Liebesfieber in Las Vegas

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Mit allen Sinnen spürt Tucker, dass in der zurückhaltenden Misty ein stilles Feuer brennt. Als sie ihm gesteht, wie sehr sie sich nach mehr Erfahrungen in der Liebe sehnt, macht er ihr einen verführerischen Vorschlag: Die vier Tage, die sie noch in Las Vegas bleibt, sollen nur ihrer Lust gehören ...


  • Erscheinungstag 12.04.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777180
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Das reinste Sündenbabel. Was für eine Stadt.

Tucker Greywolf stieg aus dem Taxi und blieb einen Moment stehen, um die neuen Eindrücke aufzunehmen: die grellen Lichter, unzählige Autos, die die belebte Straße rauf- und runterfuhren, das aufgeregte Stimmengewirr der vielen Menschen, die in die Casinos, Hotels und Clubs hinein- und wieder herausströmten.

„Sind Sie zum ersten Mal in Las Vegas?“, fragte der Hotelportier, als er Tuckers Faszination bemerkte.

Tucker lächelte. „Ist das so offensichtlich? Ja, ich komme aus einer Kleinstadt in New Mexico und habe das Glück, hier an einem Seminar teilnehmen zu dürfen.“

Der gebeugt gehende ältere Mann blickte an dem über einen Meter achtzig großen Tucker hinauf, sah ihm direkt in die Augen, und dann grinste er. „Ich wette, so klein ist sie gar nicht.“ Er sprach mit leichtem Akzent. Russisch oder skandinavisch. „Welche Tagung besuchen Sie hier?“

„Keine Tagung“, erwiderte Tucker. Er zog sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche seiner Jeans, um den Taxifahrer zu bezahlen. „Es handelt sich um ein Übungsseminar über Kriminalistik, das die Polizei von Las Vegas, das LVMPD, ausrichtet.“

Der Portier zog die buschigen grauen Augenbrauen hoch. „Kriminalistik? Dann hatte ich also doch recht. Kleinstadt, pah.“ Er schüttelte verächtlich den Kopf und pfiff nach dem Pagen.

„Na schön, Canyon Springs hat zwar mehr als eine Ampel, aber es ist keine Hochburg für Verbrechen. Wahrscheinlich werde ich den ganzen Kram, den ich hier lerne, nie anwenden können.“

„Sie sind Polizist?“

„Branddirektor. Aber ich interessiere mich für Kriminalistik.“

Der Portier zwinkerte ihm zu. „Hoffentlich nutzen Sie auch die Gelegenheit, persönlichere Interessen zu verfolgen, solange Sie hier sind. Diese Stadt verführt dazu.“ Er wies den Pagen mit einer Geste an, das Gepäck hineinzutragen. „Jeder Besucher unserer Stadt erlebt hier eine tolle Zeit.“

„Das glaube ich gern. Aber ich bin wirklich nur hier, um an dem Seminar teilzunehmen. Vielleicht spiele ich einmal Black Jack oder Roulette, aber …“

Der alte Mann lachte in sich hinein. „Wir werden sehen. Das sagen sie alle. Aber diejenigen, die sich am meisten sträuben, sind die Ersten, die dem Zauber der Stadt erliegen.“

Tucker lachte nur. „Vielleicht das nächste Mal.“

„Verstehe, Mr. Small Town, Sie schätzen Ihre Privatsphäre.“ Er deutete auf die Zeitung, die Tucker unter den Arm geklemmt hatte. „Dann sollten Sie dieses neue Etablissement aufsuchen. Es ist bekannt für seine Diskretion. Niemand zu Hause erfährt davon.“

Tucker hätte ihm natürlich sagen können, dass es zu Hause niemanden gab, vor dem er irgendetwas verheimlichen musste, aber der Portier schien es offensichtlich zu genießen, seinen neuen Hotelgast zu lasterhaften Vergnügungen zu verleiten. Warum sollte Tucker dem alten Mann den Spaß verderben?

„Dieser Blackstone hört nicht auf die Jungs vom Verwaltungsbezirk“, sagte der alte Mann gerade, „die Las Vegas in eine Art Disneyland mit Spielautomaten für die ganze Familie verwandeln wollen.“ Verschwörerisch zwinkerte er dem einen Kopf größeren Tucker zu. „Blackstone weiß, was die Leute suchen, die hierher kommen.“ Sein Lachen ging in ein Keuchen über, sodass Tucker ihm auf den Rücken schlug. „Danke, danke“, sagte der Portier, als er wieder Luft bekam.

„Ich danke Ihnen“, entgegnete Tucker und meinte es auch so. Er mochte Menschen wie den Portier. Menschen mit Ecken und Kanten, die ihre Meinung geradeheraus sagten. Echte Persönlichkeiten eben.

Tucker folgte dem Pagen in die Lobby und las in der Zeitung, bis er an der Reihe war. Er hatte den Artikel bereits auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel überflogen. Offensichtlich hatten viele der hiesigen Hoteliers riesige Summen investiert, um ihre Attraktivität für Familien zu erhöhen.

Lucas Blackstone dagegen setzte auf Alleinstehende und Paare ohne Kinder. Er hatte eine prächtige Oase der Dekadenz geschaffen. Ein absolut diskretes Beauty-und-Wellness-Etablissement am Rand der Wüste, das auch sehr ausgefallene Wünsche erfüllte.

„Ich bin sicher, ihm mangelt es nicht an Gästen“, murmelte Tucker und schüttelte den Kopf. Auf Tucker Greywolf würde Lucas Blackstone allerdings verzichten müssen.

Tucker zog es vor, seine Fantasien selbst auszuleben – und dazu brauchte er keine teuren Etablissements. Er legte die Zeitung beiseite, als er an die Rezeption trat. Im Augenblick drehten sich seine Fantasien mehr um die Lösung von Mordfällen als um das Ausleben fleischlicher Gelüste.

Amethyst Fortuna Smythe-Davies, bei ihren Fans bekannt als Misty Fortune, blickte durch die getönte Scheibe ihrer Limousine, die sich die kurvige Auffahrt bis zum Eingang des „Blackstone’s“ hinaufschlängelte. „Worauf habe ich mich da nur eingelassen?“, murmelte sie.

Natürlich wusste sie es genau. Sie hatte ihre Seele und wahrscheinlich auch den größten Teil ihrer Würde für ein paar tolle Höhepunkte verkauft. Damals hatte sie es für eine brillante Idee gehalten.

Die lange schwarze Limousine hielt an, und der Fahrer ging dienstbeflissen um den Wagen herum, um ihr die Tür zu öffnen. Ungeachtet ihrer adligen Herkunft leistete Misty sich für gewöhnlich nicht dieses protzige Gehabe, wie sie es nannte. Normalerweise hätte sie ein Taxi genommen. Lucas Blackstone brüstete sich jedoch damit, für absolute Diskretion zu sorgen, was auch den Fahrservice vom Flughafen in einer neutralen schwarzen Limousine mit einem schweigsamen Chauffeur einschloss. In Anbetracht der Tatsache, dass der fünftägige Aufenthalt ein Vermögen kostete, beschloss Misty, sich auf jede nur erdenkliche Art und Weise verwöhnen zu lassen.

Sie wartete, bis der Fahrer die Tür öffnete, lehnte aber höflich die dargebotene Hand ab. Nicht einmal er sollte wissen, dass sie vor Nervosität zitterte. Kaum hatte sie den feudalen Kokon verlassen, wurde sie noch nervöser. Du bist ein Schmetterling, der gerade aus seiner Puppe entschlüpft ist, sagte sie sich. Ein wunderschöner, farbenprächtiger Monarchfalter, der nach sexueller Befriedigung strebt und sie sich dort holt, wo er sie findet.

Du liebe Güte, ihre Verlegerin würde rot vor Scham werden, wenn sie wüsste, auf welches Abenteuer Misty sich einließ. Doch ihre sexuellen Erfahrungen waren begrenzt. Zu begrenzt für ihren Beruf. Glücklicherweise besaß sie eine lebhafte Fantasie. Und darauf – nur darauf – hatte ihre ganze Karriere aufgebaut.

Misty fuhr sich mit der Hand durch ihre braunen Locken und betrachtete den prachtvollen Bau. Schwarze Marmorwände und viel Glas. Sie versuchte, ihre Beklommenheit abzulegen.

Es muss sein, sagte sie sich, denn sie hatte sich erst kürzlich eingestehen müssen, dass auch der lebhaftesten Fantasie Grenzen gesetzt waren. Deshalb hatte Misty Fortune, Autorin von sehr heißen Erotikromanen, etwas unternommen, was auch ihre selbstbewussten Heldinnen tun würden, wenn sie ähnliche Probleme hätten. „Den Stier bei den Hörnern packen“, murmelte sie entschlossen.

„Was haben Sie gesagt, Miss?“

Sie sah den Fahrer an. Insgeheim amüsierte sie sich über ihre unbeherrschte Bemerkung, auch wenn sie zu ihrem Ärger leicht errötete. Das war der Nachteil ihrer vornehmen englischen Blässe. Auf ihrer Haut spiegelte sich jede Emotion wider. „Die Marmorwände erregen wirklich Aufmerksamkeit, nicht wahr?“, wechselte sie schnell das Thema. Sie hatte nichts gegen eine derbe Sprache, solange sie allein war, aber niemals in der Öffentlichkeit. Und wie immer, wenn sie unter Anspannung stand, verfiel sie in ihre steife britische Ausdrucksweise. Auch nach fast zehn Jahren in New York passierte ihr das in Stresssituationen. „Das Haus ist ganz außergewöhnlich schön“, fügte sie lächelnd hinzu.

„Oh ja, Miss, das ist es. Ich hole Ihr Gepäck.“

Misty nickte und atmete auf, als er sich umdrehte. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die mit ihrer adligen Herkunft protzten, aber gelegentlich scheute sie nicht davor zurück, das anzuwenden, was ihr in vielen qualvollen Unterrichtsstunden an Anstandsregeln beigebracht worden ist, um einen Lapsus zu überspielen. Miss Pottingham wäre sicherlich entzückt darüber, dass ihre Anstrengungen nicht ganz umsonst gewesen waren.

Misty lächelte. Ungebührliches Benehmen. Kein Wunder angesichts der Tatsache, dass sie eine seltsame Mischung aus einer steifen Engländerin und einer flotten Amerikanerin geworden war. Äußerlich war sie eine gut erzogene junge Frau, die sich geschmackvoll kleidete und frisierte und wusste, wie man sich bei gesellschaftlichen Anlässen zu benehmen hatte. Innerlich jedoch war sie ganz anders.

Insgeheim war sie eine Heldin aus Misty Fortunes Romanen. Unerschrocken und kühn: eine leidenschaftliche Frau, die die Welt als reife Frucht sah, in deren saftiges Fruchtfleisch man genussvoll hineinbiss und jeden Tropfen auskostete.

Gesellschaftliche Fehltritte? Oh, davon hatte es viele gegeben. Dutzende. Hunderte. Vielleicht Tausende. Die meisten jedoch nur in ihren geheimen Fantasien – und sorgfältig zu Papier gebracht, um ihre Leser zu erfreuen und zu stimulieren.

Bis jetzt.

Jetzt würde sie endlich selbst erleben, was bislang ihren Heldinnen vorbehalten war. Sie würde ihre sehr eingeschränkte sexuelle Erfahrung erweitern und die erotischen Fantasien ausleben, von denen die meisten Frauen – sie eingeschlossen – nur träumten.

Sie war froh, dass ihre blühende Fantasie ihr genug Geld einbrachte, um ein angenehmes Leben führen zu können, selbst nach New Yorker Standard. Aber tatsächlich wurde es von Mal zu Mal schwieriger, heiße, erotische Szenen ohne eigene entsprechende Erfahrung zu beschreiben. Wie kam man überhaupt zu einem leidenschaftlichen Lover? Ihre Romanfiguren lernten ihre Partner immer auf wildromantische Art und Weise kennen, und die Helden, natürlich allesamt fantastische Liebhaber, verwöhnten die Heldinnen schon bald mit heißem, leidenschaftlichem Sex, was im realen Leben nicht passierte. Zumindest nicht in Mistys Leben. Deshalb glaubte sie, ein gewisses Selbstbewusstsein entwickeln zu müssen, um sich einen Liebhaber mit ähnlichen Vorzügen angeln zu können. Doch dafür benötigte sie professionelle Hilfe.

Aus dem Grund hatte sie die Hochglanzbroschüre des „Blackstone’s“ studiert und aus dem erstaunlich vielfältigen und kreativen Angebot das „Continental Concubine“-Arrangement ausgewählt. Offensichtlich hatte ihr literarischer Erfolg Mr. Blackstones Aufmerksamkeit erregt, denn er persönlich hatte sie eingeladen, einer der ersten Gäste des luxuriösen Etablissements zu sein. Eine Einladung, die sie zunächst höflich abgelehnt hatte.

Doch die Broschüre hatte wie eine stumme Aufforderung und eine ständige Verlockung auf ihrem Schreibtisch gelegen. Hinzu kam, dass ihr letzter Roman abgedroschen gewesen war, und der Liebhaber war im Grunde ein absoluter Langweiler. So konnte es nicht weitergehen. Sie musste etwas unternehmen …

Nach einigen einsamen Gläsern Champagner zu Silvester hatte sie sich die Broschüre noch einmal gründlich vorgenommen. Natürlich aus rein beruflichem Interesse, hatte sie sich eingeredet, um ihre allmählich nachlassende Fantasie neu zu beleben.

Das erklärte jedoch nicht, warum sie zum Hörer gegriffen und tatsächlich eine Reservierung getätigt hatte. Doch jetzt war sie hier, und verdammt, sie würde lernen, wie man einen Mann verführte und verwöhnte – um dann von ihm verwöhnt zu werden. Auch wenn sie mittlerweile Angst vor ihrer eigenen Courage hatte.

„Du bist dreißig Jahre alt. Du schaffst es“, murmelte sie. „Sei endlich mal selbst eine Heldin.“ Sie straffte die Schultern und trat durch die Glastür in das elegante Foyer des „Blackstone’s“. Misty Fortunes aufregendes Las-Vegas-Abenteuer konnte beginnen.

Die Seminarteilnehmer standen auf und gingen auseinander. Tucker machte sich noch einige Notizen, dann schlug er sein Notizbuch zu und lockerte seine verkrampften Schultern. Der Vortrag über die neueste Technik der Blutfleckenanalyse war faszinierend gewesen.

Tucker blickte auf seine Uhr. Es war fast fünf. Er stand auf und sammelte seine Unterlagen zusammen. Dann beschloss er, eine Kleinigkeit zu essen und anschließend vielleicht noch eine Partie Black Jack zu spielen. Er hatte eine gewisse Summe Geld als Einsatz vorgesehen. Wenn dieses Geld verspielt war, würde er aufhören.

Er gehörte nicht zu den Menschen, die große Risiken eingingen. Davon hatte er genug in seinem Job. Und das Wissen, dass letztendlich immer das Haus gewann, beeinträchtigte irgendwie den Spaß am Spiel.

Er blieb am Rednerpult stehen und wartete auf den Kriminaltechniker, der den Vortrag gehalten hatte und sich noch mit einer Seminarteilnehmerin unterhielt. Schließlich ging die junge Frau, und der Referent wandte sich ihm zu.

„Das war ein hochinteressanter Vortrag“, lobte Tucker. „Ich hätte gern noch weitere Informationen.“

Detective Miguez reichte ihm die Hand. „Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat. Welcher Dienststelle gehören Sie an?“

Tucker lächelte. „Ich bin aus einer Kleinstadt in New Mexico, in der ein Branddirektor wahrscheinlich niemals in die Gelegenheit kommen wird, diese Polaroidlinsen zu benutzen, um ein genaues Bild von Blutfleckmustern zu bekommen. Und der Sheriff auch nicht. Haben Sie jemals mit Detective Dylan Jackson zu tun gehabt?“

„Aber ja. Dann sind Sie also aus – wie heißt die Stadt doch gleich? Canyon soundso, richtig?“

„Stimmt. Canyon Springs.“

„Wie geht es Jackson? Ist er jetzt Sheriff?“

„Es geht ihm großartig. Hat vor kurzem geheiratet.“

Miguez zog die Augenbrauen hoch. „Jackson? Verheiratet? Ich glaube, es war genau das Richtige für ihn, in seine Heimatstadt zurückzukehren. Schade eigentlich, denn er war ein sehr guter Kriminalist.“

„Er ist überaus glücklich in seinem Job, und die wohlhabenden Bürger von Canyon Springs schlafen jetzt besser, seitdem er wieder da ist.“

Miguez nickte, auch wenn er es nicht verstehen konnte. „Sie sind also Branddirektor? Und wieso interessieren Sie sich für Kriminalistik?“

„Normalerweise konzentriere ich mich auf brandspezifische Ermittlungstechniken, aber ich finde das ganze Gebiet faszinierend. Dylan hat von diesen Seminaren gehört und mir den Prospekt gegeben.“ Eigentlich war es aus einer Laune heraus entstanden. Seit Jahren arbeitete Dylan daran, Tucker den Umzug in eine Großstadt schmackhaft zu machen. Seit ihrer Highschool-Zeit herrschte zwischen ihnen ein freundschaftlicher Konkurrenzkampf. Jackson war direkt nach der Schule nach Las Vegas gegangen und schließlich wieder in die Heimatstadt zurückgekehrt. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, Tucker zu drängen, die Gemeinde zu verlassen. Tucker dagegen warf ihm vor, Angst zu haben, dass die Stadt zu klein für sie beide war. „Ich dachte, ich könnte einen kurzen Urlaub mit der Möglichkeit verbinden, etwas Interessantes zu lernen.“

Miguez nickte wieder. „Haben Sie Frau und Kinder mitgebracht?“

Tucker schüttelte den Kopf. „Ich habe weder das eine noch das andere. Aber ich glaube nicht, dass ich mich hier langweilen werde, selbst wenn ich allein bin.“

„Meinen Sie?“ Miguez lachte. „Ich möchte Ihre Pläne nicht durchkreuzen, aber was halten Sie davon, wenn wir zusammen essen gehen? Ich habe vielleicht einige Kontakte, die interessant für Sie sein könnten. Ich kann Ihnen auch Informationen über weitere Seminare in diesem Frühjahr besorgen.“

„Das wäre fantastisch.“ Tucker verschwendete keinen weiteren Gedanken an ein Black-Jack-Spiel.

Miguez schüttelte den Kopf. „Mann, Sie sind genauso schlimm wie der Rest von uns. Haben Sie je daran gedacht, hierher zu ziehen? Wir können Männer wie Sie gebrauchen.“

„Was, und Jackson die Heldenverehrung überlassen? Auf keinen Fall“, scherzte Tucker. Tatsache war, dass er oft daran gedacht hatte, seit er sich auf die Ermittlung von Brandursachen statt auf Brandbekämpfung spezialisiert hatte. Doch aus verschiedenen Gründen war er nie weiter gekommen, als ab und zu darüber nachzudenken.

Miguez sammelte seine Unterlagen zusammen. „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn Bill Patterson sich uns anschließt. Er ist auch ein Referent und arbeitet in der Pathologie.“

Der Abend wurde von Minute zu Minute vielversprechender. „Ich habe mich für seinen Vortrag am Freitag eingetragen. Natürlich freue ich mich darauf, ihn schon vorher kennen zu lernen.“

Tucker schaltete beim Verlassen des Seminarraums das Licht aus und dachte, dass er häufiger einen Urlaub wie diesen einplanen sollte.

Sie war für einen Urlaub wie diesen nicht geschaffen. Die Heldin aus einem Misty-Fortune-Roman wäre es vielleicht. Aber Amethyst Fortuna Smythe-Davies war es absolut nicht. Aus dem Grund hielt Misty keine Lesungen. Sie stand nicht gern im Rampenlicht und hasste öffentliches Aufsehen. Vor Nervosität bekam sie immer Ausschlag. Warum sie sich trotzdem eingebildet hatte, es wäre etwas anderes, Mittelpunkt dieser ungeteilten, extrem intimen Aufmerksamkeit zu sein, war ihr absolut schleierhaft.

„Danke“, sagte sie zu Marta, ihrer persönlichen Betreuerin, und bemühte sich, die Gästekarte mit selbstbewusster Handschrift zu unterschreiben.

„Sind Sie sicher, dass Sie in Ihrem Zimmer essen möchten?“, fragte Marta. „Ich decke auch gern den Tisch in der Lagune. Dort am Wasserfall ist es sehr romantisch. Vielleicht möchten Sie ja auch schwimmen?“

Misty schüttelte den Kopf, lächelte jedoch. Sie merkte, dass sie kein sehr zugänglicher Gast war. „Hier ist es okay.“ Eine weitere Stimulation ihrer Sinne hätte sie nicht ertragen. Selbst das sanfte Rauschen des Wasserfalls war im Moment zu viel des Guten.

„Wie Sie wünschen. Um sieben Uhr bin ich wieder bei Ihnen.“

Misty versuchte, ihre Beklommenheit nicht zu zeigen, war sich jedoch nicht sicher, dass es ihr gelungen war.

Marta ließ sich zwar nichts anmerken, was wahrscheinlich ihrer intensiven Schulung zu verdanken war, aber insgeheim wunderte sie sich sicherlich über diesen hoffnungslosen Fall.

Misty hatte bereits beschlossen, Marta ein großzügig bemessenes Trinkgeld zu geben, wenn dieses fünftägige Martyrium vorüber war, oder sie sogar in ihrem Testament zu bedenken.

Marta entfernte sich so leise, wie sie gekommen war, und Misty ließ sich auf ihr Bett fallen. An ihrem ersten Tag in Blackstone’s Etablissement hatte sie eine Art sinnliche Übersättigung erfahren. Konnte es tatsächlich ein Übermaß an körperlicher Stimulation geben? Dabei hatte sie nicht einmal etwas Erotisches getan. Noch nicht. Sie erschauerte.

Die vorbereitende Entspannungsmethode war ihr am Abend zuvor erklärt worden, aber Misty war von der Reise so erschöpft gewesen, dass sie nur genickt und versucht hatte, die aufkommende Panik zu unterdrücken. Die Anmeldung war in aller Diskretion in einer kleinen, elegant ausgestatteten Lounge von einer Frau vorgenommen worden, die zu ihrer persönlichen Betreuung während der nächsten fünf Tage abgestellt war. Wenn sie irgendwelche Probleme hatte, Fragen oder Sorgen, so musste sie nur nach Janece klingeln. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Alle anderen Anliegen oder Wünsche sollten an Marta gerichtet werden. Auch sie stand ihr rund um die Uhr zur Verfügung.

Misty fragte sich, welche Entlohnung ein Angestellter in diesem Etablissement für eine 24-Stunden-Schicht bekam. Vielleicht wohnten sie hier. „Das wäre interessant“, murmelte sie und lächelte. Beeindruckend war auch, mit welcher Präzision der Aufenthalt für jeden Gast geplant und organisiert wurde. Außer dem Personal hatte sie noch niemanden gesehen. Es war, als würde diese dekadente Wüstenoase ihr allein zur Verfügung stehen. Wahrscheinlich sollte jedem Gast genau dieses Gefühl vermittelt werden.

Sie drehte den Kopf zur Terrassentür, dem Zugang zu ihrer privaten Lagune. Für einen Augenblick dachte sie über Martas Vorschlag nach, draußen zu essen. Doch das würde bedeuten, dass sie sich bewegen musste. Zwar spielten ihre Nerven noch verrückt, doch ihr Körper war erschöpft von den sinnlichen Erlebnissen, mit denen das exzellente Personal in Blackstone’s Etablissement sie bisher verwöhnt hatte.

Sie blickte zur Decke und überlegte, ob sie unter die Laken aus Seide schlüpfen und die restlichen Aktivitäten des Tages verschlafen sollte. Das Bett war eine Hülle aus Seidendecken und Kissen. Der richtige Ort, um Winterschlaf zu halten. Doch das gehörte zu dem ausgeklügelten Plan. Keine der Aktivitäten, für die sie sich angemeldet hatte, fand hier statt. Dies blieb ihr Versteck, ihr privater Unterschlupf, ein wesentlicher Bestandteil des Wohlfühlprogramms.

Erste Erfahrungen hatte sie am vergangenen Abend in diesem Bett gesammelt. Als sie in ihr Zimmer kam, fand sie ihre Taschen bereits verstaut und die Kleidung ordentlich aufgehängt und weggelegt. Marta hatte ihr ein Bad einlaufen lassen und das Wasser mit einem duftenden Öl angereichert, das für Entspannung sorgen sollte. Sie hatte Misty dann mit dem kurzen Hinweis allein gelassen – etwas, worüber Misty zu dem Zeitpunkt nicht weiter nachgedacht hatte –, dass sie am besten schlafen würde, wenn die seidenen Laken ihre nackte Haut streicheln konnten.

Es war nicht das erste Mal, dass sie nackt schlief, doch irgendwie war es ziemlich befremdend – zugegebenermaßen stimulierend –, so etwas auf Empfehlung eines anderen zu tun. Noch dazu eines Hotelangestellten. Aber sie hatte gut geschlafen. Nach einer geruhsamen Nacht fand sie am nächsten Morgen die Anweisung vor, zu duschen und den seidenen Morgenrock anzuziehen, der an der Badezimmertür hing. Das war das Einzige, was sie an diesem Tag allein tat.

In der Lagune war der Frühstückstisch für sie gedeckt. Frisches Obst, Croissants und Tee standen auf einem kleinen Tisch. Während sie dem Rauschen des Wassers lauschte und ihren Tee trank, entspannte sie sich und dachte, dass sie sich daran gewöhnen könnte, täglich auf diese Weise verwöhnt zu werden. Als Marta schließlich kam und sie zu ihrem ersten Termin an diesem Tag abholte, hatte sie fast vergessen, warum sie eigentlich hier war.

Fast den ganzen Tag über gelang es ihr, an der Illusion „Ich bin auf einer Schönheitsfarm“ festzuhalten. Körperpeeling, Maniküre, Pediküre und Gesichtsbehandlung standen auf dem Programm.

Nach dem Abendessen, das sie in der Abgeschiedenheit ihres Zimmers einnahm, sollte eine Ganzkörpermassage folgen. Jeder Zentimeter ihrer Haut – wirklich jeder – würde mit einem duftenden Öl behandelt und für die erste Lektion vorbereitet werden.

„Nicht besonders schicklich“, flüsterte sie.

Sie starrte immer noch an die Decke und vergaß das Essen, während sie sich einen Fluchtplan nach dem anderen ausdachte. Bis Marta an die Tür klopfte …

Tucker lachte über den nächsten schmutzigen, aber dennoch lustigen Witz von Bill Patterson und winkte ab, als die Kellnerin noch einen Nachtisch anbot. „Für mich nicht mehr. Danke.“

Sie räumte den Tisch ab, bedachte ihn mit einem eindeutigen Lächeln und gewährte ihm dabei einen Blick in ihren tiefen Ausschnitt.

Miguez und Patterson schüttelten beide den Kopf. „Sie sind das erste Mal in Las Vegas, und dann verbringen Sie den Abend mit zwei alten Kerlen wie uns und hören sich Polizeigeschichten an? Was ist los mit Ihnen, Junge?“, scherzte Miguez. „Hat Jackson Ihnen nichts von den schönen Frauen dieser Stadt erzählt?“

„Oh doch, einiges“, versicherte Tucker ihm mit einem breiten Grinsen. „Aber schöne Frauen gibt es überall. Solche Storys nicht.“

Patterson lachte und drückte seine Zigarette aus. „Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch nach Las Vegas ziehen wollen? Mensch, überlegen Sie doch mal. Ein Mann wie Sie. Mit diesen Kenntnissen. Scheint mir in Canyon Springs irgendwie vergeudet.“

Natürlich fühlte Tucker sich geschmeichelt. Doch bevor er etwas dazu sagen oder das Thema wechseln konnte, ertönte Migs Pieper.

Mig las die Nachricht und nahm dann sein Handy. Er wählte eine Nummer. „Weitere Infos bitte“, sagte er und hörte dann zu. „Verdammt. In dem neuen Etablissement? Das musste ja eines Tages passieren. Ich komme.“ Er beendete das Telefonat. „Mord im ‚Blackstone’s‘. Ich muss sofort dorthin.“

Pattersons Pieper meldete sich eine Sekunde später. „Sieht aus, als hätte ich denselben Weg“, sagte er, nachdem er die Nachricht gelesen hatte. Er warf ein paar Geldscheine auf den Tisch und schob seinen Stuhl zurück.

Mig sah Tucker an. „Wollen Sie nicht mitkommen? Dann sehen Sie, was hier los ist.“

Tucker wusste, dass Mig nur aus Höflichkeit fragte, aber das Angebot war zu verlockend, als dass er es ablehnen konnte. „Ich komme gern mit.“

2. KAPITEL

Misty richtete sich auf dem erhöhten, orientalisch anmutenden Podest auf, hielt ein Seidenkissen vor ihre Brüste und fragte sich, ob es noch peinlicher hätte werden können. „Natürlich. Ich hätte auf der Massageliege zum Höhepunkt kommen können.“ Sie erbebte und wäre sicherlich wieder rot geworden, wenn ihre Haut nicht bereits durch die geschickten Hände ihrer Masseurin so gut durchblutet gewesen wäre. Celandra. Eine Frau.

Misty war ganz sicher nicht prüde oder verklemmt, aber wirklich – eine Frau? Das war nicht einmal eine Spielart der Fantasie, die sie in ihren Romanen beschrieb, geschweige denn, dass es ein persönlicher Traum von ihr wäre. Natürlich hatte Celandra sich nicht anmerken lassen, ob sie sich der hochgradigen Erregung ihrer Kundin bewusst war oder nicht. Sie hatte Misty lediglich für die erste Unterweisung in Sachen Sex vorbereitet. Misty war ziemlich sicher, dass in dieser Vorbereitungsphase kein sexueller Höhepunkt eingeplant war. Aber verdammt, die Hände der Frau waren einfach überall gewesen. Wirklich überall. Es war ein Wunder, dass sie nicht mehrere Male hintereinander gekommen war.

„Doch die verdammte Celandra hat immer im letzten Moment die Hände weggenommen“, murmelte sie. Jedes Mal. Kein Trinkgeld für Celandra, beschloss Misty und presste die eingeölten Schenkel aneinander, um die erneut aufkeimende Begierde zu unterdrücken.

Vielleicht sollte sie Celandra doch in ihrem Testament bedenken. Denn sie hatte ihre Aufgabe tatsächlich erfolgreich erledigt. Misty fühlte sich entspannt und war im höchsten Maße erregt. Jeder Zentimeter ihrer Haut war hyperempfindlich, und ein ganz bestimmter Teil schrie nach Erlösung. Wahrscheinlich würde die erste Unterweisung sehr kurz ausfallen. Ihr Partner musste nur irgendeinen Teil ihres Körpers streifen, und schon würde sie in Ekstase geraten.

Sie sah sich in dem Zimmer um, in das Marta sie nach der Massage geführt hatte. Es war nicht der Raum, der ihr eigentlich zugewiesen gewesen war.

Marta hatte irgendetwas davon gesagt, dass er noch nicht fertig hergerichtet sei, und sie deshalb hierher gebracht. Wo auch immer das sein mochte. Das Gebäude war so groß und verwinkelt, und sie hatte keine Ahnung, in welchem Teil des Etablissements sie sich gegenwärtig aufhielt.

Aber der Weg hatte sich gelohnt. Der Raum war wirklich erstaunlich. Eine Mischung aus einer fernöstlichen Enklave und einem altenglischen Bordell. Laut Marta war sie die Erste, die diese Atmosphäre genießen durfte, denn dieser Teil der Anlage war erst vor kurzem fertig gestellt worden.

Autor

Donna Kauffman
Nachdem Donna Kauffmans Bücher acht Jahre über die Bantam Loveswept Linie veröffentlicht wurden, veränderte sie ihren Schreibstil und hatte ihre erste Veröffentlichung bei Harlequin’s Temptation Line. Donna Kauffman lebt mit ihrem Ehemann, zwei Söhnen und vielen Haustieren in Virginia.
Mehr erfahren