Sinnliche Tage in der Toskana

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Dante Jarrell ist der Scheidungsanwalt der Stars - und der Letzte, der sich je wieder aufs Glatteis der Ehe wagen würde. Warum sich auch für eine entscheiden? Schließlich liegen ihm alle Ladys in London zu Füßen. Bis auf seine Köchin Rebekah. Kaum hat er begriffen, dass ihre Kurven noch verführerischer sind als ihre Kreationen, kündigt sie. Doch Dante besteht darauf, dass sie ihn auf seinen Landsitz in die Toskana begleitet. Schließlich endet ihr Vertrag erst in einem Monat. Danach ist sie frei - glaubt der charismatische Playboy. Aber etwas wird sie ewig an ihn binden …


  • Erscheinungstag 21.01.2014
  • Bandnummer 2111
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700256
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mit seiner Größe und seinem unglaublich attraktiven Äußeren stach er aus der Menge heraus. Wie gebannt hing Rebekahs Blick an dem Mann, der am hinteren Ende des Gartens stand. Keine Beschreibung wurde seinen klassischen, mediterranen Gesichtszügen gerecht – sie waren einfach perfekt. Er hatte olivbraune Haut, ausgeprägte Wangenknochen, dazu tiefschwarze Haare, die in der Sonne glänzten.

Sein markantes Kinn ließ ihn sehr entschlossen wirken, wohingegen der Mund äußerst sinnlich war. Rebekah wusste, dass seine grauen Augen einen eiskalten Ausdruck annehmen, in anderen Momenten aber durchaus amüsiert glitzern konnten.

Gerade unterhielt er sich mit einem anderen Gast, doch möglicherweise merkte er, wie sie ihn musterte. Denn plötzlich drehte er den Kopf zur Seite, und ihre Blicke trafen sich quer über den Rasen. Zuerst waren seine dunklen Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen, doch dann lächelte er, und Rebekah ging das Herz auf.

Unbewusst erwiderte sie sein Lächeln. Das Geplauder der anwesenden Leute, die sich im Garten und auch im Festzelt aufhielten, rückte in weite Ferne. Für Rebekah war es, als würden nur noch sie selbst und Dante an diesem goldenen Sommertag existieren. Die Sonne schien von einem wolkenlosen blauen Himmel herab, und in der Luft lag ein süßer Blumenduft.

Hinter sich hörte sie das leise Rascheln feinster Seide, und aus dem Augenwinkel entdeckte sie eine gertenschlanke Blondine, deren tief ausgeschnittenes scharlachrotes Kleid eng wie eine zweite Haut saß. Die Frau starrte quer durch den Garten, und plötzlich wurde Rebekah klar, dass Dante nicht sie, sondern seine Geliebte Alicia Benson anlächelte.

Mit brennend heißen Wangen wandte sie sich um und strahlte gequält eine kleine Gruppe von Gästen an, denen sie ihr Tablett hinhielt, um ihnen die Canapés anzubieten. Im Stillen hoffte sie inständig, dass Dante nicht aufgefallen war, wie sie ihn angehimmelt hatte. Wie unangenehm! Dabei war es gar nicht so abwegig, dass er sie anlächelte. Schließlich hatten sie während der vergangenen zwei Monate eine harmonische und freundschaftliche Arbeitsbeziehung aufgebaut. Allerdings war ihre Verbindung nie über die berufliche Ebene zwischen Chef und Angestellter hinausgegangen.

Sie war lediglich Dantes Köchin und bereitete nicht nur seine privaten Mahlzeiten zu, sie war auch für das Catering seiner vielen Dinnerpartys und Empfänge zuständig. Rebekah wusste, dass er sie ausschließlich als Dienstleisterin betrachtete, die dafür sorgte, den Ablauf seines stressigen Alltags reibungslos zu gestalten – vergleichbar mit seinem Computer oder seinem Handy.

Ihr war es peinlich, wie stark sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Nur darum hatte sie sich auch eingebildet, er würde ihr sein sexy Lächeln schenken, obwohl sie heute doch nur Staffage war. Wie dumm von ihr!

Anders als die liebreizende Alicia erregte Rebekah wohl kaum das Interesse eines umwerfenden, schwerreichen Playboys. Entmutigt sah sie an ihrer schwarz-weißen Dienstkleidung hinunter. Die Sachen waren formell, praktisch, aber keinesfalls vorteilhaft. Sie schmeichelten Rebekahs weiblicher Figur nicht, sondern ließen sie eher etwas plump und nicht gerade dünn wirken.

Unter der Kochmütze trug sie ihre Haare zu einem strengen Zopf geflochten und mit Spangen festgesteckt, und ihr Gesicht war nach mehreren Stunden Küchenarbeit wie üblich ziemlich rosig und glänzend.

Wenn ich mich doch wenigstens ein bisschen geschminkt hätte, ärgerte Rebekah sich.

Wahrscheinlich hätte das keinen Unterschied gemacht. Frustriert beobachtete sie, wie Dantes Geliebte ihren biegsamen Körper an seinen schmiegte.

„Ich habe schon viel zu viel gegessen, aber diesen leckeren Pasteten kann ich einfach nicht widerstehen. Woraus ist die Füllung gemacht?“

Die Stimme riss Rebekah aus ihren Gedanken, und sie lächelte den Mann an, der vor ihr stehen geblieben war.

„Geräucherter Lachs mit frisch gekochter Sauce Hollandaise und Babyspinat in Blätterteig gebacken“, erklärte sie in professionellem Ton.

„Sie sind absolut köstlich, so wie das ganze Essen, das Sie hier servieren“, lobte der Mann, nachdem er sein zweites Canapé gegessen hatte. „Ich kann mich nicht genug bei Ihnen bedanken, Rebekah. Und selbstverständlich stehen Susanna und ich tief in Dantes Schuld, weil er uns erlaubt hat, die Taufe unseres Sohnes in seinem Haus zu feiern. Ich hatte schon befürchtet, die ganze Veranstaltung verschieben zu müssen, nachdem unser gebuchtes Bankett in letzter Sekunde abgesagt wurde“, gab James Portman zu. „Dante war der rettende Engel, und er hat versprochen, Londons beste Köchin zu engagieren.“

Rebekah konnte nicht verhehlen, dass ihr dieses Kompliment schmeichelte. „Hat er das wirklich gesagt?“

„Er hat Ihre Begabung in den höchsten Tönen gelobt“, versicherte James. „Ach, Dante ist ein großartiger Kerl. Als er nach Sir Cliffords Pensionierung den Platz seines Vaters einnahm und Vorsitzender von Jarrell Legal wurde, waren die anderen Anwälte – mich eingeschlossen – gespannt auf seinen Führungsstil. Sein Ruf als erbarmungsloser Analytiker ging ihm voraus, aber er hat sich als exzellenter Vorgesetzter erwiesen. Ich würde ihn sogar gern als meinen Freund betrachten. Er hat mir wegen der Taufe ohne zu zögern seine Hilfe angeboten, und auch die letzten Monate über war er extrem verständnisvoll, als Susanna unter postnatalen Depressionen litt.“

Seufzend sah James sich in dem großen Garten des georgianischen Stadthauses um, das direkt am Regent’s Park stand. „Dieser Tag ist absolut perfekt, und das habe ich Dante zu verdanken. Dabei weiß ich, welche unliebsamen Erinnerungen so eine Tauffeier in ihm wachruft.“

Verwundert zog Rebekah die Augenbrauen zusammen. „Was meinen Sie damit?“

James errötete leicht, als ihm bewusst wurde, dass er Intimitäten ausgeplaudert hatte. „Oh, nichts weiter. Es geht nur um etwas, das vor ein paar Jahren passiert ist, als er noch in New York lebte.“

„Ich wusste gar nicht, dass Dante eine Weile in Amerika war.“ Warum sollte sie es aber auch wissen? Er vertraute ihr schließlich keine privaten Informationen an, und sie selbst hatte sich lediglich ein paar Eckdaten über sein Leben aus dem Internet besorgt.

Auf einer Seite mit dem Titel Großbritanniens begehrteste Junggesellen hatte sie erfahren, dass er sechsunddreißig Jahre alt war. Einziger Sohn des ehrenwerten Richters Sir Clifford Jarrell und der berühmten italienischen Sopranistin Isabella Lombardi. Laut des Artikels waren die Jarrells eine wohlhabende aristokratische Familie, und in früheren Generationen hatte es sogar zwei nennenswerte Vermählungen mit entfernten Mitgliedern des Königshauses gegeben.

Mittlerweile war Dante Alleinerbe dieser historischen Stadtvilla und eines riesigen Anwesens in Norfolk. Neben dem immensen Reichtum, der ihm eines Tages zufallen würde, verdiente Dante viel Geld als sehr erfolgreicher Scheidungsanwalt. Er hatte sich mit seiner kompromisslosen Geradlinigkeit einen Namen gemacht und vertrat mittlerweile viele prominente Mandanten.

Was sein Privatleben betraf … auch in dieser Hinsicht war er vielbeschäftigt, könnte man sagen. Die Liste der Frauen, mit denen er sich verabredet hatte, las sich wie das Verzeichnis einer Modelagentur. Auch Schauspielerinnen und kultivierte Damen der Gesellschaft waren darunter, und offenbar bevorzugte Dante Blondinen. Es gab diverse Aufnahmen von ihm an der Seite langbeiniger platinblonder Schönheiten, aber anscheinend ließ er sich nie zweimal mit derselben Frau fotografieren.

Rebekah bildete sich gern ein, dass ihr taffer, zynischer Boss auch eine weichere Seite hatte. Sie selbst hatte ihn als fairen und rücksichtsvollen Arbeitgeber kennengelernt, und auch James Portman schien große Stücke auf ihn zu halten.

„Also, wie kommt es, dass Sie für Dante arbeiten?“, unterbrach James ihr Grübeln.

„Ich habe vorher für einen Cateringservice gearbeitet, der sich auf Geschäftsessen in der Stadt spezialisiert hatte“, erklärte sie. „Bei einer Veranstaltung war Dante dabei, und gleich nach dem Lunch bot er mir eine Anstellung als seine Privatköchin an.“ Die Bezahlung und auch die Tatsache, dass ihr vertraglich eine Unterkunft zustand, waren zu verlockend gewesen.

Aber wenn sie ganz ehrlich war, gab es einen anderen Grund dafür, bei diesem Angebot sofort zuzuschlagen. Sie war von Dantes umwerfendem Aussehen und seinem Charisma augenblicklich überwältigt gewesen. Deshalb hatte sie die Stimme der Vernunft ignoriert und war bereitwillig in die Personalwohnung von Hilldeane House eingezogen.

„Nun, falls Sie jemals einen Jobwechsel in Betracht ziehen sollten und für ein berufstätiges Paar mit kleinem Baby arbeiten wollen …“

„Versuchst du etwa, mir meine Köchin auszuspannen, James?“

Dantes Tonfall klang amüsiert, aber es schwang ein Hauch von stählerner Härte mit. Schuldbewusst wich sein Junioranwalt einen Schritt zurück.

„Ganz und gar nicht.“ James entspannte sich etwas, als sein Chef den Mund zu einem müden Lächeln verzog. „Aber wie es klingt, hast du sie ihrem früheren Arbeitgeber abgeworben.“

„Das leugne ich auch nicht.“

Dante zuckte die Achseln und lenkte damit Rebekahs Aufmerksamkeit auf seine breiten Schultern. Sie musste tief durchatmen und hoffte, dass sie sich nicht allzu auffällig verhielt. Wenn er direkt neben ihr stand, konnte sie sich seiner magischen erotischen Anziehungskraft nur mit allergrößter Mühe entziehen. Verstohlen musterte sie sein Outfit: das offene Jackett, das weiße Hemd, unter dem man die Bauchmuskeln erahnen konnte und aus dessen offenem Kragen feine Härchen …

Für einen höchst verbotenen Moment stellte Rebekah sich ihn nackt vor und träumte davon, mit ihren Händen seinen Körper zu erforschen. War seine Haut überall so stark gebräunt wie im Gesicht? Zu gern hätte sie seine muskulösen Beine ohne Hose gesehen. Ihr wurde ganz heiß bei diesem Gedanken. Unauffällig versuchte sie, sich von Dante zu entfernen, doch er legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Ich erkenne Talent, wenn ich es sehe“, sagte er und lächelte sie an. „Sofort als ich Rebekahs Köstlichkeiten probiert habe, wusste ich, wie gut sie ist. Und ich wollte unbedingt, dass sie für mich arbeitet.“

Rebekah verkrampfte sich. Dantes Worte bestätigten, was sie ohnehin schon wusste. Er betrachtete sie lediglich als Rädchen im komplizierten Uhrwerk, das sein erfolgreiches Leben am Laufen hielt. Als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, zeigte er sich von ihren Kochkünsten beeindruckt – während sie sich sofort in ihn verknallt hatte.

Es handelte sich natürlich nicht um echte Liebe, so dumm war Rebekah nicht. Trotzdem war die Lust, die er in ihr auslöste, völlig unangemessen und auch eine echte Überraschung. Denn nach der enttäuschenden Erfahrung mit Gareth hatte sie sich geschworen, die Finger von Männern zu lassen, damit sich ihre tief verletzte Seele wieder erholen konnte.

Doch vielleicht reichten zwei Jahre Singledasein, und ihr Körper erwachte nun aus seinem Dornröschenschlaf. Dante stellte diesbezüglich ein unverfängliches Ziel dar. Wie der Popstar, auf den sie als dreizehnjähriger Teenager geflogen war, blieb er unerreichbar für sie. Sie konnte ihn aus sicherer Distanz anbeten, ohne Gefahr zu laufen, sich in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.

Warum sollte er sie jemals wirklich zur Kenntnis nehmen, solange ihm Frauen wie Alicia Benson nachliefen? Resigniert beobachtete Rebekah, wie die schöne Blondine über den Rasen auf sie zukam – in Begleitung von Susanna Portman, die ihr Baby auf dem Arm trug.

„Da ist er ja, der Star der Show!“, begrüßte James seinen sieben Monate alten Sohn und nahm ihn seiner Frau ab. „Du bist zu jung, um es zu würdigen, Alexander. Aber Dante und Rebekah haben deine Taufe zu einem ganz besonderen Tag gemacht.“

Sobald er die Stimme seines Vaters hörte, verzog der Kleine sein rundes Gesicht zu einem fröhlichen Grinsen und zeigte sein hellrosa Zahnfleisch, aus dem zwei winzige Zähnchen ragten.

Rebekah verspürte einen schmerzhaften Stich in der Brust und keuchte kurz auf, was zum Glück niemand bemerkte.

„Er ist süß, oder?“, fragte James voller Stolz, als er bemerkte, wie sie das Baby anstarrte. „Möchten Sie ihn mal halten? Kommen Sie, ich nehme Ihnen das Tablett ab, dann können Sie Alexander ein bisschen knuddeln.“

Das Baby war absolut hinreißend mit seinen weichen Armen, Beinen und den hellen Löckchen auf dem Kopf. Rebekah wusste, dass seine Haut samtweich war und dass er nach Milch und Babypuder roch. Aber der Schmerz in ihrer Brust – eine Mischung aus Trauer und Sehnsucht – wurde unerträglich.

Sie klammerte sich so fest an ihr Tablett, dass die Finger­knöchel weiß hervortraten. Betretenes Schweigen breitete sich aus, und alle warteten auf eine Antwort von ihr. Irgendwie gelang es ihr, ein Lächeln aufzusetzen.

„Alexander sieht bei seinem Vater auf dem Arm so glücklich aus, da will ich ihn nicht stören“, murmelte sie. Dann sah sie sich über die Köpfe der anderen hinweg um. „Die Kellner räumen schon die Tische ab. Ich geh’ lieber mal hin und helfe ihnen. Bitte entschuldigen Sie mich!“

Was hatte das denn zu bedeuten? Verwundert und mit gerunzelter Stirn sah Dante seiner Köchin hinterher, die buchstäblich fortrannte. Als seine Hand auf ihrer Schulter lag, hatte er genau gespürt, wie Rebekah erstarrte, als James ihr seinen Sohn reichen wollte.

Zuerst hatte Dante geglaubt, sie wäre eine dieser Frauen, die den Gedanken nicht ertrugen, ein Baby könnte ihnen auf die Kleidung sabbern. Ihm war aufgefallen, wie strikt Alicia sich von Alexander fernhielt. Sie schien zu glauben, dass er überall undicht war und ihr Designerkleid ruinieren würde.

Von Rebekah hatte Dante jedenfalls ein anderes Verhalten erwartet. Sie schien keine Frau zu sein, die davor Angst hatte, sich schmutzig zu machen. Er hatte sie ein paar Mal in der Küche bei den Vorbereitungen gesehen und festgestellt, dass sie es offenbar liebte, Lebensmittel mit den Händen zu bearbeiten. Egal, ob es ums Würzen, Zerteilen oder Kneten ging. Sie hatte etwas Sinnliches, Bodenständiges an sich, das ihn tief berührte. Manchmal stellte er sich vor, wie sie mit diesen geschickten Fingern seinen Körper verwöhnen …

Dio, was war das denn für ein Gedanke? Unwirsch schüttelte er den Kopf, um die erotische Fantasie zu verbannen. Der verzweifelte Gesichtsausdruck von Rebekah ließ sich dagegen nicht so leicht verdrängen. Dante wollte ihr nachgehen und sie fragen, was denn los war. Allerdings würde sie sich ihm wohl kaum anvertrauen.

Seit zwei Monaten arbeitete sie schon für ihn und verhielt sich stets korrekt und höflich. Aufgrund ihres zurückhaltenden Naturells wusste er nur wenig von ihr, außerdem verhielt er sich selbstverständlich ebenfalls reserviert, weil sie seine Angestellte war.

Die heutige Taufe war ein Paradebeispiel für Rebekahs bewundernswerte Arbeitsmoral. Den ganzen Vortag lang hatte sie das Essen vorgekocht, und als er an diesem Morgen in die Küche kam, war sie bereits mitten in den Vorbereitungen für die Feier. Seitdem huschte sie unaufhörlich hin und her, um eine perfekte Veranstaltung zu garantieren.

Er hatte schon früher am Tag versucht, sich in einer ruhigen Minute bei ihr zu bedanken, war aber nicht dazu gekommen. Rebekah hatte ihn im Vorbeigehen nur mit einem nichtssagenden Blick bedacht und war weitergeeilt, als er ein Wort mit ihr wechseln wollte. Dante war irritiert zurückgeblieben.

Es gab noch mehr Gründe für seine üble Laune. Die Taufe hatte Bilder in ihm wachgerufen, die er längst begraben geglaubt hatte. Und es schmerzte ihn, dabei zuzusehen, wie James mit seinem Sohn auf dem Arm umherlief. Dante wusste noch genau, wie stolz er selbst bei Bens Taufe gewesen war.

Damals hatte er alles besessen, was ein Mann sich nur wünschen konnte: eine hübsche Ehefrau, einen Sohn, eine rasant verlaufende Karriere und ein exklusives Zuhause. Zwei Dinge sind mir immerhin geblieben, ermahnte er sich des Öfteren grimmig.

Dante verspannte sich, als seine ehemalige Geliebte besitzergreifend ihre Hand auf seinen Arm legte. Ihre unerwünschte Anwesenheit auf dieser Feier war ein weiterer Grund für seine miese Stimmung. Leider war ihm entgangen, dass sie als alte Schulfreundin von Susanna selbstverständlich eine Einladung bekommen hatte.

Er hatte die Affäre mit Alicia vor mehreren Wochen beendet, aber sie hing offensichtlich immer noch an ihm – im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt krallte sie sich sogar an seinem Ärmel fest, um ihn daran zu hindern, sich abzuwenden.

„Du bist hier als James’ und Susannas Gast“, zischte er. „Falls du die Einladung gründlich gelesen hast, solltest du wissen, dass die Veranstaltung um sechs Uhr beendet ist.“

Die blonde Frau zeigte sich unbeeindruckt. „Ich dachte, du hast vielleicht Lust, heute Abend noch mit zu mir zu kommen. Wir könnten es uns gemütlich machen, ein paar Drinks nehmen …“ Mit ihren rot lackierten Nägeln fuhr sie über Dantes Brust, die sich deutlich unter dem Hemd abzeichnete.

Aus irgendeinem Grund musste er dabei an Rebekahs kurz gehaltene, schlichte Nägel denken, die ihm viel natürlicher und attraktiver vorkamen. Alicia hatte bestimmt niemals einen Brotteig selbst geknetet! Er fragte sich immer noch, was seiner Köchin auf der Seele lag.

„Lieber nicht“, antwortete er knapp und schob Alicias Hand beiseite. „Ich habe morgen früh einen wichtigen Gerichtstermin und muss mich heute Abend noch darauf vorbereiten.“

Beleidigt presste sie die Lippen zusammen, zog es aber vor, sich nicht mit ihm zu streiten. „Kannst du mich dann wenigstens nach Hause fahren? Ich hasse es, im Taxi zu sitzen.“

Er hätte alles getan, um sie schnell loszuwerden. „Sicher. Bist du denn fertig? Können wir gleich los?“

„Ich hol’ nur noch meinen Mantel und meine Handtasche.“

Eine halbe Stunde später waren James und Susanna Portman mitsamt ihren Gästen auf dem Heimweg, doch Dante wartete nach wie vor auf Alicia. Voller Ungeduld machte er sich auf die Suche nach ihr und stieß in der Küche auf Rebekah, die immer noch arbeitete. Es duftete nach frisch Gekochtem, das – wie er hoffte – wohl als sein Abendessen gedacht war.

Rebekah warf ihm einen flüchtigen Blick zu, als er den Raum betrat. Er bemerkte gleich, wie blass sie war. Wenn auch nicht so bleich wie vorhin im Garten, als sie so merkwürdig auf Alexander reagiert hatte.

„Geht es dir inzwischen besser?“

Überrascht wandte sie sich ihm zu und stellte sich kerzengerade hin. „Ja, natürlich. Warum sollte es mir denn nicht gut gehen?“

„Keine Ahnung.“ Er zuckte die Achseln. „Ich hatte den Eindruck, dass dich irgendetwas aufgeregt hat, als wir vorhin James’ Kleinen bewundert haben. Du warst weiß wie die Wand, als du das Baby halten solltest.“

„Ach, so. Ja, da war eine Migräne im Anmarsch“, sagte sie nach einer langen Pause. „Kam ganz plötzlich, und ich musste schnell weg, um ein paar Schmerztabletten zu nehmen.“

Dante blickte sie skeptisch an, denn die beiden roten Flecken auf ihren Wangen ließen sich kaum übersehen. Sie war vermutlich die schlechteste Lügnerin, der er je begegnet war. Ganz offensichtlich wollte sie nicht verraten, was sie gestört hatte, und ihm blieb nichts anderes übrig, als das Thema fallen zu lassen. Er verstand sowieso nicht, warum er sich plötzlich für eine seiner Angestellten interessierte.

Aus vielerlei Gründen war er heute wesentlich empfindlicher als sonst. Seine Uhr zeigte fast sieben an, und er musste tatsächlich noch mindestens zwei Stunden arbeiten. Hätte er Alicia bloß nicht angeboten, sie nach Hause zu fahren!

„Hast du Miss Benson gesehen?“, fragte er angespannt.

„Allerdings. Sie sitzt im vorderen Wohnzimmer und ist in Tränen aufgelöst, die Arme.“

Ihm entging der scharfe Unterton in ihrer Stimme nicht. „Hast du eine Ahnung, was mit ihr ist?“

„Offenbar hat es etwas mit dir zu tun.“ Sie presste kurz die Lippen aufeinander. „Zu mir sagte sie, ihr hättet euch gestritten. Ununterbrochen hat sie geweint, da habe ich ihr erstmal geraten, sich zu beruhigen. Du solltest hingehen und mit ihr reden.“

Allmählich wurde Dante dieses Theater zu bunt. Was bildete Alicia sich eigentlich ein? Wütend durchquerte er die Küche. „Ich werde mit ihr sprechen. Aber was ich ihr zu sagen habe, wird ihr kaum gefallen.“

„Ich habe für dich und Miss Benson Abendessen gekocht.“

In der Tür wandte er sich um, und in seinen Augen glitzerte es. „Wieso hast du das gemacht? Habe ich dich darum gebeten?“

„Tja, nein. Aber ich dachte, nachdem sie so aus der Fassung ist, wirst du sie bestimmt einladen.“ Es folgte eine weitere Pause. „Ich finde, du solltest deine Freundinnen etwas rücksichtsvoller behandeln.“

Mit Mühe hielt Dante sich zurück, bevor er etwas sagen konnte, das ihr Arbeitsverhältnis nachhaltig belastete. Trotzdem konnte er nicht zulassen, dass Rebekah sich in sein Privatleben einmischte.

„Darf ich dich daran erinnern, dass du lediglich meine Köchin bist und nicht die Stimme meines Gewissens?“, fragte er trocken.

Eigentlich hatte er mit einer Entschuldigung gerechnet. Rebekah wurde zwar rot, aber sie blieb stumm und schob angriffslustig ihr Kinn vor. Schon bei ihrer ersten Begegnung waren ihm ihre violettblauen Augen aufgefallen, die in diesem Moment erstaunlich dunkel wirkten.

„Mir war nicht bewusst, dass du ein Gewissen hast. Es gibt auch keinen Grund, mich an meine Position zu erinnern. Allerdings gehört es nicht zu meinen Aufgaben, mich um deine Gefährtinnen zu kümmern. Ständig rufen sie hier im Haus an, wenn du nicht an dein Handy gehst. Es ist auch nicht mein Job, sie zu trösten, wenn sie mir ungefragt ihr Herz ausschütten, weil du sie verlassen hast.“

Ihre Kritik traf ihn ziemlich unerwartet. „Das ist also schon oft passiert?“

Sie zögerte. „Nicht oft, aber es kam vor. Einmal mit dieser rothaarigen Schauspielerin, die übers Wochenende geblieben ist, gleich nachdem ich hier angefangen habe. Und jetzt Miss Benson.“

„Alicia liebt den dramatischen Auftritt“, brummte er. „Das ist einer der Gründe, warum ich schon vor Wochen mit ihr Schluss gemacht habe.“ An seiner Wange zuckte ein Muskel. „Wir beide setzen unsere Unterhaltung fort, sobald ich die Sache mit Alicia geklärt habe!“

Er schlug die Küchentür so laut hinter sich zu, dass der Knall von den Wänden widerhallte. Betroffen verzog Rebekah das Gesicht und ärgerte sich darüber, wie offen sie ihn angegriffen hatte. Damit hatte sie ihre Befugnisse eindeutig überschritten, und das würde Ärger geben, sobald Dante zurückkam.

Sie bereute ihren Ausbruch. Sein Privatleben ging sie schließlich nichts an, und es stand ihr nicht zu, seinen Umgang mit Frauen zu kommentieren. Vielleicht kam Dante sogar zu dem Schluss, dass sie nicht länger für ihn arbeiten sollte. Ihr wurde ganz schlecht bei diesem Gedanken. Warum hatte sie sich bloß so idiotisch benommen? Konnte sie nicht ein Mal ihre Meinung für sich behalten?

Andererseits war heute ein sehr spezieller Tag. Sie war am Boden zerstört, seit sie von ihrer Mutter am Telefon erfahren hatte, dass Gareth’s und Claires Baby zur Welt gekommen war. „Ein kleines Mädchen“, hatte die Mutter in mitfühlendem Ton gesagt. Und Rebekah wünschte sich nichts sehnlicher, als in dieser schweren Stunde zu Hause bei ihrer Familie zu sein und sich von ihren Lieben trösten zu lassen.

Nun war Gareth also Vater. Dieses Kind hatte er vermutlich gewollt, und das verbitterte sie am meisten. Während des Telefonats mit ihrer Mutter hatte Rebekah die Vergangenheit Revue passieren lassen. Und dann das Baby der Portmans zu sehen, hatte unglaublich wehgetan.

Als Alicia ihr schließlich heulend vorjammerte, dass Dante ihr eine ernsthafte Beziehung vorgespielt hätte, befand Rebekah sich immer noch in einem emotionalen Ausnahmezustand. Natürlich hatte Alicia ihr auch leidgetan. Immerhin wusste Rebekah, wie man sich fühlte, wenn einem das Herz gebrochen und der Lebenstraum zunichte gemacht wurde.

Autor

Chantelle Shaw
Chantelle Shaw ist in London aufgewachsen. Mit 20 Jahren heiratete sie ihre Jugendliebe. Mit der Geburt des ersten Kindes widmete sie sich ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, ein Vollzeitjob, da die Familie bald auf sechs Kinder und verschiedene Haustiere anwuchs.

Chantelle Shaw entdeckte die Liebesromane von Mills & Boon,...
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