Immer wieder das falsche Bett (8-teilige Serie)

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EIN GIGOLO FÜR MADDY

Auf einer Auktion hat Maddy den sympathischen Jake ersteigert. Natürlich nur für den guten Zweck! Trotzdem bringt dieser Traumtyp ihr Gefühlsleben völlig durcheinander, zumal Maddy glaubt, seinen "Beruf" zu kennen: Sexy Jake ist ein Mann für gewisse Stunden …

SINNLICHE KÜSSE IM MONDLICHT

Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten: Für 5000 Dollar ersteigert Annie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung den knackigen Sean - den sie ihren Eltern als Verlobten vorstellen will. Die Proben für diesen Auftritt entwickeln sich allerdings stürmischer als geplant …

EIN TRAUM VON EINEM MANN

War das ein erotischer Traum? Maddie laufen immer noch Schauer über den Rücken, als sie im Apartment ihrer Zwillingsschwester erwacht. Doch ihr fantastischer Lover liegt leibhaftig neben ihr, und sein wunderbares Lächeln gibt ihr zu verstehen: Das war erst der Anfang …

ALLES NUR EIN HEIßER TRAUM?

Bitte mehr davon, denkt Jordan erregt, als ein sexy Cowboy sie zum Bett trägt und langsam auszieht. Nur ein heißer Traum, weil sie mitten in der Nacht einen Western geschaut hat - oder aufregende Wirklichkeit? Der Morgen über Santa Fe bringt es an den Tag …

DER FREMDE IN MEINEM BETT

Tief und fest schläft Alana, da verwöhnt sie plötzlich jemand mit erregenden Zärtlichkeiten. Nur ein Traum? Als sie am nächsten Morgen aufwacht, liegt der Verführer aus ihrer Fantasie nackt neben ihr. Und er ist der neue Freund ihrer Schwester!

MITTERNACHT IM FALSCHEN BETT

"Triff mich nach Mitternacht in Edgars Apartment", raunt Stoner ihr bei einem Drink zu. Melanies Puls rast. Es ist wieder mal so weit: Sex mit einem Mann, der eigentlich der Falsche für sie ist! Doch als sie spä-ter in seinen Armen liegt, fühlt es sich einfach richtig an. Sie ahnt nicht, dass sie gerade den schönsten Fehler ihres Lebens macht.

EIN TRAUM VON EINEM EX

Es ist alles nur ein Versehen, wirklich! Aufgrund einer Wette will Jack Murphy nach der Rückkehr von der Navy das Schiff seines Bruders die Küste hinauf segeln. Dabei hatte er keine Ahnung, dass ausgerechnet seine verführerische Exfreundin Alicia in seiner Koje liegt - und ihn, als wäre nichts gewesen, mit ihrem erregenden Körper willkommen heißt …

FALSCHE JACHT, RICHTIGER MANN

Schummriges Licht unter Deck, sanftes Schaukeln der Wellen und eine verführerische Beauty in der Koje: Keith hatte ja keine Ahnung, dass sein Segeltörn nach Charleston so aufregend werden könnte! Allerdings hat er auch keine Ahnung, wer diese Frau an Bord ist …


  • Erscheinungstag 05.03.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716233
  • Seitenanzahl 1280
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Leslie Kelly, Cara Summers, Isabel Sharpe, Joanne Rock

Immer wieder das falsche Bett (8-teilige Serie)

IMPRESSUM

Ein Gigolo für Maddy erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2008 by Leslie Kelly
Originaltitel: „Slow Hands“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe Tiffany Sexy
Band 56 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Christian Trautmann

Umschlagsmotive: Oleggg / Shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733716035

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

„Du lieber Himmel, ich kann das nicht, es ist hoffnungslos! Wir werden es nicht schaffen.“

Penny Rausch hörte die Panik in der Stimme ihrer Schwester Janice, die ihre Geschäftspartnerin war, und versuchte die Nerven zu behalten. Eine von ihnen musste ruhig bleiben, sonst würden sie beide den Verstand verlieren – ganz zu schweigen von ihrem jungen Grafikdesign-Unternehmen.

„Beruhige dich, wir haben es doch gleich.“

Janice strich sich durch das stachelige blonde Haar, sodass es noch wilder vom Kopf abstand. Sie war eine gefragte Grafikdesignerin, hatte zwar keinen Sinn fürs Geschäftliche, war aber dafür umso kreativer – nicht nur bei ihren Frisuren. Ihre Grafiken waren fantastisch, ihre Bilder Sammlerstücke, ihr Gespür für Mode unglaublich.

Zu schade, dass sie ansonsten in nahezu jeder Hinsicht hilflos war.

„Du kannst mich erschießen. Ich habe die letzten sechs Fotos durcheinandergebracht.“

Sie sah völlig fertig aus, mit dunklen Ringen unter den Augen und eingefallenen Wangen. Normalerweise achtete Janice sehr auf ihr Äußeres, doch jetzt hatte ihr T-Shirt Flecken, die entweder vom Ketchup oder von der Tomatensauce auf der Pizza stammten, die sie in der vergangenen Nacht gegessen hatten.

Seit sechsunddreißig Stunden hatten sie ihr Büro nicht mehr verlassen – seit Janices teurer, fast nagelneuer Computer abgestürzt war. Dabei waren die meisten Dateien für die topmoderne Hochglanzbroschüre, an der sie arbeiteten, verloren gegangen. Damit drohte ihrem Unternehmen das Aus.

Diese Broschüre war für eine Junggesellenversteigerung im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung gedacht, und wenn sie die nicht rechtzeitig fertig hatten, waren sie erledigt. Sie würden die Miete nicht mehr zahlen können, mit der sie ohnehin spät dran waren, den Strom nicht und auch nicht die Druckkosten. Über Nacht wären sie nach nur acht Monaten aus dem Geschäft.

„Wir werden das hinbekommen“, beschwor Penny ihre Schwester. „Wir haben es doch schon fast geschafft.“

„Wir könnten Kontakt zu Mrs. Baxter aufnehmen …“

„Nein, das ist völlig unmöglich.“ Die hochnäsige Angehörige der Schickeria durfte nicht erfahren, dass ihnen schon wieder ein Missgeschick unterlaufen war. Dank einiger kleinerer Probleme, wie Janices Erkältung und einer Überschwemmung im Büro, arbeiteten sie schon auf Bewährung. Sollte sie von dem Computerabsturz erfahren, würde die Frau ihnen den Auftrag endgültig entziehen.

„Ich kann sie nicht einmal mehr auseinanderhalten“, jammerte Janice und deutete mit einer wedelnden Handbewegung zu dem mit Fotos und Texten übersäten Tisch. „Nachdem ich mir stundenlang einen attraktiven Mann nach dem anderen angesehen habe …“

„Was für ein harter Job.“

„Das ist nicht witzig. Als wir die Kopien der Fotos gefunden haben, dachte ich, wir wären gerettet. Warum bloß haben wir die Informationen über die Männer nicht sofort auf die jeweilige Rückseite geschrieben, bevor wir die Originale zurückgegeben haben?“

Die Biografien der Junggesellen, die versteigert werden sollten, um Spenden für bedürftige Kinder in Chicago zu sammeln, hatten auf den Originalen gestanden. Aber die waren an Mrs. Baxter, die Organisatorin der Wohltätigkeitsveranstaltung, zurückgegangen, nachdem sie kopiert worden waren. Jetzt hatten sie die eingescannten Fotos auf der Festplatte, die kopierten Fotos sowie die ausgedruckten Biografien. Nur leider hatten sie keine Ahnung, wer wer war.

Sie hätten längst aufgeben müssen, wären nicht wenigstens einige prominente Männer dabei, deren Identität per Internet-Suchmaschine und anhand einiger handschriftlicher Notizen schnell geklärt werden konnte.

„Wir sind doch schon bei den letzten sechs angelangt“, erklärte Penny, zeigte auf die auf dem Tisch ausgebreiteten Fotos und schnappte sich die Karteikarten mit den persönlichen Angaben. „Und vier konnte ich identifizieren.“

„Wirklich?“, meinte Janice erfreut.

Penny heftete die Karten an die entsprechenden Fotos, damit sie nicht wieder durcheinandergerieten. „Ich habe die letzten fünf Stunden damit verbracht, die Archive der Chicago Tribune zu durchforsten, und dabei einige unserer Jungs gefunden. Über begehrte Junggesellen wird offenbar viel und gern berichtet.“

Janice nahm Penny in den Arm und drückte sie. „Dann bleiben nur noch zwei übrig.“

„Leider läuft uns die Zeit davon. Wir haben nicht einmal mehr eine Stunde, bis alles in der Druckerei sein muss.“ Für weitere Recherchen hatten sie keinen Spielraum.

Penny hob die beiden Fotos hoch und betrachtete eingehend die gut aussehenden Gesichter. Beide Männer waren dunkelhaarig, aber da endete die Ähnlichkeit auch schon. Der eine hatte braune Augen, der andere lebhafte blaue. Die Haare des einen waren sehr kurz und konservativ geschnitten, die des anderen waren etwas länger und fielen ihm fast bis auf den Hemdkragen. Im Blick des einen lag ein gefährliches Funkeln, der andere hatte ein sexy Lächeln.

„Einer ist Rettungssanitäter, der andere ein internationaler Geschäftsmann“, meinte Penny, die die Biografien inzwischen auswendig kannte. „Einer von euch ist Jake und einer Sean.“

Janice schaute ihr über die Schulter. Sie war genauso nervös vor Anspannung wie ihre Schwester. Dies war der Augenblick, in dem sie sich entscheiden mussten.

„Das muss der Geschäftsmann sein“, meinte Penny und zeigte auf den mit den kurzen Haaren und den braunen Augen.

Janice nickte und deutete auf den Mann mit dem Lächeln und den längeren Haaren. „Und der sieht eindeutig wie ein Retter aus.“

„Dann sind wir uns einig?“

„Absolut. Kein Zweifel.“

Damit war das erledigt. Penny klemmte die Biografien an die Fotos, froh, dass ihre Schwester sich so sicher war wie sie. Dann machte sie sich daran, die Datei auf ihrem älteren Computer fertigzustellen. Sie tippte, so schnell sie konnte, und versuchte zu überhören, dass ihre jüngere Schwester flüsterte: „Hoffe ich.“

1. KAPITEL

„Unsere liebe Stiefmutter will sich einen Gigolo kaufen.“

Madeline Turner, die gerade einen Stapel Dokumente auf ihrem Schreibtisch unterzeichnete, ließ ihren Füllfederhalter fallen, der prompt einen schwarzen Tintenklecks auf der Gewinn-und-Verlust-Rechnung hinterließ. Es überraschte sie kaum, dass Tabitha, ihre ältere Halbschwester, aufgebracht war.

Aufgebracht, aber schön wie immer. Sie hatte die Größe, die schlanke Figur sowie die blonden Haare und die Eleganz ihrer Mutter geerbt, was bestens zu ihrem Lebensstil passte. Sie dagegen hatte eher die kleine, rundliche Statur ihres Vaters abbekommen. Wie er hatte sie fast schwarzes Haar, lebenslustig funkelnde Augen und Grübchen. Was zu ihrem Leben als hart arbeitende Bankmanagerin überhaupt nicht passte.

Tabitha warf die Tür mit dem Absatz eines ihrer Fünfhundert-Dollar-Schuhe zu. Ihre Designerhandtasche landete auf einem freien Sessel. „Maddy, hast du gehört, was ich gesagt habe?“

„Ich glaube, sogar die Bauarbeiter zwanzig Stockwerke weiter unten haben dich gehört“, murmelte Madeline und fragte sich, warum Tabitha immer so melodramatisch sein musste. Noch etwas, das sie mit ihrer Mutter gemeinsam hatte.

„Diese geldgierige Hexe wird unseren Vater betrügen.“

In Anbetracht der Tatsache, dass Tabitha sowohl einen ihrer Ehemänner als auch einen ihrer Verlobten betrogen hatte, stand es ihr nicht gerade zu, den moralischen Zeigefinger zu heben. Trotzdem hörte Madeline diese Nachricht über die neueste Frau – der vierten – ihres Vaters nicht gern.

Tabby konnte Deborah nicht ausstehen, doch Maddy hatte nie etwas gegen sie gehabt. Die Frau war nicht unbedingt die personifizierte Herzlichkeit, schon gar nicht gegenüber ihren Stieftöchtern, aber sie war immer noch besser als manche der Alternativen. Ihr Vater hätte auch eine Fünfundzwanzigjährige heiraten können, jemanden, der jünger war als sie und ihre Schwester. Deborah war in den Vierzigern und wenigstens kultiviert und erfolgreich. Sie hatte ein gut gehendes Tanzstudio geführt – dort hatte sie auch ihren Vater kennengelernt, und sie schien ihn glücklich zu machen, zuerst als Tanzpartnerin, jetzt als Ehefrau.

Daher hoffte Maddy, dass Tabby sich täuschte. „Woher weißt du das?“

„Ich habe es direkt von Bitsy Wellington gehört.“

Das war die beste Freundin ihrer Stiefmutter. „Warum sollte sie dir so etwas erzählen?“

„Du kennst doch Bitsy. Sie muss ständig für Ärger sorgen.“

Das stimmte. Diese Frau war reinstes Gift.

„Außerdem will sie den Mann für sich selbst. Es ist irgendein europäischer Gigolo, der bei der Wohltätigkeitsgala ‚Give A Kid A Christmas‘ im Inter Continental morgen Abend versteigert werden soll.“

Ein Gigolo, der bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Kinder versteigert werden sollte. Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Auf die Idee, einen Gigolo zu engagieren, um Geld für eine gute Sache zu sammeln, konnten auch nur die „Ladies Who Lunch“ kommen. Und dann konkurrierten sie auch noch um ihn.

Tabitha setzte sich in einen der Sessel vor Maddys breitem Schreibtisch und rümpfte ein wenig die Nase über das Durcheinander an Papieren. Tabby liebte das Geld, das die Bank einbrachte, die ihr Urgroßvater vor Jahrzehnten gegründet hatte. Was sie weniger mochte, war die Arbeit, die ein solches Unternehmen einem abverlangte. Manchmal fragte Maddy sich, ob nicht eine von ihnen beiden adoptiert war, weil sie so wenig gemeinsam hatten, weder äußerlich noch sonst irgendwie.

Es hieß, dem Charakter nach ähnele sie ihrer Mutter, Jason Turners zweiter Ehefrau, die gestorben war, als Maddy vier war. Angeblich hatte ihr Vater sehr um sie getrauert, obwohl er nie von ihr sprach. Das könnte erklären, weshalb ihre Schwester ihr stets vorgeworfen hatte, der Liebling ihres Vaters zu sein.

Vielleicht war es genau das, was sie gemeinsam hatten. Abgesehen davon, dass sie ihrem Vater ähnlicher sah als Tabby, hatte sie von ihm auch den scharfen Verstand und die Faszination für das Bank- und Finanzwesen geerbt. Darüber hinaus besaß sie die nötige Arbeitsethik, um das Unternehmen zu führen, das seit Generationen im Besitz der Familie war.

Allerdings hatte auch Tabby einige Charakterzüge ihres Vaters, zum Beispiel Wankelmütigkeit. Sie, Maddy, schien die Einzige aus der Familie Turner zu sein, die sich nicht ständig neu verliebte.

„Wir müssen etwas unternehmen“, meinte Tabby.

„Gegen was?“

„Gegen diese kleine Betrügerin!“

Maddy seufzte und lehnte sich zurück. „Aber sie hat ihn noch nicht betrogen, oder?“

„Nein, und wir werden dafür sorgen, dass sie es nicht tut.“

Die Haltung ihrer Schwester überraschte Maddy. Da Tabitha Deborah absolut nicht leiden konnte, hätte sie eher erwartet, sie würde sich wünschen, dass Deborah sich auf einen Seitensprung einließ – um sie dabei zu ertappen. Ihr Vater tolerierte vieles bei seinen Ehefrauen. Es störte ihn nicht, dass sie Geld ausgaben, Aufmerksamkeit einforderten und Wutanfälle bekamen. Einen Seitensprung jedoch würde er niemals hinnehmen, wie einige seiner früheren Frauen bestätigen konnten. Einschließlich Tabithas Mutter.

„Ich bin erstaunt, dass du keinen Detektiv angeheuert hast, der sie beschattet, damit du etwas gegen sie in der Hand hast“, meinte Maddy.

Tabitha betrachtete ihre perfekt manikürten Fingernägel.

„Hast du etwa doch? Du meine Güte, Tabby …“

„Das war dumm, und ich habe meine Meinung auch geändert. Ich will das Miststück nicht auf frischer Tat ertappen.“

„Nein?“

„Er liebt sie, und sie macht ihn glücklich. Er wirkt zwanzig Jahre jünger, seit er mit ihr zusammen ist. Ich will einfach nicht, dass er schon wieder verletzt wird.“

„Und was schlägst du vor?“

„Na ja, meine Idee ist ziemlich einfach.“

„Ach?“

„Ja. Sie kann unseren Vater nicht mit diesem Kerl betrügen, wenn jemand sie überbietet.“ Mit einem gewinnenden Lächeln fügte sie hinzu: „Deshalb musst du diesen Gigolo ersteigern.“

Jake Wallace hatte in seiner Funktion als Rettungssanitäter beim vierten Bataillon des Chicago Fire Department den Tod schon Dutzende Male gesehen. Seit er vor fünf Jahren dort seinen Job angetreten hatte, waren Brände und Schießereien, Schlägereien und Fälle häuslicher Gewalt für ihn an der Tagesordnung. Er hatte sich um Menschen mit Herzattacken gekümmert und um Ertrinkende. Und er hatte es schon mit Menschen zu tun gehabt, die mit einem Bein im Jenseits standen und es dann doch noch zurück ins Leben schafften.

Einmal hatte er einen völlig kaputten Junkie überredet, seine verletzte Freundin – die behauptete, der Junkie habe auf sie eingestochen – aus dem Haus holen zu dürfen, um sie notärztlich zu versorgen. Hinterher hatte sein Lieutenant ihn zur Schnecke gemacht, weil er sich über die Vorschriften hinweggesetzt und nicht auf die Polizei gewartet hatte. Als hätte er das Mädchen sterben lassen können.

Keine dieser Situationen hatte ihn eingeschüchtert.

Aber das hier jagte ihm eine Heidenangst ein.

„Warum habe ich mich bloß darauf eingelassen?“, murmelte er vor sich hin.

Nur aus einem Grund – er schuldete seinem Lieutenant einen großen Gefallen. Sein Lieutenant schuldete dem Chief einen Gefallen, und die Frau des Chiefs liebte diese Wohltätigkeitsgala. Ende der Geschichte. Deshalb hatten zwei Kollegen aus seinem Bataillon bereits ihren Auftritt im Scheinwerferlicht absolviert.

„Das habe ich mich auch gefragt“, erwiderte ein ihm fremder Mann.

Jake zupfte vergebens an seiner Fliege, die ihm die Luft abschnürte, und sah zum Junggesellen Nummer achtzehn, der direkt vor ihm an der Reihe war. Der Mann schien über seinen bevorstehenden Auftritt vor einer Horde reicher scharfer Frauen, die zu viel Zeit und zu wenig Selbstachtung hatten, ganz zu schweigen von Selbstbeherrschung, genauso unglücklich zu sein wie er.

„Dabei sollte ich es nicht so eng sehen“, sagte Jake, um sich selbst Mut zu machen. „Schließlich ist es für einen guten Zweck. Es lohnt sich also, einige Minuten Peinlichkeit und ein schreckliches Date durchzustehen.“

Der Mann mit der Nummer zwanzig lächelte schwach und lehnte sich gegen eine Säule. Er wirkte beinah gelangweilt, und Jake beneidete ihn um seine Ruhe. „Was denn, macht es Ihnen keinen Spaß, wenn Frauen für Ihre Dienste zahlen?“, fragte der Fremde. Er klang amüsiert und hatte einen ausländischen Akzent, vielleicht irisch.

Vielleicht haben europäische Männer weniger Hemmungen bei einer derartigen Fleischbeschau, überlegte Jake. Er fühlte sich jedenfalls äußerst unwohl. „Macht es Ihnen etwa Spaß?“

Nummer zwanzig überprüfte lächelnd seine Manschettenknöpfe unter dem offenbar teuren, maßgeschneiderten Smoking. Jake war sicher, dass der nicht gemietet war.

„Es kann ganz unterhaltsam sein.“

Anzug und Auftreten dieses Mannes verrieten, dass er selbst genug Geld hatte, um spenden zu können. Doch die langen Haare, die er zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wiesen ihn als jemanden aus, der gern einmal etwas riskierte.

Das tat Jake auch. Aber ihm genügte der Nervenkitzel bei Notfällen, zu denen er gerufen wurde. Er konnte getrost darauf verzichten, von einem Haufen fremder, lüsterner Frauen gekniffen, gemustert und begafft zu werden.

„Außerdem ist es für einen guten Zweck, wie Sie schon bemerkten“, fügte der andere hinzu.

Ja, dachte Jake. Er mochte Kinder, auch wenn er selbst noch keine hatte und in den nächsten Jahren auch keine wollte. Sie waren süß, solange sie sich keine Rosinen in die Nase stopften oder in Abwasserkanäle stürzten oder der Familienkatze auf einen Baum hinterherkletterten.

Allerdings, so gern mochte er Kinder nun auch wieder nicht. Nicht genug, um die bevorstehende Demütigung über sich ergehen zu lassen.

Aber dann dachte er an seine kleine Nichte und seine beiden Neffen, die Zwillinge. Es gab nichts, was er nicht für sie tun würde.

Er musste es einfach hinter sich bringen.

Er zupfte erneut an der Fliege seines gemieteten Smokings und spähte durch den Vorhang. Der elegante Ballsaal war voller runder Tische, an denen Frauen in Abend- und Cocktailkleidern saßen. Sie lachten und tratschten und amüsierten sich mit Fruchtcocktails oder Champagner. Alle verfolgten lüstern die Versteigerung des Junggesellen Nummer siebzehn, der gerade die Bühne betreten hatte, und riefen derbe Bemerkungen.

Alle, bis auf eine. Eine Brünette, die drei bis vier Meter vom Vorhang entfernt stand. Sie zog seinen Blick magisch an.

Sie stand im Schatten eines großen Scheinwerfers, der gnadenlos das Geschehen auf der Bühne ausleuchtete, doch was er sah, genügte vollkommen, um sein Interesse zu wecken.

Erstens wegen ihrer üppigen Kurven. Sie war nicht wie die großen mageren Frauen in ihren knappen schwarzen Kleidern, die etwa die Hälfte des Publikums ausmachten. Ihr Körper hatte Rundungen an genau den richtigen Stellen. Sie hatte sinnliche Hüften und volle Brüste, deren Ansatz im Dekolleté ihres tief ausgeschnittenen blauen Seidenkleids zu sehen war und seinen Herzschlag beschleunigte.

Auch ihr Haar war nicht blond gefärbt und zu einer kunstvollen Frisur aufgetürmt wie bei der Hälfte des Publikums. Nein, ihr Haar waren dunkel und voll. Lange Locken fielen ihr ungebändigt auf die Schultern. Sie sah sehr verführerisch aus, als hätte sie eben erst das Bett verlassen und nicht einen der exklusiven Schönheitssalons auf der Michigan Avenue.

Sie wirkte selbstbewusst und temperamentvoll und auf eine Weise sexy, wie die meisten Frauen es sich heutzutage nicht mehr gestatteten.

Aber es war nicht allein ihr Aussehen, das sein Interesse weckte, sondern ihn faszinierte, dass sie unnahbar und völlig fehl am Platz wirkte.

Die dunkelhaarige Frau lachte nicht mit den anderen reichen Frauen. Sie schien auch nicht wie die anderen darauf bedacht, ihr Glas so zu halten, dass auch jeder ihre kostbaren Ringe sah.

„Soll ich Ihnen verraten, wovor ich am meisten Angst habe?“, fragte Nummer achtzehn, ein blonder Surfertyp, der von sich behauptete, er sei Börsenmakler. „Was ist, wenn niemand mehr als fünfzig Dollar für mich bietet? Wie demütigend wäre das angesichts all dieser reichen Frauen, die wie eine Meute Straßenköter vor dem Schaufenster eines Metzgerladens hecheln?“

Der vornehme Europäer winkte lachend ab, doch Jake verstand die Besorgnis des Börsenmaklers sofort. Panik machte sich in ihm breit. Bisher hatte er gedacht, es sei erniedrigend, ersteigert zu werden, aber noch schlimmer wäre es, sollte keine Frau für ihn bieten. „Holt mich hier raus.“

„Zu spät“, meldete sich eine kecke Stimme zu Wort, die zu einer jungen Frau gehörte, der Inspizientin an diesem Abend. Sie wandte sich an den hübschen blonden Mann. „Sie sind als Nächster an der Reihe.“ Mit ihrem Kugelschreiber zeigte sie dann auf Jake. „Und Sie kommen gleich nach ihm, Nummer neunzehn.“

Neunzehn. So nannte man ihn, seit er sich am Abend angemeldet hatte und man ihn in einen Umkleideraum geführt hatte, in dem sich außer den anderen Kandidaten auch noch die Bosse, Freunde, Geschwister, Mütter oder Kollegen, die sie zu diesem Auftritt überredet hatten, aufhielten.

Jake spähte erneut durch den Spalt zwischen den Vorhängen und flüsterte: „Neunzehn.“

Ihm fielen leicht neunzehn Dinge ein, die er zu der Brünetten sagen könnte, falls er es schaffen sollte, sie kennenzulernen. Neunzehn Wege, um sie überhaupt kennenzulernen. Neunzehn Minuten, die er brauchte, um loszustürmen und sie zu sich nach Hause zu entführen, um sie leidenschaftlich zu lieben …

„Neunzehn? Hallo?“

Jake richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Inspizientin, die ihn erwartungsvoll und ein wenig verärgert ansah. Offenbar hatte er sich einige Minuten lang seiner Fantasie hingegeben.

„Nummer achtzehn ist fertig.“

„Wie viel hat er gebracht?“ Jake konnte sich diese Frage einfach nicht verkneifen.

„Fünfunddreißig.“

Fünfunddreißig. Um Himmels willen, nur fünfunddreißig Dollar? Er würde sein Scheckbuch zücken und das Zehnfache bezahlen, um sofort verschwinden zu können. Und dann würde er sich der Brünetten in dem blauen Kleid vorstellen.

„Fünfunddreißig Hunderter“, fügte die für den reibungslosen Ablauf hinter der Bühne verantwortliche Frau hinzu. Offenbar sprach sein Gesichtsausdruck Bände.

„Heiliger Strohsack.“

Wenn er eine solche Summe aufbringen könnte, würde er ganz bestimmt nicht in einer Ein-Zimmer-Wohnung über einem Blumenladen in Hyde Park wohnen.

„Ihre Biografie wird gerade vorgelesen, also machen Sie sich bereit“, forderte ihn die Inspizientin auf und umfasste tatsächlich seinen Arm, da sie offenbar seinen Wunsch zu fliehen erahnte. Er bezweifelte, dass er der Einzige war, der an diesem Abend diesen Wunsch hegte.

„Na schön“, sagte er. Er hörte dem Ansager gar nicht zu, dessen Stimme aus den Lautsprechern dröhnte. Er ließ den Vorhang los, dann wurde er auf die Bühne geschoben, wo das Licht der Scheinwerfer ihn blendete und ohrenbetäubendes Gejohle beschwipster Frauen ihm entgegenschlug.

So ungefähr müssen die Jungs von den Chippendales sich fühlen, überlegte er. Die Vorstellung, lediglich mit ledernen Beinschützern bekleidet auf der Bühne zu stehen, verursachte ihm Übelkeit.

„Wer bietet zuerst?“

„Fünfhundert!“, rief eine Frau.

Immerhin, das war ein Anfang. Fünfhundert Dollar waren eine achtbare Spende. Damit konnte man eine Menge Weihnachtsgeschenke für bedürftige Kinder kaufen. Im Vergleich zu der Summe, die der Börsenmakler gebracht hatte, war das aber noch mickrig.

„Sechs!“

„Sieben!“

Die Gebote kamen nun in schwindelerregendem Tempo, bis eine entschlossene weibliche Stimme zu hören war. „Fünftausend Dollar!“

Einen kurzen Moment herrschte absolute Stille. Jake hatte keine Ahnung, für welche Summe der teuerste Junggeselle versteigert worden war, aber das Schlusslicht würde er jedenfalls nicht mehr sein.

„Wir haben ein Gebot von fünftausend Dollar für diesen guten Zweck“, rief der Auktionator begeistert. „Und ich kann mir vorstellen, dass unser gut aussehender Junggeselle jeden Penny wert ist.“

Ah, wie wunderbar, von einem fetten Kerl mit verschwitzten Wangen und einem schmierigen Grinsen angepriesen zu werden, dachte Jake.

Plötzlich schwenkte das heiße Scheinwerferlicht von seinem Gesicht fort und über die Menge, auf der Suche nach der Frau, die die Auktionsregeln mit ihrem hohen Gebot einfach ignoriert hatte.

Jake hielt den Atem an, denn irgendetwas sagte ihm, dass sie es war – die Brünette, an die er schon die ganze Zeit denken musste.

Der goldene Lichtkreis des Scheinwerfers fing schließlich eine Frau mit sehr blonden Haaren ein.

Mist.

Die Frau mittleren Alters, die sich bemühte, jünger auszusehen, saß ganz vorn an einem der exklusiven reservierten Tische. In ihrer Gesellschaft befanden sich andere, ebenso verlebt aussehende Frauen der Oberschicht. Sie lächelte selbstzufrieden, weil sie den Saal zum Schweigen gebracht hatte.

Doch die Stille hielt nicht lange an, denn ihre drei Freundinnen fingen lautstark an, sie zu überbieten.

„Fünftausendeinhundert!“

„Fünftausendzweihundert!“

„Fünftausendfünfhundert!“

Das ging eine ganze Weile so weiter, bis Jake ganz benommen war. Diese verrückten reichen Frauen waren glatt bereit, eine Summe in Höhe einer Anzahlung für ein Haus zu bezahlen, um einmal mit ihm essen zu gehen und ein Baseballspiel zu besuchen.

Alles für einen guten Zweck, sicher, aber langsam konnte er es nicht mehr hören.

Die Gebote erreichten die Achttausender-Marke. Die Blonde und ihre drei Freundinnen überboten sich lachend gegenseitig. Doch in ihrem Lachen lag eine gewisse Boshaftigkeit. Es mochte für sie als Spaß begonnen haben, doch je weiter sie das Spiel trieben, desto verbissener wurden sie.

Wer weiß, wie lange das so weitergegangen wäre, wenn sie in Hundert-Dollar-Schritten geboten hätten. Aber das Ganze endete, als sich erneut eine Frauenstimme über alle anderen erhob und das Publikum zum Schweigen brachte.

„Fünfundzwanzigtausend Dollar!“

Jake flehte im Stillen, das Schicksal möge ihm wohlgesinnt sein, dann folgte sein Blick dem Scheinwerfer.

Er war erhört worden.

Die Frau mit dem höchsten Gebot war seine wunderschöne Brünette.

2. KAPITEL

„Auf welchen Namen soll ich den Scheck ausstellen?“

Maddy wartete, den Füller über dem Scheckbuch haltend, auf eine Antwort, nachdem sie endlich an der Kasse der Auktion an der Reihe war. Ihr Pech, dass ihr Junggeselle der Vorletzte der Veranstaltung gewesen war. Wäre er einer der früheren „Gewinne“ gewesen, hätte sie längst bezahlen und verschwinden können, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, ihrem legal erworbenen Prachtkerl zu begegnen. Denn das wollte sie auf keinen Fall.

Sie hatte erledigt, weshalb sie gekommen war – weshalb Tabitha gewollt hatte, dass sie an der Auktion teilnahm. Sie hatte ihre Stiefmutter davon abgehalten, sich einen anderen Mann zu schnappen, zumindest für diese Nacht.

Deborahs Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte die keine Ahnung gehabt, dass irgendwer aus der Familie ihres Mannes im Publikum war. Als sie ihre Stieftochter entdeckte, war sie vor Schreck blass geworden und aus dem Saal geflohen, gefolgt von ihrer besten Freundin Bitsy.

Maddy fand es zu schade, dass sie an diesem Punkt nicht mehr überboten worden war, dann hätte sie die fünfundzwanzigtausend Dollar sparen können. Zwar hatte sie schon seit einiger Zeit kein Date mehr gehabt, aber sie war nicht so verzweifelt, ihren „Gewinn“ tatsächlich einzulösen. Wenn er ein normaler Junggeselle wäre, vielleicht. Aber mit dem Wissen, dass er ein Gigolo war, der sich in ihren Augen prostituierte, niemals.

Es ist für einen guten Zweck, sagte sie sich noch einmal. Außerdem unterstützte die Familienstiftung, die sie leitete, ohnehin dieses Kinderhilfsprogramm.

„Ich habe es ein wenig eilig“, erklärte sie der Frau am Kassenschalter, lächelte jedoch dazu, um ihren Worten jede Schärfe zu nehmen. „Es ist ein wunderbares Projekt, das ich gern unterstützt habe, nur muss ich jetzt leider noch anderen Verpflichtungen nachkommen.“

Das war nicht einmal ganz gelogen, da sie eine Verabredung mit ihrer Fernbedienung und ihrer neuesten DVD der Serie „Grey’s Anatomy“ hatte. Das war auf jeden Fall besser, als zu bleiben und mit einem Mann Konversation zu machen, der Geld von gelangweilten, einsamen, reichen Frauen nahm.

„Sie haben Junggesellen Nummer …“

„Neunzehn“, half Maddy der Frau. Auch wenn sie keine Achtung vor diesem Kerl hatte, zumal ihre Stiefmutter ihren Vater mit ihm betrügen wollte, musste sie doch zugeben, dass er fantastisch aussah.

Sie hatte eher einen mageren, femininen Typ wie in dem Film „American Gigolo“ erwartet, nicht diese breiten Schultern und diese muskulöse Brust, die sich unter dem Smokinghemd erahnen ließ. Auch nicht dies volle kurze Haar, durch das sie am liebsten mit ihren Fingern streichen würde, ohne sein markantes Gesicht auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen.

Er war groß und ganz anders als das, was sie erwartet hatte. Allerdings basierten ihre Erwartungen auf Filmen und auf Erfahrungen mit willensschwachen Männern, die Frauen benutzten.

Fang nicht wieder damit an, ermahnte sie sich im Stillen.

„Sie können den Scheck auf ‚Give A Kid A Christmas‘ ausstellen“, erklärte die attraktive dunkelhaarige Frau hinter dem Schalter. „Und vielen Dank für Ihre Spende. Es war die großzügigste des Abends.“

„Ich bin mir sicher, Sie werden sie bestimmt für ein gutes Projekt verwenden.“

„Unbedingt“, versicherte die Frau ihr und deutete zur nächstgelegenen Tür. „Es gibt übrigens einen privaten Empfang, auf dem unsere Bieterinnen und die Junggesellen sich kennenlernen können. Sie wissen schon, um das Eis zu brechen, bevor man sich näherkommt.“

Maddy erwiderte nichts darauf, sondern stellte einfach den Scheck aus, nahm die Quittung entgegen und ging.

Sie war schon fast am Ausgang, als der Mann mit der Nummer neunzehn ihr den Weg versperrte.

„Hallo“, stellte er sich vor, „ich bin Jake Wallace.“

Ihr Herz schlug schneller, als sie seinen würzigen Duft wahrnahm und seine Wärme spürte.

„Ich weiß, wir sollten uns eigentlich im Empfangsraum treffen“, fügte er hinzu, „aber ich gehe auch lieber an die Hotelbar, falls Sie dorthin wollten. Ich halte es keine weitere Stunde unter diesen Leuten aus.“

Seltsam, dass er schon zu wissen schien, wie wenig sie mit den Besucherinnen dieser Veranstaltung gemein hatte. Finanziell passte sie schon dazu, und ihre Familie gehörte zu den angesehensten in Chicago, doch sie mochte die Gesellschaft der Reichen und Vornehmen nicht und hörte sich lieber Tabithas spöttische Schilderungen an. Ihre sozialen Kontakte beschränkten sich aufs Geschäftliche – Wohltätigkeitsveranstaltungen und Vorstandsessen. Versteigerungen attraktiver Männer gehörten ganz sicher nicht dazu.

„Da wollten Sie doch hin, oder? Sie wollten mich doch nicht sitzen lassen, oder?“, fragte er.

„Ich … also … eigentlich war ich auf dem Weg zur Toilette“, meinte sie ausweichend und hasste sich für diese Ausrede.

Er räusperte sich und zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen war. „Das ist dort entlang.“

Seine Hand war gebräunt und kräftig, mit gepflegten kurzen Fingernägeln, die nicht so aussahen, wie sie sich die eines Gigolos vorstellte, der sich von Frauen aushalten ließ. Sie sahen eher wie die Hände eines hart arbeitenden Mannes aus. Bei der Vorstellung, von diesen Händen berührt zu werden, überlief Maddy ein sinnlicher Schauer.

„Ich werde Sie begleiten“, erklärte er.

„Ich fürchte, ich wollte gerade gehen“, gestand sie schließlich, um der Geschichte ein Ende zu machen, bevor er sie tatsächlich zur Toilette begleitete und ihr wer weiß was für Dienste im luxuriösen Vorraum anbot.

Du lieber Himmel, was für eine Fantasie.

Sie nahm sich zusammen. „Es ist ein Wochentag.“

„Wie bitte?“

„Ein Wochentag. Ich bin nur wegen der Wohltätigkeitsgala hergekommen und muss morgen wieder arbeiten. Deshalb gehe ich jetzt.“

Er berührte sanft ihren Ellbogen. „Hören Sie, ich würde wirklich gern etwas mit Ihnen trinken, nicht weil es zu unserem Date gehört, sondern um mich dafür zu bedanken, dass Sie für mich geboten haben. Immerhin haben Sie mich davor bewahrt, der billigste Kerl des Abends zu werden.“

„Als wenn das hätte passieren können.“

„Man weiß nie. Der Börsenmakler versprach ein ungestörtes Wochenende oben im Norden.“

„Und was haben Sie versprochen?“, erkundigte sie sich nur aus Neugier, nicht aus echtem Interesse. Ganz bestimmt nicht, sagte sie sich.

„Einen Platz beim nächsten Heimspiel der Cubs im Wrigley Field, anschließend Chicken Wings und Bier in einer Kneipe.“

Maddy runzelte die Stirn.

„Das wussten Sie nicht, als Sie fünfundzwanzigtausend bezahlt haben?“

„Nein“, erwiderte sie, „aber das hätte auch keine Rolle gespielt.“

Kein bisschen, denn weder Bitsy Wellington noch ihre Stiefmutter wären mit ihm zu einem Baseballspiel gegangen. Das Date wäre auf diesen Abend beschränkt gewesen und hätte oben in einer der luxuriösen Suiten geendet. Deborah war zwar um einiges älter als dieser Mann, aber sie hatte das Geld, das Aussehen und den Charme, um genau das zu bekommen, was sie wollte, ob Jake Wallace nun ein gewöhnliches Date im Sinn gehabt hatte oder nicht.

Für Maddy klang ein Baseballspiel jedoch wunderbar. Sie war noch nie bei einem Profispiel gewesen, sondern hatte die Spiele stets nur im Fernsehen verfolgt, wenn sie ihrer geheimen Sportbegeisterung – die kaum zum Image der verwöhnten reichen Frau passte – frönte.

Aber wenn sie unbedingt ein Baseballspiel besuchen wollte, konnte sie die Logenplätze ihres Vaters benutzen und musste nicht mit ihrem Gigolo hingehen.

„Sie müssen wissen, dass ich schon mit dem Schlimmsten gerechnet habe“, meinte er. „Wenn jemand nur zwanzig Dollar geboten hätte, hätte ich mir diese Peinlichkeit von meinen Schwestern ewig anhören müssen.“

Bei der Vorstellung, dass der Mann vor ihr für diesen lächerlichen Betrag ersteigert wurde, musste sie unwillkürlich lachen. So viel würde er ihr wahrscheinlich pro Minute berechnen.

„Sie haben Grübchen“, bemerkte er.

Sofort wurde sie wieder ernst.

„Die sind hübsch.“

„Nein, die sind albern.“

„Wundervoll.“

„Im Gesicht einer Fünfjährigen oder am Po eines Babys vielleicht.“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, bei einer wunderschönen Frau.“

Maddy erschauerte bei diesen Worten, obwohl sie natürlich wusste, dass dieser Mann sich vermutlich auf derartige Sprüche verstand und darauf, einer Frau das Gefühl zu geben, schön und begehrenswert zu sein. Bei ihr funktionierte es jedenfalls.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Damit meinte ich selbstverständlich das Gesicht einer wunderschönen Frau.“

Bei dem Gedanken an den zweiten Teil ihrer Bemerkung musste sie ein Aufstöhnen unterdrücken, weil sie ihm eine solche Vorlage geliefert hatte.

„Sie sind wirklich etwas Besonderes“, meinte er, und es klang überhaupt nicht nach billiger Anmache. „Eine intensiv leuchtende Flamme neben all diesen Eisprinzessinnen.“

Maddy schluckte. Er konnte sie und ihren Ruf unmöglich kennen – oder? Nein, er ließ einfach seinen Charme spielen, wandte seine Tricks an und erzählte ihr, was sie seiner Ansicht nach hören wollte, wie jeder echte Profies tun würde. Sie war alles andere als eine „leuchtende Flamme“ und genoss den Ruf, Chicagos kälteste Geschäftsfrau zu sein.

Sah er sie tatsächlich anders?

„Von der Bühne aus sahen Sie im Gegensatz zu allen anderen Frauen hier wirklich lebendig aus“, setzte er hinzu.

Dieser Mann verstand sich offenbar darauf, eine Frau mit einschmeichelnden Worten herumzukriegen. Viel zu gut, vor allem, da sie wusste, dass sie ihn auf keinen Fall haben konnte. Wenn sie sich vorstellte, was zwischen ihm und ihrer Stiefmutter passiert wäre, wenn sie nichts unternommen hätte, wurde ihr übel.

Ganz abgesehen davon war sie fest entschlossen, nie wieder mit jemandem zusammen zu sein, der in einem Monat mit mehr Partnern Sex hatte, als sie in ihrem ganzen bisherigen Leben. Das kannte sie alles schon. Der einzige Unterschied war, dass ihr Ex sich dafür nicht hatte bezahlen lassen. Das war auch nicht nötig gewesen, da er es gern mit jeder trieb, die ihn ranließ.

Eines musste sie diesem Jake aber lassen – er war wenigstens offen und machte keinen Hehl aus dem, was er war.

Damit hatte es sich aber auch schon. „Ich muss gehen“, sagte sie.

„Gehen Sie noch nicht“, bat er. „Sie müssen sich wenigstens ein Bier von mir spendieren lassen, weil Sie mir vor dieser blutrünstigen Menge eine Demütigung erspart haben.“

„Und vor Ihren Schwestern.“

„Die absolut gnadenlos sind.“

„Ich habe auch so eine“, gestand sie. „Die ist besonders gnadenlos, wenn es darum geht, ihren Willen durchzusetzen.“

„Ich habe den Eindruck, dass Sie sich ganz gut behaupten können.“

„Den gleichen Eindruck habe ich von Ihnen.“

Sie sahen sich einen Moment in die Augen, und Maddy spürte deutlich das Knistern zwischen ihnen. Was würde erst passieren, wenn er sie berührte?

„Bitte sagen Sie ja“, bat er.

Ihr fiel plötzlich etwas ein, was Tabitha ihr über den Mann gesagt hatte. „Sie haben gar keinen Akzent!“

„Sollte ich einen haben?“

„Schon gut, vergessen Sie es, Mr. Wallace. Jedenfalls schulden Sie mir gar nichts. Es hat mich gefreut, dass ich Sie davor bewahrt habe, sich vor Ihren Schwestern lächerlich zu machen.“ Sie musste daran denken, weshalb sie überhaupt an der Auktion teilgenommen hatte, und fügte hinzu: „Die können einem wirklich zusetzen.“

„Na schön, gehen wir etwas trinken und tauschen uns über unser Familien aus. Und dann schauen wir im Sportteil der Zeitung nach, wann das nächste Heimspiel ist. Sie sind doch Cubs-Fan, oder?“

„Ich glaube, es ist hier illegal, das nicht zu sein.“

„Dann hindert uns doch nichts daran, miteinander auszugehen.“

„Wenn ich sage, dass ich Fan der Cardinals bin, schlagen Sie sich diese alberne Idee dann aus dem Kopf?“ Er hob eine Hand an die Brust und machte ein entsetztes Gesicht, was sie zum Lachen brachte. „War nur Spaß.“

„Sie würden so weit gehen, um nicht den Abend mit mir verbringen zu müssen?“, fragte er, und es klang, als würde es ihm wirklich etwas bedeuten.

Maddy wandte sich zum Gehen. „Es geht nicht darum, ob ich mit Ihnen einen Abend verbringe oder nicht. Ich hatte meine Gründe, weshalb ich heute hier war. Ein Date gehörte nicht dazu. Es gibt also keinerlei Verpflichtung für Sie.“

„Aber das Geld …“

„… war für die Kinder.“ Und für meinen Vater, fügte sie im Stillen hinzu. „Eine Gegenleistung wird nicht erwartet.“ Obwohl die Reaktion ihres Körpers wenigstens nach einer kleinen Gegenleistung von diesem Mann verlangte. Doch handelte es sich eindeutig nicht um echte Gefühle. Ihr waren lediglich die Möglichkeiten in den Sinn gekommen, besonders da ihr dieser freundliche, amüsante Mann nicht unsympathisch war.

Es kam jedoch einfach nicht infrage. Sie würde sich wie immer mit ihrer Arztserie begnügen. Ohne große Hoffnung nahm sie sich vor, ihre Entscheidung nicht zu bereuen, auch wenn sie nicht wusste, wie sie die lange, einsame Nacht überstehen sollte, ohne von den Möglichkeiten zu fantasieren.

„Leben Sie wohl, Mr. Wallace“, sagte sie und verschwand aus seinem Leben.

Jake zog nicht einmal in Erwägung, ihr zu folgen. Von seinen Schwestern hatte er gelernt, dass es keinen Sinn hatte, eine Frau umstimmen zu wollen, wenn sie sich einmal entschlossen hatte. Außerdem brauchte er ihr nicht zu folgen. Chicago war zwar eine große Stadt, doch die Welt der Superreichen war überschaubar. Er würde sich einfach am Kassenschalter nach ihr erkundigen.

„Mir ist da ein Missgeschick passiert“, erklärte er der hübschen jungen Frau am Schalter. Er erinnerte sich daran, dass sie die Leiterin der Organisation war, die von der Auktion profitierte. Sie richtete für Mütter und Kinder in Chicagos Frauenhäusern ein traditionelles Weihnachtsfest aus. Noelle Santori hieß sie. Sie war ernsthaft und freundlich gewesen. Jedenfalls hatte sie ihn nicht so belustigt taxiert, wie einige andere Organisatorinnen es bei seiner Ankunft getan hatten. „Ich habe die Frau, die mich ersteigert hat, gehen lassen, ohne dass wir unser Date verabreden konnten. Und jetzt weiß ich nicht, wie ich Kontakt zu ihr aufnehmen soll.“

Die Frau blickte skeptisch. „Wie lautet ihr Name?“

„Sie hat ihn mir nicht gesagt. Ich fürchte, sie hat kalte Füße bekommen, obwohl sie fünfundzwanzig Riesen für mich hingeblättert hat.“

Die Miene der Frau hellte sich auf. „Ah, ja, ich erinnere mich an sie.“ Als wollte sie ihn trösten, fügte sie hinzu: „Sie sagte, sie habe noch eine weitere Verpflichtung heute Abend. Sie hatte es bestimmt eilig und hat völlig vergessen, Ihnen ihren Namen und ihre Telefonnummer zu geben.“

„So wird es gewesen sein. Ich wäre Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe.“

„Es dürfte nicht schwer sein, sie zu finden, schließlich gab es nur einen Scheck in dieser Höhe.“ Sie blätterte durch einen Stapel Schecks in einer Stahlkassette, zog einen heraus und rief: „Aha!“ Aber dann stutzte sie. „Oje, es ist eine Stiftung, keine Privatperson. Ihr Name ist nicht aufgedruckt, und ihre Unterschrift sieht sehr unleserlich aus.“

„Sie heißt Madeline Turner“, meldete sich eine Frau hinter ihnen zu Wort. Jake drehte sich um und entdeckte eine schlanke, attraktive Blondine, die ihn mit unverhohlenem Interesse musterte. „Hier“, sagte sie und reichte ihm eine Visitenkarte. „Maddy arbeitet in einer Bank in der Innenstadt. Das ist die Adresse. Es war sicher ein Versehen, dass sie gegangen ist, ohne zu bekommen, wofür sie bezahlt hat. Also machen Sie sie ausfindig.“

Mit diesen Worten wandte sie sich ab und zog die für das Wetter eher unpassende Stola fester um ihre Schultern. Im Weggehen hörte Jake sie noch leise hinzufügen: „Möglicherweise sind Sie die Antwort auf meine Gebete.“

3. KAPITEL

„Entschuldigen Sie bitte, Miss Turner. Da ist jemand, der Sie sprechen möchte.“

Madeline schaute auf und musterte ihre Sekretärin, die in der Tür zu ihrem Büro stand. Dass sie so formell angesprochen wurde, war ein Hinweis auf die düstere Stimmung ihrer Mitarbeiterin. Die effiziente, aber temperamentvolle junge Frau meldete sich für gewöhnlich über die Gegensprechanlage, um sie an einen Termin zu erinnern, verbunden mit einem kleinen frechen Scherz. Ella liebte es, ein Lächeln auf dem Gesicht ihrer Chefin zu sehen, wenn einer dieser gut situierten geschäftlichen Besucher ihr Büro betrat.

Diesmal jedoch klang Ella beinah ehrfürchtig und machte ein entsprechendes Gesicht.

„Verdammt, ist es schon wieder der Kongressabgeordnete? Ich habe ihm doch erklärt, dass wir seinen Kreditrahmen nicht erweitern können.“

„Nein, es ist ein Fremder.“ Die Sekretärin räusperte sich. „Also, wenn der Kerl sich hier einzuschleichen versucht und Sie ihn gar nicht kennen, dann schmeiße ich ihn raus und nehme ihn mir gründlich vor, um ihm Benehmen beizubringen. Wahrscheinlich das ganze Wochenende lang.“

Ella war zwar keine verknöcherte Bankangestellte, aber flatterhaft war sie nicht. Das bedeutete, dass der Besucher fähig sein musste, eine ansonsten ausgeglichene junge Frau in einen sexuell aufgedrehten und aufgekratzt vor sich hin plappernden Trottel zu verwandeln.

„Du liebe Zeit“, murmelte Maddy, da ihr plötzlich klar wurde, wer da vor ihrer Tür stand. Nur ein Mann, den sie in letzter Zeit kennengelernt hatte, war in der Lage, einer Frau innerhalb weniger Sekunden auf diese Weise den Kopf zu verdrehen. „Schicken Sie ihn herein“, sagte sie, wohl wissend, dass ihr ungefähr dreißig Sekunden blieben, bis Ella draußen war und Nummer neunzehn hereinkam. Gerade genug Zeit, um ihre Frisur zu überprüfen, die Bluse glatt zu streichen und die Beine übereinanderzuschlagen.

Sie stellte die Füße wieder nebeneinander und rollte mit dem Sessel näher an den Schreibtisch, als er eintrat. Ihr Rock war nicht zu kurz, nur kam ihr die Pose zu offensichtlich vor, zu einladend. Als wollte sie ihn sexuell ermutigen und ihm zeigen, dass sie seit ihrer Begegnung nur noch an ihn gedacht hatte.

Dass das den Tatsachen entsprach, änderte nichts an ihrer Entscheidung, sich ganz geschäftsmäßig zu geben.

„Hallo“, begrüßte er sie. „Hab Sie gefunden.“

„Ja, das haben Sie, Mr. Wallace.“

„Schön, Sie wiederzusehen, Miss Turner.“ Er schaute sich in ihrem vollgestopften Büro um, dessen Regale mit Büchern und Aktenordnern überladen waren. Auch ihre Ablage für Posteingänge quoll über. Sein Blick ging zur Fensterfront, die eine Aussicht auf Chicago bot, eine der besten in dem ganzen Hochhaus. Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus und meinte: „Ich nehme an, Sie haben einen echten Job.“

„Warum sollte ich keinen haben?“

Er sah sie an, sagte aber nichts.

„Na schön“, meinte sie. „Wahrscheinlich arbeiten die meisten Bieterinnen, die auf der Auktion waren, höchstens an ihrer Bräune.“

„Sie haben keine. Das heißt, dass Sie zu viel arbeiten.“

„Es könnte eine natürliche Blässe sein, die sehr sonnenempfindlich ist.“ Es könnte allerdings auch daran liegen, dass sie seit dem vergangenen Sommer keinen einzigen Tag mehr auf dem Boot ihres Vaters gefaulenzt hatte. Das musste sich unbedingt ändern.

„Irgendwie tippe ich eher darauf, dass Sie jeden Tag zwölf Stunden hier drin verbringen und die Sonne nur von Ihrem Fenster aus sehen.“

Kluger Mann. Und einer, der gleich anfing, sich ganz wie zu Hause zu fühlen, indem er sich unaufgefordert in den Sessel vor ihrem Schreibtisch setzte. Durch seine Gegenwart schien ihr Büro zu schrumpfen, sodass sie sich seiner Nähe plötzlich sehr bewusst war. Zum Glück war der Schreibtisch zwischen ihnen. Andernfalls wäre sie vielleicht in Versuchung geraten, näher an ihn heranzurutschen, bis ihre Knie sich berührten. Oder ihre Schenkel. Oder ihre Lippen.

Aufhören!

„Warum haben Sie mich einfach stehen lassen?“

„Warum haben Sie mich aufgespürt?“, konterte sie.

„Ha, ich habe Ihnen eine schwierige Frage gestellt und Sie mir eine ganz einfache.“ Er grinste. „Ich habe Sie aufgespürt, weil ich Ihnen ein Date schulde und zu meinem Wort stehe.“

Das war alles. Er stand zu seinem Wort. Na, da fühlte sie sich doch gleich besser.

„Jetzt sind Sie an der Reihe.“

„Es ist gar nicht so kompliziert.“ Sie schaffte es, ein wenig gelangweilt zu klingen. „Vielleicht habe ich Sie einfach stehen lassen, weil ich nicht interessiert war.“

„Fünfundzwanzigtausend Dollar sind eine ganze Menge Desinteresse“, konterte er selbstbewusst.

„Es war für eine gute Sache.“

„Warum haben Sie dann nicht schon früher am Abend auf jemanden geboten, um anschließend zu verschwinden?“

„Wie kommen Sie darauf, dass ich es nicht getan habe? Möglicherweise waren Sie meine vorletzte Gelegenheit, etwas zu bewirken, und deshalb habe ich dieses hohe Gebot abgegeben.“

„Sie haben auf niemanden sonst geboten.“ Er beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf ihrem Schreibtisch ab. „Geben Sie es zu.“

In dieser Haltung konnte sie das Spiel seiner Muskeln beobachten, da er ein lässiges schwarzes T-Shirt trug. Einem derartig gut gebauten Mann hatte sie noch nie gegenübergesessen.

Und schon gar nicht mit einem geschlafen.

Die meisten Männer, mit denen sie Sex gehabt hatte, waren drahtige Studenten gewesen, die jede Frau wollten, die sie bekommen konnten – erst recht reiche Erbinnen. Oder es waren blasse, verweichlichte Geschäftsleute gewesen, die sie in ihren Kreisen kennenlernte. Diese Männer, wie Oliver, ihren Exlover, den sie vor anderthalb Jahren hinausgeworfen hatte, hielten sich höchstens mit Tennis oder Golf fit. Oder, in Olivers Fall, mit gelegentlichen Skiurlauben mit seinem „besten Freund“ Roddy.

Dass Roddy der Spitzname für Rhonda war, ein zwanzigjähriges Skihäschen, hatte er nicht erwähnt. Das hatte sie erst herausgefunden, als sie an einem Wochenende beschloss, ihn zu überraschen. Sie fand Oliver in seinem Zimmer, wo er ein paar spezielle Übungen mit dem Skihäschen machte, die keine Skier erforderten.

Maddy verdrängte diese Erinnerung. Sie musste einräumen, dass sie in all den Monaten, die sie mit Oliver zusammen war, nie ein solches Verlangen nach ihm verspürt hatte, wie in diesem Augenblick nach Jake Wallace. Jake hatte einen muskulösen Körper, von dem Frauen träumten, ohne je die Hoffnung zu haben, ihn in Wirklichkeit zu sehen zu bekommen.

„Ich glaube nicht, dass Sie auf jemand anderen geboten haben“, wiederholte er. „Ich habe Sie nämlich eine ganze Weile von meinem Platz hinter dem Vorhang beobachtet. Ich habe sogar gebetet, dass Sie diejenige sein mögen, die mich ersteigert.“

Das brachte sie zum Lachen. „Sie kommen mir nicht vor wie ein Mann, der Gebete nötig hat, um Frauen für sich zu gewinnen, Mr. Wallace.“

„Ein bisschen bitten musste ich immerhin, um Ihre Identität herauszufinden.“

Gut gekontert, dachte sie.

„Zum Glück haben Sie wie Aschenbrödel einen Hinweis zurückgelassen.“

„Aber ich hatte beide Schuhe noch an, als ich nach Hause kam“, erwiderte sie.

„Ihren Scheck. Mit Ihrer Unterschrift.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. „Man hat Ihnen meinen Scheck gezeigt?“

„Ich durfte einen kurzen Blick darauf werfen. Dann erzählte mir eine hilfreiche Fremde, was ich wissen wollte.“

Wie nett von dieser Fremden.

„In Ihren Kreisen kennt wohl jeder jeden“, meinte er.

„Es ist der größte kleine Teich der Welt.“

„Gähn.“

„Wenn Sie wüssten.“

„Dann schwimmen Sie mit mir mal außerhalb des Riffs. Da sind Sie zwar nicht mehr von bunten tropischen Fischen umgeben, aber einfache Forellen wie ich können auch ganz unterhaltsam sein.“

Damit brachte er sie erneut zum Lachen. „Ach wissen Sie, in letzter Zeit schwimme ich nur in ganz seichten Gewässern.“

„Doppelgähn. Na kommen Sie schon, riskieren Sie mal etwas.“

„Nein“, sagte sie mit Bestimmtheit. Ganz sicher nicht mit ihm. Dass er ein Gigolo war, würde eine flüchtige Affäre, die ihr auf einmal verlockend erschien, zwar leichter machen, doch fühlte sie sich durch das, was sie bereits für ihn empfand, verunsichert. Er brachte sie zum Lachen, zum Erröten und völlig aus dem Konzept. Dabei konnte sie sich überhaupt nicht sicher sein, dass er aufrichtig war und ihr nicht bloß etwas vorspielte, weil es zu seiner Masche gehörte. Deshalb kam er für eine Affäre nicht infrage.

„Nein?“, fragte er. „Ist das Ihr Ernst? Denn selbst wenn Sie kein Date wollen, sondern nur für einen guten Zweck spenden, muss ich mich an die Abmachung halten. Ich habe den Veranstaltern ein Versprechen gegeben. Mein Dad würde mir die Hölle heißmachen, wenn ich nicht zu meinem Wort stünde.“

Maddy verstand die unterschwellige Herausforderung, die da lautete: Wollen Sie Ihren Teil der Abmachung etwa nicht einhalten? Das weckte ihren Sportsgeist. Sie mochte in einer Villa aufgewachsen sein, aber der Besitzer dieser Villa war Jason Turner, dessen finanzieller Einfluss sich über die gesamte Stadt erstreckte, weil er clever war und den nötigen Willen hatte. Das war noch eine Eigenschaft, die sie von ihrem Vater geerbt hatte.

Vermutlich würden ihre Väter sich gut verstehen.

„Also gut“, sagte sie schließlich, „dann werde ich auch zu meinem Wort stehen.“

„Sie werden es nicht bereuen“, sagte er, und seine Augen verdunkelten sich, während er seinen Blick über ihr Haar, ihre Wangen, ihren Mund und ihren Hals gleiten ließ.

Bewundernd, nicht abschätzend.

Sie bereute es bereits. Wie hatte sie sich nur dazu verleiten lassen, ja zu sagen?

Sie wollte wenigstens ein paar Grundregeln für ihr „Date“ festlegen, das rein platonisch verlaufen würde. Sie hatte die Absicht, ihn im Baseballstadion zu treffen und gleich nach dem Spiel wieder zu verschwinden. Doch bevor sie etwas sagen konnte, wurden sie beide erschreckt, als unvermittelt die Bürotür geöffnet wurde.

„Maddy, ich muss dich mal sprechen wegen … oh, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du einen Termin hast. Deine Sekretärin war nicht da, und in deinem Kalender steht nichts.“

Maddy sprang so rasch auf, dass ihr Sessel nach hinten gegen die Wand stieß. Ihr Vater war mit einem Aktenordner hereingekommen. Seine Miene signalisierte, dass es ein Problem gab und die Mittagspause ausfallen würde.

Allerdings vergaß er sein Problem, als er Jake Wallace entdeckte, den er neugierig musterte. Vielleicht weil kein Termin in ihrem elektronischen Kalender vermerkt war. Vielleicht weil Jake für einen Kunden, der einen Kredit wollte, viel zu freundschaftlich lächelte. Vielleicht auch, weil sie nervös war oder weil die Spannung im Raum beinah greifbar war.

„Dad!“, rief Maddy, aber mehr fiel ihr auch nicht ein, was damit zusammenhängen könnte, dass sie nur deshalb zu dieser Junggesellenversteigerung gegangen war, um die Frau ihres Vaters aus dem Bett dieses Mannes fernzuhalten.

Jake stand auf und ersparte ihr damit, noch etwas sagen zu müssen. Doch gleich darauf fragte sie sich, ob er ihr wirklich einen Gefallen tat.

„Ich habe keinen Termin mit Ihrer Tochter“, erklärte er und schüttelte ihrem Vater ganz entspannt die Hand, „sondern ein Date, und ich bin hier, um sie zum Lunch abzuholen.“

„Ich glaube, Ihr Vater mag mich.“

Jake musste nicht erst den beleidigten Laut hören, den Maddy von sich gab, um zu wissen, dass sie nicht allzu glücklich über diese Tatsache war. Er sah noch immer deutlich ihre verlegene Miene vor sich, als ihr Vater, der bekannte Jason Turner, sie beide praktisch aus dem Büro gescheucht hatte. Dabei hatte er ihm, Jake, herzlich die Hand geschüttelt und begeistert gegrinst.

Komisch, dachte Jake. Er hatte gedacht, es würde ein wenig einschüchternd sein, einem der reichsten Männer Chicagos gegenüberzustehen. Aber das war absolut nicht der Fall gewesen. Möglicherweise hing es damit zusammen, dass er genug Unfälle gesehen, genug Opfern krimineller Taten geholfen und genug menschliche Tragödien erlebt hatte, um zu wissen, dass alles Geld der Welt nichts wert war, wenn es darum ging, eine Kugel aufzuhalten oder nicht durch die Windschutzscheibe eines Wagens zu fliegen.

Das Blut aller Menschen war gleich, nämlich rot. Es gab kein blaues Blut. Was wohl auch der Grund dafür war, dass Madeline Turner ihn nicht nervös machte, obwohl die Klatschpresse sie die „Eiskönigin des Finanzdistrikts“ nannte. Das hatte er in den zwei Tagen seit der Auktion bei seinen Recherchen herausgefunden.

Dabei war sie ganz und gar nicht kühl. Selbstbewusst und unnahbar, sicher. Aber nicht kalt. Und wie sie beruflich war, interessierte ihn nicht, denn er begehrte sie nicht wegen ihrer Verbindung zu einer der größten Bank Chicagos.

„Lassen Sie sich das nicht zu Kopf steigen“, sagte sie auf dem Weg zum nächstgelegenen Mittagslokal. „Entgegen seinem Ruf als Geschäftsmann ist mein Vater ein hoffnungsloser Romantiker, der es sehr gern sehen würde, wenn ich heirate und eine Familie gründe. Er wäre sogar noch begeistert, wenn ein betrunkener und geschminkter Pantomime käme, um mich zum Essen auszuführen, solange er nur Single ist.“

„Ich hasse Pantomimen.“

„Wer tut das nicht?“

„Welches Kind sagt schon: ‚Wow, wenn ich groß bin, will ich mir das Gesicht anmalen und meinen Lebensunterhalt damit verdienen, Leute zu ärgern‘?“

„Eines, das Clown werden will?“, schlug sie vor.

„Mir wäre jedenfalls wohler, wenn mein Kind sagen würde, es will Anwalt werden.“

„Gott behüte.“ Sie schüttelte sich.

„Allerdings habe ich noch nie einen betrunkenen gesehen. Das könnte lustig sein.“

„Anscheinend essen Sie nie im Chicago Club, wo all diese teuren Strafverteidiger verkehren.“

„Ich meinte einen betrunkenen Pantomimen“, erklärte er. Er genoss dieses Geplänkel, und er genoss ihr Lächeln. „Ihr Dad ist also Romantiker?“

„Lassen wir das lieber.“

„Ist es ein heikles Thema?“

„Sagen wir, was die Liebe angeht, hat er sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert“, meinte sie. „Natürlich hindert ihn das nicht daran, weiter an die wahre Liebe zu glauben, auch wenn es sie nicht gibt.“

„Warum glauben Sie, dass es sie nicht gibt?“

Sie überquerten die Straße. „Nun, sich zu verlieben ist nicht schwierig“, antwortete sie. „Anders sieht es da schon mit der dauerhaften Liebe aus.“

„Ich habe zwei Elternteile, vier Großeltern und ungefähr fünfzig Tanten, Onkel, Cousins und Freunde, die Ihnen klar widersprechen würden.“

Sie sah ihn skeptisch an. In ihren braunen Augen lag ein hartes Funkeln, und ihm wurde klar, dass irgendwer ihr sehr wehgetan hatte.

„Und ich habe einen Vater, eine Schwester, mehrere ehemalige Stiefmütter, dazu Cousinen, Onkel und Tanten sowie Freunde, die mir recht geben würden.“

Er stutzte. „Ist nicht eine erfolgreiche Ehe darunter?“

Ein Anflug von Traurigkeit zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Angeblich waren meine Eltern glücklich verheiratet.“

Verwirrt wartete er darauf, dass sie weitersprach.

„Meine Mutter starb, als ich noch klein war. Mein Vater sagte mir einmal, die Jahre mit ihr seien die schönsten für ihn gewesen.“

„Also ist die Liebe doch möglich.“

„Sie waren nur fünf Jahre verheiratet, bevor sie krank wurde.“

„Junge, Sie sind vielleicht eine Pessimistin.“

„Und Sie sind Optimist?“

„Unbedingt. In meinem Glas mag zwar nur Bier sein und nicht Champagner, aber dafür ist es fast immer halb voll.“

Jake hatte durch seinen Beruf zu viel Trauer und Tragik gesehen, um nicht für all die guten Dinge im Leben dankbar zu sein. Dazu gehörten seine Familie, seine schöne Kindheit, sein Job und seine Freunde.

Und jetzt möglicherweise Madeline Turner, falls sie ihm die Chance gab, es herauszufinden.

„Was sollen wir uns zu essen holen?“, fragte er.

„Wir müssen diese Fassade nicht aufrechterhalten“, erklärte sie.

„Welche Fassade?“

„Dieses spontane Mittagessen. Es war offensichtlich, dass Sie das Angebot vor Schreck gemacht haben, als mein Vater hereinkam.“

Er lächelte. „Das Beste daran war aber, dass Sie vor Schreck akzeptiert haben.“

Sie errötete ein klein wenig und wedelte mit der Hand, als wollte sie ein lästiges Insekt verscheuchen. „Wie auch immer, das Büro meines Vaters befindet sich im zwanzigsten Stock. Er beobachtet uns nicht, um sicherzugehen, dass wir wirklich ein Date haben.“

„Betrachten wir es nicht als Date“, meinte er, „sondern als Mittagessen. Ein zwangloses Zusammensein, um über unser eigentliches Date zu sprechen.“

Sofort wirkte sie wieder angespannt. „Das wird auch kein richtiges Date.“

„Wie würden Sie es denn nennen?“

„Ein geplantes Treffen.“

„Das hört sich sehr nüchtern an. Was halten Sie von ‚eine gemeinsame Erfahrung zweier Freunde‘?“

„Wir sind keine Freunde“, erinnerte sie ihn.

„Vielleicht sind wir es, wenn wir ausgehen.“ Heute würde hoffentlich der Anfang gemacht werden.

„Nennen wir es lieber ein geschäftliches Arrangement.“

„Ein geschäftliches Arrangement?“ Er musste lachen und fragte sich, ob sie wusste, was sie damit andeutete. „In gewissen Kreisen könnte es als ziemlich unanständig gelten, wenn eine Frau es ein geschäftliches Arrangement nennt, wenn sie eine große Geldsumme bezahlt, damit ein Mann mit ihr ausgeht.“

Sie blieb stehen. „Daran ist überhaupt nichts Unanständiges, Mr. Wallace. An derartigen Dingen bin ich nicht interessiert. Ich bin zu dieser Auktion gegangen, um bedürftigen Kindern ein schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen. Dass ich dafür einen Abend mit Ihnen verbringen muss, ist reiner Zufall.“

„Aber Sie hätten ebenso gut einen Scheck per Post schicken können“, gab er zu bedenken.

Darauf wusste sie offenbar keine Antwort. Doch statt das auszunutzen oder darauf herumzureiten, umfasste er ihren Arm und ging mit ihr weiter. Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie noch immer nach einer schlagfertigen Antwort auf seine Frage suchte, obwohl es dafür längst zu spät war.

Jake musste grinsen. Er würde es genießen, irgendwann den unsichtbaren Schutzwall, den sie um sich errichtet hatte, zu durchbrechen. Selbst wenn er bis dahin einiges würde einstecken müssen.

Maddy Turner war es wert.

4. KAPITEL

An diesem Abend lag Maddy bei Kerzenschein in der Badewanne voller Schaumbad und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Eine halbe Stunde entspannte sie sich schon im Wasser. Sobald es abkühlte, ließ sie heißes nachlaufen. Den Wein trank sie nur in kleinen Schlucken, um die Wanne nicht zu früh verlassen zu müssen.

Trotzdem gelang es ihr nicht, völlig abzuschalten. Ständig musste sie an die Mittagspause denken, die sie mit Jake verbracht hatte.

Die hatte lediglich dazu gedient, ihr „Date“ zu planen, genau wie er gesagt hatte. Diese Begegnung hatte keine weitere Bedeutung. Das Gleiche galt für das Baseballspiel am Dienstag, bei dem sie sich treffen wollten.

„Lügnerin“, murmelte sie und sank tiefer ins Wasser. Sie beobachtete, wie es die Wölbung ihrer Brüste umspülte. Ihre Haut schimmerte golden im Kerzenlicht.

Es war viel mehr gewesen als ein geschäftliches Treffen. Erstens fanden solche Treffen nicht auf einer Parkbank statt, und zweitens aß sie dabei für gewöhnlich nichts, sondern besorgte sich auf dem Weg zum nächsten Termin einen Müsliriegel.

Sie hätte nie gedacht, dass ihr so etwas passieren könnte, aber Jake hatte ihr gar keine Chance gelassen. Er führte sie einfach über die Straße in den Park. Dabei war sie es absolut nicht gewohnt, einem Mann das Kommando zu überlassen. Aber diesmal hatte sie es fast genossen, auch wenn sie das niemals zugeben würde.

„Fast?“, flüsterte sie. „Seit wann bist du eine solche Lügnerin?“

Jake hätte es ihr unter die Nase reiben können, dass sie auf seine Bemerkung, sie hätte den Scheck auch mit der Post schicken können, nichts zu erwidern gewusst hatte. Aber darauf hatte er verzichtet und stattdessen dafür gesorgt, dass sie sich entspannte. Er hatte sie zum Lachen gebracht, und sie hatte ihre Hemmungen verloren, zumindest für eine Weile.

Wie hatte er das angestellt?

Darauf wusste sie keine Antwort. Sie wusste nur, dass sie noch Stunden später, als sie längst wieder in der Bank war, daran dachte, wie sich seine Hand auf ihrem Arm angefühlt hatte und wie sehr sie seine Nähe dort auf der Parkbank genossen hatte.

Du hast dir die Berührung seiner Hand nicht nur auf deinem Arm gewünscht, dachte sie.

Sie pustete eine Seifenblase von einer ihrer aufgerichteten Brustwarzen und gestand sich in der Ungestörtheit ihres Badezimmers ein, wie sehr sie sich nach seinen Liebkosungen gesehnt hatte. Bei diesem Gedanken strich sie mit einer Hand langsam über ihre Brüste. Seine Hände waren groß und kräftig und würden sich wundervoll rau anfühlen auf ihrer Haut.

„Besonders hier“, hauchte sie und schloss die Augen, als ihre Hand wie von selbst zwischen ihre Beine glitt.

In ihrer Fantasie war es seine Liebkosung, die sie in diesem Moment genoss. Innerhalb weniger Sekunden veranlassten diese erotischen Gedanken sie, sich ihrer eigenen Hand entgegenzuschmiegen, voller Sehnsucht danach, diesen Mann zu spüren. Doch ihr blieb im Augenblick nur die Möglichkeit, ihre Lust selbst zu stillen. Maddy seufzte und stöhnte, während sie sich streichelte. Dabei fragte sie sich, wie sie es so lange ohne die zärtlichen Berührungen eines Mannes ausgehalten hatte.

„Nein, nicht einfach eines Mannes“, sagte sie, denn es gab nur einen, nach dem sie sich verzehrte. Nur einen, dessen Mund und dessen wundervollen Körper sie sich vorstellte, während sie sich dem Höhepunkt näherte.

Die Spannung baute sich auf wie ein behutsam geschürtes Feuer. Auf dem Gipfel der Lust rief sie nur ein Wort: „Jake!“

Dem Gentleman, zu dem Jake erzogen worden war, widerstrebte es, Maddy erst am Ort ihrer Verabredung zu treffen. Lieber wäre er zu ihr gefahren und hätte sie abgeholt. Bei ihm zu Hause hatte es eine Grundregel für Dates gegeben, besonders für erste Dates – man brachte das Mädchen mit und setzte es der Befragung der Familie aus. Andernfalls würde gar nichts stattfinden. Mehr als ein Freund einer seiner Schwestern war der Familie vorgestellt worden, während sein Vater in seiner Jagdmontur gerade sein Gewehr reinigte.

Nicht an der Tür zu erscheinen war allerdings schlimmer, wie einer der Freunde seiner jüngsten Schwester Jenny bestätigen konnte. Als er draußen im Wagen sitzend hupte, ging ihr Vater hinaus und gab dem pickelgesichtigen Teenager ziemlich deutlich zu verstehen, dass er mit seinem Leben spielte.

Jake fragte sich, was sein alter Herr von Maddy Turner halten würde. Niemand in seiner Familie war voreingenommen. Für sie zählten weder Namen noch Herkunft, sondern einzig der Charakter. Dazu gehörte es, dass man höflich war, Blumen zu einem Date mitbrachte, anklopfte, Türen aufhielt.

Und nichts davon durfte er diesmal tun.

Doch als er Maddy an einen kleinen Sportwagen gelehnt auf dem Pendlerparkplatz sah, wo sie sich verabredet hatten, vergaß er das alles. Begeistert musterte er sie von Kopf bis Fuß und stellte fest, dass sie in ihrer knielangen Hose und dem pinkfarbenen Trägertop noch besser aussah als in dem Cocktailkleid aus blauer Seide. Sie trug eine Baseballkappe, aus deren Loch hinten ihr Haar heraushing, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengenommen hatte.

„Sehen Sie?“, meinte sie, als er neben ihr parkte und aus seinem Pick-up stieg. „Ich besitze nicht nur Kostüme und Abendkleider.“

Er war überzeugt, dass ihr Top aus einem der teuren Designerläden in der Magnificent Mile stammte und wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als er für Kleidung in einem Monat ausgab. Es war zu verräterisch schlicht, um billig gewesen zu sein.

Schlicht, aber sehr sexy.

„Sie sehen süß aus.“

Das war offenbar das falsche Kompliment, denn ihre Lippen zuckten nur.

„Ich meine sehr hübsch.“

„Ich wollte aussehen wie das Mädchen von nebenan.“

„Oh, klar. Sie sehen aus wie das Mädchen, das neben Bill Gates wohnt.“

„Wollen Sie mir die ganze Zeit vorwerfen, dass ich reich bin?“

„Na ja, immer noch besser, als für seine Armut Vorhaltungen gemacht zu bekommen.“

„Als würden Sie das kennen“, meinte sie.

„Glauben Sie mir, ich bin in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen. Wir kannten keinen Luxus und kamen gerade so über die Runden.“

Sie musterte ihn, als versuchte sie den Wahrheitsgehalt seiner Worte einzuschätzen. „Was wahrscheinlich der Grund für Ihr Streben nach Erfolg ist. Sie wollen finanziell unabhängig sein, ganz gleich, was Sie dafür tun müssen.“

Er lachte. Wenn er hätte Geld verdienen wollen, hätte er Medizin studiert, was er nach dem College auch in Erwägung gezogen hatte. Sanitäter schwammen nicht unbedingt in Geld. „Mein Job ist vermutlich nicht das, was man …“

Sie hob abwehrend eine Hand. „Ich will die blutigen Details Ihrer Arbeit gar nicht hören. Dieses Date bleibt vollkommen unpersönlich.“

Sie war wirklich empfindlich. Trotzdem ließ er es ihr durchgehen. Abgesehen davon, dass manche Menschen zart besaitet waren, wenn es um medizinische Dinge ging – und die konnten nun einmal sehr blutig sein –, hatte Maddy auch wieder ihren Schutzwall um sich errichtet. Er musste behutsam vorgehen, wenn er den überwinden wollte.

Er zupfte ein kleines Preisschild von ihrer Baseballkappe. „Sie waren einkaufen, was?“

„Das ist mein erstes Baseballspiel der Profiliga“, gestand sie mit leiser Stimme. „Da wollte ich mich entsprechend anziehen.“

„Ihr erstes Baseballspiel? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ Er stutzte. „Tut mir leid, wenn Sie sich nicht dafür interessieren, können wir auch etwas anderes machen.“

„Auf keinen Fall! Ich liebe Baseball. Ich hatte bisher nur nie die Gelegenheit, mir ein Spiel im Stadion anzusehen.“

„Es überrascht mich, dass Ihre Bank keine festen Logen-plätze hat.“

„Haben wir, aber da ist man so weit weg vom Geschehen. Da kann ich ebenso gut in meinem Wohnzimmer bleiben und mir ein Spiel im Fernsehen anschauen. Wenn ich ins Stadion gehe, will ich auf der Tribüne sitzen, Erdnüsse essen und Bier trinken. Da will ich sehen, wie die Betrunkenen in die Reihe vor sich spucken, und hören, wie sie den Schiedsrichter ausbuhen, wenn er schlecht pfeift.“

Nach seiner Erfahrung war das eine treffende Beschreibung eines typischen Spiels. „Tja, dann haben Sie für den richtigen Mann geboten.“

Sie wandte den Blick ab und murmelte etwas.

„Was?“

„Nichts.“ Sie deutete auf seinen Pick-up. „Wollen wir meinen Wagen nehmen? Sie können fahren.“

„Nein danke, ich fahre keine Frauenautos.“ Er ging auf die Beifahrerseite. „Aber es wird meinen Ruf wohl nicht ruinieren, wenn man mich als Beifahrer in einem sieht.“

Sie verdrehte die Augen. „Ich werde Sie warnen, damit Sie sich ducken können, sobald wir an eine belebte Kreuzung kommen. Schließlich wollen wir Ihren Ruf nicht gefährden.“

Sie setzte sich hinters Steuer, und in dem engen Wagen nahm er den dezent süßen Duft ihrer Haut wahr sowie den fruchtigen Duft ihres Haars. In dem Moment wusste er, dass er es nicht länger aushalten konnte.

„Maddy?“

Sie hielt inne, die Hand mit dem Schlüssel am Zündschloss, und sah ihn an. „Ja?“

„Ich weiß, beim ersten Date ist es eher unüblich, aber ich kann einfach nichts dagegen tun.“

„Wogegen?“

„Dagegen“, flüsterte er und strich mit den Fingerspitzen sacht über ihre Wange, dann drückte er seine Lippen sanft auf ihre.

Einen kurzen Augenblick verkrampfte sie sich, dann entspannte sie sich mit einem Seufzer und öffnete die Lippen, um den Kuss zu erwidern.

Es war ein sinnlicher, wenn auch fast unschuldiger Kuss, da Jake es sich verbot, ein erotisches Spiel mit seiner Zunge zu beginnen, so sehr er sich auch danach sehnte.

Als er fürchtete, sich nicht länger beherrschen zu können, löste er sich von ihr. „Tut mir leid.“

„Dass du mich geküsst hast?“

„Nein, dass ich aufhören muss.“

„Oh.“

Er setzte sich gerade hin und versuchte seine Beine in dem kleinen Wagen auszustrecken. „Eigentlich sollte es ein freundlicher Begrüßungskuss werden.“

„Gibt man die nicht für gewöhnlich auf die Wange?“

„In deinen Kreisen haucht man sie einen Zentimeter von der Wange entfernt in die Luft, oder?“

Sie nickte. Ohne ihn dabei anzusehen, sagte sie: „Aber deine Art gefällt mir besser.“

Der Nachmittag verlief, wie Maddy es sich erhofft hatte. Ihr Fünfundzwanzigtausend-Dollar-Mann hatte Plätze in den oberen Rängen besorgt. Zwar sah es so aus, als würden die Cubs verlieren, aber das war egal. Sie war so aufgeregt, weil das Erlebnis, ein Baseballspiel der Profiliga live mitzuerleben, genauso war, wie sie es sich immer vorgestellt hatte.

Jake behandelte sie wie das typische Mädchen von nebenan, das sie sein wollte. Und er spielte die Rolle des typischen amerikanischen Jungen, der mit einem Mädchen zum Baseball geht. Von seiner in der Biografie vor der Versteigerung erwähnten internationalen Erziehung war nichts zu merken. Es war schwer vorstellbar, dass er kein normaler, hart arbeitender Mann aus einer amerikanischen Kleinstadt war, sondern ein bezahlter Begleiter für reiche Frauen.

„Möchtest du ein paar Erdnüsse?“, erkundigte er sich und winkte schon einen Verkäufer heran.

„Ich glaube, das stand auch auf meiner Wunschliste für heute“, entgegnete sie.

Jake grinste, drückte ihr ein eiskaltes Bier in die Hand und erklärte ihr das Spiel. Das schien bei Männern angeboren zu sein – das Bedürfnis, der dummen Frau irgendeinen Sport zu erklären. Maddy fand es in seinem Fall eher rührend und brachte es nicht über sich, ihm zu sagen, dass sie auf dem College der Star ihres Softballteams gewesen war und sogar kurz in Erwägung gezogen hatte, Werferin im Nationalteam zu werden.

Die Jahre in der Bank hatten sie natürlich aus dem Training gebracht, aber früher war sie sehr sportlich gewesen. Sie hatte sogar mit dem Gedanken an eine Brustverkleinerung gespielt, weil Sport-BHs bei ihrer Körbchengröße nicht viel halfen. Aber dann hatte sie ihre olympischen Hoffnungen begraben, als ihr Vater sich von seiner dritten Frau scheiden ließ. Aus Sorge um ihn war sie nach dem Studium nach Hause zurückgekehrt, statt eine Sportlerkarriere einzuschlagen.

Ihre Brüste waren damit sicher, allerdings auch immer noch groß genug, um die Aufmerksamkeit einiger Männer um sie herum zu erregen. Seit einer halben Stunde schon hörte sie die Bemerkungen eines Idioten, der seitlich hinter ihr saß. Es gelang ihr, ihn zu ignorieren.

Jake anscheinend nicht.

Als der lallende Kerl immer lauter wurde, stand Jake auf und hielt drohend seinen Zeigefinger vor das Gesicht des Betrunkenen. „Hat Ihnen Ihre Mutter nicht beigebracht, dass es unhöflich ist, solche Bemerkungen zu machen?“

Der korpulente, schwitzende Mann mit den geröteten Wangen und dem Bieratem stand ebenfalls schwankend auf. „He, Mann, sie ist heiß.“

„Sie ist außerdem nicht taub“, bemerkte Maddy und drehte sich ebenfalls um. Sie blieb jedoch sitzen, um dem Kerl nicht noch mehr Gelegenheit zu geben, auf ihre Brust zu starren. Ihr Top war weder tief ausgeschnitten noch gab es sonst irgendetwas, dessen sie sich schämen müsste.

„Sie sehen heiß aus“, wiederholte der Kerl, auf sie herunterstarrend.

„Das sagten Sie bereits.“ Natürlich hörte sie solche Bemerkungen über ihre Oberweite nicht zum ersten Mal. Eine Frau mit ihren Kurven gewöhnte sich entweder daran oder verbrachte ihr Leben damit, sich ständig zu ärgern.

Der Kerl grinste lüstern. Er unterschätzte immer noch Jakes Wut. „Ich wette, die Kamera fängt Sie ein und bringt Sie auf die Großleinwand, wenn Sie Ihr T-Shirt hochheben.“

„Oh, davon habe ich immer geträumt.“

„Sie hängen anscheinend nicht sehr an Ihren Zähnen, Kumpel“, fuhr Jake ihn an. „Machen Sie nur weiter so, dann können Sie sich von einigen verabschieden.“

„Lass gut sein, Jake“, versuchte Maddy ihn zu beruhigen. Sie hatte genug Erfahrung mit Schwachköpfen wie diesem Kerl und verstand es, auf solche Äußerungen zu kontern.

Der Betrunkene merkte nicht, dass Jake kurz davor war, auf ihn loszugehen. „Die sind echt, oder?“

„Setzen Sie sich endlich hin“, fuhr Maddy den Mann an, da sie allmählich die Geduld verlor. Sie hielt Jake am Arm fest, denn er machte Anstalten, über den Sitz nach oben zu klettern. „Und du auch, bevor wir noch alle aus dem Stadion fliegen.“

„Maddy …“

Sie ließ ihn nicht los, sondern war entschlossen, die Situation allein zu meistern.

„Setzen Sie sich verdammt noch mal wieder hin“, befahl sie dem Betrunkenen.

Der Mann gehorchte.

„Vermutlich glauben Sie in Ihrem vom Bier benebelten Hirn, dass ich mich von Ihren wohlformulierten Komplimenten geschmeichelt fühle.“ Maddy musste ihre Stimme nicht erheben, um gehört zu werden. Sämtliche Unterhaltungen um sie herum waren verstummt. Niemand achtete mehr auf das Geschehen auf dem Spielfeld, denn der Showdown, der sich den Zuschauern in ihrer unmittelbaren Nähe bot, war momentan viel interessanter.

„Ich bin überzeugt, dass Sie ein Mann mit bewundernswerten schweinischen Eigenschaften sind, aber wie Sie selbst sehen können, befinde ich mich in Begleitung eines anderen Gentlemans. Würden Sie daher bitte Abstand von weiteren Kommentaren nehmen und uns erlauben, uns wieder dem Spiel zu widmen?“

Dem Mann klappte die Kinnlade herunter. „Was hat sie gesagt?“

Der verlegen dreinblickende Mann neben ihm – offenbar sein Freund, der dem Betrunkenen jedoch nicht beistand – murmelte: „Sie hat gesagt, dass du deine verdammte Klappe halten sollst.“

„Ja“, meldete sich ein weiterer Zuschauer zu Wort. „Tun Sie uns allen den Gefallen und halten Sie endlich den Rand.“

„Oh“, sagte der Betrunkene, schaute sich um und merkte erst jetzt, was für einen Aufruhr er veranstaltet hatte. Hätte Maddy ihn angeschrien, hätte er sich vermutlich nicht wieder hingesetzt, doch ihre ruhige, höfliche Ansprache ließ ihn wie einen Trottel dastehen. Er war nicht zu betrunken, um das nicht zu merken.

„Verzeihung“, murmelte er.

„Vielen Dank.“ Maddy wandte sich wieder dem Spiel zu. Sie sah Jake nicht an, der sich langsam wieder hinsetzte. „Ich kann auf mich selbst aufpassen“, bemerkte sie, den Blick weiter aufs Spielfeld gerichtet.

„Ja, das habe ich gemerkt.“ Er beugte sich zu ihr, so nah, dass sie seinen Atem in ihrem Haar spürte. Ganz zu schweigen vom Beben seiner Schultern, weil er lachte. Seine Wut war so schnell verraucht, wie sie gekommen war. „Korrigiere mich, falls ich mich irre, aber hast du ihn gerade ein Schwein genannt?“

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“

„Nein, natürlich nicht.“

Noch immer leise lachend, legte er seine große, starke Hand auf ihren Oberschenkel und drückte sanft zu. Das war nicht die erogenste Zone ihres Körpers, und doch ging ihr diese Berührung durch und durch. Ein sinnlicher Schauer überlief sie angesichts der erotischen Bilder, die ihr durch den Kopf schossen. Unwillkürlich malte sie sich aus, wie er sie erneut küsste, nur diesmal wilder und leidenschaftlicher.

Sie wollte, dass er sie küsste, wie ein Mann eine Frau küsste – und zwar jede Stelle ihres Körpers.

5. KAPITEL

Als sie nach dem Spiel in einer beliebten Kneipe in der Innenstadt an einem groben Holztisch saßen, achtete Jake auf Anzeichen dafür, dass Maddy sich nicht mehr amüsierte. Sie schien nach wie vor Spaß zu haben. Nicht einmal der Betrunkene im Stadion hatte ihre Laune trüben können.

Er musste immer noch lachen, wenn er daran dachte. Er hatte Frauen schon auf grobe Männer wütend werden sehen. Er hatte erlebt, wie seine kleine Schwester ihrem Freund eine Vase an den Kopf warf. Aber noch nie hatte er erlebt, wie eine Frau einen Mann allein durch die Wahl ihrer Worte zur Schnecke machte.

Sehr beeindruckend.

„Ich kann es nicht fassen, dass ich so esse.“

Sie waren dabei, sich über Chicken Wings und einen Berg Nachos herzumachen. Zu Jakes Überraschung hatte sie sich für Bier entschieden statt für irgendein süßes Frauengetränk und teilte sich einen Krug mit ihm.

„Sei nicht so streng zu dir. Ich glaube, hier gibt es nicht einmal Salat, höchstens mit frittiertem Huhn und viel Käse.“

Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Willst du damit andeuten, ich sollte nur Salat essen?“

„Auf keinen Fall“,versicherte er ihr und hob abwehrend eine Hand. „Das scheint das Einzige zu sein, was meine Schwestern immer bestellen. Die haben niemals von einem Hamburger abgebissen, jedenfalls nicht, wenn sie mit ihren Freunden zusammen waren.“

„Das ist typisch für viele Frauen.“ Sie seufzte dramatisch, als müsste sie sich etwas Unausweichlichem stellen. „Wir achten nicht nur darauf, was wir essen, damit wir dem Schönheitsideal entsprechen, das die Werbung vorgibt. Wir essen auch in Gesellschaft von Männern, als wollten wir ihnen beweisen, dass wir über den Dingen stehen und niemals auch nur ein Gramm zunehmen werden.“

„Während ihr euch insgeheim nach Chicken Wings und Nachos sehnt?“

Sie leckte sich die Lippen und nahm sich einen weiteren Hühnerflügel. „Genau. Ist eine deiner Schwestern verheiratet?“

„Die älteste. Sie hat drei Kinder, zwei Jungen, Zwillinge, und ein Mädchen. Blair, die ein Jahr älter ist als ich, ist verlobt.“

„Beobachte sie bei der Hochzeit. Sie wird zum ersten Mal, seit sie ihren Mann kennt, wieder ein Stück Kuchen essen und dabei ein Gesicht machen, als hätte sie den ersten Orgasmus des Abends.“

So wie er seine Schwester kannte, hatte Maddy vermutlich recht. Dann erst drang ihm der Teil mit dem Orgasmus ins Bewusstsein, und er hustete hinter vorgehaltener Hand. Sie schien es gar nicht zu bemerken.

„Deshalb nehmen die meisten frisch verheirateten Frauen im ersten Ehejahr ein paar Kilo zu, das Gewicht des Klunkers an ihrem Finger nicht mitgerechnet.“

„Dann schmeckt dir das Essen also, weil du nicht versuchst, mich zu beeindrucken?“

„Genau. Denn dies ist kein echtes Date.“

„Behauptest du.“

„Behaupte ich.“

„Und wenn es eines wäre?“

Sie schnaubte unelegant, ein Laut, der ganz untypisch für sie war. „Dann hätte ich mich natürlich mit einem Stückchen Brot und einem Glas Wasser zufriedengegeben.“

„Natürlich mit Zitrone“, meinte er.

„Klar. Auf natürliche Weise harntreibend.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Du bist gut.“

„Ich habe drei Schwestern, schon vergessen?“

„Drei? Du meine Güte, da hast du ja einiges auszustehen.“

Wenn sie wüsste. Die älteren beiden hatten ihn in ihrer Kindheit wie eine Babypuppe behandelt und mit ihm gespielt. Meistens musste er Mädchenkleider tragen, aber das würde er ihr ganz bestimmt nicht verraten.

„Was, wenn ich es aber wollte?“, fragte er.

„Was wollte?“

„Dass es ein richtiges Date ist.“

Sie winkte ab und tauchte einen Appetizer in eine kleine Schale Blue-Cheese-Dressing. „Kommt nicht infrage.“

Er ließ sich nicht entmutigen. Der Abend war noch jung. Inzwischen wusste er, wie sie tickte. Sie würde bald merken, dass er nicht so schnell aufgab, wenn er etwas wirklich wollte. Und er wollte sie, er begehrte sie mit jeder Minute mehr.

Er riskierte einen Blick auf ihre sexy Figur und sagte: „Meiner Meinung nach brauchst du dir übrigens keine Sorgen zu machen.“

„Von wegen. Meine Brüste sind zu groß, und ich bin zu klein. Das habe ich von meiner Mutter geerbt. Mein Vater nannte es bei ihr ein ‚gebärfreudiges Becken‘.“

Als würde irgendein Mann sich über diese Eigenschaften beklagen. „Süße, aus meiner Sicht bist du vollkommen.“

„Von deinem Platz aus kannst du meine überschüssigen Pfunde auch nicht sehen.“

„Kein Mann würde daran etwas auszusetzen haben“, beteuerte er. „Du hast genau die Figur, die eine Frau haben sollte.“

„Klar“, sagte sie, klang aber nicht sehr überzeugt. „Erzähl das den Kerlen aus dem Chicago Club mit ihren Magermodels.“

„Du bist wunderschön“, versicherte er ihr. „Warum bist du so hart zu dir selbst?“

Sie stutzte. „Hart zu mir selbst? Ich? Mir haftet der Ruf an, eine selbstbewusste Eiskönigin zu sein.“

„In der Finanzwelt vielleicht.“ Er strich ihr eine Strähne ihres dunklen seidigen Haars aus dem Gesicht, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte, und berührte dabei sanft ihre Wange. „Aber nicht in der wirklichen Welt.“

„Keine Sorge, ich habe genug Selbstbewusstsein“, erwiderte sie. „Nur weil ich nicht ständig mit einem neuen Mann in den Klatschspalten erscheine, heißt das nicht, dass ich mir meines einigermaßen guten Aussehens nicht bewusst bin.“

Sie war schön, nicht nur gut aussehend.

„Ich habe bloß weder die Zeit noch die Energie für irgendeinen romantischen Unsinn.“

„Wer war er?“, fragte er und griff nach seinem Bierglas.

„Wer war wer?“

„Der Kerl, der für deine negative Einstellung zur Liebe verantwortlich ist.“

Einen Moment fragte er sich, ob er ihr damit zu nahe getreten war, aber dann schüttelte sie lächelnd den Kopf.

„Überleg mal, wer mein Vater ist. Vor dir sitzt Jason Turners Tochter.“

Jake ließ sein Glas sinken, bevor er getrunken hatte. „Dein Vater hat dich davon überzeugt, dass es besser für dich ist, allein zu sein?“

„Hauptsächlich.“

Ihr war anzusehen, dass das nur die halbe Wahrheit war. Immerhin öffnete sie sich ein wenig. Jake wollte sie nicht mit Themen verschrecken, über die sie nicht zu sprechen bereit war.

„Weil er Pech in der Liebe gehabt hat?“, wollte er wissen.

„Ich habe meinen Vater so oft verliebt gesehen, dass das Wort für mich seine Bedeutung verloren hat. Mir ist inzwischen klar, dass er in die Liebe verliebt ist. Und dann ist da noch Tabby, meine Schwester“, fügte sie hinzu.

„Älter oder jünger?“

„Älter. Einmal geschieden, zum zweiten Mal verlobt. Bei ihr hat es mit der wahren Liebe auch nicht so richtig geklappt, obwohl es an zahlreichen Versuchen nicht gemangelt hat.“

„Und was ist mit Madeline?“

„Die ist nicht interessiert.“

„Vielleicht irrst du dich.“

„Nein“, sagte sie. „Es lohnt sich nicht.“

Er deutete auf ihr Glas. „Es ist halb voll.“

Sie zeigte auf seines. „Deins ist fast leer.“

„Dem kann ich leicht abhelfen.“ Er nahm den Krug und schenkte sich nach. „Siehst du? Es ist alles eine Frage der Einstellung.“

Maddy runzelte die Stirn, obwohl Jake glaubte, ein amüsiertes Funkeln in ihren Augen gesehen zu haben. Allerdings war es rasch verschwunden, und sie wirkte wieder unnahbar.

„Die Einstellung ändert gar nichts. Ich weiß überhaupt nicht, weshalb wir darüber sprechen. Wir sind wegen einer Wohltätigkeitsveranstaltung hier, nicht aus privatem Interesse.“ Sie stockte zum ersten Mal für einen kurzen Moment und fügte hinzu: „Oder aus gegenseitiger Anziehung.“

„Sprich nur für dich.“

Ihr Puls beschleunigte sich, was an ihrer Halsschlagader sehr gut zu erkennen war.

„Ich jedenfalls fühle mich sehr zu dir hingezogen, und du kannst mir nicht erzählen, dass du das nicht gemerkt hast.“

Sie schluckte. „Doch, das habe ich. Aber ich nahm an, du seist es gewohnt, Frauen das Gefühl zu geben, dass du sie begehrst. Weil ich so viel bezahlt habe.“ Sie gewann ihr Selbstvertrauen zurück und beugte sich ein wenig über den Tisch. „Jedenfalls hast du mich heute nicht so angesehen.“

„Hast du vergessen, dass ich einem Kerl fast den Kopf abgerissen hätte, weil er dich lüstern angestarrt hat?“

„Das ist etwas anderes. Der war betrunken und …“

„Schweinisch?“

„Genau.“

„Ich bin kein Schwein, sondern ein Gentleman.“ Knisternde Spannung war zwischen ihnen entstanden, und er senkte die Stimme. „Ein Gentleman erklärt einer Frau nicht gleich beim ersten Date, dass er ihre wundervollen Brustwarzen in Zucker tauchen und anschließend an ihnen saugen will, bis die Lady darum bettelt, genommen zu werden.“

Sie erschrak sichtlich, doch es gab kein Zurück mehr für ihn.

„Es wäre auch nicht sehr höflich, wenn ich dir sagte, dass ich mich schon den ganzen Tag frage, welche Farbe dein Slip hat und ob es ein String ist und dein Po sich so wundervoll und sexy anfühlt, wie ich vermute.“

„Jake …“

„Oder dass ich mein Gesicht zwischen deine wundervollen Brüste schmiegen möchte.“

„Du lieber Himmel.“

„Oder dass ich, als ich heute Nachmittag meine Hand auf deinen Oberschenkel legte, mir vorstellte, wie es wäre, deine schlanken Beine auf meine Schultern zu legen, um tief in dich einzudringen.“

„Heiliger Strohsack“, sagte jemand.

Es war nicht Maddy.

Jake kam zu sich und begriff, dass die Kellnerin mit großen Augen und geröteten Wangen neben ihrem Tisch stand. „Wow, das war heiß. Falls sie nein sagt, können Sie meine Telefonnummer haben.“

Die junge Frau schien das vollkommen ernst zu meinen. Was die Sache nicht besser machte, wie Maddys Haltung signalisierte. Sie hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Kein Wunder, schließlich hatte er sie praktisch vor Zeugen verbal belästigt. Er war ein schöner Gentleman.

„Du meine Güte, Maddy …“

„Wir sind fertig“, verkündete sie und stand abrupt auf. Sie warf ein paar Scheine auf den Tisch und marschierte davon.

„Tut mir leid“, wandte Jake sich an die Kellnerin und stand ebenfalls auf.

„Das braucht es nicht. Ich fand es sehr aufregend.“

Er folgte Maddy nach draußen und rechnete fast damit, nur noch die Rücklichter ihres winzigen Sportwagens zu sehen. Doch der stand noch auf der anderen Seite des Parkplatzes. Jake hatte erst wenige Schritte in der warmen Abendluft gemacht, als jemand ihn am T-Shirt packte und gegen die Backsteinmauer des Gebäudes stieß.

„Maddy …“

„Halt den Mund.“ Ihre Augen funkelten, ihr Atem ging stoßweise. Sie sah aus, als wollte sie auf ihn losgehen.

Stattdessen schlang sie die Arme um seinen Nacken, presste sich an ihn und küsste ihn stürmisch.

Sie war gar nicht wütend. Die Eisprinzessin war entflammt.

Für ihn.

Sie begann ein wildes Spiel mit ihrer Zunge, erforschte seinen Mund und strich ihm mit ihren Fingern durch das Haar. Jake ließ instinktiv die Hände sinken und umfasste ihren schön gerundeten straffen Po, den er bewunderte, seit er sie auf der Auktion gesehen hatte. Er massierte ihn sanft und dachte daran, wie wundervoll es sein würde, sie so zu halten, wenn sie nackt auf ihm war.

Er drückte sie an sich, damit sie seine Erektion spürte. Maddy gab einen lustvollen Laut von sich und bog sich ihm entgegen, wobei sie ihre Hände in fieberhafter Eile über seine Schultern und seine Brust gleiten ließ. Das erotische Spiel ihrer Zunge wurde immer ungestümer.

Irgendwann löste sie sich von ihm, um Luft zu schöpfen. Aber schon im nächsten Moment drückte sie eine Reihe heißer kleiner Küsse auf seinen Hals und biss ihn sogar zärtlich.

„Ich begehre dich so sehr“, hauchte sie.

„Das habe ich gemerkt.“

„Meintest du das wirklich alles ernst, was du da drin gesagt hast?“

Er drehte sich mit ihr, sodass sie mit dem Rücken zur Wand stand und er die Kontrolle hatte. „Verdammt, ja.“

Es war verrückt – sie befanden sich an einem öffentlichen Ort. Es war nicht einmal zehn Uhr abends, und jeden Moment konnte jemand aus der Bar kommen. Aber das war ihm egal. Wenn er nicht mehr von ihr bekäme, würde er schlicht und einfach umkommen.

„Ist das wirklich etwas … Persönliches? Du fühlst dich wirklich zu mir hingezogen?“

„Maddy, es spielt keine Rolle, wo wir uns kennengelernt haben, wer du bist oder dass du auf dieser Wohltätigkeitsgala auf mich geboten hast. Ich will dich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.“

Sie nickte langsam und schloss die Augen.

„Halt mich nicht auf“, flüsterte er heiser, während er ihr Haarband löste, um mit gespreizten Fingern durch ihr volles dunkles Haar zu streichen. Er biss ihr zärtlich ins Ohrläppchen und küsste ihren Hals. Begierig atmete er den wundervollen Duft ihrer Haut ein.

„Ich denke gar nicht daran.“

Gleich darauf küsste er sie auf das Dekolleté und konnte der Versuchung nicht widerstehen, den Ausschnitt des Tops ein wenig hinunterzuziehen. Beim Anblick ihrer Brüste, die sich aus dem pinkfarbenen BH wölbten, stöhnte er und strich mit der Zunge zwischen ihnen hindurch.

„Jake …“

„Mehr.“ Er fragte nicht, dachte nicht, zögerte nicht. Er griff einfach nach dem Saum ihres Tops und fing an, es hochzuziehen. Die Sehnsucht, ihre Brüste mit seinen Händen und seiner Zunge zu liebkosen, war einfach zu groß.

Sie gab einen erstickten Laut von sich, als er seine Hand in ihren BH schob und eine ihrer vollen warmen Brüste befreite. Dann hielt er inne und sah Maddy an. Ihr Kopf war zurückgeworfen, die dunklen Haare eine wilde Mähne, ihre Lippen feucht und geöffnet. Er beugte sich hinunter, um an ihrer aufgerichteten Brustwarze zu saugen.

Wer weiß, wie weit er noch gegangen wäre, wenn nicht ein Wagen auf den Parkplatz gefahren wäre und das Licht der Scheinwerfer beinah die Ecke gestreift hätte, in der sie standen.

„Hilf mir“, flüsterte sie und versuchte ihren BH wieder zurechtzuzupfen.

Mit einem gewissen Bedauern half er ihr, die sexy Rundungen zu verhüllen.

„Bist du bereit, von hier zu verschwinden?“, fragte er.

Sie zögerte und biss sich auf die Unterlippe. Erschrocken fragte er sich, ob sie kalte Füße bekam. Aber dann nahm sie seine Hand und zog ihn mit zu ihrem Wagen. „Du fährst“, befahl sie. „Ich weiß, du magst keine Frauenautos, aber mir zittern die Beine zu sehr.“

Sie warf ihm den Schlüssel zu. Er fing ihn und hielt ihr die Beifahrertür auf. Nachdem sie eingestiegen war beugte er sich zu Maddy hinunter. „Wohin fahren wir?“

Sie nannte ihm eine Adresse im Norden der Stadt.

„Da steht mein Wagen aber nicht“, neckte er sie.

„Dort wohne ich. Es ist nicht weit. Ich habe ein riesiges Bett und ein tolles Bad.“

Er lächelte wissend. „Ich sehe es im Geiste vor mir.“

„In meine Badewanne passen drei Leute.“

„Tut mir leid, Miss Turner, keine unanständigen Sachen. Aber ich bin sicher, dass wir zwei sie auch voll ausnutzen werden.“

„Gut.“ Sie strich ihm mit dem Zeigefinger über die Unterlippe. „Und jetzt fahr los.“

Sie hätte Reue empfinden oder mindestens Zweifel haben müssen. Doch während sie und Jake durch die Nacht fuhren, empfand Maddy nichts als sinnliche Vorfreude.

Er wollte sie, begehrte sie aufrichtig. Es war ihm egal, wie reich sie war, und er hatte auch keine Schmeicheleien benutzt, die so klangen, als hätten sie sich bereits bei anderen Frauen bewährt. Nicht eine Sekunde hatte er ihr das Gefühl gegeben, sie sei nur eine Kundin für ihn. Im Gegenteil, er hatte es geschafft, dass ihr schwindelig war vor Verlangen.

Da sie nicht länger warten konnte, legte sie ihm eine Hand auf den Oberschenkel.

Er warf ihr einen warnenden Blick zu.

Sie ignorierte ihn und ließ die Hand höher gleiten. Doch bevor sie die Stelle erreichte, an der sich seine Erektion deutlich abzeichnete, legte er eine Hand auf ihre.

„Nein.“

„Du willst nicht, dass ich dich berühre?“, flüsterte sie, wohl wissend, dass das nicht stimmte.

„Und ob ich das will, aber nicht um den Preis, dass wir beide ums Leben kommen.“ Er warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Wir sind doch gleich da. Ich habe schon zu viele Autounfälle gesehen, um das zu riskieren, auch wenn ich mich danach sehne, deine Hände auf mir zu spüren. Ich will die Nacht in deinem Bett verbringen, nicht in einem Krankenhauszimmer.“

Mit diesen Worten hob er ihre Hand an seine Lippen. Seine Worte erinnerten Maddy an etwas. In ihrer Euphorie hatten sie noch nicht über den Aspekt Safer Sex gesprochen. Ausgerechnet sie, die normalerweise jedes Problem ein Dutzend Mal von allen Seiten betrachtete, bevor sie eine Entscheidung traf, hatte über die Risiken, die Jakes Beruf mit sich brachte, hinweggesehen. Sie hatte sich einverstanden erklärt, die Nacht mit einem Mann zu verbringen, der Frauen für Geld Vergnügen bereitete, ohne an ihre eigene Gesundheit zu denken.

Wie sollte sie jetzt mit dieser Situation umgehen? Am besten offen, daher sagte sie: „Wir müssen Kondome benutzen. Ich habe welche bei mir zu Hause.“

Er warf ihr einen überraschten Blick zu. Sie sah sein attraktives Gesicht im Licht der Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge.

„Nicht dass ich kein Vertrauen zu dir hätte“, fuhr sie rasch fort. „Aber heutzutage …“

„Ich nehme es dir nicht übel.“

Maddy war erleichtert.

Er richtete den Blick wieder auf die Straße. „Nur damit das klar ist – ich bin vollkommen gesund. Das weiß ich, weil ich mich wegen meines Jobs regelmäßig untersuchen lassen muss.“

Sie wollte nicht über seinen Job sprechen, am liebsten nicht einmal daran denken. Dies ist etwas anderes, dachte sie, ein persönliches Interesse, daher erwiderte sie nur: „Großartig. Ich bin übrigens auch vollkommen gesund.“

Er zwinkerte ihr zu, und damit war die aufkommende Verlegenheit verschwunden.

Jetzt gab es nichts mehr, was sie aufhalten konnte, weder Zweifel noch irgendwelche Entschuldigungen. Sie erreichten das Gebäude, in dem sie wohnte, und Jake fuhr in die Tiefgarage. Ihr nächster Halt wäre der Fahrstuhl, dann ihre Penthousewohnung.

Und dann würde sie eine Nacht in den Armen eines Liebhabers verbringen, um den Frauen sich rissen.

In dieser Nacht gehörte er ihr allein.

6. KAPITEL

Zwar war Jake durch Maddys Schilderungen auf ihr Bett und die Badewanne vorbereitet worden, doch mit einem derartigen Luxus hatte er nicht gerechnet.

Fahrstühle, die direkt in Privatwohnungen hielten, kannte er nur aus dem Fernsehen. Das Penthouse war elegant und teuer möbliert. Aber es wirkte etwas steril. Genau richtig für die Eisprinzessin des Finanzdistrikts, nicht jedoch für die Frau, die ihn vor dem Lokal gepackt und an die Wand gedrückt hatte, um ihn leidenschaftlich zu küssen.

„Nun?“

„Wow. Tolle Aussicht“, bemerkte er und deutete auf Chicagos prachtvoll beleuchtete Skyline hinter der Fensterfront.

„Ja, nicht wahr? Deswegen habe ich die Wohnung gekauft. Na ja, und wegen des Badezimmers.“

Gekauft. Dieses Penthouse gehörte ihr. Nicht ihrem Vater oder ihrer Familie. Sie hatte es nicht einfach gemietet. Die Frau, die er zu Bier und Chicken Wings eingeladen hatte, besaß genug Geld, um sich ein Penthouse wie dieses zu kaufen.

Natürlich war ihm das klar gewesen, doch erst jetzt begriff er so richtig, was das bedeutete. Zum ersten Mal, seit sie sich kennengelernt hatten, war er ein wenig eingeschüchtert davon, wie sehr ihr Leben sich unterschied.

„Was ist los?“, wollte sie wissen.

Er schüttelte sein Unbehagen ab. Später würde er vielleicht wieder daran denken, wie wenig sie gemeinsam hatten. In dieser Nacht jedoch passten sie perfekt zusammen, auf die einzige Art, die wirklich zählte.

„Nichts“, sagte er und schenkte ihr ein sinnliches Lächeln. „Und wo ist diese Badewanne für drei Personen?“

„He, keine unanständigen Sachen“, erinnerte sie ihn, wandte sich ab und ging mit aufreizendem Hüftschwung zum Badezimmer, wobei sie ihre Sandaletten wegkickte.

Er folgte ihr, allerdings nicht eilig, da sie die ganze Nacht für sich hatten. Trotzdem zog er auf dem Weg sein T-Shirt aus und ließ es zu ihren Schuhen auf den Boden fallen.

Maddy führte ihn in einen dunklen Raum, schaltete das Licht ein und drehte sich zu ihm um, um seine Reaktion zu beobachten. Doch als sie sah, dass er nur noch Jeans trug, die tief auf seiner Hüfte saß, erstarrte sie, als hätte sie noch nie zuvor den Körper eines Mannes betrachtet.

„Du lieber Himmel.“

Diese aufregende Frau befeuchtete sich tatsächlich die Lippen, während sie seine nackte Brust und seine Schultern betrachtete. Beinah andächtig hob sie eine Hand und berührte mit den Fingerspitzen seinen Hals. „Einen so schönen Mann habe ich noch nie gesehen.“

Jake wusste nicht, ob er erregt aufstöhnen oder ob er lachen sollte.

„Das ist mein Ernst. Du bist wunderschön. Man sollte dich ausstellen, in Bronze gegossen.“ Sie strich mit der Hand über seine Brust. Ihre pinkfarbenen Fingernägel kratzten sacht über seine Bauchmuskeln, von wo aus sie die Finger weiter nach unten gleiten ließ, bis zum Bund seiner Jeans.

„Du bringst mich um den Verstand, weißt du das eigentlich?“

Sie achtete nicht auf seine Worte. „Bei der Auktion habe ich mir deinen Körper vorgestellt, aber nicht so … anmutig und vollkommen.“

Er lachte. Er war ganz sicher nicht vollkommen, und er hatte nie versucht, anmutig zu sein. „Ich trainiere hin und wieder. Nicht aus Eitelkeit, sondern aus Notwendigkeit.“

Auf keinen Fall würde er das Leben eines Menschen aufs Spiel setzen, nur weil er nicht genug in Form war. Schließlich musste er jeden Tag Tragen schleppen, oft mit ziemlich schweren Verletzten darauf. Oder er musste sich an schwerem Gerät vorbei in eingestürzten Gebäuden vorarbeiten. In solchen Situationen war körperliche Fitness ein entscheidender Faktor.

„Ist es eine Notwendigkeit, dass deine Schultern fast so breit sind wie meine Beine lang?“

Er lachte und begutachtete ihre sexy Beine, die keineswegs zu kurz waren, wie sie mit ihrer Bemerkung andeutete. „Das ist eine ziemliche Übertreibung.“ Er umfasste ihre Hüften und zog Maddy an sich. „Aber ich sehe sie mir gern mal genauer an, um sicherzugehen.“

„Um ein solches Opfer würde ich dich nur ungern bitten.“

„Was soll ich sagen? Ich bin eben ein netter Kerl.“

Maddy schmiegte sich an ihn und sah ihm ins Gesicht. „Ja, das bist du tatsächlich.“

„Das hört sich an, als wäre das etwas Schlechtes.“

„Nein, du bist nur voller Widersprüche, das ist alles. Ich weiß nicht, ob ich dich verstehe.“

„Aber das hier verstehst du sicher“, sagte er und küsste sie zärtlich.

Maddy öffnete die Lippen und empfing seine Zunge, die sich forschend vortastete. Es war anders als der stürmische Kuss vor der Kneipe, aber mindestens genauso gut.

Ihre Körper bewegten sich sacht im Einklang, eng aneinandergeschmiegt. Jake zog ihr das Top aus dem Hosenbund und schob es hoch. Er schaute nicht hin, weil er nicht sicher war, ob er sich bei ihrem Anblick noch länger würde beherrschen können. Stattdessen küsste er ihre Schläfe, ihre Wange, ihr Ohrläppchen.

Er ließ sich Zeit, um Maddy so viel Lust wie irgend möglich zu bereiten. „Du hast so zarte Haut“, flüsterte er.

„Deine fühlt sich rau an“, erwiderte sie mit sinnlich heiserer Stimme und rieb ihre Wange an den frischen Bartstoppeln auf seiner Wange.

„Nicht zu rau für deine Wange?“

„Nein, wundervoll“, hauchte sie.

„Auch nicht zu rau für deinen zarten Hals?“ Er presste seine Lippen sanft auf ihre Halsbeuge.

Diesmal schüttelte sie nur den Kopf und strich ihm mit beiden Händen durch das Haar. Er zog ihr das Top aus und warf es zur Seite.

„Und hier?“, fragte er und sank vor ihr auf die Knie, wobei sein Mund ihren hauchdünnen Spitzen-BH streifte, der ihre Brüste nur knapp verbarg, bis er die zarte Haut ihres flachen Bauchs erreichte.

Maddy sog scharf die Luft ein, als er seine Wange an ihr rieb und anschließend die Zunge in die Grube schob, die ihr Bauchnabel verursachte. Von dort aus ließ er seine Zunge tiefer gleiten bis zum Bund ihrer Hose, deren Reißverschluss er vorsichtig aufzog.

„Das ist … sehr gut“, brachte sie mühsam hervor.

Dem konnte er nur zustimmen, besonders nachdem er ihr die Hose ausgezogen hatte und sie nur noch mit einem knappen Slip bekleidet vor ihm stand. Ein Stückchen hauchdünner Stoff bedeckte das Dreieck aus dunklen Locken zwischen ihren Beinen.

Er küsste sie und biss sie zärtlich und hätte fast aufgestöhnt, als er feststellte, dass ihr sexy Po nicht mehr verhüllt war, weil sie einen Stringtanga trug. Mit beiden Händen umfasste er ihn und massierte ihn sanft. „Unglaublich“, flüsterte er. „Sag ja nie wieder, dass du etwas an deinem Körper verändern willst.“

Das leichte Zittern ihrer Beine und die Art, wie sie die Hüften bewegte, verriet ihm, was sie wollte – noch mehr Liebkosungen und intime Küsse.

Er presste sein Gesicht an ihren Unterkörper und atmete tief ihren betörenden Duft ein.

„Gütiger Himmel, bitte“, flüsterte sie.

Er könnte ihr sofort geben, was sie wollte. Könnte ganz leicht den Slip zur Seite schieben und sie mit seiner Zunge verwöhnen. Er sah bereits vor sich, wie sie sich vor Lust wand, während er ihre kleine Knospe reizte. Er sehnte sich selbst heftig danach.

Aber er wollte nichts überstürzen, daher begann er sich allmählich wieder hinaufzuarbeiten. „Nachdem wir herausgefunden haben, dass ich mich nicht rasieren muss, können wir dort weitermachen, wo wir stehen geblieben waren.“

„Ich nehme zurück, dass du ein netter Kerl bist“, protestierte sie. „Im Augenblick bist du jedenfalls böse.“

„Oh, Maddy, das bin ich nicht.“ Er stand jetzt wieder und küsste sie zärtlich. „Ich bin nur sehr, sehr geduldig.“

Ohne ein weiteres Wort hob er sie auf die Arme und trug sie zu dem großen Bett, das den Raum dominierte. Dort wollte er ihr zeigen, wie geduldig er sein konnte.

Maddy hielt es kaum noch aus. Sie glaubte zu schweben, und alles schien sich zu drehen, während sie wieder und wieder zum Höhepunkt gelangte. Als Jake begann, jeden Zentimeter ihres Körpers mit seinen wundervollen Lippen und seinen magischen Händen zu verwöhnen, konnte sie nichts anderes tun, als es zu genießen.

Sie war unfähig, noch einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Es gab nur noch sinnliche, aufregende Empfindungen, die er ihr bescherte. Es war keine rationale Entscheidung, sich aufzubäumen, als er mit der Zunge ihre aufgerichteten Brustwarzen liebkoste, sondern purer Instinkt, damit er erneut an ihnen saugte. Sie nahm auch nicht bewusst wahr, dass er sich ihrem sensibelsten Punkt widmete; es war eher das elektrisierende Gefühl, das sie durchströmte, als sie seine Zunge dort spürte.

„Gütiger Himmel, schon wieder?“, rief sie stöhnend angesichts der erneuten lustvollen Empfindungen, die er in ihr weckte.

Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass sie in der Lage war, so ausdauernd Lust zu verspüren. Unaufhörlich durchrieselten sie erregende Schauer, wild wie die Meeresbrandung in einem Herbststurm. Sie schienen sie höher und höher bis zum Orgasmus zu tragen. Dann ließ das Verlangen für einen Moment nach, bis Jake es mit einer Liebkosung oder einem Kuss wieder von Neuem entfachte.

Endlich verstand sie, wieso Frauen sich um ihn rissen.

Dieser Mann musste der beste Liebhaber der Welt sein.

„Ich glaube, jetzt muss ich in dir sein, Maddy.“

„Das wird aber auch Zeit“, erwiderte sie schwer atmend. „Allerdings müsste ich lügen, würde ich behaupten, dass ich nicht jede einzelne Minute genossen habe.“

„Ich weiß“, sagte er, doch klang es nicht überheblich, sondern einfach nur selbstbewusst.

Er zog seine Jeans aus und drängte sich behutsam zwischen ihre Beine. Sie wollte nicht, dass er sich das Kondom überstreifte, ohne dass sie sich wenigstens ein bisschen revanchiert hatte. Sie sehnte sich danach, ihn auf die gleiche Weise zu berühren und zu betrachten. In seiner Entschlossenheit, ihr Lust zu bereiten, hatte er sie bisher daran gehindert.

Sie drängte ihn, sich auf den Rücken zu legen, und betrachtete seine muskulöse Brust mit den goldenen Härchen darauf, die auf seinem Bauch zu einer schmalen Linie zusammenliefen und im Bund seiner engen Boxershorts verschwanden.

„Du lieber Himmel“, flüsterte sie, nachdem sie ihm die Shorts bis auf die Oberschenkel hinuntergeschoben hatte. Vorsichtig zog sie sie ihm ganz aus, als handele es sich bei dem Inhalt um ein kostbares Geschenk, das sie glücklich machte.

Nun, das würde es auch tun.

Mit dem kleinen Finger strich sie über die samtweiche heiße Haut und schloss die Augen, um das Gefühl voll auszukosten. Er sah nicht nur wundervoll und beeindruckend aus, sondern fühlte sich auch so an. Sie schloss ihre Finger um seine Erektion und fing an, ihn sanft zu massieren.

Jake stöhnte. Maddy beugte sich hinunter, um das zu tun, wonach sie sich schon die ganze Zeit gesehnt hatte.

„Maddy!“

„Kein Wort“, warnte sie ihn. „Jetzt bin ich an der Reihe.“

Dann schlossen sich ihre Lippen um die Spitze seines Glieds, und sie umspielte es mit ihrer Zunge. Obwohl seine angespannten Bauchmuskeln verrieten, wie sehr er um Selbstbeherrschung rang, kannte sie keine Gnade.

Sie liebte es, ihn auf diese Weise zu spüren und zu verwöhnen. Sie liebte es, ihn stöhnen zu hören, wenn sie ihn so tief in den Mund nahm, wie es irgend ging.

Irgendwann hielt Jake es nicht mehr aus und zog sie zu sich hinauf. Er warf sie so rasch auf den Rücken, dass sie gar keine Zeit fand, gegen diesen Stellungswechsel zu protestieren. Andererseits gefiel es ihr, dass sie diese Begierde in ihm geweckt hatte.

„Ich habe mich gerade so gut amüsiert“, sagte sie und schmollte scherzhaft.

„Davon kannst du später mehr bekommen.“ Er schob eine Hand zwischen ihre Beine und drang mit einem Finger in sie ein, sodass sie sich ihm unwillkürlich entgegenbog. „Dort will ich sein.“ Ein weiterer Finger folgte. Er bewegte sie sanft hin und her. „Wenn ich nicht gleich mit dir schlafe, werde ich es nicht überleben.“

Sie schlang die Arme um seinen Nacken und murmelte: „Das müssen wir unbedingt verhindern.“

Jake küsste sie leidenschaftlich, dann nahm er das Kondompäckchen, das er bereits aufgerissen hatte. Sie wollte ihm helfen, doch er schob ihre Hand fort. „Dräng mich nicht, Süße. Ich hänge am seidenen Faden.“

„Heißt das, es wird schnell vorbei sein?“, fragte sie besorgt.

Jake lachte. „Oh nein. Das bedeutet nur, dass du mir keine süßen Qualen mehr bereiten kannst, wenn ich in dir bin.“

„Ich habe dich gequält?“

„Allerdings, und das weißt du ganz genau. Du hast versucht, mich wild zu machen, und ja, es hat funktioniert.“

Gut, dachte sie.

„Und in dir zu sein wird mich ebenfalls wild machen“, gestand er. „Aber da kann ich wenigstens stillhalten.“ Sein sinnlicher Ton verhieß aufregende Dinge. „Ich kann mich dem Gefühl hingeben, ganz von dir umschlossen zu sein, indem ich mich nicht bewege und diese Empfindungen einfach nur auskoste.“

„Indem du dich nicht bewegst?“ Es war schlicht unvorstellbar, still zu liegen, wenn er in ihr war.

„Keinen Muskel“, versicherte er ihr. „Nicht, bis ich mich in der Lage fühle, wirklich zu beginnen.“

Wirklich zu beginnen. Du lieber Himmel. Als hätte sie in der vergangenen Stunde nicht schon mehr Orgasmen gehabt als in der gesamten Beziehung mit ihrem Ex.

Jake spreizte ihre Schenkel, und Maddy machte sich etwas zögernd für ihn bereit. Als würde er das spüren, küsste er sie zärtlich und flüsterte ihr sanfte Worte ins Ohr, die ihr halfen, sich zu entspannen. Er versicherte ihr, ihr niemals wehzutun.

Dann drang er geschmeidig in sie ein.

Maddy stöhnte überwältigt von den wundervollen Empfindungen auf.

„Warte“, hielt er sie auf, da ihr Körper sofort reagierte.

„Ich bewege mich nicht“, verteidigte sie sich.

„Von wegen.“

Sie konnte gegen die instinktive Reaktion ihres Körpers nichts tun.

Diesmal befahl er ihr nicht, aufzuhören, sondern lenkte sie ab, indem er eine Hand zwischen sie beide schob, um ihre kleine Knospe zu liebkosen. Nun konzentrierte sich ihre ganze Aufmerksamkeit auf das, was er tat. Innerhalb kürzester Zeit erlebte sie zum wiederholten Mal einen Höhepunkt.

Als ihre Benommenheit allmählich wich, begann Jake, sich in einem aufreizenden Rhythmus zu bewegen, und steigerte sein Tempo langsam. Wieder und wieder drang er tief in sie ein, bis er auf dem Gipfel der Lust heiser ihren Namen schrie.

7. KAPITEL

Jake hatte die leidenschaftlichste Liebesnacht seines Lebens erlebt. Er hätte liebend gern den ganzen Tag mit Maddy im Bett verbracht, aber ein Blick auf den Wecker sagte ihm, dass er gehen musste. Seine Schicht begann in zwei Stunden, und er musste sich noch ein Taxi besorgen und zu dem Parkplatz fahren, wo sein Pick-up stand. Anschließend musste er nach Hause, um zu duschen und seine Ausrüstung zusammenzusuchen.

„Maddy?“, flüsterte er und küsste sie zärtlich. „Ich muss los.“

Sie schlug die Augen auf, und er sah, wie ihr Verstand sofort arbeitete und sie sich an die wilden Dinge erinnerte, die sie in der vergangenen Nacht getan hatten. Sie befeuchtete sich die Lippen und sah ihn an. „Jake.“

„Hast du jemand anderes erwartet?“, fragte er amüsiert.

Er beugte sich zu ihr hinunter, um sie zu küssen, doch sie rutschte zur Bettkante und stand auf.

Sie war nackt, ihr Körper wurde von der Sonne beschienen.

Sehr zu Jakes Bedauern schnappte sie sich einen seidenen Bademantel und zog ihn an. Sie band den Gürtel fest zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Nach wie vor vermied sie es, ihn anzusehen.

Offenbar litt sie an einem Fall von Reue am Morgen danach. Deshalb verzichtete er darauf, sie mit der Feststellung zu necken, dass er schon alles gesehen habe und sie sich deshalb nicht anziehen müsse.

„Tja, ich muss mich zur Arbeit fertig machen“, verkündete sie und deutete zum Flur. „Da hinten ist ein Gästebad, falls du auch duschen möchtest.“

Jake stutzte. Anscheinend war sie nicht einfach bloß verlegen, sondern versuchte verzweifelt, ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen und in ihre übliche Routine zurückzukehren. Da sie sich ihm in der Nacht vollkommen hingegeben hatte, war ihr Leben ein wenig aus den Fugen geraten. Jetzt, im klaren Licht des neuen Morgens, wollte sie die Ordnung wiederherstellen.

„Ich werde zu Hause duschen“, erklärte er, da er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Zum ersten Mal, seit er sie kennengelernt hatte, war er unsicher. „Wann können wir uns wiedersehen?“

Sie zog den Bademantel noch fester um sich. „Wiedersehen?“

„Ja. Hast du noch nie von einem zweiten Date gehört?“

„Ein typisches erstes Date war das für mich aber auch nicht.“

„Das hoffe ich“, meinte er.

Maddy hob das Kinn. „Für dich etwa?“

„Absolut nicht. Letzte Nacht war etwas, was ich nie erwartet hätte und für das ich sehr dankbar bin.“ Er warf einen Blick zur Uhr und fing an, seine Sachen zusammenzusuchen. „Ich muss mich wirklich beeilen. Es gibt Leute, die sich auf mich verlassen.“ Er zog sich an und wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Wenn er seinen Lieutenant nicht schon gebeten hätte, den Dienstplan zu ändern, damit er mit Maddy ins Stadion gehen konnte, hätte er versucht, jemanden zu finden, der für ihn einsprang. Aber das kam nicht infrage. Ihm blieben noch neunzig Minuten.

Er stieg in seine Jeans und zog den Reißverschluss zu. „Können wir uns übermorgen sehen?“

„Bis dahin hast du wohl zu tun?“, erkundigte sie sich in kühlem Ton.

„Ja, für die nächsten achtundvierzig Stunden bin ich komplett ausgebucht.“ Er hatte eine Vierundzwanzig-Stunden-Schicht vor sich, danach eine Zwölf-Stunden-Schicht und dazwischen Bereitschaftsdienst. Auf keinen Fall wollte er zu einem Einsatz gerufen werden, während er mit dieser unglaublichen Frau zusammen war.

„Ich verstehe.“

„Ich werde dich zum Abendessen einladen.“ Plötzlich fiel ihm ein, was in dem Pub passiert war, daher zog er seine Brieftasche hervor. „Apropos, ich muss dir das Geld für das Essen gestern Abend noch wiedergeben. Ich bin ja ein schöner Gentleman.“

Sie winkte ab. „Sei nicht albern.“

„Ich bin kein Macho, klar? Aber du hast fünfundzwanzigtausend hingeblättert, da ist es das Mindeste, wenn ich für Chicken Wings und Bier bezahle.“

Ein angespanntes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Nein, das war nicht das Mindeste, was du tun konntest. Letzte Nacht habe ich noch viel mehr für meine fünfundzwanzigtausend Dollar bekommen. Wir sind also quitt.“

„Hm, es ist schmeichelhaft, dass du der Ansicht bist, ich sei die Summe wert. Aber du hast das viele Geld nicht dafür bezahlt, damit ich die Nacht in deinem Bett verbringe.“

„Nein, ich habe das Geld für einen wohltätigen Zweck bezahlt.“

Um letztlich eine Nacht mit ihm zu verbringen. Sie musste es nicht aussprechen, es war klar.

Jake schob ihre Streitlust auf ihre Unsicherheit, deshalb hielt er ihr nicht vor, dass sie mit ihren Worten andeutete, er sei käuflich. „Du bist albern.“

„Ach, warum hast du denn die Nacht mit mir verbracht?“

„Weil, wie ich dir bereits erklärt habe, ich dich begehrte.“ Und es nach wie vor tue, fügte er im Stillen hinzu.

„Na schön, ich wollte dich auch“, räumte sie widerstrebend ein. „Aber jetzt, wo das vorbei ist, sollten wir Schluss machen und es in guter Erinnerung behalten.“

Er war perplex. „Was?“

„Die vergangene Nacht war wunderbar, Jake. Aber ich glaube nicht, dass wir uns wiedersehen werden.“

Er ging zu ihr und umfasste ihr Kinn, damit sie ihm ins Gesicht sah. „Was zur Hölle ist los mit dir?“

Sie machte sich los. „Nichts ist los. Ich komme nur mit dieser … Situation nicht zurecht, und deshalb werden wir es an dieser Stelle beenden.“ Sie strich sich müde über die Augen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dich gewissermaßen auf beruflicher Ebene wiederzusehen.“

„Um Himmels willen, ich hoffe nicht. Ich will nicht, dass du verletzt wirst.“

„Danke“, sagte sie leise. „Aber ich kann dich auch nicht privat wiedersehen. Ich behaupte zwar, modern und hip zu sein und mit allem fertig zu werden, aber das würde mich am Ende nur belasten. Also, leb wohl, Jake.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab, ging ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.

Er zog sich rasch weiter an, dann folgte er ihr und klopfte an die Tür. „Ich werde jetzt gehen. Aber du sollst wissen, dass es noch nicht vorbei ist.“ Da er die Dusche drinnen hörte, klopfte er fester. „Verdammt, Maddy, sag mir wenigstens, dass du in ein paar Tagen mit mir darüber reden wirst.“

Sie kam zwar nicht heraus, doch sie antwortete. Und was sie sagte, schockierte ihn so sehr, dass er einen Moment lang völlig benommen war.

„Nein, das kann ich nicht. Einmal war genug. Ich kann kein weiteres Mal mit dir schlafen und mich dabei fragen, aus wessen Bett du wohl gerade kommst und wie viel sie dir dafür bezahlt hat.“

Bezahlt?

„Ich kritisiere dich nicht für deinen Lebensstil, Jake, aber ehrlich gesagt kann ich mir dich nicht leisten. Finanziell schon, aber emotional habe ich einfach nicht die Kraft. Und nun geh bitte.“

Er starrte die Tür an. Maddy glaubte, er schlief für Geld mit Frauen. Obwohl er ihr versichert hatte, dass er sie vom ersten Augenblick an begehrte, glaubte sie, die letzte Nacht sei der Gegenwert für ihren Einsatz auf der Auktion gewesen. Nichts von dem, was er ihr gesagt hatte, schien bei ihr angekommen zu sein. Ganz zu schweigen davon, dass das, was zwischen ihnen gewesen war, keine Bedeutung für sie zu haben schien. Sie glaubte ihm einfach nicht, dass er aufrichtig etwas für sie empfand.

„In was für einer Welt lebst du eigentlich?“, murmelte er und schaute sich in ihrer in Weiß und Chrom gehaltenen Wohnung um. Diese kalte Umgebung machte es ihm klar – es war eine Welt, in der alles seinen Preis hatte und alles käuflich war, einschließlich Menschen und Sex. Eine Welt, in der die Liebe nicht existierte oder zumindest nicht von Dauer war.

Eine Welt, in der für einen Mann, wie er es war, absolut kein Platz war.

„Kannst du mir das bitte mal erklären? Du hattest den besten Sex deines Lebens mit einem echten Traumtypen, und dann sagst du ihm, du willst ihn nie wiedersehen?“

Maddy schaute sich kurz in dem ruhigen, vornehmen Restaurant um, das nicht weit von der Bank entfernt lag. Die wenigen Gäste schienen Tabithas Bemerkung nicht gehört zu haben.

Ihre Schwester war wie üblich tadellos gekleidet und frisiert. Kein einziges ihrer aschblonden Haare tanzte aus der Reihe. Außerdem strahlte sie Selbstsicherheit aus, während sie, Maddy, vollkommen durcheinander war.

„Genau.“

Tabby verdrehte die Augen. „Ich glaube, der Storch hat dich bei der Geburt mit dem Baby einer Nonne verwechselt.“ Die Unsinnigkeit dieser Bemerkung schien ihr völlig zu entgehen. Sie kramte in ihrer Handtasche und nahm ein mit Edelsteinen besetztes Zigarettenetui heraus. „Du bist viel zu sittsam, um meine Schwester zu sein.“

„Madam?“, sagte der Oberkellner, der wie aus dem Nichts neben dem Tisch aufgetaucht war. „Ich fürchte, Sie können hier nicht rauchen.“

Tabby schnaubte, verstaute das Etui wieder und murmelte dem sich zurückziehenden Kellner hinterher: „Blödmann. Ich darf nicht in Bradleys Gegenwart rauchen, nicht in der Öffentlichkeit …“ Sie trommelte gereizt mit ihren langen roten Fingernägeln auf dem gestärkten weißen Tischtuch herum. „Verrate mir mal, warum nicht?“

„Warum du nicht rauchen sollst? Abgesehen davon, dass es für deine Gesundheit nicht gut ist …“

„Nein, warum du nicht mit ihm zusammen sein kannst“, meinte Tabby mürrisch.

„Na ja, zum Beispiel weil er ein Prostituierter ist.“

„Na und? Die meisten Frauen, die wir kennen, haben sich mehr oder weniger für die richtige Größe des Diamanten an ihrem Finger prostituiert.“

„Du auch?“, fragte Maddy und hoffte, dass ihre Schwester nicht schon wieder aus den falschen Gründen heiratete.

„Geld hat nichts damit zu tun, dass ich Bradley heirate“, erwiderte Tabitha in scharfem Ton. „Ich liebe ihn. Außerdem wissen wir beide, dass ich sein Geld nicht brauche und er meines nicht.“

Das war einer der Gründe, weswegen Maddy einige Hoffnungen in die nächste Ehe ihrer Schwester setzte. Es gab außer echten Gefühlen und der Tatsache, dass sie zusammenpassten, keine anderen Motive. „Stimmt.“

„Der Punkt ist, dass Menschen ständig Tauschhandel betreiben. Geld gegen Häuser. Aktien gegen Vermögenswerte. Sex gegen die Ehe. Sieh dir meine Mutter an – auf und davon mit ihrem Neuen auf einer Jacht im Mittelmeer. Weißt du, dass sie nicht einmal zu meiner Hochzeit kommt?“

Das überraschte Maddy kaum, da sie Tabithas Mutter kannte.

„Wie dem auch sei“, fuhr Tabitha fort, „was spricht gegen eine Affäre, für die du bezahlst?“

„Ist dir schon mal aufgefallen, dass ich mir noch nie einen Gebrauchtwagen gekauft habe?“

„Das hast du ja auch nicht nötig“, meinte Tabitha, die den Vergleich offenbar nicht verstand.

„Ich will keine nächtliche Spritztour mit einem Wagen unternehmen, der durch andere Fahrer tagsüber weitere Kilometer auf dem Tacho angesammelt hat.“

„Ah, ich verstehe. Das ist wirklich ein wenig abstoßend.“ Tabby verzog das Gesicht. „Stell dir vor, Bitsy Wellington oder eine dieser collagenverstärkten, gelifteten Hexen spürt ihn auf.“

Zum Glück hatte ihre Schwester nicht den Namen ihrer Stiefmutter genannt. Bei der Vorstellung wurde Maddy übel.

„Aber du bist sicher nicht so naiv zu glauben, Männer würden es nicht mit anderen Frauen tun.“ Tabby rümpfte angewidert die Nase. „Das solltest du nach diesem Mistkerl Oliver begriffen haben.“

„Habe ich. Aber es ist nicht nur, dass er mit anderen Frauen schläft. Ich mag Jake wirklich. Vielleicht viel zu sehr“, gestand Maddy und ärgerte sich über sich selbst, weil sie das aussprach, und über ihre Schwester, weil die sie dazu verleitet hatte.

„Oh.“ Tabbys Miene wurde sanfter. „Ich verstehe. Es ist nicht der Ekelfaktor. Es wäre emotional zu schmerzhaft, zu wissen, dass er auch mit anderen Frauen zusammen ist.“

Ihre Schwester hatte vollkommen recht, sie würde das nicht ertragen können.

„Vielleicht gibt er das für dich auf.“

„Sei nicht albern. Warum sollte er? Er kennt mich noch keine zehn Tage, da kann ich ihn schlecht bitten, sein Leben für mich zu ändern.“

„Dann lass es eben bleiben.“ Tabitha grinste. „Engagiere ihn einfach Vollzeit.“

Maddy hätte sich fast an ihrem Wein verschluckt. „Wie bitte? Bist du verrückt geworden?“

„Du kannst es dir leisten. Frag ihn, wie viel er kostet, wenn man ihn einen ganzen Monat für sich buchen will. Nutze diesen Monat, um herauszufinden, wie es läuft. Entweder kommst du über ihn hinweg, oder ihr stellt fest, dass sich zwischen euch beiden etwas Ernstes entwickeln könnte.“

„Ernst genug, um …“

Tabby führte ihren Gedanken zu Ende. „Vielleicht ist er danach bereit, sich ein anderes Betätigungsfeld zu suchen.“ Sie legte eine Hand auf Maddys und drückte sie. „Und du kannst herausfinden, ob du vielleicht doch wieder an die Liebe glaubst.“

„Liebe“, meinte Maddy verächtlich. Die hatte mit der ganzen Situation überhaupt nichts zu tun. Sie hatte gesagt, dass sie Jake mochte, und nicht, dass sie dabei war, sich in ihn zu verlieben. Denn sie würde sich ganz bestimmt in niemanden mehr verlieben.

Auch nach drei Tagen hatte Jake seinen Ärger – und seine Verwirrung – über Maddys Verhalten noch nicht überwunden. In Gedanken war er die Situation immer wieder durchgegangen, hatte jeden Moment, jede Unterhaltung, jeden Blick und jede Berührung Revue passieren lassen.

Wann, fragte er sich, war sie zu der Ansicht gelangt, er sei ein Mann, der sich kaufen ließ?

Sie musste unglaublich abgestumpft sein. Wie war es sonst zu erklären, dass sie auf solche Überlegungen kam? Normale Menschen würden an solche Dinge nicht denken. Eigentlich hätte ihn diese Reaktion darüber hinwegtrösten müssen, dass sie sich nicht wiedersehen würden. Stattdessen machte es ihn wütend – und traurig, weil Maddy durch ihre Familie so hart geworden war.

Er versuchte sie zu vergessen, ohne Erfolg.

Es war Samstagmorgen, und er hatte sich mit einigen Kollegen zu einem Baseballspiel getroffen. Als das Spiel vorbei war und er seine Sachen zusammenpackte, klingelt sein Handy. Die Nummer auf dem Display kannte er nicht.

„Wallace“, meldete er sich grimmig.

Am anderen Ende der Leitung räusperte sich eine Frau.

„Maddy?“

„Ja. Störe ich dich? Ich kann später wieder anrufen.“

„Nein, du störst nicht“, versicherte er ihr und wünschte, er würde auf den Klang ihrer Stimme nicht so heftig reagieren. Er redete sich ein, dass er lediglich überrascht war, von ihr zu hören.

„Ich habe mich gefragt, ob wir uns wohl treffen können.“

Sein Herz schlug schneller. Dann stutzte er. Sie sprach von einem Treffen, nicht davon, mit ihm auszugehen.

„Warum? Du hast mir ziemlich deutlich klargemacht, wo wir stehen.“

„Das bedaure ich sehr“, erwiderte sie kühl und kein bisschen zerknirscht. „Inzwischen habe ich meine Meinung geändert.“ Sie zögerte und klang plötzlich eine Spur unsicher. „Ich war vielleicht etwas voreilig, als ich sagte, ich will dich nicht wiedersehen.“

„Und was schlägst du jetzt vor?“

„Dass wir uns treffen, um noch einmal über alles zu reden. Möglicherweise habe ich eine Lösung für unsere Situation.“

„Einverstanden. Wir werden uns unterhalten. Es gibt schließlich einiges zwischen uns zu klären.“ Angefangen bei ihrer lächerlichen Vorstellung, er habe nur mit ihr geschlafen, weil sie einen Haufen Geld bezahlt hatte. Er verstand die Frau einfach nicht, aber das würde sich bald ändern.

„Hast du heute Nachmittag Zeit?“, fragte sie.

„Ja.“

„Wunderbar. Ich wollte mit dem Boot hinausfahren. Bist du gern auf dem Wasser?“

Vor einigen Jahren war er einmal während einer Reise nach

Florida in einem schwimmenden Kasino gewesen. Er war seekrank geworden und hatte vom ständigen Klingeln der Spielautomaten Kopfschmerzen bekommen.

„Ich liebe es“, log er, denn er hatte ihr auch noch ein paar Dinge zu sagen. Zum Beispiel, wie dumm es von ihr war, anzunehmen, ihr Geld hätte irgendeinen Einfluss auf seine Gefühle für sie. Er würde sie schon überzeugen. Und dann würden sie im Bett landen.

Das klang für seine Begriffe nach der besten Lösung.

8. KAPITEL

Maddy befand sich bereits an Bord der „Magdalena“, als sie Jake anrief. Sie hatte sich spontan entschieden, ihn zu bitten, sich am Nachmittag mit ihr zu treffen, nachdem sie die ganze Nacht über den Vorschlag ihrer Schwester nachgedacht hatte. Jetzt wollte sie zumindest herausfinden, ob die Möglichkeit bestand, dass er exklusiv für sie arbeitete.

Die Idee einer Bootsfahrt hielt sie für äußerst raffiniert, denn auf diese Weise würde er ihr nicht einfach ins Gesicht lachen und weggehen können, nachdem sie ihm ihren Vorschlag unterbreitet hatte.

„Du lieber Himmel, ich werde noch genau wie meine Schwester“, murmelte sie, denn Tabitha wäre von ihrer Taktik sehr angetan.

Sie wäre wohl auch von ihrem Aufzug angetan, der aus einem knappen feuerroten Bikini bestand, den sie unter Shorts und einem Trägertop trug.

Normalerweise fuhr sie allein mit dem Boot hinaus, trotz des Protestes ihres Vaters. Sie kam gut allein zurecht und genoss es, sich in ihrem knappen Bikini draußen auf dem See zu sonnen.

Wie viel Spaß würde es erst mit jemandem zusammen machen?

Sie bereitete gerade die Segel vor, als sie Jake auf dem Anleger auf sich zukommen sah. Sie winkte und rief: „Wie ich sehe, hast du es schnell gefunden.“

„Ja“, bestätigte er und deutete auf den Schriftzug am Bug des Bootes. „Der Name gefällt mir.“

„Es ist der Name meiner Mutter.“

Jake nickte nur und verzichtete auf eine Beileidsbemerkung, wie die meisten Leute sie von sich gaben, wenn sie vom Tod ihrer Mutter in jungen Jahren erfuhren. Das fand Maddy angenehm. Es war eins von vielen Dingen, die sie an ihm mochte.

Er betrachtete das Boot, offenbar beeindruckt von der Größe. „Muss ich um Erlaubnis bitten, an Bord kommen zu dürfen?“

„Nein, es ist dir selbstverständlich erlaubt.“

Dann war er bei ihr, gebräunt und kraftstrotzend, in einem weiten T-Shirt, Badeshorts und ledernen Flipflops. Er hatte sogar schöne Beine und Füße.

Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, daher schwieg sie und wartete auf irgendein Zeichen von ihm. War er wütend? Neugierig? Optimistisch?

Als er endlich sprach, merkte sie, dass sie seine Stimmung nicht einmal annähernd erraten hatte.

„Ich bin froh, dass du angerufen hast“, sagte er und küsste sie zärtlich auf die Schläfe.

In diesem Moment wusste sie, dass sie nicht einfach mit ihm hinaus auf den See fahren konnte, sodass ihm keine andere Wahl blieb, als sich ihren Vorschlag anzuhören. Auch konnte sie ihn nicht einfach dazu verführen, ihr Angebot anzunehmen, indem sie die Shorts und ihr Top auszog. Nein, sie musste ihm rundheraus sagen, was ihr vorschwebte.

„Jake, ich glaube, du kennst mich bereits gut genug, um zu wissen, wie schwierig das hier für mich ist.“

Er gab einen zustimmenden Laut von sich und wartete darauf, dass sie fortfuhr.

„Die Sache ist die, dass ich wirklich gern mehr Zeit mit dir verbringen würde“, erklärte sie.

„Ich auch mit dir“, sagte er sofort.

Sie lächelte, doch ihre Nervosität ließ sich nicht abschütteln. „Allerdings will ich nicht, dass du gleichzeitig mit jemand anderem zusammen bist.“

„Wie meinst du das?“, fragte er verwirrt.

„Wahrscheinlich wird es in deinen Ohren seltsam und fordernd klingen, aber ich würde dich gern engagieren, rund um die Uhr. Ich weiß, dass du das professionell machst, und du bist sehr gut in dem, was du tust. In Anbetracht der vielen Frauen, die bei der Auktion um dich gekämpft haben, mangelt es dir wahrscheinlich nie an … Kundinnen.“

Seine Augen weiteten sich, aber dabei blieb es, deshalb fuhr sie fort, ihm alles zu erklären, ihre Bedürfnisse, ihre Hemmungen, ihre Bedingungen. Sie sprach schnell, ohne ihn anzusehen, bevor der Mut sie verlassen konnte. Dabei hielt sie den Blick auf einen Punkt am Horizont hinter seiner Schulter gerichtet.

„Du siehst also“, schloss sie, in der Hoffnung, ihn überzeugt zu haben, „dass wir beide davon profitieren könnten. Du wirst deinen üblichen Verdienst bekommen – wie auch immer der aussieht, ich werde ihn mir sicher leisten können. Und ich habe einen Begleiter, ohne dass irgendwelche unguten Gefühle oder gar Eifersucht ins Spiel kommen. Wir werden einen Monat lang unseren Spaß haben und zufrieden wieder auseinandergehen.“

Oder auch nicht. Vielleicht würden sie nach Ablauf dieser Frist nicht mehr auseinandergehen wollen. Natürlich würde selbst dann keine Liebe zwischen ihnen sein, aber gegenseitige Anziehung und Verlangen.

Das sprach sie allerdings nicht aus, um ihn nicht zu verschrecken, bevor er die Chance gehabt hatte, über ihr Angebot nachzudenken.

„Habe ich das soweit richtig verstanden?“, fragte er mit belegter Stimme. „Du möchtest mir eine große Summe Geld bezahlen, damit ich in den nächsten dreißig Tagen Sex mit dir habe?“

„Ausschließlich mit mir“, stellte sie klar.

„Richtig, ausschließlich mit dir. Viel Sex. Auf alle möglichen Arten.“

„Na ja, nicht nur Sex“, meinte sie einschränkend. „In zwei Wochen ist die Hochzeit meiner Schwester, und da bräuchte ich zum Beispiel dringend einen Begleiter. Das fiele doch auch in deinen Aufgabenbereich, oder?“

Er gab einen tadelnden Laut von sich. „Du erkaufst dir ein weiteres Date mit mir?“

„Du bist doch ein bezahlter Begleiter, nicht wahr? Ist das nicht deine Berufsbezeichnung? Du würdest mich auch wirklich begleiten, statt … na du weißt schon.“

„Nur mit dir zu schlafen.“

Er wäre die perfekte Begleitung und sah im Smoking fantastisch aus. Allerdings wollte sie lieber nicht an den möglichen Spott ihrer Schwester denken oder daran, dass Deborah sich an ihrem Chateaubriand verschlucken würde, wenn sie Jake erblickte.

„Was sagst du? Du würdest mir einen enormen Gefallen tun“, gestand sie. „Du weißt inzwischen, dass ich von Romantik und Liebe nichts halte. Ich bin Geschäftsfrau, und ich habe dir ein rein geschäftliches Angebot gemacht.“

„Rein geschäftlich“, wiederholte er. „Etwas anderes willst du nicht.“

Sie schluckte. „Nein.“ Wenn sie und Jake am Ende ihrer dreißig Tage feststellten, dass es mehr als Begierde war, konnte sie immer noch in Erwägung ziehen, sich erneut auf eine romantische Beziehung einzulassen. Vielleicht.

„Also regelmäßig wilder Sex mit dir und ein Date für eine Hochzeit … für wie viel?“

Regelmäßig wilder Sex … konzentriere dich, ermahnte sie sich und nannte spontan eine Summe, die sich an dem orientierte, was ein Topmanager einer Bank verdiente.

Er verzog keine Miene.

„Falls das nicht genug ist …“

„Das ist genug“, unterbrach er sie. „Ich möchte dich etwas fragen. Warum glaubst du, dass ich …“ Er räusperte sich und fing noch einmal von vorn an. „Woher weißt du so viel über mich? Darüber, wer ich bin und was ich tue?“

„Meine Schwester hat es mir erzählt.“

„Was für eine tolle Schwester. Und woher weiß sie das alles?“

„Einer der Sponsoren der Versteigerung erzählte ihr von dem berühmten männlichen Begleitservice, und Tabby fand vor der Versteigerung heraus, welche Nummer du haben würdest. Außerdem gab es ja noch deine Kurzbiografie im Programmheft.“

„Die Kurzbiografie“, murmelte er und rieb sich das Kinn. „Was stand da eigentlich drin?“

„Ich erinnere mich nicht mehr genau. Etwas darüber, dass du ein Weltenbummler bist, der guten Wein und schöne Frauen zu schätzen weiß. Und dass du Europäer bist. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das wohl nur zu der Rolle gehört, die du spielst. Denn wenn du irgendetwas anderes als der typische Amerikaner bist, der gern mal ein Bier trinkt, dann bin ich Mary Poppins.“

„Ertappt, Mary“, meinte er. „Du bist einfach zu schlau für mich.“ Er verschränkte die Arme vor der breiten Brust und ließ sie weiter warten, da er nach wie vor nicht auf ihr Angebot einging. „Eine Frage noch. Wenn du entschlossen warst, mich für meine Dienste zu bezahlen, warum bist du dann am Abend der Auktion einfach davongelaufen? Hast du kalte Füße bekommen?“ Er klang beinah hoffnungsvoll, als sei ihre Antwort aus irgendeinem Grund besonders wichtig. „Hattest du deine Meinung geändert und wolltest dich auf diesen Leichtsinn doch nicht mehr einlassen?“

Sie schüttelte den Kopf und wusste nicht, wie viel sie zugeben sollte – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er ihren Vater und dessen Frau auf Tabithas Hochzeit kennenlernen würde.

Das war das eigentliche Problem. Sie konnte ihn nicht unvorbereitet in eine derartige Situation bringen. „Ich wollte dich nicht für mich ersteigern.“

Er schloss die Augen und murmelte etwas vor sich hin.

„Was?“

„Ich habe nur bis zehn gezählt.“

„Warum?“

„Schon gut.“ In vorsichtigem Ton fragte er: „Für wen wolltest du mich ersteigern?“

Maddy setzte sich auf den Kapitänssitz. Ihr Vater liebte dieses Boot, aber seine neue Frau wollte nicht segeln. Deborah hatte ihrem Mann außerdem klar zu verstehen gegeben, dass sie es nicht guthieß, dass er mit einem Boot fuhr, das nach einer anderen Frau benannt war, selbst wenn es sich dabei um eine vor Jahren verstorbene Frau handelte.

„Lass mich raten. Es war die Idee deiner Schwester.“

„Woher weißt du das?“

„Intuition. Warum hat sie es nicht selbst getan?“

„Sie wollte ihren Verlobten nicht hintergehen.“

Er schloss erneut die Augen, und sie glaubte ihn leise zählen zu hören, bevor er sie wieder ansah. „Wie nobel von ihr.“

Das lief alles ganz falsch, und nur, weil sie so nervös war. Daher erklärte sie ihm die Zusammenhänge, damit er verstand, warum sie etwas getan hatte, was sie unter normalen Umständen nie tun würde.

Als sie ihm von ihrem Vater und seiner Frau sowie Bitsy Wellington und ihren Freundinnen erzählt hatte, schloss sie: „Tabby und ich wollten also nur sicherstellen, dass die Frau unseres Vaters deine Dienste nicht in Anspruch nimmt. Nur traute meine Schwester sich nicht zu, ganz selbstlos zu handeln. Ich schon.“

„Aha. Und alles, was hinterher zwischen uns beiden geschah, passierte nur, weil du dich selbst falsch eingeschätzt hast?“

„Ja.“ Sie legte ihm eine Hand auf die Brust und spürte seinen kräftigen Herzschlag. „Alles, was danach passierte, geschah nur, weil ich mich zu dir hingezogen fühlte. Ich wollte dich. Und ich will dich immer noch.“

Er kam näher, bis ihre Körper sich berührten. Er lachte leise und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. „Oh Maddy, du verrückte Frau. Wie kannst du gleichzeitig so klug sein und solchen Unsinn im Kopf haben?“

Sie widerstand dem Impuls, sich an ihn zu schmiegen. War das ein Ja von ihm? Ein Nein?

„Ich werde dein Geld nicht nehmen.“

„Oh doch, das wirst du. Du musst. Ich bestehe darauf, sonst gibt es keine Abmachung.“

Er hielt inne. „Das ist nicht dein Ernst.“

„Und ob. Ich habe mein Scheckheft dabei und beabsichtige, dich im Voraus zu bezahlen, sobald du zugestimmt hast.“

„Soll das heißen, du wirst mich nicht mehr wiedersehen, wenn ich nicht ja sage? Du willst mich kaufen, aber nicht richtig mit mir zusammen sein? Ist dir eigentlich klar, wie verrückt das klingt?“

Ja, das war ihr klar. Es war tatsächlich verrückt und passte so wenig zu ihr, dass sie sich kaum wiedererkannte. Trotzdem blieb sie dabei. Nur musste sie noch die Grundregeln für die dreißig Tage aufstellen, damit sie heil aus der Sache herauskam und ihre Gefühle schützte.

„Es läuft entweder so oder gar nicht“, sagte sie entschlossen. „Ich bin nicht auf der Suche nach einem … Freund.“

Sein Blick war vielsagend.

„Oder nach einem echten Liebhaber.“

„Den hast du aber längst.“

„Nein, wir haben eine geschäftliche Beziehung zu beiderseitigem Vorteil.“

Darüber musste er lachen.

„Und was sagst du?“, drängte sie ihn.

„Ich werde dir nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen können“, antwortete er. „Ich habe noch andere Verpflichtungen und viel zu tun.“ Als ihre Miene sich verfinsterte, fügte er schnell hinzu: „Falls wir uns einigen, werde ich dir selbstverständlich garantieren, dass ich zu niemandem sonst sexuelle Kontakte unterhalten werde. Aber ich brauche dennoch Zeit für mich.“

Natürlich hatte er ein Privatleben. Jeder hatte eins. Sie wusste bereits, dass er eine Familie hatte, irgendwo. Möglicherweise hatte er tatsächlich noch andere Kundinnen, die er begleitete, ohne mit ihnen zu schlafen. Damit konnte sie leben – zumindest hoffte sie das.

„Einverstanden.“

„Wenn ich deinen Vorschlag annehme, wirst du nicht allein das Kommando haben.“ Er musterte sie mit einem sinnlichen Blick, von ihrem vom Wind zerzausten Haar bis hinunter zu ihrem hautengen Top. „Du bezahlst zwar für meine Aufmerksamkeit, wenn wir zusammen sind, aber ich entscheide, wie die aussehen wird.“

Maddy erschauerte ein wenig. „Ebenfalls einverstanden.“

„Noch etwas.“

„Ja?“

„Wenn ich in dieser Zeit mit sonst niemandem zusammen bin, bist du es auch nicht.“

Diese Forderung überraschte sie, und sie fragte sich, ob er vielleicht auch diesen eigenartigen Gefühlsmix für sie empfand, den sie verspürte. Sie nickte langsam. „Okay. Heißt das …“

„Ja, ich nehme an, das heißt es.“ Er drückte sie an sich. „Wir haben einen Deal, Madeline Turner.“

Er sah ihr einen Moment in die Augen, dann presste er seine Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss auf ihre, um die Abmachung zu besiegeln.

Ein anständiger Mann hätte Maddy sofort die Wahrheit gesagt und sie aufgehalten, noch bevor sie dieses Angebot machen konnte. Jake aber hatte den Mund gehalten und sich „kaufen“ lassen.

Anscheinend hatten die Veranstalter der Auktion die Daten zweier Kandidaten vertauscht. Er fragte sich, wie es dem Kerl ergangen war, der als Chicagoer Feuerwehrmann ersteigert worden war und Bier und Baseball angeboten hatte. Bei der Vorstellung, wie der eigentliche Gigolo sich dabei fühlte, musste er lachen.

„Wunderbar, nicht wahr?“, fragte Maddy, während sie durch das glatte Wasser glitten. Die Sonne schien, doch war es wegen der steten Brise in den Segeln nicht zu heiß.

Jedenfalls bis er Maddy anschaute, die inzwischen ihr Top ausgezogen hatte und jetzt nur noch weiße Shorts und ein knappes rotes Bikinioberteil trug, das ihre Rundungen kaum bändigen konnte.

„Du liebst das hier wirklich, was?“, rief er und beobachtete, wie sie das Gesicht in den Wind hielt.

„Ja, das tue ich. Und du? Alles in Ordnung mit dir? Manche Leute werden seekrank.“

„Mir geht es gut.“ Er hatte sich auf dem Weg zum Jachthafen Reisetabletten besorgt.

„Gut.“

Maddy wollte sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden, doch Jake nahm ihr das Band aus der Hand.

„He!“

„Ich mag, wie der Wind durch dein Haar fährt“, erklärte er.

Sie befeuchtete sich die Lippen, protestierte aber nicht mehr. Das Haar blieb offen.

Sie glitten noch eine Stunde über das Wasser, ohne viel zu reden, dann holte Maddy die Segel ein. „Hast du Hunger?“, erkundigte sie sich.„Ich habe etwas zu essen mitgenommen. Wir könnten für eine Weile Pause machen und essen.“

„Du meinst, wir schalten auf Autopilot und beschäftigen uns anderweitig?“

Sie lachte, und es klang ein wenig atemlos. „Ja, so ungefähr.“ Sie deutete zur Kabine. „Auf der Ablage steht eine Tüte, eine weitere im Kühlschrank. Würdest du beide bitte holen?“

Jake tat ihr den Gefallen und spähte dabei in die Tüte auf der Arbeitsfläche. Darin befanden sich frisches Brot, Cracker und eine Packung Kondome. Er nahm die Tüten, außerdem eine Flasche Champagner und zwei Gläser und brachte alles an Deck.

„Du bist gut vorbereitet“, bemerkte er und stellte die Lebensmittel zwischen zwei Liegestühle. „Du musst dir ziemlich sicher gewesen sein, dass ich deinem Vorschlag zustimme.“

„Ursprünglich hatte ich geplant, dich hier auf dem Wasser zu verführen und mit Essen und Alkohol zu verwöhnen, bevor ich dich frage“, gestand sie.

„Wenn du die Shorts ausgezogen hättest, hätte es wohl funktioniert.“

Lachend öffnete sie den Reißverschluss, ließ das Kleidungsstück aus weißer Baumwolle zu Boden fallen und kickte es mit dem Fuß weg.

„Gütiger Himmel“, flüsterte er, schob sich seine Sonnenbrille auf den Kopf und betrachtete ihre wundervollen femininen Rundungen. „Oh ja, es hätte funktioniert.“

Maddy nahm eine Weintraube aus einer der Tüten, schob sie sich in den Mund und machte es sich auf einem der Liegestühle bequem. „Ich weiß, aber ich konnte es nicht.“

Er war so fasziniert von ihrem Anblick, dass er nicht nach dem Grund fragte.

Sie erklärte es trotzdem. „Ich wollte, dass du wirklich über meine Idee nachdenkst und nicht dazu verführt wirst, sie zu akzeptieren.“ Mit einem verschmitzten Lächeln fügte sie hinzu: „Wenn du abgelehnt hättest, hätte ich dich vielleicht mit dem Boot entführt und versucht, deine Meinung zu ändern.“

„Wenn ich abgelehnt hätte, hätte ich es verdient, auf der Stelle tot umzufallen.“ Jake setzte sich ans Fußende ihres Liegestuhls. „Hast du wirklich gedacht, ich würde nein zu diesem Angebot sagen?“

„Das hättest du fast, oder?“

Ja, das hätte er fast. Zumindest bis er die ganze Geschichte gehört und verstanden hatte, warum sie ihn wie einen Gigolo behandelte. Dann war er amüsiert gewesen und hatte ihr die Wahrheit sagen wollen. Er wollte ihr erklären, dass er bloß ein Rettungssanitäter war und es ihm ein Vergnügen wäre, die nächsten dreißig Tage mit ihr zu verbringen.

Ihre strikte Weigerung, ihn ohne Bezahlung auch nur in ihre Nähe zu lassen, hatte diese Idee rasch wieder zunichtegemacht. Er wurde aus ihren Beweggründen nicht ganz schlau, aber er hatte eine Ahnung, was sie antrieb.

Maddy hatte wegen des Verhaltens und der Äußerungen ihres Vaters und ihrer Schwester diese unsichtbare Mauer um sich errichtet. Dazu beigetragen hatten mit Sicherheit auch all die emotional abgestumpften Leuten, mit denen sie sich ihr Leben lang umgeben hatte. Außerdem hatte sie eine schmerzliche Beziehung hinter sich, von der sie zwar noch kein Wort erzählt hatte, die es aber zweifellos gegeben hatte, davon war er überzeugt.

Deshalb schützte sie sich auf die einzige Art, die sie kannte – hinter viel Geld und Distanziertheit. Er hätte sie gern in den Arm genommen und ihr versichert, dass nicht alle Männer so waren wie der, der ihr wehgetan hatte. Sie sollte wissen, dass sie ihm vertrauen konnte und dass er nicht der war, für den sie ihn hielt.

Andererseits wollte er nicht riskieren, dass sie dann nichts mehr von ihm wissen wollte. Nur aus diesem Grund machte er das Spiel weiter mit.

„Ich habe dein Angebot angenommen, und jetzt bin ich hier“, sagte er schließlich.

„Darüber bin ich sehr froh.“ Sie nahm ihre Sonnenbrille ab, und Jake beugte sich zu ihr hinunter, um Maddy zu küssen. Er schmeckte den Saft der Traube auf ihren Lippen und überließ sich ganz dem warmen sinnlichen Gefühl, das er seit ihrer gemeinsamen Nacht vermisst hatte.

Maddy veränderte ein wenig ihre Haltung auf dem Liegestuhl, aber er merkte erst, dass sie den Verschluss ihres Bikinioberteils geöffnet hatte, als es in ihren Schoß fiel. Er löste sich von ihr, um ihre vollen Brüste zu betrachten. Dann griff er nach der Sonnenmilch, mit der sie sich zu Beginn der Bootsfahrt eingecremt hatten. „Ich sollte dich lieber noch ein wenig eincremen, damit du keinen Sonnenbrand bekommst.“

„Danke, dass du um mein Wohlbefinden besorgt bist“, erwiderte sie mit einem provozierenden Funkeln in den Augen.

Jake verrieb einen Klecks der milchig weißen, nach Zitrone und Kokosnuss duftenden Flüssigkeit aus der Flasche zwischen seinen Handflächen und cremte Maddys Brüste damit ein. Sie legte den Kopf in den Nacken und seufzte.

Ihre Brustspitzen richteten sich auf, und er widmete ihnen besondere Aufmerksamkeit, indem er sacht an ihnen zupfte. „Jake“, hauchte Maddy, „mehr, bitte.“

„Ich bin noch nicht fertig.“ Er streichelte sie weiter, enthielt ihr jedoch die intimeren Liebkosungen vor, nach denen sie sich verzehrte. Sie musste lernen, geduldig zu sein.

Als er sich hinunterbeugte und eine ihrer Brustwarzen mit der Zunge umspielte, sog Maddy scharf die Luft ein. „Ja!“

Er streichelte ihre von der Sonnencreme schlüpfrige Brust und saugte an der aufgerichteten Knospe, sanft zuerst, dann heftiger, als Maddy sich ihm entgegenbog.

„Bitte“, meinte sie stöhnend und strich ihm mit ihren Fingern durch das Haar.

Jake unterbrach seine sinnlichen Zärtlichkeiten, um ein Badehandtuch auf dem Deck auszubreiten, da der Liegestuhl wegen der Lehnen zu eng war. Er bot ihr die Hand und half ihr beim Aufstehen. Dann sank er langsam vor ihr auf die Knie, wobei er eine Reihe heißer kleiner Küsse auf ihre nackte Haut drückte. Er zog ihr den Bikinislip herunter und schmiegte das Gesicht in die seidigen Löckchen zwischen ihren Schenkeln.

Sie ließ die Hände auf seine Schultern fallen und hauchte: „Tu es, bitte.“

Lächelnd begann er, sie mit der Zunge zu reizen. Maddys Fingernägel bohrten sich in seine Muskeln.

Er umfasste einen ihrer Knöchel und stellte ihren Fuß auf den Liegestuhl, damit er sie noch besser verwöhnen konnte.

Maddy gab ein tiefes, verzweifeltes Stöhnen von sich. „Ich glaube, der Boden würde jetzt auch wanken, wenn wir an Land wären.“

Jake umfasste ihre Hüften und stellte sie so, dass er sie in aller Ruhe mit seiner Zunge und seinem Mund erforschen konnte, unaufhörlich und unnachgiebig, bis er nach kurzer Zeit hörte, wie sie mit einem Schrei zum Orgasmus gelangte.

„Wunderschön“, flüsterte er, das Gesicht an ihre Oberschenkel geschmiegt, während er beobachtete, wie sie auf dem Höhepunkt der Lust erschauerte.

Schließlich zog er sie auf das Handtuch. Sie streckte sich aus und räkelte sich behaglich. Für gewöhnlich gefiel es ihm besser, sich Zeit zu nehmen, doch diesmal wollte er den Augenblick mit ihr erleben und die Lust auskosten. Daher machte er sich nicht einmal die Mühe, seine Badehose ganz auszuziehen. Er riss mit den Zähnen ein Kondompäckchen auf, streifte sich das Kondom über und drängte sich behutsam zwischen Maddys Beine. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Lippen geöffnet.

Geschmeidig drang er in sie ein und beobachtete, wie sich ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. Sie machte die Augen auf und sah ihn an, während er begann, sich in einem sinnlichen Rhythmus zu bewegen. Ihr Körper reagierte, sodass er sich wie in einer heißen, samtweichen Faust gefangen fühlte.

Die Sonne schien heiß auf seinen Rücken, und nur gelegentlich brachte eine Brise Kühlung und sorgte für ein sanftes Auf und Ab des Bootes im Einklang mit ihren Bewegungen.

Maddys Atem ging stoßweise, ihre Wangen röteten sich. Plötzlich wollte er ihr wunderschönes Gesicht über sich sehen, daher rollte er auf den Rücken und zog sie auf sich.

Maddy hob ihr Haar an, um ihre Haut zu kühlen, und gab einen sinnlichen Laut von sich. Er war benommen von ihrer Schönheit. Sie saß rittlings auf ihm, fast regungslos, und genoss die neue Position. Er umfasste ihre Brüste und streichelte die aufgerichteten Brustwarzen, während sie anfing, sich langsam zu bewegen. Mit einer Selbstbeherrschung, die er bei ihr nicht vermutet hatte, richtete sie sich auf, bis er fast aus ihr herausglitt. Er spürte die Brise kühl an seinem Glied, bevor Maddy wieder herabsank und ihre Wärme ihn von Neuem umgab.

„Du hast begriffen, wie gut es sein kann, wenn man es nicht übereilt“, stellte er lächelnd fest.

Sie nickte. „Ja, ich lerne schnell.“

„Freut mich, das zu hören.“

Vielleicht war sie bereit, noch ein paar Dinge von ihm zu lernen, die nichts mit sinnlichen Augenblicken wie diesem zu tun hatten. Vielleicht würde sie ihm eines Tages erlauben, ihr ein wenig mehr über Beziehungen beizubringen, über Romantik und die Liebe.

Ihm blieben dreißig Tage Zeit, um es zu versuchen. Und dies war schon mal ein sehr guter Anfang.

9. KAPITEL

In den nächsten Tagen erlebte Maddy wieder, wie es war, eine Frau zu sein – eine sinnliche, erotische Frau und nicht nur die Arbeitsbiene in der Bank, die pflichtbewusste Tochter oder die solidarische Schwester.

Sie und Jake hatten das ganze Wochenende miteinander auf dem Boot verbracht und waren auf dem See geblieben, statt an Land zu gehen. Was für Verpflichtungen er auch haben mochte, Samstag und Sonntag schienen wenigstens seine freien Tage zu sein. Sie redeten und lachten viel, und sie liebten sich. Am Montag verschwand er mit der Begründung, er habe an den nächsten zwei Tagen zu tun, es handele sich um eine erneute Achtundvierzig-Stunden-Verpflichtung, und sie würden sich in ein paar Tagen wiedersehen.

Sie zwang sich, nicht daran zu denken, wo er sein könnte, mit wem er zusammen war und was er tat. Jake hatte ihr zwar sein Wort gegeben, dass er keinen sexuellen Kontakt mit einer anderen Person haben würde, aber das hieß nicht, dass er nicht jemanden treffen konnte. Beruflich oder privat.

Nein, er hätte die Abmachung nicht akzeptiert, wenn er mit jemandem eine Beziehung hätte. Abgesehen davon konnte sie ohnehin nichts unternehmen, sie musste ihm einfach vertrauen.

Und das tat sie auch. Er hatte ihren Scheck genommen, was sie einerseits erleichtert und ihr andererseits ein wenig das Herz gebrochen hatte. Überwiegend war sie froh gewesen, weil das ihren Handel besiegelte. Nach der Enttäuschung mit Oliver zweifelte sie an ihrer Menschenkenntnis im Hinblick auf Männer, nicht aber an ihrem beruflichen Urteilsvermögen. Sie war überzeugt, dass Jake seinen Teil der Abmachung einhalten würde.

Das hatte ihr geholfen, die achtundvierzig Stunden zu überstehen. Mittwochabend waren dann all ihre Sorgen zerstreut worden, als er mit einer DVD und einer großen Tüte Popcorn auftauchte und verkündete, sie würden sich einen gemütlichen Filmabend machen.

Da sie nur mit einem türkisfarbenen Teddy bekleidet war, entschied er, dass der Film warten konnte.

Sie liebten sich wild und leidenschaftlich auf dem Wohnzimmerteppich, und wieder einmal war Maddy von der Geduld und Ausdauer dieses Mannes verblüfft gewesen. Am Ende waren sie vor der Fensterfront mit Blick auf die blinkenden Lichter der Großstadt gelandet.

Jake hatte hinter ihr gekniet, während über ihnen die Sterne und der riesige orangefarbene Mond leuchteten. Am nächsten Tag hatte sie die zahlreichen Handabdrücke auf dem Glas entdeckt.

Zwei Nächte lang vergnügten sie sich. Sie lachten viel, flüsterten miteinander und gaben sich einander hin. Dann verschwand er wieder für zwei Nächte, bis zum Sonntag. Nun war Maddy auf dem Weg zu einem Restaurant in ihrer Gegend, in dem sie sich treffen wollten.

Eigentlich hatte Jake zu ihr kommen wollen, doch sein letzter Besuch hatte sie gelehrt, dass sie dann bis zum nächsten Morgen nicht zum Essen kommen würden.

Außerdem blieb ihnen noch die ganze Nacht, und sie wollte mit ihm ausgehen, als wären sie ein ganz normales Paar.

Aber das seid ihr nicht, meldete sich ihre innere Stimme tadelnd.

„Ja, ja“, sagte sie, während sie pünktlich um sieben Uhr das Restaurant betrat und nach den vertrauten breiten Schultern Ausschau hielt.

„Was?“

Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Jake in der Eingangshalle stand, bis er zu ihr trat und ihren Arm berührte.

„Hallo“, begrüßte er sie.

„Selber hallo.“ Obwohl sie unter Leuten waren, gab er ihr einen Kuss und schmiegte anschließend zärtlich seine Nase an ihre.

„Wollen wir uns einen Tisch geben lassen?“

„Unbedingt! Ich komme um vor Hunger.“

„Heißt das, du wirst nicht nur Salat essen?“

Maddy stieß ihm auf dem Weg zum Empfangspult den Ellbogen in die Rippen. Bevor sie dort ankamen, klingelte jedoch Jakes Handy. „Ich werde es ausschalten“, versprach er. „Ich habe heute Nacht keine Bereitschaft …“

Maddy hob die Hand, bevor er weiterreden konnte, denn sie wollte lieber nichts von seinen Aktivitäten ohne sie hören.

„Oje“, sagte er, als er die Nummer auf dem Display las. „Diesen Anruf sollte ich wohl entgegennehmen.“

Maddy bat die Hostess lächelnd um einen Tisch für zwei Personen, während Jake in eine Ecke ging, um ungestört zu telefonieren. Sie wollte nicht hinhören, konnte aber nicht verhindern, dass sie einige Brocken des Gesprächs aufschnappte. Worte wie „Kleines“ und „Schätzchen, es wird alles wieder gut … du weißt doch, dass ich für dich da bin“ ließen sie aufhorchen.

Die Worte waren schon schlimm genug, aber sein sanfter Ton machte ihr noch mehr zu schaffen. Die Vorstellung, dass er in diesem Ton mit einer anderen Frau sprach, gefiel ihr ganz und gar nicht.

„Wissen Sie was? Geben Sie den Tisch einfach jemand anderem“, wandte sie sich an die Hostess, da ihr der Appetit gründlich vergangen war.

„Das ist eine gute Idee“, bemerkte Jake, der sein Handy zuklappte. „Wir müssen nämlich weg.“

„Wir? Bist du dir sicher, dass du nicht allein wegmusst? Ich komme schon allein nach Hause – schließlich bin ich mit meinem eigenen Wagen hier.“

Er führte sie nach draußen. „Nein, ich lasse dich nicht gehen. Dafür habe ich mich zu sehr auf unser Treffen gefreut. Es wird nicht lange dauern. Das hoffe ich zumindest.“

„Jake, wenn du dich mit einer anderen … Kundin treffen musst, wäre ich lieber nicht dabei. Ich bin nicht der Typ Frau, der im Wagen wartet, während du irgendeiner Mrs. Robinson erklärst, weshalb du ihr heute Abend nicht zur Verfügung stehst.“

Er starrte sie perplex an. „Du glaubst, ich will dich zu einem Treffen mit einer Kundin mitnehmen?“

„Du klangst so zärtlich am Telefon, da nahm ich an …“

„Das war meine kleine Schwester Jenny. Sie hatte gerade einen heftigen Krach mit ihrem Freund. Er ist weggefahren und hat sie am Navy Pier stehen lassen. Sie weinte und bat mich, sie abzuholen und zum Studentenwohnheim zurückzubringen.“

Jake schüttelte den Kopf. Die Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen. „Tut mir leid“, sagte sie. „Manchmal kann ich wirklich blöd sein. Ich werde nach Hause fahren, und du kannst mich später anrufen, falls du möchtest.“

Sie wollte zu ihrem Wagen gehen, aber Jake hielt sie fest und zog sie an sich, um sie zu küssen. „Halt den Mund und fahr mich. In meinem Pick-up ist nicht genug Platz. Du hast wenigstens einen schmalen Rücksitz. Wir kümmern uns um Jenny und fahren anschließend zu dir.“ Er küsste sie erneut, diesmal hart und leidenschaftlich. Dann sagte er: „Dort wirst du für dein mangelndes Vertrauen in mich büßen.“

Maddy lächelte. Sie war unendlich erleichtert, dass sie den Abend doch nicht ruiniert hatte. Noch bevor sie vom Parklatz gefahren waren, kehrte ihre gute Stimmung zurück. „Und wie wirst du mich büßen lassen?“

„Indem ich dich foltere“, antwortete er.

„Ach, und wie?“

„Ich weiß, dass es dich verrückt macht, wenn ich es langsam angehen lasse. Tja, heute Nacht werde ich mir besonders viel Zeit lassen.“

Ein Schauer überlief sie. „Du Unhold.“

„Ja, das bin ich.“ Er legte ihr eine Hand auf den Oberschenkel. „Fahr schnell, ja? Sie hörte sich ziemlich verzweifelt an.“

„Du sagtest, sie sei jünger als du. Wie alt ist sie?“

„Zwanzig. Wir sind acht Jahre auseinander. Meine älteren Schwestern und ich nennen sie den ‚Unfall‘.“

Er war also achtundzwanzig – genauso alt wie sie. „Warum ruft sie dich an und nicht eine von ihren Schwestern?“

„Weil es ihr peinlich ist. Meine Schwestern können ihren Freund nicht leiden und würden ihr nur vorhalten, dass sie sie gewarnt haben. Und meine Eltern würden ihm Vorhaltungen machen, falls sie wieder zusammenkommen. Was, wie ich Jenny kenne, nicht lange auf sich warten lassen wird.“

„Aber du magst den Kerl?“

„Um Himmels willen, nein. Er ist ein fauler Mistkerl. Ich kann ihn nicht ausstehen.“

„Warum ruft sie dich dann an?“

„Weil sie nicht weiß, dass ich ihn nicht ausstehen kann. Ich halte meinen Mund und kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten.“

„Im Gegensatz zu deinen Schwestern und Frauen ganz allgemein. Das meinst du doch, oder?“, neckte sie ihn.

„Das behauptest du. Übrigens wäre es mir lieber, wenn du ihr gegenüber unser Arrangement nicht erwähnst. Meine Familie weiß nichts …“

„Schon gut, ich war bloß zum Abendessen mit dir verabredet.“ Seine Bitte bot einen willkommenen Anlass, ihn ein wenig auszuhorchen. „Wird deine Familie es nicht seltsam finden, dass du mit mir zusammen bist? Ich meine, es gibt doch keine feste Freundin in deinem Leben?“

Er lachte. „Nein, ich war schon lange mit niemandem zusammen.“

Sie wollte lieber nicht weiter darüber nachdenken, weshalb es sie so erleichterte, dass er keine Freundin hatte.

„Und Maddy, du bist nicht bloß meine Verabredung zum Abendessen“, sagte er mit leiser, zärtlicher Stimme. „Du bist viel mehr.“

Sie hielt den Blick auf die Straße gerichtet und musste sich ein zufriedenes Lächeln verkneifen.

Jake war längst auch viel mehr für sie.

„Warum sind Männer solche Armleuchter?“

„Ich habe dir schon immer gesagt, dass alle Männer Schweine sind“, erwiderte Jake.

„Du nicht!“ Jenny rutschte auf dem schmalen Rücksitz nach vorn und beugte sich zwischen Maddy und Jake. „Das ist er nicht, oder?“

„Ganz bestimmt nicht“, versicherte Maddy ihr und meldete sich damit zum ersten Mal zu Wort. Allerdings hatte sie bis jetzt auch noch keine Gelegenheit dazu gehabt. Sie hatten Jenny vor einigen Minuten aufgelesen, und seitdem hatte sie geweint und ihr Leid geklagt.

„Wer sind Sie eigentlich?“, fragte die junge Frau jetzt, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte. „Ist das Ihr Auto? Es ist klasse. Jake, ist sie deine Freundin? Wie lange seid ihr schon zusammen?“ Sie seufzte dramatisch. „Oh nein, ich habe euer Date gestört, nicht wahr? Warum ist er nur ein solcher Armleuchter?“ Sie warf sich wieder in den Rücksitz.

„Das ist Madeline Turner. Ich habe sie dir vorgestellt, als du eingestiegen bist“, meinte Jake amüsiert.

Jenny schniefte. „Tut mir leid. Da habe ich nicht zugehört.“

„Was du nicht sagst.“

„Macht ja nichts“, sagte Maddy. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, auch wenn die Umstände eher traurig sind.“

„Männer sind blöd.“

„Stimmt.“ Maddy warf Jake einen entschuldigenden Blick zu. „Manche jedenfalls.“

„Jake nicht, das weiß ich“, sagte seine kleine Schwester. „Er ist klasse. Ich glaube, es liegt daran, dass er Schwestern hat. Meiner Meinung nach sollte eine Frau sich nur einen Mann suchen, der Schwestern hat, denn der hat gelernt, wie man eine Frau behandeln muss.“

Maddy lachte. „Man kann jedenfalls nicht bestreiten, dass Ihr Bruder ein echter Gentleman ist. Hm, und wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir ein, dass mein Ex ein Einzelkind war.“

„Sehen Sie?“, rief Jenny. „Toby auch.“

Jake wollte mehr über Maddys Ex hören, um mehr über sie zu erfahren. „Erzähl mir von diesem Ex“, bat er sie daher.

„Oho, so weit seid ihr in eurer Beziehung noch nicht, was?“, rief Jenny von hinten. „Nur Sex-Talk, kein Ex-Talk.“

„Wenn du nicht still bist, hetze ich dir Heather und Blair auf den Hals“, warnte er sie.

Die Warnung zeigte Wirkung. „Sorry. Erzählen Sie nur, Maddy. Was war mit Ihrem Ex? Hat er Sie betrogen?“, wollte Jenny wissen.

Diesmal tadelte Jake sie nicht, denn das war genau die Frage, die er auch am liebsten gestellt hätte.

Maddy seufzte. „Oh ja, Oliver hat mich betrogen.“

Jenny schnappte erschrocken nach Luft. „Du meine Güte, er hat Sie doch nicht mit einem Kerl betrogen?“

Das brachte Maddy zum Lachen. „Nein, wie kommen Sie denn auf so etwas?“

„Na ja, der Kerl heißt Oliver. Nur Eltern, die sich unbedingt einen schwulen Sohn wünschen, nennen ihr Kind Oliver!“

Jake prustete los, worauf Maddy ihm einen Seitenblick zuwarf.

„Soweit ich weiß, beschränkten sich seine Seitensprünge auf Skihasen und Cocktailkellnerinnen.“

„Aber Sie sehen so toll aus“, meinte Jenny empört. „Warum sollte ein Mann das tun?“

Maddy wollte wie üblich nicht wahrhaben, dass sie eine schöne und begehrenswerte Frau war. „Er mochte große dünne Blondinen mit langen Beinen.“

„Vielleicht hätte er es mit einem Albino-Windhund versuchen sollen“, bemerkte Jake, angewidert von diesem Oliver.

„Genau“, pflichtete Jenny ihm bei.

„Ich vermute, es war bei ihm eine Mischung aus Unreife, Egoismus und Gier“, räumte Maddy ein. „Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ihm an meinen Verbindungen und dem Geld meiner Familie mehr lag als an mir.“

„Sie ist reich?“, rief Jenny.

„Halt den Mund“, ermahnte Jake sie.

Seine Schwester gehorchte.

„Er war ein verwöhnter reicher Junge, der sich nahm, was er wollte und wann immer er es wollte“, erzählte Maddy weiter. „Für kurze Zeit wollte er mich, aber dann änderte er seine Meinung und schaute sich anderweitig um – ohne mir etwas davon zu sagen.“

„Wie haben Sie es herausgefunden?“

Maddy stellte im Rückspiegel Blickkontakt zu Jenny her. „Er fuhr in den Skiurlaub, und ich wollte ihn mit einem Besuch überraschen. Das mit der Überraschung klappte auch.“

„Haben Sie ihn etwa ertappt, als er …“

„Jenny“, unterbrach Jake sie, „das ist ein bisschen zu persönlich.“

„Verzeihung, aber das ist ja entmutigend. Wenn Ihnen das passieren kann, kann es jeden treffen.“

„Ach, rückblickend gesehen, war es gut so“, sagte Maddy zu seiner Überraschung. „Er war definitiv nicht der Richtige für mich.“

Das war ein Fortschritt – immerhin räumte sie inzwischen die Möglichkeit ein, dass es den richtigen Mann für sie geben könnte.

„Und ich weiß, dass es nicht an mir lag und dass nicht alle Männer so sind. Er war einfach charakterschwach.“

„Das kann man wohl sagen!“, meinte Jenny.

„Inzwischen bin ich darüber hinweg, nur verkehrt er dummerweise in meinen Kreisen, sodass ich ihn gelegentlich noch sehe.“

„Wird er auch zur Hochzeit kommen?“,fragte Jake. Die Vorstellung gefiel ihm.

„Ich hoffe nicht. Mein Vater würde durchdrehen. Ich glaube, er war noch wütender auf Oliver als ich. Und wenn Dad nicht den Fußboden mit ihm aufwischt, wird Tabitha ihn mit einer Salatgabel ausweiden.“ Sie warf Jenny erneut einen Blick im Rückspiegel zu und erklärte: „Meine ältere Schwester heiratet Sonntag, und Jake ist mein Begleiter.“

„Du spielst den Begleiter auf der Hochzeit von reichen Leuten?“ Jenny schnaubte und wollte noch mehr sagen, doch Jake kam ihr zuvor, da er befürchtete, dass sie eine Anspielung auf seinen Job machen würde.

„Vielleicht begleitet Maddy mich zu Blairs Hochzeit.“

„Oje, erinnere mich bloß nicht daran. Hast du die Kleider der Brautjungfern gesehen, für die sie sich entschieden hat?“ Jenny steckte sich einen Finger in den Mund und machte Würgegeräusche. Dann wandte sie sich wieder an Maddy. „Sind Sie Brautjungfer?“

„Ja.“

„Hat Ihre Schwester auch so hässliche Kleider ausgesucht?“

Maddy lachte. „Nein, ehrlich gesagt ist das Kleid, das ich tragen werde, wunderschön – für jemanden mit Tabbys Figur.“

„Und das heißt?“

„Das heißt, ich werde mich hineinzwängen müssen und kann nur hoffen, dass ich drinbleibe. Ich habe seit der Pubertät kein trägerloses und rückenfreies Kleid mehr getragen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber was soll’s, es ist ihre Hochzeit, und es ist ein wirklich schönes Kleid. Ich werde einfach versuchen, nicht zu atmen. Und ich werde mich auf keinen Fall bücken. Es ist viel zu freizügig für jemanden mit meiner Figur.“

„Ich wette, Sie sehen umwerfend darin aus“, sagte Jenny. „Was ich von mir bestimmt nicht behaupten kann.“

Jake konnte es jedenfalls kaum erwarten, Maddy in diesem Kleid zu sehen.

10. KAPITEL

Da Jake einige Extraschichten arbeiten musste, als Ausgleich für die freien Tage, die er brauchte, um Maddy zur Hochzeitsprobe und am kommenden Nachmittag zur Hochzeit zu begleiten, hatten sie sich einige Tage nicht getroffen. Jetzt konnte er es kaum erwarten, sie wiederzusehen. Sie war wie eine Droge, und er musste sich eingestehen, dass er noch nie zuvor für jemanden so empfunden hatte.

„Du verlierst langsam die Kontrolle“, murmelte er vor sich hin, während er Formulare für einen Patienten ausfüllte, den er und sein Kollege gerade im Krankenhaus abgeliefert hatten.

„Sind Sie Mr. Wallace?“,fragte eine stämmige Frau mit kurzen grauen Haaren und sachlicher Miene ihn.

„Ja, der bin ich.“

„Detective Harriet Stiles.“ Sie zeigte ihm ihre Dienstmarke. „Mein Partner nimmt gerade die Aussage Ihres Kollegen draußen im Krankenwagen auf.“ Dann stellte sie die üblichen Routinefragen, da es sich bei dem letzten Patienten um das Opfer einer Schießerei handelte.

Als die Befragung beendet war, klappte Detective Stiles ihr Notizbuch zu und nickte.

„Fertig?“, erkundigte sich ihr Kollege, ein dunkelhaariger Polizist, der zu ihnen getreten war.

„Sieht ganz danach aus. Und du?“

„Ja.“

„Mr. Wallace, dies ist mein Partner, Detective Santori“,stellte sie den Mann vor.

„Freut mich, Sie kennenzulernen. Hm, der Name kommt mir vage bekannt vor“, sagte Jake.

Der andere lachte. „Ja, es gibt viele von uns.“

Plötzlich fiel Jake ein, woher er den Namen kannte. Die Frau von der Wohltätigkeitsorganisation, die ihm geholfen hatte, Madeline aufzuspüren, hieß Santori.

„Ich habe vor einigen Wochen eine Frau namens Santori bei einer Versteigerung für wohltätige Zwecke kennengelernt. Ich glaube, sie hieß Nicole mit Vornamen.“

Die Miene des anderen verhärtete sich ein wenig. „Reden Sie von meiner Frau Noelle? Sie hat das Programm ‚Give A Kid A Christmas‘ gegründet.“

Jetzt begriff Jake die Reaktion des Polizisten, denn er erinnerte sich daran, dass dessen Frau sehr hübsch war. Er hob beide Hände. „He, nichts für ungut. Ich frage nur, weil ich ihr etwas ausrichten lassen möchte. Es hat nämlich eine gravierende Verwechslung an dem Abend im Programm gegeben.“

Santori entspannte sich. „Sie wird nicht begeistert sein, das zu hören.“

„Es ging ja alles gut aus – zumindest für mich.“

„Hört sich ganz nach einem verliebten Mann an“, bemerkte Detective Stiles und gab ein tiefes Schnauben von sich. Sie sah nicht aus wie der romantische Typ.

Verdammt, dachte Jake, wahrscheinlich habe ich auch noch ein verliebtes Grinsen im Gesicht. Aber im Grunde war es ihm egal. Schließlich war er tatsächlich verliebt.

„Wie gesagt, ich kann mich nicht beklagen. Allerdings weiß ich nicht, wie es dem Junggesellen ergangen ist, mit dem ich im Programmheft verwechselt wurde und der meine Biografie bekommen hat. Wer immer ihn ersteigert hat, erwartete einen einfachen Rettungssanitäter. Den dürfte die Frau nicht bekommen haben.“

„Ich verstehe“, sagte Santori amüsiert. Die Lachfältchen um seine Augen verrieten Jake, dass der Detective ein umgänglicher Typ war, wenn er nicht gerade der Meinung war, wegen seiner Frau zum Alphamännchen werden zu müssen. „Noelle erzählte mir von einigen der kostspieligeren Männer an diesem Abend.“

Jake hatte keine Ahnung, ob der echte Gigolo kostspielig war oder nicht. Er wusste nur, dass der Kandidat eine Frau höchstwahrscheinlich nicht zu Bier und Baseball einladen würde. Wer auch immer ihn ersteigert hatte, würde also eine ziemliche Überraschung erlebt haben.

„Wie dem auch sei, ich wollte nur, dass sie es weiß. Ich glaube, wir waren die Kandidaten neunzehn und zwanzig.“

„Ich werde es ihr ausrichten. Danke für die Information.“ Er schüttelte Jake die Hand. „Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Mr. Wallace. Meine Frau war begeistert über die Summe, die an diesem Abend zusammenkam.“ Grinsend fügte er hinzu: „Aber es hörte sich an, als wären die Männer ganz schön durch die Mangel gedreht worden.“

Jake bestätigte das stöhnend. „Das können Sie sich nicht vorstellen. Jedenfalls weiß ich jetzt, wie sich ein Stück Kuchen beim Treffen der Weight Watchers fühlen muss.“

Die beiden Polizisten zogen grinsend ab. Jake wusste, dass der Tag für die beiden nicht nur amüsant weitergehen würde.

Als sie schon ein paar Schritte entfernt waren, fiel ihm etwas ein. „Warten Sie!“, rief er, zückte seine Brieftasche und nahm ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus, das er dort seit dem Segeltrip mit Maddy aufbewahrte.

Sie hatte gesagt, es sei ihr egal, was er mit dem Geld mache. Aber sie hatte darauf bestanden, dass er den Scheck einlöste, weil das zu ihrer Abmachung gehörte.

„Ich möchte gern noch einen Betrag spenden“, erklärte er und zweifelte keine Sekunde daran, das Richtige zu tun. „Können Sie den Ihrer Frau geben?“

„Selbstverständlich.“

Jake borgte sich einen Kugelschreiber und las zum ersten Mal die Summe. Zum Glück hatte er ihn nicht verloren, denn Maddy hatte zwar den Betrag, aber keinen Namen eingetragen. Als wäre sie nicht sicher gewesen, ob er beruflich einen anderen Namen verwendete oder ob er das Einkommen verheimlichen wollte. Na fabelhaft. Die Frau hielt ihn entweder für einen Steuerbetrüger oder einen Selbstständigen aus dem Sexgewerbe.

Er trug den Namen der Wohltätigkeitsorganisation ein und gab den Scheck dem Polizisten. Dabei stellte er sich Noelle Santoris Gesicht vor, wenn sie die Summe las. Der Detective wollte den Scheck achtlos in die Tasche stopfen.

„Vielleicht sollten Sie den lieber in Ihrer Brieftasche aufbewahren“, schlug Jake vor.

„Was?“ Santori warf einen Blick darauf. „Heiliger Strohsack.“

„Er ist echt.“

„Das hoffe ich. Welcher Idiot würde denn einen gefälschten Scheck für bedürftige Kinder einem Polizisten anvertrauen?“

Santoris Kollegin spähte ihm über die Schulter und stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Nett.“

Sehr nett. Und sehr lohnend. Jetzt, wo er den Scheck los war, fühlte Jake sich gleich leichter.

Um dreißigtausend leichter.

Die Probe für die Hochzeitszeremonie begann um sieben, das Abendessen sollte im Anschluss daran in einem netten Restaurant in einem der Hotels stattfinden, die der Familie des Bräutigams gehörten. Jetzt war es fünf, und Maddy und Jake mussten bald los, wenn sie es durch die Freitags-Rushhour pünktlich schaffen wollten.

Aber kaum hatte Jake den Fahrstuhl verlassen und ihr Apartment betreten, sprang Maddy ihn buchstäblich an. Sie warf sich ihm in die Arme, schlang die Beine um seine Taille und küsste ihn stürmisch.

„Du hast mir so gefehlt“, flüsterte sie, als sie eine Pause machte, damit sie beide Luft holen konnten.

„Du mir auch.“ Er hatte einen Arm um sie gelegt, während er mit der anderen Hand ihren Po umfasste, und ging mit ihr direkt auf ihr Schlafzimmer zu. „Wir kommen zu spät.“

„Tabby ist noch nie irgendwo pünktlich gewesen“, erwiderte Maddy und ließ den dünnen Seidenbademantel von ihren Schultern gleiten. Sie hätte schon für den Abend gekleidet sein können, wie Jake, der einen dunkelblauen Anzug, ein gestärktes weißes Hemd und eine Krawatte trug. Stattdessen hatte sie nur die Unterwäsche angezogen, die sie unter ihrem neuen Cocktailkleid tragen wollte, und sich dabei ausgemalt, wie Jake sie ihr wieder auszog „Zu ihrer ersten Hochzeit ist sie eine ganze Stunde zu spät gekommen.“

„Dann wird Tabby wohl nichts dagegen haben, wenn wir mit ein paar Minuten Verspätung bei ihrer Probe auftauchen.“

Maddy legte sich auf das Bett, ein Bein ausgestreckt, das andere einladend angewinkelt. Eine Hand lag auf ihrem Bauch, mit der anderen strich sie durch ihr langes Haar, während sie ihm einen sinnlichen Blick zuwarf, der keinen Zweifel daran ließ, was sie wollte. „Nur ein paar Minuten?“

„Nach dreieinhalb Tagen ohne dich will ich endlich wieder etwas von dir haben“, murmelte Jake, zog sein Jackett aus und warf es auf einen Sessel. „Können wir das Essen nicht ganz ausfallen lassen?“

„Ich wünschte, wir könnten, aber ich bin Brautjungfer.“

„Nun, dann amüsieren wir uns jetzt ein wenig und machen später weiter, bis wir morgen zur Hochzeit müssen.“

Seine Worte ließen sie erschauern. „Abgemacht.“

Als Nächstes lockerte Jake seine Krawatte, wobei er sich mehr Zeit ließ, als diese einfache Aufgabe erforderte.

„Nur zu deiner Information: Das geht ein bisschen zu langsam.“

„Ich sagte ja auch, wir amüsieren uns jetzt nur ein wenig“, neckte er sie.

„Beeil dich“, befahl sie und wand sich auf dem Bett.

„Auf keinen Fall. So sehr stehen wir nicht unter Zeitdruck, dass ich mich bei etwas abhetze, wovon ich tagelang fantasiert habe.“

Er hatte von ihr fantasiert, als sie getrennt waren. Es war schön, das zu hören, aber es stillte nun einmal nicht ihr heftiges Verlangen. „Hast du noch nie etwas von einem Quickie gehört?“

„Doch, und ich will einen. Vielleicht morgen, bei der Hochzeit.“ Er zwinkerte. „Wollen wir uns in der Garderobe treffen?“

Allein die Vorstellung erregte sie. „Das klingt unglaublich verlockend“, räumte sie ein. „Aber es wird schon schwierig genug für mich, in dieses Kleid hineinzukommen, da werde ich es bestimmt nicht während der Feier ausziehen.“

Er öffnete den untersten Knopf seines Hemdes und beobachtete, wie sie ihm dabei zusah. „Ich werde dir helfen, dich wieder herzurichten.“

Nachdem er sie zerzaust hatte.

„Das dürfte bei dem Kleid schwierig werden, es sei denn, du hast eine Brechstange dabei, damit ich hineinkomme, und Klebeband, damit es sitzt.“

„Vielleicht will ich ja gar nicht, dass dich andere Männer in diesem Kleid sehen.“ Seine Miene verfinsterte sich, und er hielt inne.

War er eifersüchtig? Der Gedanke ließ ihr Herz schneller schlagen. „Die werden es nur sehen. Du hingegen wirst der Einzige sein, der dabei ist, wenn ich es ausziehe.“

„Damit werde ich mich wohl zufriedengeben müssen.“ Er betrachtete ihre Beine. Die Strümpfe. Die Strapse. Den winzigen schwarzen Slip. „Zurück zu unserem Quickie. Du müsstest dir nicht zwangläufig Sorgen wegen des Kleides machen. Zieh einfach das an, was du jetzt anhast.“ Mit einem provozierenden Lächeln fügte er hinzu: „Nur lass den Slip weg, dann werde ich das Kleid einfach hochheben und dich im Stehen an der Garderobenwand nehmen.“

Ein sinnliches Prickeln überlief sie, doch er schien sich der süßen Qualen, die er ihr mit seinen Worten bereitete, nicht bewusst zu sein. Er ließ sich weiter viel Zeit und hatte sie noch nicht einmal angerührt, seit er sie aufs Bett geworfen hatte. Immerhin machte er mit den Knöpfen an seinem Hemd weiter.

Sie malte sich die Szene, die er geschildert hatte, aus und meinte: „Kannst du dir vorstellen, hinterher so zu tun, als sei nichts geschehen?“

„Es wird genauso sein wie heute Abend auch.“

Sie sah ihn verwirrt an.

Ein zärtlicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Der Gedanke, dass dieser Blick ihr galt, ließ ihr Herz schneller schlagen.

„Oh, Liebes, du hast keine Ahnung, wie du aussiehst, nachdem wir miteinander geschlafen haben. Du hast dann noch Stunden später diesen glücklichen Ausdruck im Gesicht.“

Gütiger Himmel, er verstand es wirklich wie kein Mann vor ihm, sie mit seinen wundervollen Worten zu berühren.

„Heute Abend wirst du dieses sanfte Lächeln im Gesicht haben und dieses Leuchten in den Augen. Deine Haut wird leicht gerötet sein, deine Reaktionen etwas langsamer und verträumter, als wärst du zwar körperlich anwesend, im Geiste aber noch hier im Bett.“

Maddy schloss die Augen, damit er nicht sah, welche Wirkung diese Worte auf sie hatten und was sie für ihn empfand. Als sie wieder sprechen konnte, sagte sie: „Jake, ich bin glücklich, dass wir uns kennengelernt haben.“

„Ich auch“, gestand er.

Ihre Blicke trafen sich und verrieten die Gefühle des anderen. In diesem Moment wusste Maddy, dass ihre Beziehung eine neue Qualität erreicht hatte. Sie spürte es genau. Und zu ihrer grenzenlosen Überraschung machte ihr das kein bisschen Angst.

Doch ihr blieb ohnehin keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, und schon gar nicht, darüber zu reden. Daher konzentrierte sie sich lieber auf die Tatsache, dass Jake nach wie vor vollständig angezogen war.

„Zurück zu unserer knappen Zeit“, meinte sie. „Wenn du dich nicht endlich ausziehst, werde ich dir die Sachen vom Leib reißen.“

„Dann hätte ich heute Abend nichts zum Anziehen“, gab er zu bedenken. „Du wirst also geduldig sein müssen.“

Wie schaffte dieser Mann es, sie komplett um den Verstand zu bringen, während er völlig beherrscht blieb, fragte sie sich. Hier lag sie wie ein „Penthouse“-Playmate, und der Kerl hatte noch nicht einmal seinen Gürtel geöffnet.

„Kann ich nicht irgendetwas tun, damit es schneller geht?“

Er schüttelte den Kopf.

„Vielleicht sollte ich schon mal ohne dich anfangen.“

„Ja, vielleicht.“

Das war eine Herausforderung. Und möglicherweise eine sexy Aufforderung.

Maddy nahm sie an und ließ die Finger langsam über ihre vollen Brüste gleiten. Durch den Stoff des BHs hindurch rieb sie eine der bereits aufgerichteten Brustwarzen. Dann streifte sie einen der BH-Träger von ihrer Schulter und gab auf diese Weise eine ihrer Brüste Jakes Blicken preis.

Er stöhnte auf, und der Gürtel glitt einen Tick schneller durch die Schlaufen seiner Hose.

„Hm“, meinte sie seufzend und zupfte sacht an der Brustspitze. Sie genoss das Verlangen in seinem Blick, deshalb schob sie auch den anderen Träger hinunter, zog den BH-Verschluss nach vorn und hakte ihn auf.

„Jedes Mal, wenn ich dich ansehe, raubst du mir den Atem“, flüsterte Jake und verschlang sie mit seinen Blicken.

Aber er hatte immer noch seine Hose an.

„Weißt du, was ich schon immer ausprobieren wollte, Jake?“

„Ich fürchte mich fast zu fragen.“

Da sie wusste, wie sehr er von ihren Brüsten fasziniert war, hatte er auch allen Grund dazu.

Sie setzte sich auf, rutschte zur Bettkante und schlang die Beine um seine. Den rauen Hosenstoff an ihren Seidenstrümpfen zu spüren steigerte ihre Erregung. Maddy griff nach seinem Hosenbund und zog langsam den Reißverschluss auf. Seine Erektion wölbte sich ihr entgegen. Jake hinderte Maddy nicht, sondern beobachtete sie lediglich.

Sie hatte ihn schon oft mit dem Mund verwöhnt und wusste, dass er es liebte. Sie wusste auch, dass er das jetzt erwartete.

Nur war es nicht das, was er bekommen würde.

Sie schob den Slip zusammen mit der Hose hinunter und blies sacht auf die seidige Haut seines aufgerichteten Gliedes. Doch statt ihn mit ihren Lippen zu liebkosen, rutschte sie noch näher an ihn heran, so nah, dass ihre Brustwarzen die feinen Härchen auf seinem flachen Bauch streiften. Sie spürte, wie das Blut in seinen Adern pulsierte.

„Du lieber Himmel“, sagte er mit gepresster Stimme, als er ihre Absicht durchschaute.

Sie umfasste seinen knackigen Po mit beiden Händen und drückte Jake an sich, sodass sein Glied zwischen ihren vollen Brüsten lag, die es warm umschlossen. Seine Muskeln spannten sich reflexartig an, und er bog ihr das Becken entgegen, wodurch sein Penis an ihren Brüsten entlangglitt.

„Maddy“, stöhnte er und schob seine Finger in ihr Haar. Sie sah zu ihm auf, befeuchtete sich die Lippen und stöhnte ebenfalls, während er sich weiter in einem sinnlichen Rhythmus vor und zurück bewegte.

„Ich habe nicht gewusst, wie wundervoll sich das anfühlt“, hauchte sie und gestand damit ein, dass sie etwas Neues ausprobierte.

Diese Erkenntnis schien ihn noch mehr zu erregen, denn er warf in Ekstase den Kopf in den Nacken, sodass die Sehnen und Muskeln an seinem Hals hervortraten.

Maddy war sich nicht sicher, wie weit das, was sie tat, gehen würde. So, wie sie Jake kannte, näherte er sich noch nicht dem Höhepunkt. Abgesehen davon war sie nicht so selbstlos, darauf zu verzichten, ihn in sich zu spüren. Trotzdem gefiel ihr sehr, was sie taten, besonders, da er ein wenig von seiner legendären Selbstbeherrschung einzubüßen schien. Seine Finger waren in ihr Haar gekrallt, sein Atem ging stoßweise.

„Ich will dich jetzt richtig spüren“, sagte er und drückte sie sanft auf das Bett hinunter.

„Ich wünschte, du würdest es endlich tun“, erwiderte sie voller Sehnsucht.

Doch statt sich auf sie zu legen, blieb er zwischen ihren gespreizten Schenkeln stehen. Er nahm ein Kondom aus der Hosentasche, riss die Packung auf und streifte es sich rasch über.

Dann hakte er geschickt ihren Strumpfhalter auf, um ihr den Slip auszuziehen. Er warf ihn zur Seite und drang mit seinen Fingern in sie ein. Als er feststellte, wie feucht sie bereits war, schien er fast seinen letzten Rest Selbstbeherrschung zu verlieren. „Ich kann nicht glauben, dass ich das tue, ohne dir mehr zu geben.“

„Bitte nimm mich“, forderte sie ihn auf.

Er ließ sich nicht zweimal bitten, sondern legte sich ihre Beine auf seine breiten Schultern, hob ihr Becken ein wenig an und drang mit einer einzigen Bewegung tief in sie ein. Sie spreizte die Beine weiter, um ihn aufzunehmen und zu spüren, wie er sie eroberte.

Überwältigt von der Intensität dieser Vereinigung, schrie Maddy auf.

Er hielt inne. „Ist alles in Ordnung mit dir?“

Er berührte ihr Gesicht und strich mit dem Daumen über ihre geöffneten Lippen. Sie biss ihn zärtlich und bog sich ihm entgegen. „Solange du nicht aufhörst, ja.“

„Dann werde ich besser nicht aufhören.“

Er fing an, sich in einem erregenden Rhythmus zu bewegen. Da er mit beiden Füßen auf dem Boden stand, hatte er vollkommene Kontrolle über seine Bewegungen. Maddy genoss jede Sekunde und gab lustvolle leise Schrei von sich, wenn er das Tempo beschleunigte, und protestierte, sobald er langsamer wurde.

Als er schließlich begann, zusätzlich ihre kleine Knospe zu reiben, kam sie innerhalb kürzester Zeit zum Höhepunkt. Nur Sekunden später hatte auch er einen Orgasmus und sank anschließend erschöpft auf sie. Eng umschlungen schliefen sie beide ein.

11. KAPITEL

Sie kamen zu spät, allerdings nur ein bisschen, obwohl sie nach dem Sex eingeschlafen und erst zwanzig Minuten vor Beginn des Abendessens für die an der Hochzeitsprobe beteiligten Gäste wieder aufgewacht waren. Jake machte hinter dem Steuer von Maddys Wagen so viel Zeit wie möglich wieder gut, trotzdem fuhren sie erst um Viertel vor acht auf den Parkplatz vor der Kirche.

„Mist“, flüsterte Maddy beim Anblick der anderen Autos. Dann meinte sie hoffnungsvoll: „Ich sehe Tabbys Cabrio nirgends. Vielleicht ist sie noch gar nicht hier.“

Sie kann auch mit ihrem Vater gefahren sein, mit ihrem Verlobten oder sonst einem Teilnehmer der Feier, dachte Jake. Aber er hütete sich, es laut auszusprechen.

In der Kirche kam ihnen jedoch Maddys besorgter Vater entgegen und bestätigte ihre Vermutung.

„Ist Tabitha mit euch gekommen?“

„Nein.“ Maddy sah zu den Gästen, die sich im Eingangsbereich drängten, dann drehte sie sich zu der geschlossenen Doppeltür um, durch die sie gerade hereingekommen waren.

„Bitte sag mir, dass deine Schwester das nicht schon wieder macht“, sagte ihr Vater.

„Schon wieder?“, fragte Jake, bis ihm einfiel, dass Maddy ihm mindestens von einer geplatzten Verlobung ihrer Schwester erzählt hatte.

„Hast du sie angerufen?“, wollte Maddy wissen.

„Natürlich. Jeder hat sie inzwischen angerufen.“

„Wo ist Bradley?“

„Er kam auch zu spät“, erklärte Jason Turner und schien erst jetzt Jake wahrzunehmen. Er bedachte ihn mit einem freundlichen Lächeln. Offenbar war er begeistert, ihn in Begleitung seiner Tochter zu sehen, trotz seiner Sorgen wegen der anderen Tochter. „Er kam vor fünfzehn Minuten hier an und verschwand sofort im Büro des Pfarrers, ohne mit irgendwem ein Wort zu wechseln, nicht einmal mit seinen Eltern.“

Das klang ungewöhnlich und alarmierend. In dem Moment ging hinter ihnen die Tür auf, und Jason Turners Miene hellte sich auf.

„Es tut mir schrecklich leid!“, rief die Braut, eine schlanke, blonde Frau, die äußerlich nicht allzu viel Ähnlichkeit mit Maddy hatte. „Es gab ein Problem mit dem Hummer für morgen und mit den Springbrunnen und dem Feuerwerk.“

Du liebe Zeit, dachte Jake. Hummer, Springbrunnen und Feuerwerk. War das eine Hochzeit oder ein Staatsakt?

„Ist Bradley da?“, wollte sie in kühlerem Ton wissen.

„Natürlich“, antwortete ihr Vater und nahm ihren Arm, um sie nach vorn zu führen. „Aber sei beruhigt, er kam auch zu spät.“

„Ich weiß“, sagte Tabitha, deren Haltung plötzlich steif wurde und deren Schultern angespannt wirkten, als müsste sie sich auf ein Martyrium vorbereiten. Jake wunderte sich, was mit ihr los war. Schlichter Ärger schien es nicht zu sein.

Weder ihr Vater noch Maddy bemerkte etwas davon. Dazu waren sie viel zu erleichtert darüber, dass Tabitha doch noch aufgetaucht war. Abgesehen davon, kamen sie nicht mehr dazu, irgendetwas zu äußern, da Tabitha losmarschierte, in der Erwartung, dass sich die Menge vor ihr teilen würde. Was sie auch tat.

Es war genauso, wie Maddy es beschrieben hatte. Tabby entsprach ganz dem Bild der ichbezogenen Frau, das er sich von ihr gemacht hatte. Wahrscheinlich ließ sie alle absichtlich warten, damit sie einen großen Auftritt hatte.

Während der kurzen Probe, die Jake vom hinteren Teil der Kirche aus beobachtete, machte er sich Gedanken über die Schwingungen, die einige Leute aussandten. Maddy nicht. Sie freute sich einfach nur für ihre Schwester. Sie war wunderschön, und ihr Wangen noch leicht gerötet nach ihrem Liebesakt.

Er beobachtete sie auf dem Weg zum Altar und wunderte sich, welche Bilder das in seinem Kopf auslöste, obwohl er eigentlich weglaufen sollte von all den reichen Leuten, die vermutlich an einem Tag so viel verdienten wie er in einem Jahr.

Aber sie konnten es schaffen, er und Maddy. Er liebte sie, das war ihm mittlerweile klar, und er hoffte, dass sie seine Gefühle erwiderte. Das war alles, worauf es ankam, nur musste er sich das immer wieder ins Gedächtnis rufen.

Zwar galt seine Aufmerksamkeit vor allem der Frau, mit der er gekommen war, trotzdem entging ihm nicht, dass mit dem Hochzeitspaar etwas nicht stimmte. Tabithas Lachen war einen Tick zu fröhlich, ihre Fröhlichkeit wirkte gezwungen. Der Bräutigam dagegen war zu schweigsam.

Irgendetwas stimmte mit den beiden nicht. Jake fragte sich, ob das vielleicht nur ein Außenstehender mitbekam, für den bei dem High-Society-Ereignis nichts auf dem Spiel stand. Im Wagen, auf dem Weg zum Dinner, erwähnte er Maddy gegenüber seine Beobachtungen.

„Was? Machst du Witze? Tabitha ist absolut glücklich.“

Wie Glück war ihm das nicht vorgekommen. Andererseits war das schmallippige Lächeln ihrer Schwester vielleicht typisch für sie. Vielleicht leuchteten ihre Augen nie, und vielleicht ließ sie die Schultern nur deshalb hängen, weil sie erschöpft war von den Hochzeitsvorbereitungen.

Aber er bezweifelte das.

„Ich kann nicht glauben, dass ich vergessen habe, dich vorzustellen.“ Maddy klang aufrichtig zerknirscht. „Das werde ich gleich nachholen, sobald wir im Hotel sind.“

Dem Hotel, das dem Vater des Bräutigams gehörte, wie Jake sich erinnerte. „Ja, und vergiss nicht, mich auch deiner Stiefmutter vorzustellen. Ich will sichergehen, dass ich mit ihr fertig werde. Nur für alle Fälle …“

„Ich habe dir ja schon gesagt, dass ich sie gewarnt habe, du würdest hier sein.“

In der Kirche war das kein Problem gewesen, da die Stiefmutter der Braut gar nicht aufgetaucht war. Zum Dinner würde Deborah aber laut Maddys Vater auf jeden Fall kommen.

„Sie und ich hatten neulich kaum Zeit, miteinander zu sprechen, aber ich habe sie informiert.“ Maddys Miene verhärtete sich. „Sie wird nichts sagen, was mein Vater zufällig mitbekommen könnte, denn das würde sie ernsthaft in Schwierigkeiten bringen.“

„Ich weiß“, sagte er. Maddys Stiefmutter war ihm reichlich egal, einmal abgesehen davon, dass er nicht wollte, dass jemand Jason Turner, der ihm sympathisch war, wehtat.

Auch war es ihm ziemlich egal, was die anderen verwöhnten reichen Frauen, die sich an ihn von der Auktion erinnern würden, von ihm hielten. Für sie wäre er bloß ein Lover zum Spielen. Nur die Meinung eines Menschen zählte für ihn, und der saß im Moment neben ihm.

Maddy verdiente es, die Wahrheit zu erfahren, das war ihm seit Tagen klar. Aber besonders klar geworden war ihm das an diesem Abend, in jenen Momenten, bevor sie miteinander geschlafen hatten, als sie einander in die Augen sahen, in denen zu lesen war, was keiner von ihnen auszusprechen wagte.

Er liebte sie, vorbehaltlos, bedingungslos, ohne Wenn und Aber. Und in ihren Augen las er wie schon in den vergangenen Tagen, sobald sie zusammen gewesen waren, dass sie das Gleiche für ihn empfand. Ob sie ihn jedoch genug liebte, um über die Tatsache hinwegzusehen, dass er sie belogen hatte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass er angesichts seiner Gefühle für sie diese Scharade nicht weiterspielen konnte. Er konnte an diesem Abendessen mit ihrer Familie und ihren Freunden nicht teilnehmen und ihr weiterhin etwas vorgaukeln.

„Ich muss mit dir reden, Maddy“, eröffnete er ihr daher, wobei er den Blick auf die Straße gerichtet hielt. „Bevor wir zu diesem Essen gehen, solltest du ein paar Dinge wissen.“

Anspannung erfasste sie, das spürte er deutlich. Die Atmosphäre im Wagen veränderte sich. Vermutlich hatte Maddy schon so oft schlechte Erfahrungen gemacht, dass sie mit dem Schlimmsten rechnete und sich dagegen wappnete.

Jake bemühte sich daher, wenigstens zu Anfang unbeschwert zu klingen. „Ich hoffe, du hast genug Geld auf deinem Bankkonto, denn dein Scheck wird in den nächsten Tagen eingelöst werden.“

Sie atmete hörbar aus, und ihre Erleichterung sagte einiges darüber, wie düster ihre Erwartungen gewesen sein mochten.

„Gut“, sagte sie und fügte lachend hinzu: „Der Scheck wird jedenfalls ganz sicher nicht platzen.“

Wohl kaum. „Du musst übrigens den Beleg aufbewahren für die Steuer.“

„Warum?“ Sie legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel. „Kann man solche Dinge inzwischen steuerlich absetzen?“

Er hob ihre Hand an seine Lippen und küsste sie. „Nein, das nicht. Aber ich habe ihn auf die Wohltätigkeitsorganisation ‚Give A Kid A Christmas‘ ausgestellt.“

Erneute Anspannung erfasste sie, doch zog sie die Hand nicht weg. Oh, süße Maddy, dachte er. Er wusste ziemlich genau, was ihr durch den Kopf ging. Sie fragte sich, ob sie wütend sein sollte oder eher hoffnungsvoll.

„Na ja, ich habe dir gesagt, du kannst mit dem Geld machen, was du willst.“ Sie klang nicht kühl, sondern wachsam, da sie längst ahnte, dass das noch nicht alles war.

„Niemals würde ich Geld nehmen, um mit dir zusammen zu sein.“

„Jake …“

Er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Lass es mich bitte erklären. Ich würde von keiner Frau jemals Geld nehmen, weil ich mit ihr zusammen bin, aber ganz besonders nicht von dir.“

Jetzt zog sie ihre Hand zurück. Sie hatten eine Ampel erreicht und waren nur noch wenige Blocks vom Hotel entfernt. Jake sah Maddy an. Sie schien aus seinen Worten nicht schlau zu werden.

„Ich kann dir nicht ganz folgen“, sagte sie.

Also erklärte er es ihr. „Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Ich weiß nicht, wie das passiert ist, jedenfalls hat es bei der Auktion eine Verwechslung gegeben. Ich bin nicht Junggeselle Nummer neunzehn, sondern Nummer zwanzig.“

„Was?“

„Ich meine, ich war natürlich Nummer neunzehn, aber das war nicht meine Biografie unter dem Foto im Programmheft. Das bin ich nicht. Ich bin nicht der Mann, den du an diesem Abend ersteigern wolltest.“ Er achtete nicht darauf, dass die Ampel umsprang. Viel wichtiger war, dass Maddy die Zusammenhänge verstand. „Das war nicht ich.“

Sie brauchte einige Sekunden, bis sie begriff, dann starrte sie ihn mit offenem Mund an. „Du meine Güte.“

„Ja, das kann man wohl sagen.“

„Du bist nicht …“

„Nein.“

„Ich habe dich verwechselt mit …“

„Ja.“

„Ist dein Name Jake Wallace?“

„Selbstverständlich. Ich bin der Mann, den du seit jenem Abend kennengelernt hast. Das Einzige, was du nicht weißt, ist, dass ich als Rettungssanitäter bei der Stadt Chicago angestellt bin. Ich bin kein ‚internationaler Playboy und Liebhaber der Frauen‘, wie es im Programmheft hieß.“ Oder ein Gigolo, fügte er im Stillen hinzu.

Hinter ihnen hupte jemand, und Jake merkte endlich, dass er den Verkehr aufhielt. Er gab Gas. Vor ihnen tauchte das hohe Hotelgebäude auf. Maddy schwieg und saß zurückgelehnt in ihrem Sitz, während er in die Tiefgarage fuhr, statt am Hoteleingang zu halten und den Wagen von einem Bediensteten parken zu lassen.

Sie waren noch nicht fertig. Sie waren zu spät zur Probe gekommen, dann konnten sie auch zu spät zum Essen kommen.

Maddy wartete, bis er eingeparkt hatte, bevor sie ihn mit dem Vorwurf konfrontierte, mit dem er gerechnet hatte. „Du hast mich angelogen.“

„Ich weiß.“ Es gab nichts, was er zu seiner Verteidigung vorbringen konnte.

„Du hast mich einfach in dem Glauben gelassen, du seist ein anderer. Du hast zugelassen, dass ich mich zum Narren mache und schreckliche Dinge über dich glaube.“

Er streckte eine Hand nach ihr aus, doch sie wich zurück. „Ja, ich weiß. Aber nicht von Anfang an. Nenn mich begriffsstutzig, aber mir wurde erst auf dem Segelboot klar, was los war, als du mir sagtest, du wüsstest alles über mich.“

Eher verzweifelt als wütend meinte sie: „Es tut mir leid. Du lieber Himmel, wie abstoßend und verwöhnt muss ich mich angehört haben.“

„Glaub mir, als du an dem Morgen diese Dinge sagtest, war ich wirklich wütend. Dein Angebot hat mich völlig verblüfft, bis mir dämmerte, für wen und was du mich hältst.“

„Und dann? Was passierte dann?“, fragte sie und kam damit zum wichtigsten Teil der Geschichte, denn nun musste er ihr erklären, wieso er ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte. Außerdem musste er sie von der Aufrichtigkeit seiner Gefühle überzeugen.

Doch bevor er dazu kam, klopfte jemand an die Scheibe der Beifahrertür. Zu ihrer Überraschung stand die Braut höchstpersönlich vor ihnen. Sie biss sich auf die Unterlippe und wirkte ganz und gar nicht wie eine überglückliche Frau, die den Mann ihrer Träume heiratet.

„Verdammt“, sagte Jake. „Wir müssen diese Unterhaltung später fortsetzen.“

„Ich weiß.“

„Kannst du ihr nicht sagen, dass wir noch ein paar Minuten brauchen?“

Maddy ließ per Knopfdruck die Scheibe herunter. „Hallo, Tabby. Kannst du uns noch …“

„Ich muss mit dir reden.“

Oh, Junge, dachte Jake. Die Braut wirkte noch nervöser und fahriger als in der Kirche.

„Es tut mir so leid, Maddy, aber oben sind zwei Leute, die du ganz sicher nicht sehen willst.“ Tabby warf Jake ein kurzes Lächeln zu und wandte sich dann wieder an ihre Schwester. „Ich könnte meinem zukünftigen Schwiegervater den Hals umdrehen. Ich habe auf euch gewartet, um euch zu warnen. Ich bin echt froh, dass ihr euch entschlossen habt, hier unten zu parken, sodass uns noch ein Moment Zeit bleibt.“

„Was ist denn los? Wer ist oben?“

„Bitsy.“

„Oje.“

„Genau. Sie kennt Bradleys Familie. Wie dem auch sei, Mr. Kent entdeckte sie im Restaurant und lud sie gleich zur Feier ein. Deborah war natürlich entzückt.“

Maddy warf Jake einen Blick zu.„Bitsy ist eine der Freundinnen meiner Stiefmutter. Sie war auch da. An jenem Abend.“

„Na das wird ja immer besser“, bemerkte Jake.

„Nein, es wird immer schlimmer“, meinte Tabitha. „Bitsy ist nicht allein. Sie war in Begleitung, dieses üble Weib. Niemandem fiel es auf, bis sie sich an den Tisch setzten. Ich habe Bradley gesagt, er soll sie rauswerfen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber er meinte, so etwas Unhöfliches könne er nicht tun.“

Jake merkte ihr an, dass die Weigerung ihres Verlobten ihr wehgetan hatte. Dadurch wurde sie ihm ein bisschen sympathischer, denn schließlich hatte sie in Sorge um Maddy gehandelt. Nur wusste er nach wie vor nicht, wer Bitsys unerwünschter Begleiter war.

„Ich wette, das hat diese Hexe absichtlich gemacht“, meinte Tabitha. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht wusste, dass unser Dinner hier stattfindet. Und sie liebt es, für Ärger und Unruhe zu sorgen.“

Maddy verlor offenbar die Geduld. „Was hat sie denn getan? Mit wem ist sie hier? Würdest du mir das bitte endlich verraten?“

„Es ist Oliver. Er und Bitsy sitzen oben im Restaurant, wo alle auf euch warten.“

Als Maddy einige Minuten nach Tabithas schockierender Nachricht mit Jake zum Fahrstuhl ging, spürte sie sein stummes Angebot, ihr beizustehen. Allerdings wirkte er aufgewühlt und wütend, geradezu bereit, sich auf Handgreiflichkeiten einzulassen.

„Ich weiß, dass du mich jetzt lieber nicht dabeihaben willst“, sagte er finster. „Aber ich werde dich die Höhle des Löwen nicht allein betreten lassen. Außerdem werden wir unser Gespräch fortsetzen, sobald das Essen vorbei ist.“

Er hatte leise gesprochen, damit Tabitha, die ein paar Schritte vor ihnen ging, es nicht mitbekam.

„Ich möchte dich dabeihaben, Jake.“ So sehr, dass es ihr Angst machte. Aber das konnte sie nur sich selbst eingestehen, nicht ihm. So viel Macht über sie durfte sie ihm nicht geben, zumindest noch nicht. Nicht bevor sie ihre Unterhaltung beendet hatten. Denn Tatsache war, dass sie ihn nicht nur an diesem Abend dabeihaben wollte, sondern für immer. Trotz allem.

Vielleicht sogar gerade deswegen. Zwar war sie wütend und verlegen wegen der Sache, doch sie konnte nicht leugnen, dass Jake nicht wegen des Geldes bei ihr geblieben war. Er hatte nie Geld von einer Frau genommen. Sich in einen Mann zu verlieben, der Menschen rettete, war viel leichter, als sich in einen zu verlieben, der Sex für Geld anbot.

Vielleicht konnte er doch der Mann ihrer Träume sein.

Andererseits hatte er sie belogen, daher sollte sie sich nicht zu große Hoffnungen machen.

„Ich kann es kaum erwarten, diesen Dreckskerl zu treffen“, meinte Jake mit zusammengebissenen Zähnen.

„Oliver ist mir vollkommen egal. Er ist nichts. Und glaub bloß nicht, du müsstest mich beschützen“, warnte sie ihn. „Der Kerl ist die ganze Mühe nicht wert.“

„Wir werden sehen.“

Sein Beschützerinstinkt war rührend, aber völlig überflüssig. Sie würde mit ihrem Ex sehr gut allein fertig werden. Sie konnte mit fast allem allein fertig werden.

Nur nicht damit, dass Jake sie verließ. Schon gar nicht, bevor sie alles herausgefunden hatte, was sie über ihn wissen musste.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“

Seine Frage bezog sich nicht auf Oliver, das wusste sie.

„Ich will noch immer eine Erklärung“, flüsterte sie. „Und wir werden unsere Unterhaltung weiterführen. Aber ich kann dich nun einmal nicht hassen, wenn die ganze Sache auf meine blöden Familiendramen und ein Missverständnis zurückzuführen ist.“

Allerdings wollte sie erfahren, wieso er sie in dem Glauben gelassen hatte, sie würde ihn für einen Monat „kaufen“. Das war peinlich für sie. Andererseits hatte er sie in den letzten zwei Wochen glücklicher gemacht, als sie je zuvor in ihrem Leben gewesen war. Wie sollte sie da wütend auf ihn sein?

Tabby erreichte den Fahrstuhl und drückte ungeduldig den Knopf. Maddy legte eine Hand auf Jakes Arm, um ihn aufzuhalten. In seinen Augen lag ein zärtlicher, ja sogar liebevoller Ausdruck.

Er hatte es nicht ausgesprochen. Er hatte nicht gesagt, dass er sie aus Liebe in dem Glauben gelassen hatte, er sei ein Gigolo. Ausgerechnet dieser wundervolle, witzige, nachdenkliche, gelassene Mann. Und wie hatte sie das überhaupt glauben können, nachdem sie ihn besser kannte?

Nachdem sie sich in ihn verliebt hatte?

„Danke, dass du mir die Wahrheit gesagt und nicht bis zum Ende der dreißig Tage gewartet hast.“

„Ich bereue, dass ich dreizehn Tage gewartet habe“, gestand er und streichelte ihre Wange. Behutsam strich er mit dem Daumen über eine ihrer Augenbrauen, als wollte er sie sich einprägen. „Danke, dass du deswegen nicht gleich mit mir Schluss gemacht hast. Ich …“

Autor

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Leslie Kelly ist als Romance-Autorin bekannt für ihre zauberhaften Charaktere, die geistreichen Dialoge und ihren frechen Humor. Das hat ihr 2006 den Romantic Times Award und weitere Award-Nominierungen eingebracht. Seit Erscheinen ihres ersten Buches 1999 hat sie mehr als dreißig sexy-freche Liebesgeschichten für Harlequin geschrieben.

Leslie lebt mit ihrem persönlichen...
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