Heißer als die Glut

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Kate Wells ist die attraktivste Frau, der Sean jemals begegnet ist - aber ein hitziger Streit ist immer nur ein Wort entfernt! Trotzdem muss Sean mit ihr zusammenarbeiten: Die selbstbewusste Bauunternehmerin soll ihm bei der Umgestaltung eines exklusiven Hotels helfen. Doch als sie das abgelegene Objekt besichtigen, stranden sie gemeinsam im Nirgendwo. Plötzlich sind sie allein, haben nur einander - und die Leidenschaft reißt sie fort. Mit Folgen, die Sean die Sprache verschlagen, als er Kate einige Monate später wiedersieht!


  • Erscheinungstag 07.08.2018
  • Bandnummer 2041
  • ISBN / Artikelnummer 9783733722067
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sean Ryan träumte von sonnendurchglühten Stränden, meterhohen Wellen und eiskaltem Bier. Seine Wirklichkeit war allerdings einfach nur eiskalt.

Der Januar in Wyoming, diese Kälte … Es ist irgendwie falsch, dachte Sean. Ein Bursche aus Kalifornien hatte in knietiefem Schnee nichts verloren. Hätte Sean die Wahl gehabt, wäre er überhaupt nicht hier.

Doch es war seine Aufgabe, ein heruntergekommenes Hotel in ein gefragtes Ziel für Rollenspiel-Fans zu verwandeln. In ein rundum erneuertes Hotel, das auf einem der Bestseller-Computerspiele basierte, die seine Firma produzierte. „Ich frage mich nur, warum ich kein verdammtes Hotel auf Tahiti bekommen habe“, murmelte Sean vor sich hin.

Andererseits bauten die Computerspiele von Celtic Knot Gaming alle auf alten Legenden auf, und soweit Sean wusste, gab es keine keltischen Sagen, die an einem tahitianischen Strand spielten. Verdammt schade!

Sean schob die Hände in die Taschen seiner Jeans, sah sich um und durchquerte langsam den Raum. Die Lobby des alten Hotels war gigantisch groß. Das Geräusch seiner verschrammten braunen Stiefel auf dem Boden hallte im Raum wider. Es gab so viele Fenster, dass man fast das Gefühl hatte, draußen zu sein. Doppelte Verglasungen hielten zwar den größten Teil der Kälte ab, aber durch die Mengen von Glas kühlte die riesige Lobby dennoch rasch aus.

Das Hotel war insgesamt allerdings nicht besonders groß. Es hatte nur hundertfünfzig Zimmer, gab dem Besucher jedoch das Gefühl, es sei größer. Wahrscheinlich wegen all dem Holz und Glas, sagte sich Sean.

Er konnte sich schon vorstellen, wie das Hotel aussehen würde, wenn die Renovierung abgeschlossen war. Es gab reichlich zu tun. Alle Zimmer mussten gestrichen und neu eingerichtet und dann mit Spielsystemen und Flachbildschirmen ausgestattet werden. Künstler mussten herbeigeschafft werden, um Wandgemälde zu produzieren, die das Spiel Forest Run zum Leben erwecken und das Hotel zum bevorzugten Ziel von Computerspielern aus dem ganzen Land machen sollten.

Der Standort war perfekt dafür geeignet. Das Hotel lag inmitten eines über achtzig Hektar großen Landbesitzes mit Wäldern, Wiesen und einem großen, wunderschönen See. Aber Sean konnte sich nicht vorstellen, dass die Leute mitten im Winter, wenn alles schneebedeckt war, ans Ende der Welt reisen wollten. Wer, um Himmels willen, würde sich für Schnee statt für heißen Sand entscheiden?

Er jedenfalls nicht. Aber er musste daran glauben, dass es reichlich Leute gab, die Temperaturen unter null mochten. Sean selbst konnte es nicht erwarten, zurück nach Kalifornien zu fliegen. Kopfschüttelnd ermahnte er sich, dass sein Aufenthalt hier fast vorbei war. Er war seit einer Woche in Wyoming, und nachdem die Konsultationen mit der Bauleiterin abgeschlossen waren, würde er noch diesen Nachmittag in den Firmenjet springen und in die richtige Welt zurückkehren. In sein Leben.

Sean drehte der Aussicht den Rücken zu und sah zur Decke, als über ihm Schritte ertönten. Sofort zuckte eine besondere Art von Energie durch seinen Körper. Doch er schob das Gefühl beiseite und begrub es tief in sich. Nichts da!

Wenn er ging, würde er weder die Kälte noch die Einsamkeit vermissen. Doch die Frau da oben, das war eine andere Sache.

Kate Wells. Geschäftsfrau, Bauunternehmerin, Tischlerin und eine schreckliche Nervensäge. Er war nur deshalb mitten im Winter in Wyoming, weil Kate, die die Bauarbeiten im Hotel leiten würde, darauf bestanden hatte, dass sie sich an Ort und Stelle treffen sollten, damit sie und ihre Leute drinnen bereits mit der Renovierung anfangen konnten.

Und seit der Minute, in der er Kate zum ersten Mal begegnet war, waren Konstruktionspläne so ziemlich das Letzte, was Sean durch den Kopf ging. Stattdessen dachte er an ihr dichtes schwarzes Haar, das normalerweise zum Pferdeschwanz hochgebunden war, an ihre meerblauen Augen und ihren sinnlichen Mund, der einem Mann sexgeladene Tagträume bescherte.

Es ist einfach schon zu lange her, dass ich eine heiße Affäre gehabt habe, sagte sich Sean. Das war die einzige Erklärung, warum sich sein Körper nach einer Frau verzehrte, die einen Werkzeuggürtel umgeschnallt trug.

Wieder sah er zur Decke hinauf. Er runzelte die Stirn, als er hörte, wie sie oben mit raschen, festen Schritten umherging. Er war noch nie einer so selbstbewussten Frau wie Kate Wells begegnet. Er hatte schon immer etwas für starke Frauen übrig gehabt. Doch Kate toppte alles. Sie stritt mit ihm über alles und jedes, und obwohl das ziemlich verwirrend war, mochte Sean es auf eine gewisse Weise. Und das bewies vor allem eins, nämlich dass seinem Gehirn die Kälte nicht guttat.

Kopfschüttelnd schaltete er sein Handy an und dankte im Stillen dafür, dass er hier draußen wenigstens Empfang hatte. Er berührte die Video-Chat-Fläche, wählte und wartete dann. Beim dritten Klingeln erschien Mikes Gesicht auf dem Bildschirm.

„Ich hasse Wyoming“, platzte Sean heraus.

Mike lachte und lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. Hinter seinem Bruder konnte Sean den Garten des viktorianischen Hauses in Long Beach, Kalifornien, sehen, in dem die Büros von Celtic Knot Gaming untergebracht waren.

„Du musst dich nicht zurückhalten. Erzähl mir, wie es dir geht!“ Mike grinste.

„Seltsam“, gab Sean zu. Für seinen Bruder war es leicht, gute Laune zu haben. Er saß ja auch nicht mit einer Frau, die ihn sowohl anzog als auch wahnsinnig machte, mitten im Wald. Als er an Kate dachte, spähte Sean über seine Schulter, um zu sehen, ob sie sich angeschlichen hatte. Dann schaute er wieder auf sein Handy.

„Seit ich angekommen bin, hat es nicht aufgehört zu schneien. Da draußen türmt sich ungefähr ein Meter Schnee auf, und es schneit immer noch. Ich glaube nicht, dass es je aufhören wird.“

„Klingt kalt.“ Mike tat so, als friere er.

„Ha!“, schnaubte Sean. „Mehr als kalt. Ich trage drinnen zwei Pullover übereinander.“

Mike lachte auf. „Wie ist es, wenn du nicht gerade meckerst? Hast du es in all diesem Elend hinbekommen, dir das Hotel und das Gelände anzusehen?“

Sean seufzte und sagte dann: „Ja, hab ich. Schön hier. Viele Bäume. Reichlich offenes Land. Ein riesiger Himmel.“

„Ja“, meinte Mike. „Den habe ich auch entdeckt, als Jenny und ich in Laughlin waren.“

Sean fragte sich, was damals zwischen Mike und Jenny Marshall, einer der Designerinnen der Firma, gewesen war. Mike hatte nicht darüber gesprochen. Aber darum würde sich Sean noch kümmern. Jetzt war er vor allem daran interessiert, aus Wyoming wegzukommen.

„Irgendetwas sagt mir, dass bei dieser Reise nach Laughlin noch mehr passiert ist“, bemerkte Sean und schwor sich, dass er – sobald er wieder zu Hause war – Mike auf ein paar Bier abschleppen und die Wahrheit aus ihm herauskitzeln würde.

„Falls es so sein sollte“, erwiderte Mike, „wirst du es nicht erfahren.“

Jedenfalls wohl nicht bei einem Telefongespräch. Doch Sean war noch nie die Sorte Mann gewesen, die leicht aufgab. Und er war sich sicher, dass irgendetwas zwischen seinem Bruder und Jenny lief. Aber darum konnte er sich ein andermal kümmern; im Moment wollte er vor allem aus Wyoming wegkommen, bevor er sich in einen Eiszapfen verwandelte.

„In welchem Zustand ist das Hotel, Sean?“

„Groß, kalt, leer.“ Sean stöhnte auf und fuhr sich frustriert durchs Haar. Er sah sich noch einmal kurz um und gab Mike dann eine genauere Antwort. „Der Vorbesitzer hat ein paar Möbel dagelassen, aber die Zimmer müssen von Grund auf renoviert und eingerichtet werden. Keine Betten, keine Stühle, keine Tische. Nada.

Er warf einen Blick auf das abgewetzte Ledersofa und zwei dazu gehörige Sessel vor dem riesigen Kamin. Sean mochte die Möbel nicht besonders, aber als er und Kate einiges besprochen hatten, war er dankbar gewesen, dabei nicht auf dem Boden hocken zu müssen.

„Ist nicht schlimm“, sagte Mike. „Wir werden die Zimmer ohnehin anders einrichten.“

„Stimmt. Der Grundstock ist gut, aber es wird eine Menge Arbeit, das Hotel in eine Fantasy-Welt wie aus Forest Run zu verwandeln.“

„Und ist Kate Wells der Aufgabe gewachsen?“

„Ihr zufolge ja“, murmelte Sean. Er war noch nie einer Frau begegnet, die sich hinsichtlich ihrer Fähigkeiten so sicher war. Und ebenso war er noch nie jemandem begegnet, der so bereitwillig mit ihm stritt. Diese Frau schien der Meinung zu sein, dass sie hier das Sagen hatte, und darum würde er sich verdammt bald kümmern müssen. „Na, jedenfalls gibt es hundertfünfzig Zimmer, und alle müssen umgestaltet werden.“

Mike runzelte die Stirn. „Falls wir deine Idee umsetzen, auf dem Gelände eine Convention zu veranstalten, brauchen wir mehr Zimmer. Gibt es in der Nähe andere Hotels?“

„Nein. Wir sind zehn Meilen von der nächsten Stadt entfernt.“

Jetzt machte Mike ein düsteres Gesicht. „Sean, wir können kein großes Treffen veranstalten, wenn die Leute nirgends unterkommen können.“ Er holte Luft und redete weiter, bevor Sean vorschlagen konnte, dass die Teilnehmer zelten sollten. „Und erzähl mir nicht, die Leute könnten Zelte aufschlagen.“

Sean lachte. „Nur weil ich zelten mag, heißt das noch lange nicht, dass ich überall auf dem Gelände Fremde haben will. Egal, jedenfalls gibt es fünfundzwanzig Meilen weit entfernt eine größere Stadt.“ Und dort schlief er. In einem netten, bequemen, gehobenen Hotel. Er würde alles geben, um jetzt dort zu sein. Er wollte unter eine heiße Dusche, um die Eisschollen in seinem Blut schmelzen zu lassen. „Und Kate, die Bauunternehmerin, hat außerdem eine Idee.“

„Was schlägt sie vor?“ Mike nahm sich seinen Kaffee und trank einen großen Schluck.

Sean starrte seinen Bruder entnervt an. „Ist das etwa Cappuccino? Du Arsch!“

Mike grinste breit und nahm demonstrativ einen weiteren Schluck. „Ich trinke ihn für dich.“

„Herzlichen Dank!“ Seine Stimme triefte vor Ironie, doch Sean wusste, dass Mike das nicht interessierte. Warum sollte er auch? Sein Bruder war zu Hause in Long Beach und konnte zu ihrem Lieblings-Coffee-Shop gehen, in die Bar unten an der Straße, konnte aufs Meer schauen, und – was am Wichtigsten war – er fror sich nicht den Hintern ab.

Verdammt, er vermisste die Zivilisation. Kopfschüttelnd sagte Sean: „Kate meint, wir sollten hinter dem Hauptgebäude im Wald kleine Blockhütten aufstellen lassen. Den Leuten Privatsphäre bieten und gleichzeitig das Gefühl, in der freien Natur zu sein.“

Mike dachte darüber nach. „Das ist eine gute Idee!“

„Ja, ich weiß.“

„Trotzdem siehst du nicht besonders glücklich darüber aus.“

„Weil sie sich so verdammt sicher war, dass sie recht hat“, meinte Sean und dachte an die Unterhaltung vom Tag zuvor. Kate hatte ihn dazu gebracht, durch den Schnee zu stapfen, um den Besitz und die Bereiche, die sie bereits als Platz für die Hütten ausgewählt hatte, zu besichtigen.

Während sie es ihm erklärte, konnte er es fast vor sich sehen. Kleine, im Wald versteckte Hütten, die wunderbar zum Thema des Hotels passten, und er überlegte schon, wie sie jeder dieser Hütten ein eigenes Aussehen geben konnten, um sie von den anderen abzuheben.

Es irritierte Sean außerdem, dass ihm etwas, das ihren Vorschlägen nahekam, nie eingefallen wäre. Aber die Idee traf ins Schwarze. Die Tatsache, dass der Einfall von Kate kam, nervte zwar. Aber Sean erkannte eine gute Idee, wenn er eine hörte.

„Ich fand es nur schwer, ihr zuzustimmen“, erwiderte er.

„Ja, fühlt sich blöd an, wenn andere recht haben“, erklärte Mike.

„Du machst dir ja keine Vorstellung“, murmelte Sean.

„Klingt alles in allem, als hättest du eine tolle Zeit“, erwiderte Mike.

Seans Augen verengten sich zu Schlitzen. „Diese Frau ist der sturste Mensch, mit dem ich je zu tun hatte, dich eingeschlossen.“

„Solange sie gute Arbeit leistet, sollte dich das nicht kümmern.“

Sein Bruder hatte recht. Es sollte Sean nicht interessieren. Aber er konnte nicht anders, als ständig an Kate zu denken. Zum Beispiel an ihr Haar, daran, wie dick und dunkel es war … Er fragte sich, wie es wohl aussehen würde, wenn sie es löste. Er dachte an ihre sommerblauen Augen und daran, wie der Werkzeuggürtel locker um ihre geschwungenen Hüften hing. Er hasste es, sich das einzugestehen, aber wenn sie mit ihm sprach, war er so auf ihren Mund fixiert, dass er kaum hörte, was sie sagte.

Verdammt, er musste aus Wyoming weg, und zwar schnell.

Er konzentrierte sich wieder auf das Gespräch mit Mike. „Sie will ihre Leute nächste Woche holen und mit dem Umbau anfangen, und ich habe nichts dagegen.“ Er lockerte den Rollkragen seines schwarzen Pullovers. „So lange, wie ich die Arbeiten von Kalifornien aus überwachen kann.“

„Okay. Aber du hast keinen der Designer mitgenommen. Was ist also mit den Wandgemälden?“

„Hör mal“, antwortete Sean. „Ich konnte keinen der Designer mitnehmen! Sie sind alle mit den Abschlussarbeiten an The Wild Hunt beschäftigt.“

Auch Sean sollte sich längst mit dem Spiel beschäftigen. In Kalifornien stapelte sich seine Arbeit, aber er musste ja hier raus kommen, um über die Renovierung zu reden, weil seine feurige Bauunternehmerin darauf bestand, die es gar nicht erwarten konnte, mit der Arbeit anzufangen. Diese Reise war in jeder Hinsicht nicht gut getimt. Alle Kreativen konzentrierten sich auf die letzten Einzelheiten des PC-Spiels The Wild Hunt, das im Sommer erscheinen sollte. Daher konnte er keinen von ihnen von der Arbeit abziehen.

„Wie auch immer“, fuhr Sean fort. „Es kann doch nicht so schlimm sein, die Wände leer zu lassen! Die Maler können sie weiß streichen, und wenn wir die Designer dazuholen, können sie das ändern.“

„Das könnte funktionieren. Hast du immer noch vor, morgen nach Hause zu kommen?“

„Das ist jedenfalls der Plan. Gott sei Dank!“, antwortete Sean. „Kate ist draußen, sie holt den Truck. Natürlich schneit es immer noch.“

„Falls dir das hilft, hier sind heute um die vierundzwanzig Grad.“

„Toll! Danke! Das ist die Krönung.“ Irgendwo schlug eine Tür zu. Kate rief etwas. Sean sah zur Seite und schrie: „Was?“

Im nächsten Moment stand Kate im Eingang und schüttelte den Kopf, sodass die Schneeflocken aus ihrem Haar zu Boden fielen. „Ein Blizzard zieht auf“, sagte sie schlicht.

Sean legte die Hand auf das Mikrofon. „Sie machen Witze.“

„Kein Witz“, sagte sie und zuckte die Schultern. „Der Pass ist schon geschlossen. Wir fahren nirgendwo hin.“

„Für wie lange?“, wollte er wissen.

Wieder das Schulterzucken. „Keine Ahnung.“

„Na toll.“

„Was ist los?“, fragte Mike.

„Schlechtes Karma“, sagte Sean mit angewidertem Gesicht. „Kate hat gerade im Autoradio gehört, dass der Pass in den Bergen geschlossen ist. Ich bin eingeschneit.“

Mike konnte ein Lachen nicht zurückhalten.

„Was ist daran so witzig?“, wollte Sean wissen. „Ich bin mit einer mürrischen Bauunternehmerin in einem leeren Hotel eingesperrt, und draußen liegt bergeweise Schnee.“

„Das ist eindeutig nur von Kalifornien aus gesehen witzig. Hast du Lebensmittel? Läuft die Heizung?“

„Ja“, sagte Sean und wandte sich dann an Kate. „Kommen Sie mal kurz her. Ich möchte, dass Sie meinen Bruder kennenlernen.“

Sie wirkte nicht besonders glücklich über die Aufforderung. Nicht verwunderlich, dachte Sean. Die Frau hatte sich ein Holzscheit von der Größe eines Redwoods auf die Schulter geladen.

Schnell kam sie durchs Zimmer und stellte sich neben ihn, um auf den Bildschirm seines Handys zu sehen.

„Hallo, ich bin Kate, und Sie sind Mike“, sagte sie in Richtung des Handys. „Nett, Sie kennenzulernen. Aber wir haben nicht viel Zeit, um miteinander zu reden. Draußen ist Feuerholz. Wir müssen es reinholen, bevor der Schneesturm losbricht. Machen Sie sich keine Sorgen. Der Sturm wird hier einen Tag oder zwei Tage durchblasen, die Schneeflüge werden den Pass schnell geräumt haben. Also können Sie Ihren Bruder Ende der Woche zurückhaben.“

„Okay“, sagte Mike schnell. Wahrscheinlich glaubte er, er würde nicht noch einmal zu Wort kommen. Er hatte recht.

Sean schnappte sich das Handy und sagte zu Kate: „Ich komme gleich, um zu helfen. Ja. Okay.“ Als er Mike wieder ansah, schüttelte er den Kopf. „Sag Mom, sie soll sich keine Sorgen machen!“

„Okay.“ Obwohl er sich erst vor wenigen Minuten über Seans Lage amüsiert hatte, fragte Mike jetzt: „Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?“

Jetzt lachte Sean. „Du weißt doch, ich bin der Outdoor-Typ. Es gibt hier zwar nicht viele Wellen, aber ich werde klarkommen. Immerhin haben wir ein Dach überm Kopf und reichlich Betten. Ich rufe dich an, sobald ich kann.“

Nachdem er sein Handy abgeschaltet hatte, ging Sean in die Richtung, in die Kate verschwunden war. Das verdammte Weib hätte auch einen Moment lang warten können, sagte er sich. Er hatte schon eine ganze Woche mit ihr hinter sich und kämpfte darum, die Fassung zu wahren. Jetzt würde er mit Kate für wer weiß wie lange eingeschneit sein.

„Das wird ja immer besser“, murmelte er.

Er ging durch eine Küche, die für ihre Bedürfnisse groß genug war, aber eine umfassende Renovierung brauchte. Die Wände waren vom Rauch vergilbt, und der Boden bestand aus Linoleum, von dem einige Stücke fehlten.

Die Fenster waren groß. Normalerweise sah man den nahe gelegenen Wald. Aber jetzt war der Himmel von einem düsteren Grau, und der Schnee fiel so dicht, dass er einem herabhängenden Laken glich. Die Hintertür stand offen und führte in den Bereich, den Kate neulich die „Schmutzschleuse“ genannt hatte, mit Waschmaschinen und Trocknern und Platz, um Mäntel und Stiefel unterzubringen.

Sean zog seine Lederjacke enger um sich, als er in den eiskalten Wind hinaustrat. Schnee. Nichts als Schnee. Er fiel dicht und schnell, und einen Moment lang fand Sean das sogar schön. Dann erinnerte er sich daran, dass das hübsche Zeug seinen einzigen Weg nach Hause blockierte, und es verlor rasch an Reiz.

„Kate?“

„Hier drüben!“, rief sie.

Er schloss den Reißverschluss, wandte sich in Richtung ihrer Stimme und versuchte, so gut er konnte, nicht auf die Kälte zu achten. Schneeflocken klatschten ihm ins Gesicht, und der Wind blies so stark, als wolle er ihn ins Haus zurückschieben. Er ging zu Kate hinüber, die sich über einen Stapel Kaminholz beugte. Sie trug drei große Scheite und griff nach dem nächsten.

„Lassen Sie mich das machen“, sagte Sean.

Sie sah auf. „Ich schaffe das.“

„Ja“, erwiderte er. „Ich weiß. Sie sind zäh. Wir sind alle beeindruckt. Aber wenn wir das Holz zusammen reinholen, kommen wir schneller aus der Kälte heraus.“

Sie wirkte, als wolle sie mit ihm argumentieren, änderte dann aber ihre Absicht. „Gut. Nehmen Sie so viel wie möglich mit. Danach holen wir mehr.“

Ohne ein weiteres Wort ging sie in Richtung Hotel und ließ Sean zurück, der so viele Scheite wie möglich einsammelte. Als er sich aufrichtete, sah er sich noch einmal um. Die Kiefern standen aufrecht da wie Soldaten, obwohl der heftige Sturm an ihnen zerrte. Der See war überfroren, Schneewehen häuften sich an seinem Ufer. Sean legte den Kopf zurück, um in den grauen Himmel zu starren. Wenn das Wetter so blieb, könnte er hier wochenlang eingesperrt sein.

Kate stapelte das Holz neben dem Kamin und lehnte sich dann an den Sims. „Der Blizzard konnte wohl nicht warten, bis Sean Ryan weg ist“, murmelte sie vor sich hin.

Natürlich nicht. Das hätte ihr das Leben zu leicht gemacht. Viel besser, hier in den Bergen mit einem Mann zu stranden, der ihr nettes, bequemes Leben auf den Kopf gestellt hatte.

Sie schüttelte den Kopf und hoffte, dass das ihre Gedanken klärte. Es klappte nicht. Also legte sie einige Scheite in den Kamin. Dann legte sie Anmachholz aus einem Korb dazu, nahm ein langes Streichholz, zündete es an und hielt die Flamme an das Kleinholz, bis es Feuer fing. Feuer zu machen, würde sie beruhigen – hoffte sie. „Du schaffst das“, murmelte sie. „Er ist einfach nur dein Chef.“

Lüge, meldete sich ihr Verstand. Nicht einmal eine gute. Die traurige Wahrheit war, dass Sean Ryan sehr viel mehr war als nur der Mann, für den sie gerade arbeitete. Er war der erste Mann seit Jahren, der es nicht nur hinter ihre Verteidigungslinie geschafft hatte, er hatte sie sogar komplett ausradiert. Ein Lächeln von ihm, und Kates Knie zitterten. Ein Blick aus seinen blauen Augen, und ihre Hormone begannen, fröhlich zu tanzen. Es war demütigend, es eingestehen zu müssen.

Sie brauchte das hier wirklich nicht.

Kate hatte jetzt ein gutes Leben. Sie hatte es sich Stück für Stück sorgfältig aufgebaut und wollte verflucht sein, wenn sie einem attraktiven Mann gestatten würde, alles zu ruinieren.

Natürlich wäre es viel leichter gewesen, den Gefühlen, die Sean Ryan in ihr auslöste, zu widerstehen, wenn er morgen wie geplant abreisen würde. Aber dieser Blizzard konnte dafür sorgen, dass sie hier tagelang festsaßen. Stirnrunzelnd erinnerte sie sich daran, dass sie schon Dinge überstanden hatte, an denen die meisten Menschen zerbrochen wären. Sie würde es auch ein paar Tage mit Sean aushalten.

Sie richtete sich auf und wollte gerade losgehen, um mehr Holz zu holen, als Sean mit einem Arm voller Scheite hereinkam. Er wirkte ebenso wenig glücklich über ihre Lage wie sie. Bedauerlicherweise fühlte sie sich deswegen nicht besser.

„Stapeln Sie das neben dem Kamin!“, sagte sie. „Ich gehe raus und hole mehr.“

„Ja“, sagte er und ließ die Scheite fallen. „Aber ich hole das Holz. Ich kann mehr tragen als Sie.“

Kate wollte etwas sagen, aber er hatte recht. Es war noch immer schwer für sie, Hilfe anzunehmen. Sie stand auf eigenen Füßen. Und vor allem in den vergangenen Jahren hatte sie jeden abgewiesen, der glaubte, sie käme nicht allein klar.

„Gut“, sagte sie. „Ich habe Notvorräte draußen im Truck dabei. Ich hole sie, während Sie mehr Holz hereinschaffen. Holen Sie reichlich, es wird eine lange, kalte Nacht!“

„Was für Notvorräte?“, wollte er wissen.

„Decken, Laternen, Kaffeemaschine. Das Wichtigste.“

Er lächelte sie an. „Kaffee? Ich würde hundert Dollar für eine Tasse Kaffee geben.“

Warum musste er so lächeln? Warum erhellte dieses Lächeln seine Gesichtszüge, ließ seine Augen funkeln und brachte ihre ohnehin angegriffenen Nerven zum Vibrieren? Dieses ganze Abenteuer wäre so viel leichter für sie, wenn sie ihn einfach hassen könnte. Verdammt!

„Hundert Dollar für einen Kaffee? Verkauft!“

Seine Augenbrauen schossen nach oben, und sein Lächeln wurde noch breiter. „Ja? Ich muss es Ihnen leider im Moment schuldig bleiben, ich habe nicht genug Bargeld bei mir.“

Er hat einfach zu viel Charme, dachte sie. Und er schaltete ihn aus und an wie eine Lampe. Sie holte Atem: „Das ist okay. Ich schicke Ihnen eine Rechnung.“

„Gut.“ Das Vergnügen verschwand aus seinem Gesicht, doch seine Augen glitzerten. „Wir erledigen alles, bevor ich nach Kalifornien zurückfliege. Darauf können Sie sich verlassen.“

Kate sah ihm nach und klappte dann den Kragen ihrer Jacke hoch. Sie ging zur Eingangstür und hielt sich dabei einen inneren Vortrag. Sie konnte nicht glauben, wie sehr dieses Lächeln sie berührt hatte. Sean zu widerstehen, war schon schwer genug gewesen, als es ihm schlecht gegangen war und er über den Schnee gejammert hatte. Doch ein lächelnder Sean Ryan war noch gefährlicher.

Sie trat hinaus und freute sich über den kalten Wind und die stechende Frische des Schnees. Wenn überhaupt etwas das Feuer löschen konnte, das in ihr brannte, dann ein Winter in Wyoming. Doch selbst als sie das dachte, musste sich Kate eingestehen, dass dieses knisternde Gefühl der Anziehung und das Interesse an Sean noch immer da waren.

Sie stapfte zum Truck. Der Schnee füllte schon die Ladefläche und bildete um die Reifen herum kleine Schneewehen. Wenn sie den Truck hier draußen ließ, würden Sean und sie ihn ausgraben müssen, wenn der Blizzard vorbeigezogen war. Sie sprang in die Fahrerkabine und fuhr um das alte Hotel herum zur Garage.

Sobald das Auto sicher untergebracht war, öffnete Kate den Metallkasten auf der Ladefläche und hob ihren Notbestand heraus: eine schwere Plastikkiste, einen Schlafsack und zwei Decken, die sie für den Fall, dass sie je im Schnee festsaß, immer dabeihatte.

Vor der Garage sah sie zum Hotel hinüber. Sean war offensichtlich hineingegangen und saß sicher schon am Feuer. Die Vorstellung, hier allein festzusitzen, war etwas beängstigend. Mit Sean hier festzusitzen, war furchterregend.

Autor

Maureen Child

Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal.

Ihre liebste...

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