Romana Extra Band 133

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KIRSCHBLÜTENKÜSSE AUF MALLORCA von KERI ANNE ARDEN
Gwen hat sich so auf Mallorca gefreut! Doch der attraktive Gabriel Seda, der sie vom Flughafen zur Finca ihrer Freundin fährt, scheint etwas gegen sie zu haben. Gwen ahnt nicht, dass er sie begehrenswert findet – und dass sie seiner Ex zum Verwechseln ähnlich sieht!

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  • Erscheinungstag 09.05.2023
  • Bandnummer 133
  • ISBN / Artikelnummer 9783751517461
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Keri Anne Arden, Kate Summer, Michelle Douglas

ROMANA EXTRA BAND 133

1. KAPITEL

Gwen entschlüpfte ein kleiner Laut der Erleichterung, als der Kapitän die bevorstehende Landung in Palma verkündete. Obwohl der gut zweistündige Flug von London nach Mallorca ohne Zwischenfälle verlaufen war, erschien ihr die Aussicht, bald wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, beruhigend. Sie flog nicht gerne, auch wenn der Grund für diese Reise ein überaus schöner war. Ava, ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin, würde heiraten. Auf der Finca Bonita, wo Ava eine Zweigstelle der gemeinsamen Londoner Hochzeitsagentur Forever Yours betrieb, wollte sie ihrem Liebsten Jaime das Jawort geben.

Gwen freute sich, ihre Freundin endlich wiederzusehen. Vor einem Jahr hatte Gwen vorgeschlagen, einen Teil des Geschäfts nach Mallorca zu verlegen. Doch mittlerweile musste sie sich insgeheim eingestehen, dass sie es bereute, Ava ermutigt zu haben, ihre Zelte in England abzubrechen und auf die Insel zu ziehen. Denn seitdem lag die ganze Arbeit in London allein auf ihren Schultern. Ihr fehlte die kreative Zusammenarbeit mit Ava schmerzlich. Sie fühlte sich überfordert und mit allem alleingelassen, obwohl sie eine Assistentin eingestellt hatten.

In der Anfangszeit von Forever Yours hatten Gwen und Ava die Zuständigkeitsbereiche unter sich aufgeteilt. So war Gwen unter anderem fürs Marketing und die Konzepterstellung verantwortlich gewesen, Ava für die Auftragsabwicklung sowie die finanziellen Aspekte der Firma. Das hatte immer gut funktioniert, doch nun hatte sich alles geändert. Mit der Zweigstelle auf Mallorca und der Zimmervermietung für Hochzeitsgäste auf der Finca hatte Ava alle Hände voll zu tun. Auch in London wurde die Arbeit zusehends stressiger, und der Konkurrenzdruck stieg. Und dann war da noch ihre Mum.

Gwens Gedanken wanderten zu ihrer Mutter, als die Anschnallzeichen aufblinkten. Ihre Mutter Alice lebte nach einem Schlaganfall seit einigen Jahren im Pflegeheim. Da Gwens Schwester in Schottland verheiratet war, kümmerte Gwen sich um Alice. Sie besuchte sie, so oft es ging, und dennoch hatte sie das Gefühl, nie genug für ihre Mutter zu tun.

Erschöpft ließ sie den Kopf gegen die Sitzlehne sinken. Wie so oft wurde sie von Schuldgefühlen heimgesucht. Hätte sie damals nur besonnener gehandelt! Doch sie war erst sechzehn gewesen, und ihre kleine, behütete Welt war unverhofft ins Wanken geraten. Mühsam blinzelte sie die aufsteigenden Tränen fort, als die Erinnerung an diese dunkle Zeit sie bestürmte. Die Vergangenheit war nicht mehr zu ändern. Doch sie musste unbedingt mit Ava über ihre Zukunft und die Situation in London sprechen, ehe die Freundin in die Flitterwochen aufbrach. Diese unangenehme Aufgabe schob Gwen jedoch erst einmal weit von sich. Zunächst würden sie das lang ersehnte Wiedersehen und Avas und Jaimes Hochzeit gebührend feiern. Ihre eigenen Probleme mussten so lange hintenanstehen.

Die Maschine neigte sich im Landeanflug, und Gwen blickte durch das Kabinenfenster nach draußen. Das, was sich ihr bot, raubte ihr den Atem: weiße Sandstrände, zerklüftete Küsten, blühende Obstbäume in Terrassengärten und mit Kiefern bewachsene Berge. Dann die unzähligen Windmühlen, und darüber der stahlblaue, mediterrane Himmel. Kein Wunder, dass sich Ava entschieden hatte, das graue, nasse London gegen diese bezaubernde Landschaft einzutauschen!

Gwens Aufregung stieg, während sie die Gangway hinabschritt und dann zum Terminal ging, wo sie ihr Gepäck in Empfang nahm. Mit dem Rollkoffer im Schlepptau und einer riesigen Ledertasche, die alles Lebensnotwenige wie Müsliriegel, Parfumfläschchen, Schmerztabletten und Deoroller enthielt, lief Gwen wenig später durch die belebte Ankunftshalle. Als Treffpunkt hatte sie mit Ava den Außenbereich einer kleinen internationalen Bar vereinbart. Da von der Freundin noch nichts zu sehen war, setzte sie sich an einen der freien Tische. Sie brauchte dringend einen anständigen Kaffee. Anders konnte sie morgens einfach nicht funktionieren. Das halb durchsichtige braune Gebräu, das ihr an Bord zu einem zermatschten Frühstückscroissant serviert worden war, hatte die Bezeichnung Kaffee kaum verdient.

Als ein junger Kellner erschien, orderte sie zufrieden einen Café solo. Sie war froh, dass sie in der Volkshochschule vor einigen Jahren ein paar Semester Spanisch belegt hatte und sich nun einigermaßen verständigen konnte. Sie strich sich das blond gewellte, knapp schulterlange Haar hinter die Ohren, lehnte sich zurück und beobachtete die vorbeihastenden Passanten, während sie ihren Kaffee trank. Sie bezahlte gleich, damit sie sofort aufbrechen konnte, sobald Ava erschien. Allerdings ließ ihre Freundin noch immer auf sich warten. Aber was bedeuteten schon ein paar Minuten gegen die lange Zeit, die sie einander nicht mehr gesehen hatten! Dennoch grübelte sie darüber nach, ob sie Ava nicht anrufen sollte.

„Señora Kelly?“

Gwen hob den Blick und entdeckte einen Mann, der sie aus dunkelbraunen Augen unfreundlich anstarrte. Er war groß, breitschultrig, und seine markanten Züge zierte ein leichter Bartschatten, was ihm zusammen mit dem etwas zu langen, schwarzen Haar und einer gezackten Narbe über seiner rechten Braue ein verwegenes Aussehen verlieh. Sein smaragdgrünes Polohemd spannte sich über der Brust, und die perfekt sitzende Diesel-Jeans schmiegte sich an seine schmalen Hüften wie eine zweite Haut. Unwillkürlich schlug Gwens Herz ein wenig schneller. Das Erscheinungsbild des Unbekannten entsprach genau ihrem Typ Mann. Gwen hatte für Männer mit südländischem Aussehen schon immer eine Schwäche gehabt. Doch trotz seines umwerfend attraktiven Äußeren und der Tatsache, dass er Gwen taxierte, als wollte er sie zum Frühstück verspeisen, ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Kühl erwiderte sie seinen durchdringenden Blick, obwohl sie sich insgeheim fragte, woher er ihren Namen kannte.

„Sí?“

„Ich soll Sie nach S’Arracó auf die Finca bringen“, erklärte er in fehlerfreiem Englisch, jedoch mit hinreißendem spanischem Akzent.

Das dunkle Timbre in seiner Stimme sprach ihre Sinne an und bescherte ihr prompt eine Gänsehaut. Es dauerte einen Herzschlag lang, ehe seine Worte zu ihr durchgedrungen waren und sie sich gesammelt hatte. Zwar kannte er ihren Namen und ihr Reiseziel, dennoch war es möglich, dass dieser Mann ein Trickbetrüger war. „Ich werde bereits abgeholt“, entgegnete sie und nahm demonstrativ ihr Handy in die Hand, um Avas Nummer zu wählen. Hoffentlich verstand der Mann den subtilen Hinweis.

Wenn dies überhaupt möglich war, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck noch mehr. Eine breite, teuer aussehende Armbanduhr glitzerte im Sonnenlicht, als er eine ungeduldige Handbewegung machte. „Ich wurde gebeten, Sie abzuholen, da Señorina Henley wegen der Hochzeitsvorbereitungen verhindert ist.“

Grundgütiger! Ihre kleine Auszeit auf Mallorca fing ja gut an. Sie hatte sich so auf die Freundin gefreut, und nun musste sie sich in die Hände dieses zwar ungemein attraktiven, gleichzeitig aber auch unfreundlichen Fremden begeben? Gwen stieß ein frustriertes Seufzen aus. Sie schob ihr Handy zurück in die Tasche, blieb jedoch an Ort und Stelle. So einfach würde sie es ihm nicht machen, zumal er nicht einmal die Höflichkeit besessen hatte, sich ihr überhaupt vorzustellen. „Und Sie sind?“, fragte sie und reckte ihr Kinn.

„Gabriel Vicente Martín Seda“, ratterte er seinen vollen Namen herunter. „Ein Freund der Brautleute.“

Gwen verzog spöttisch den Mund. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Ava mit diesem ungehobelten Typen befreundet sein sollte. Vermutlich war dieser Gabriel – wie – auch – immer – Seda einer von Jaimes zahlreichen Angestellten, der sich wichtigmachen wollte. Avas Verlobter war nicht nur Teilhaber des Forever Yours, sondern besaß zudem einige beeindruckende Immobilien auf der Insel, darunter eins der exklusivsten Hotels in Port d’Andratx. „Schön, Señor Seda“, seinen Nachnamen hatte sie sich zum Glück merken können, „dann bringen Sie mich zu Ihrem Wagen.“

Bueno.“ Ohne sich nach ihr umzudrehen oder ihr gar einen Teil des Gepäcks abzunehmen, stürmte er los, kaum dass sie sich erhoben hatte.

Offenbar hatte der Mann keine gute Kinderstube genossen. Aber sie wollte ihn nicht bitten, ihr den Koffer abzunehmen. Diesen Gefallen tat sie ihm nicht, auch wenn sie Mühe hatte, mit seinen weit ausholenden Schritten mitzuhalten. Widerstrebend folgte sie ihm – seine düstere, wortkarge Art verunsicherte sie. Sie hoffte, ihn nie wiederzusehen, nachdem er sie in S’Arracó abgesetzt haben würde.

Er muss extrem gut verdienen, erkannte Gwen kurz darauf überrascht. Gabriel Seda manövrierte den schnittigen dunkelblauen Bugatti routiniert und mit lässiger Hand durch den dichten Großstadtverkehr von Palma. Beinahe hätte sie über diesen Gedanken laut aufgelacht.

Natürlich gehörte ihm dieses teure Auto nicht. Vermutlich war es eines aus Jaimes Fuhrpark. Zum Glück versuchte dieser Señor Seda nicht, Konversation zu betreiben. Gwen verspürte nicht die geringste Lust, sich mit ihm zu unterhalten. Der raubeinige Spanier war ihr suspekt, und je mehr Distanz sie zwischen sich und ihn brachte, umso besser. Daher hatte sie auch auf den Beifahrersitz verzichtet und sich auf dem Rücksitz niedergelassen, wo sie sich die Zeit vertrieb, indem sie aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft blickte.

Sobald sie Palma hinter sich ließen, wich die dichte Bebauung kleineren Flecken und Ortschaften. Felder, bewachsen mit Palmen, Büschen und Bäumen mit leuchtend mediterraner Blütenpracht zogen vorbei. Wenn ab und an das azurblaue Meer dazwischen aufblitzte, schlich sich ein verträumtes Lächeln auf ihr Gesicht. Die Schönheit der fremden Umgebung zog sie vollkommen in ihren Bann, bis sie plötzlich merkte, dass Gabriel Seda im Rückspiegel ihren Blick auffing. Unbehaglich verlagerte sie ihr Gewicht. Weshalb starrte er sie auf diese Weise an? Sie reckte das Kinn und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der mallorquinischen Landschaft zu.

Die Kilometer schienen sich dahinzuziehen wie zäher Kaugummi. Die ganze Zeit über war Gwen sich des männlich-herben Aftershaves bewusst, das im Innenraum des Wagens hing, sowie der gelegentlichen kritischen Blicke ihres Fahrers durch den Rückspiegel. Zu ihrer Erleichterung erreichten sie gut vierzig Minuten nach ihrem Aufbruch in Palma endlich ihr Ziel.

S’Arracó, ein malerisches Dorf im Südwesten Mallorcas, schmiegte sich in ein grünes, von Bergen und Wäldern umgebenes Tal. Sie durchquerten die Ortschaft und folgten einem Schotterweg einen Hügel hinauf. Schließlich brachte Gabriel den Wagen am Ende einer Sackgasse auf einem von alten Olivenbäumen beschatteten Kiesplatz zum Stehen. Gwen hatte schon unzählige Fotos der Finca Bonita gesehen. Wegen der vielen Arbeit und der Sorge um ihre Mutter hatte sie es aber bis jetzt nicht geschafft, ihre Freundin zu besuchen. Jetzt, als sie tatsächlich hier stand und den süßen Blütenduft, vermischt mit dem würzigen Geruch von Orangen und Pinien, einatmete, machte sie der Anblick regelrecht sprachlos. Das Gebäude inmitten einer Gruppe grüner Palmen war im typisch mallorquinischen Stil errichtet und schien direkt einer spanischen Filmkulisse entsprungen zu sein.

„Wollen Sie Ihr Gepäck an sich nehmen oder lieber Wurzeln schlagen?“, erkundigte sich Gwens Begleiter unhöflich.

Gwen warf ihm einen sarkastischen Blick zu und war gerade im Begriff, etwas zu erwidern, als sich die von einer tiefroten Bougainvillea umrankte Haustür öffnete und Ava ihr freudestrahlend entgegenlief.

„Oh mein Gott, Gwen.“ Ihre Freundin schloss sie in eine feste Umarmung, und ihre wilden roten Locken kitzelten an Gwens Wange. „Entschuldige, dass ich es nicht geschafft habe, dich abzuholen. Es gab ein Problem mit der Menüplanung, und ich musste das noch mit dem Caterer klären.“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. „Wie schön, dich endlich hier zu haben!“ Unvermittelt wandte sie sich Gwens Begleiter zu. „Danke, Gabriel, ich weiß es zu schätzen, dass du eingesprungen bist. Du bist ein Schatz.“

Gwens Augen weiteten sich vor Überraschung, als Ava sich auf die Zehenspitzen stellte und dem Fahrer einen kleinen Kuss auf die Wange drückte. Demnach war er vermutlich doch kein Angestellter von Avas Verlobtem, und das teure Auto gehörte ihm tatsächlich selbst. Sie fragte sich flüchtig, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, doch der Gedanke verflog rasch. Wenn er ein Freund der Brautleute war, würde er mit Sicherheit auf der Hochzeit auftauchen. Sie machte sich eine mentale Notiz, dem Mann bei den Feierlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Ihr Bedarf an seiner Gesellschaft war mehr als gedeckt.

„Wie war der Flug?“, wollte Ava jetzt wissen und winkte Seda, der sich gerade wieder hinter das Steuer seines Wagens schob, noch einmal zum Abschied zu.

„Es lief alles glatt. In Gesellschaft meiner netten Sitznachbarin ist die Zeit rasch vergangen.“ Gwen blickte dem Bugatti nach, der das Gelände mit einem Röhren verließ. Angeber, schoss es ihr prompt durch den Kopf.

„Du siehst übrigens gut aus“, sagte Ava. „Vielleicht ein bisschen blass, aber das wird sich hier auf Mallorca schnell geben.“ Mit Blick auf Gwens leichtes Sommerkleid, das in einer Farbschattierung aus Türkis, Aquamarin und Dunkelblau leuchtete, fügte sie hinzu: „Die Farbe steht dir ausgezeichnet. Passt zu deinen hübschen Augen.“

„Lieb von dir. Danke.“ Gwen hatte ein Faible für schöne Stoffe. Sie liebte alle Blau- und Türkistöne, die sie an das Meer erinnerten. „Aber schau dich selbst an.“ Schmunzelnd stupste sie Ava an und beschattete ihre Augen gegen das Sonnenlicht. „Du strahlst förmlich vor Glück. Oh, Süße, ich freu mich so für dich!“ Spontan umarmte sie ihre Freundin.

„Ich bin auch sehr glücklich“, gestand Ava. „Weißt du noch, wie verzweifelt ich war, als ich vor einem Jahr nach Mallorca flog, um Tante Ruths Finca zu verkaufen? Damals schien alles verloren. Doch ich konnte das Haus nicht aufgeben, mit dem mich so viele Erinnerungen an meine Tante verbinden.“ Ein Schatten huschte über ihre Züge.

„Aber der Betrug deines Ex ist zum Glück Schnee von gestern.“ Gwen streichelte über Avas Arm. „Dank Jaimes Hilfe und seinem Einstieg als stiller Teilhaber in unsere Firma ist es uns ja Gott sei Dank gelungen, das Forever Yours zu retten. Und nun sieh dich nur an!“

„Du hast recht. Jetzt habe ich nicht nur diese wunderschöne Finca und ein gut gehendes Geschäft, sondern darf auch noch hier auf der Insel leben und werde meinen Traummann heiraten. Manchmal kann ich es selbst kaum fassen. Aber nun komm, gib mir den Trolley, ich will dir dein Zimmer zeigen.“

„Wer genau ist denn dieser Señor Seda?“, wollte Gwen wissen, während sie ihrer Freundin folgte.

„Gabriel? Er ist ein guter Freund von Jaime“, gab Ava bereitwillig Auskunft, doch dann lenkte sie das Thema unmittelbar in eine andere Richtung. „Ich habe dich im Nebengebäude einquartiert. Aber nachher machen wir noch eine Führung durch die gesamte Anlage.“

„Oh prima. Ehrlich gesagt, kann ich es nicht erwarten zu sehen, was du in dem knappen Jahr hier geschaffen hast.“ Die Finca war zu einer Hochzeitslocation umgebaut worden. Im Haupthaus gab es mehrere Gästezimmer, eine Hochzeitssuite, einen kleinen Frühstücksraum und eine großzügige Lounge. Außerdem auch das Büro mit Blick auf den Garten, in dem Ava tagsüber arbeitete. Weitere Gästeapartments waren in einem Nebengebäude untergebracht. Ava selbst war vor wenigen Wochen aus der Finca ausgezogen, um mit Jaime in dessen Villa in dem malerischen Hafenstädtchen Port d’Andratx zu leben. „Und ich freue mich riesig darauf, endlich deinen Zukünftigen kennenzulernen“, fügte sie warm hinzu.

Sie umrundeten das Haus und gingen durch den Garten auf den reizvollen, weiß gekalkten ehemaligen Stall zu. Im Vorbeigehen warf Gwen einen sehnsüchtigen Blick auf den in der Morgensonne verlockend glitzernden Pool. Sie konnte es nicht erwarten, sich etwas abzukühlen! Ebenso freute sie sich darauf, Zeit mit Ava zu verbringen, auch wenn diese leider ziemlich überschaubar war. Natürlich wäre Gwen gern eher angereist, auch um mehr Zeit für das geplante Gespräch mit der Freundin zu haben. Leider hatte sie sich jedoch nicht eher in London loseisen können, da sie in letzter Minute eine mittlere Katastrophe im Büro hatte abwenden müssen. Trotz der Vorfreude auf die Zeremonie und der herrlichen Umgebung gelang es Gwen nicht, ihre innere Anspannung zu ignorieren.

Ava blieb vor der restaurierten, zweiflügeligen Eingangstür des Nebengebäudes, die wirkte, als sei sie einst ein Scheunentor gewesen, stehen und wandte sich zu ihr um. „Da wären wir. Dein neues Zuhause auf Zeit.“

„Es ist wunderhübsch.“ Gwen ließ den Blick über die Fassade schweifen. „Aber mal etwas anderes. Wann werde ich deinen Zukünftigen kennenlernen?“

„Heute Abend. Und ich bin sicher, du wirst ihn lieben.“ Ein freches Grinsen trat in ihr Gesicht. „Aber Hände weg, der Mann gehört mir.“

Mit dieser Bemerkung brachte sie Gwen zum Kichern. Plötzlich war es fast wieder wie früher, als sie während der Arbeit im Büro einander geneckt und gemeinsam gelacht hatten. Gwen vermisste dieses freundschaftliche Geplänkel so sehr. „Ach, wie enttäuschend! Und ich dachte, wir teilen schwesterlich. Du gönnst mir aber auch gar nichts, Ava.“

Unsanft schaltete Gabriel einen Gang herunter, als er der schmalen, gewundenen Straße den Hügel hinab Richtung Ort folgte. ¡Dios mío! Hätte er geahnt, was ihn in Palma am Flughafen erwartete, hätte er Jaimes Braut nicht so großmütig angeboten, die Arbeit links liegen zu lassen und ihren englischen Gast abzuholen.

Gwen Kelly war Serena wie aus dem Gesicht geschnitten. Verflucht! Er hätte um ein Haar auf dem Absatz kehrtgemacht, als er sie im Café sitzen gesehen hatte. Seine Knie waren weich geworden, und ein unheilvoller Schauer war über seinen Rücken gekrochen. Im ersten Moment hatte er gedacht, dass sich jemand einen schlechten Scherz mit ihm erlaubt hätte. Aber dann, als er näher kam, erkannte er, dass es nicht seine Ex-Frau war, die dort am Tisch saß und wartete.

Die Haare schimmerten in einem helleren Goldton, wahrscheinlich war Miss Kelly naturblond. Ihr Gesicht besaß feinere Züge als das von Serena, und die Augen waren nicht braun, sondern dunkelblau. Dennoch, auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es sich um Serena handelte. Diese junge Engländerin besaß eine ähnlich zierliche Statur, auch wenn sie kleiner war als seine Ex-Frau und ihm nur bis zur Brust reichte. Vielleicht sollte er mal ein Hühnchen mit Jaime rupfen! Er konnte unmöglich übersehen haben, dass Avas Freundin Serena zum Verwechseln ähnlich sah. Oder hatte Ava ihm die Freundin bisher vorenthalten? Sicherlich hatte Jaime bereits Bilder von der Engländerin gesehen. Gabriel verstand nicht, warum ihn sein Freund nicht vorgewarnt hatte. Er hätte wissen müssen, dass es ein Schock für Gabriel sein würde, auf diese englische Miss zu treffen. Aber vermutlich hatte sein Freund wegen der Hochzeit zu viel um die Ohren, als dass er auf solche Nebensächlichkeiten geachtet hätte.

Gabriel stieß einen frustrierten Laut aus und drosselte das Tempo, als er die Ortseinfahrt von S’Arracó erreicht hatte. Leider entsprach Gwen Kelly genau seinem Beuteschema. Serena hatte ihm zwar das Herz gebrochen, doch das bedeutete nicht, dass er blonde, zierliche Frauen nicht mehr äußerst anziehend fand.

Auch Gwen besaß dieses scheinbar Zerbrechliche, diese besondere zarte Eleganz, die ihn so fesselte. Ach, zur Hölle mit Serena! Sie hatte ihm den Glauben an die Liebe genommen. Er wünschte, er wäre ihr niemals begegnet. Aber dann hätte es Maya in seinem Leben niemals gegeben. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Maya. Er hatte die Kleine eine Weile schon nicht mehr gesehen, und sie fehlte ihm jede einzelne Sekunde seines verachtungswürdigen Lebens. Und wessen Schuld war das? Seine Kiefermuskeln mahlten, als er erneut einen Fluch ausstieß, für den er früher bei der gestrengen Aufseherin im Heim eine schallende Ohrfeige kassiert hätte.

Außerhalb des Dorfs gab er wieder Gas. In knapp zehn Minuten würde er seine Villa oberhalb von Port d’Andratx erreicht haben. Dort würde er sich erst einmal einen gepflegten Whisky gönnen, bevor er sich in seinem Büro dem leidigen Schriftkram widmete. Da er erst wieder gegen Abend aufbrechen musste, konnte er sich guten Gewissens ein paar Schlucke leisten. Gabriel rollte mit den Schultern und fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar. So langsam ließ die Anspannung nach, die ihn seit der Sekunde gepackt hatte, als er Miss Kelly am Flughafen begegnete.

Gabriels Villa im mediterranen Stil thronte außerhalb der Stadt auf einer Anhöhe mit unverbaubarem Panoramablick auf die Bucht von Port d’Andratx. Einst hatte er das Anwesen wegen des traumhaften Meeresblicks gekauft und nach seinen Vorstellungen umbauen lassen. Ach, wem machte er etwas vor – für Serena hatte er die verdammte Luxusimmobilie eingerichtet. Geld hatte keine Rolle gespielt, für Serena war ihm damals nichts zu teuer gewesen. Er hätte ihr die Sterne vom Himmel geholt, hätte sie ihn darum gebeten. Die deckenhohen Fenster, die jede Menge Licht in die großzügigen Räume ließen, goldene Wasserhähne in den Bädern mit Sauna und Jacuzzi, begehbare Schränke und Himmelbetten entsprachen ganz ihrem Geschmack. Mit der großzügigen Sonnenterrasse, einem beheizbaren Pool, Fußbodenheizung, Klimaanlage und einem Sound-System ließ das Haus keine Wünsche offen. Doch Serena hatte all das nicht gewürdigt. Nichts war jemals gut genug für sie gewesen.

Genau wie das schmiedeeiserne Einfahrtstor zuvor öffnete sich nun auch das Rolltor der Doppelgarage per Fernbedienung. Gabriel parkte den Bugatti mit elegantem Schwung zwischen seinem nachtschwarzen Land Rover und der Harley und stieg aus. Seine Schritte hallten auf dem schimmernden Marmorboden, als er durch das lichtdurchflutete, klimatisierte Foyer lief. Er stieß die Eichenholztür zur Bibliothek auf, den Blick fest auf den massiven Barschrank aus Mangoholz gerichtet.

Gabriel mangelte es an nichts – in materieller Hinsicht. Er liebte seine Arbeit, arbeitete hart, führte einen luxuriösen Lebensstil und musste sich um Geld keine Sorgen machen. Nach seiner Scheidung vor knapp einem Jahr war er wieder Single, konnte tun und lassen, wie es ihm beliebte, und musste niemanden Rechenschaft ablegen. Von den Frauen wurde er geschätzt und war beliebt, auch wenn er sich nicht immer sicher war, ob sie ihn anziehend fanden oder bloß seinen Reichtum. Im Prinzip war es ihm egal. Es handelte sich ohnehin nur um belanglose, bedeutungslose Affären. Auf etwas anderes ließ er sich grundsätzlich nicht ein. Meist hatte er schon am nächsten Morgen den Namen seiner Bettgespielin vergessen. Er besaß mehr als sich mancher Mann wünschen konnte. Doch all das, der ganze Besitz, füllte diese entsetzliche innere Leere in ihm nicht aus. Das Gefühl, im großen Stil versagt zu haben, verfolgte ihn Tag und Nacht.

Gabriels Herz war hart und schwer wie Stein, als er einen Tumbler aus dem Schrank nahm, eine Flasche seines Lieblingswhiskys aufschraubte und sich einschenkte. Gedankenversonnen starrte er durchs Fenster hinab in die malerische Bucht. Das Meer glitzerte in der Sonne, und Seevögel zogen träge ihre Kreise über den in den sanften Wellen schaukelnden Booten und Jachten. Doch nicht einmal dieser Anblick konnte seine Laune heben. Die Begegnung mit der englischen Señora hatte all seine Wunden wieder aufgerissen und ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber eigentlich stimmte das so nicht, relativierte er. Die Wunden, von denen er geglaubt hatte, sie wären längst verblasst, waren niemals verheilt.

Er wandte den Blick ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Raum. Die Bibliothek mit dem Kamin, dem dunklen Holz und den warmen Tönen war schon immer sein persönliches Refugium gewesen. Auch in der Zeit seiner Ehe. Dies war der Raum, wo Serena kein Veto eingelegt hatte, als er ihn ganz nach seinem Geschmack ausgestattet hatte. Schon eine Weile spielte er mit dem Gedanken, auch die restlichen Räume der Villa zu verändern und seinen eigenen Wünschen anzupassen. Bisher hatte er sich dazu nicht aufraffen können.

Es schien, als lähmte ihn die Tatsache, dass er das Kostbarste in seinem Leben aufgegeben hatte. Immer wieder quälte ihn die Frage, ob der Verzicht nicht ein Fehler gewesen war. Ob er etwas anders hätte machen können. Doch egal, wie er die Sache drehte oder wendete, er hatte getan, was getan werden musste, um eine größere Katastrophe abzuwenden. Es war die einzige Möglichkeit gewesen, den Menschen zu schützen, der ihm mehr als alles auf der Welt bedeutete.

2. KAPITEL

Am Morgen nach ihrer Ankunft wurde Gwen von emsigem Klopfen und Hämmern geweckt. Ein Blick auf den kleinen Radiowecker auf dem Nachtisch verriet ihr, dass sie lange geschlafen hatte. Es war bereits halb neun. Am Abend zuvor hatte sie nicht nur Jaime, sondern auch dessen Brüder Alejandro und Filipe sowie Pilar, Alejandros Frau, kennengelernt. Zusammen hatten sie noch lange unter dem samtblauen Nachthimmel am Pool gesessen, mallorquinischen Rotwein getrunken und geredet. Ava hatte nicht übertrieben. Es war leicht, Jaime zu mögen. Abgesehen von seinem guten Aussehen, war er ein freundlicher, herzlicher Mensch, der gern lachte. Gwen fand ihn auf Anhieb sympathisch. Sie freute sich von Herzen für die Freundin, nach der bitteren Enttäuschung endlich den Mann ihrer Träume gefunden zu haben.

Gwen schlug die leichte Baumwolldecke zurück, sprang aus dem Bett und lief ans Fenster, um es zu öffnen. Sofort wehte der süße Duft von exotischen Blüten ins Zimmer. Im Garten herrschte rege Betriebsamkeit. Etliche Handwerker waren dabei, eine große Tanzfläche aus Holzbrettern zusammenzuzimmern. Tische und Bänke wurden auf dem gesamten Gelände verteilt, und Blumenschmuck stand auf Paletten bereit. Es war der Tag der Hochzeit. Die Trauung würde am Abend stattfinden, da sich das Brautpaar eine Feier unter dem Sternenhimmel gewünscht hatte.

Es klopfte, diesmal an Gwens Zimmertür. Ava streckte ihren Lockenkopf hindurch.

„Guten Morgen, gut geschlafen?“

„Komm rein, Süße.“ Gwen schloss die Freundin kurz in ihre Arme. „Ich habe wunderbar geschlafen. Kein Wunder, das Zimmer ist wunderschön, und das Bett herrlich bequem.“ Die mediterrane Einrichtung der Gästezimmer im Nebengebäude lehnte sich an den mallorquinischen Stil in der Finca an: Terrakottafußböden, helle, warme Farben, rustikale Holzmöbel, luftig leichte Gardinen in einem leuchtenden Orange und liebevoll ausgewählte Accessoires.

„Du hast doch unsere Verabredung nicht vergessen?“ Ava spielte auf die späte Uhrzeit des vergangenen Abends an. Sie hatten vereinbart, gemeinsam nach Andratx zu fahren, wo sie sich erst ein gemütliches Frühstück in einem kleinen Bistro und anschließend eine Mani- und Pediküre gönnen würden.

„Auf keinen Fall. Ich freue mich doch, dass du dir Zeit für mich nimmst, obwohl du bestimmt noch tausend Dinge zu erledigen hast. Ich hüpfe nur rasch unter die Dusche, dann können wir los.“

„Das hört sich gut an. Wir treffen uns im Garten, ja?“ Ava war bereits mit einem Fuß wieder aus der Tür. „Ich will kurz checken, ob hier alles wie geplant läuft.“

Gwen schloss die Tür mit einem Lächeln. Ava war sichtlich nervös wegen der Hochzeitsfeier. Hoffentlich würde sie die Freundin in Andratx ein wenig ablenken können. Viel Zeit füreinander hatten sie nicht, denn Ava und Jaime würden am kommenden Tag bereits in die Flitterwochen aufbrechen. Daher beschloss Gwen, jede einzelne Minute zu genießen, die sie mit Ava teilen konnte.

Ehe sie jedoch in das kleine angrenzende Badezimmer verschwand, schnappte sie sich das Handy und wählte die Nummer ihrer Mutter im Londoner Pflegeheim. Auch wenn sie nun über tausend Kilometer entfernt voneinander waren, wollte Gwen daran festhalten, jeden Morgen mit Mum zu telefonieren. Sie musste wissen, ob es ihrer Mutter gut ging, ansonsten würden ihr diese Sorge für den Rest des Tages durch den Kopf geistern. Sie hatten sich schon immer gut miteinander verstanden, und Alices Schlaganfall hatte sie auf tragische Weise noch enger aneinandergeschweißt.

Alice Kelly meldete sich sofort. Die rechte Seite ihres Körpers war zwar gelähmt, doch sie hatte im Laufe der letzten Jahre gelernt, die linke Hand einzusetzen. „Darling, wie schön von dir zu hören. Wie ist es auf Mallorca?“

„Alles bestens, Mum. Wie geht es dir?“ Gwen trat mit dem Telefon am Ohr ans Fenster. „Kümmert man sich gut um dich?“

„Natürlich, wie immer. Es ist nur ein bisschen langweilig.“

Gwen spürte einen Stich in der Magengegend. Ihre Mutter liebte es, in Gesellschaft zu sein, aber sie hatte bisher in der Pflegeunterkunft keine engeren Bekanntschaften gemacht. Das Pflegepersonal stand stets unter Zeitdruck, und die anderen Bewohnerinnen interessierten sich nur selten für die Themen, die Alice beschäftigten. „Ich bin ja übermorgen schon wieder zurück. Und dann trinken wir gemütlich eine Tasse Tee zusammen, und ich erzähle dir ausführlich von der Hochzeit.“

„Übernimm dich nicht. Du musst dich doch dann sicher erst mal um eure Agentur kümmern.“

„Darüber haben wir doch schon gesprochen, Mum. Tessa vertritt mich.“ Gwen überkreuzte in Gedanken zwei Finger. Hoffentlich hatte ihre Assistentin alles im Griff.

„Richtig. Ich erinnere mich. Wie ist das Wetter bei euch? Hier regnet es seit Stunden.“ Alice seufzte laut vernehmlich.

„Wir haben strahlenden Sonnenschein. Es ist herrlich.“ Kaum hatte sie das ausgesprochen, bereute sie sogleich ihren Enthusiasmus. „Es ist gut, dass Ava schönes Wetter für ihre Hochzeit hat“, relativierte sie rasch, um ihr schlechtes Gewissen Alice gegenüber zu vertreiben.

„Da hast du recht, Darling. Hab eine schöne Zeit und grüß mir Ava.“

„Mach ich. Pass auf dich auf, Mum. Ich rufe morgen wieder an.“ Ihr Herz war schwer, als sie das Gespräch beendete und das Handy zurück auf den Nachttisch legte. So sehr Gwen sich auch bemühte, das schlechte Gewissen ließ sich einfach nicht abstreifen …

Unzählige Lichterketten umrahmten Türen und Fenster, die Böden waren auf Hochglanz poliert worden, und leise Musik wehte durch die Räume. Gwen hatte das Gefühl, dass sie mindestens genauso nervös war wie die Braut selbst, als sie vor dem festlich dekorierten Trauzimmer in ihrem dunkelblauen, schulterfreien Brautjungfernkleid stand und auf Ava wartete.

Als die Freundin schließlich erschien, schnappte Gwen unwillkürlich nach Luft. Ava sah bezaubernd aus in einem spitzenbesetzten, ebenfalls schulterfreien Brautkleid. Es war ein bodenlanger, mit Perlen bestickter Traum aus Seide und Tüll. In Avas roten Locken steckte ein glitzerndes Diadem, an dem ein langer Schleier befestigt war. „Wer hat die Eheringe, Gwen? Haben wir sie Alejandro gegeben oder den Mädchen?“ Ava zupfte nervös am Ausschnitt ihres Hochzeitskleids und warf Gwen dabei einen panischen Blick zu. „Wenn ich mich nur erinnern könnte, wem die Trauringe anvertraut worden sind. Ich kann unmöglich gleich vor den Altar treten, solange wir nicht wissen, wo die Ringe sind.“

„Beruhige dich, Süße.“ Gwen drückte ihr den Brautstrauß, ein bezauberndes Arrangement aus pfirsichfarbenen und weißen Rosen, dekoriert mit Grün und zartem Schleierkaut, in die Hand. „Und höre endlich auf, dich wie ein aufgescheuchtes Huhn aufzuführen. Jaimes Bruder wird euch die Ringe übergeben, das haben wir doch gestern Abend besprochen.“ Sie drehte sich um und zwinkerte den beiden kleinen Nichten von Alejandros Frau, die sich um Avas Schleppe kümmerten, verschwörerisch zu und erntete dafür ein belustigtes Kichern. Irgendwann, in ferner Zukunft, wenn ihr eigener Prinz auf einem weißen Pferd vorbeigeritten käme, würde sie vielleicht auch so niedliche Blumenmädchen haben. Sie unterdrückte ein sehnsüchtiges Seufzen und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Freundin zu. „Konzentriere dich einfach darauf, wunderschön auszusehen, in Ordnung?“

„Du hast ja recht.“ Ava nickte. Vorsichtig betastete sie das Diadem in ihren kunstvoll hochgesteckten Locken und atmete tief durch. „Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Und sieh nur, wie unglaublich schön alles hergerichtet ist.“ Ergriffen tastete sie nach Gwens Hand. „Und dass du an diesem besonderen Tag hier bei mir bist, bedeutet mir unendlich viel, Gwen.“ Ihre Augen schimmerten. „Ich weiß, wie viel du in London zu tun hast und wie ungern du deine Mutter allein lässt. Danke, dass du dir extra für mich ein paar Tage freigenommen hast.“

„Schon gut.“ Gwens Kehle schnürte sich eng zu. „Nach der ganzen Mühe, die du dir mit dem Umbau der Finca gegeben hast, hast du dir deine Traumhochzeit verdient. Und die hätte ich um nichts in der Welt verpassen wollen.“ Sie gab Ava einen liebevollen Schubs. „Aber nun geh schon. Schnapp dir deinen Traumprinzen.“

Die Stühle im Trauzimmer waren bis auf den letzten Platz besetzt. Die Luft war erfüllt vom süßen, exotischen Duft der zahlreichen Blumengestecke. Stühle und Fenster waren mit weißen Satinbändern geschmückt, und hohe Kerzen tauchten den Raum in ein romantisches Ambiente. Jaimes Familie und alle seine engsten Freunde waren anwesend. Da Ava als Einzelkind ihre Eltern in frühester Jugend verloren hatte und im letzten Jahr auch noch ihre einzige Tante, gab es niemanden aus der Familie der Freundin. Gwen hoffte, dass ihre Anwesenheit Ava darüber hinwegtröstete.

Zu ihrer Erleichterung schien Gabriel Seda nicht unter den anwesenden Gästen zu sein. Was für ein Glück! So konnte sie wenigstens die Hochzeit ihrer besten Freundin entspannt genießen.

Sie blinzelte Tränen der Rührung fort, als Ava langsam den gestreuten Rosenblüten folgte, die die Kinder zuvor liebevoll auf dem Boden verteilt hatten. Romantische Gitarrenklänge begleiteten Avas Schritte. Filipe, an der Seite seiner Freundin, zwinkerte Ava zu, und Carmelita, Jaimes Mamá, schniefte leise vor Glück in ein überdimensionales Taschentuch. Ava schenkte ihnen ein liebevolles Lächeln, aber dann hatte sie nur noch Augen für Jaime, ihren zukünftigen Ehemann. Er wartete neben dem zum Altar umfunktionierten und ebenfalls mit Blumen und Kerzen geschmückten Tisch. Er sah in seinem dunklen, maßgeschneiderten Anzug umwerfend aus. Im Revers steckte eine pfirsichfarbene Rosenblüte aus Avas Brautstrauß.

Jaimes Trauzeuge Alejandro, ebenfalls ein Hingucker in einem dunklen Smoking, wich mit einem anerkennenden Nicken beiseite, als Ava an Jaimes Seite trat. Die Rivera-Männer sahen sich alle recht ähnlich, zudem waren sie, einer wie der andere, unverschämt attraktiv. Gabriel Seda hätte wunderbar in dieses Bild gepasst. Gwen fegte den Gedanken an Jaimes unverschämten Freund rasch beiseite.

Jaime streckte seine Hand aus und verflocht seine Finger mit Avas.

„Bereit, mi belleza?“ Seine dunklen Augen schimmerten vor Zärtlichkeit und so viel Liebe, dass Gwen nach ihrem Spitzentaschentuch suchen musste.

„Ich bin bereit“, antwortete Ava mit zitternder Stimme.

Querida, du wirst doch nicht an deinem Hochzeitstag weinen?“ Sanft wischte er ihr eine Träne von der Wange.

Sie schüttelte den Kopf. „Es ist doch nur, weil ich so unglaublich glücklich bin.“

„Und ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, damit das auch so bleibt“, versicherte er ihr liebevoll und neigte sich zu ihr.

Ein kräftiges Räuspern von Seiten des Pfarrers, gefolgt von heiterem Gelächter aus den Stuhlreihen, stoppte ihn in der Bewegung.

„Geduld, junger Mann.“ Der Pfarrer, der ein alter Freund der Rivera Familie war, bemühte sich, ein Schmunzeln zu unterdrücken. „Was halten Sie davon, wenn ich Sie beide jetzt erst einmal traue. Anschließend dürfen Sie die Braut küssen. Sind Sie einverstanden?“

„Ich war noch nie mit einer Sache so einverstanden, Reverendo“, erwiderte Jaime mit einem Zwinkern in Avas Richtung. „Und nun lass uns heiraten, mi belleza.“

Die anschließende Feier fand im Garten statt, wo sich ein glitzerndes Lichternetz über den Pool und das Buffet mit all den mallorquinischen Köstlichkeiten und den bereitgestellten Champagnergläsern auf Silbertabletts spannte. Überall brannten Fackeln und flackerten Kerzen in bunten Gläsern und tauchten den Garten in ein märchenhaftes Licht. Vor dem Nebengebäude hatte sich eine Musikband positioniert, die leise klassische Musik spielte. Daneben entdeckte Gwen die festlich geschmückte Tanzfläche.

Üppige Blumengestecke, poliertes Silberbesteck und funkelnde Gläser sowie mit Gold geprägte Namenskarten schmückten die gut ein Dutzend, mit weißen Leinendecken belegten runden Tische, die sich über das Gelände verteilten. Gwen schritt durch die Reihen, wechselte hier und da ein Wort auf der Suche nach dem ihr zugedachten Sitzplatz. Schnell stellte sie fest, dass sie nicht am Tisch der Brautleute saß, wofür sie allerdings Verständnis hatte. Denn auch wenn sie Avas beste Freundin war, zählte sie dennoch nicht zur Familie. Endlich hatte sie ihren Platz gefunden. Es war offenbar der Singles-Tisch. Sie schenkte den Anwesenden, drei jungen Frauen in den Dreißigern, sowie drei Herren, ein freundliches Nicken und ließ sich nieder. Der Platz rechts von ihr war leer. Hoffentlich würde sie einen netten Sitznachbarn bekommen.

Qué sorpresa, no lo esperaba.“

Diese Stimme! Das dunkle Timbre. Auch diesmal bescherte es ihr eine Gänsehaut.

Sie fuhr herum und sah Gabriel Seda hinter sich stehen. Mit grimmiger Miene starrte er auf sie hinab. Sein Anblick raubte ihr den Atem – in mehrfacher Hinsicht. Unauffällig taxierte sie seine breiten Schultern, das markante Kinn und die durchtrainierte Gestalt in dem maßgeschneiderten Smoking. Er sah umwerfend aus. Niemals hätte sie damit gerechnet, ihm doch noch zu begegnen. Nachdem er der Trauung nicht beigewohnt hatte, war sie nicht davon ausgegangen, dass er auf dem Fest auftauchen würde. Wie unglaublich naiv von ihr! Sie nestelte an ihrem Haar, das sie zur Feier des Tages mit Kämmen zurückgesteckt hatte, und durchforstete ihr Hirn nach einer passenden Entgegnung.

Die brünette Schönheit mit dem ausladenden Dekolleté zu Gabriels anderer Seite kam ihr zu Hilfe. Sie sprang auf, um ihm links und rechts ein Küsschen auf die Wange zu hauchen, und flüsterte ihm etwas ins Ohr, das ihn kehlig auflachen ließ.

Ohne Gwen weiter Beachtung zu schenken, zog er sich seinen Stuhl zurecht und setzte sich. Sofort wehte sein herbes Aftershave zu ihr herüber, das zu ihrem Entsetzen genauso gut roch, wie er aussah. Es war ungerecht, dass ein Mann mit derart hinreißendem Äußeren sich wie ein ungehobelter Klotz benahm. Welch eine Verschwendung! Sie beschloss ihn zu ignorieren. Was gar nicht einfach war, denn weder gelang es ihr, seine Stimme noch seine überdeutlich männliche Präsenz auszublenden. Er flirtete nicht nur mit seiner Tischnachbarin, sondern auch mit den anderen Damen am Tisch und dem einen oder anderen weiblichen Gast, der vorbeilief. Sein Lachen klang übertrieben, als müsste er beweisen, wie viel Spaß er hatte. Für Frauenhelden hatte Gwen noch nie etwas übriggehabt.

Nachdem das Buffet eröffnet worden war, nahm sie sich auf dem Weg dorthin ein Champagnerglas vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners und stürzte es hinunter. Anschließend versuchte sie, sich auf ihr Essen zu konzentrieren, wobei sie sich hauptsächlich mit dem Mann zu ihrer Linken, einem Immobilienmakler, unterhielt. Ramón war ein rundlicher Mittfünfziger mit Lachfältchen und Gwen auf Anhieb sympathisch. Er erzählte ihr, dass er auf Jaimes Bitte hin Ava einst geholfen hatte, die Finca zu veräußern.

„Sie waren also derjenige, der mit Jaime unter einer Decke steckte und versucht hat, die Dinge für ihn in die richtige Richtung zu lenken“, neckte sie ihn. Natürlich hatte sie von Ava schon von Jaimes einstigen Bemühungen erfahren, über den befreundeten Makler sich anonym das Vorkaufsrecht für die Finca zu sichern. Was zu einer Menge Verwicklungen und Ärger, aber auch schließlich zu einem glücklichen Happy End für Ava und Jaime geführt hatte.

Ramón verzog die Stirn. „Sie haben mich erwischt“, sagte er und klang dabei kein bisschen zerknirscht. Er war ein angenehmer Gesprächspartner, witzig und freundlich. In seiner Gesellschaft gelang es Gwen sogar ab und an, Gabriels Anwesenheit zu verdrängen.

Nach dem Essen begann das Unterhaltungsprogramm. Eine der Gäste, eine junge Frau mit pechschwarzem hüftlangem Haar, stimmte ein gefühlvolles Ave Maria an. Etliche weibliche Anwesende zückten ihre Taschentücher, und auch Gwen, die normalerweise nicht so nah am Wasser gebaut war, kämpfte mit den Tränen. Anschließend wurde die Musik lauter, fröhlicher und leidenschaftlicher mit Gitarre, Dudelsack, Flöte und Geige. Zunächst tanzten Braut und Bräutigam unter dem Beifall der Gäste. Anschließend erschien eine Trachtengruppe, die der Gesellschaft einen mallorquinischen Volkstanz präsentierte. Etliche Sänger gesellten sich hinzu, und Kastagnetten kamen bei den Tänzern zum Einsatz. Gebannt beobachtete Gwen von ihrem Sitzplatz aus das fröhliche Treiben: die weit schwingenden roten Röcke der Tänzerinnen, unter denen knielange weiße Hosen mit Rüschen, weiße Strümpfe und weiße Unterröcke hervorblitzten. Die Männer trugen bis knapp unters Knie reichende Hosen, Kniestrümpfe, helle Hemden und farblich passende Westen. Gwen liebte das warmherzige und mediterrane Flair der Vorstellung und die melodiösen, poetischen Lieder, die so alt schienen wie die Zeit.

„Dieser Bauerntanz nennt sich La Jota“, informierte Ramón sie, als sie sich nach dem Namen erkundigte. „Ursprünglich war er ein vom Gutsadel organisierter Tanz der Feldarbeiter, der veranstaltet wurde, wenn die Ernte besonders ertragreich gewesen war. Im Lauf der Jahrhunderte hat er sich über die ganze Insel verbreitet, und heute ist er für uns Mallorquiner ein Ausdruck von Freiheit, Glück und Einfachheit.“

„Das kann ich gut nachvollziehen. Die Lieder und Tänze sind schlichtweg mitreißend“, entgegnete Gwen bewegt.

Nachdem die Tanzgruppe unter tosendem Beifall die Hochzeitsgesellschaft verlassen hatte, stand Jaime plötzlich vor dem Mikrofon und kündigte ein Tanzspiel an. Kollektives Raunen und Gelächter folgte. Da Gwen nicht alles verstand, wandte sie sich erneut an ihren Sitznachbarn.

„Oh, das ist lustig, Sie werden sehen, Señora. Das Spiel nennt sich Cenicienta. Die Damen ziehen einen ihrer Schuhe aus und legen sie dort in die Mitte des Rasens. Anschließend wählen die Männer den Schuh aus, der ihnen besonders gefällt, und müssen sich auf die Suche nach dem Gegenstück machen. Wenn sich die Paare gefunden haben, gehen sie gemeinsam auf die Tanzfläche.“

„Oh.“ Gwen war sich nicht sicher, ob sie dieses Aschenputtel-Spiel wirklich lustig fand. Sie tanzte nicht gern mit Fremden. Was Körperkontakt anging, war sie empfindlich. Dennoch wollte sie keine Spielverderberin sein. Vielleicht hatte sie Glück und ein zurückhaltender, freundlicher Mensch suchte sich ihren Schuh aus, überlegte sie mit einem inneren Seufzen. Ja, womöglich war es Ramón, der ihren Schuh wählte. Der Gedanke beruhigte sie ein wenig. Als sie sich erhob, bekam sie am Rande mit, wie die üppige Brünette zu Gabriels anderer Seite ihm ihre knallrote Sandalette zeigte, ehe sie sich mit einem Lachen erhob. Bestimmt hatte er den wenig subtilen Hinweis verstanden. Die Frau schien ähnlich feinfühlig zu sein wie Gabriel Seda. Sie passten hervorragend zusammen, beschloss Gwen in einem Anflug von Sarkasmus.

Sie folgte der Frau zur Mitte des Rasens, wo sich allmählich die Schuhe ansammelten, streifte einen ihrer silbernen High Heels ab und legte ihn zu den anderen Pumps. Ramón zwinkerte ihr zu, als sie zurückkam. Erleichterung überfiel sie. Er hatte ihr damit bestimmt zu verstehen geben wollen, dass er sich ihren Schuh sichern würde.

Jaime, der das Geschehen von der Bühne aus verfolgte, sprach erneut ins Mikrofon und bat nun die Herren, aktiv zu werden.

Gwen tauschte ein flüchtiges Lächeln mit den anderen Damen am Tisch, die die ganze Angelegenheit anscheinend äußerst amüsant fanden. Anschließend richtete sie ihren Blick auf die Mitte des Rasens, wo sich die Männer nach den Schuhen bückten. Hier und da gab es ein kleines Gerangel, das mit gutmütigem Gelächter quittiert wurde. Die ersten Herren strebten an die Tische zurück, um nach der passenden Dame für den Schuh ihrer Wahl zu suchen. Gwen stockte der Atem, als sie entdeckte, wie eine schlanke Blondine drei Tische entfernt Ramón zuwinkte. Schlagartig wurde ihr klar, dass Ramóns Zwinkern kein an sie gerichtetes Zeichen gewesen war, sondern reines Wunschdenken ihrerseits! Unvermittelt fiel ihr Blick auf Gabriel Seda und den Schuh in seiner Hand: ein silberner High Heel mit schmalen Riemchen.

Sie rang um Fassung, als ihr der Schock in die Glieder fuhr. Rasch überschlug sie in Gedanken ihre Optionen. Doch sich mit nur einem Schuh unauffällig davonzustehlen, war offensichtlich keine davon.

Nervös knetete sie ihre Hände im Schoß und verfolgte, wie Gabriel Seda auf der Suche nach seiner Tanzpartnerin die Tische abklapperte. Um Himmels willen! Hatte er nicht sicherheitshalber einen Blick auf ihr Schuhwerk riskiert, um genau diese peinliche Situation auszuschließen? Sie konnte es nicht fassen. Entweder war dies eine hinterlistige Laune des Schicksals, oder Gabriel hatte sich absichtlich ihren Pumps herausgefischt. Letzteres konnte sie sich jedoch nicht vorstellen, schließlich hatte er durch sein abweisendes Verhalten deutlich gemacht, dass er weder Interesse an ihr hatte noch sie sonderlich sympathisch fand. Was auf Gegenseitigkeit beruhte.

Ihr Pulsschlag erhöhte sich, als er nun unweigerlich ihrem Tisch näher kam. Sein Blick fiel auf ihren nackten Fuß, und seine Miene verdüsterte sich. Gwen sah etwas Dunkles in seinen Augen aufblitzen, als er sich an sie wandte.

„Sieht so aus, als ob der hier Ihnen gehört, Señora Kelly.“

Oh, der Mann war ein hervorragender Schauspieler. Er tat so, als sei er überrascht – unangenehm überrascht.

Angesichts seiner bühnenreifen Darstellung spielte ein verächtliches Lächeln um ihre Lippen. Sie weigerte sich mitzuspielen.

„Ist das nun Ihr Schuh oder nicht?“, hakte er mit genervtem Unterton nach, weil sie ihm bisher eine Antwort schuldig geblieben war.

Aber Leugnen hatte keinen Zweck. Er gab scheinbar nicht auf. Also nickte sie. „Richtig, das ist meiner.“ Ihre Hände berührten sich flüchtig, als er ihr den Schuh übergab. Sie ließ sich Zeit, die schmalen Riemchen zu befestigen. Ihr war jedoch klar, dass sie das Unvermeidliche lediglich hinauszögerte. Als sie hochschaute, fing er ihren Blick auf.

„Warum haben Sie das getan?“, entfuhr es ihr. Der intensive Blick aus seinen dunklen Augen verwirrte sie.

„Was getan?“ Über seiner Nasenwurzel bildete sich eine steile Falte. Dann trat ein Ausdruck der Überraschung auf sein Gesicht. „Ach, glauben Sie etwa, ich hätte extra nach Ihrem Schuh gesucht?“

„Sagen Sie es mir“, fauchte sie ihn an.

„Nichts läge mir ferner.“ Er schnaubte. „Überschätzen Sie sich nicht.“

Nun stieß sie einen abfälligen Laut aus. Dieser Mann war unglaublich. Was bildete er sich ein? Sie wandte sich ab und nahm einen Schluck aus ihrem Weinglas, um ihre flatternden Nerven zu beruhigen.

„Wir müssen miteinander tanzen.“

Vielleicht würde er aufgeben, wenn sie ihn ignorierte.

„Es ist ein Tanzspiel. Machen Sie keine Szene.“

Sie fuhr herum und funkelte ihn an. Er musterte sie so kühl und regungslos, dass es ihr sekundenlang die Sprache verschlug. Nur das Zucken eines Muskels an seiner Schläfe verriet ihr seine Aufgewühltheit. Der Umstand, dass sie miteinander tanzen sollten, bereitete ihm anscheinend ebenso Unbehagen wie ihr.

Gwen ergab sich in ihr Schicksal, erhob sich und nickte knapp. „Also gut. Einen Tanz.“ Dem Brautpaar zuliebe würde sie das Spiel mitmachen.

Er reichte ihr seinen Arm und führte sie mit starr geradeaus gerichtetem Blick auf die Tanzfläche, wo sich bereits die ersten Paare versammelten. Die Band stimmte ein neues Lied an, einen langsamen Walzer.

Gwen holte tief Luft, um sich für das Bevorstehende zu wappnen.

Gabriel legte eine Hand in ihren Rücken, und sie ihre Finger in seine Hand. Jetzt gab es kein Entkommen mehr.

Leider musste sie schnell zugeben, dass er ein fantastischer Tänzer war. Überrascht stellte sie fest, wie leicht es ihr fiel, dem Rhythmus zu folgen, den er vorgab. Und das obwohl sich alles in ihr gesträubt hatte, sich von ihm berühren zu lassen. In seinen Armen fühlte sie sich, als ob sie schwebte. All ihre Sinne vibrierten, so sehr verwirrte sie seine Nähe. Warum musste er so gut riechen? Sie schloss die Augen, als sein herber, männlicher Duft sie umfing. Sie spürte den Druck und die Hitze seiner Finger durch den seidigen Stoff ihres Kleids. Ihre Haut fing an zu kribbeln, und ihre Knie wurden weich. Plötzlich kämpfte sie gegen den albernen, drängenden Wunsch an, sich an seinen starken Körper zu schmiegen und ihm ihr Gesicht entgegenzuheben, damit er seine Lippen auf ihre senkte und sie leidenschaftlich küsste. Es gelang ihr nicht, die verwirrenden Gefühle, die seine Nähe in ihr auslöste, zu ordnen. Die Hochzeit, die Liebesschwüre zwischen Ava und Jaime, der romantische Abend und die heiße, sinnliche Musik mussten ihr zu Kopf gestiegen sein. Sie konnte den Mann nicht einmal leiden.

Nach außen hin gab Gabriel sich lässig und gefasst. Niemand ahnte, in welchem Aufruhr sich sein Inneres befand. Als er festgestellt hatte, dass Gwen Kelly seine Tischnachbarin sein würde, hatte ihm der Atem gestockt. Ausgerechnet sie von allen Frauen der Hochzeitsgesellschaft! Er hatte kaum seinen Blick von ihr abwenden können, so hinreißend sah sie aus in dem dunkelblauen Kleid, dessen seidig glänzender Stoff jede ihrer sanften Kurven betonte. Ihre mit glitzernden Kämmen zurückgesteckten Haare hoben die Züge ihres fein geschnittenen Gesichts hervor. Lange, silberne Ohrringe umspielten die schlanke Linie ihres Halses, auf die er gern seine Lippen pressen würde. Wie ihre zarte, helle Haut schmeckte? Dios mío, er war in Schwierigkeiten. Zum Glück hatte die üppige Brünette zu seiner anderen Seite alles gegeben, um ihn abzulenken. Doch jedes Mal, wenn sein Blick die junge Engländerin streifte, brach der alte Schmerz, der stets unter der Oberfläche lauerte, wieder auf wie eine noch nicht ganz verheilte Wunde. Ihr Anblick wühlte ihn auf, erinnerte er ihn doch an unbequeme Wahrheiten, die er nur zu gern verdrängte. Und gleichzeitig verwirrte es ihn, dass sein Körper derart heftig auf sie reagierte.

Während er mit Gwen tanzte, überwältigte ihre Nähe ihn schlichtweg. Es fühlte sich viel zu gut an, sie zu halten. Mit diesen hohen Absätzen reichte ihm ihr Scheitel gerade mal bis zum Kinn. Ihr Körper schmiegte sich perfekt an seinen – als sei sie für ihn gemacht. Er erschauerte innerlich, erschüttert von der überwältigenden Wirkung, die ihre Nähe auf ihn ausübte. Ihr dezentes Parfum, das ihn an eine Wiese an einem lauen Sommerabend erinnerte, stieg ihm in die Nase und vernebelte seine Sinne. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und sinnlich. Unwillkürlich verstärkte sich der Griff seiner Hand in ihrem Kreuz, und er zog sie noch ein wenig näher an sich als er sollte. Doch er fühlte sich magisch von der jungen Engländerin angezogen. Das Herz hämmerte wie verrückt gegen sein Rippen. Eine Welle der Erregung lief durch ihn hindurch, und das Blut pochte heiß in seinen Adern. Ihre Gegenwart weckte Begehrlichkeiten in ihm, die ihm höchst unwillkommen waren. Er wollte diese Empfindungen, diese tiefe Lust nicht fühlen! Seine Kiefermuskeln spannten sich. Dieser Tanz war ein Fehler, und er wünschte, das Musikstück würde enden, sodass er sie endlich loslassen könnte. Ein Zittern lief durch seine Muskeln.

Unvermittelt hob sie den Kopf und fing seinen Blick auf.

Verflucht, ihre Augen waren wunderschön. Kornblumenblau. Umrahmt von dunklen, dichten Wimpern, die einen reizvollen Kontrast zu dem Goldton ihres Haares boten. Sie war viel schöner als Serena. Und doch erinnerte ihn so vieles an ihr an seine Ex-Frau.

Sie machen mich verrückt, belleza.

Er hoffte, dass er das eben nicht laut ausgesprochen hatte. Gabriel hatte das Gefühl, durchzudrehen. Mühsam riss er sich von ihrem Gesicht los und fixierte einen Punkt in der Ferne über ihrem Kopf. Er konnte die Nähe dieser verführerischen Engländerin kaum ertragen. Sie erinnerte ihn an das, was er verloren hatte. Und gleichzeitig weckte sie eine brennende Leidenschaft in ihm, wie keine Frau es zuvor je getan hatte. Sein Fluchtinstinkt setzte ein. Wie er sich danach sehnte, alles stehen und liegen zu lassen, die Feier zu verlassen und sich hinter das Steuer seines Sportwagens zu klemmen! Allein der Anstand und die Treue zu seinem Freund Jaime hinderten ihn daran. Dass die Gegenwart von Avas Freundin solche starken, widersprüchlichen Empfindungen in ihm hervorrief, schockierte ihn zutiefst. Er hoffte, dass sie nicht bemerkte, welche körperlichen Reaktionen ihre Nähe bei ihm ausgelöst hatte. Er war derart durcheinander, dass ihm etwas passierte, das ihm noch nie zuvor passiert war. Er geriet aus dem Takt. Dabei trat er ihr um ein Haar auf den Fuß und musste einen Ausweichschritt machen. Hilfloser Zorn stieg in ihm auf, weil sie ihn in eine derartige Lage brachte.

Por Dios, ¿qué hace? Können Sie nicht aufpassen?“, herrschte er sie an.

„Wie bitte?“ Gwen verharrte in der Bewegung, hob den Blick und sah ihn sichtlich verwirrt aus diesen großen blauen Augen an, die ihn so in ihren Bann zogen.

Auf einmal tat sie ihm leid, aber das machte ihn nur noch wütender. „Sie wären mir beinahe mit ihrem spitzen Absatz auf den Fuß getreten.“

„Was, ich?“ Sie stieß ein ungläubiges Lachen aus.

„Sie sind eine schlechte Tänzerin“, fuhr er sie an, obwohl er wusste, dass er ihr Unrecht tat. Doch er konnte nicht anders. „Vielleicht sollten Sie mal ein paar Tanzstunden nehmen.“

Sie musterte ihn einen Herzschlag lang schweigend. „Wissen Sie was?“, brach es schließlich aus ihr heraus. „Sie sind nicht nur unverschämt, sondern auch noch verrückt!“ Mit einem erbosten Blick riss sie sich von ihm los.

Gabriel fuhr sich unbehaglich mit der Hand durch das Haar. Er hatte es übertrieben. Hatte sie provoziert. Er sah Gwen hinterher, als sie sich zwischen den tanzenden Paaren hindurchschlängelte, dann einen großen Schritt von der Tanzfläche machte, plötzlich strauchelte und fiel. Entsetzt schnappte er nach Luft.

3. KAPITEL

Gwen stieß einen spitzen Schrei aus, als sie das Gleichgewicht verlor und der Schmerz wie ein scharfes Messer in ihren linken Knöchel fuhr. Sie rang nach Luft, und heiße Tränen schossen ihr in die Augen, als sie vergeblich versuchte, sich aufzurichten und den Fuß zu belasten.

Mit einem Mal fand sie sich von Menschen umringt. Sie traten beiseite, als jemand sie mit forscher Stimme aufforderte, Platz zu machen. Dann kniete Gabriel Seda vor ihr.

„Sie sind verletzt“, stellte er fest und tastete mit der Hand ihren Fuß ab, ehe sie protestieren konnte.

„Ich bin umgeknickt“, stieß sie schluchzend hervor. Sie schalt sich für ihre Dummheit, so kopflos von der Tanzfläche gestürmt zu sein. Sie war nur so aufgebracht gewesen wegen der Unverschämtheit, die Gabriel ihr an den Kopf geworfen hatte! „Ich war so dumm“, entfuhr es ihr.

„Ich hätte nicht …“, begann er unbeholfen und streifte ihr behutsam die silberne Sandalette vom Fuß und untersuchte den Knöchel, der bereits angeschwollen war. „Es tut mir leid“, sagte er schließlich und sah ihr in die Augen. „Ich bringe Sie besser zum Arzt.“

Gwen schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht nötig. Ich gehe auf mein Zimmer und lege den Fuß hoch und …“

„Unsinn“, knurrte er. In seinen dunklen Augen funkelten Besorgnis und wilde Entschlossenheit. „Bleiben Sie genau hier sitzen. Ich organisiere etwas Eis und fahre Sie dann in die Notfallambulanz nach Port d’Andratx für eine vernünftige Diagnose.“

Gwen wollte gerade antworten, als Ava in ihrem Brautkleid, nun ohne Schleier, auftauchte und neben ihr hinkniete.

„Um Himmels willen, Gwen, was ist passiert?“

Gwen hob die Schultern und sah Gabriel nach, wie er in Richtung Haus lief. „Ich habe mir beim Verlassen der Tanzfläche den Fuß verstaucht. Ich schätze, ich war einfach zu übermütig“, fügte sie rasch an. Es machte keinen Sinn, die Freundin am glücklichsten Tag ihres Lebens mit Albernheiten wie etwa ihrem Streit mit Gabriel Seda zu belasten. Schlimm genug, dass sie nun hier vor aller Augen auf dem Rasen saß! Erneut versuchte sie, mit Avas Hilfe aufzustehen, musste jedoch kapitulieren. „Tut mir leid, ich kann den Fuß nicht belasten.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Ava. Ausgerechnet heute …“

„Ach, Gwen.“ Liebevoll wischte Ava ihr eine Träne von der Wange. „Solche Missgeschicke passieren nun mal. Mach dir keine Gedanken.“

Unvermittelt schoben sich starke Hände unter ihre Achseln und hoben sie hoch. „Señora, kommen Sie, ich bringe Sie zu Ihrem Platz.“

Gwen blickte in ein gütiges Paar brauner Augen. Ramón. Dankbar schenkte sie ihm ein schwaches Lächeln, während er einen beschützenden Arm um sie legte.

„Sagte ich Ihnen nicht, Sie sollen sitzen bleiben?“ Gabriel war zurück, einen Plastikbeutel mit zerdrücktem Eis und einem Küchentuch in der Hand. Ungehalten funkelte er Gwen an.

Du lieber Himmel, das war so typisch für ihn, dachte sie. Mussten immer alle nach seiner Pfeife tanzen? „Señor Ramón bringt mich zu meinem Platz“, gab sie kühl zurück.

„Danke, Ramón, aber ich fahre sie in die Notaufnahme“, erklärte Gabriel bestimmt. Er drückte Ava das Eispäckchen samt dem Handtuch in die Hand und nickte Ramón zu.

Gwen entschlüpfte ein kleiner überraschter Schrei, als er sie anschließend einfach hochhob. „Aber, Sie können doch nicht einfach …“

„Ich kann.“ Sein dunkler Blick brannte sich in ihren. „Ich will sicher sein, dass Ihr Fuß richtig versorgt wird.“

„Gabriel hat recht“, mischte Ava sich nun ein. Vorsichtig drapierte sie das Eispäckchen auf Gwens Knöchel und band das Tuch darum, um es zu befestigen. „Lass dich besser verarzten.“ Sie hauchte Gwen einen Kuss auf die Wange. „Ich hole dir rasch deine Handtasche. Und dann fahrt los.“

„Sie sind ganz schön stur, wissen Sie das?“ Gabriel bedachte Gwen mit einem finsteren Blick, als er sie in seinen Armen zu seinem Wagen trug.

Gwen bemühte sich nach Kräften, das schnelle Schlagen ihres Herzens zu ignorieren. Sie war ihm viel zu nah. Sie spürte das Spiel seiner harten Muskeln unter dem weißen, eng sitzenden Hemd. Der Geruch seines Aftershaves hüllte sie ein, und sein ganz eigener, herber frisch-sinnlicher Duft machte sie fast schwindelig, ließ sie unanständige Dinge denken und den stechenden Schmerz in ihrem Fußgelenk vergessen.

„Und Sie?“ Herausfordernd blitzte sie ihn an. „Bekommen Sie immer Ihren Willen?“

Sie sah, wie es flüchtig um seine Mundwinkel zuckte, ehe seine Züge sich verdüsterten. „Nicht immer“, erwiderte er.

Auf der Fahrt zu der Notfallambulanz schwieg Gabriel. Seine Miene war wie versteinert und ließ keinerlei Regung erkennen. Den Blick fest auf die Straße gerichtet, hielten seine Hände das Lenkrad umklammert. Bei der Klinik angekommen, organisierte er einen Rollstuhl, in dem er Gwen zur Anmeldung brachte. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, begleitete sie eine Schwester in den Wartebereich. Gwen wollte Gabriel danken, dass er sie hergebracht hatte, doch als sie sich nach ihm umwandte, war er verschwunden. Auch gut. Sie war sowieso viel zu nervös in seiner Gegenwart.

Gwen besaß das unverschämte Glück, dass der diensthabende Arzt nicht nur Unfallchirurg und Orthopäde war, sondern zudem auch noch ein verständliches Englisch sprach. So konnte sie ihm genau schildern, was passiert war. Das Röntgenbild bestätigte seine Diagnose. Der Knöchel war verstaucht, die Bänder gedehnt. Gwens Fuß wurde mit einer abschwellenden Salbe und einer Schiene versorgt. Der Arzt riet ihr dringend zur Schonung und Hochlagerung des Fußes. Auch sollte sie aufgrund der familiären Vorbelastung eines erhöhten Thromboserisikos für acht bis zehn Tage vom Fliegen absehen, meinte er und drückte ihr mit einem aufmunternden Lächeln ein Paar Krücken in die Hand.

Gwen war mit den Nerven am Ende, als der Mann sie mit einem kräftigen Händeschütteln und guten Wünschen entließ. Sie konnte unmöglich länger als die geplanten drei Tage auf der Insel bleiben und ihre Mutter so lange allein lassen! Und wie in aller Welt sollte sie sich überhaupt mit diesen dummen Krücken fortbewegen? Tränen der Hilflosigkeit schossen ihr in die Augen.

Mühsam humpelte sie zur Anmeldung zurück, um sich ein Taxi rufen zu lassen. Ihre Augen weiteten sich, als sie dort Gabriel entdeckte, der sich angeregt mit einer rothaarigen Dame hinter der Theke unterhielt. „Was machen Sie denn noch immer hier?“, entfuhr es ihr schroffer als beabsichtigt.

Er wandte sich zu ihr, musterte die Tränenspur auf ihren Wangen. „Ich habe auf Sie gewartet.“

„Sie haben auf mich gewartet?“, wiederholte sie überflüssigerweise.

Sein Blick glitt zu ihrem verletzten Fuß und wieder zurück zu ihrem Gesicht. „Sie haben angenommen, ich würde Sie abliefern und ihrem Schicksal überlassen, stimmt’s?“ Gabriel ließ die Rothaarige am Tresen stehen und machte einen Schritt auf Gwen zu. „Ich weiß, ich kann manchmal …“, er brach ab, suchte offenbar nach den richtigen Worten. „Jedenfalls versteht es sich von selbst, dass ich Sie auch wieder zurück zur Finca fahre.“ Er musterte sie kritisch. „Schaffen Sie es allein mit den Krücken bis zum Parkplatz?“

Sie nickte, unfähig, ein Wort herauszubringen, da sie sich plötzlich überwältigt von dem pochenden Schmerz im Fuß und Gabriels unerwarteter Hilfsbereitschaft fühlte. Wobei er ja nicht ganz unschuldig an ihrem jetzigen Zustand war. Nein, korrigierte sie sich stumm...

Autor

Keri Anne Arden
<p>Keri Anne Arden schreibt seit vielen Jahren Romane unter verschiedenen Pseudonymen. Am liebsten entführt sie ihre Leserinnen in romantischen, gefühlvollen Geschichten an Sehnsuchtsorte. Sie hat eine Schwäche für das Meer, für Tiere und Sonnenuntergänge. Italienisches Essen liebt sie ebenso wie gute Gespräche oder Espresso. Wenn sie nicht gerade schreibt, liest...
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