Hilfe - ich liebe meinen Ex-Mann

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An ihrem achten Hochzeitstag feiert Kelly Harmon eine ganz besondere Party: die Scheidung von ihrem Mann Jason! Jetzt will sie nur noch an die Zukunft denken. Doch plötzlich steht Jason vor ihr. Nach und nach gehen alle Gäste - nur einer bleibt: Jason …


  • Erscheinungstag 30.03.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746162
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

An ihrem achten Hochzeitstag gab Kelly eine Party zur Feier ihrer Scheidung.

Um genau zu sein, war es natürlich ihre gemeinsame Scheidung, aber wie immer war Jason nicht mit von der Partie. Wahrscheinlich befand er sich nicht einmal im Lande. Es war also nicht verwunderlich, dass er nicht auftauchte.

Abgesehen von der Tatsache, dass sie ihn nicht eingeladen hatte.

Es gab eine Menge zu feiern, und sie würde es im großen Stil tun. Erst vor Kurzem hatte sie sich für das Studium eingeschrieben, das sie vor acht Jahren, als sie Jason geheiratet hatte, aufgegeben hatte. Doch dieses Mal würde sie es durchziehen. Sie würde mit fliegenden Fahnen bestehen und endgültig vergessen, dass Jason überhaupt existierte.

Das würde allerdings leider nicht so einfach sein. Denn jedes Mal, wenn sie den Fernseher einschaltete, sah sie sein Gesicht.

„Hier spricht Jason Lindley, mitten aus dem Schlachtgetümmel … Jason Lindley stellt die Fragen, die andere sich nicht trauen, er findet die Wahrheit für Sie heraus …“

Ganz klar, Jason war ein Held, ein attraktiver, mit allen Wassern gewaschener Macho, das Sexidol der Medien, mit wunderschönen blauen Augen und einem verführerischen Lächeln, das keine Frau in seiner Umgebung kalt ließ. Aber er hatte auch ihr Herz gebrochen, und es war gut, dass sie ihn endlich losgeworden war.

Sie hatte sich eine eigene Welt geschaffen, und darauf war sie stolz. Ihre Wohnung war gemütlich, sie hatte nur die nettesten Leute aus ihrem Collegekurs eingeladen. Mit sechsundzwanzig war sie älter als die meisten. Kelly freute sich darüber, dass Carl gekommen war, einer der jüngeren Professoren. Er sah ebenfalls ziemlich gut aus und lehrte Archäologie. Im Moment befand er sich gerade auf der Tanzfläche und tanzte ziemlich ausgelassen mit zwei Frauen. Er winkte ihr zu, und sie winkte zurück. Doch sie hatte noch keine Zeit zum Tanzen, denn sie musste sich erst um ihre Gäste kümmern.

„Ich glaube, Carl steht auf dich“, sagte plötzlich jemand neben ihr. Sie drehte sich um und erblickte Marianne, Carls Schwester, die ein Glas Champagner in der Hand hielt.

„Unsinn, er steht auf alles, was Röcke trägt“, erwiderte Kelly wahrheitsgemäß.

„Du trägst ja gar keinen Rock“, bemerkte Marianne, die ganz offensichtlich eifersüchtig war. „Du trägst einen hautengen schwarzen Satinhosenanzug. Und ich würde dich am liebsten dafür umbringen, dass er dir überhaupt passt.“

Kelly kicherte, sie freute sich über das Kompliment. Als sie Jason vor vier Monaten hinausgeschmissen hatte, war sie sich dick und unförmig vorgekommen. Sie hatte auch tatsächlich viel mehr gewogen als jetzt. In der schlimmen Zeit, die sie nach ihrer Trennung durchgemacht hatte, hatte sie allerdings keinen Appetit gehabt. Als sie sich dann endlich wieder einigermaßen gefangen hatte, wog sie zwanzig Pfund weniger.

Nun hatte sie eine wirklich atemberaubende Figur, um die sie alle beneideten. Sie sah einfach fantastisch aus, das bewiesen ihr auch die bewundernden Blicke der Männer im Raum.

Marianne, die einen Schönheitssalon führte, hatte ihr bei ihrer Verwandlung noch geholfen. Sie hatte ihr einen Kurzhaarschnitt verpasst, der sie weiblich und sexy aussehen ließ. Außerdem hatte sie sie geschminkt und ihr ein Parfüm empfohlen, das sehr erotisch war.

„Ich glaube nicht, dass das zu mir passt“, hatte Kelly protestiert. Nach der Behandlung hatte sie sich im Spiegel kaum wieder erkannt.

„Aber natürlich, du musst nur an dich glauben“, hatte Marianne erwidert. „Trau dich!“

Kelly war ihrem Rat gefolgt und hatte es nicht bereut. Das Parfüm, ihre flammend rote Mähne und der schicke Satinanzug waren eine atemberaubende Mischung. Noch immer wusste sie nicht genau, ob sie wirklich dieses Model war. Doch es machte Spaß, es herauszufinden.

Heute Abend sollte der Beginn ihres neuen Lebens als moderne junge Frau sein. Eine Frau, die endlich ihren eigenen Weg ging und sich nicht mehr hinter einem Mann versteckte, den sie mehr liebte als er sie. Neben ihrem guten Aussehen hatte sie auch ihre Intelligenz wieder entdeckt und fühlte sich jetzt wie neugeboren.

In diesem Moment kam Carl auf sie zu und schob sie auf die Tanzfläche.

„Wie gut du riechst“, meinte er bewundernd und atmete tief ihren Duft ein. „Du bist ein wahres Wunder!“

„Welcher Frau hast du das zuletzt gesagt?“, fragte sie amüsiert.

Er sah sie schockiert an. „Ich offenbare dir meine Leidenschaft, und du glaubst mir nicht?“

„Diese Verwandlung habe ich einzig und allein deiner Schwester zu verdanken.“

Carl schüttelte den Kopf. „Oh nein, es ist dein Werk, und das weißt du auch.“

Kelly betrachtete ihn zweifelnd. Sie mochte Carl, aber er hatte den Ruf, kein Kostverächter zu sein.

Er wechselte das Thema. „Was Marianne angeht, so habe ich mit ihr nur ein Problem. Sie will mich unbedingt verkuppeln, damit ich bald heirate. Du hast in dieser Hinsicht ja schon Erfahrungen gemacht. Erzähl mal, wie war dein Ehemann denn so?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Kann ich dir nicht sagen. Für mich existiert er nicht mehr.“

„Eine Affäre macht doch auch viel mehr Spaß“, erwiderte Carl und sah sie bedeutungsvoll an.

„Mach dir keine Hoffnungen, Carl! Du bist mein Professor, das würde sich nicht schicken.“

„Gut, wenn du willst, schmeiße ich dich morgen aus dem Kurs.“

Sie lachten gemeinsam, doch in diesem Moment trat schon ein anderer Mann an sie heran und bat Kelly um einen Tanz.

Es war ein Kommilitone von ihr, und er musste schreien, um sich Gehör zu verschaffen, so laut war es im Raum.

„Eine tolle Wohnung“, rief er.

„Ja, findest du nicht auch?“, rief Kelly. „Danke für dein Geschenk.“ Er hatte ihr ein Schwarz-Weiß-Poster geschenkt, das wunderbar in ihr Wohnzimmer passte.

„Wie gefällt dir deine neue Freiheit?“, fragte er.

„Bestens! Ich weiß gar nicht, warum ich damit so lange gewartet habe.“

„Harmon ist dein Mädchenname, stimmt’s?“

„Ja, das stimmt.“

„Und wie hieß dein Mann?“

Sie schüttelte den Kopf. „Darüber möchte ich nicht sprechen“, erwiderte sie fest. „Das liegt alles hinter mir.“

„Wie du willst.“

In diesem Moment endete das Lied. Kelly bedankte sich bei ihrem Tanzpartner und ging hinüber zum Büfett, um sich ein Glas Orangensaft zu holen.

„Nicht schlecht, deine Gäste“, bemerkte Marianne, die sich zu ihr gesellte. „Sag mir doch bitte – wer ist dieser verdammt gut aussehende Mann mit den umwerfend blauen Augen? Der braucht doch nur zu zwinkern, und jede Frau steigt sofort mit ihm ins Bett.“

„Von wem sprichst du?“, fragte Kelly verwirrt.

Marianne wies auf einen Gast am anderen Ende des Raums.

„Na, den Typ dort drüben. Komisch, das Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Woher kenne ich ihn bloß?“

Kelly verschlug es die Sprache. „Aus dem Fernsehen“, antwortete sie benommen. „Und er war überhaupt nicht eingeladen.“

„Ich nehme ihn dir mit Freuden ab“, erklärte Marianne vergnügt. „Der Mann sieht so gut aus, dass man ihn eigentlich gar nicht aus dem Haus lassen darf. Er würde nur öffentliches Ärgernis erregen. Was weißt du über ihn? Ist er verheiratet?“

Kelly schüttelte den Kopf. „Seit heute Morgen um halb elf ist er geschieden.“

Marianne blickte sie verblüfft an. „Du meinst … er ist …?“

Kelly nickte. „Mein Ex.“

„Dieser wahnsinnig attraktive Typ war mit dir verheiratet, und du hast ihn ziehen lassen?“

Kelly betrachtete Jason Lindley und versuchte, ihn mit Mariannes Augen zu sehen. Sie wusste, dass er gut aussah und eine geradezu umwerfende Wirkung auf Frauen ausübte. Aber natürlich war Jason sich dessen auch bewusst.

Er war zweiunddreißig, also ein Mann in den besten Jahren. Er war klug, ein Meister seines Fachs, überall beliebt und wirklich ein Prachtexemplar von einem Mann.

Allerdings hatte sie in all den Jahren ihrer Ehe nie das Gefühl gehabt, dass er ihr gehörte. Sonst hätte sie ihn bestimmt nicht ziehen lassen, wie Marianne es ausdrückte.

„Macht es dir etwas aus, wenn ich mein Glück bei ihm versuche?“, fragte Carls Schwester sie in diesem Moment.

„Nein, nur zu. Und viel Erfolg!“ Kelly war froh, dass sie dies aus ehrlichem Herzen sagen konnte, ohne eifersüchtig zu sein. „Komm mit, ich stelle ihn dir vor.“

Sie bahnten sich einen Weg durch die Menge, und Kelly gab sich alle Mühe, möglichst ruhig zu bleiben. Der Anblick von Jason hatte ihr einen Schock versetzt, denn sie hatte mit seinem Erscheinen nicht gerechnet. Aber das war auch alles. Sie war ein wenig ärgerlich auf ihn, weil er unangemeldet aufgetaucht war, doch sie war fest entschlossen, sich die Party deswegen nicht verderben zu lassen. Und dann stand sie vor ihm.

„Jason, wie nett, dich zu sehen!“, grüßte sie höflich.

Er sah sie erstaunt an. „Entschuldigung, kennen wir uns?“ Dann erkannte er sie. „Kelly?“, fragte er ungläubig.

Kelly genoss den Moment ihres Triumphs. Marianne hatte anscheinend ganze Arbeit geleistet. Sie lächelte ihn an.

„Ich möchte dir gern Marianne vorstellen“, sagte sie. „Marianne, das ist Jason, mein Exmann.“

„Wenn ich mit ihm verheiratet gewesen wäre, gäbe es keinen Ex.“ Marianne nahm die Hand, die Jason ihr reichte. „Freut mich wirklich sehr.“

„Ja, Kelly hatte leider keine Verwendung für mich.“ Jason seufzte. „Sie hat mich einfach aus ihrem Leben geworfen wie einen alten Schuh, der seine Schuldigkeit getan hat. Ich bin immer noch nicht darüber hinweg.“ Er lächelte Marianne verführerisch an.

„Unsinn, Jason“, sagte Kelly scharf. „So war es nicht, und das weißt du auch.“

„Umso besser für mich.“ Marianne schien die Spannung zwischen ihnen gar nicht zu bemerken. „Jason, du kannst dich gern an meiner Schulter ausweinen, wenn du möchtest.“

Die beiden gingen gemeinsam in Richtung Tanzfläche. Kelly sah ihnen stirnrunzelnd nach. Das war wieder einmal typisch für Jason. Er brauchte nur eine Bemerkung zu machen, und schon lag ihm sein Gegenüber zu Füßen – egal, ob Mann oder Frau. Deswegen schien er ja auch so sicher zu sein, dass er sich alles herausnehmen konnte. Er war zum Beispiel der Einzige, der sich für die Party nicht schick gemacht hatte. Stattdessen trug er ausgeblichene Jeans, ein weißes Hemd und seine alte Jeansjacke, die er auf Reisen immer dabeihatte. Trotzdem wirkte er nicht deplatziert, sondern alle anderen erschienen overdressed.

Jason war offensichtlich schon länger nicht mehr beim Friseur gewesen. Sein Haar war ziemlich lang und seine Haut leicht gebräunt. Er sah aus, als wäre er eben erst aus dem Flugzeug gestiegen. Eigentlich musste er doch erschöpft sein. Aber er wusste, wie er Anzeichen von Müdigkeit bekämpfen konnte. Ein starker Drink, und er war wieder obenauf.

Marianne schien sich hingebungsvoll um ihn zu kümmern. Nachdem Kelly die beiden eine Weile beobachtet hatte, beschloss sie, Jason zu ignorieren und sich endlich zu amüsieren. Es gab genug Männer, die um ihre Aufmerksamkeit buhlten. Und hatte sie sich das nicht all die Jahre gewünscht? So tanzte sie ausgelassen und beachtete ihn nicht.

Es war über eine Stunde später, als Kelly und Jason sich am Büfett erneut trafen.

„Was, zum Teufel, hast du dir eigentlich dabei gedacht, hier einfach so aufzukreuzen?“, fragte sie ihn.

Er blickte sie verwundert an. „Du hast doch gesagt, du würdest dich freuen, mich zu sehen.“

„Das war eine Lüge.“

„Vielen Dank! Ich bemühe mich, rechtzeitig zu deinem Fest zu kommen, und nun das!“

„Ich habe dich nicht eingeladen“, konterte sie. „Und ich will dich hier auch nicht haben.“

„Warum denn nicht? Das ist doch auch meine Scheidung.“ Er schien sie wirklich nicht zu verstehen.

„Ich weihe heute Abend meine neue Wohnung ein.“

„Immerhin wohnst du schon seit über drei Monaten hier.“

„Und unsere Scheidung ist heute aktenkundig geworden. Das ist ein guter Grund zum Feiern, findest du nicht?“

Starr blickte Jason sie an.

„Die Wahrheit ist“, sagte er schließlich langsam, „du feierst, weil du mich endlich losgeworden bist, stimmt’s?“

„Genauso ist es.“

„Ich weiß gar nicht, warum du dir die Mühe mit der Scheidung gemacht hast“, fuhr er fort. „Du hättest mir einfach sagen können: Jason, verschwinde! In meinem Beruf ist das gar kein Problem, glaub mir. Ich kann bei einer Schießerei sterben, von einer Brücke fallen – es gibt tausend Möglichkeiten. Zu verschwinden ist eine meiner leichtesten Übungen.“

Kelly sah ihn verzweifelt an. „Du bist wirklich unmöglich.“

Er nickte. „Ja, klar. Deswegen hast du dich ja auch von mir scheiden lassen.“

„Nicht nur deswegen.“

„Ich dachte immer, das wäre der Grund, warum du mich geheiratet hast.“

„Lass uns endlich einen Schlussstrich unter die Sache ziehen“, erklärte Kelly. Sie merkte, dass das Gespräch sie erschöpfte. „Du hast mein Leben schon einmal zerstört, und ich werde nicht zulassen, dass es ein zweites Mal geschieht.“

„Wenn du glaubst, dass eine Trennung die Lösung ist, hast du dich getäuscht“, erwiderte Jason. Auch ihm schien plötzlich nicht mehr zum Scherzen zumute zu sein, denn er sah recht grimmig aus. „Eins musst du mir wirklich lassen – egal, was passiert ist, ich bin immer wieder zu dir zurückgekehrt.“

„Ja, irgendwann. Und dafür sollte ich dann auch noch dankbar sein.“

Jason wollte etwas entgegnen, aber in diesem Moment wurden sie von einer Gruppe von Neuankömmlingen unterbrochen. Eine blonde junge Frau trat auf Kelly zu und drückte ihr ein Geschenk in die Hände.

„Das hier ist von Harry. Es tut ihm schrecklich leid, dass er heute verhindert ist. Aber ich soll dir sagen, dass er dich sehr vermisst. Er wird sich in ein paar Tagen bei dir melden.“

„Ja, ich vermisse ihn auch“, erwiderte Kelly und packte das Geschenk aus. Es war eine kleine Alabasterfigur, die bestimmt ein Vermögen gekostet hatte. „Wie hübsch!“

Dann drehte sie Jason resolut den Rücken zu und kümmerte sich um ihre neuen Gäste. Er trank sein Glas in einem Zug aus. Als sie ihn das nächste Mal sah, tanzte er gerade eng umschlungen mit Marianne. Sie ignorierte ihn einfach. Die Tage, an denen ihr ein solcher Anblick einen Stich versetzt hatte, lagen glücklicherweise hinter ihr.

Gegen zwei Uhr morgens begann die Party sich dann langsam aufzulösen. Carl half Kelly dabei, die Gläser und Teller zusammenzuräumen, und Frank, ihr Kommilitone, erbot sich, ihr beim Spülen zu helfen.

Die beiden stritten sich darum, wer ihr behilflich sein durfte. Da sie schon einiges getrunken hatten, nahm das Ganze geradezu groteske Züge an. Kopfschüttelnd sah Kelly von einem zum anderen. Sie wusste nicht, wie sie den Streit schlichten konnte, ohne einen der beiden Kampfhähne zu verletzen. Doch da erschien überraschend Jason. Er lehnte sich an den Türrahmen.

„Wo zwei sich streiten, freut sich der Dritte“, meinte er. „Verschwindet, ihr beiden. Ich werde Kelly helfen.“

„Das ist nicht nötig, vielen Dank“, erwiderte sie mit hochrotem Kopf.

„Dann sag ihnen, dass sie sich verziehen sollen.“

„Du kannst mir nicht befehlen, was ich …“

Aber seine drohende Miene war Carl und Frank offensichtlich nicht entgangen. Sie sahen sich an und zogen sich dann zurück.

„Hey, wartet, ihr beiden“, rief Kelly ihnen hinterher. „Beachtet ihn gar nicht. Er hat seit gestern Morgen um halb elf keinerlei Rechte mehr.“

Jason trat auf sie zu und meinte begütigend: „Komm schon, du brauchst die beiden gar nicht. Du hast schließlich mich!“

Sie funkelte ihn an. „Schönen Dank auch! Das hast du fein hinbekommen.“

Ihre beiden Bewunderer verließen allerdings schon die Küche. Und Jason war wieder einmal der Herr im Haus! Nicht zu fassen! An der Tür drehte Carl sich noch einmal um. Er warf ihr eine Kusshand zu und zuckte resigniert die Schultern. Schließlich war sie mit Jason allein.

„Du hast wirklich Nerven“, sagte sie verbittert, nachdem sich der erste Zorn gelegt hatte. „Was fällt dir ein, meine Gäste herumzukommandieren? Für wen hältst du dich eigentlich?“

„Vor ein paar Tagen hätte ich dir darauf noch eine Antwort geben können“, erwiderte Jason unerwartet ruhig. „Aber es ist ein starkes Stück, unsere Scheidung mit einer Party zu feiern. War unsere Ehe denn wirklich die Hölle für dich?“

„Das fragst du noch?“, konterte sie. „Wer ist denn für das ganze Schlamassel verantwortlich? War ich etwa diejenige, die mit Olympia Statton geschlafen hat?“

Jetzt wurde Jason auch ärgerlich. Er verdrehte die Augen. „Wie oft muss ich dir denn noch sagen, dass ich nicht mit Olympia geschlafen habe?“

„Ach nein? Und was hattest du um drei Uhr morgens in ihrem Hotelzimmer in Paris zu suchen?“

„Ich habe ja nie geleugnet, dass ich mit ihr im Hotel war, aber …“

„Und aus welchem Grund warst du dort, wenn ich fragen darf?“

Jason seufzte. „Ich hatte meine Gründe und … Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst, es war so: Ich bin mit ihr ins Hotel gegangen, und zuerst dachte ich auch daran, dass wir etwas miteinander anfangen würden. Aber mittendrin habe ich plötzlich den Mut verloren. Ich wusste nicht, wie ich es ihr beibringen sollte. Deshalb habe ich aus lauter Verzweiflung einfach eine Menge getrunken, bis mir wirklich schlecht war und ich einen Grund hatte zu verschwinden. Mein Pech, dass das Ganze ein abgekartetes Spiel war und mein Team versucht hat, mich hereinzulegen.“

„Ja, das war wirklich Pech“, höhnte Kelly. „Und das soll ich dir glauben?“

„Natürlich! Es ist schließlich die Wahrheit! Nicht einmal Olympia behauptet, dass zwischen uns etwas passiert ist. Warum also glaubst du mir nicht?“

„Weil ich mich nicht für dumm verkaufen lasse“, erklärte sie wütend.

„Noch einmal, ich habe nicht mit ihr geschlafen“, wiederholte Jason beschwörend. „In den Dokumenten wird ihr Name auch nicht genannt. Es heißt ‚Ehebruch mit einer unbekannten Frau‘.“

„Ja, du wolltest ihren Namen nicht durch den Schmutz ziehen.“

„Im Gegenteil, ich wollte dich nur schützen!“

Kelly verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wird ja immer schöner“, meinte sie aufgebracht. „Als Nächstes wirst du sagen, du hättest in die Scheidung nur eingewilligt, um mir einen Gefallen zu tun.“

Jason nickte. „Ich hatte tatsächlich den Eindruck, dass du alles tun würdest, um mich loszuwerden. Und da ich weiß, wie stur du bist, habe ich gar nicht erst versucht, dich davon abzubringen.“

Sie lachte auf. „Was für ein Witz! Die Beweise für deine Untreue lagen ja schließlich auf der Hand. Irgendwann war ich gezwungen, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.“

Starr blickte er sie an. „Beweise? Was für Beweise? Wovon sprichst du überhaupt?“

„Ich spreche davon, dass du nie da warst, wenn ich dich gebraucht habe. Ob es um einen Geburtstag oder einen Feiertag ging, an dem man zusammen etwas hätte unternehmen können … Ich konnte mich hundertprozentig darauf verlassen, dass Olympia dich bereits mit einem Auftrag ans andere Ende der Welt geschickt hatte. Glaubst du etwa, das ist eine Basis für eine gute Ehe?“

„Olympia ist meine Producerin“, erwiderte Jason schneidend. „Ob es dir nun gefällt oder nicht, sie ist es, die mir meine Aufträge erteilt und der ich meine Karriere verdanke.“ Er schwieg einen Moment und schüttelte dann den Kopf. „Nein, Unsinn, das kann man natürlich nicht sagen. Ich verdanke ihr nicht meine Karriere, aber sie hat mir eine Chance gegeben. Hätte ich das etwa ablehnen sollen?“

Kelly seufzte. Sie merkte plötzlich, wie müde sie war. „Ach Jason, darüber haben wir doch schon so oft gesprochen“, sagte sie resigniert. „Was hat es geholfen? Gar nichts. Wir sind geschieden, und das ist auch gut so. Ich schlage vor, wir lassen die Vergangenheit am besten ruhen.“

„Kelly …“

„Es reicht“, sagte sie fest. „Ich werde jetzt das Geschirr abspülen, und dann gehe ich ins Bett, ob es dir nun passt oder nicht.“

2. KAPITEL

Schweigend half Jason Kelly beim Abwaschen. Eigentlich wollte sie ihn bitten zu gehen, aber sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es zwecklos gewesen wäre. Jason hatte seinen eigenen Kopf, er ließ sich zu nichts zwingen.

„Willst du noch einen Kaffee?“, bot sie ihm schließlich versöhnlich an, sobald sie fertig waren.

Er nickte und ging hinüber ins Wohnzimmer. Als Kelly wenig später mit dem Tablett zu ihm kam, traf sie ihn auf dem Sofa ausgestreckt liegend an. Er schien fest zu schlafen. Das war kein neuer Anblick. Wie oft hatte sie sich früher auf seine Rückkehr gefreut und es vor Sehnsucht nach ihm kaum ausgehalten? Und wie oft hatte sie ihn kurz danach in genau dieser Stellung gefunden – völlig abwesend und zu nichts mehr zu gebrauchen?

Kelly stellte die Kaffeetasse neben ihm auf den Tisch. Jason öffnete die Augen.

„War es ein langer Flug?“, fragte sie mitfühlend.

Er gähnte. „Zehn Stunden. Ich bin völlig fertig.“

Dann erhob er sich und betrachtete kritisch das Zimmer. „Eine schöne Wohnung hast du“, stellte er schließlich fest. „Viele Geschäfte, ein kleiner Park ganz in der Nähe, nicht zu weit von der Uni entfernt und eine gute Gegend. Du hättest es nicht besser treffen können.“

„Danke“, erwiderte Kelly. Sie war auch sehr stolz auf ihre Wahl.

Jason öffnete die Tür zum Schlafzimmer und betrachtete das große Doppelbett.

„Nicht schlecht“, bemerkte er beifällig.

Kelly folgte ihm.

„He, das ist meine Wohnung“, sagte sie aufgebracht.

Er winkte ab. „Reg dich nicht auf. Ich weiß schon, wie dein Schlafzimmer aussieht. Schließlich haben deine Gäste ihre Mäntel dort gelassen. Was ist das hier?“, fragte er und öffnete die Tür zu einem weiteren Zimmer. Es war ein kleiner Raum, vollgestellt mit Kisten.

„Ein Provisorium“, meinte sie verlegen. „So lange wohne ich ja noch nicht hier.“

Jason schüttelte den Kopf. „Das passt gar nicht zu dir“, sagte er verblüfft.

„Was passt nicht zu mir?“

„Du warst doch immer so ordentlich. Und jetzt packst du einfach alles in Kisten. He, was ist das denn hier?“ Er hatte ein Buch aus einem der Regale im Wohnzimmer genommen und studierte jetzt stirnrunzelnd den Titel.

„,Wie man weiterkommt – im Bett und im Leben‘. Was, zum Teufel, ist das?“

Kelly nickte vergnügt. „Marianne hat es mir gegeben. Es ist einer dieser New-Age-Ratgeber. Eigentlich eher etwas zum Lachen.“

„Zum Lachen? Ja, ich habe gemerkt, dass sie Humor hat.“

„Ihr beide habt euch gut miteinander amüsiert“, bemerkte Kelly spitz. „Hat sie dir schon ihre Telefonnummer gegeben? Wenn nicht, kannst du sie von mir haben.“

„Danke, das ist nicht nötig. Ich bin durchaus in der Lage, mein Privatleben selbst zu organisieren. Und was ist das hier?“ Er betrachtete ein zweites Buch mit dem Titel „Lust auf jugendliche Liebhaber?“. „Hast du das etwa auch schon probiert? Ich muss sagen, Frauen scheinen doch mehr Spaß zu haben, als man immer glaubt.“

„Marianne hat es ausprobiert“, erwiderte Kelly vergnügt. „Ich stehe nicht auf jüngere Männer. Bist du etwa eifersüchtig? In deinem Alter scheidest du als jugendlicher Liebhaber leider aus.“

Jason schlug das Buch auf und las eine Passage daraus vor. „,Seien Sie niemals halbherzig in Bezug auf die Veränderungen, die Sie in Ihrem Leben planen. Genießen Sie das Gefühl der Befreiung, wenn Sie endlich alten Ballast loswerden.‘“ Er sah auf. „Ich nehme an, damit bin ich auch gemeint, stimmt’s?“

„Kann sein. Aber lass uns bei den Tatsachen bleiben. Schließlich war nicht ich es, die sich mit dir gelangweilt hat. Dir war doch das Leben mit mir nicht aufregend genug. Sonst hättest du dich bestimmt nicht an Olympia herangemacht.“

„Bitte erwähn sie nie wieder.“

Autor

Lucy Gordon
<p>Die populäre Schriftstellerin Lucy Gordon stammt aus Großbritannien, bekannt ist sie für ihre romantischen Liebesromane, von denen bisher über 75 veröffentlicht wurden. In den letzten Jahren gewann die Schriftstellerin zwei RITA Awards unter anderem für ihren Roman „Das Kind des Bruders“, der in Rom spielt. Mit dem Schreiben erfüllte sich...
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