Julia Kiss Band 15

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Okay, abgemacht: Liz hilft Charlie beim Schreiben eines Liebesromans. Ein Deal mit ungeahnten Folgen. Denn alle Theorie ist grau! Richtig gut kann Charlies Buch nur werden, wenn er alles über romantische Verabredungen, heiße Küsse und sinnliche Nächte hautnah erlebt - mit Liz …

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  • Erscheinungstag 17.04.2020
  • Bandnummer 15
  • ISBN / Artikelnummer 9783733715465
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Dianne Drake, Dawn Atkins, Jennifer McKinlay

JULIA KISS BAND 15

PROLOG

„Das kann doch jeder.“ Charlie Whitaker schenkte seiner Schwester sein berühmtes Ich-kenn-mich-aus-Grinsen und nippte an seinem Martini mit drei Oliven.

„Das sagen alle.“ Charlene lächelte boshaft, als sie ihre Autoschlüssel vor seiner Nase baumeln ließ. „Und sie irren sich, Charlie, genauso wie du.“ Sie klimperte erneut mit den Schlüsseln, um ein wenig Salz in seine frischen Wunden zu streuen, und steckte sie dann wieder in ihre winzige, schwarze Häkeltasche.

„Das kann ich sogar im Schlaf“, schnaubte er, „und ich garantiere dir, dass es genauso gut wird wie alles, was du bisher auf den Tisch bekommen hast.“

„Das, lieber Bruder, habe ich schon tausend Mal gehört.“ Sie zog die Nase kraus. „Wenn ich du wäre, würde ich es lassen. Erspar dir diese … erneute Peinlichkeit.“

Charlie schüttelte den Kopf. „Peinlichkeit? Du machst wohl Witze. Ich schreib so was problemlos mit einem auf dem Rücken festgeschnallten Arm.“ Er trank seinen Martini aus und bedeutete dem Ober, eine weitere Runde zu bringen. „Meinetwegen sogar der rechte, obwohl ich Rechtshänder bin.“

„Ja, klar. Das alte Lied.“ Charlene lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Worum wollen wir diesmal wetten – ich gehe doch davon aus, dass du wetten willst, oder nicht? Lass dir was Gutes einfallen, die ganze Sache beginnt mich zu langweilen.“

„Ich wette um alles, was dein kleines Herz begehrt, Schwesterlein. Einfach alles.“

„Wenn du mich fragst, klingt das ganz schön arrogant. Speziell bei deiner Vorgeschichte.“ Sie klopfte bedeutungsvoll auf ihre Tasche.

Charlie nahm den Plastikspieß mit den Oliven aus dem Martiniglas und reichte ihn seiner Schwester aus reiner Gewohnheit. Von diesen Wetten einmal abgesehen, liebte er sie sehr. Liebte sie sogar mehr als irgendjemanden sonst auf der Welt. „Du kannst es ruhig arrogant finden, ich würde es allerdings einfach als zuversichtlich bezeichnen. Die Wette ist so gut wie gewonnen.“

Charlene lachte. „Gewonnen schon, aber von wem?“ Sie musterte kurz die Oliven und fuhr dann fort: „Weißt du, Charlie, eigentlich sollte ich ja beleidigt sein, aber ich nehme die Wette an, nur um dir zu zeigen, wie sehr du dich täuschst – genauso wie das letzte Mal. Und du weißt, was ich will – was wir beide wollen.“

Charlie schnappte nach Luft. „Ist das dein Ernst? Das Schwert?“ Er verschluckte sich beinahe. „Das Schwert“, wiederholte er, nur um sicherzugehen.

Charlene nickte.

„Nun, Schwesterlein, ich hoffe, dein Herz hängt nicht zu sehr daran. Es gehört so gut wie mir.“

„Ich will dich nicht in Verlegenheit bringen, indem ich aufzähle, wie oft ich in der letzten Zeit gewonnen habe. Bist du dir wirklich sicher, dass du so weit gehen willst? Wir könnten auch was Einfacheres nehmen.“

Doch er nickte schon, bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte. „Absolut sicher.“

Sie nickte ebenfalls. „Und du musst dir nicht einmal einen Arm auf den Rücken schnallen. Damit du dich später nicht beschweren kannst.“ Charlene kicherte und streckte ihm die Hand hin. „Jetzt oder nie, kleiner Bruder. Bist du dabei?“

„Wirklich wahr? Du überlegst es dir nicht noch mal anders?“

„Nein.“

„Dann geht es um den alleinigen Besitz.“ Charlie beugte sich über den Tisch und schüttelte die Hand seiner Schwester. „Die Wette gilt. Und jetzt lass uns über die Details sprechen.“

1. KAPITEL

Jonquil schlenderte ins Zimmer, verharrte einen Moment und betrachtete ihn sehnsüchtig. Es war herrlich … eindrucksvoll… wunderbar … großartig … herrlich … Es war … er bot einen herrlichen Anblick in seinen Boxershorts … seinem Slip … in seiner Nacktheit … in seinem roten Brokatsmoking. Ihre Brustwarzen drängten sich gegen den hauchdünnen Stoff ihres aufreizenden, schwarzen, tief ausgeschnittenen, engen, durchsichtigen Negliges, als sie sich vorstellte, wie sie ihm gefällig sein … ihm Vergnügen bereiten … ihn befriedigen würde. „Wünscht Ihr heute Nacht meine Gesellschaft, Irwin … Ralph … Igor … Ralph?“

Sie trat aus dem Schatten und tänzelte durch das Zimmer auf seinen Tisch zu … Diwan … Balkon … Tisch: Ihr Busen bebte bei jedem Schritt. „Ihr dürft mit mir tun, was immer Euch gefällt, edler Herr“, hauchte sie atemlos. Sie zerrte sich das Neglige von ihrem üppigen Körper und überließ ihre blassrosa, erregten Brustspitzen seinen sachkundigen … männlichen … erfahrenen Händen. „Jetzt, edler Herr“, keuchte sie, „nehmt mich jetzt, ich bitte Euch. Ich will Eure harte, lüsterne Männlichkeit spüren. Jungfräulichkeit ist ein so trostloser Zustand, und ich flehe Euch an … bitte Euch … ersuche Euch, mich zu nehmen, bevor ich aus Lust und Verlangen und Begierde sterbe.“

Piep.

Charlie Whitaker tupfte sich mit einem Taschentuch die Schweißtropfen von der Stirn und nahm das Telefon ab.

„Ihre 11-Uhr-Verabredung ist da, Charlie. Liz Fuller – Jackies Assistentin.“

„Geben Sie mir zwei Minuten, dann können Sie sie reinschicken.“ Er betrachtete den Text auf dem Bildschirm und lächelte. Kein schlechter Anfang. Und Charlene glaubt, ich kann das nicht, dachte er. Nun, ich werds ihr zeigen. Die Wette wird sie auf jeden Fall verlieren.

„Sie wollten mich sprechen, Charlie?“

Charlie blickte zur Tür. Er kannte Liz flüchtig. Hatte ein oder zwei Mal mit ihr zu Mittag gegessen. Ganz ungezwungen – zufällig, nach dem Motto: Darf ich mich zu Ihnen setzen? Sie war sehr nett und sehr geschäftsmäßig. Absolut professionell. Aber hübsch. Hinreißend, um genau zu sein, wenn sie sich nur nicht immer so steif und formell geben würde. Sie hatte ein schönes Lächeln – breit und gelegentlich ausgesprochen sexy … sogar ohne Lippenstift, denn sie trug nie welchen. Er stellte sich einen Moment lang ihre Lippen in Rot vor – in Blutrot – welch aufreizender Kontrast zu ihrer blassen Haut … dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf ihre Brüste. Nicht so mächtig wie die fiktiven Brüste von Jonquil, aber auf ihre bescheidene Art nicht schlecht. Gar nicht schlecht. Er wischte sich die feuchten Handflächen an den Beinen seiner Jeans ab. „Tänzeln Sie doch mal herein, und setzen Sie sich, Liz.“ Er versuchte, mit normaler Stimme zu sprechen und nicht zu klingen wie ein hormongesteuerter, pubertierender Teenager. „Aber langsam. Damit ich es mir einprägen kann.“

„Entschuldigen Sie bitte“, entgegnete sie ruhig. „Haben Sie mich gebeten zu tänzeln?“

„Habe ich das?“

„Allerdings. Und Verzeihung, wenn ich rundheraus frage: wieso?“

Charlie warf ihr ein unbehagliches Lächeln zu und begann, mit den Fingern auf der Tischplatte zu trommeln. „Ich versuche, eine Vorstellung zu bekommen … äh … für das Projekt, an dem ich gerade arbeite. Und mir fällt kein anderes Wort als tänzeln ein, um in etwa zu beschreiben, was ich meine. Das ist alles.“

„Für eine Anzeigenkampagne?“ Liz kam herein, ohne zu tänzeln, und schloss die Tür hinter sich. „Wenn Sie es aus weiblicher Perspektive wissen wollen, und ich vermute, dass das der Fall ist, sonst würden Sie nicht mich fragen, dann kann ich nur sagen, dass das Wort ‚tänzeln‘ an das Rentier vom Weihnachtsmann denken lässt, oder an ein Pferd in einer Parade.“

„Da haben Sie nicht Unrecht.“ Er rückte seine Lesebrille zurecht, schaute auf seinen Bildschirm, drückte ein paar Tasten und fragte: „Was könnte man stattdessen sagen?“ Er räusperte sich. „Es geht darum, wie eine Frau sich bewegt, wenn sie … äh … begierig darauf ist, sich in die Arme ihres Liebhabers zu werfen. Springt sie vielleicht? Oder trippelt?“ Sein Blick war auf den Bildschirm geheftet. „Finden Sie eines von beidem passend?“

„Falls sie ein Tollpatsch ist und ihr eine Menge Möbel im Weg stehen, ja. Wie wäre es ganz einfach mit rennen oder eilen? Manchmal ist es am Besten, direkt zu sein. Ich meine, das Ziel ist doch, dass die Leute auf das Produkt aufmerksam werden. Falls die Frau also durchs Zimmer tänzelt, dann werden die meisten eben an Rentiere denken. Und wenn sie trippelt, schwebt, fliegt oder schießt, dann werden die Leser wegen Ihrer Wortwahl Dinge denken, die sie nicht denken sollen. Zumindest sehe ich das so.“

„Sie haben schon wieder recht“, stimmte Charlie ihr zu und speicherte die Datei ab. „Bitte setzen Sie sich.“ Er deutete auf den Stuhl vor seinem Tisch.

„Ich vermute, Sie wollen, dass ich renne?“ Sie rührte sich nicht von der Tür. „Oder eile?“

„Das war Ihre Wortwahl, schon vergessen?“ Um Liz besser sehen zu können, drehte sich Charlie in seinem Stuhl um und lehnte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, die Beine übereinander geschlagen. „Gibt es einen besseren Ausdruck? Sausen? Stürzen? Vielleicht hereinpreschen?“

„Und falls ich sause, stürze, presche, renne oder eile, was habe ich dann davon?“ Sie fuhr sich ungeduldig mit der Hand übers Haar. „Bekomme ich dann etwas für meine Bemühungen, Ihnen zu helfen?“

„Wie ich gehört habe, haben Sie als Jackies Assistentin ein paar ganz gute Ideen gehabt.“ Er wollte ihr auf keinen Fall verraten, was er vorhatte. Niemand hier wusste davon, und so sollte es auch bleiben. „Jackie hat geradezu von Ihnen geschwärmt.“ Liz war viel hübscher, als er sie in Erinnerung hatte. Auf jeden Fall hübscher als Jonquil. Weniger Make-up. Zarter. Blaue Augen. Die von Jonquil hingegen waren … nun, da hatte er sich noch nicht festgelegt. Manchmal waren sie grün, dann wieder fast schwarz. Allerdings nie blau. Und schon gar nicht eisblau wie die von Liz, obwohl das Jonquil bestimmt nicht schlecht stehen würde. Er kritzelte schnell etwas auf den gelben Notizblock und blickte dann auf. „Wie lange arbeiten Sie eigentlich schon bei uns?“ Schönes Haar hatte sie auch. Weich, fast blond. Jonquil fiel das Haar in ungebändigten, roten Locken über die Schultern. Liz trug ihres hochgesteckt, Strähnen hatten sich gelöst und umrahmten ihr Gesicht. Zart, feminin, zweifellos hübsch, sie wirkte fast engelsgleich. Vielleicht konnte er später noch was an Jonquils Haar ändern. Es ein wenig zähmen und etwas Engelhaftes hinzufügen. Es womöglich sogar hochstecken, nur um zu sehen, wie ihr das stehen würde. „Seit einem Jahr?“

„Seit zwei Jahren, Charlie. Und zwar als Assistentin.“

„Sie haben noch keine eigenen Kampagnen?“

„Nicht der Rede wert. Ein paar Inserate für Supermärkte. Und eine Lebensversicherung. Nichts Aufregendes. Aber Jackie überträgt mir gerne Verantwortung.“

„Davon habe ich gehört. Und auch, dass sie die Verantwortung nur zu gerne übernehmen. Und deswegen möchte ich Ihnen folgendes Angebot machen. Könnten Sie Jackie Pollards ersetzen, während sie im Mutterschaftsurlaub ist?“

„Keine Frage“, entgegnete sie, ohne zu zögern. „Ich kenne die Aufträge, ich weiß, was die Kunden wollen, und bin in der Lage, sofort mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, falls Sie das wünschen.“

Charlie lächelte. Sie hatte Selbstbewusstsein. Das gefiel ihm. Vielleicht sollte er Jonquil auch mit ein wenig davon ausstatten. „Sie sind also bereit, ins kalte Wasser zu springen? Gut, denn das glückliche Ereignis kann jeden Moment eintreffen, vielleicht ist Jackie, während wir sprechen, bereits auf dem Weg ins Krankenhaus.“

„Und was ist mit Marc Wells?“ Liz atmete tief ein. Marc Wells war den Gerüchten nach der Nächste, der befördert werden sollte, und hatte bereits eine Menge Gas gegeben, um Jackies Job zu übernehmen.

„Marc ist nicht in der Stadt, und mein Vater hat eine Notiz hinterlassen, dass Sie an der Reihe sind, falls Wells nicht rechtzeitig von seiner Lesetour zurückkommt. Und das bedeutet, der Job gehört Ihnen, wenn Sie wollen. Wie lautet Ihre Antwort?“

2. KAPITEL

„Ob ich will?“ Liz lächelte gerade so viel, dass sie nicht übereifrig wirkte, sondern ruhig, zuversichtlich, kontrolliert – das war schließlich ihr Image, daran hatte sie gearbeitet. „Meine Antwort lautet: ja!“ Schon sprudelten Ideen hervor. Sie waren seit Monaten da gewesen, von dem Moment an, als Jackie zum ersten Mal ihren Mutterschaftsurlaub erwähnt hatte. Und obwohl Marc als Nachfolger gehandelt worden war, hatte sie sich für alle Fälle vorbereitet. „Habe ich dann die Chance, bei der nächsten Gelegenheit befördert zu werden?“ Mit dreißig konnte sie eine Beförderung gut brauchen. Für den Anfang war es ja ganz nett, Assistentin zu sein, aber jetzt war es an der Zeit, die Karriereleiter hochzuklettern. Zumal sie Späteinsteiger war.

Charlie zuckte mit den Schultern. „Das hängt von meinem Vater ab. Ich kümmere mich nicht um Personalfragen. Das liegt mir nicht.“ Er grinste sie an. „Aber wenn Sie Ihren Job gut machen, wird er vielleicht auf Sie aufmerksam werden.“

„Auf mich aufmerksam werden? Er kennt ja nicht mal meinen Namen. Wenn er mir im Gang entgegenkommt, hat er diesen Ich-sollte-sie-kennen-Blick, und dann nickt er schnell, damit er nichts sagen muss. Er nickt, Charlie … nicht etwa freundlich, sondern ganz geschäftsmäßig. Es ist nur eine angedeutete Bewegung des Kopfes, und er schaut mir noch nicht einmal direkt in die Augen.“

„Kümmern Sie sich einfach gut um Jackies Projekte, und warten Sie ab.“ Er schlug einen Aktenordner auf. „Hier steht, dass Sporty Feet nächste Woche fällig ist. Sind Sie auf dem Laufenden?“

„Klar.“ Sie schluckte. Sie wusste, welche Tasten sie bei den PowerPoint-Präsentationen drücken musste. Oder wie Barry Gorman, der Vizepräsident von Sporty Feet, seinen Kaffee trank. Wie sie die Stühle im Konferenzraum anordnen musste, damit jeder gut sehen konnte. Doch was die eigentliche Kampagne betraf … sie hatte nur eine ungefähre Vorstellung von Jackies Arbeit. Dafür kannte sie all die Details, um die sich keiner freiwillig kümmerte, in- und auswendig – Fakten, Zahlen, Wettbewerber, Trends. „Ich bin bereit“, erklärte sie, nicht überzeugt, dass ihre Stimme überzeugend klang. „Ich kann es gar nicht erwarten, endlich loszulegen.“

„Dann gratuliere ich Ihnen zu Ihrem ersten eigenen Projekt.“ Charlie nahm seine Lesebrille ab, legte sie zur Seite und starrte sie nachdenklich an. „Das ist eine harte Branche, Liz. Sie bekommen Ihre Chance, vielleicht die einzige. Wer weiß.“

„Meine Chance“, murmelte Liz. Jahrelang hatte sie ihrem karriereorientierten Ehemann als Vorzeigefrau zur Seite gestanden. Als sie schließlich endlich etwas für sich selbst tun wollte, war er damit nicht zurechtgekommen. Und deswegen hatte sie sich nach fast fünfjähriger Ehe von ihm verabschiedet. Das war der Grund, aus dem sie erst so spät ins Berufsleben eingetreten war, und es fühlte sich verflixt gut an, endlich richtig zu leben. „Ich bin bereit.“ Dieses Mal klang ihre Stimme schon sicherer. „Ich werde Sie nicht enttäuschen, Charlie“, sagte sie feierlich. „Weder Sie noch Whitaker and Associates.“

Charlie nickte zerstreut. Er hatte sich bereits wieder auf seinen Bildschirm konzentriert. „Gut. Würden Sie jetzt also bitte freundlicherweise durch den Raum rennen und sich setzen, damit wir einige Details klären können?“ Er deutete erneut auf den Stuhl.

Liz rührte sich nicht. „Nur wenn ich ernsthaft an Ihrer Kampagne mitarbeiten darf.“

„Kampagne … nein, ja … ich meine …“ Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich sollte besser ehrlich zu Ihnen sein.“

„Wenn Sie auf meine Hilfe zählen, allerdings.“

„Das ist es ja. Es geht nicht wirklich um Ihre Hilfe, zumindest nicht in der Art, wie Sie vermutlich denken. Ich brauche … nun … ich muss weibliche Bewegungen studieren … Brüste.“ Sein berühmtes Strahlelächeln erlosch, er runzelte die Stirn. „Realitätsbezogene Recherche, sozusagen.“

„Gehts um eine BH-Werbung?“

„Nicht direkt.“

„Bekleidung? Vielleicht Sportswear? Laufklamotten … Sie wollen sich doch nicht etwa bei Sporty Feet einmischen, oder?“

„Nein, will ich nicht. Hier geht es um etwas ganz anderes. Etwas, das ich schreibe, und es hat nichts mit Whitaker and Associates zu tun. Das ist eine private Sache.“

Liz blickte auf ihre Brust hinunter, dann wieder zu Charlie. „Und für diese private Sache studieren Sie meine …“

„Brüste. Sie wissen schon, das ganze …“ Er führte die Hände zu seiner Brust und machte kreisende Bewegungen. „Das ganze … äh … Gebiet. Im Allgemeinen. Ist nicht persönlich gemeint.“ Er räusperte sich nervös und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Ich recherchiere. Mehr nicht. Und wenn ich länger darüber nachdenke, sollten wir das Ganze besser vergessen. Okay?“

Werbekampagnen verlangten öfter unkonventionelle Methoden, daran war Liz gewöhnt. Es war nicht lange her, dass sie Senf in jeder verfügbaren Konsistenz gegessen hatte – ein notwendiger Schritt, wenn man die Leute davon überzeugen wollte, dass der Senf des Kunden besser war als jeder andere auf dem Markt. Und davor hatte sie sich mit Herrendüften überschüttet und war durchs Büro vorbei an den Kolleginnen marschiert, um ihre Reaktionen lebendiger beschreiben zu können. Und dann gab es da noch diese Hämorrhoidensalbe … Deshalb zögerte sie keine Sekunde und entgegnete so bestimmt, wie sie nur konnte: „Meine Großmutter hatte Brüste, Charlie. Ich habe Brüste. Ein klares, ehrliches Wort. Keine Irritationen.“ Sie verschränkte die Arme, obwohl Charlie seinen Blick fest auf ihr Gesicht geheftet hatte.

„Und wenn ich Sie bitte, durchs Büro zu rennen, damit ich Ihre Brüste betrachten kann, dann zeigen Sie mich wegen sexueller Nötigung an. Ein klarer, ehrlicher Gerichtsprozess.“

„Gehen Sie doch in den Park. Dort gibts eine Menge Jogger. Sie könnten Brüste in Sport-BHs noch viel besser studieren.“

Er nickte lächelnd. „Gute Idee.“

„Großartige Idee, und ich bin bereit, Ihnen bei Ihrem Projekt zu helfen. Erzählen Sie mir doch, woran wir arbeiten und wie ich Ihnen helfen kann, außer für Sie durchs Büro zu rennen und zu hüpfen.“

„Jackie behauptet, Sie sind eine Frau der Tat.“ Charlie schnappte sich ein Notizbuch und durchsuchte seine Schubladen nach einem Stift. Er war noch nicht bereit zuzugeben, dass er einen Liebesroman schreiben wollte. Liz würde diese Wette zwischen Bruder und Schwester bestimmt nicht verstehen.

Leider hatte er mehr Wetten verloren, als er sich eingestehen wollte. Beim letzten Mal hatte er Charlene dazu gebracht, eine Werbekampagne für Hundekuchen gegen schlechten Atem zu konzipieren, überzeugt, dass das Produkt völlig unverkäuflich war. Inzwischen konnte man die Werbeanzeigen auf Bussen, im Fernsehen und auf Plakatwänden bewundern. Der Hersteller verdiente sich dumm und dämlich. Sein Wetteinsatz war ein neuer Mercedes SL500 gewesen. Sein Mercedes SL500, mit weniger als fünftausend Meilen. Er hatte diesen verfluchten Wagen geliebt!

Jetzt ging es um diesen Liebesroman. Sie war Lektorin von Liebesromanen. Offensichtlich hatte er sie wegen ihres Jobs einmal zu viel aufgezogen, denn nun musste er in drei Wochen drei Kapitel liefern. Wenn diese drei Kapitel das Potenzial hatten, veröffentlicht zu werden – und sie behauptete, dass ein guter Lektor das anhand von drei Kapiteln erkennen könne –, dann hatte er vollen Anspruch auf das Schwert ihres Ururgroßvaters aus dem Bürgerkrieg. Sollte sie gewinnen, sein Buch also durchfallen, gehörte ihr das Schwert für immer. Im Augenblick teilten Sie sich das Sorgerecht. Zwar war das Schwert nur dreißigtausend wert, doch war es der ganze Stolz der Familie, und er wollte es haben, seit er denken konnte. Der Gerechtigkeit wegen hatten sie vereinbart, dass nicht Charlene, sondern eine ihrer Kolleginnen das Manuskript beurteilen sollte.

„Jackie hatte recht, Charlie. Ich bin eine Frau der Tat. Und nun verraten Sie mir mehr über diese Busen-Kampagne, an der wir arbeiten.“

„Wie ich bereits sagte, handelt es sich um keine Kampagne.“ Plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen, Liz so an der Nase herumzuführen. „Jedenfalls um keine typische.“ Sie schaute so eifrig, ihre Augen blitzten begeistert. Gut, er war eine Spielernatur, aber er spielte nicht mit Menschen. Und irgendetwas an Liz nötigte ihn, ehrlich zu sein. Vielleicht lag es an ihrem unschuldigen Enthusiasmus oder ihrem unverblümten Ehrgeiz, den sie gar nicht erst zu verstecken versuchte. Was immer es war, er wollte fair sein, und es wäre nicht fair, falsche Hoffnungen zu wecken. „Das Projekt ist privat und hat nichts mit der Agentur zu tun.“

„Egal, worum es geht, ich will dabei sein“, erwiderte sie rundheraus. „Sie haben in den letzten zehn Minuten bereits zwei Mal meinen Rat angenommen. Das beweist doch, dass ich die Richtige für dieses private Projekt bin.“ Und endlich durchquerte sie den Raum, beugte sich nach vorne und stützte die Hände auf seinem glänzenden Mahagonischreibtisch ab. „Ich bin die Richtige, Charlie. Sie wissen das. Sonst hätten Sie mich gar nicht erst aufgefordert zu tänzeln.“

„Ihre Vorschläge waren gut, Liz, und wenn ich könnte, würde ich Sie in das Projekt einbinden. Glauben Sie mir.“ Während er sprach, beobachtete er, wie sie sich bewegte. So anmutig. Und ihr Busen … ihre Brüste wackelten und bebten nicht bei jedem Schritt. Sie hüpften höchstens ein wenig. Was für ein hübsches Hüpfen. Schön. Hypnotisierend. Er gestattete sich, einen Moment in dem Anblick zu schwelgen, zumindest hoffte er, dass es nur ein Moment war, dann blinzelte er. Jonquil bewegte sich nie so verführerisch. Das konnte sie auch gar nicht, weil sie völlig anders als Liz war. Liz Fuller war eine Frau, die genau wusste, was sie wollte. Keine Frage. Sie würde alles tun, um ihr Ziel zu erreichen. Und das gefiel ihm. Gefiel ihm sogar sehr. „Es handelt sich um eine familiäre Angelegenheit, aber danke für Ihr Angebot.“

Erneut huschte ein herausforderndes Lächeln über ihr Gesicht. „Ich habe den Eindruck, dass sie mich aus einer Aufgabe drängen wollen, für die ich perfekt wäre. Und das wissen Sie genau. Egal, um was es geht, ich kann es.“

„Auch das?“, fragte er und drehte unvermittelt den Bildschirm in ihre Richtung.

Sie starrte auf den Text. Jonquil stand schwer atmend vor ihm, das Gesicht von Schweiß überzogen, und sehnte sich nach seiner Männlichkeit. Ihre vollen, feuchten Lippen bebten vor Verlangen. Ihr Busen hob und senkte sich in schwärmerischer Verwirrung und lud ihn ein, sich endlich ihrer zu bemächtigen.

„Was ist denn das?“, platze es aus ihr heraus. Sie versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. „Ihr Busen hob und senkte sich in schwärmerischer Verwirrung…“

„Ich schreibe einen Liebesroman“, verteidigte Charlie sich mürrisch. „Das tun Männer manchmal, wissen Sie.“

„Natürlich. Und manche sind auch sehr gut darin, aber das hier …“ Sie konnte nicht aufhören zu lachen, das Lachen sprudelte aus ihr heraus wie eine frische Quelle. Dann folgten Tränen, und sie ergriff das Taschentuch, das Charlie ihr widerwillig unter die Nase hielt. „Tut mir leid“, sagte sie, tupfte sich die Augen trocken und versuchte, sich zu fangen. „Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, eine Komödie zu schreiben?“

„Das steht nicht zur Debatte.“

„Zur Debatte?“

Charlie räusperte sich, zerrte den Bildschirm wieder in seine Richtung und schaltete den Computer aus. „Viel Glück mit Sporty Feet.“

„Was hat schwärmerische Verwirrung mit Busen zu tun, Charlie?“, fragte sie und kämpfte erneut gegen das Lachen an.

„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Details meines Romans für sich behalten würden.“

Sie wollte nicken, doch dann brach sie wieder in Gelächter aus. „Entschuldigung“, stammelte sie schließlich. „Es gelingt mir einfach nicht, Ihre lebhaften Schilderungen zu vergessen.“

„Nur zu, lachen Sie. Macht mir nichts aus.“ Natürlich kränkte es ihn, dass sie nicht mal versuchte, ihre Belustigung zu verbergen – und das, nachdem er fast zwei Stunden an dem Absatz gearbeitet hatte. Und doch gefiel ihm ihr Lachen. Es war nicht wie Jonquils kleines, nervöses Kichern, es war fröhlich und laut und von herzhaftem Schnauben durchsetzt. „Machen Sie es sich doch bequem, und lachen Sie weiter.“ Er stand auf, schob ihr seinen Stuhl hin, marschierte wortlos aus seinem Büro und knallte die Tür hinter sich zu.

3. KAPITEL

„Ich hab Sie beleidigt, stimmts?“ Liz setzte sich neben Charlie auf die Parkbank, wobei sie darauf achtete, möglichst viel Abstand zu ihm zu halten. Er kritzelte etwas in sein Notizbuch, und sie war klug genug, ihn nicht zu fragen, ob es dabei um Brüste ging. Was dieses Thema betraf, war er empfindlich. Und zu Recht, so wie sie ihn ausgelacht hatte. „Es tut mir wirklich leid. Ich hatte keine Ahnung, dass sie das mit dem Romanschreiben ernst meinten. Ich dachte wirklich, dass Sie mich wegen einer Anzeigenkampagne verschrecken wollten und deswegen von dem Liebesroman angefangen haben.“

„Sie haben geglaubt, ich lüge?“ Er betrachtete sie über den Rand seiner Lesebrille hinweg und zog seine schwarzen Augenbrauen in vorgetäuschter Bestürzung in die Höhe.

Liz lächelte. „Sagen wir, ich dachte, Sie wollten ihr Projekt vor mir geheim halten. Und nachdem ich Ihren Text gelesen hatte … also …“

„Sie fanden ihn schrecklich.“

„Nicht direkt schrecklich. Eher…“ Sie krauste die Nase auf der Suche nach dem passenden Wort, nach einem Wort, das seine Gefühle nicht noch mehr verletzen würde. „Vielleicht sollten Sie noch mal Ihre Technik überarbeiten.“

„Sie sind sehr diplomatisch, Liz. Ich weiß das zu schätzen.“ Seine Stimme wurde ein wenig sanfter, er sah sie an. „Es geht um eine Wette mit meiner Zwillingsschwester. Sie ist Lektorin für Liebesromane, und sie hat gewettet, dass ich nicht in der Lage bin, einen tauglichen Roman zu schreiben. Erinnern Sie sich an Bowser Biscuits?“

Liz nickte. „Großartige Werbekampagne. Funktioniert viel besser als erwartet, oder? Man sagte, sie hätten da echt ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert.“

„Dank Charlene. Das war übrigens unsere letzte Wette.“

„Wirklich?“ Liz kicherte. „Sie hat die Kampagne gemacht? Wow. Ich bin beeindruckt.“

Charlie seufzte ein wenig gereizt und konzentrierte sich auf eine Gruppe kurvenreicher Joggerinnen. „Deswegen ist mir die Sache auch so wichtig.“

„Sie muss eine ziemlich harte Konkurrentin sein.“ Liz rutschte etwas näher, um zu sehen, ob er notiert hatte, was sie vermutete, doch er knallte das Notizbuch zu.

„Auf jeden Fall gewinnt sie öfter, als mir lieb ist“, antwortete er betont sachlich. „Aber das wird sich jetzt ändern.“

„Wie oft ziehen Sie die Boxhandschuhe an und steigen mit ihr in den Ring?“

„In letzter Zeit zu oft.“ Drei Mal verloren in drei Monaten – das war eindeutig zu viel. Charlie entspannte sich ein wenig, lehnte sich zurück und starrte noch immer auf die engen Tops der vorbeirennenden Frauen. „Viel zu oft.“

Sein Starren war kein bisschen lüstern, wie Liz feststellte, nicht so wie das der meisten Männer, die auf den Bänken saßen und so taten, als würden sie den herrlichen Blick auf den Lake Michigan genießen. Charlie wirkte eher wie ein Wissenschaftler. Komisch, dachte sie. Von einem Mann mit seinem Ruf hatte sie etwas anderes erwartet.

„Wir wetten schon, seit wir Kinder sind“, fuhr er fort. „Nach dem Motto, alles, was du kannst, kann ich viel besser. Erst ging es um unser Taschengeld und um Süßigkeiten, und später, nun, sagen wir mal, um größeres Spielzeug.“

„Es tut mir leid, dass ich über Ihre Arbeit gelacht habe.“

„Verraten Sie es mir, Liz. Hatten Sie guten Grund zu lachen? Ist es wirklich so schlecht?“ Sein Blick wanderte zu einer anderen wohlgeformten Joggerin, die einen sehr hübschen, engen Sport-BH trug. Er öffnete sein Buch und machte sich ein paar Notizen.

„Haben Sie schon mal einen Liebesroman gelesen, Charlie?“

„Natürlich. Mehrere. Zumindest auszugsweise. Charlene hat sich übers Wochenende immer Arbeit mit nach Hause gebracht – wir haben ein Wochenendhaus in Lake Geneva – und ich habe mir einige Manuskripte angeschaut.“

„Auszugsweise?“

„Genug, um zu erkennen, worum es geht.“

„Zu erkennen, worum es geht, reicht aus, um selbst einen Roman zu schreiben?“ Sie schnaufte verächtlich. „Genauso gut könnte man behaupten, dass es reicht, einmal eine Werbeanzeige in einer Zeitschrift zu sehen, um selbst eine zu entwerfen.“

„Das kann man nicht vergleichen.“

Sie riss ihm das Notizbuch aus der Hand und schlug es auf. „Springende, wackelnde, hüpfende, schwingende, vibrierende Brüste?“, las sie vor und begann zu kichern. „Sie tänzelte mit vibrierenden Brüsten ins Zimmer. Meinen Sie vibrierend wie bei einem Erdbeben?“

„Werden Sie nicht unfair. Das Tänzeln haben wir bereits im Büro gestrichen.“

„Ich garantiere Ihnen, Charlie, damit kommen Sie nicht annähernd an die Qualität von Bowser Biscuits heran.“

„Was schlagen Sie also vor?“

„Lassen Sie die Wette bleiben.“ Er starrte sie mit seinen grauen Augen so entschlossen an, dass sie hastig fortfuhr: „Oder auch nicht.“

Charlie nickte mechanisch, offensichtlich abgelenkt – wahrscheinlich von der übermäßig gut ausgestatteten Zwanzigjährigen, die in Top und kurzen Shorts vorbeisprintete. Er beobachtete sie, bis sie um die Kurve bog, und notierte sich dann etwas. Er schien vergessen zu haben, wo er war oder wer neben ihm saß.

Auf jeden Fall sieht er gut aus, dachte Liz. Die allein stehenden Mädels in der Agentur, aber auch die verheirateten, benutzten in seinem Zusammenhang Worte wie „großartig“, „toll“ und „atemberaubend“. Und das alles war er auch. Groß, muskulös, mit welligem, tiefschwarzem Haar. Er war nur ein paar Jahre älter als sie und hatte mehr als einmal ihre Aufmerksamkeit erregt. Schließlich war sie auch nur eine Frau, und hinreißend war nun mal hinreißend. Da durfte man schon mal hinschauen. Mehr aber auch nicht. Während sich also ihre hormongesteuerten Kolleginnen über Charlie Withakers aufregendes Lächeln oder seine sinnliche, tiefe Stimme oder seinen spektakulären Hintern ausließen, zog sie es vor, lieber scharf auf eine Karriere als auf den Sohn des Chefs zu sein.

„Sie haben nicht zufällig einen Plan B zur Hand?“ Charlie schloss seinen Füller, schlug die Beine übereinander und blinzelte in die Sonne. „Vielleicht verstecken Sie einen Ghostwriter in Ihrem Schrank? Oder liegt ein unvollendeter Liebesroman in Ihrer Schublade?“

„Plan B … nun, Sie könnten ja damit anfangen, Liebesromane zu lesen. Es ist immer gut, vorher zu wissen, was man tut.“

„Hm“, entgegnete er mit deutlichem Desinteresse.

„Und Sie könnten sich Bücher besorgen, in denen steht, wie man Bücher schreibt.“

„Sonst noch was?“ Er war offensichtlich von ihren Vorschlägen nicht beeindruckt. Sein unterdrücktes Gähnen verriet ihn.

„Oder Sie lassen sich von einem Experten Tipps geben.“

Er öffnete die Augen und setzte sich auf. „Ein Experte in Liebesdingen? Sie machen wohl Witze. Ich habe weit reichende Erfahrung in der Richtung, besten Dank. Und bisher hat sich noch niemand beschwert“, schnaubte er.

„Also, ich würde mich beschweren, wenn Sie meine Bluse aufknöpfen und sagen würden, was für schöne Brüste ich habe. ‚Ach, wunderschöne Brüste, meine Liebste. Saftig wie reife Melonen.‘ Wenn Sie mir in der Hitze der Leidenschaft so was erzählen würden, hätte ich doch erhebliche Zweifel bezüglich …“ Sie hob die Hände und malte Anführungszeichen in die Luft, „… Ihrer weit reichenden Erfahrung.“

„Ich habe niemals saftige Melonen geschrieben.“

„Aber das hätten Sie bestimmt.“

„Das glauben Sie wirklich?“

Sie nickte.

„Dann unterrichten Sie mich, Liz.“

„Sie unterrichten? Wie?“

„Sprechen Sie mit mir darüber, so wie jetzt. Weg von den Melonen, hin zu … nun, wohin immer es gehen muss, damit ich meine Wette gewinne.“

„So klingt ein echter Romantiker.“ Sie stand auf und lächelte auf ihn hinunter. „Vielleicht sollten Sie so lange warten, bis Sie sich einmal richtig verliebt haben.“

„Sie gehen also davon aus, dass ich noch nie verliebt war.“

„Nach dem, was ich bisher gesehen habe, würde ich diese Frage mit nein beantworten.“

„Ein Hirnchirurg muss sich doch auch nicht erst den Kopf aufmeißeln lassen, bevor er erfolgreich operieren kann.“

„Ich muss wieder an die Arbeit, Charlie. Viel Glück mit Ihrem Buch.“ Sie spürte seinen Blick im Rücken, als sie sich entfernte. „Das hier ist für Sie, Charlie“, kicherte sie in sich hinein und wackelte so heftig mit dem Hintern, wie sie nur konnte, ohne zu stolpern.

„Bringen Sie es mir bei, Liz!“, rief er ihr hinterher. „Erklären Sie mir den Unterschied zwischen Busen, Brüsten und Melonen.“

„Werden Sie nicht unverschämt, junger Mann“, fuhr ihn eine etwa siebzigjährige Joggerin an. „Sex. An was anderes könnt ihr jungen Leute heutzutage wohl nicht denken.“

Als das 15-Uhr-Meeting vorbei war, stürmten die Mitarbeiter aus dem Konferenzraum wie eine Herde wild gewordener Rinder. Alle außer Liz. Sie hatte das Meeting nicht als langweilig empfunden, keineswegs. Begeistert hatte sie erstmals im Heiligtum der Firma ihren Platz eingenommen, auch wenn der sich in der hintersten Ecke befand und sie sich anstrengen musste, überhaupt etwas zu hören. Aber sie war Teil dieser Runde gewesen, und nur das zählte.

„Das Meeting ist vorbei“, erklärte Charlie vom anderen Ende des Tisches aus. „Genießen Sie die Aussicht von da hinten?“

„Ich genieße mein Leben von hier hinten, um genau zu sein.“ Sie schnappte sich eine braune Papiertüte, erhob sich und ging langsam auf Charlie zu. „Hier wollte ich immer schon sitzen, und ich möchte, dass sich daran nichts ändert. Ich bin bereit, härter als alle anderen zu arbeiten, aber ich brauche trotzdem ein wenig Unterstützung.“

Charlie lachte. „Sie klingen wie eine Frau, die ein Ziel hat.“

„Ein großes Ziel, und es hat lange gedauert, bis ich das kapiert habe.“ Sie hob die Papiertüte und schüttete den Inhalt vor ihm aus. Bücher. Mindestens zehn. „Und um dieses Ziel zu erreichen, möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen.“

Charlie nahm ein Buch und betrachtete das Titelbild. Mann, Frau, Lächeln, Umarmung. „Klingt vielversprechend. Fahren Sie fort.“

„Entschuldigen Sie …“ Dolores Keifer, Charlies Sekretärin, streckte den Kopf durch die Tür. „Ich möchte nicht stören, aber Sie haben in zehn Minuten einen Termin, Charlie.“ Sie warf Liz einen finsteren Blick zu. „Geschäftlich“, betonte sie. „Und ich sollte Sie daran erinnern, sich vorher noch einmal die Unterlagen anzusehen. Was ich hiermit tue.“ Sie feuerte einen weiteren bösen Blick auf Liz ab und ließ die Tür einen Spalt offen. „Jetzt noch neun Minuten, Charlie!“, rief sie von draußen.

„Wow“, stotterte Liz, „Sie ist …“

„Tüchtig“, schlug Charlie vor.

„Ich wollte sagen, sie ist tatsächlich der Meinung, dass ich Sie verführen will.“

„Vielleicht, aber Dolores ist verschwiegen.“ Er nahm ein weiteres Buch in die Hand, betrachtete es und zog die Augenbrauen hoch. „Sehr verschwiegen.“

„Glauben Sie“, murmelte Liz. Offenbar war Charlie in letzter Zeit nicht am Wasserspender gewesen, wo Dolores ihren andächtigen Zuhörern regelmäßig den neuesten Bürotratsch unterbreitete.

„Wollen Sie nun meinen Vorschlag hören?“ drängte sie.

„Wieso nur habe ich das Gefühl, dass Ihr Vorschlag etwas mit Brüsten zu tun hat?“

Von der anderen Seite der Tür war ein ersticktes Hüsteln zu vernehmen. Charlie stand auf und schloss die Tür. „Legen Sie los.“

„Ich möchte Ihnen wirklich gerne helfen. Zumal ich weiß, wie wichtig das für Sie ist. Und ich verspreche, dass ich niemandem etwas verrate. Oh, und ich habe ein paar Bücher gekauft, die Ihnen bei Ihrem Problem weiterhelfen können. Darin finden Sie einiges, was Sie noch nicht wissen, pikante Details, mit denen Sie Ihre Technik verfeinern können, die veranschaulichen, was eine Frau von einem Mann wirklich will, wie sie …“

„Ja, ja, ich verstehe schon“, unterbrach er sie schnell und blickte unbehaglich zur Tür. „Und wie lautet nun Ihr Vorschlag?“

„Ich werde Sie unterrichten. Ich gebe Ihnen Nachhilfe in Romantik, wenn Sie mir Nachhilfe bei der Sporty-Feet-Kampagne geben. Mir ist klar, dass Marc Wells scharf auf den Posten und der Favorit Ihres Vaters ist. Doch ich möchte den Job haben.“

„Moment, damit wir uns richtig verstehen. Sie helfen mir mit dem Liebesroman und ich Ihnen bei der Sporty-Feet-Kampagne? Das ist alles? Sie wollen nicht, dass ich Sie meinem Vater empfehle oder ihn bitte, Sie zu befördern?“

Liz schüttelte heftig den Kopf. „Ihr Vater wird schon auf mich aufmerksam werden, wenn ich Sporty Feet an Land ziehe, und dann bin ich im Rennen – zusammen mit Marc Wells. Ich möchte nur die Chance bekommen, mich zu bewähren. Mehr nicht.“

„Und im Gegenzug werden Sie …“

„Ihnen weitere Ratschläge geben.“ Sie schnappte sich ein Buch, auf dessen Cover ein gut gebauter Mann eine atemberaubende Frau mit langen Haaren an sich drückte, und wedelte damit unter Charlies Nase herum. „So etwas wollen Sie schreiben, und ich garantiere Ihnen, dass darin keine bebenden Busen erwähnt werden, nicht ein einziges Mal.“

Charlie schlug das Buch auf und las den ersten Satz des Prologs. Dann schüttelte er den Kopf, seufzte resigniert, schloss das Buch und steckte es in die Papiertüte. „Abgemacht.“

4. KAPITEL

Es war das Memorial-Day-Wochenende, und Liz hatte große Pläne für die dreieinhalb freien Tage. Zumindest beruflich gesehen. Sporty Feet stand ganz oben auf der Liste, dicht gefolgt vom Nachhilfeunterricht für Charlie.

„Das ist verrückt“, sagte sie zu ihrem Bild im Rückspiegel. „Sich vorzustellen, dass jemand wie Charlie sich hinsetzt und ein richtiges Buch schreibt – einen Liebesroman. Wieso nur habe ich ihm meine Hilfe angeboten?“ Um beruflich weiterzukommen, vielleicht sogar befördert zu werden. Und um ein Wochenende mit Charlie zu verbringen? Nee! „Mir ist es natürlich völlig egal, ob er gewinnt oder verliert, solange ich nur gewinne. Stimmts?“ Nun, nicht ganz. Sie hasste es zu verlieren, egal, worum es ging. „Auf jeden Fall wird es nicht leicht.“ Wir werden sehen.

Die Fahrt zum Lake Geneva war recht angenehm, wenn man bedachte, dass sie dem Großstadtgetümmel Chicagos an einem Freitagnachmittag entfliehen wollte, und zwar exakt zu der Zeit, zu der alle anderen dasselbe vorhatten. Die Autobahnen waren in sämtliche Richtungen verstopft. Doch der dichte Verkehr, die Abgase der stehenden Autos und das Gehupe der mürrischen Fahrer störten sie nicht, so sehr freute sie sich auf diesen Ausflug, den ersten seit … wie lange war das wohl her? Monate? Vielleicht ein Jahr? Auch wenn es sich hierbei um ein Arbeitswochenende handelte, so würde sie sich zumindest im Anwesen der Whitakers aufhalten, in einer Gegend, in der die Reichen und Schönen Chicagos lebten. Einfach mal nicht im Büro sitzen zu müssen war schon eine Belohnung, und Zeit mit Charlie zu verbringen war das Sahnehäubchen obendrauf – natürlich strikt professionell betrachtet …

Sie dachte einen Moment über Charlie nach. Es war so leicht und angenehm mit ihm. Er war nett, witzig und sah gut aus. Ganz anders als ihr grüblerischer, mürrischer Exmann. Charlie war gutmütig und aufmerksam. An ihm gab es einfach nichts zu beanstanden. Überhaupt nichts.

Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre Lippen, als ihre Tagträume von einem ungeduldigen Hupen unterbrochen wurden – nun, Tagträume konnte man das eigentlich nicht nennen. So etwas ließ sie nicht zu. Es war nur eine gedankliche Abschätzung der Lage. Jawohl, eine gedankliche Abschätzung. Und dieses blöde Hupen hatte sie mittendrin unterbrochen. Sie stellte fest, dass inzwischen fünf Autolängen zwischen ihr und ihrem Vordermann lagen, eine unentschuldbare Sünde in Chicago. Hastig gab sie Gas.

Eine Stunde später fuhr Liz die bewaldete, kurvige Auffahrt zum Wochenendanwesen hinauf und war überrascht, eine Zedernholzhütte in wilder Landschaft vorzufinden. Das hatte sie nicht erwartet, aber es gefiel ihr. Einen Augenblick lang genoss sie die Vorstellung, sich in dem Haus einzurichten. Ganz professionell, Liz, rief sie sich in Erinnerung und kletterte aus dem Wagen. Keine dummen Gedanken jetzt. Und doch sah sie sich im Geiste mit Charlie auf der Hollywoodschaukel schmusen.

„Liz!“, rief Charlie und winkte. „Schön, dass Sie es einrichten konnten.“ Neben ihm stand ein Mann in Latzhose und mit Bulldoggengesicht, der die Stufen hinuntereilte und die Koffer aus ihrem Auto holte.

„Hübsches Haus.“ Sie vermied es, die Hollywoodschaukel anzuschauen, die sie beinahe quietschen hören konnte. „Ich habe nicht erwartet, dass es so …“

„Rustikal ist? Das sagt jeder, der das erste Mal herkommt. Dad hat es vor Jahren von einem Kunden übernommen, der seine Rechnung nicht zahlen konnte. Unter uns, ich glaube, er macht gerne auf Naturbursche. Allerdings ist er fast nie hier, weshalb Charlene und ich es nutzen können, so oft wir wollen.“

„Hier wurde mal eine Fernsehsendung gedreht, Ma’am“, meldete sich der große Mann zu Wort. Seine Stimme war laut und tief. „Ich habe mitgespielt. Patrol Cops, läuft jeden Mittwoch um einundzwanzig Uhr. Haben Sie bestimmt mal gesehen, oder?“

Liz nickte bedächtig. Sie hatte noch nicht einmal davon gehört, aber sie wollte seine Gefühle nicht verletzen. „Beeindruckend“, behauptete sie, zufrieden darüber, dass echtes Interesse in ihrer Stimme mitschwang. „Vielleicht habe ich die Folge ja gesehen. Welche Rolle haben Sie gespielt?“

„Die Leiche.“

„Und dafür hat er tagelang geübt.“ Charlie zwinkerte ihr zu. „Sobald man sich mal umdrehte, lag Joe auch schon auf dem Boden und hielt die Luft an. Manchmal wirkte das so echt, dass ich versucht war, nach seinem Puls zu fühlen.“

„Waren Sie sofort tot, Joe, oder hat sie erst jemand ermordet?“ Liz folgte den beiden die Treppen hinauf und blieb auf der Türschwelle stehen. Einfache Möbel, Tierköpfe. Ein ausgestopfter schwarzer Bär stand auf seinen Hinterbeinen in einer Ecke, die Pfoten nach vorne gestreckt, als wollte er jemanden anfallen – Liz erschauderte, als sie sein Gesicht betrachtete. Natürlich waren seine gelben Zähne gebleckt.

Von den Tieren mal abgesehen, war es aber ein wunderschöner Raum. Anheimelnd und überraschend schlicht. Riesige Bücherregale auf der einen Seite, gegenüber der Treppe in einer Nische versteckt ein kleines Büro, am Kamin kuschelige Sofas und Sessel, in denen man bestimmt wunderbar lesen konnte, oder … Sie sah sich und Charlie aneinander geschmiegt, wie sie sich gegenseitig vorlasen oder das Vorspiel zu etwas begannen, was später kommen würde … Sie schüttelte den Kopf und blinzelte, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf den langen Holztisch und begann, die Stühle zu zählen. Eins, zwei, drei … zwölf, und als sie mit dem Zählen fertig war, waren auch ihre Fantasien verschwunden.

„Ich war schon tot, als die Folge losging“, antwortete Joe. „Ich lag genau hier.“ Er deutete auf den Boden vor dem Kamin. „Mit dem Gesicht nach oben. Schuss mitten ins Herz. Wir können uns das Video später anschauen“, fügte er gelassen hinzu.

Charlie stellte sich hinter Liz und flüsterte: „Und wenn Sie ihm dann sagen, wie unglaublich tot er wirkt, dann wird er es Ihnen gerne mehrfach vorspielen.“

„Tot wie diese ganzen … Trophäen“, bemerkte sie und versuchte, das träge Starren eines Bibers auf dem Kaminsims zu ignorieren, der gerade im Begriff war, einen Stock zu zerkauen. „Waren die schon im Haus, oder hat Mr. Whitaker sie wirklich …“

„Sie wollen wissen, ob mein Vater jagt?“ Charlie lachte auf. „Zumindest keine Tiere. Er kauft diesen Kram. Seine damalige Frau stand auf karierte Vorhänge und dicke Kissen. Alles in Lila. Als er sie für Ehefrau Nummer drei verließ, war dann mehr der Jagdstil angesagt, genau das, was Nummer zwei gehasst hat. Nummer drei hingegen war es egal, sie war viel zu begeistert von seinem Reichtum, um sich zu beschweren. Hat ihr aber auch nichts genützt.“ Er grinste. „Ebenso wenig wie Ehefrau Nummer vier und fünf. Also, Dad ist ein Liebhaber, kein Jäger.“

Joe gab ein lautes Schnauben von sich. „Kommt darauf an, wie man Jäger definiert. Also, in welches Zimmer soll ich sie bringen?“ Er schlurfte auf die Treppe zu.

„Ins große Gästezimmer“, entgegnete Charlie.

Joe stapfte die Treppe hinauf, wobei er etwas Unverständliches vor sich hinmurmelte, und knallte dann die Tür am Ende des Flurs hinter sich zu.

„Er ist manchmal ein wenig grob, aber …“

„Er glaubt, dass wir ein Liebespaar sind, oder?“ unterbrach ihn Liz. „Und Sie lassen ihn in dem Glauben.“

„Er nimmt an, dass ich mit jeder Frau schlafe, die ich kenne. Und meinetwegen soll er denken, was er will. Ich meine, der Mann lebt hier mit diesen ganzen …“ Er deutete auf einen Leuchter aus Geweihen. „Wenn er also glauben will, dass Sie sich heute Nacht in mein Zimmer schleichen, was macht das schon? Nach diesem Wochenende werden Sie ihn vermutlich nie mehr wiedersehen, außer vielleicht als Leiche.“

„Es macht etwas aus, weil Sie unsere Abmachung nicht ernst nehmen, Charlie. Für mich steht eine Menge auf dem Spiel, und für Sie doch wohl auch, sonst hätten Sie mich nicht um Hilfe gebeten. Und trotzdem benehmen Sie sich, als ob wir hier eine romantische Wochenendverabredung hätten. Das haben wir nicht. Wir wollen arbeiten. Nichts sonst!“

„Und Arbeit und Spaß passen nicht zusammen, nicht wahr?“ Charlie stopfte die Hände in die Jeanstaschen und zuckte auffallend gleichgültig die Achseln. „Wenn Sie eines unmissverständlich klar gemacht haben, dann, dass dieses Wochenende nicht privat ist. Und Sie müssen sich keine Gedanken machen, ich respektiere das.“ Seine Stimme wurde ganz kalt. „Ihr Zimmer ist oben das letzte auf der linken Seite. Martha wird Ihnen beim Auspacken helfen.“

Charlie wandte sich brüsk ab und stürmte aus dem Raum. Das kam so unvermittelt und war so unhöflich und untypisch für ihn, dass Liz einige Momente brauchte, um sich zu sammeln. „Wann wollen Sie also anfangen?“, rief sie hinter ihm her.

Als Antwort bekam sie ein Türknallen zu hören, und dann war es ganz still in der Hütte.

„Was haben Sie nur getan, dass er sich so benimmt?“, fragte eine leise, piepsige Stimme irgendwo aus dem Flur, durch den Charlie verschwunden war. Liz konnte nur einen Schatten erkennen. „So gereizt ist er sonst nur, wenn er eine dieser dummen Wetten gegen Charlene verloren hat.“ Eine kleine, rundliche Frau trat ins schummrige Licht der Hütte. Sie hatte eine altmodische, weiße Schürze um die üppigen Hüften gebunden und trug eine großmütterliche Nickelbrille. Ihre weißen Locken saßen auf ihrem Kopf wie eine Mütze, jede einzelne war auf ihrem Platz. In der linken Hand hielt sie einen Spazierstock, doch sie bewegte sich so schnell, dass er nicht ein einziges Mal den Boden zu berühren schien. „Machen Sie sich keine Gedanken wegen Charlie.“ Sie trabte an Liz vorbei zur Treppe. „Das geht immer schnell vorbei. Also kommen Sie.“ Sie wandte sich um und bedeutete Liz, ihr zu folgen. „Wir sollten Ihre Sachen auspacken, bevor …“

Bevor Martha noch erklären konnte, was sie mit bevor meinte, war sie schon verschwunden. Liz war erstaunt, dass eine mindestens Siebzigjährige sich so flink bewegen konnte. Als sie ihr Zimmer betrat, hatte Martha bereits mit dem Auspacken begonnen.

„Ihr Bett“, sagte Martha und klopfte auf die Matratze, „ist bequem. Wird Ihnen bestimmt besser gefallen als Charlies. Seines ist zu hart, wenn Sie mich fragen. Hart wie ein Brett.“ Sie lächelte. „Aber wenn Sie’s hart mögen …“ Martha flatterte hinüber zum Badezimmer und öffnete die Tür. „Ziemlich klein“, erklärte sie. „Nur eine mickrige Dusche, aber Charlie lässt Sie bestimmt seine benutzen. Er hat einen Whirlpool – für zwei. Obwohl es natürlich auch sehr lustig sein kann, sich zu zweit in so eine winzige Dusche zu quetschen.“ Sie zwinkerte. „Habs selbst hin und wieder ausprobiert.“

„Wir sind kein …“, begann Liz. Jetzt wusste sie auch, was Martha mit bevor gemeint hatte!

„Meine Liebe, Sie müssen mir gar nichts erklären. Glauben Sie mir, ich arbeite lange genug hier, um zu wissen, wie die Whitaker-Männer sind.“

„Nein!“ Liz schüttelte den Kopf. „Charlie und ich arbeiten nur zusammen, mehr nicht.“

„Aber natürlich, meine Liebe.“ Sie trippelte hinüber zur Kommode. „Und das hier ist ein Willkommensgruß von Mr. Whitaker. Unsere Gäste sollen sich schließlich wohl fühlen.“ Sie reichte Liz einen Korb mit Duftseife, Lotion und Badesalz, schob dann ein rosafarbenes Papier zur Seite und verkündete augenzwinkernd: „Hier eine Auswahl in verschiedenen Farben und Strukturen. Wenn Sie mehr brauchen oder eines dem anderen vorziehen, dann zögern Sie nicht, mich zu fragen.“ Sie lächelte Liz an. „Ich besitze einen Vorrat. Und seien Sie bloß nicht schüchtern, meine Liebe. Wie heißt es so schön, lieber sicher sein als hinterher bereuen. Sie wissen schon.“

„Ich brauche keine Kondome!“ Liz schob den Korb zur Seite wie eine giftige Schlange. „Wir sind nicht … Sie haben eine falsche Vorstellung. Wie ich bereits sagte, Martha, ich bin zum Arbeiten hier. Ich bin keine von seinen … wer auch immer so was benötigt.“ Sie deutete auf die Kondome und rümpfte die Nase. „Ich jedenfalls nicht.“

„Wie Sie meinen, meine Liebe.“ Marthas Tonfall zeigte deutlich, dass sie Liz kein Wort glaubte. „Aber nur für den Fall …“ Sie schob den Korb mit ihrem Stock wieder in Liz’ Richtung. „Übrigens bereite ich gerade ein kleines Abendessen vor. Charlie sagte, dass Sie beide ungestört arbeiten müssten.“ Sie zwinkerte schon wieder. „Auf dem Tisch neben dem Sofa steht eine antike Dose. Sollte die Arbeit ein wenig intensiver werden, als sie dachten, dann finden Sie darin eine hübsche Auswahl an …“ Sie beugte sich zu Liz und flüsterte: „Nur für den Notfall. In der Schreibtischschublade sind auch welche. Ich finde, man sollte auf alles vorbereitet sein.“ Martha sah Liz bedeutungsvoll an und eilte dann aus der Tür.

5. KAPITEL

Charlie klappte den Deckel seines Laptops zu und lehnte sich zurück. Der Tag war viel zu schön, dachte er, als Jonquil sich von einer fast lebendigen Person in etwas verwandelte, das auf seiner Festplatte gespeichert war. Die Vorhänge in Liz’ Zimmer waren zugezogen, er konnte nicht hineinschauen, sich aber gut vorstellen, was sie gerade machte. Arbeiten, in irgendeiner Form. Und vermutlich trug sie noch immer ihr Büro-Outfit. Zweiteiliger Anzug, schwarz oder dunkelblau. Weiße Bluse, oder vielleicht war sie besonders mutig gewesen und hatte cremefarben gewählt. Er hatte nicht darauf geachtet, weil sie sowieso immer die gleichen Klamotten und die gleiche Frisur trug – hochgesteckt wie eine Bibliothekarin. Ihr Haar könnte fantastisch aussehen, wenn sie es wollte, was aber offenbar nicht der Fall war. Er schloss einen Moment lang die Augen und stellte sich vor, ihr die Nadeln herauszuziehen. Eine Nadel nach der anderen, ganz langsam … sie würde den Kopf schütteln und ihr Haar befreien und dann mit einer Hand hindurchfahren.

Ein sinnliches Lächeln umspielt ihre Lippen, als sie die oberen drei Knöpfe ihrer Bluse öffnet und anschließend achtlos ihren Blazer auf den Boden wirft und ihre … 6-Zentimeter-Stilettos von den Füßen kickt. Nein, zehn Zentimeter. So herrliche Beine wie die von Liz verdienten zehn Zentimeter. Sein Blick wandert ihre Beine hinauf bis zu den Knien, und er wartet, während ihre Hände sich langsam ihrem Reißverschluss nähern, um ihn aufzuziehen …

Wow! Eine Schweißperle lief über seine Augenbraue, und das lag nicht an der Raumtemperatur.

„Toll“, murmelte Charlie und öffnete die Augen. Sie war nicht sein Typ, und er sollte sich auf keinen Fall irgendetwas zusammenfantasieren. Vermutlich gefiel ihm einfach die Herausforderung, eine steife Karrierefrau zu knacken. „Mehr ist es nicht“, sagte er entschieden. „Nur eine weitere Herausforderung.“ Er starrte noch immer auf ihr Fenster, als die Vorhänge aufgezogen wurden. Schnell wandte er den Blick ab und sah Joe, der eine Schubkarre voller Erde über den Rasen schob und dabei eine etwas verfremdete Szene aus Hamlet übte.

„Pflanzen oder nicht pflanzen“, grölte er. Offenbar probierte er eine neue Stimmtechnik aus. Charlie warf einen letzten Blick auf Liz’ Fenster, schnappte sich seinen Laptop und eilte in einen anderen Raum des Hauses, wo er nicht diesen Ausblick hatte und auch nicht diese Fantasien.

Obwohl sie noch ein paar Stunden Zeit hatte, überlegte Liz bereits, was sie zum Abendessen anziehen sollte. Ganz zwanglos, dachte sie, und strich die Falten einer Caprihose glatt. Dazu ein hübsches T-Shirt, und Charlie … nun, so wie sie Charlie kannte, bedeutete zwanglos für ihn nur, dass sie in der Stimmung war zu flirten. Was sie nicht war. Sie konnte auch ihre üblichen Büroklamotten tragen, aber wenn sie ehrlich war, hasste sie den Look. Eintönig, langweilig, zweckmäßig und völlig unpassend für diese Gelegenheit. „Komm schon“, meinte sie ungeduldig. „Es ist ein Arbeitsessen. Kein Grund, sich wegen der Garderobe verrückt zu machen.“ Aber sie wollte einfach – was wollte sie? Gut aussehen? Klar, sie wollte gut aussehen. Aber gut in welcher Hinsicht? Beruflich? Privat?

„Hör auf damit“, zischte sie, trottete zum Schrank und ärgerte sich darüber, dass ihr Herz so schnell klopfte. „Essen mit Charlie, Herrgott noch mal! Wir arbeiten. Punkt!“ Ihren Kopf hatte sie überzeugt, aber das Herzklopfen wollte nicht aufhören. Als sie die Schrankschiebetür ein Stück aufschob, um ihre Kleider aufzuhängen, streifte sie etwas mit … Federn? „Was?“, murmelte sie und zog die Tür ganz auf. Natürlich … Federn! Und noch viel mehr. Negliges, Morgenmäntel, durchsichtige Dessous. In allen Farben. Schwarz, Knallpink, Weiß, Rot. Eine Menge Rot. Charlie scheint Rot zu mögen, dachte sie, und versuchte ihren Ärger zu unterdrücken.

„Was würde dir wohl am Besten gefallen, Charlie?“ Sie nahm das Teil mit den Federn heraus. „Ich kann es mir denken.“ Dazu ein passender Stringtanga natürlich, mit Strapsen dran. „Wirklich bequem“, meinte sie und fragte sich, wo die dazugehörenden schwarzen Netzstrümpfe wohl waren. Zu solchen Strapsen gehörten ganz sicher Netzstrümpfe.

Sie hielt die Wäsche an ihren Körper. Ein knappes, durchsichtiges Teilchen mit Federn, dazu ein noch knapperer BH, der fest genug war, um eine bescheidene B-Größe nach C aussehen zu lassen. Sie schluckte, als sie erkannte, dass der BH kaum ihre Brustwarzen bedecken würde – egal ob B oder C oder was auch immer –, falls sie ihn anprobieren würde.

Das Preisschild baumelte noch daran, damit niemand auf die Idee käme, es sei nicht brandneu – wohl auch ein Willkommensgruß. „Du denkst wirklich an alles, Charlie, oder?“, sagte sie laut und grinste. „Nun, vielleicht nicht an alles.“

Liz trat in den Flur und holte tief Luft. Sie blickte an dem roten Neglige herab und stellte noch einmal sicher, dass alles verborgen war, was verborgen sein sollte. Verglichen mit den anderen Stücken, die sie in dem Schrank gefunden hatte, war das hier geradezu konservativ. Rote Spitze mit Blumenmuster, ein schulterfreies Oberteil, das ihren Bauchnabel freiließ, und ein Höschen, das einige Zentimeter tiefer begann. Zum Glück waren die blumigen Stellen strategisch geschickt platziert, denn der Mantel, der dazu gehörte, entblößte mehr, als er verdeckte. Gott sei Dank habe ich heute Morgen meine Beine rasiert, dachte sie, als sie sich zur Treppe wagte.

Sie betrat die erste Stufe und warf dann eine Hand voll hauchdünner Dessous nach unten in die Halle. Es war ein geradezu himmlischer Anblick, als die zarten Stoffe in verschiedenen Farben sanft im Wind des Ventilators schwebten. Die Leute in der Halle schauten hoch und waren zu erstaunt, um das Spektakel zu kommentieren, außer Joe, der sagte: „Nun sieh dir das mal an.“ Dann versuchte er, die verführerischen Stücke aufzufangen. Der Grizzlybär in der Ecke erwischte ein pinkfarbenes Mäntelchen und betrachtete gleichmütig, wie es an seiner riesigen rechten Pranke baumelte. Drei weitere Farben – Mitternachtsblau, Kirschrot und Violett – hingen am Kronleuchter und dämpften das Licht, das zwischen den Geweihen leuchtete. Und der Biber hatte sich des roten Federteils mit dem Preisschild bemächtigt.

„Wissen Sie, Charlie“, begann Liz, als sie sich die Stufen hinunterbewegte und auf ihrem Weg weitere Dessous fallen ließ, „ich bin noch nicht mal eine Stunde hier, und schon lassen sich ihre Absichten nicht mehr verheimlichen.“ Sie traf auf Joe, der die Stufen hochkraxelte und die Wäsche aufhob, die auf den Stufen und dem Geländer gelandet war. Er lächelte betreten, als er vor ihr in die Knie ging, um ein paar rote Strümpfe aufzuheben. „Wir hatten eine geschäftliche Vereinbarung, und Sie kannten die Bedingungen ganz genau. Und dabei ging es niemals um diese … diese … diese … ich weiß nicht mal, wie man so etwas nennt, weil ich mit Sicherheit niemals in ihnen schlafen würde.“ Sie trat über ein Stück Stoff, das einem BH ähnelte, und fuhr fort: „In Anbetracht all der anderen Begrüßungsgeschenke, die sich in meinem Zimmer befinden, vermute ich allerdings, dass die Bedingungen doch nicht so klar waren, wie ich dachte.“ Als Charlie in ihr Blickfeld kam, warf sie ihm goldfarbene Strapse zu.

Er fing sie auf und reichte sie Martha, über deren Armen eine Kollektion von Stoffen in Tiger- und Schlangenmuster hing. „Liz, ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um …“

Sie blieb stehen, schüttelte den Kopf und streckte die Hand aus, um ihn am Weitersprechen zu hindern. „Ist es das, was Sie wollen?“ Sie drehte sich langsam und verführerisch um die eigene Achse und ließ ihre Hände provokativ über den Stoff gleiten. „Und hatten Sie Angst, mich darum zu bitten?“ Sie lief aufreizend langsamen Schrittes weiter und atmete tief durch, um ihrer Nervosität Herr zu werden. Gar nicht schlecht bisher, dachte sie. Auf jeden Fall sah Charlie ziemlich schuldbewusst aus. „Wissen Sie, ich habe den Eindruck, dass wir unterschiedliche Erwartungen haben.“ Sie hielt vor den letzten Stufen inne, um ihm die Schachtel mit Kondomen hinzuwerfen, und verließ schließlich die Treppe. „Aber der Punkt ist, dass das hier rein geschäftlich ist. Unabhängig davon, was Sie sich sonst noch versprochen haben …“

Charlie zog die Augenbrauen hoch und warf Liz einen ungläubigen Blick zu. „Ich glaube wirklich, Sie sollten …“

„Nein“, unterbrach sie ihn. „Sie müssen sich entscheiden. Drei Tage liegen vor uns. Entweder wir halten uns an unsere ursprüngliche Abmachung oder …“

„Liz“, zischte er und zerrte an seinem Kragen. Selbst in dem gedämpften blauen Licht war die Röte in seinem Gesicht nicht zu übersehen. „Nicht jetzt!“

„Ich will diese Beförderung, Charlie, das wissen Sie. Ich bin bereit, alles dafür zu tun. Bis auf das. Okay?“ Gut, dachte sie, er fühlt sich offenbar ziemlich unwohl. Sie hatte ihn da, wo sie ihn haben wollte. „Okay?“, fragte sie noch einmal und ging direkt auf ihn zu. „Wie wäre es also, wenn wir diesen ganzen erbärmlichen Zwischenfall einfach vergessen?“ Aus den Augenwinkeln erblickte sie ein paar schwarze Schuhe. Der rechte klopfte auf den Boden, ziemlich ungehalten, wie es schien.

„Liz, Sie kennen Barry Gorman, den Vizepräsidenten von Sporty Feet? Barry ist ein Nachbar. Er und seine Frau Ellen sind auf einen Drink vorbeigekommen. Ellens Vater gehört die Firma, falls Sie das vergessen habe sollten.“

Liz drehte sich gerade weit genug um, um zu sehen, dass der kahlköpfige, Brille tragende Fünfzigjährige, der auf einer Bank saß, mit einer limonengrünen, flauschigen Boa drapiert war. Oh nein, oh nein, oh nein … Sie suchte den Holzboden nach einem Astloch ab, in dem sie sich verkriechen konnte, aber da war keins.

„Barry, Sie kennen Liz … Jackies Assistentin.“ Charlie eilte zu Barry und entfernte die grüne Boa von seiner Schulter. „Sie springt für Jackie ein, solange die in Mutterschutz ist. Wir haben Liz die Leitung für die Sporty-Feet-Kampagne übertragen.“ Ein gequälter Ausdruck lag auf Charlies Gesicht, als er die nächsten Worte hervorpresste: „Wir haben viel, ähm, Vertrauen in ihre Fähigkeiten.“ Er nickte entschieden. „Sehr viel Vertrauen.“

„Darauf wette ich“, blaffte Barry, umschloss den Ellbogen seiner Frau und begann, Richtung Eingangstür zu flüchten. „Wir haben da wohl den falschen Zeitpunkt gewählt, Charlie. Tut mir leid. Vielleicht rufe ich Ihren Vater nächste Woche an, nachdem wir ein paar …“ Er warf Liz über den Brillenrand einen Blick zu und schüttelte den Kopf, „… Details Ihres Angebots geprüft haben. Es könnte sein, dass wir unsere Meinung doch noch ändern und bei unserer alten Agentur bleiben.“

„Bei Ihrer alten Agentur, Mr. Gorman?“, meldete sich Liz zu Wort, überrascht, dass ihr die Stimme nicht versagte. Sie lief so selbstbewusst, wie es ihr derart spärlich bekleidet möglich war, direkt auf den Mann zu, der sie so erbost betrachtete. Zwei Schritte vor ihm blieb sie stehen und holte tief Luft. „Sie sind Kunde einer Werbeagentur, der es nicht gelungen ist, ihre Firma von der Konkurrenz abzuheben. Als Sie zu Whitaker kamen, hatte ich den Eindruck, dass Sie nach einer Agentur suchen, die sie vor der Mittelmäßigkeit bewahrt. Und wir sind niemals mittelmäßig, wie Sie sehen können.“ Sie deutete wie zum Beweis auf ihr Outfit. „Wohingegen Ihre derzeitige Werbekampagne mittelmäßig ist, um es dezent auszudrücken. Sporty Feet for Sporty People. Ich bitte Sie, Mr. Gorman. Ihr Produkt hat etwas Besseres verdient.“

„Junge Dame, ich habe von Ihnen Professionalität erwartet und nicht … das hier.“ Er riss Charlie die Boa aus der Hand und wedelte damit vor Liz’ Gesicht herum. „Und auch nicht das.“ Er schnappte sich die Schachtel mit Kondomen, die seine Frau vom Boden aufgehoben hatte.

„Aber so etwas verkauft sich gut, Mr. Gorman. Es erregt Aufmerksamkeit, oder nicht?“

„Schmutz ist das.“

„Sex“, korrigierte Liz. „Charlie und ich sind hierher gekommen, um an der Kampagne zu arbeiten, Mr. Gorman … wir wollen einen Weg finden, Ihr Image aufzupolieren. Sie haben im letzten Quartal achtzehn Prozent weniger Gewinn gemacht, nicht wahr?“

Barry Gorman begann sich zu winden, dann drückte er Liz sowohl die Boa als auch die Kondome in die Hand. „Das gehört nicht hierher.“

„Wenn Sie weiter im Geschäft bleiben wollen, dann schon“, wehrte sich Liz. Sie drehte sich um und reichte Martha die Gegenstände, die ihr ihrerseits einen weiten Trenchcoat hinhielt. Bevor sie sich wieder an Gorman wandte, schlüpfte sie in den Mantel – Charlies Mantel, wie sie am Geruch erkannte – schloss den Gürtel und gestattete sich einen schnellen Blick auf Charlie, von dem sie erwartet hatte, dass er kurz vorm Platzen war. Doch überraschenderweise zwinkerte er ihr zu und lächelte sogar ein winziges bisschen.

„Die Wirtschaftslage ist schlecht. Jeder hat Verluste gemacht“, schnauzte Barry sie an. „Jeder!“

Liz’ Herz begann zu rasen. Auf so eine Chance hatte sie immer gewartet. Jetzt hieß es schwimmen oder untergehen. Willkommen in deinem Leben, Liz Fuller. Zeig ihnen, was du drauf hast.

„Nicht jeder, Mr. Gorman. Natürlich ging es einigen kleinen Mitbewerbern ähnlich wie Ihnen, aber nicht den großen.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, hob kämpferisch das Kinn und schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht verstehen, dass Sie einen solchen Tiefschlag einfach ignorieren, denn achtzehn Prozent Verlust bedeuten, dass Sie sogar noch hinter ihre kleinen Konkurrenten gefallen sind, und das wissen Sie.“ Sie warf ihm ein herausforderndes Lächeln zu. „Sie sind das Schlusslicht in der Branche, Mr. Gorman.“

„Ist das wahr, Barry?“, mischte sich seine Frau ein. „Du bist das Schlusslicht?“

„Es war schon mal schlimmer“, schnaubte er. „Es geht immer auf und ab. Unsere neue Herbstkollektion wird …“

„Ihre neue Herbstkollektion wird nichts daran ändern, wenn sie sich nicht verkauft“, konstatierte Liz. „Und nachdem Sie im letzten Quartal bereits fünfzehn Prozent Verlust hatten, zeigt das deutlich, dass Sie die Kollektion ohne Hilfe nicht verkaufen können – ohne ein neues Image. Und genau das möchte Whitaker Ihnen geben. Wir wollen Ihr Marktsegment finden und Sie dort ein für alle Mal etablieren.“

„Wollen Sie ihr das wirklich durchgehen lassen, Whitaker?“ Barry stotterte. Er begann zu schwitzen. „Können Sie Ihre eigene Angestellte nicht im Zaum halten?“ Er zog ein weißes Taschentuch aus der Jackentasche und tupfte sich die Stirn ab. „Ihr Vater hätte sie längst gefeuert …“

Charlie warf in vorgetäuschter Kapitulation die Arme in die Höhe. „Ich bin doch nur ein Angestellter, Barry. Aber meiner Meinung nach macht Liz ihre Sache großartig. Ich bin tief beeindruckt.“ Charlie stellte sich hinter Liz und drückte ihren Arm. „Wie ich bereits sagte, wir glauben an Liz’ Ideen.“

„Hör es dir doch einfach mal an“, zischte Ellen ihrem Mann zu.

Barry blickte auf seine Uhr. „Ich gebe Ihnen eine Minute, Miss …“

„Fuller, Elizabeth Fuller. Und ich brauche keine ganze Minute, Mr. Gorman.“

„Sie sind ziemlich von sich überzeugt, was?“, fragte er spöttisch.

Sie nickte. Aber tatsächlich hatte sie ihr Pulver bereits verschossen, denn mehr hatte sie sich für Sporty Feet bisher noch nicht überlegen können. Nun stand sie hier ohne Netz und doppelten Boden. Und schlimmer, ohne die geringste Idee.

„Ja, das bin ich, Mr. Gorman“, log sie.

„Dann legen Sie los.“ Er stopfte das feuchte Taschentuch zurück, verschränkte die Arme vor seiner Brust und hob kämpferisch sein Kinn, so wie Liz zuvor. „Die Zeit läuft.“

„Sex.“

„Wie bitte?“

„Sex, Mr. Gorman. Das ist es.“

„Sex? Das ist Ihr Verkaufsargument für meine Schuhe?“ Er schüttelte verächtlich den Kopf und wandte sich an seine Frau. „Wenn wir uns beeilen, können wir vielleicht doch noch die Ashtons zum Bridge einladen.“

„Fünfzehn Prozent Verlust im letzten Quartal und achtzehn Prozent in diesem, Mr. Gorman. Und im nächsten? Zweiundzwanzig und dann vierundzwanzig?“

„Ich weiß, dass dir Sex nie sonderlich wichtig war, Barry“, sagte Ellen ruhig und tätschelte seinen Arm. „Aber mir, und ich glaube, dass Miss Fuller … dass Liz auf etwas hinaus will.“ Aus dem freundlichen Tätscheln wurde ein bedrohliches Quetschen. „Also hör ihr zu!“

Barry erschauderte. „Darum geht es bei Sporty Feet nicht.“

„Eben nicht, und nun sehen Sie, was passiert ist“, fuhr Liz fort. „Ihre Verkaufszahlen sind eingebrochen, was bedeutet, dass Ihre Werbestrategie nicht funktioniert. Und Ihr Image, das Sie aufrechterhalten wollen, hat null gebracht.“

„Null?“, grunzte Barry.

„Null. Zum Jahresende sind Sie pleite, wenn Sie den Abwärtstrend nicht stoppen.“

„Und Sie glauben, das mit Sex zu können, junge Dame?“, fragte Barry. „Einfach ein bisschen Sex, und dann schießen wir wieder nach oben? Wir sollen unser bewährtes Image, das uns seit Jahrzehnten getragen hat, für … für … Sex aufgeben?“ Er presste das Wort hervor, schluckte dann schwer und leckte sich über die Lippen, als wolle er den Geschmack wieder loswerden. „Nein“, murmelte er und schüttelte heftig den Kopf. „Das gefällt mir nicht. Kein bisschen …“

„Aber Sex verkauft sich, Barry“, unterbrach ihn Liz. Zum ersten Mal fühlte sie sich auf sicherem Boden. Denn ihr Klient argumentierte nun genauso wie sie mit Emotionen und nicht mit Fakten. Das bedeutete, dass er sich auf ihr Territorium gewagt hatte, statt auf seinem zu bleiben. „Ich hatte in der Sekunde, in der die kleinen Dessous durch den Raum flogen, Ihre Aufmerksamkeit gewonnen, oder nicht?“

Er nickte steif. „Aber ich versuche, Schuhe zu verkaufen … Laufschuhe, und daran ist nichts sexy, Miss Fuller. Wir wollen die gute Passform hervorheben, einzigartige Funktionen … sportliche Funktionen, keine …“ Er räusperte sich. „… keine sexuellen Funktionen.“

Nein, er war noch nicht auf ihrer Linie, das spürte Liz genau, aber er näherte sich langsam. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Keine sexuellen Funktionen, Barry. Sexualität … Sexappeal … sexy. Etwas, das sagt: ‚Hey, sieh mich an. Wenn du mich besitzt, dann bist du sexy.‘ Das hat Sie sofort gepackt, und das wird auch Ihre Kunden packen.“

„Was mich gepackt hat, junge Dame, war eine grüne Boa!“, rief er zänkisch.

„Und das werden Sie nie vergessen, oder? Und darum geht es in der Kampagne, die ich entwerfe. Etwas, das einen packt und das man nicht mehr vergisst.“

„Also Boas und … wie immer sich das andere Zeugs nennt?“ Barry schnappte sich einen Tanga von Martha und hielt ihn Liz unter die Nase. „Das wollen Sie mir vorschlagen?“

„Nein. Ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit erregen. Das ist alles. Für Sie habe ich etwas anderes im Kopf, das nicht annähernd so plump ist wie das, was Sie gerade erlebt haben. Ich verspreche Ihnen, dass es Ihnen nicht leid tun wird, wenn Sie das Treffen mit uns einhalten.“

„Große Worte, Miss Fuller.“ Barry wollte noch immer nicht aufgeben. „Ich schätze, wir warten mal ab, ob Sie so gut sind, wie Sie glauben“, brummte er. „Und das sollten Sie besser sein, junge Dame. Verstehen Sie? Verdammt gut.“

Ellen, die direkt hinter ihrem Mann stand, lächelte erfreut und stopfte die Strapse aus Goldlamé in ihre Handtasche.

Charlie wedelte mit der grünen Boa durch die Luft, woraufhin Martha aus der Ecke geschossen kam, sie schnappte und damit verschwand. „Ich würde mal behaupten, wir haben das ganz gut hingekriegt“, meinte er beiläufig, den Blick auf Joe gerichtet, der eine Leiter hinter sich herzerrte, um das pinkfarbene Ding, das der Grizzly noch immer umklammert hielt, zu entfernen. „Unter diesen Umständen.“

Liz schäumte vor Wut, sie stapfte verärgert in kleinen Kreisen durch den Raum. Ihm gefielen die roten Flecken auf ihren Wangen. Sie passten so gut zu dem roten Nachthemd. Bisher hatte sie noch kein Wort gesagt. Nicht, seit Barry und Ellen vor zehn Minuten gegangen waren. „Was denken Sie, Liz?“ Er zwang sich, nicht zu lächeln. Diese Seite an ihr kannte er nicht, aber sie gefiel ihm.

„Was ich denke? Wollen Sie wirklich wissen, was ich denke, Charlie?“ Sie blieb abrupt stehen, hob langsam den Kopf und starrte ihn an. Er konnte beinahe den Qualm sehen, der aus ihren Ohren kam. „Wollen Sie wirklich wissen, was hier gerade geschehen ist? Wollen Sie wirklich wissen, was mit meinem Arbeitsplatz ist, wenn Barry Gorman sich eine andere Agentur sucht? Wollen Sie wirklich wissen …“

Sie schien nach Worten zu suchen und begann wieder herumzulaufen. Hin und her, kochend vor Wut, rasend – wow, es gefiel ihm, sie in der Hitze des Gefechts zu beobachten. So sexy und leidenschaftlich und provozierend, keine Spur mehr von dieser steifen Geschäftlichkeit. Zwar bevorzugte er zahmere und willigere Frauen … aber für Jonquil passte es … wenn er sie so beschrieb, würde sie dem Leser sozusagen direkt ins Gesicht springen. Allerdings nur, wenn er jedes winzige Detail von Liz’ Ausbruch tatsächlich festhielt. „Könnten Sie einfach einen Moment lang in dieser Stimmung bleiben?“, bat er sie, hastete zum Schreibtisch, schnappte sich einen Block, lehnte sich gegen die Tischplatte und begann, so schnell es nur ging, zu schreiben.

Als sie sah, was er da tat, drehte sie sich langsam um – wie ein hungriges Tier, das seine nächste Mahlzeit begutachtete: „Sie sollten es besser nicht zu detailliert beschreiben. Charlie, hören Sie mir zu?“

„Hm … einen kleinen Augenblick.“ Die Worte flossen so schnell aus seiner Feder, dass er gar nicht bemerkte, wie Liz sich ihm Schritt für Schritt näherte. Als sie ihn erreicht hatte, blickte sie auf den Block und sah den Namen Jonquil, um den er eine Flamme gemalt hatte. Und ihr Name stand daneben, umkringelt von einer sogar noch größeren Flamme, und eine Liste von Worten wie – lodernd, leidenschaftlich, herausfordernd …

„Herausfordernd gefällt mir“, sagte sie und las weiter. „Hitzköpfig? Sie halten mich für hitzköpfig?“

„Habe ich das behauptet?“ Er schaute auf, bemerkte ihre noch immer roten Wangen, und fügte zu seiner Liste hinzu: temperamentvoll, erregt, elektrisiert, heiß, glühend …

„Da steht es doch.“ Sie tippte mit dem Finger auf das Wort. „Hitzköpfig, und das steht unter meinem Namen.“

Lächelnd strich Charlie das Wort durch und schrieb: heißblütig. „Besser?“

„Wie können Sie hier sitzen und irgendwelche Adjektive kritzeln, nach allem, was gerade passiert ist? Ihr Vater wird mich rausschmeißen, falls Barry Gorman mich nicht vorher mit der Boa erwürgt.“

Er antwortete mit einem abwesenden Nicken – er hatte ihr gar nicht zugehört. Er kritzelte noch etwa fünf Minuten vor sich hin, bevor er aufschaute und feststellte, dass er allein im Zimmer war. Joe und Martha waren verschwunden, und Liz war … er legte den Block auf den Tisch und stand auf. Liz war … er lächelte. Perfekt.

6. KAPITEL

Es ist so schön hier, dachte Liz, als sie über das Grundstück spazierte, um sich zu beruhigen. So still und friedlich, genau das, was ich jetzt brauche. Sie zitterte noch immer. Doch was geschehen war, war geschehen, nun musste sie sehen, wie es weiterging. In der kurzen Zeit, seit Sporty Feet ihr Projekt war, hatte sie sich eine Menge Gedanken gemacht, und keiner hatte etwas mit einer grünen Boa zu tun gehabt. „Himmel“, sagte sie und kickte einen Kieselstein weg. „Gerade hat der Job begonnen, mir Spaß zu machen.“

Charlie hatte sich hinter seinem Schreibtisch verschanzt, um Jonquil etwas mehr Pep zu geben, Pep à la Liz Fuller, wie sie vermutete. Sie hatte sein Arbeitsmuster erkannt – er beobachtete sie eine Weile und machte sich dann Notizen. Dann beobachtete er weiter und machte sich noch mehr Notizen. Schmeichelhaft, überlegte sie, und außerdem erstaunlich, dass er nach diesem katastrophalen Treffen ganz ruhig an seinem Buch arbeiten kann. Sie war nicht mal in der Lage, ohne reifliche Überlegung ihre Pläne fürs Mittagessen zu ändern, spontane Entscheidungen waren nun wirklich nicht ihre Stärke. Sie fand es fantastisch, wie Charlie von einer Sekunde zur anderen den Schalter umlegen konnte.

„Sex verkauft sich, Liz“, sagte Charlie und setzte sich neben sie auf die Gartenbank. „Und, zum Teufel, Sie haben wirklich das Beste rausgeholt. Von dieser grünen Boa mal abgesehen, glaube ich, dass Barry keine Ahnung hatte, was da über ihn kam.“

Als seine Schulter die ihre berührte, fuhr ein Schauer durch ihren Körper, und sie rückte schnell ein Stück von ihm ab.

Er lachte. „Und außerdem sahen Sie ohne Klamotten gut aus. Das Schwierigste haben Sie geschafft – nämlich das Konzept zu verkaufen. Der Rest ist ein Kinderspiel.“

Liz drehte sich um. „Ich hatte schon noch was an, und außerdem war das nicht mein Konzept, Charlie. Das wissen Sie“, funkelte sie ihn an. „Warum waren diese Dessous überhaupt in meinem Schrank? Ich meine, was gibt Ihnen das Recht zu unterstellen, dass ein Wochenende in dieser Hütte auch Sex beinhaltet?“ Sie war nicht mehr wütend, sondern enttäuscht und womöglich ein wenig traurig darüber, dass das, was sie eigentlich sowieso nicht wollte, zwischen ihnen nicht geschehen würde. „Und wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, dass mir so etwas gefallen könnte?“

„Vermutlich glauben Sie mir sowieso nicht, wenn ich Ihnen sage, dass ich keinen Schimmer habe, wie die Dessous da hingekommen sind.“

„Charlie …“, seufzte sie. „Glauben Sie’s oder nicht, ich weiß jetzt schon, was Sie als Nächstes sagen werden. Sie werden mir erklären, dass Ihr letzter Gast die vergessen hat oder dass Ihr Bruder …“

„Ich habe keinen Bruder“, unterbrach er sie.

„Oder Ihr Dad“, fuhr sie fort.

„Einen Dad habe ich allerdings.“

„Darum geht es hier nicht. Worum es geht, ist, dass wir etwas vereinbart hatten. Und wenn das nun ein Problem ist, dann werde ich eben zurück in die Stadt fahren.“ Sie stand auf, ging hinüber zu einem kleinen Teich und blickte ihr Spiegelbild im Wasser an. „Also, wie geht es nun weiter?“

Charlie kam zu ihr, legte seine Arme um ihre Taille und zog sie an sich, allerdings nicht so fest, dass es mehr als eine freundschaftliche Umarmung war – und deswegen wehrte sie sich auch nicht, obwohl sie sich wehren sollte.

„Sex verkauft sich, Liz“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Und Sie sind die Verkäuferin.“

Kein schlechtes Gefühl, dachte sie und entspannte sich ein wenig. Nicht schlecht, solange sie es dabei beließen – unter Kollegen. „Nur, wenn Sie nicht der Kunde sind.“

Jonquil stapfte durchs Zimmer. Ihr Haar schlug ihr ins Gesicht wie der Schwanz eines verärgerten Rosses, das Fliegen zu verscheuchen versuchte. Ihre Nüstern weiteten sich empört, sie atmete heftig. Plötzlich zuckte ihr Blick hin und her wie die Zunge einer Schlange, die einen Feind entdeckt hat. „Er gehört mir!“, schrie sie. „Mir alleine.“ Ihr Busen wogte … ihre Brüste hoben und senkten sich erbost … kampflustig … wütend. „Lasst ihn in Ruhe. Ich werde heute Nacht sein Kind empfangen. Seinen Erben. Und Ihr … seine Mutter … werdet mir nicht im Weg stehen. Denn ich habe ihn endlich aus Euren Klauen befreit, alte Frau.“

Charlie lehnte sich lächelnd zurück. Gar nicht schlecht, wenn man bedachte, dass er nur zehn Minuten dafür gebraucht hatte. Und Liz wäre erfreut zu sehen, dass er den wogenden Busen abgeändert hatte. Vielleicht würde er später noch ein oder zwei Absätze hinzufügen, doch das Abendessen war fast fertig. Er hörte, wie Martha in der Küche herumwerkelte und wie die Bodendielen in Liz’ Zimmer knarrten, als sie vermutlich wieder ihre strenge Bürokleidung anzog. Zu schade. Ein Abendessen mit Liz in diesem kleinen roten Hemdchen würde … würde ihm eine Menge Ärger bescheren. Aber er konnte ja ein wenig seine Fantasie spielen lassen, was er auch tat, mit geschlossenen Augen, bis er ihre Schritte auf der Treppe vernahm.

„Ist das Essen fertig?“, fragte Liz.

Charlie öffnete die Augen und starrte sie an. Einen Moment lang stockte ihm der Atem. Sie trug das Haar offen … nicht nur offen, es floss ihr geradezu über die Schultern. Sie hatte Caprihosen und ein bauchfreies Oberteil angezogen. Rosa. Zart. Und so feminin. „Ich habe ein wenig geschrieben, während Sie sich umgezogen haben“, meinte er. Seine Stimme klang sogar in seinen eigenen Ohren seltsam angestrengt. Oder auch ein wenig nervös. Nein, das nicht. Eher überrascht. Erfreut vielleicht auch. Womöglich sogar ein wenig ergriffen, wie es Männer nun einmal waren, wenn eine der schönsten Frauen der Welt plötzlich vor ihnen stand. Aber nervös war er nicht. Schließlich handelte es sich hier um Liz. Um die mürrische, disziplinierte und absolut verklemmte Liz Fuller, und daran konnte auch das hübsche Rosa nichts ändern … zumindest nicht viel.

„Sie wirken, als hätten Sie einen Geist gesehen“, sagte Liz und durchschritt den Raum. An seinem Tisch angekommen, blickte sie auf den Bildschirm seines Laptops, er klickte schnell das Speichern-Icon an und schloss die Datei.

„Ich habe keinen Geist gesehen, sondern den Kalender, und ich mache mir Sorgen, ob wir die Kampagne für Sporty Feet rechtzeitig fertig bekommen.“ Er riss sich zusammen und schaute sie an. „Vor allem, weil Sie noch mal ganz von vorne anfangen müssen. Sollten Sie da nicht ihr Haar hochstecken wie sonst auch?“

Sie griff sich automatisch an den Kopf. „Gefällt es Ihnen offen nicht?“

Er liebte es offen. Das war ja das Problem. „Es passt einfach nicht zu Ihnen. Genauso wenig wie Rosa.“

„Rosa?“

„Tragen Sie normalerweise nicht Braun?“

„Dunkelblau, manchmal Schwarz.“

„Dunkelblau ist gut. Sie sollten sich etwas Dunkelblaues anziehen.“

Autor

Dianne Drake
Diane, eine relative neue Erscheinung im Liebesromanbetrieb, ist am meisten für ihre Sachliteratur unter dem Namen JJ Despain bekannt. Sie hat mehr als sieben Sachbücher geschrieben, und ihre Magazin Artikel erschienen in zahlreichen Zeitschriften. Zusätzlich zu ihrer Schreibtätigkeit, unterrichtet Dianne jedes Jahr in dutzenden von Schreibkursen.
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