Nie mehr allein in Seattle

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Es tat so weh, als Ashley von ihrem untreuen Verlobten betrogen wurde, und sie hat sich geschworen, Männern aus dem Weg zu gehen. Besonders gut aussehenden! Aber ein hübsches Mädchen ist nirgends vor der Liebe sicher. Der attraktive Brad lässt sie ihre Vorsätze ganz schnell vergessen …


  • Erscheinungstag 09.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756932
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Hey! Was ist das hier für ein Lärm?“

Ashley Thornton zuckte zusammen, als sie diese wütende Stimme hörte. Sie drehte sich um. An ihrer offenen Wohnungstür stand ein gut aussehender junger Mann.

„Müssen Sie unbedingt gegen meine Wand klopfen?“ Seine Stimme klang leicht belegt, wie bei jemandem, der gerade aufgewacht war.

Ashley taxierte ihn mit einem raschen Blick. Er war etwa eins fünfundachtzig groß, hatte breite Schultern und lange Beine. Keine Frage, er war genau der Typ von Mann, der jeder Frau den Kopf verdrehen konnte. Als sie genauer hinsah, bemerkte sie sein zerzaustes, blondes Haar, und ihr fiel auch auf, dass er sich mindestens einen Tag lang nicht rasiert hatte. Ein weiterer Hinweis, dass er vielleicht gerade erst aufgestanden war.

„Tut mir leid“, erwiderte sie leicht gereizt, bevor sie den Hammer auf einen Tisch legte und auf die Uhr sah. Vier Uhr nachmittags. Um diese Zeit sollte ein bisschen Lärm doch niemanden stören, dachte sie. Zumindest gab es keinen Grund, derart mürrisch zu reagieren. „Mir war nicht klar, dass ich Sie störe. Ich wollte nur ein paar Bilder aufhängen.“ Warum sie nun auch noch hinzufügte „Ich bin gerade erst eingezogen“, wusste sie selbst nicht. Als ob die vielen Kartons in ihrer Studiowohnung nicht für sich selbst sprachen.

Noch einmal musterte sie den Fremden von Kopf bis Fuß. Er hatte etwas an sich, eine Art magnetische Anziehungskraft, die ihr alles verriet, was sie wissen musste. Mit genau diesem Typ von Mann war sie verlobt gewesen. Die Signale waren ihr nur allzu vertraut. Gutes Aussehen und eine unwiderstehliche Ausstrahlung kombiniert mit Selbstvertrauen und Arroganz. Vor ihr stand ein Mann, der eindeutig zu viel feierte und wahrscheinlich eine Vorliebe für flüchtige Beziehungen und One-Night-Stands hatte, und das womöglich mit mehreren Frauen gleichzeitig.

Britt Carlton schaute sich interessiert im Zimmer um. Sein Ärger verflog langsam. Er hatte nur vier Stunden geschlafen, und sein Kopf fühlte sich so groß wie eine Wassermelone an, woran diese Frau keine Schuld hatte. Hätte er sich doch nur für einen Flug einteilen lassen, dann wäre ihm diese Junggesellenparty erspart geblieben. Apropos, Junggesellenpartys erinnerten ihn an Hochzeiten. Es schauderte ihm bei dem Gedanken an seine eigene Beinah-Trauung. Eine unangenehme Erfahrung, aber äußerst lehrreich. Das widerwärtige Thema Ehe würde er für alle Zukunft meiden.

„Ich sehe, dass Sie gerade erst eingezogen sind“, erwiderte er. Seine Miene hellte sich auf. Dann lächelte er sie an. Er hatte ein umwerfendes Lächeln, wie Ashley fand. „Ich wollte nicht unfreundlich sein. Aber bei dem Krach konnte ich einfach nicht schlafen. Und ich habe meinen Schlaf bitter nötig.“

„Oh.“ Sie ging zu ihm. „Müssen Sie nachts arbeiten?“ Eigentlich hatte sie einen bissigen Kommentar auf der Zunge, dass es nicht ihre Schuld sei, wenn er sich die ganze Nacht herumtrieb, aber sie besann sich. Schließlich wollte sie es sich nicht mit ihrem Nachbarn verderben, noch bevor sie richtig eingezogen war.

„Nein. Es war nur eine von diesen schlimmen Nächten, die kein Ende finden.“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin Britt Carlton, Ihr Nachbar.“ Mit einer Kopfbewegung deutete er zu seiner Wohnung. „Herzlich willkommen in diesem Haus.“

„Danke. Ich bin Ashley Thornton.“ Sie gab ihm die Hand, eine Berührung, die ihre Sinne alarmierte. Von nahem sah er noch besser aus. Seine silbergrauen Augen waren leicht gerötet und übernächtigt, aber sie funkelten, als er lächelte. Und dieses natürliche Lächeln passte perfekt zu seinem sinnlichen Mund.

Sie trat von der Tür zurück. „Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit.“ Eigentlich hätte er sich für seine ungerechten Vorwürfe entschuldigen müssen, aber sie wollte ihm zeigen, dass sie über den Dingen stand. „Kommen Sie herein.“ Ashley hob einen Karton vom Stuhl hoch, damit er sich setzen konnte.

„Lassen Sie mich das machen.“ Er nahm ihr den Karton ab und stellte ihn auf den Boden. Dabei musterte er sie von Kopf bis Fuß.

Britt Carlton besaß im Abschätzen von Frauen einige Erfahrung. Ashley schätzte er auf exakt eins achtundsechzig. Ihren geschmeidigen Gang hatte er bereits bemerkt. Britt betrachtete ihr Gesicht. Am meisten fesselten ihn die ungewöhnlichen Augen. Sie waren türkisgrün und von langen, schwarzen Wimpern umsäumt.

Nun sah er sich im Zimmer um. „Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen ein bisschen.“ Sein Blick fiel auf das Sofa mit dem Messinggestell als Rückenlehne. Offensichtlich diente es gleichzeitig als Bett. Die Rückenkissen lagen auf dem Fußboden. „Ich würde Ihnen gern helfen, das Bett zu machen“, sagte er mit einem schelmischen Zwinkern.

Sie versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, was ihr nicht ganz gelang. Er schien nicht auf den Mund gefallen zu sein und blieb bei seinen zweideutigen Anspielungen durchaus charmant. Ein weiteres Indiz für ihre Vermutung, dass er ein Weiberheld war. Sie lächelte. „Ihr großzügiges Angebot ist wirklich sehr freundlich. Ich kann Ihnen gar nicht genug danken. Aber ich glaube, dass ich das auch allein schaffe.“

„Angeboten habe ich meine Hilfe jedenfalls. Sie können nicht behaupten, dass ich meine Pflichten als Gentleman nicht erfüllt hätte.“

„Diese gemeine Verleumdung käme mir nie über die Lippen.“

Er schaute auf ihren Mund. Die roten Lippen waren leicht geöffnet und in den Mundwinkel aufreizend und verführerisch geschwungen. Es war ein Mund, der förmlich danach schrie, geküsst zu werden. Britt ließ sich nicht anmerken, was in diesem Moment in ihm vorging. „Und was käme über diese Lippen?“ nahm er ihre Bemerkung auf.

Sie sah, wie sein freches Grinsen sich zu einem unwiderstehlichen Lächeln ausdehnte und dann langsam wieder verschwand, als er sich vorbeugte. Wollte er sie küssen? Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Diese Reaktion hätte sie gern als Ablehnung gedeutet, aber dafür war das Prickeln einfach zu angenehm. Unwillkürlich trat sie einen Schritt von ihm zurück. Ashley wusste nicht, wie sie seine Frage beantworten sollte. Der Verstand riet ihr, die heikle Situation zu beenden, doch das Gefühl wollte die unerwarteten Wünsche erfüllt sehen.

Britt erkannte sofort, dass seine Frage sie in Verlegenheit brachte. Das hatte er nicht beabsichtigt. Er war derjenige, der die Situation beendete.

„Sie haben noch viel zu tun. Ich will Sie nicht länger aufhalten.“ Er zögerte kurz. Seine Stimme verriet, dass die Sache auch ihm peinlich war. „Tut mir leid, dass ich wegen des Lärms so aus der Haut gefahren bin.“ Er schaute auf die gestapelten Kartons. „Sind Sie sicher, dass Sie keine Hilfe brauchen?“, fragte er mit einem ermutigenden Lächeln. „Das Angebot ist ernst gemeint.“

„Danke, das ist wirklich nett. Aber ich packe heute nur noch das Nötigste aus und bringe den Rest morgen früh in Ordnung.“ Sie schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und rieb sich die Wange, als sie Schmutz auf der Haut fühlte. „Wenn ich frisch und ausgeruht bin“, fügte sie hinzu.

Ashley gab ihm die Hand. „Es war auf jeden Fall interessant, Sie kennenzulernen.“

Britt schenkte ihr sein strahlendes Lächeln, als er ihr die Hand schüttelte. „Ich werte das als Kompliment, auch wenn Sie es vielleicht nicht so gemeint haben.“

Er war ein Charmeur, okay. Die Frauen, die sich gutgläubig mit ihm verabredeten und auf eine ernste Beziehung hofften, bedauerte sie von Herzen. „Zweifeln Sie etwa an meiner Aufrichtigkeit?“, fragte sie mit beleidigter Miene, aber in scherzhaftem Ton. „Ich glaube, dafür kennen Sie mich nicht gut genug.“

„Das Problem lässt sich leicht aus der Welt schaffen.“ Er grinste jungenhaft. Plötzlich wurde er wieder ernst. „Wie wäre es, wenn wir uns einfach besser kennenlernen? Das wäre doch ein Anfang.“

Sie hob den Kopf und versuchte ein ernstes Gesicht zu machen. „Sind Sie sicher, dass Sie mich kennenlernen wollen? Sie werden vielleicht enttäuscht sein.“

„Das wird sich zeigen!“ Er nickte ihr kurz zu. „Schönen Tag noch, Ashley. Es war mir ein Vergnügen.“ Dann ging er zur Tür. „Versuchen Sie, etwas leiser zu sein. Ich brauche meinen Schlaf, sonst lässt meine Kondition nach.“ Damit verließ er ihre Wohnung und schloss die Tür hinter sich.

Ashley ging auf den Balkon. Der kühle Wind von der Elliot Bay wehte ihr die Haare ins Gesicht. Ein unerhört faszinierender Mann, dieser Britt Carlton. Sie schüttelte den Kopf, und ihr Lächeln verschwand. Diesen Typ kannte sie nur allzu gut. Spaß haben und seine Gesellschaft genießen, ja. Aber verlieben? Nein! Britt Carlton war kein Mann fürs Leben. Wer sich in ihn verliebte und von einer gemeinsamen Zukunft träumte, würde eine bittere Enttäuschung erleben. Sie wusste aus Erfahrung, was es bedeutete, mit jemandem wie ihm verlobt zu sein. Außer Liebeskummer kam nichts dabei heraus.

Als Britt in seine Wohnung zurückkehrte, hatte er überraschend Besuch bekommen. Drei Leute saßen in seinem Wohnzimmer. In seinem Kopf hämmerte es immer noch. Das Feiern und Trinken war er nicht gewöhnt. Schon gar nicht die ganze Nacht lang. Eigentlich wollte er nur noch schlafen. Warum hielten alle ihn davon ab?

Darlene und Bob bewohnten die Wohnung über ihm. Britt schloss nie die Tür ab, wenn er sich irgendwo im Apartment-Komplex aufhielt. So war es nicht ungewöhnlich, dass die beiden unangemeldet hereingeschneit waren. Aber die dritte Person … er kannte die Frau nicht, die sie mitgebracht hatten, aber er kannte ihren Typ.

Sie versuchte um jeden Preis sexy und verlockend zu wirken. Vielleicht hatte sie mit dieser Art bei anderen Erfolg, Britt konnte sie damit nicht beeindrucken. Er sah von Darlene zu Bob. Keine Frage, Darlene hatte sich mal wieder etwas ausgedacht, um ihn zu verkuppeln. „Wollt ihr mich nicht mit eurer hübschen Freundin bekannt machen?“, fragte er charmant wie immer. Seine Verärgerung verbarg er hinter einer lächelnden Fassade.

Darlene ging begeistert auf seine Bitte ein. „Das ist Julie Robertson, meine Cousine aus Phoenix. Julie, das ist der Mann, von dem wir dir erzählt haben. Britt Carlton.“

„Nett, Sie kennenzulernen, Julie. Sind Sie zum ersten Mal in Seattle?“

„Oh, nein, nein“, sagte Julie in einer kurzatmigen Art, die sie anscheinend für sexy hielt. Sie streckte Britt die Hand entgegen, als erwartete sie einen Handkuss und eine höfliche Verbeugung von ihm. „Ich habe Darlene und Bob schon öfter besucht. Und ich finde Seattle einfach hinreißend.“ Sie machte eine übertriebene Handbewegung, die die nähere und weitere Umgebung umfassen sollte. „Alles ist so grün hier. Und dann das viele Wasser.“

Er ignorierte ihr unechtes Gehabe und schüttelte ihr kurz die Hand. „Ja, Seattle ist ganz hübsch. Wie lange bleiben Sie?“

„Ich will zwei Wochen bleiben, außer …“ Sie unterbrach sich, um ihn bewundernd anzusehen. „Außer, es passiert etwas, das meine Pläne ändert.“

Was er wirklich dachte, ließ er sich nicht anmerken. Stattdessen lächelte er sie freundlich an. „Weidmanns Heil!“

Darlene mischte sich hastig ein. „Hast du nicht Lust, morgen zum Essen zu uns zu kommen? Bob kocht. Das Dinner könnte also genießbar sein.“ Darlene und Bob lachten, während Britt in gespieltem Entsetzen mit den Augen rollte. Das letzte Mal, als er bei den beiden zum Essen eingeladen war, hatte Darlene den Braten anbrennen lassen und etwas serviert, das eher nach Holzkohle als nach Fleisch schmeckte. „Schade, morgen habe ich leider Bereitschaft für einen Charterflug. Aber ein andermal gern.“

„Wie heißt es so schön? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, sagte Bob, während er aufstand. „Wir müssen jetzt gehen, sonst kommen wir zu spät ins Kino.“ Er steuerte auf die Tür zu. Darlene folgte ihm.

Julie erhob sich umständlich vom Sofa und stellte sich aufreizend neben Britt. Sie legte die Hand auf seine Brust, schaute ihm in die Augen und schürzte die feuchten Lippen, während sie sich an ihn schmiegte. „Wollen Sie mit uns ins Kino kommen? Wir könnten uns zum Film eine Tüte Popcorn teilen … und hinterher noch andere Dinge.“

Britt setzte sein geübtes Lächeln auf. „Das klingt verlockend. Leider habe ich für heute schon andere Pläne.“ Er sah, wie sie die Lippen zu einem Kuss formte, während sie enttäuscht seufzte. Dann folgte sie den anderen.

Kaum fiel die Tür ins Schloss, verschwand sein Lächeln. Er atmete tief durch und machte seinem Ärger Luft. „Wenn Darlene nur endlich aufhören würde, mich zu verkuppeln. Muss sie mir jede Frau vorstellen, die gerade Single ist?“

Er ging in die Küche, holte den Rest Schokoladeneis aus dem Kühlschrank, nahm einen Löffel aus der Schublade und ging damit ins Wohnzimmer zurück, um sich die Fünfuhrnachrichten im Fernsehen anzusehen.

Als er sich auf dem Sofa zurücklehnte und die Beine ausstreckte, wanderten seine Gedanken zu Ashley. So sehr er sich auch anstrengte, ihre unglaublich grünen Augen wollten ihm einfach nicht aus dem Sinn gehen. Nachdem der letzte Löffel seiner Lieblingseiscreme verspeist war, brachte er den Becher in die Küche. Er warf ihn in den Mülleimer. Dann schenkte er sich ein Glas Milch ein. Wieder setzte er sich aufs Sofa. Im Fernsehen lief der Wetterbericht.

Aber Britt kam nicht zur Ruhe. Er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, weil er so ungehobelt in Ashleys Wohnung gestürmt und sich über den Krach beschwert hatte. Es war absolut akzeptabel, wenn jemand um vier Uhr nachmittags Bilder aufhängte. Kein Grund, sich dermaßen aufzuregen. An seiner schlechten Laune waren auch nicht nur die Kopfschmerzen schuld. Schon seit einer Woche kämpfte er gegen eine Grippe an. Und das nicht sehr erfolgreich.

Er ließ die kurze Begegnung mit Ashley Revue passieren. In ihrer Gegenwart hatte er sich wohlgefühlt. Trotz des Hämmerns in seinen Schläfen. Zugeknöpfte Frauen, die keinen Sinn für Humor hatten, mochte er nicht. Aber Ashley war auf seine lockere Art eingegangen und schien sich davon nicht abgestoßen zu fühlen.

Auch wegen Darlene und Bob hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er ihnen erzählt hatte, er wäre zur Flugbereitschaft eingeteilt. Dabei hatte er nur keine Lust, den Abend mit Julie zu verbringen. Britt kannte seine Wirkung auf Frauen. Es gab genügend, die sich ihm förmlich an den Hals warfen. Und das ein oder andere Angebot nahm er auch gern an.

Er runzelte die Stirn. Bis vor einem halben Jahr war er mit dieser Lebenseinstellung durchaus glücklich gewesen. Dann hatte er plötzlich festgestellt, dass er ein oberflächliches und leeres Dasein führte, ohne echte Gefühle und Bindungen. Diese unangenehmen Gedanken schob er lieber schnell beiseite und wandte sich dem Fernsehprogramm zu.

Ashley packte noch rasch ein paar Sachen aus. Dann ließ sie sich ein Bad mit Jasminöl ein und legte sich in die Wanne. Das heiße Wasser tat ihren Muskeln gut. Als sie sich entspannte, kehrten ihre Gedanken zu den Ereignissen zurück, die ihren Umzug nach Seattle ausgelöst hatten. Hier in dieser Stadt wollte sie noch einmal von vorn anfangen.

Die letzten sechs Monate waren für ihre Gefühle eine Achterbahnfahrt gewesen. Der Mann, mit dem sie verlobt war, Jerry Broderick, hatte irgendwie die Zeit gefunden, sich gleich mit zwei anderen Frauen zu treffen, während er mit Ashley über die bevorstehende Hochzeit sprach. Die charmante Art, die Schmeicheleien, die unterhaltsame Schlagfertigkeit, das blendende Aussehen, das unwiderstehliche Lächeln, die vielen bedeutungslosen Komplimente … oh ja, das alles kannte sie in- und auswendig. Die Jerry Brodericks und die Britt Carltons dieser Welt waren aus ein und demselben Holz geschnitzt. Auch wenn Britt blond war und silbergraue Augen hatte und Jerry ein dunkler Typ war mit braunen Augen und schwarzem Haar, ihre Art war dieselbe. Einmal war sie auf einen Frauenheld hereingefallen. Das passierte ihr kein zweites Mal.

Sogar nachdem sie die Verlobung gelöst und ihm den Ring zurückgegeben hatte, beteuerte er noch seine unsterbliche Liebe. Sie hatte ihm unmissverständlich erklärt, dass es vorbei war. Aber er wollte ihr nicht zuhören. Sie solle sich über eine kleine, unbedeutende Affäre nicht so aufregen, meinte er. Schließlich sei er ein Mann. Und bei Männern seien die Dinge eben anders.

Noch heute stieg die Wut in ihr hoch, wenn sie an diese Worte dachte. Mit seiner Auffassung, Frauen und Männer seien mit zweierlei Maß zu messen, hatte er endgültig jede Hoffnung auf Versöhnung zerstört.

Das Ende dieser Beziehung nahm Ashley zum Anlass, ihr Leben zu verändern. Dazu gehörte, dass sie ihrer Heimatstadt Wichita in Kansas den Rücken kehrte. Diese Entscheidung war ihr nicht leicht gefallen. Sie verließ ihre Familie nicht gern, fand es aber unvermeidlich, wenn sie neue Erfahrungen sammeln wollte. Ihre Eltern und ihr Bruder hatten Verständnis dafür und unterstützten ihren Entschluss.

Einen guten Job hatte sie bereits gefunden. Sie würde als Assistentin für Stuart Billington arbeiten, dem Präsidenten der Billington Group, einer bekannten Firma in Seattle. In drei Wochen fing sie dort an. So blieb ihr noch etwas Zeit, sich einzugewöhnen und die Stadt zu erkunden. Besser hätte sie es nicht treffen können.

Das heiße Bad machte sie so müde, dass ihre Augen zufielen und ihr die verschiedensten Bilder durch den Sinn gingen. Plötzlich tauchte Britt Carltons hübsches Gesicht auf.

Ashley erstarrte und schlug die Augen auf. Dass dieser Mann sie in ihren Gedanken verfolgte, war beunruhigend. Es war kein Bild, das sie mit ins Bett nehmen wollte, auch wenn sie die Idee verlockend fand.

Britt stand mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon und betrachtete die Regenwolken, die den Morgenhimmel verdüsterten. Es war ein kühler Morgen. Er ging in die Küche und füllte seine Tasse nach. Dann schenkte er spontan noch einen zweiten Kaffee ein und lief damit in den Hausflur.

Ashley hatte sich gerade die Haare gebürstet und etwas Lippenstift aufgelegt, als es klingelte. Sie öffnete die Tür und wurde mit einer Tasse dampfenden Kaffee begrüßt.

„Ich hoffe, Sie trinken ihn schwarz.“ Britt lächelte ihr zu und betrat ihre Wohnung, ohne auf eine Einladung zu warten. Er zögerte einen Moment und machte plötzlich ein ernstes Gesicht. „Hören Sie … wegen gestern. Ich wollte mich nur noch mal entschuldigen. Ich habe mich unmöglich benommen. Wie ein …“

„Machen Sie sich keine Sorgen“, beruhigte sie ihn lächelnd. „Die Sache ist schon vergessen. Geht es Ihnen heute besser? Haben Sie ausgeschlafen?“

„Ja, vielen Dank.“ Er setzte sich ungeniert auf ihr ungemachtes Bett, streckte die Beine aus und lehnte sich gegen das Messingteil zurück.

Während er seinen Kaffee trank, betrachtete er Ashley. Ihr Haar war aus dem Gesicht gekämmt und mit einer Spange im Nacken zusammengefasst. Ihre Lippen dezent geschminkt. Sie trug Jeans, ein Football-Trikot und Socken. Keine Schuhe. Britt überlegte kurz, ob das Football-Hemd ihrem Freund gehörte. „So sehen Sie also aus, wenn Sie sauber und ausgeruht sind.“

Sie merkte, dass sie rot wurde. „Ich war gestern nicht gerade wie aus dem Ei gepellt, oder?“ Sie trank einen Schluck. „Vielen Dank für den Kaffee. Der kommt gerade recht. Die Küchensachen habe ich noch nicht ausgepackt. Ich weiß gar nicht, wo die Kaffeekanne ist.“

Er sah auch ausgeruht aus. Die Augen strahlten, er war rasiert und gekämmt. Über der verwaschenen Jeans trug er ein langärmliges T-Shirt mit der Aufschrift: Wenn Gott gewollt hätte, dass die Menschen fliegen, hätte er ihnen Flugtickets gegeben.

„Hat das eine besondere Bedeutung?“, fragte sie, während sie die Aufschrift auf seinem Hemd berührte. Dabei spürte sie sofort, dass er einen durchtrainierten Körper hatte. Harte, feste Muskeln.

Er zog eine Augenbraue hoch, als er ihre Hand betrachtete, die über seine Brust strich. „Ja. Meine Schwester hat mir das Hemd zum Geburtstag geschenkt. Sie meinte, es sei das passende Geschenk für einen Piloten.“

„Sie sind Pilot?“

„Ich fliege Charterflüge, meist für Geschäftsleute.“ Ihm fiel ihre klare, weiche Haut auf, das dichte, dunkelbraune Haar und diese unglaublichen Augen. Groß, ausdrucksvoll, türkisgrün, umrahmt von langen schwarzen Wimpern. Obwohl sie ihre Hand längst weggenommen hatte, meinte er die Berührung immer noch zu spüren. Dieses erregende Gefühl schob er rasch beiseite und stand auf.

Er ging Richtung Küche. „Ich helfe Ihnen beim Auspacken. Sie müssen mir nur sagen, was ich machen soll.“

„Ich nehme jede Hilfe dankbar an.“

Er drehte sich zu ihr um und zog fragend die Augenbrauen hoch. „So? Und wie sieht Ihre Dankbarkeit aus?“ Sein schelmisches Grinsen zeigte, dass er die Frage nicht so zweideutig gemeint hatte, wie sie klang.

„Ich würde sagen, ich bin dankbar genug, um ein einfaches Essen springen zu lassen, wenn wir fertig sind.“

„Das ist ein Wort!“, sagte er mit seinem breiten, strahlenden Lächeln. „Fangen wir an!“

Fünf Stunden lang packten sie Kartons aus, stapelten das Geschirr in den Schränken und brachten den Müll hinaus. Zum Schluss verwandelte Britt ihr Bett in ein Sofa. Er ließ sich sofort in die Kissen sinken, lehnte sich zurück, streckte die Arme auf der Rückenlehne aus und grinste Ashley an.

„Man sagt, Frauen haben nie Feierabend, aber wie man sieht, Männer sind irgendwann mit der Arbeit fertig …“ Er beobachtete gespannt, wie sie auf diese Bemerkung reagieren würde.

Sie nahm ein Sofakissen und warf es ihm entgegen. „Wenn das so ist, können Sie das Essen bezahlen.“

Im Aufstehen wich er dem Kissen aus. „Von mir aus, einverstanden. Wollen wir gehen?“

„Hey, ich muss mich noch umziehen.“

„Kein Problem. Kommen Sie doch zu mir rüber, wenn Sie fertig sind.“ Er blickte an sich herab. „Es könnte vielleicht nicht schaden, wenn ich mich auch umziehe.“ Britt nahm ihre Hand, um sie kurz zu drücken. „Bis gleich“, sagte er, bevor er eilig ihre Wohnung verließ.

Er duschte kurz und zog sich eine saubere Jeans an. Es klingelte. Hastig nahm er ein Sweatshirt aus dem Schrank, das er noch in der Hand hatte, als er die Haustür öffnete.

Autor

Shawna Delacorte
Shawna Delacorte hatte schon immer eine große Schwäche für Krimis und baut in ihre romantischen Handlungen gern eine spannende Nebenhandlung ein. Aber wussten Sie, das sie ursprünglich Drehbuchautorin werden wollte und lange Zeit im Filmgeschäft tätig war?
Mehr erfahren