Rendezvous in Malibu

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Candy will Karriere machen, aber ihr Boss Matt Rockwell glaubt nicht an ihre Führungsqualitäten. Da kommt ein gemeinsamer Fortbildungs-Urlaub in Malibu wie gerufen! Doch statt mit Matt über den Job zu reden, verführt Candy ihn in den nächtlichen Dünen …


  • Erscheinungstag 11.03.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733715922
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Candy Calder atmete tief ein, bevor sie mit den Neuigkeiten herausplatzte, die sie aufregten und ihre Freundinnen enttäuschen würden. „Ich kann nicht mit nach Malibu.“

„Was? Nein!“ Ellie Rockwell stellte den Café de Sade, den sie speziell für Candy erfunden hatte, so hart auf die Theke, dass er überschwappte.

„Das ist nicht dein Ernst!“, sagte Sara Montgomery.

Candy nickte traurig. „Ich muss mich hinter die Arbeit klemmen. Mein Ruf ist in Gefahr.“

„Was ist denn mit deinem Ruf?“, fragte Ellie. „Mit deiner ‚Work hard, play hard‘-Einstellung bist du doch ein Software-Marketinggenie.“

„Ein Genie bin ich ja wohl kaum, Ellie, aber trotzdem vielen Dank.“

Ellie strich sich eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr und beugte sich vor, um die Angelegenheit zu klären. Jeder, der das „Dark Gothic Roast“ betrat, dessen Einrichtung Ellies auffallenden Kleidungsstil entsprach, bekam von ihr eine Mischung aus Kaffee, Rat und Hilfe.

„Es war doch deine Idee“, sagte Sara. „Du hast selbst gesagt, wir müssten ein paar Tage abschalten.“

Candy lächelte im Stillen. Es war nicht leicht gewesen, Sara zu überreden, sich eine Woche in der Firma ihres Onkels freizunehmen.

„Ich weiß, aber es geht nicht anders.“ Candy verzog das Gesicht. „Ich habe ein schlechtes Testergebnis. Alle SyncUp-Angestellten mussten sich einem Persönlichkeitstest unterziehen. Bei mir kam ‚nicht ernsthaft genug‘ heraus. Wenn dein Bruder das sieht, bin ich erledigt.“ Ellies Bruder Matt war gerade zum stellvertretenden Geschäftsführer der Firma ernannt worden und damit Candys Chef.

„Matt kennt dich. Und wenn du meine Neuigkeiten hörst, überlegst du es dir anders. Ich habe …“

„Nein, Ellie. Es ist meine letzte Chance, Matt zu zeigen, was ich kann, bevor er nächste Woche die neuen Teamleiter aussucht.“ Die Neustrukturierungen waren noch geheim, aber von Matts Sekretärin hatte Candy erfahren, dass er sein Personal in fünf Teams einteilen und für jedes eine Führungskraft auswählen wollte. Und natürlich wollte sie einen dieser Führungsjobs bekommen.

„Dann ist Malibu doch genau das Richtige! Matt wird …“

Candy unterbrach die Freundin. „Wenn man vom Teufel spricht …“ Über Ellies Schulter sah sie Matt Rockwell hereinkommen, der selbst in langweiligen Khakihosen und einem zerknitterten Oxfordhemd umwerfend attraktiv aussah. Seine Fliegerbrille war nicht wirklich retro und sein kastanienbraunes Haar zu wellig, um hip zu sein. Trotzdem sah er so sexy aus, dass es Candy heiß durchflutete.

Diese ungewollte Anziehungskraft hatte auch zu dem peinlichen Zwischenfall mit dem Stringtanga geführt. Das lag jetzt genau neun Monate zurück. Deswegen hatte der Mann, der über ihre Karriere bestimmte, einen völlig falschen Eindruck von ihr.

Immer noch lief es Candy eiskalt den Rücken herunter, wenn sie daran dachte.

Plötzlich blieb Matt stehen und errötete, als er sie sah.

„Hey, Matt“, sagte Candy. Ihre Wangen schienen zu glühen.

Er nickte ihr zu. „Wie geht’s, Candy?“

„Gut. Und dir?“

„Gut.“ Er räusperte sich und atmete tief ein.

Auch sie holte Luft und spürte die neugierigen Blicke ihrer Freundinnen auf sich.

„Wir sehen uns oben.“ Matt meinte die Büroräume von SyncUp im sechzehnten Stock über dem Café. Seiner Schwester gab er mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass er bei ihrer Assistentin bestellte.

„Er steht noch immer auf dich“, flüsterte Ellie Candy zu.

„Ich bin ihm immer noch peinlich. Und er hat eine Freundin, schon vergessen?“ Kurz nach dem Zwischenfall war Matt mit einer unterkühlten Anwältin namens Jane zusammengekommen, die Ellie ‚die Eisprinzessin‘ nannte.

„Oh nein, die hat letzte Woche mit ihm Schluss gemacht. Was mich wieder zum ursprünglichen Thema bringt, falls du mich mal ausreden …“

„Na und?“ Absurderweise klopfte Candys Herz mit einem Mal schneller. „Ich meine, das ändert nichts daran, dass ich erledigt bin, wenn Matt mein Testergebnis sieht. Dem muss ich entgegenwirken.“

„Dann tu es in Malibu. Das wollte ich dir sagen. Matt wird auch dort sein. Er hat noch Urlaub, den er nehmen muss. Darum habe ich ihm für nächste Woche ein Strandhaus ganz in der Nähe von unserem besorgt.“

„Matt kommt auch? Du hast ihm … oh!“ Candys Herz pochte noch immer wie verrückt. „Aber wie soll das mein Persönlichkeitstest-Problem lösen?“

„Nimm Arbeit mit. Zeig meinem Bruder, wie zielstrebig du bist“, riet Ellie ihr augenzwinkernd. „Und wer weiß, was dann geschieht?“

„Denk nicht mal dran, Ellie. Dieser Dampfer ist auf einem Meer von Margaritas abgefahren.“ Candy wünschte, sie hätte Ellie nie von ihrem Interesse an Matt erzählt. Das einzig Gute war, dass sie geschworen hatte, ihrem Bruder nichts davon zu sagen.

Aus dem Augenwinkel sah Candy, wie Matt seinen Kaffee entgegennahm – immer schwarz und ohne Zucker. Selbst an die kleinsten Details erinnerte sie sich.

„Sag ihr, dass sie nicht mehr kneifen kann, Sara“, meinte Ellie gerade. „Wer soll mir sonst helfen, dich von deinem Laptop loszueisen und auf ein Surfbrett zu bekommen?“ Sara war früher einmal eine ziemlich gute Surferin gewesen.

„Ach komm. So schlimm bin ich gar nicht“, widersprach Sara.

„Oh doch, das bist du“, riefen Ellie und Candy wie aus einem Mund.

Matt hatte sich inzwischen zur Tür gewandt. Aber im letzten Moment schaute er sich noch einmal um und sah Candy an, als hätte er ihren Blick gespürt.

Zu ihrem Ärger winkte sie ihm spontan zu wie ein verliebter Teenager. Matt nickte und machte ein ganz merkwürdiges Gesicht. Sah er sie im Geiste wieder in ihrem String vor sich? Der Gedanke ließ Candy so heiß erröten, dass sie sich schnell wieder ihren Freundinnen zuwandte.

„Ihr denkt, ich könnte am Strand arbeiten?“ Einen Arbeitsurlaub hatte sie noch nie unternommen. Und dazu auch noch am Strand! Könnte sie das?

Als sie in der Kaffeeküche darüber gewitzelt hatte, wie verkehrt die Ergebnisse ihres Persönlichkeitstests waren, hatte zu ihrer Beschämung niemand mitgelacht. Sie alle waren zu dem gleichen Schluss gekommen wie der Test! Das tat weh, weil es Candy daran erinnerte, wie ihre karrierebewusste Familie sie behandelte – wie ein Kind, das niemand ernst nahm. Sie hasste das. Nach der Beförderung würden sie bestimmt endlich alle respektieren.

„Ihr wärt aus dem Büro weg und allein miteinander. Nur du und Matt und all die … Arbeit.“ Vielsagend zog Ellie die Augenbrauen hoch.

Trotz Ellies offenkundiger Hintergedanken war die Idee nicht schlecht. Außerhalb der Firma konnte Candy zu Matt eine Beziehung aufbauen. Eine geschäftliche natürlich. Und sie könnte ihm den Entwurf zeigen, den sie ausgearbeitet hatte.

Sie blickte in die hoffnungsvollen Gesichter ihrer Freundinnen. Wie konnte sie sie enttäuschen? Ihre Freundinnen brauchten Urlaub, und jemand musste dafür sorgen, dass sie ihn bekamen. Und was brauchte sie?

Matts Respekt. Und mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Vielleicht war es der richtige Weg, beides zu erlangen.

„Okay. Ich bin wieder dabei.“

„Ah!“ Sara hob ihren Milchkaffee zu einem Toast. „Auf eine Woche Sonne, Spaß und Männer in Badehosen.“

„Und Arbeit“, fügte Candy hinzu. „Sonne, Spaß, Männer in Badehosen und Arbeit.“

1. KAPITEL

„Wie konnte ich mich nur dazu überreden lassen?“, fragte Candy Ellie, als sie die letzten Meter zu Matts Strandhaus gingen. „Arbeit und Vergnügen zu vermischen ist ungefähr so wie Piña Colada auf Tequila zu trinken – davon kann einem nur schlecht werden.“

„Glaub mir, es wird super“, sagte Ellie.

„Und das Ding hier wiegt ’ne Tonne.“ Candy hob den uralten Laptop, den sie sich geliehen hatte, auf die andere Schulter.

„Du hättest Saras PC klauen sollen. Dann hätte sie jetzt keine Ausrede dafür, dass sie noch nicht am Strand ist“, meinte Ellie.

„Ich kann nicht glauben, dass sie sogar diesen kleinen Drucker eingepackt hat.“

„Es ist nicht leicht, gegen seine eigene Natur zu kämpfen.“

„Ach ja?“ Das war für Candy so klar wie der Malibuer Himmel über ihnen, den kein Wölkchen trübte. Alles in ihr drängte sie, das Ungetüm von Laptop auf der nächsten Veranda abzusetzen, sich einen kühlen Drink zu holen und sich danach in der weiß schäumenden Brandung zu vergnügen.

Nur, dies war nicht der richtige Moment, um sich der Vergnügungslust hinzugeben. Candy hatte eine Mission, und dabei ging es um ihre Zukunft bei SyncUp.

Vorsichtshalber trug sie allerdings ihren gelben Bikini unter der weißen Caprihose und der Bluse, die sie an der Taille verknotet hatte. Und in der Korbtasche waren Handtuch, Sonnenschutz und Flip-Flops – für den Fall, dass sie doch noch Zeit für den Strand erübrigen konnte.

Sie zog ihr Handy aus der Tasche ihrer engen Hose, um sicherzugehen, dass die Klingeltöne eingestellt waren. Sara sollte später anrufen, um eine geschäftliche Besprechung vorzutäuschen. Damit hätte Candy einen guten Vorwand, um sich von Matt zu verabschieden.

Ein großer Hund mit einem roten Halstuch kam herbeigerannt, beschnüffelte Candys Hand und trat wieder zurück. Aufforderungsvoll sah er sie an, als sollte sie etwas für ihn werfen – ihr Handy?

„Ich wünschte, ich könnte es, mein Junge“, sagte sie. „Aber ich brauche es.“

Nach einem kurzen Bellen rannte der Hund weiter, um jemanden zu suchen, der wusste, wozu der Strand da war. Candy seufzte. Vielleicht konnte sie es bei einer anderen Gelegenheit wiedergutmachen.

„Showtime“, sagte Ellie, als sie vor Matts Veranda standen.

Candy nickte. „Aber keine Improvisationen, ja? Keine Andeutungen, kein Wink mit dem Zaunpfahl und kein Augenzwinkern. Matt und ich werden keine weitere Kerbe auf deinem Ehestiftungsgürtel bilden.“

„Wie du meinst.“ Ellies Zugeständnis kam zu schnell, fand Candy. Sie nahm sich vor, ihre Freundin scharf im Auge zu behalten.

Schon lief Ellie die Stufen hinauf. Candy folgte ihr, wobei ihr der Pulsschlag so laut in den Ohren dröhnte wie Ellies Klopfen an der Tür.

Als Matt öffnete, fühlte Candy sich, als würde ihr das Herz in die Hose rutschen. Wie bei dem gescheiterten Kussversuch, als sie auf dem Rücken gelandet war, die Beine in der Luft – und ihr String mit Tigermuster für alle deutlich sichtbar gewesen und ihre Würde ganz und gar den Bach hinunter gewesen war.

„Hallo“, sagte Matt zu Ellie, erst dann entdeckte er sie. „Candy?“ Der Blick seiner tiefblauen Augen war selbst durch die Brille noch messerscharf. Wenn Matt sie anschaute, sah er wirklich hin. Als wäre sie ein komplizierter Computercode, den er unbedingt entschlüsseln musste.

Lies mich, Baby, wollte sie sagen. Lies mich die ganze Nacht lang.

Sein aufmerksamer Blick gefiel ihr. Und auch seine kühle Zurückhaltung, unter der er bestimmt sogar noch begehrenswerter war als ohnehin schon. Wie das sanfte Alter Ego des allgewaltigen, stahlharten Geschäftsmannes gewissermaßen.

Stahl … hm. Bei dem Gedanken an Matts härtesten Teil schmolz sie innerlich dahin wie gefrorener Daiquiri in der Sonne.

Hör auf damit. Hier wird gearbeitet, nicht gespielt.

„In Fleisch und Blut“, sagte sie. Fleisch? Habe ich gerade Fleisch gesagt? Candy beeilte sich fortzufahren: „Ellie hat mir erzählt, dass du hier bist. Und ich bin ehrlich froh, dass wenigstens einer versteht, warum man auch im Urlaub arbeitet.“ Sie klopfte auf den Laptop. Irgendetwas klirrte und fiel in die Tasche. Nichts Lebensnotwendiges hoffentlich.

Du arbeitest im Urlaub?“ Die Betonung kränkte sie, aber Matt blinzelte nur erstaunt. Er schien sie nicht beleidigen zu wollen. Candy wusste, dass er ein geradliniger Mann war, der wenig Sinn für diplomatische Nuancen hatte.

„Ich musste sie praktisch hierher schleifen“, erklärte Ellie. „Sie wollte wegen ihres Projekts den Urlaub absagen.“

„Was für ein Projekt?“ Wieder musterte er Candy prüfend.

„Ich arbeite an etwas für Ledger Lite.“ Die Buchhaltungssoftware war eines von SyncUp wichtigsten Produkten. Die Version 2.0 ging demnächst in den Betatest, und Candy hatte eine großartige Idee, mit der sie Matt zu imponieren hoffte. „Würdest du dir mal ansehen, was ich habe?“

Sein Blick glitt zu ihren Brüsten und wieder zu ihrem Gesicht, als hätte sie ihn aufgefordert, ihre körperlichen Attribute in Augenschein zu nehmen. Hitze durchströmte Candy, aber sie redete beharrlich weiter: „Ich würde dich nicht damit behelligen, aber es ist von entscheidender Bedeutung, bevor der Betatest beginnt … Deshalb dachte ich: warum nicht?“

Etwas klapperte hinter ihr, dann hörte sie ein lautes Wau.

Als sie sich umdrehte, sah sie den Hund vom Strand, der eine Frisbeescheibe hinter ihr fallen gelassen hatte und nun offensichtlich darauf wartete, dass sie sie für ihn warf.

„Dein Hund?“, fragte Matt.

„Nein, allerdings kennen wir uns.“ Der Retriever hatte sie offenbar als Hundefreundin eingestuft. Sie bückte sich und wollte ihm den Gefallen tun, da klingelte ihr Handy. Sie hob die Hand, um anzuzeigen, dass die Arbeit vor dem Vergnügen kam, bevor sie nach dem Handy griff.

Der Hund winselte enttäuscht.

Candys Hose war so eng, dass ihr das Handy aus der Hand glitt und herunterfiel. Der Retriever schnappte es sich und sprang damit davon.

Mist. Candy stellte den Laptop auf die Veranda, streifte ihre Sandalen ab und rannte dem Hund hinterher. Matt war schon vor ihr losgelaufen.

Sekunden später spielten sie Fangen mit dem flinken Tier, sprangen hin und her, bekamen ihn aber nicht zu fassen, bis Candy sich schließlich auf ihn warf und ihn festhielt, damit Matt ihm das Handy abnehmen konnte.

Sobald Candy den Hund losließ, sprang er aufgeregt auf und ab und schien auf einen weiteren Wurf zu warten, damit er sein neues teures Kauspielzeug zurückbringen konnte.

Matt half ihr auf. Sie fühlte die Wärme seiner Hand wie eine heiße Woge, die sie durchströmte. Genau wie damals, als er ihr nach dem Vorfall mit dem Stringtanga auf die Beine geholfen hatte. Mit einem Zipfel seines Hemds wischte Matt das Handy ab und gewährte ihr dadurch einen willkommenen Blick auf seinen flachen, muskulösen Bauch. Hm. Er war nicht nur ein Gentleman, sondern auch erstaunlich braun gebrannt.

Er reichte ihr das Telefon. „Gute Arbeit.“

„Gute Teamarbeit“, berichtigte sie ihn, um das Gespräch auf ihre beruflichen Fähigkeiten zurückzubringen.

Der Hund bellte, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Ruhig, Junge.“ Matt streichelte ihn und bückte sich, um das Namensschild am Halstuch des Hundes zu lesen. „Er heißt Radar“, sagte er und kraulte den Retriever hinter den Ohren.

Candy bückte sich auch, um den Hund zu streicheln, und begegnete Matts Blick. Und sie konnte sich plötzlich nicht von der Stelle rühren, auch nicht, als Radar das Interesse an ihnen verlor und wieder weglief.

Matt beugte sich noch weiter vor und streckte die Hände aus. Candy hatte das verrückte Gefühl, dass er sie wieder küssen wollte. Dabei wusste sie, dass das nicht wahr sein konnte. Dennoch war sie wie elektrisiert und bekam vor lauter Aufregung ganz weiche Knie.

Dann, mitten in der Bewegung, hielt Matt inne. „Du hast da … Sand“, sagte er und berührte seine Wange, um ihr zu zeigen, wo.

„Oh. Ja.“ Candy wischte den Sand ab. In jener Nacht damals hatte sie Matts Versuch, ihr einen Tropfen Kaktusfeigen-Margarita abzuwischen, mit einem Annäherungsversuch verwechselt. Kein Wunder, dass sie bei all der prickelnden Hitze zwischen ihnen so verwirrt gewesen war. Vielleicht hatte es auch an dem Lautsprecher neben ihnen gelegen, den Matt umgestoßen hatte, als Candy näher an ihn herangetreten war, um ihm den Kuss zu erleichtern.

Den Lautsprecher hatte er noch auffangen können, aber nicht Candy. Sie war auf ihren Plateauschuhen gestolpert und in einer äußerst unwürdigen Stellung – die Beine in der Luft, ihr Tigerstringtanga für aller Augen sichtbar – auf dem Boden aufgekommen.

„Es ist weg“, sagte Matt und meinte bestimmt den Sand. Währenddessen war Candy in Gedanken schon dabei, ihm die Brille abzunehmen, sich auszuziehen und wie ein sexhungriges Beachgirl über ihn herzufallen.

Du bist unmöglich, Candy, dachte sie seufzend und stand auf, um Saras Anruf entgegenzunehmen.

Sara meldete sich sofort. „Was ist passiert?“

„Mein Telefon ging verloren“, sagte Candy mit einem Blick zu Matt. „Sorry.“

„Okay, dann … ich bin deine Kollegin mit den Statistiken. Fünfundsiebzig Prozent, drei Punkt zwei; im Verhältnis zwei zu eins … blabla, et cetera, et cetera.“

Unter Matts aufmerksamem Blick fiel es ihr schwer, geschäftsmäßig zu klingen. Candy tat ihr Bestes. „Gut. Ich sehe mir die E-Mail an. So bald wie möglich. Danke.“ Sie beendete das Gespräch und schob das Handy in die Hosentasche. „Ein paar Zahlen, die ich brauche. Kann ich mir bei dir eine E-Mail ansehen? Und dir dabei vielleicht auch gleich meine Ideen zeigen?“

„Klar. Warum nicht.“ Er schien verblüfft über den Vorschlag, ging jedoch bereitwillig zum Haus zurück, wo Ellie stand und sie strahlend anlächelte.

„Wir müssen jetzt arbeiten“, sagte Candy und signalisierte ihr mit einem Blick, dass es Zeit war zu verschwinden.

„Klar. Ich will nur sehen, was Matt zu essen dahat, dann könnt ihr anfangen.“

„Meine Schwester, die Glucke“, bemerkte er augenzwinkernd. „Ich habe genug zu essen da“, rief er Ellie zu, die in der Küche schon Schränke und den Kühlschrank öffnete.

„HoHos, Cheetos, Dr. Pepper und Bier? Das nennst du Essen?“

„Klingt doch gut“, sagte Candy achselzuckend. Sie und Matt hatten sich schon mehr als einmal um den letzten Beutel Cheetos oder HoHos in der Snackmaschine bei SyncUp gestritten. Zumindest die Vorliebe für Chips und Snacks teilten sie.

„Hast du an Sonnenschutz gedacht?“, wollte Ellie wissen. Als Matt die Schultern zuckte, seufzte sie. „Ich bringe dir welchen mit. Und auch was Anständiges zu essen.“

„Das brauchst du nicht, Ellie.“ Er hielt inne. „Aber Widerspruch wäre zwecklos, oder?“

„Allerdings.“

„Dann tu, was du nicht lassen kannst“, meinte er seufzend, lächelte aber.

Candy gefiel die Harmonie zwischen den Geschwistern. Als sie ihren alten Laptop neben Matts brandneues Modell stellte, fiel ihr ein kleiner Stapel Papiere daneben auf. Matt war ihr mit der Arbeit also schon zuvorgekommen. Und das, obwohl sie gerade erst angekommen waren!

„Aber wollt ihr euch nicht auch ein bisschen amüsieren?“, fragte Ellie. „Ihr arbeitet viel zu hart. Besonders du, Candy.“

Heuchlerin. Aber Candy liebte Ellie dafür, dass sie ihr zuliebe übertrieb.

Ellie legte einen Flyer vor Candy und Matt auf den Tisch. „Seht euch nur alle diese ‚Sin on the Beach‘ – Festivalveranstaltungen an!“ Etwas leiser sagte sie zu Matt: „Ich will nicht, dass du Trübsal bläst. Andere Mütter haben auch noch Töchter.“ Sie bezog sich offenbar auf seine Trennung von der Eisprinzessin.

„Ellie“, sagte Matt. „Mach dir um mich mal keine Sorgen.“

„Dann werde ich hier wohl nicht mehr gebraucht.“ Mit einem vielsagenden Blick zu Candy wandte Ellie sich zur Tür. Da Matt in die Küche gegangen war, konnte Candy ihrer Freundin gerade noch den erhobenen Daumen zeigen, bevor sie ging.

„Möchtest du etwas trinken?“, rief er aus der Küche. „Ein Bier?“

„Bei der Arbeit lieber Wasser.“ War das übertrieben? Natürlich wäre es großartig, sich mit Matt einfach nur einen faulen Tag in seinem Bungalow zu machen. Aber das war die alte Candy. Die neue wollte etwas Wichtiges erreichen.

Sie verschob ihren Laptop und stieß dabei versehentlich einen von Matts Ordnern auf den Boden. Das erste Blatt, das sie aufhob, war ein Persönlichkeitstest mit seinem Namen. Daran klebte ein Zettel, auf den ihr Geschäftsführer Scott Bayer geschrieben hatte: Ruf mich an betreffs Veränderungen!

Matt kam mit ihrem Wasser und seinem Bier in das Wohnzimmer.

Candy reichte ihm das Formular. „Du hast den Test gemacht?“

„Scott wollte, dass alle leitenden Angestellten ihn machten.“

„Was für Veränderungen meint er? Irgendwelche in dem Test?“

Matt lachte humorlos. „Nein. In den Managern. Er will, dass wir die Schwächen angehen, die der Test zutage brachte.“

„Was für Schwächen könntest du schon haben?“, fragte sie.

„Genau“, sagte er und deutete ein Lächeln an. „Dem Test zufolge bin ich nicht kontaktfreudig genug.“ Er setzte sich neben sie. „Findest du mich ungesellig, Candy?“ Sein Blick war so direkt, dass ihr der Atem stockte. „Sei ehrlich.“

„Du bist kein Schwätzer, sondern sehr direkt. Ich würde sagen, dass du mehr zurückhaltend als wirklich ungesellig bist.“

„Zurückhaltend. Ja. Das passt. Ich halte nichts von Smalltalk. Sag, was du zu sagen hast, und weiter im Text. Wozu die Zeit verschwenden?“

„Aber zwanglose Gespräche lockern die Atmosphäre auf. Ein Schwätzchen über das Wochenende, das Spiel der Suns oder die Bar-Mizwa des Neffen macht die Leute mitteilsamer und aufgeschlossener für ernstere Themen.“

Matt schwieg, er schien über ihre Worte nachzudenken.

„Klingt vernünftig“, sagte er schließlich. „Mein unmittelbares Problem ist, dass Scott von mir erwartet, auf der Konferenz im nächsten Monat neue Kunden zu gewinnen. Bis dahin muss ich mir das Schulterklopfen, den Schmus und alles andere angeeignet haben.“

„Klingt doch gut.“

Er lächelte sie an. „Für dich vielleicht.“ Er warf ihr einen Blick zu, der die Luft regelrecht zum Knistern brachte. „Aber ich bin nicht du.“

Nein, Moment mal! Das Knistern kam von ihrem Laptop, der mit entnervender Langsamkeit und Geräuschen startete, die an eine kaputte Waschmaschine erinnerten.

„Falls es dir ein Trost ist, auch von mir hat dieser Test ein falsches Bild ergeben“, bemerkte Candy.

„Wieso?“

„Weil ich meine Arbeit angeblich nicht ernst genug nehme.“

„Du? Nein! Wie kann das denn sein?“ Seine Augen funkelten. „Wegen der Luftschlangen vielleicht, mit denen du das Labor mal dekoriert hast?“

„Alle waren damals schlecht drauf. Wir brauchten eine Pause. Und die Dinger ließen sich im Nu wieder entfernen.“

„Oder als du was in den Halloween-Punsch getan hast?“

„Komm schon. Das war eine Party. Und ich hatte Valerie vorher gewarnt.“

„Sie war schwanger, nicht?“ Er nickte. „Dein Kostüm war … interessant.“

Sie hatte sich als Zombie-Prostituierte verkleidet – was auch kein Problem gewesen wäre, wenn sie sich nicht als Einzige die Mühe gemacht hätte, ein Kostüm anzuziehen.

„Fröhliche Angestellte sind gute Angestellte, Matt. Es gibt Studien, die beweisen …“

„Wenn ich mich recht entsinne, gingen drei Kollegen heim, weil sie zu betrunken waren zum Arbeiten. Und alle anderen außer Val verschliefen den Nachmittag auf ihren Tastaturen.“

Er lächelte, aber das Licht brach sich in seinen Brillengläsern. Deshalb konnte sie nicht sehen, ob er amüsiert war oder sich über sie lustig machte.

„Wenn ich mich recht entsinne, hast du viel gelacht. Und im Monat danach hast du das Papierkorb-Basketball-Turnier gewonnen.“

„Was auch deine Idee war, nicht wahr?“

„Wir hatten zwei Sechzigstundenwochen mit der Neubearbeitung des Payroll Plus verbracht. Wir brauchten eine Abwechslung.“

„Na ja, das war ganz lustig“, räumte er ein.

„Und danach waren wir wieder fit. Arbeite hart, vergiss dabei aber nie das Vergnügen, das ist mein Motto.“ Es klang wie eine Ausrede. Oder zumindest sähe Candys Familie es so. Auf dem College hatte sie mehr als einmal die Schwerpunktfächer gewechselt und die Jobs in der Arbeitswelt auch. Ihre Eltern dagegen hatten aus dem Nichts heraus ein gut gehendes Geschäft gegründet, ihre Brüder waren gleich nach ihrem Jurastudium von erfolgreichen Anwaltsfirmen angenommen worden. Alle vier hielten sie für eine Niete, und allein der Gedanken daran ließ Candy vor Scham erröten.

Autor

Dawn Atkins
Obwohl es immer Dawn Atkins’ größter Traum war, Autorin zu werden, war sie nicht sicher, ob sie wirklich den Funken Genialität besaß, den es dazu braucht. So wurde sie zunächst Grundschullehrerin und fing dann allmählich an, für Zeitungen und Zeitschriften Artikel zu verfassen. Schließlich gab sie ihre Arbeit an der...
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