Liebe gesucht - Prinz gefunden

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Darf ich Sie zum Frühstück einladen? Simons raue Stimme ist Sex pur, sein Blick wie ein Streicheln! Ariellas Herz schlägt auf einmal doppelt so schnell - atemlos sagt sie dem Lord zu. Dabei ist ihr Leben schon kompliziert genug! Seit sie erfahren hat, dass ihr leiblicher Vater niemand anderer ist als der US-Präsident, machen ihr die Paparazzi das Leben schwer. Und eine Beziehung mit einem Mitglied des britischen Hochadels würde für noch mehr Aufruhr sorgen. Wenn Simon nur nicht so attraktiv wäre - dann würde es ihr leichter fallen, seinen Küssen zu widerstehen …


  • Erscheinungstag 25.03.2014
  • Bandnummer 1812
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720322
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Du, Ariella! Kennst du den Mann dahinten, der genau in deine Richtung starrt? Ist das nicht dieser englische Lord, über den immer so viel in den Zeitungen steht?“

„Vielleicht möchte er noch ein Glas Champagner.“ Ariella Winthrop zog ihr Smartphone aus der Tasche und forderte eine neue Lieferung von Lachs und Kaviar an. Sie hatte diese Galaveranstaltung organisiert, deren Reinerlös dem örtlichen Krankenhaus zugutekommen sollte. Zirka sechshundert Gäste waren erschienen. „Ich sage gleich einem der Kellner Bescheid.“

„Sieh ihn dir doch wenigstens mal an.“ Francesca Crowe schüttelte missbilligend den Kopf. Ihr langes schwarzes Haar schimmerte im Licht der festlichen Beleuchtung, und mit ihrem teuren bestickten Kleid, das ihren üppigen Körper eng umschloss, passte sie genau in diese Gesellschaft der Reichen und Schönen. Normalerweise war es Ariella gar nicht recht, wenn Freunde zu den Partys kamen, die sie organisierte. Denn sie hielten sich meist in ihrer Nähe auf und wollten mit ihr schwatzen, wo sie doch weiß Gott etwas anderes zu tun hatte. Glücklicherweise gehörte Francesca zu den Freundinnen, zu denen sie ehrlich sein konnte.

„Tut mir leid, aber dazu habe ich keine Zeit.“ Ihr Smartphone piepste. Beim Haupteingang war eine Flasche Wein umgekippt. Schnell wies sie an, was zu tun war. „Und außerdem ist er es sicher nicht.“ Absichtlich sah sie nicht hoch. Hoffentlich blickte der Mann jetzt in eine andere Richtung. Dass er sie anstarrte, machte sie nervös.

„Vielleicht ist er nur neugierig und will das mysteriöse uneheliche Kind des Präsidenten der Vereinigten Staaten sehen“, bemerkte Francesca. „Wie jeder hier im Saal.“

„Musst du mich immer daran erinnern, Fran? Übrigens, ob ich mich wirklich darauf einlasse, Präsident Morrow in der Fernsehsendung zu treffen, muss ich mir noch mal überlegen. Auch wenn der Sender deinem Mann gehört.“ Das war nur so dahingesagt, und Francesca wusste, dass es nicht ernst gemeint war. Aber Ariella wurde ganz elend, wenn sie an diese Begegnung dachte. Alle Welt sprach von ihr und ihrem berühmten Vater, mit dem sie bisher noch nie ein einziges persönliches Wort gewechselt hatte.

„Du ahnst nicht, was dir entgeht. Er sieht wirklich toll aus.“ Francesca ignorierte Ariellas letzte Bemerkung. Dies und ihr verschwörerischer Tonfall ließen Ariella dann doch hochblicken. Der große schlanke Mann hatte kurzes kräftiges aschblondes Haar und trug einen perfekt sitzenden Smoking. Und er ließ sie nicht aus den Augen. Himmel, jetzt kam er auch noch auf sie zu! „Er geht in unsere Richtung!“, flüsterte sie beunruhigt.

„Ich habe es ja gewusst, er ist scharf auf dich.“ Francesca blieb sehr viel gelassener als die Freundin. „Und er braucht keinen Champagner. Sein Glas ist noch voll.“

„Was will er dann?“ Ariellas Herz schlug schneller, aber sie setzte ein professionelles Lächeln auf. Wie sollte sie sich verhalten? Sie war schließlich nicht einer der reichlich zahlenden Gäste, sondern übte hier ihren Beruf aus. Wie begrüßte man jemanden aus den höchsten Adelskreisen? Wenn doch nur ihre Freundin Scarlet hier gewesen wäre! Scarlet gehörte zur High Society von Washington und wusste, wie man sich in solchen Situationen benahm.

Schon stand er direkt vor ihr und streckte die Hand aus. Sein Händedruck war fest. „Ms Winthrop, ich bin Simon Worth.“

Er war es also doch, und er kannte ihren Namen? Auch das noch … Wahrscheinlich hatte auch er diese ganzen Geschichten über sie in den Zeitungen gelesen.

„Ich bin beeindruckt.“ Der Blick aus seinen hellen braunen Augen war intensiv und schmeichelnd zugleich.

Seine tiefe raue Stimme war sehr sexy, und Ariellas Puls beschleunigte sich. Bloß das nicht! Sich in einen illustren Gast zu verknallen, das hätte ihr gerade noch gefehlt. Aber nett, dass er ihr ein Kompliment machte. „Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen.“ Sehr selten bedankten sich die Gäste bei den Organisatoren, ja, sie nahmen sie meist nicht einmal zur Kenntnis. „Diese Wohltätigkeitsveranstaltungen zu organisieren, macht uns viel Spaß.“

Er ließ ihre Hand los, hielt aber immer noch ihren Blick fest. Jetzt lächelte er auch noch. Was für ein Lächeln! „Ich bezog mich nicht auf Ihr Talent als Eventmanagerin, obgleich das ohne Frage auch bemerkenswert ist. Nein, ich bin beeindruckt, wie souverän Sie mit dem Medienwahnsinn umgehen, der über Sie hereingebrochen ist. Von der Herumschnüffelei in Ihrem Privatleben gar nicht zu reden.“

„Oh …“ Sie wurde rot, was ihr selten passierte. Aber dieser Mann machte sie nervös. „Wahrscheinlich ist in diesem Fall günstig, dass ich kaum ein echtes Privatleben habe. Meine Arbeit lässt mir dazu wenig Zeit. Also gibt es auch so gut wie nichts, was die Öffentlichkeit interessieren könnte.“

„Ich weiß genau, was Sie auszustehen haben“, sagte er lächelnd. „Noch bevor ich sprechen konnte, war die Pressemeute mit ihren Kameras hinter mir her. Später habe ich dann begriffen, dass die Medien sich einfach eine Geschichte ausdenken, wenn man ihnen kein Material liefert. In der Hoffnung, dass man sich darüber aufregt und sie daraus dann ihre Story basteln können.“

„Das Beste ist also, sich nicht aufzuregen, sich taub und blind zu stellen und darauf zu warten, dass es ihnen zu langweilig wird? Und sie sich das nächste Opfer suchen?“

Er nickte. „So ungefähr.“

Nicht nur die Stimme war sexy, auch das Grübchen in der linken Wange. Und die breiten Schultern. Und die schmalen Hüften. Eben der ganze Mann … „Es hilft, wenn man viel unterwegs ist“, fügte er hinzu. „Dann haben sie Mühe, einem zu folgen, und verlieren irgendwann die Lust.“

„Also muss ich wohl mehr Aufträge aus dem Ausland annehmen.“ Erstaunlich, wie umgänglich er ist, ging es Ariella durch den Kopf. Obgleich er andererseits eine sehr irritierende Wirkung auf sie ausübte … „Vor ein paar Monaten habe ich eine große Party in Paris ausgerichtet. Und eine in Russland steht noch bevor. Also beste Aussichten, die Presse loszuwerden.“

Er lachte. „Genau! Seit ich nicht mehr beim Militär bin, reise ich viel in Afrika herum.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ziemlich einfach, die Fotografen da im Busch zu verlieren.“

Bei der Vorstellung musste auch Ariella lachen. „Was machen Sie denn in Afrika?“

„Ich habe eine Organisation gegründet. Sie heißt World Connect und versorgt entlegene Gebiete mit der nötigsten Technologie. Dabei arbeiten wir nur mit Einheimischen zusammen, die wir natürlich erst einmal anlernen müssen.“

„Das ist sicher eine sehr lohnende Aufgabe.“ Was für ein Mann! Nicht nur, dass er von Adel war und unverschämt gut aussah, er setzte sich auch noch für die Menschheit ein. Bewundernswert.

„Ja. Als ich das Militär verließ, hatte ich schon befürchtet, ich wüsste nichts mit meiner Zeit anzufangen und würde mich langweilen. Aber ich habe mehr denn je zu tun. Und ich bin viel zufriedener und glücklicher. Natürlich hoffe ich, hier in Washington ein paar Sponsoren zu finden. Die Organisation braucht dringend Spenden. Vielleicht können Sie mir dabei helfen?“

„Sie meinen, ich könnte für Sie etwas organisieren?“ Scarlet wäre begeistert, wenn sie ihre Kundenliste um einen weiteren Adelsnamen erweitern könnte, die beste PR, die man sich vorstellen konnte.

„Ja, warum nicht?“ Er trat dicht vor sie hin und sah ihr tief in die Augen. „Wollen wir uns morgen zum Tee treffen?“

Achtung, Ariella … Irgendwie hatte sie den Eindruck, er wollte mehr als Tee. Simon Worth war als Herzensbrecher bekannt. Und wenn sie sich auch nicht erinnern konnte, irgendwelche Skandalgeschichten über ihn in den einschlägigen Blättern gelesen zu haben, in ihrer Situation konnte sie keinen Klatsch gebrauchen. „Das geht leider nicht. Ich habe morgen einen Termin.“ Sie machte einen halben Schritt rückwärts.

Doch ihre Absage schien ihn nicht zu entmutigen. Im Gegenteil. Er lächelte verständnisvoll. „Das hätte ich mir denken sollen. Sie haben viel zu tun, ich weiß. Aber wie wäre es mit einem gemeinsamen Frühstück? Da ist für Eventmanager doch normalerweise noch nicht so viel zu tun.“

Frühstück … hm … Spontan wollte sie ablehnen, denn ihr war klar, in welcher Gefahr sie sich befand. Er war einfach zu attraktiv und war sicher sehr erfahren darin, Frauen zu verführen. Und sie war wohl ein leichtes Opfer. Denn bei all dem Stress in der letzten Zeit hatte sie nicht viel Widerstandskraft. Aber er war von Adel, und sie konnte es sich einfach nicht leisten, einen solchen Kunden vor den Kopf zu stoßen. Und schon gar nicht hier in aller Öffentlichkeit. Für seine Organisation eine Wohltätigkeitsveranstaltung auszurichten, wäre für sie und Scarlet eine tolle Sache und würde sie sofort in der ganzen Stadt bekannt machen. Und was konnte schon während eines Frühstücks passieren? „Gut, abgemacht.“

„Wunderbar. Mein Fahrer holt Sie ab. Diskretion ist Ehrensache.“

Wieso betonte er das? Wenn es sich um ein reines Geschäftsessen handelte, war Diskretion doch nicht so dringend notwendig. Aber gut … Sie lächelte etwas gequält. „Ich wohne in der …“

„Nicht nötig. Er findet Sie.“ Simon Worth machte eine leichte Verbeugung, drehte sich um und verschwand in der Menge.

Erleichtert wollte Ariella gegen die nächste Wand sinken, aber es war keine da. Stattdessen riss Francescas empörte Stimme sie aus ihrer Lethargie.

„Also wirklich …!“

„Entschuldige, ich habe ganz vergessen, dass du hier bist.“

„Das war nicht zu übersehen. Und du hast mich deinem adeligen Freund nicht vorgestellt! Was für ein heißer Typ. Ich hatte immer nur gehört, sein älterer Bruder soll so gut aussehen.“

„Sein älterer Bruder wird den Titel des Hauses erben.“

„Und wenn schon. Der jüngere Bruder tut’s auch. Stell dir doch nur vor, die Tochter des Präsidenten der Vereinigten Staaten heiratet in eins der ältesten Adelshäuser Englands ein. Seine einzige Tochter!“

„Von der er selbst erst vor wenigen Wochen erfahren hat.“ Ariella seufzte leise. „Und dem ich noch nicht einmal persönlich begegnet bin.“

„Liam ist in engem Kontakt mit dem Pressebüro des Weißen Hauses, um ein Treffen zustande zu bringen. Ich bin sicher, dass Ted Morrow dich unbedingt kennenlernen will.“

„Vielleicht auch nicht. Schließlich war ich alles andere als geplant.“ Kurz sah Ariella sich im Saal um. Alle schienen sich großartig zu amüsieren. „Aber hier sollten wir nicht über dieses Thema reden. Irgendjemand könnte was mitbekommen. Außerdem habe ich zu tun. Sind nicht irgendwelche Berühmtheiten da, denen du Honig um den Bart schmieren musst?“

Francesca lachte. „Das ist Liams Job. Aber ich wünschte, ich könnte morgen bei eurem Frühstück Mäuschen sein.“

„Und ich wünschte, ich hätte nicht zugesagt.“ Bei der Vorstellung, morgen diesem aufregenden Mann gegenüberzusitzen, schlug Ariellas Herz schneller. Worüber unterhielt man sich mit einem Mann aus englischem Königshaus?

„Bist du verrückt? Der Typ ist doch einfach umwerfend.“

„Genau das ist ja das Problem. Eine Affäre mit so einem Mann kann ich nun wirklich nicht gebrauchen. Nicht dass ich davon überzeugt bin, er sei ernsthaft an mir interessiert. Aber immer wenn ich glaube, es kann nicht verrückter kommen, passiert etwas, womit ich nicht gerechnet habe.“

„Da magst du recht haben.“ Francesca wies nach links, wo eine junge Frau in einem tief ausgeschnittenen Abendkleid in einer Weinpfütze ausgerutscht war.

Ariella zuckte mit den Schultern und griff nach ihrem Telefon. „Habe ich es nicht gesagt?“

Der große schwarze Mercedes, der vor Ariellas Apartment parkte, trug zwar nicht das Wappen der Worths auf der Fahrertür, konnte aber kaum auffälliger sein. Der uniformierte Chauffeur wirkte wie aus einer anderen Zeit. Mit hochroten Wangen verschwand Ariella schnell auf dem Rücksitz und hoffte, dass zufällig mal kein Fotograf in der Nähe war.

Der Fahrer sagte kein Wort, und sie fragte nicht, wohin es ging, war aber doch überrascht, als sie die Stadt hinter sich ließen. Auch die begrünten Vororte durchquerten sie, ohne anzuhalten, und als sie schließlich über Land fuhren, an großen Ranches vorbei, wurde ihr doch etwas unheimlich. Sie beugte sich vor. „Wohin bringen Sie mich?“

„Nach Sutter’s Way, Madam. Wir sind gleich da.“

Sie schluckte und setzte sich zurück. Sutter’s Way, das war doch dieses wunderschöne alte Herrenhaus, das die Familie des Zeitungsmagnaten Hearst sich zum Ende des 19. Jahrhunderts gebaut hatte. Sie hatte Bilder von der großen Gemäldesammlung gesehen, hatte aber keine Ahnung, wer das Haus und die Sammlung jetzt besaß.

Schließlich bog der Wagen durch ein großes schmiedeeisernes Tor auf einen Kiesweg ein und blieb schließlich vor der Eingangs­treppe zu der eleganten Villa stehen. Ariella wollte die Tür öffnen, aber schon war der Fahrer an ihrer Seite und riss die Tür auf. Sie stieg aus und strich sich den Rock ihres schlichten dunkelblauen Kleides glatt.

Simon lief die Stufen hinunter und kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. „Entschuldigen Sie die lange Fahrt, aber ich dachte, Sie würden gern mal fern von allem Trubel sein.“ Ariella holte tief Luft und bereitete sich auf eine Umarmung oder gar einen Kuss vor, doch er griff nur nach ihrer rechten Hand und drückte sie.

In dem Hemd mit dem offenen Kragen und den lässigen Kakis gefiel er ihr sogar noch besser als im Smoking. Er war leicht gebräunt und das Haar windzerzaust. Sehr sexy … Aber das sollte ihr nun wirklich egal sein. Er war nichts weiter als ein potenzieller Kunde, allerdings von einigem Einfluss. „Ja, danke. Ich fühle mich wirklich von der Presse verfolgt. Überall tauchen Reporter auf. Ich weiß auch nicht, was sie sich davon versprechen.“ Vielleicht, mich dabei zu erwischen, wie ich jemanden aus dem englischen Hochadel küsse … Wieder ging ihre Fantasie mit ihr durch. Bestimmt wollte Simon nur mit ihr besprechen, wie er Geld für seine Organisation locker machen könnte.

Er ließ sie vorangehen. „Ich weiß, was Sie durchmachen. Wenn Sie das Ziel der Medien sind, ist es das Beste, nur das zu tun, was ohne Peinlichkeit veröffentlicht werden kann.“

„Leichter gesagt als getan. Ich traue mich ja nicht einmal, meine Frisur zu ändern.“

Er lachte und trat neben sie. „Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Dann werden sie nur noch zudringlicher. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie mit der Situation sehr professionell umgehen.“

„Das habe ich vielleicht geerbt.“ O nein, das hätte sie nicht sagen sollen! Aber in der letzten Zeit hatte sie oft an den Mann gedacht, der sie gezeugt hatte. Er hatte viel mit der Presse zu tun und tat das sehr geschickt. Eine seltsame Vorstellung, dass sie genetisch mit ihm verwandt war.

„Ganz sicher. Ich bin davon überzeugt, dass Ihr Vater von Ihnen sehr beeindruckt ist.“

„Mein Vater ist, das heißt, war ein sehr netter Mann mit Namen Dale Winthrop. Er hat mich aufgezogen. Nach wie vor kann ich mich nicht daran gewöhnen, dass die Leute von Präsident Morrow als meinem Vater sprechen. Wenn nicht ein paar schmierige Reporter auf der Suche nach einer skandalträchtigen Story diesen Zusammenhang entdeckt hätten, wüsste der Präsident nichts von meiner Existenz.“

Sie traten in einen hellen Raum mit großen Fenstern, in dem ein üppiges Frühstück angerichtet war. Simon zog einen Stuhl für Ariella heran. „Bitte, bedienen Sie sich. Ich habe dem Personal für heute freigegeben, damit Sie sicher sein können, dass uns keiner belauscht.“

„Sehr gut, danke.“ Sie griff nach einem Croissant.

„Dann haben Sie es also der Presse zu verdanken, dass Sie wissen, wer Ihr biologischer Vater ist. Immerhin, so schlimm ist das doch wieder nicht, oder?“ Er sah sie lächelnd an, und seine hellbraunen Augen schimmerten warm.

„Nicht schlimm? Das Ganze ist ein Albtraum. Bevor diese Geschichte über mich hereinbrach, habe ich ein unauffälliges, friedliches Leben geführt.“ Sie schnitt das Croissant in zwei Teile und strich Butter auf eine Seite.

„Sie haben bestimmt Filmangebote bekommen, und man hat Ihnen hohe Summen für Exklusivartikel über Ihr Leben geboten.“

„Ja. Aber ich habe nichts zu erzählen.“ Sie blickte hoch und lächelte ihn an, erstaunt darüber, wie leicht es ihr fiel, sich mit ihm zu unterhalten. Es war sogar einfacher, mit Simon über diese Misere zu sprechen als mit ihren Freunden. „Diese ganze Geschichte hat mich genauso überrascht wie jeden anderen. Zwar wusste ich immer, dass ich adoptiert worden war, aber ich war nie daran interessiert, meine richtigen Eltern zu finden.“

Er sah sie ernst an. „Was sagen Ihre Adoptiveltern denn zu dieser ganzen Geschichte?“

„Beide sind vor vier Jahren bei einem Flugzeugabsturz umgekommen.“ Sie senkte den Kopf. Immer noch zog sich vor Schmerz alles in ihr zusammen, wenn sie daran dachte.

„Wie schrecklich.“ Er nickte mitfühlend. „Glauben Sie, die beiden hätten es gern gesehen, dass Sie Ihre richtigen Eltern kennenlernen?“

Nachdenklich zog sie die Brauen zusammen. Dann hob sie den Kopf. „Ja, ich glaube, das wäre ihnen sehr recht gewesen.“ Sie schwieg kurz. „Wenn sie doch nur noch am Leben wären und ich sie um Rat fragen könnte. Mom wusste immer, was in schwierigen Situationen zu tun war. Auch heute noch frage ich mich oft, was sie wohl getan hätte, und schon lassen sich Probleme besser lösen.“

„Aber vielleicht haben Sie jetzt Gelegenheit, neue Eltern in Ihr Leben zu lassen. Nicht als Ersatz für die, die Sie aufgezogen haben. So etwas ist nicht möglich. Doch unter Umständen können sie die Lücke erträglicher machen, die der Tod Ihrer Adoptiveltern hinterlassen hat.“

Sein Mitgefühl rührte Ariella. Er wusste, wovon er sprach, denn sie hatte gelesen, dass auch er seine Mutter verloren hatte, als er noch ein Kind war. „Es ist sehr nett von Ihnen, das zu sagen. Aber bisher scheint keiner der beiden daran interessiert zu sein, mit mir Kontakt aufzunehmen.“

„Was? Es gab noch kein Treffen?“, fragte er schockiert.

„Nein. Das Büro des Präsidenten hat noch nicht einmal eine offizielle Erklärung abgegeben, obgleich sie die Verwandtschaft nicht mehr leugnen. Seit der Veröffentlichung des DNA-Tests ist das auch nicht mehr möglich.“ Sie lehnte sich zurück und seufzte leise. „Und meine Mutter …“ Sie warf Simon einen unsicheren Blick zu. „Kann ich mich auf Ihre Diskretion verlassen?“

„Selbstverständlich.“

„Meine richtige Mutter will sich nicht der Öffentlichkeit stellen. Sie hat mir zwar geschrieben, aber eigentlich nur, um mir zu sagen, dass sie mit der ganzen Sache nichts zu tun haben will. Seltsamerweise lebt sie jetzt in Irland.“

„Tatsächlich?“ Simon strahlte. „Da müssen Sie ja auf unsere Seite des Atlantiks kommen, um sie zu besuchen.“

„Ich bin sicher, dass sie von einem Besuch nichts wissen will.“ Immer noch hatte sie nicht von ihrem Croissant abgebissen. Irgendwie hatte sie keinen Appetit mehr. „Und das kann ich ihr nicht mal übel nehmen. Wer will schon in diese Sache mit hineingezogen werden?“

„Aber sie kann sich doch nicht einfach so heraushalten. Immerhin war sie es, die eine Affäre mit dem Präsidenten hatte. Obwohl er damals natürlich noch nicht Präsident war.“

„Nein.“ Sie lächelte wehmütig. „Er war damals nur ein großer schlaksiger Achtzehnjähriger. Auch ich habe die Fotos in der Zeitung gesehen. Sie schrieb, dass sie ihm damals nichts von der Schwangerschaft gesagt habe, weil er in seinem Leben noch viel vorhatte und sie ihm keine Steine in den Weg legen wollte. Ihr sei damals schon klar gewesen, dass er es weit bringen würde.“

„Da hat sie wohl recht gehabt.“ Er goss ihr Kaffee ein. „Vielleicht aber braucht sie nur Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Ich bin sicher, dass sie Sie im Grunde wahnsinnig gern sehen würde.“

„In der letzten Zeit habe ich lernen müssen, von Menschen nicht allzu viel zu erwarten. Ich bin zu oft enttäuscht worden.“

„Das kann ich verstehen, auch wenn man nicht zu misstrauisch werden darf. Ich habe mir angewöhnt, von den Menschen erst einmal das Gute anzunehmen, bis sich das Gegenteil herausstellt.“ Er schmunzelte, und sie wusste, dass das nicht so ganz ernst gemeint war. Bestimmt hatte er auch schon schlechte Erfahrungen gemacht.

Weshalb er sie wohl eingeladen hatte? Ging es ihm wirklich um die Veranstaltung für World Connect? Aber danach konnte sie ihn natürlich nicht fragen. Vielleicht wollte er ihr einfach ein bisschen Mut machen und ihr ein paar Tipps geben, wie sie mit ihrer neuen Situation als Medienopfer umgehen sollte. „Dann meinen Sie also, ich sollte jedem erst einmal freundlich entgegenkommen, selbst wenn er mir im Supermarkt mit einer Kamera auflauert?“

„Wenn es Ihnen möglich ist, ja. Zumindest ist das Foto dann nicht absolut scheußlich, und Sie kriegen keine Probleme, weil Sie die Kamera zertrümmert haben.“ Wieder lächelte er, und seine Fähigkeit, ernsthaft und gleichzeitig ironisch zu sein, verwirrte Ariella, denn er war schwer einzuschätzen.

„Seit Ihr älterer Bruder geheiratet hat, scheinen sich die Zeitungen sehr für Ihr Liebesleben zu interessieren. Aber bisher habe ich nichts darüber gelesen. Wie schaffen Sie es, Ihr Privatleben aus allem herauszuhalten?“ O Gott, das war vielleicht doch etwas zu direkt? Andererseits war sie sehr auf seine Antwort gespannt. Hatte er eine feste Freundin? War er vielleicht schon heimlich verlobt?

„Meine Privatsphäre ist tabu.“ Mit einer weit ausholenden Geste wies er um sich herum. „Allerdings braucht man schon ein paar Tricks.“ Seine Augen glitzerten vor Vergnügen. Sie hatten die Farbe von reifem Whiskey und leider die gleiche berauschende Wirkung auf Ariella. Und dieser Dreitagebart, der gab ihm direkt etwas Verwegenes. Wie er sich wohl anfühlte? Dies war der Privatmann Simon Worth, den die Öffentlichkeit nicht kannte. Dass er sich ihr zeigte, erregte ein wohliges Kribbeln in ihr.

Himmel, sie hielt ja immer noch das halbe Croissant in der Hand. Hastig legte sie es zurück auf den Teller und trank einen Schluck Orangensaft. Der frische herbe Geschmack löste ihre Verwirrung. „Wahrscheinlich muss ich auch etwas gerissener vorgehen“, sagte sie lächelnd. „Gut, wenn man Freunde mit großen Besitzungen hat. Gibt es hier auch einen Garten?“

„Oh, ja. Möchten Sie ihn sehen? Jetzt gleich? Sie scheinen nicht gerade ausgehungert zu sein.“

„Ich würde sehr gern einen Spaziergang machen.“ Schon um die nervöse Anspannung loszuwerden. „Sicher habe ich danach mehr Appetit.“

„Ich bin heute Morgen schon gejoggt. Ganz allein mit zwei Bodyguards.“ Er erhob sich und zog ihren Stuhl zurück, als sie aufstand. Wieder war sie gerührt und überrascht von dieser höflichen Geste. Den Angehörigen seiner Gesellschaftsschicht hatte sie mehr Arroganz zugetraut. „Wo sind die beiden denn jetzt?“

„Draußen. Sie checken die Umgebung. Und sie werden uns in einem diskreten Abstand folgen.“

„Aha.“ Sie sah neugierig aus dem Fenster, konnte aber niemanden entdecken. Simon öffnete die doppelte Glastür, und sie traten auf eine mit Schiefer geflieste Terrasse, von der aus man einen Blick auf einen barocken Rosengarten hatte. Es duftete betäubend. Ariella holte tief Luft und schloss kurz die Augen. „Sie haben mich zur richtigen Zeit eingeladen. Die Rosen stehen in voller Blüte.“

„Ja. Jetzt im Juni sind sie besonders schön.“ Er folgte ihr die breiten Stufen hinab zum ersten Rosenbeet. Dies waren alte Rosensorten mit großen weißen, gelben und rosa Blüten, die wunderbar dufteten. Die heutigen Züchtungen, die sie manchmal für Dekorationen benutzte, hatten keinerlei Duft mehr. „Wie herrlich. Dazu braucht man aber wohl eine ganze Armee von Gärtnern.“

„Ganz sicher.“

Sie sah zu ihm hoch. Er war wirklich sehr groß, sicher eins fünfundachtzig. Über den breiten Schultern spannte sich das Hemd, als er sich vorbeugte, ein Messer aus der Tasche zog und eine Rose abschnitt.

„Sie haben ein Messer bei sich?“

„Immer. Seit ich bei den Pfadfindern war.“ Er überreichte ihr die Rose, und als ihre Fingerspitzen sich berührten, überlief es Ariella heiß. Verlegen steckte sie schnell die Nase in die üppige Blüte. Warum musste ausgerechnet ein englischer Adeliger eine solche Wirkung auf sie haben? Als ob ihr Leben nicht schon kompliziert genug war.

„Sie sind sehr schweigsam“, sagte Simon leise.

„Mir geht einfach zu viel durch den Kopf.“ Sie blickte hoch. In der hellen Morgensonne wirkten seine Gesichtszüge besonders markant. Und diese Augen …

„Zu viel ist nicht gut. Lassen Sie uns ein Stück gehen.“ Er legte ihr die Hand leicht auf den Rücken, und wieder durchfuhr es sie glühend heiß.

Sofort beschleunigte sie das Tempo, zum einen, um seine Hand loszuwerden, zum anderen, um sich selbst abzulenken. Denn leider stellte sie sich bereits vor, wie es wäre, ihn zu küssen! „Wahrscheinlich habe ich in der letzten Zeit zu viel gearbeitet.“ Verlor sie deshalb bereits bei der bloßen Berührung eines attraktiven Mannes die Fassung?

„Dann müssen Sie wohl mal ein bisschen abschalten.“

Als ob das so leicht wäre. „Bei meinen Terminen kann ich nicht einfach ein paar Wochen blaumachen und verschwinden.“

„Vor allem nicht, ohne dass die Paparazzi Ihnen folgen. Gerade im Urlaub müssen Sie sehr vorsichtig sein. Sie wollen doch schließlich nicht topless in Las Vegas fotografiert werden.“

Sie lachte. „In dem Punkt besteht keine Gefahr. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich war noch nie in Las Vegas.“

„Keine Blitzhochzeit in einer Elvis-Kapelle?“

„Nein, um Himmels willen. Sonst würde mein Ex sicher schon eine Autobiografie über sein Leben mit der Präsidententochter diktieren.“

Er verlangsamte seinen Schritt. „Besteht eine solche Gefahr? Nicht von einem Ex, aber vielleicht von Leuten, die Sie von früher kennen und die irgendetwas enthüllen könnten, was unangenehm für Sie wäre?“

War das seine taktvolle Art, sie über ihre Liebschaften auszufragen? „Nein.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Darüber bin ich wirklich sehr froh. Meine Vergangenheit ist nicht sehr aufregend. Mir war oft sogar peinlich, wie uninteressant mein Privatleben ist. Jetzt allerdings kann ich mir nichts Besseres wünschen.“

„Aber ein bisschen langweilig ist das schon, oder?“

Er hob lächelnd eine Augenbraue, als wolle er sie zur Sünde verführen, und sie musste lachen. „Manchmal ist langweilig nur von Vorteil.“

Autor

Jennifer Lewis

Jennifer Lewis gehört zu den Menschen, die schon in frühester Kindheit Geschichten erfunden haben. Sie ist eine Tagträumerin und musste als Kind einigen Spott über sich ergehen lassen. Doch sie ist immer noch überzeugt davon, dass es eine konstruktive Tätigkeit ist, in die Luft zu starren und sich Wolkenschlösser auszumalen....

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