Hochzeit mit dem Playboy-Prinz

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Sie soll Prinz Rodriguez von Spanien heiraten? Einen völlig Fremden, dem ein Ruf als Playboy vorauseilt? Verzweifelt gehorcht Prinzessin Carlotta dem Befehl ihres Vaters - nur durch diese Pflichtehe kann ein Skandal um ihr uneheliches Kind vermieden werden. Zum Glück stellt Rodriguez sich wider Erwarten als sehr attraktiv und charmant heraus. Und so lässt Carlotta sich trotz allem zu einem heißen Flirt mit ihm hinreißen. Doch nicht nur die erotische Anziehung zwischen Rodriguez und ihr wächst, Carlotta droht sich auch unrettbar in ihn zu verlieben …


  • Erscheinungstag 03.09.2013
  • Bandnummer 2090
  • ISBN / Artikelnummer 9783954466269
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was soll das heißen, sie ist nicht hier?“ Prinz Rodriguez Anguiano hätte wetten können, Schweißperlen auf der Oberlippe seines zukünftigen Schwiegervaters zu sehen.

Da er König Eduardo von Santina als ebenso Respekt einflößenden wie souveränen Monarchen kannte, überraschte ihn das und machte ihn gleichzeitig neugierig.

König Eduardo räusperte sich umständlich. „Sophia hat Santina verlassen … in Begleitung eines Maharadschas.“

Rodriguez hob die dunklen Brauen und lächelte sardonisch. „Ein Maharadscha? Ist ihr ein Prinz etwa nicht gut genug? Manche Frauen scheinen sich nach mehr Exotik in ihrem Leben zu sehnen.“

Die tiefe Röte auf König Eduardos Wangen zeigte, wie schwer es ihm fiel, dem Prinzen die schlechte Nachricht zu überbringen. „Sie tat es ohne mein Wissen und Einverständnis.“

„Nun, da meine Fast-Verlobte mit einem anderen durchgebrannt ist, wird die geplante Hochzeit wohl kaum stattfinden können.“ Seine Stimme troff vor Sarkasmus, und er hatte wahrlich jedes Recht, brüskiert zu sein. Innerlich fühlte Rodriguez allerdings so etwas wie Erleichterung. Zwar hatte er sich inzwischen mit dem Gedanken abgefunden, in nächster Zukunft heiraten zu müssen, reißen tat er sich jedoch nicht darum. Eine Ehe erschien ihm ungefähr so erstrebenswert wie eine Kette mit Kugel am Bein. Und wer würde sich eine derartige Fessel schon freiwillig anlegen?

Trotzdem hatte er keine Wahl, allein schon wegen der Sache mit dem Thronerben. Aber wie es aussah, wurde ihm noch eine Gnadenfrist gewährt. Dabei war Sophia gar keine schlechte Kandidatin gewesen. Eine zierliche Brünette von klassischer Schönheit, die allerdings irgendwann verblassen würde.

So, wie es momentan aussah, konnte er direkt nach Santa Christobel zurückkehren und seine wiedergewonnene Freiheit in den Armen einer willigen Blondine feiern. Oder mit einer Rothaarigen. Oder mit beiden …

Eigentlich war das nicht sein Stil, aber wegen eines ärztlichen Attests, auf dem seine zukünftige Braut bestehen konnte, hatte der Prinz sich vorsichtshalber ein sechsmonatiges Zölibat auferlegt. Was bisher noch als heroisch hätte gelten können, empfand er nun als unnötige Quälerei.

„Vater?“

Da er als ausgewiesener Frauenkenner und – Liebhaber instinktiv auf alles Weibliche reagierte, drehte Rodriguez sich sofort um, als er die sanfte, melodische Stimme hörte. Doch in diesem Fall deckten sich Stimme und Optik leider gar nicht. Eine von König Eduardos Töchtern stand in der Tür. Das glatte dunkelbraune Haar reichte ihr bis zum Kinn, praktisch, schlicht und unprätentiös wie alles andere an ihr. Eine weiße Bluse zur mokkafarbenen Leinenhose, dazu schwarze Ballerinas. Groß und schlank, hätte sie als Model für einen lässigen Business-Look durchgehen können. Allerdings trug sie keinen Hauch von Make-up.

„Verzeihung“, sagte sie und neigte leicht den Kopf. „Ich wusste nicht, dass du beschäftigt bist.“ Sie wollte sich zurückziehen, und Rodriguez wunderte sich über das flüchtige Bedauern, das er empfand.

„Carlotta …“

Sie zögerte kaum merklich, dann wandte sie sich um. „Ja, Vater?“

„Bitte bleib einen Moment. Ich möchte dir Prinz Rodriguez Anguiano vorstellen, Sophias Verlobten.“

Als sie ihn mit befremdlich kühlem Blick musterte, überraschte Rodriguez das leuchtende Smaragdgrün ihrer ungewöhnlichen Augen. Sie wirkte ernsthaft, ein wenig verschlossen und sehr beherrscht. Dahinter erahnte er noch etwas anderes, schwer Greifbares. Etwas, das sie offensichtlich zu verbergen suchte.

„Entzückend.“ Rodriguez lächelte routiniert. „Ich bin erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Prinzessin. Obgleich ich nicht länger Sophias Verlobter bin, da sie mit einem Maharadscha davongelaufen ist, wie ich gerade erfahren musste.“

Carlotta blinzelte betroffen, bevor sie sich abrupt ihrem Vater zuwandte. Auf Rodriguez machte sie den Eindruck, als wenn sie sich vor dem alten König fürchtete. Zumindest erschien sie ihm ziemlich nervös und verunsichert. Das wunderte ihn, da er König Eduardo absolut nicht zum Fürchten fand. Eher erinnerte er an einen alten, zahnlosen Löwen, der vielleicht noch brüllen, aber nicht mehr beißen konnte.

Seine Tochter hingegen schien das anders zu sehen.

„Sie ist nicht mit dem Maha… mit Ashok davongelaufen“, erklärte Eduardo.

„Ehrlich gesagt, ist es mir egal, ob sie gelaufen, gerannt oder geflogen ist. Das Ergebnis bleibt dasselbe“, führte Rodriguez kühl an. „Ich habe keine Verlobte mehr, und damit ist unser Brauthandel hinfällig.“

„Darf ich mich zurückziehen?“, fragte Carlotta und trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.

„Nein“, kam es brüsk von ihrem Vater.

„Mir ist es egal, was Sie tun“, versicherte Rodriguez, als ihn Carlottas nervöser Seitenblick traf. Langsam fing er an, die absurde Situation zu genießen. Warum musste eine erwachsene Frau ihren Vater das überhaupt fragen?

Ihr Blick flog zwischen den beiden Männern hin und her, dann schluckte sie trocken und wandte sich erneut an ihren Vater. „Ich muss nur noch eben Luca …“

„Das kann warten, also tu mir den Gefallen und bleib“, unterbrach er sie schroff.

Einen Moment schien sie nachzudenken, wie sie darauf reagieren sollte, und Rodriguez spürte einen sauren Geschmack im Mund. Dios! Er verabscheute Männer, die ihre Stärke und Überlegenheit in dieser Weise demonstrierten – und dann auch noch der eigenen Familie gegenüber!

„Ich denke, ich kann mich verabschieden“, sagte er kühl. „Wenn Sie keine Braut für mich haben, gibt es keinen Grund, länger zu bleiben.“

„Noch eine Frage, Rodriguez, hegen Sie eigentlich tiefere Gefühle für Sophia?“ König Eduardo ließ ihn nicht aus den Augen.

„Ich kenne sie doch gar nicht persönlich.“

„Dann ging es Ihnen also nur um den Namen?“

„Sie wissen, dass es so ist.“ Wen Rodriguez zum Altar führte, war ihm herzlich gleichgültig, solange sie nur gesunde Erben produzierte und auf dem Balkon des Palasts eine gute Figur beim Winken machte.

„Dann habe ich eine Braut für Sie …“ Die dunklen Augen des Königs wanderten zu seiner Tochter. „Sie können Carlotta haben.“

Carlotta glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Hat mein Vater mich gerade verschachert wie eine Preisstute? Quasi als Abschiedsgeschenk für den scheidenden Prinzen?

Warum schockiert dich das? fragte sie sich gleich darauf. Du kennst doch seine Meinung über dich. Benommen starrte sie ihren Vater an, bis das lastende Schweigen peinlich zu werden drohte.

Rodriguez lachte hart auf. „Sie schlagen mir einen Tauschhandel vor?“

„Nur einen Weg, das Gesicht zu wahren.“

Instinktiv schüttelte Carlotta wild den Kopf und öffnete den Mund, doch sie brachte keinen Ton heraus. Sie hatte Sophias heimliche Flucht noch nicht verdaut, da folgte schon der nächste Schlag! Die arrangierte Heirat mit Rodriguez wäre für das Zustandekommen der geplanten Allianz zwischen Santina und Santa Christobel enorm wichtig gewesen. Und ausgerechnet sie hatte Sophia vor der wenig schmeichelhaften Schlagzeile gewarnt: Prinzessin steigt in den Mile-High-Club auf.

Trotzdem hätte sie nicht erwartet, selbst in das ganze Debakel hineingezogen zu werden. Und schon gar nicht auf diese schockierende Weise!

Rodriguez musterte sie mit abschätzigem Blick, bevor er sich an ihren Vater wandte. „Was soll ich mit einer Frau anfangen, die bei der Vorstellung, meine Braut zu werden, fast ohnmächtig wird? Ich denke, es sollte nicht schwer sein, jemanden zu finden, der sich durch meine Anwesenheit weniger belästigt fühlt. Kein Deal, Eduardo.“

Damit machte er auf dem Absatz kehrt und ließ Carlotta mit ihrem Vater allein. Zurück blieb ein lastendes Schweigen. Es war voller stummer Vorwürfe und Anklagen. Und es war keine Premiere für Carlotta. Schon einmal hatte sie an genau der gleichen Stelle gestanden und es gespürt, vor annähernd sechs Jahren.

Die bebenden Knie eng zusammengepresst, mit krampfhaft gefalteten Händen, den Blick starr auf den Teppich zu ihren Füßen geheftet. Am ganzen Körper zitternd hatte sie den kalten Angstschweiß im Nacken gespürt.

Ich bin schwanger.

Nur mit äußerster Anstrengung hatte sie das ebenso schockierende wie beängstigende Geständnis über die Lippen gebracht. Was folgte, war ein minutenlanges Schweigen, das ihr wie eine Ewigkeit vorkam.

Heute schien es noch länger zu dauern.

„Vater, ich …“

„Carlotta, das ist deine Gelegenheit, endlich etwas von dem gutzumachen, was wir deinetwegen ertragen mussten. Und was ich für dich getan habe“, unterbrach König Eduardo seine Tochter mit schwerer Stimme. „Denk doch auch einmal an uns, an deine Familie und dein Land. Du hast Schande über uns alle gebracht.“

„Ich … ich bin eigentlich nur hier, um dir zu sagen, dass ich heute noch zurück nach Italien muss.“ Sie konnte und wollte sich dem, was ihr Vater sagte, nicht öffnen. Es schmerzte einfach zu sehr. Vielleicht weil es zum Teil der Wahrheit entsprach, andererseits …

Entschlossen hob sie das Kinn. „Luca braucht mich. Er hat in meinem Leben oberste Priorität. Und du … du willst mich an einen Prinzen verschachern. Ein Brauthandel! Ich werde auf keinen Fall …“ Ihre Stimme wurde immer dünner und drohte zu versiegen. Carlotta versuchte, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. „Was erwartest du eigentlich von mir, Vater?“

Der König sah auf seine Finger, die gefaltet auf dem schweren, antiken Schreibtisch lagen. „Ich hatte gehofft, du verstehst, wie wichtig diese Verbindung für unser Land ist. Und ich hoffte ebenfalls, du würdest selbst erkennen, was jetzt deine Pflicht ist. Durch deinen … Fauxpas und die skandalöse Wahl deines Bruders, was die zukünftige Königin von Santina betrifft, sind unsere Familie und unser Land wahrlich genug belastet.“

Carlotta fühlte, wie ihr Blut mit jedem Wort zu Eis gefror. Sie empfand Luca weder als Fehltritt noch als Schandfleck. Das würde ihr kleiner Sohn niemals für sie sein, auch wenn die Presse versuchte, es so darzustellen: Der einzige Santina-Bastard. So hatte die bevorzugte Schlagzeile nach Lucas Geburt gelautet. Zum Glück kannten sie nicht die ganze Geschichte! Und nicht einmal die Hälfte ihrer Sünden.

Das verdankte sie in erster Linie ihrem Vater. Daher stammte auch das nagende Schuldgefühl, das er mit seinem Appell an ihr Gewissen gerade wirksam wiederbelebt hatte.

„Ich habe immer große Dinge von dir erwartet, Carlotta.“ Seine Stimme klang jetzt sanfter. „Dies ist deine Chance, mir zu beweisen, dass meine Einschätzung richtig war.“ In den dunklen Augen schimmerte es verdächtig, als er zu ihr hochschaute. „Du warst immer mein besonderer Liebling, und ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um dich zu beschützen und sogar verhindert, dass die Presse von den besonderen Umständen um Lucas Geburt erfahren hat. Ist es da wirklich zu viel verlangt, wenn ich dich um diesen einen Gefallen bitte?“

Mit jedem bedachten Wort ihres Vaters wurde ihr Hals enger und enger, bis Carlotta keine Luft mehr bekam. Auch das war ein Grund, warum sie ihre Besuche in Santina auf ein Minimum reduziert hatte: ihre Familie und die Verpflichtungen, die mit ihrem Status als Prinzessin einhergingen. Dazu kam die schwer lastende Schuld.

Nicht zum ersten Mal sagte sie sich, dass es ein Fehler gewesen war, zu Alex’ Verlobung zu kommen. Sie passte nicht mehr in dieses Leben. Weder kam sie mit ihren Eltern zurecht noch mit ihrem Bruder Alessandro, der nach ihrem Vater den Thron besteigen würde. Und erst recht nicht mit der Familie seiner Braut Allegra, den Jacksons und ihrem äußerst freizügigem Lebensstil. Insgeheim jedoch beneidete Carlotta sie sogar ein bisschen. Sie schienen sich um nichts und niemand zu scheren und nicht einmal darunter zu leiden, dass man auf sie herabsah oder sie verachtete.

Aber du bist nicht wie sie! erinnerte sie eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf.

Verzweifelt wünschte sie sich in ihr ruhiges Haus an der wunderschönen Amalfiküste zurück. Dort durfte sie einfach nur Carlotta sein, Lucas Mum.

Doch das war leider nur ein Traum. Einer, in den sie sich geflüchtet hatte, als sie verängstigt, allein und schwanger war. Mit gebrochenem Herzen und verfolgt von gnadenlosen Paparazzi. Damals hatte sie sich unendlich hilflos und schwach gefühlt. Aber wegen Luca durfte sie nicht aufgeben, sondern musste stark sein und nach vorn schauen.

Doch so vor ihrem Vater zu stehen, brachte all die schrecklichen Gefühle schlagartig zurück. Sie war wieder das kleine Mädchen, das seinem Dad unbedingt gefallen wollte. Stets hatte sie versucht, alles richtig zu machen, um ihn nicht zu verärgern. Und jetzt, nachdem Sophia die väterliche Gunst verloren und Alex den Ärger seines Vaters erregt hatte, bekam sie die Gelegenheit dazu.

Jetzt konnte sie ihrem Vater beweisen, dass sie immer noch die Tochter war, die er früher in ihr gesehen hatte, vor ihrem tiefen Fall.

„Wie genau sieht denn diese … Abmachung mit Prinz Rodriguez aus?“, fragte sie rau und befeuchtete die trockenen Lippen mit der Zungenspitze.

„Anguiano braucht dringend einen Erben. Sein Vater liegt regierungsunfähig in einer Klinik, die er nicht mehr lebend verlassen wird. Es ist an der Zeit, dass Rodriguez offiziell die Thronherrschaft übernimmt.“

„Und was würde für uns dabei herausspringen? Ich meine, abgesehen von einer Allianz der beiden Länder. Denn wenn ich mich entschließen sollte, den Prinzen zu heiraten, will ich wenigstens genau wissen, was für Vorteile …“

„Kannst du dir denn nicht denken, was uns eine Allianz zwischen Santina und Santa Christobel bringen würde?“, unterbrach ihr Vater sie mit der für ihn typischen Ungeduld. „Eine starke Basis gegen mögliche Konflikte von außen, wirtschaftliche Vorteile für beide Seiten, gemeinsame Bildungsprojekte und Austauschprogramme über die Grenzen hinweg – und all das zementiert durch eine Ehe zwischen zwei Königshäusern.“

„Nicht zu vergessen Santa Christobels Bodenschätze“, erinnerte Carlotta mit sanfter Ironie. „Was war das noch genau? Diamantenminen? Ach ja und Rubine, nicht wahr? Ganz abgesehen von anderen natürlichen Ressourcen …“

„Ich will nicht abstreiten, dass auch dieser Umstand eine gewisse Rolle spielt“, gab König Eduardo zu. „Es macht die Verbindung nur noch dringlicher. Sophia kannte ihre Pflicht, hat sich ihr aber entzogen. Jetzt vertraue ich ganz auf dich, Carlotta, und darauf, dass du das Richtige tust.

Aber was ist das Richtige für mich?

Sekundenlang schloss Carlotta die Augen und dachte an ihr Strandhaus. An die Ruhe und den Frieden dort. An Luca, wie er, die Arme voller Kuscheltiere, in den lichtdurchfluteten Räumen herumtobte. Oder draußen im warmen Sand. Dort war alles viel einfacher. Sie konnte sie selbst sein und musste sich nicht verbiegen. Doch nur weil sie Santina hinter sich gelassen hatte, hieß das nicht, dass ihre Familie, ihr Titel und die damit verbundenen Pflichten keine Rolle mehr spielten.

Ob sie es wollte oder nicht, es lag in ihrem Blut, selbst wenn sie versuchte, es zu leugnen. Und dann war da noch ihr Vater, der sie nie aufgegeben hatte, wie sehr er sich auch von ihr betrogen und enttäuscht fühlte. Alles, was die Presse an negativen Schlagzeilen über die zukünftige Verwandtschaft ihres Bruders schrieb, hätte man genauso gut ihr anlasten können. Und es hatte ja tatsächlich in allen Zeitungen gestanden.

Skandalös, unmoralisch, schandbar …

Weder ihr Vater noch andere Mitglieder ihrer Familie hatten sie mir derartigen Adjektiven belegt, doch was sie dachten, war eine ganz andere Sache. Und wie hätte sie ihnen daraus einen Vorwurf machen können?

Niemand ging so brutal mit ihr ins Gericht wie Carlotta selbst. Sie hatte ihre Familie enttäuscht und sie der öffentlichen Häme und Lächerlichkeit preisgegeben. Damit hatte sie sich das Missfallen der ganzen Nation zugezogen, die ihr Fehlverhalten als klares Zeichen einer drohenden Degeneration des Königshauses ansah.

Die Frage war nur, wie dringend verlangte es sie nach Absolution? Genügend, um einen völlig Fremden zu heiraten? Den zukünftigen Herrscher eines Landes, das sie gar nicht kannte? Den Mann, dem ihre Schwester versprochen gewesen war, bis sie es vorgezogen hatte, mit Ash in seinem Privatjet zu fliehen?

Carlotta betrachtete die immer noch imposante Gestalt ihres Vaters und stellte fest, dass er in den letzten Jahren sichtlich gealtert war. Wie viele der Sorgenfalten und scharfen Linien um Mund und Nase gingen wohl auf ihr Konto?

Allein darüber nachzudenken machte sie krank. Jetzt bot sich ihr die Gelegenheit, etwas gutzumachen. Sie war die Einzige, die ihrem Vater in dieser prekären Situation helfen konnte. Und es bestürzte Carlotta, wie sehr sie sich danach sehnte, seine spürbare Enttäuschung zu lindern.

„Was möchtest du, dass ich tue, Vater?“, fragte sie ruhig und beherrscht.

Nachdem er sich seine Schuhe und die Krawatte ausgezogen hatte, machte Rodriguez es sich auf dem Hotelbett bequem. Sein Privatjet würde bald bereitstehen, dann konnte er Santina endlich den Rücken kehren. Und damit auch dem seltsamen Melodram, in dem die Mitglieder des Königshauses offenbar die Hauptrollen spielten.

Die veränderte Situation belastete ihn absolut nicht. Seine Devise lautete: Nie mehr nachdenken und planen als notwendig, weder Reue noch Bedauern empfinden oder sich sinnlos über etwas den Kopf zerbrechen, was nicht im Hier und Jetzt geschah.

Ein zartes Klopfen an der Tür brachte ihn zum Grinsen. Wenn das eines der Zimmermädchen war, könnte er die verbleibende Zeit vielleicht doch noch sinnvoll nutzen. Er hatte schon viel zu lange auf Sex verzichtet. Und da er hergekommen war, um seine Verlobte abzuholen, hatte er ohnehin nicht erwartet, sein Zölibat über den heutigen Abend ausdehnen zu müssen.

„Sì?“

Die Tür öffnete sich, doch nicht das Zimmermädchen stand auf der Schwelle, sondern Prinzessin Carlotta Santina. Immer noch in dem tristen Outfit, die Lippen fest zusammengepresst. Wie es aussah, war sie nicht gekommen, um die erlittene Kränkung oder sein selbst auferlegtes Zölibat zu lindern.

Nur widerwillig schwang Rodriguez die langen Beine vom Bett, erhob sich und schlüpfte in seine Schuhe.

„Ich denke, wir müssen reden“, erklärte Carlotta ohne Einleitung.

Also hatte er sich nicht getäuscht. „So, denken Sie das?“

Während sie nickte, zauberten die Sonnenstrahlen helle Lichtreflexe auf ihr glänzendes kinnlanges Haar. „Da mein Vater versucht hat, mich quasi als Ersatz für meine Schwester …“

„Nicht nötig, darüber zu reden“, unterbrach Rodriguez sie gelangweilt. „Was mich betrifft, ist das Thema erledigt.“ Ob sie sich nun stellvertretend entschuldigen oder ihm sonst was erzählen wollte, er hatte kein Interesse.

„Für mich aber nicht“, erklärte sie zu seinem Erstaunen sehr bestimmt. Der stählerne Unterton in der sanften Stimme überraschte ihn.

„Tatsächlich?“

„Ja, mein Vater hat mir die Situation noch einmal verdeutlicht. Ich … mir war zwar bewusst, dass Sie und Sophia einander versprochen waren, ich kannte aber nicht die genauen Umstände. Ich lebe nämlich schon länger nicht mehr in Santina, und Sophia … nun, ehrlich gesagt, hat meine Schwester nicht viel von Ihnen gesprochen. Wie ernst das Ganze war, ist mir erst durch die Aufregung bewusst geworden, die es um ihre Flucht in Ashs Privatjet gegeben hat.“

„Vielleicht lag es daran, dass wir einander so gut wie gar nicht kannten. Also gab es auch keinen Grund für Ihre Schwester, über mich zu reden.“

„Wie dem auch sei, Tatsache ist, sie ist weg“, erwiderte Carlotta.

„So ist es, durchgebrannt mit einem Maharadscha.“

Carlotta lächelte flüchtig, hatte sich aber gleich wieder im Griff. „Ja, mit Ash, einem von Alex’ engsten Freunden. Und Sie brauchen immer noch eine Frau.“

„Brauchen ist vielleicht nicht das richtige Wort.“

„Was denn nun? Ja oder nein?“

„Eventuell … irgendwann.“

„Und wann wäre dieses irgendwann?“, ließ Carlotta nicht locker.

Rodriguez seufzte. „Ganz ehrlich? Je eher, desto besser. Dem Volk von Santa Christobel steht eine große Veränderung bevor.“ Er dachte an die Verantwortung, die er zukünftig übernehmen musste. Schon jetzt lastete das Gewicht der Krone schwer auf seinen Schultern. Allein die Tatsache, dass er wieder in den Palast hatte einziehen müssen, empfand er als unzumutbare Tortur. „Alles, was hilft, den Menschen in dieser schweren Zeit die Angst zu nehmen, ist willkommen. Heirat … meine Heirat wäre natürlich ein wichtiger Schritt in dieser Hinsicht.“

Große Trauer würde es um seinen Vater nicht geben, so viel stand fest. Carlos Anguiano war nicht besonders beliebt. Trotzdem war er die Galionsfigur geblieben, während Rodriguez in den letzten Jahren aus dem Hintergrund das Land regiert hatte.

„Es wäre eine Art Neustart für Santa Christobel. Ein frischer Anfang“, schloss er.

„Nun, dann habe ich gute Nachrichten für Sie.“

„Die da wären …“

„Ich bin nicht mit einem Maharadscha auf und davon, also steht einer Heirat mit Ihnen nichts im Wege. Zum nächstmöglichen Termin.“

Dass Rodriguez sprachlos war, kam nicht sehr oft vor.

„Pardon?“

„Ich werde Sie heiraten.“

„Was hat sich seit unserer ersten, etwas … holprigen Begegnung verändert?“, fragte er neugierig.

„Ich gebe zu, dass ich zunächst geschockt war, weil mich niemand auf die prekäre Situation vorbereitet hatte.“

„Geschockt, nur weil Ihr Vater Sie mir im Tauschhandel für Ihre Schwester angeboten hat?“, murmelte er sarkastisch.

Carlotta wich seinem spöttischen Blick aus und schaute zu Boden. „Damit hatte ich kaum rechnen können. Ich dachte, ich fahre zu einer Verlobungsparty, trinke ein Glas Champagner, plaudere ein wenig und gehe wieder. Auf einen Ehemann war ich nicht aus.“

„Und trotzdem haben Sie Ihre Meinung geändert.“

Abrupt begann Rodriguez wie ein gereizter Panther im Raum auf und ab zu laufen. Adrenalin rauschte wie ein heißer Strom durch seine Adern. Bereits im Palast von Santina hatte er diese nervöse Unruhe verspürt … eigentlich schon vorher, an Bord seines Privatjets, während er auf dem Weg war, sich das zu holen, was er auch jetzt noch als unerwünschte Fessel beschreiben würde.

„Wir … wir brauchen sie beide, oder nicht? Die Heirat, meine ich …“ An ihrer zarten Kehle sah er, wie mühsam die Prinzessin schluckte. „Ich habe schon immer gewusst, dass ich irgendwann eine arrangierte Vernunftehe eingehen würde.“

Sie sagte die Wahrheit. Von klein auf war Carlotta und ihren Geschwistern klar gewesen, dass sie von ihren Eltern verheiratet werden würden. Denn vor allem anderen stand die Pflicht: der Familie, dem Volk und dem Land gegenüber. Alex war seit Ewigkeiten Anna versprochen gewesen, einer würdigen zukünftigen Königin von Santina. Doch dann begegnete er Allegra Jackson, und Anna war Geschichte.

Und dann Sophia, die eigentlich Rodriguez hätte heiraten sollen. Natalias Verlobung war in Vorbereitung, soweit Carlotta wusste. Was ihren zweitältesten Bruder Matteo betraf, hatte sie keine Ahnung. Doch nach Alex’ Verlobung war wohl keine Eile mehr geboten, ihn unter die Haube zu bringen.

Wenn es Luca nicht gäbe, hätte ihr Vater auch für sie längst einen Verlobten an Land gezogen. Doch nach der Geburt ihres Sohnes war sie quasi aussortiert worden, was die Erhaltung der Dynastie betraf.

Allerdings nicht ganz, wie sie heute festgestellt hatte. Zum Notnagel oder Lückenbüßer taugte sie offenbar immer noch. Sie war gut genug, um den rebellischen Prinzen von Santa Christobel zu ehelichen. Den Klatschblättern nach einen von Europas umtriebigsten royalen Playboys: schnelle Autos, heiße Dates und wilde Partys. Die Sorte Mann, die man am besten mit egozentrisch und rücksichtslos beschreiben konnte – arrogant und nur den eigenen Leidenschaften verpflichtet.

Carlotta hasste Männer wie ihn und fühlte sich dennoch unwiderstehlich zu ihnen hingezogen.

Abrupt blieb Rodriguez vor ihr stehen. „Leider muss ich Ihnen recht geben“, sagte er, und wieder fiel ihr dieses Zucken um seine Mundwinkel auf, das den Eindruck erweckte, als würde er sich über sie lustig machen.

„Ich weiß, darum bin ich hier.“ Was bleibt mir denn auch für eine Wahl? Nach Italien zurückkehren, um sich dort zu verstecken, weiter in Ruhe meine Wunden lecken und Luca vor dem royalen Leben abschotten? Die einzige Person, der sie damit gerecht wurde, war sie selbst. Aber das wäre nicht fair. Luca war ein Santina, er hatte königliches Blut in den Adern und Anspruch auf eine gewisse Stellung. Egal, ob es für sie einfacher wäre, ihn als ganz normalen Jungen aufwachsen zu lassen. „Ich nehme an, Sie haben noch keine weiteren Schritte geplant?“

„Das tue ich nie. Ich lebe grundsätzlich im Hier und Jetzt.“

„Was für mich so viel heißt, dass sich in Santa Christobel niemand die Augen ausweinen würde, wenn Sie es vorzögen, mich zu heiraten.“

Der Prinz musterte sie abschätzend. „Wenn ich ehrlich sein soll, würde ich es vorziehen, überhaupt nicht zu heiraten. Aber ich brauche nun mal einen Erben königlichen Geblüts, keinen Bastard. Das schränkt meine Möglichkeiten entsetzlich ein.“

Bastard …

Es traf sie wie ein Peitschenhieb. Sie verabscheute das Wort. Ein vernichtendes Etikett für ein unschuldiges Kind, das die Sünden seiner Eltern ausbaden musste, ob es wollte oder nicht. Ob Rodriguez von Luca wusste? Wahrscheinlich. Also hatte er das Wort bewusst gewählt, um sie zu verletzen.

„Haben Sie denn viele?“, fragte sie heiser, „… Kinder, meine ich.“

„Ich? Nein, ich verhüte grundsätzlich“, kam es arrogant zurück.

Carlotta knirschte lautlos mit den Zähnen. „So etwas kann auch mal schiefgehen.“

Er lachte spöttisch. „Das stimmt, aber ich bin reich und habe einen Titel. Sollte ein Tête-à-Tête je mit einer Schwangerschaft geendet haben, hätte die Mutter bestimmt versucht, sich ein Stück vom großen Kuchen zu sichern.“

„Mindestens das wären Sie ihr auch schuldig!“, entgegnete sie scharf.

Mokant hob er die dunklen Brauen. „Das bestreite ich ja gar nicht. Was ich damit ausdrücken wollte, war, dass ich auf jeden Fall heiraten muss, ob ich will oder nicht.“

„Wie gesagt, darum bin ich hier.“ Sein eindringlicher Blick ließ Carlotta erröten. „Allein wegen der Verbindung unserer beider Familien.“

„Etwas anderes vorzugeben, hieße wohl auch, unser beider Intelligenz zu beleidigen. Sie wollen mich also tatsächlich heiraten, nur weil Ihr Vater es Ihnen befiehlt?“

Die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich. „Er hat gute Gründe angeführt.“

„Okay, aber Tatsache bleibt, Sie tun es quasi ihm zum Gefallen.“

Autor

Maisey Yates
Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin.
Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen.

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