitze oder das Zittern in ihren Gliedern zu vertreiben. Sie hob den Blick, geradewegs zu dem hübschen Gesicht von Malik Khan, Kronprinz von El Bahar.

Er verbeugte sich tief. „Wir sind uns noch nicht offiziell vorgestellt worden. Ich bin Prinz Malik, und Sie sind …?“ Er griff nach ihrem Pass.

„Liana Archer. Das ist meine Tochter, Bethany.“

„Hi.“ Bethany strahlte ihn an. „Leben Sie in einem richtigen Palast?“

„Natürlich. Mit meinen beiden Brüdern und deren Frauen. Viele Prinzen und Prinzessinnen. Ach ja, und mit meinem Vater, dem König von El Bahar.“

„Und Sie haben ganz viel Gold und eigene Pferde, und alle Leute verbeugen sich dauernd vor Ihnen?“

Malik grinste. „Nicht so viel Gold, wie wir gern hätten, und die Leute verbeugen sich nicht mehr so oft. Es wäre sehr schwierig für sie, ihre Arbeit zu verrichten, wenn sie sich ständig verbeugen würden.“ Er gab dem Zöllner ein Zeichen, der hastig ihre Pässe abstempelte und sie passieren ließ, ohne ihr Gepäck auch nur eines Blickes zu würdigen. „Willkommen in El Bahar.“

Liana war immer noch sprachlos über das Wiedersehen, ganz zu schweigen von ihrer unangebrachten körperlichen Reaktion auf seine Nähe. Sie war zu erschöpft, um zu ergründen, was mit ihr nicht stimmte. Daher beschloss sie, es zu ignorieren. Der Prinz war sehr groß. Er überragte sie um einiges, obwohl sie selbst nicht gerade klein geraten war. Oder verlieh sein Kopfschmuck ihm vielleicht die Illusion von Größe? Sie musterte ihn und befand, dass seine Kleidung zwar seine Stärke unterstreichen mochte, aber nichts hinzufügte, was nicht vorhanden war. Nein, Prinz Malik war groß, stark und Furcht einflößend. Aber vielleicht waren alle Prinzen so. Sie konnte es nicht beurteilen, da sie kaum in königlichen Kreisen verkehrte.

„Warum haben Sie das getan?“, erkundigte sie sich, als sie schließlich ihre Stimme wiederfand.

Malik zuckte die Achseln. „Ich wollte mich dafür entschuldigen, dass wir Ihnen und Ihrer Tochter im Flugzeug Angst eingejagt haben. Ich versichere Ihnen, dass es nicht unsere Absicht war.“

Sie versuchte zu ignorieren, dass seine Augen ihr bis in die Seele zu blicken schienen, indem sie ihn kritisch musterte. Wenn sie etwas an ihm auszusetzen fand, wirkte er vielleicht nicht mehr so einschüchternd.

Zu ihrem Pech war sein Äußeres jedoch makellos. Er besaß weit auseinander stehende Augen und eine gerade Nase. Gebräunte Haut spannte sich über hohen Wangenknochen. Sein Mund war fest und ein bisschen streng, aber von Lachfältchen umrahmt. Er war die Art Mann, dessen Porträt auf einer Briefmarke gut ausgesehen hätte.

„Also, Liana Archer, warum sind Sie in meinem Land?“, erkundigte er sich.

„Ich bin die neue Lehrerin an der Amerikanischen Schule.“ Sie blickte über die Schulter zurück. Der Zöllner, der kleine Mann und der Sicherheitsbeamte befanden sich immer noch in Hörweite. Keiner von ihnen lauschte unverhohlen, aber Liana bezweifelte nicht, dass sie jedes Wort verfolgten.

Malik verzog das Gesicht. „Das sind Sie nicht.“

„Wie bitte?“

„Sie sind keine Lehrerin.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Lehrerinnen sind alt und hässlich. Warum sind Sie also wirklich hier, und wo ist Ihr Mann?“

Liana war davor gewarnt worden, dass El Bahar zwar moderner gesinnt war als die meisten Länder des Nahen Ostens, aber bestimmte Vorstellungen noch immer in der Vergangenheit wurzelten.

Der seltsame Empfang im Flugzeug, ihre anhaltende Faszination für diesen Mann und die Müdigkeit auf Bethanys Gesicht ließen sie spontan entgegnen: „Hören Sie, Hoheit, es geht Sie zwar nichts an, aber ich bin nicht mehr verheiratet. Gegen mein Alter kann ich nichts tun, aber wenn Sie möchten, werde ich daran arbeiten, mir ein paar Warzen wachsen zu lassen, um hässlicher zu werden. Wären Sie damit zufrieden?“

Hinter sich hörte sie die drei Männer nach Atem ringen. Zu spät bedachte sie, dass Sarkasmus beim Kronprinzen vermutlich nicht erwünscht war. Eine Vision von Jahren in einem Wüstengefängnis, gefolgt von einem langsamen und qualvollen Tod, stieg vor ihrem geistigen Auge auf. Sie trat einen Schritt näher zu Bethany.

Doch anstatt zornig zu werden, lächelte der Prinz nur. „Wären die Warzen auf Ihrer Nase?“

„Möchten Sie sie dort haben?“

„Ich bin mir nicht sicher. Ich muss mir die Sache überlegen.“ Er schnippte mit den Fingern, und ein Kofferträger erschien mit einem Karren.

Wenige Minuten später entfernten Liana und Bethany sich in einem Taxi vom Flughafen. Prinz Malik hatte sie mit guten Wünschen einfach ziehen lassen.

„Erinnere mich daran, dass ich nie wieder versuche, geistreich gegenüber einem Angehörigen des Königshauses zu sein“, murmelte Liana.

Bethany kuschelte sich an sie. „Er war nicht böse. Er mag dich. Das habe ich gemerkt.“

„Wie nett“, bemerkte Liana automatisch, doch sie war nicht im Geringsten interessiert an seiner Einstellung. Ihr Leben gefiel ihr so, wie es war. Sie hatte Pläne und Ziele, in die keine Tändelei mit einem Prinzen passte.

Als das Taxi die Ausfahrt des Flughafengeländes erreichte, wurde Liana bewusst, dass sie dem Fahrer keine Adresse genannt hatte. „Kennen Sie die Amerikanische Schule? Dorthin möchten wir fahren. Ich kann Ihnen Richtungsanweisungen geben.“

Der dunkelhäutige Mann begegnete ihrem Blick im Spiegel und nickte ihr freundlich zu. „Das ist nicht nötig, Madam. Ich kenne den Ort gut.“

Als das Taxi auf die Schnellstraße abbog, fragte sie Bethany: „Was hältst du von El Bahar?“

Die Stadt erstreckte sich vor ihnen, mit dem Arabischen Meer zur Linken. Es war von einem dunkleren Blau als der Himmel – beinahe die Farbe von Kobalt. Üppige Pflanzen wuchsen bis an den Rand der Schnellstraße, doch in der Ferne war das Ödland zu sehen, das den Anfang der Wüste darstellte.

„Es gefällt mir.“ Bethany schnupperte. „Die Luft riecht süß, wie Blumen oder Parfüm. Weißt du, was das ist?“

Liana atmete tief den Duft ein. „Nein. Irgendeine Blume, denke ich. Wir werden im Computer nachsehen.“

In ihrem Vertrag war zusammen mit einer möblierten Zweizimmerwohnung ein Laptop mit Internetzugang vorgesehen, den sie sowohl im Klassenzimmer als auch zu Hause benutzen durfte. Sämtliche Unkosten waren enthalten. Die Amerikanische Schule hatte ihr ein sehr großzügiges Angebot unterbreitet. „Stell dir nur mal vor, du kannst deinen Klassenkameraden sagen, dass du den Kronprinzen schon kennen gelernt hast.“

Bethany grinste. „Meinst du, dass sie mir das glauben?“

„Wenn nicht, dann fungiere ich als Zeugin.“

Das Taxi passierte eine Gruppe Hochhäuser, die zwischen dem Highway und dem Meer standen. Liana erinnerte sich an die Erkundigungen, die sie über das Land eingezogen hatte, und vermutete, dass es sich um den Finanzdistrikt handelte. El Bahar besaß eine stabile Wirtschaft, die ausländische Investoren ermutigte zu investieren.

In wenigen Minuten erreichten sie die Stadt, die gleichermaßen aus modernen und antiken Gebäuden bestand. In der Ferne tauchten die letzten Überreste der Mauer auf, die einmal die Stadt behütet hatte, und dahinter ragte ein strahlend weißes Gebäude zum Meer hinaus.

Bethany deutete auf das große Gebäude. „Das ist der Palast. Ich erkenne ihn von den Fotos.“

„Ich frage mich, ob unsere Wohnung in der Nähe liegt. Ich habe gelesen, dass es Führungen durch die Gärten gibt. Wir werden bald an einer teilnehmen.“

„Vielleicht sehen wir dann Prinz Malik wieder.“

„Sicherlich“, sagte Liana, obwohl sie daran zweifelte. Gewiss hatte ein Kronprinz keine Zeit, sich mit Touristen zu befassen. Nein, ihre Begegnung mit dem Königtum war vorüber.

Kurz darauf passierte das Taxi ein eindrucksvolles Tor. Eine lange Auffahrt schlängelte sich zwischen exotischen Bäumen und Blütenpflanzen hindurch.

Liana richtete sich auf und blickte sich um. Lag das Wohnhaus der Amerikanischen Schule inmitten solch eindrucksvoller Gründe? Oder handelte es sich um einen Park?

Nach einer Kurve tauchte das weiße Gebäude auf, das sie vor wenigen Minuten von fern bewundert hatten. Aus der Nähe wirkte es noch riesiger und eindrucksvoller. Etwa ein Dutzend Wachen stand still vor einer riesigen Doppeltür.

„Mommy, wo sind wir?“, fragte Bethany.

Liana hatte keine Antwort. Sie wandte sich an den Mann hinter dem Steuer. „Da liegt ein Irrtum vor.“

Grinsend schüttelte er den Kopf. „Kein Irrtum. Seine Hoheit hat mich angewiesen, Sie nach Hause zu bringen, und da sind wir. Willkommen im Königspalast von El Bahar.“

Bevor sie entscheiden konnte, was sie tun sollte, trat ein großer Mann in einem grauen Anzug zum Taxi und öffnete den Schlag. „Gut, da sind Sie ja. Kommen Sie mit.“

2. KAPITEL

„Mommy, guck mal!“

Liana folgte Bethanys Blick zur gewölbten Decke des riesigen Foyers, in das sie geführt worden waren. Glitzernde Sterne auf dunklem Untergrund stellten den Nachthimmel dar, und im Osten waren die ersten rosa Strahlen des Sonnenaufgangs zu sehen. Das gesamte Bild war mit Goldfarbe gemalt. Oder vielleicht war es sogar echtes Gold. Glasierte Mosaiksteinchen auf dem Fußboden bildeten einen Drachen ab, der ein Königreich – vermutlich El Bahar – bewachte.

„Wenn dich die Decke beeindruckt, dann sieh dir bloß an, worauf du stehst“, murmelte sie.

Bethany sprang zurück und musterte die riesige, gefährlich wirkende Kreatur. „Ich bin ihm auf den Schwanz getreten“, flüsterte sie. „Glaubst du, dass er mir böse ist?“

„Es sind schon Leute auf mehr als nur den Schwanz getreten“, verkündete Prinz Malik, während er den Raum betrat. „Herzlich willkommen. Ich hoffe, dass die Taxifahrt angenehm war.“

„Es gibt nichts auszusetzen“, erwiderte Liana. Sie war fest entschlossen zu ignorieren, dass ihr Blut schneller und heißer durch ihre Adern zu fließen schien. Ja, er war fabelhaft gut aussehend – und eben ein Prinz. Aber sie wollte sich nicht von ihm oder ihrer Umgebung beeindrucken lassen. Doch sie fragte sich, wie es ihm gelungen war, den Palast vor ihnen zu erreichen und sich noch dazu umzuziehen. Oder hatte er diesen grauen Anzug unter seiner Robe getragen?

„Sie werden feststellen, dass der Palast sehr behaglich ist.“

„Der Palast ist wundervoll. Sehr eindrucksvoll und nicht der Ort, an dem wir wohnen wollen.“ Als Bethany zu ihr trat, legte sie ihr einen Arm um den schlanken Körper. „Ich bin Lehrerin an der Amerikanischen Schule. Als solche wurde mir dort eine Unterkunft zugesagt. Ich weiß nicht, warum Sie uns in den Palast gebracht haben oder was Sie dadurch zu erreichen hoffen, aber ich bestehe darauf, dass Sie uns jetzt gehen lassen.“

Malik tat ihre Bemerkungen mit einer Handbewegung ab. „Sie werden hier viel glücklicher sein. Die Räume sind größer, und Sie können alles nach Herzenslust erforschen. Morgens und abends wird Ihnen ein Transport zur Schule und wieder zurück zur Verfügung stehen.“

Liana fühlte sich, als spielte sie eine Nebenrolle in einem schlechten Film. „Sind wir gekidnappt worden?“

Ihre Frage schien ihn zu kränken. „Natürlich nicht.“ Er richtete sich zu seiner vollen, eindrucksvollen Größe auf. „Ich bin Kronprinz Malik Khan von El Bahar. Ich erweise Ihnen die Ehre, mein Gast im Königspalast zu sein.“

Liana presste die Lippen zusammen. Sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Ein leises, schnüffelndes Geräusch drang in ihre Gedanken. Sie drehte sich um und sah einen Golden Retriever vor der Eingangstür. Er wedelte heftig mit dem Schwanz, betrat den Palast jedoch nicht.

Bethany erblickte den Hund und klatschte in die Hände. „Mommy, kann ich ihn streicheln?“

Liana blickte Malik an. „Ist er lieb?“

„Ja. Sam gehört meinen Neffen, die alle jünger als Bethany sind. Er ist sehr kinderfreundlich.“

„Geh nur, aber bleib in Sichtweite“, sagte Liana.

Langsam näherte Bethany sich dem Retriever und streckte die Hand aus. Sam beschnüffelte sie, beleckte ihre Finger und wedelte hocherfreut über den neuen Spielgefährten mit dem Schwanz.

Liana nutzte die Gelegenheit und trat näher zu dem Prinzen. Nicht, weil sie noch mehr in seinen Zauberbann geraten wollte, sondern weil Bethany nicht hören sollte, was sie zu sagen hatte.

„Wir werden nicht hierbleiben“, teilte sie ihm mit. „Ich weiß nicht, was Sie sich dabei denken, aber Ihr Verhalten ist völlig unakzeptabel. Ich bin eine amerikanische Bürgerin und für die nächsten zwei Jahre Gast in Ihrem Land. Als solche werde ich die Gesetze von El Bahar befolgen. Als Gegenleistung wünsche ich mit Respekt und Höflichkeit behandelt anstatt gegen meinen Willen festgehalten zu werden.“

„Sie verstehen nicht“, entgegnete Malik geduldig. „Es ist besser für Sie, im Palast zu sein.“

Er wirkte zu intelligent, um ihren Standpunkt nicht zu verstehen. Demnach hörte er nicht zu. Diese Eigenschaft teilte er mit vielen Männern, und vielleicht wurde sie durch seinen königlichen Status noch verstärkt. Dennoch musste sie ihn zur Einsicht bringen.

Sie setzte zu einer Erklärung an, als ihr eine Erinnerung kam, die sie trotz der potentiellen Gefahr ihrer Lage leise lachen ließ. „Hoheit, Sie wollen dieses Spiel gewiss nicht mit mir veranstalten. Ich habe den Film gesehen.“

Er runzelte die Stirn. „Wovon sprechen Sie?“

„Von der Lehrerin, die in ein fremdes Land gebracht wird, und dem Mann im Königshaus, der sie nicht gehen lassen will. Sie sind nicht der König von Siam, und ich bin nicht Mrs. Anna. Aber falls Sie mit dem Gedanken spielen, diesen Film nachzuspielen, möchte ich Sie daran erinnern, dass der König niemals mit Mrs. Anna schläft und dazu das Pech hat, am Schluss zu sterben.“

Statt wie erwartet schockiert oder missbilligend zu reagieren, beugte er sich zu ihr. „Wir sterben alle am Schluss, Liana.“ Sein warmer Atem streifte ihr Ohr. „Und Sie können sich darauf verlassen, dass ich Sie in meinem Bett haben werde.“

„Wenn du weiterhin solche Dinge sagst, wirst du die arme Frau noch zu Tode erschrecken.“

Malik wie Liana drehten sich um beim Klang der weiblichen Stimme. Eine attraktive Frau mit lockigen hellbraunen Haaren und Nickelbrille näherte sich. Sie trug ein elegantes grünes Kleid, das auf den ersten Blick die Hand eines Designers verriet, und wundervolle Perlen schimmerten um ihren Hals. Missbilligend schüttelte sie den Kopf. „Ich kann es nicht fassen, dass du derartige Sprüche benutzt, Malik. Hast du noch nie von Finesse gehört?“

Er richtete sich auf und blickte sie finster an. Obwohl sie hohe Absätze trug, war sie ein gutes Stück kleiner. „Ich bin Malik Khan, Kronprinz von El Bahar …“

Sie tat ihn mit einer Handbewegung ab und richtete die Aufmerksamkeit auf Liana. „Achten Sie nicht auf diese Rede. Alle Prinzen geben sie von sich, und wir haben gelernt, sie zu ignorieren. Was haben diese Scheichs bloß an sich? Kaum haben sie etwas Macht, schon wollen sie einen überrollen.“ Sie streckte ihre Hand aus. „Hi. Ich bin Heather, die Frau von Jamal, dem mittleren der Brüder Khan.“

Mit einem zittrigen Lächeln schüttelte Liana der charmanten Amerikanerin die Hand. Sie fühlte sich, als wäre sie auf einem fremden Planeten gelandet. El Bahar war ganz anders als ihr Heimatland Kalifornien. „Es freut mich zu erfahren, dass man einem Kronprinzen widersprechen kann und es überlebt, um davon zu erzählen.“

Heather grinste. „Malik ist gar nicht so schlimm. Er redet, als ob mit ihm nicht gut Kirschen essen wäre, aber im Grunde genommen ist er ein netter Kerl.“

Er gab einen missbilligenden Laut von sich. „Du solltest dich lieber vor mir in Acht nehmen.“

„Sonst werde ich geköpft. Die Drohung habe ich schon öfter gehört.“ Heather beugte sich zu Liana und senkte die Stimme. „Eigentlich ist er ein ausgezeichneter Herrscher, und jeder respektiert ihn ungeheuerlich, aber er kann gelegentlich ein bisschen anmaßend sein.“

„Ich habe ihn bereits in Aktion erlebt“, erwiderte Liana. „Ich gehöre nicht hierher. Ich bin Lehrerin an der Amerikanischen Schule.“

Er schüttelte den Kopf. „Sie ist mein Gast.“

Abwägend blickte Heather von einem zum anderen. „Interessant. Was ist passiert? Sie hat dir auf den ersten Blick gefallen, und deshalb hast du sie nach Hause gebracht?“

Malik blickte unbehaglich drein. „Ich bin der Kronprinz. Ich schulde dir keine Rechenschaft.“

Heather musterte Liana. „Lassen Sie mich raten. Sie wollen nicht hier sein.“

„Genau.“

„Na ja, Malik braucht eine willensstarke Frau in seinem Leben – auch wenn er es niemals zugeben würde. Er ist ein bisschen verknöchert. Von einer Frau herausgefordert zu werden, würde ihm helfen, menschlicher zu werden.“

„Ich bin nicht verknöchert!“

„Haben Sie mich wirklich hergebracht, weil ich Ihnen gefalle?“, wollte Liana wissen. Sie ignorierte die Tatsache, dass es ein nettes Kompliment war. „Ich bin kein Spielzeug.“

„Als das habe ich Sie nie betrachtet.“

Sie wandte sich an Heather. „Können Sie mir helfen, zur Amerikanischen Schule zu kommen?“

Autor

Susan Mallery

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren Frauenromanen voll großer Gefühle und tiefgründigem Humor. Mallery lebt mit ihrem Ehemann und ihrem kleinen, aber unerschrockenen Zwergpudel in Seattle.

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