Hochzeitsnacht mit dem sexy Feind

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Woher soll sie so schnell einen Mann nehmen? Nur wenn Isabella innerhalb von vierundzwanzig Stunden heiratet, ist ihr Erbe gesichert. So will es das Testament ihres Vaters. Und ausgerechnet der arrogante Milliardär Andrea Vaccaro, Izzys größter Feind, bietet ihr eine Scheinehe auf Zeit an, in der zärtliche Gefühle streng untersagt sind. Doch das wird zu einer Katastrophe! Denn sein heißer Hochzeitskuss weckt ein verhängnisvolles Verlangen in dem hübschen Societygirl und eröffnet ein gefährlich erotisches Spiel …


  • Erscheinungstag 26.02.2019
  • Bandnummer 52019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712037
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Seufzend stellte Isabella Byrne in dem belebten Café ihre Kaffeetasse ab. Die Suche nach einem Ehemann wäre so viel einfacher, wenn sie tatsächlich heiraten wollte. Und das wollte sie nicht. Allein beim Gedanken ans Heiraten bekam sie sozusagen Pickel. Einen anaphylaktischen Schock. Einen Schlaganfall. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die ihren Hochzeitstag planen, seit sie fünf Jahre alt waren. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Freundinnen verzehrte sie sich nicht nach dem Märchen vom Eheglück. Und nachdem sie ihre Zeit als Partygirl hinter sich gelassen hatte, wurde ihr übel bei der Vorstellung, sich mit einem Mann zu verabreden.

Über Männer war sie hinweg.

Auf ihrer Suche nach einem Ehemann hätte sie es mit Online-Dating versuchen können, doch die Vorstellung, einen völlig Fremden zu fragen, war allzu abschreckend. Und die Handvoll Freunde, die sie für den Job hätte in Betracht ziehen können, pflegten bereits feste Beziehungen.

Izzy faltete ihre Kopie des Testaments ihres Vaters zusammen und stopfte es zurück in ihre Schultertasche. Ganz gleich, wie oft sie es las, der Text blieb derselbe. Um Anspruch auf ihr Erbe stellen zu können, musste sie verheiratet sein. Wenn sie es nicht beanspruchte, würde das Erbe einem entfernten Verwandten zufallen. Einem erwiesenermaßen spielsüchtigen Verwandten.

Wie konnte sie zulassen, dass so viel Geld an den gierigen Schlund eines Spielautomaten vergeudet wurde?

Izzy brauchte das Geld, um den Familiensitz ihrer verstorbenen Großmutter zurückzukaufen. Wenn es ihr nicht gelang, ihr Erbe anzutreten, dann wäre das Haus für immer verloren. Das herrliche Haus in Wiltshire, wo sie herzlich wenige, aber wunderbare Ferien verbracht hatte, mit ihren Großeltern und ihrem älteren Bruder, bevor er krank wurde und starb, würde an jemand anderen verkauft werden. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie den einzigen Ort, an dem sie glücklich gewesen war, verlieren sollte. Wo sie und Hamish und ihre Mutter glücklich gewesen waren. Wirklich glücklich. Sie war es dem Andenken an ihre Mutter und ihren Bruder schuldig, dieses Haus zurückzubekommen.

Ihr blieben noch vierundzwanzig Stunden bis zum Ablauf der Frist. Ein Tag, um einen Mann zu finden, der bereit wäre, sie zu heiraten und sechs Monate lang mit ihr verheiratet zu bleiben. Nur ein verdammter Tag. Warum hatte sie während dieses Monats nicht ein bisschen intensiver gesucht? Im vergangenen Monat? Dem Monat davor? Sie hatte drei Monate Zeit gehabt, um die Bedingungen des Testaments zu erfüllen, doch die Vorstellung, zu heiraten, hatte sie veranlasst, die Sache hinauszuschieben. Wie gewöhnlich. In der Schule mochte sie ja versagt haben, aber im Hinausschieben hatte sie Bestnoten.

Izzy wollte gerade aufstehen und gehen, als ein großer Schatten über sie fiel. Ihr Herz vollführte einen zusätzlichen Schlag … Aber das lag vielleicht auch an dem doppelten Macchiato, den sie getrunken hatte. Koffein und Verzweiflung waren keine gute Kombination.

„Ist dieser Platz besetzt?“ Der tiefe Bariton mit dem starken, kultivierten italienischen Akzent jagte ihr einen heißen Schauer über den Rücken.

Izzy hob den Blick und sah in die espressoschwarzen Augen des Hotelmagnaten Andrea Vaccaro. Etwas regte sich in ihrem Bauch, ein Aufruhr, ein Kitzeln, ein Zusammenziehen.

Es war unmöglich, in sein schönes Gesicht zu blicken, ohne dass ihr Herz zu flattern begann.

Augen, die bis in ihr Innerstes zu schauen schienen. Die Dinge sahen, die den Mann nichts angingen.

Sein kräftiges Kinn, das deutlich davor warnte, sich mit dem Mann anzulegen, überzog ein sexy Bartschatten. Der Mund war scharf konturiert und neigte zu einem zynischen Lächeln. Ein Mund, der Izzy an lange, sinnliche Küsse und den erotischen Tanz der Zungen denken ließ …

Izzy hatte sich im Lauf der Jahre darin geübt, nicht zu zeigen, welche Wirkung der Mann auf sie hatte. Doch während sie sich nach außen hin kühl und gefasst gab, kämpfte sie innerlich gegen einen Ansturm ungebetener Gefühle. „Ich will gerade gehen, also …“

Er legte die breite, gebräunte Hand auf die Rückenlehne des Stuhls ihr gegenüber. Izzy konnte es nicht lassen, auf die tintenschwarzen Haare zu blicken, die sich von seinem Handrücken aus über die kräftigen Handgelenke ausbreiteten, um dann unter der blütenweißen Manschette seines Hemds zu verschwinden. Wie oft hatte sie von diesen Händen geträumt, die ihren Körper berührten? Sie streichelten. Sie liebkosten. Gefühle weckten, die sie nicht empfinden sollte. Nicht für ihn.

Um nichts auf der Welt für ihn.

„Keine Zeit für einen Kaffee auf die Schnelle mit einem Freund?“ Er lächelte, während er das sagte, und zeigte dabei perfekte weiße Zähne. Es war ein Lächeln, das besagte: „Ich habe dich da, wo ich dich haben will“, und ihr sträubten sich die Nackenhaare.

Izzy unterdrückte ein Schaudern und zwang sich, seinem Blick standzuhalten. „Mit einem Freund?“ Sie unterlegte ihren Tonfall mit möglichst großer Verachtung. „Wohl eher nicht.“

Er zog den Stuhl vom Tisch und setzte sich. Unter dem Tisch berührten seine langen Beine ihre. Sie zog ihre Beine ruckartig so weit wie möglich zurück, war aber nicht schnell genug, um den elektrisierenden Kontakt ganz zu verhindern.

Hart. Viril. Männlich.

Izzy machte Anstalten, ihren Stuhl zurückzurücken, um zu gehen, doch Andrea legte seine Hand auf ihre und drückte sie auf den Tisch. Hielt sie fest. Izzy schnappte nach Luft. Die Wärme und die Kraft seiner Hand brachten ihre weiblichen Hormone in Aufruhr. Sie blickte auf seine Hand, die die ihre gefangen hielt, und schluckte. Seine Hand strahlte eine Hitze ab, die wie flüssiges Feuer wirkte.

Sie bedachte Andrea mit einem kalten Blick. „Ist das deine übliche Art, eine Frau zum Kaffeetrinken aufzufordern? Mit brutaler Gewalt?“

Mit dem Daumen streichelte er träge ihren Handrücken, und winzige Schockwellen rasten durch Izzys Körper, als wäre ein klitzekleiner Feuerwerkskörper in ihre Blutbahn geraten. Pippiti pop. Pippiti pop. Pippiti pop. „Es gab Zeiten, da wolltest du mehr von mir, als nur mit mir Kaffee trinken. Weißt du noch?“ Das Glimmen in seinen Augen verschärfte die Glut, die durch ihren Körper lief.

Izzy wünschte sich, vergessen zu können. Sie wünschte sich eine vorübergehende Amnesie. Eine permanente Amnesie, um die Erinnerung an ihren Versuch, Andrea vor sieben Jahren auf der legendären, gewohnt feuchtfröhlichen Weihnachtsparty ihres Vaters zu verführen, auszulöschen. Sie war achtzehn und beschwipst gewesen, hatte absichtlich zu viel getrunken, aus lauter Trotz. Genauso wie auf jeder anderen Party ihres Vaters. Nur so konnte sie seine widerliche Show des liebenden Vaters überstehen. Sie war darauf aus, ihren Vater zur Strafe für all die Qualen, die er ihr zufügte, zu blamieren. Für all die Kränkungen, das Herunterputzen, die beißende Kritik, die ihr das Gefühl gaben, völlig wert- und nutzlos zu sein.

Ungeliebt.

Unerwünscht.

Ein dummer Gedanke trieb sie an: Am härtesten würde sie ihren anmaßenden Vater treffen, wenn sie mit seinem liebsten Günstling schlief.

Izzy zog ihre Hand unter Andreas hervor und stand so hastig auf, dass die Stuhlbeine kreischend über den Fußboden scharrten. „Ich muss zurück an die Arbeit.“

„Ich habe von deinem neuen Job gehört. Wie geht es dir damit?“

Izzy forschte in seinem Gesicht nach Zeichen von Spott. Machte er sich über ihren Job lustig? Oder zeigte er einfach nur gelindes Interesse? Sein Tonfall enthielt keinen Hinweis auf Zynismus, er verzog nicht spöttisch den Mund, und auch in seinen Augen glomm kein Hohn. Trotzdem fragte sie sich, ob er wie alle anderen auch glaubte, sie würde in einem neuen Job keine Woche durchhalten, ohne gefeuert zu werden.

Welche Gedanken auch immer er hinter seiner unergründlichen Fassade verbarg, Izzy war entschlossen, seinetwegen in einem belebten Café nicht die Fassung zu verlieren. In der Vergangenheit hatte sie mehr Szenen gemacht, als ein Drehbuchautor für Hollywood erfinden konnte. Am liebsten hätte sie ihm ihren Kaffeerest in sein viel zu schönes, viel zu selbstbewusstes Gesicht geschleudert.

Wie typisch für ihn, an ihr zu zweifeln, wenn sie versuchte, sich zu etablieren. Zu ihrer Schande musste sie zugeben, dass dieser Job einer von vielen war, die sie im Lauf der Jahre gefunden und wieder verloren hatte. Immer kam ihr ihr Ruf in die Quere. Immer. Alle erwarteten, dass sie versagte, und was tat sie?

Sie versagte.

Aufgrund eines fehlenden akademischen Abschlusses war es ihr schwergefallen, sich für einen Beruf zu entscheiden. Mitten im Examen hatte sie alles hingeworfen, weil sie den Druck nicht ertrug, mit dem Ausbildungsniveau ihres älteren Bruders Hamish Schritt halten zu müssen. Sie gehörte nicht zu denen, die schon als Heranwachsende immer wussten, was sie werden wollten. Stattdessen hatte sie sich treiben lassen, geträumt und getrödelt.

Doch jetzt kämpfte sie sich zurück, studierte online Sozialwissenschaften und jobbte in diesem Antiquitätenladen. Deshalb war sie umso wütender auf Andrea, weil er sie als faul und unmotiviert einschätzte.

Izzy hob das Kinn und sah ihn kalt an. „Mich wundert, dass du nicht schon längst in den Laden gekommen bist und irgendein scheußlich teures Relikt gekauft hast, nur um zu zeigen, was für ein stinkreicher Mann du bist.“

Sein träges Lächeln wurde ein bisschen breiter. „Ich habe etwas bedeutend Kostbareres im Auge.“

Sie hob ihre Tasche vom Boden auf und legte sich den Tragriemen über die Schulter. Dabei bedachte sie Andrea mit einem Blick, der die einzelne rote Rose in der Vase auf dem Tisch hätte welken lassen können. „Hat mich gefreut, dich wiederzusehen, Andrea.“ Sarkasmus war eine Sprache, die sie fließend beherrschte.

Izzy zwängte sich durch die Vielzahl von Stühlen hindurch, um ihren Kaffee am Tresen zu bezahlen, doch bevor sie ihre Geldbörse zücken konnte, hatte Andrea sie eingeholt und der Bedienung einen Geldschein gereicht. „Behalten Sie das Wechselgeld.“

Izzy verdrehte im Geiste die Augen, als sie sah, wie die junge Bedienung hinterm Tresen nahezu in Ohnmacht fiel. Nicht wegen des üppigen Trinkgelds, das bestimmt mehr als großzügig ausgefallen war, sondern wegen des mega-charmanten Lächelns, das Andrea der jungen Frau schenkte.

Existierte irgendwo auf der Welt eine Frau, die diesem schmelzenden Lächeln widerstehen konnte?

Izzy war sich seiner Nähe in ihrem Rücken deutlich bewusst. Er war ihr so nahe, dass sie seine Körperwärme spürte. Viel zu nahe. So nahe, dass ihre Haut vor elektrisierender Energie prickelte.

Seine Energie.

Seine sexuelle Energie.

Sie nahm den Duft seines Aftershave wahr, eine dezente Mischung aus Zitrone und Limette und Holz, das sie an einen sonnendurchglühten Zitronenhain, umgeben von dunklem, gefährlich dichtem Wald denken ließ. Einen Moment lang überlegte sie, wie es wohl wäre, wenn sie sich rücklings an ihn lehnte. Wenn er sie mit seinem muskulösen Arm umschlingen und die Hüften an ihren Po schmiegen würde. Wenn er ihren Körper ganz fest an sich zöge … Wenn sie seine harte Männlichkeit zwischen ihren Beinen spürte …

Himmel. Sie musste diese Fantastereien schnellstens einstellen, sonst würde sie hier und jetzt eine Szene wie aus „Harry und Sally“ hinlegen. Meg Ryan könnte ihr nicht das Wasser reichen.

Andrea nahm Izzy beim Ellenbogen und führte sie aus dem Café hinaus in den blassen Frühlingssonnenschein. Sie beschloss, ohne Gegenwehr mit ihm zu gehen, denn die Leute zeigten jetzt schon mit Fingern auf sie und starrten sie an. Sie wollte nicht mit ihm zusammen fotografiert, mit ihm in Verbindung gebracht werden. Als eine weitere sexuelle Eroberung betrachtet werden.

Andrea Vaccaro war nicht nur ein Pressemagnet, er war ein Dauerbrenner für die Presse. Mehr als das. Er war ein internationaler Playboy mit einem Drehkreuz statt einer Tür am Eingang zu seinem Penthouse, der Protegé des verstorbenen hochkarätigen Geschäftsmannes Benedict Byrne. Ein kleiner Italiener aus dem Armenviertel, der es dank der Großzügigkeit seines gut betuchten englischen Wohltäters zu etwas gebracht hatte.

Izzy war ein Pressemagnet mit einem großen roten Kreis auf dem Rücken, in dem geschrieben stand: Verwöhntes Kind reicher Leute. Aber während sie früher einmal absichtlich das Interesse der Presse auf sich gezogen und sogar ein perverses Vergnügen an negativen Schlagzeilen gefunden hatte, war es ihr mittlerweile lieber, wenn man sie in Ruhe ließ. Die Zeiten, als sie gespielt betrunken aus Nachtklubs gewankt war, um ihren Vater zu blamieren, waren vorbei. Leider war diese Botschaft bei den Paparazzi noch nicht angekommen. Sie galt immer noch als Partygirl, das nichts anderes vom Leben wollte als Spaß.

Andrea ließ seine Hand von ihrem Ellenbogen gleiten und streifte mit den Fingerspitzen ihre ringlose linke Hand. „Hast du schon einen Ehemann gefunden?“

Izzy wusste, dass er das Testament ihres Vaters in- und auswendig kannte. Wahrscheinlich hatte er ihrem Vater sogar dabei geholfen, es zu verfassen. Die Vorstellung, dass Andrea in derart persönliche Dinge eingeweiht war, wurmte sie. Benedict Byrne war viel zu schlau gewesen, um denen, die er beeindrucken wollte, die dunklere Seite seiner Persönlichkeit zu offenbaren. Die kannte nur Izzys Mutter, und sie war schon lange tot, ruhte endlich in Frieden neben Izzys älterem Bruder Hamish. Dem heißgeliebten Sohn. Dem perfekten Sohn, dem Izzy hatte nacheifern sollen, doch es war ihr nie gelungen, die Erwartungen ihres Vaters zu erfüllen. „Ich habe nicht die Absicht, mein Privatleben mit dir zu diskutieren. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen willst, ich muss …“

„Ich will dir einen Vorschlag machen.“ Seine Miene war unergründlich, doch sie ahnte, was er dachte. Gefährliche Gedanken. Schluck. Erotische Gedanken.

Izzy öffnete und schloss die Hand in dem Versuch, die sinnliche Energie zu vertreiben, die sich von Andrea auf sie übertragen hatte. Sie spannte die Bauchmuskeln an und hoffte, dadurch die Unruhe tief in ihr auslöschen zu können, aber es hatte nur zur Folge, dass ihr noch deutlicher bewusst wurde, welche Empfindungen Andrea in ihr weckte. „Die Antwort ist ein nachdrückliches Nein, und das sage ich nur einmal.“

Er bedachte sie mit einem Schlafzimmerblick-Lächeln, als fände er ihre Ablehnung stimulierend. Wie eine Herausforderung, die er nur allzu gern annahm. „Willst du gar nicht wissen, wie mein Vorschlag lautet, bevor du Nein sagst?“

Izzy biss die Zähne zusammen. „Ganz gleich, was du mir sagen willst, es interessiert mich nicht im Geringsten.“ Schon gar nicht, wenn es um das Thema Heirat geht. Aber würde er ihr anbieten, sie zu heiraten? Aus welchem Grund denn wohl?

Er hielt schweigend ihren Blick fest, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Zwei Schläge. Die Luft schien dünn zu werden, als wäre der gesamte Sauerstoff aus der Atmosphäre gesaugt worden.

Andrea sah gut aus. Besser als gut. Braun gebrannt und durchtrainiert, mit den klassischen Zügen, die meistens an männlichen Models in Werbespots für teure Aftershaves zu bewundern sind. Der schwere Junge, geläutert. Sein nicht zu langes, nicht zu kurzes welliges schwarzes Haar war lässig frisiert und betonte seine hohe Stirn und die markante Nase. Die dunklen Balken seiner Augenbrauen, von denen eine von einer Zickzack-Narbe unterbrochen wurde, über Augen von einem satten und tiefen Braun. Es war kaum zu unterscheiden, wo die Pupille aufhörte und die Iris anfing. Augen mit einem wissenden Blick, gerahmt von dichten Wimpern, die sich gelegentlich ein wenig senkten, sodass sie dachte …

Nein. Nein. Nein.

Sie durfte nicht in einem Atemzug an Sex und Andrea denken.

Izzy konnte die meisten Männer dazu bringen, den Blick abzuwenden. Mit einem verweisenden Blick oder einem scharfen Wort konnte sie sie in ihre Schranken weisen.

Aber nicht Andrea Vaccaro.

Er war ihr ewiger Widersacher. Und er wusste es, verdammt noch mal.

„Geh mit mir essen.“ Es war keine Einladung. Es war ein Befehl.

Izzy zog die Brauen noch. „Lieber verspeise ich eine Handvoll Fellknäuel.“

Sein Blick tastete jeden Zentimeter ihres Gesichts ab, von den Augen bis zum Mund, wo er sich so lange aufhielt, dass sie sich ihrer eigenen Lippen so deutlich bewusst wurde wie nie zuvor. Sie begannen zu kribbeln, als hätte er sie mit seinem Mund gestreift. Zum Glühen gebracht. In Versuchung geführt. Sobald er Izzy anschaute, dachte sie an Sex. An heißen Sex, der den Puls zum Rasen brachte. Die Art Sex, die sie nicht hatte.

Nie gehabt hatte.

Izzy war zwar nicht mehr Jungfrau, hatte aber kein so reges Sexleben, wie die Presse behauptete. Sie mochte Sex nicht einmal. Sie war ein hoffnungsloser Fall, peinlich, erbärmlich. Und sie konnte Sex nur ertragen, wenn sie beschwipst war und nicht daran denken musste, wie wenig sie ihn genoss.

Andreas dunkler Blick fing ihren wieder ein. „Wir können es hier auf der Straße besprechen, wo alle es hören, oder aber in intimerer Atmosphäre.“

In intimerer Atmosphäre.

Die Doppeldeutigkeit seiner Worte jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Bilder von ihm, wie er es mit ihr tat, schossen ihr durch den Kopf. Seine Hände auf ihren Brüsten, sein Mund auf ihrem, sein Körper, der sich kraftvoll rhythmisch bewegte, und …

Izzy schreckte vor ihren eigenen Gedanken zurück wie vor einer plötzlich auflodernden Flamme. Sie konnte nur hoffen, dass Andrea ihr nicht anmerkte, wie verwirrt sie sich fühlte, doch sie hatte den Verdacht, dass ihm kaum etwas entging. Deswegen war er so erfolgreich in seinem Beruf. Er durchschaute die Menschen. Er durchschaute Situationen. Er war klug und berechnend und ein guter Taktiker.

Sie hasste die Art, wie er Gefühle in ihr weckte. Hasste es, wie leicht er Wut oder Begehren in ihr auslösen konnte. Sie hatte überhaupt keine Lust, ihr idiotisches früheres Verhalten zu wiederholen. Sie war nicht mehr dieses ungestüme, flirtbereite Mädchen auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Sie war nicht mehr das verwöhnte kleine reiche Mädchen, das seinen inneren Schmerz und seine Scham abreagierte.

Sie hatte sich selbst neu erfunden.

„Mit dir unternehme ich absolut nichts in intimerer Atmosphäre, Andrea.“ Izzy wurde sich ihres verbalen Ausrutschers erst bewusst, als sie sah, wie Andreas dunkle Augen glommen. Erwischt.

„Hast du Angst vor dem, was ich sagen könnte?“

Ich habe Angst vor dem, was ich tun könnte. Izzy reckte das Kinn vor und warf ihm einen flüchtigen Blick zu. „Nichts, was du sagst, interessiert mich auch nur annähernd.“

Etwas blitzte in seinen Augen auf. Etwas Unergründliches. „Nur ein Essen, Isabella.“ Sein italienischer Akzent liebkoste die vier Silben ihres Namens. Er war der einzige Mensch, der sie mit ihrem vollen Namen ansprach. Sie wusste nicht recht, ob sie das mochte oder nicht.

Nur ein Essen. Konnte sie sich anhören, was er zu sagen hatte? Er hatte ihr Interesse geweckt, und da die Uhr wie eine Zeitbombe dem Fristablauf entgegentickte, wäre sie verrückt, wenn sie ihn nicht anhörte. Aber seine Nähe beunruhigte sie. Seine Energie mischte sich mit ihrer und rief etwas in ihr wach, was sie womöglich nicht beherrschen konnte.

Was sie womöglich nicht beherrschen wollte, was noch viel verstörender war.

Izzy verschränkte die Arme und bedachte Andrea mit ihrem typischen Gelangweilter-Teenager-Blick. „Nenn mir Zeit und Ort, dann stoße ich dort zu dir.“

Er lachte so plötzlich auf, dass sie weiche Knie bekam. „Netter Versuch.“

„Es ist mein Ernst, Andrea. Ich gehe nur mit dir essen, wenn ich eigenständig komme.“

Wieder war dieses spöttische Glimmen in seinen Augen. „Ziehst du es immer vor, eigenständig zu kommen?“

Izzy spürte, wie ihre Wangen glühten. Das war nicht der einzige Teil ihres Körpers, der glühte und pulsierte. Kleine Stromstöße der Lust gingen von ihrer intimsten Stelle aus. Sie setzte ihr Pokerface auf, den Gesichtsausdruck, den sie während ihrer Teenagerzeit kultiviert hatte, das verführerische Partygirl-Gesicht. Das Ist-mir-doch-gleich-was-ihr-von-mir-denkt-Gesicht. Getrieben von einem Impuls, den sie nicht recht erklären konnte, befeuchtete sie mit der Zungenspitze träge ihre Lippen und freute sich insgeheim über die Art, wie Andreas Blick der Bewegung folgte.

Er war nicht immun gegen ihre Reize.

Die Erkenntnis war seltsam aufregend. Vielleicht mochte er sie nicht. Vielleicht hatte er keine Achtung vor ihr. Aber er begehrte sie, so viel war sicher. Vor sieben Jahren hatte er ihr widerstanden. Problemlos. Hatte sie bei ihren Versuch, ihn zu verführen, wie eine Idiotin dastehen lassen. Er hatte sie als dummes verwöhntes Kind bezeichnet, das die Erwachsene spielen wollte.

Aber jetzt begehrte er sie.

Izzy speicherte dieses Wissen ab und beglückwünschte sich im Stillen. Es verschaffte ihr einen Vorteil, ein bisschen Macht in einer Beziehung, die in Bezug auf die Machtverteilung stets zu seinen Gunsten tendierte. Unter halb gesenkten Wimpern hervor sah sie ihn an. „Das wüsstest du wohl gern.“

Seine Augen wurden dunkel, dunkel wie zwei unergründliche Seen. „Ich werde es mir zur Aufgabe machen, das herauszufinden.“ Seine Stimme war geschmeidig, unterlegt mit einer Basisnote, so tief, dass jeder Nerv in Izzys Körper bebte.

Izzy war sich bewusst, dass es leichtsinnig war, mit ihm zu flirten. Leichtsinnig und dumm. Doch etwas in seiner Art, auf sie einzugehen, weckte immer den Wunsch in ihr, ihn herauszufordern. Ihm einzuheizen. Ihn zu provozieren. Die sorgsam konstruierte Hülle des kultivierten Lebemanns runterzureißen und den ursprünglichen Mann bloßzustellen, den sie knapp unter der Oberfläche erahnte. „Wo wollen wir essen?“

„Ich habe bei Henri einen Tisch reserviert. Heute Abend um halb neun.“

Es ärgerte Izzy, dass sie sich nicht stärker gewehrt hatte. Sie wollte nicht berechenbar sein, hatte ihr Leben lang daran gearbeitet, alles andere als das zu sein. Woher hatte er gewusst, dass sie nachgeben würde? War er sich ihrer so sicher gewesen?

Vielleicht, weil bis zum Fristablauf keine vierundzwanzig Stunden mehr bleiben?

Bah. Bloß nicht daran denken.

„Deine Arroganz verblüfft mich immer wieder“, sagte Izzy. „Sagt irgendwer jemals Nein zu deinen Wünschen und meint es auch noch ernst?“

Ein Lächeln spielte in seinen Mundwinkeln. „Nicht oft.“

Das glaubte Izzy nur zu gern. Sie musste ihre Willenskraft reaktivieren, trainieren. Mit Steroiden vollpumpen oder so. Sie durfte nicht zulassen, dass er sie manipulierte, damit sie tat, was er wollte. Sie musste ihm Paroli bieten. Beweisen, dass sie nicht wie die Scharen von Frauen war, die durch sein Leben defilierten.

Mochte sie sich auch einmal einen Fauxpas erlaubt haben, so war sie jetzt doch älter und klüger. Älter und klüger und auf der Hut vor jeglichen Versuchen seinerseits, sie in die Hand zu bekommen. Sie rückte den Riemen ihrer Schultertasche zurecht und machte Anstalten zu gehen. „Also dann, bis später.“

„Isabella?“

Izzy drehte sich zu ihm um, sorgsam um eine neutrale Miene bemüht. „Ja?“

Andrea ließ den Blick zu ihrem Mund und dann zurück zu ihren Augen wandern und sah sie fest an. „Komm gar nicht erst auf die Idee, nicht zu erscheinen.“

Izzy hätte gern gewusst, wie er ihre Gedanken erraten hatte. Sie hatte vorgehabt, ihn in dem Restaurant warten zu lassen, um ihm zu zeigen, dass sie das Spiel, das er im Sinn hatte, nicht mitspielte. Er war wahrscheinlich noch nie im Leben versetzt worden. Höchste Zeit, dass er eine Lektion erteilt bekam, und sie würde jede Sekunde genießen.

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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