Sinnliches Spiel mit dem Wüstenprinzen

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GEKÜSST VON EINEM SCHEICH von LYNN RAYE HARRIS
"Du hast versprochen, meine Frau zu werden!" Verwirrt schaut Bella in die Augen von Scheich Adan – sie kennt ihn nicht! Hat sie wirklich durch den Unfall vergessen, dass sie ihn heiraten wollte? Bella glaubt es kaum. Doch warum sehnt sie sich so sehr nach den Küssen des Fremden?

DAS JUWEL DES WÜSTENPRINZEN von MELISSA JAMES
Amber ist süß wie Sandelholzhonig und so schön wie ein Juwel. Dennoch will Scheich Harun seine geliebte Frau vergessen – weil ihr Herz für einen andern schlägt. Erst als sie zusammen entführt werden, entdeckt er, was Ambers Stolz all die Zeit verschleiert hat …

DIE GELIEBTE DES WÜSTENSOHNS von MAISEY YATES
Seine dunklen Augen mustern sie, und plötzlich hat sie Schmetterlinge im Bauch: Scheich Adham löst in Prinzessin Isabella Gefühle aus, die sie nie kannte. Und denen sie nicht nachgeben darf, denn sie ist einem anderen versprochen – dem Bruder von Adham …

UNTER DEM HIMMEL DER WÜSTE von KATE WALKER
In höchster Gefahr nimmt Scheich Malik die junge Abbie beschützend in die Arme. Er möchte sie lieben, aber er muss auf das Glück verzichten: Abbie soll seinen Bruder heiraten!

WÜSTENBRAUT WIDER WILLEN von CAITLIN CREWS
"Hallo, Prinzessin!" Schon seine Stimme lässt tausend Schmetterlinge in Laras Bauch flattern. Doch dann erfährt sie fassungslos, was Scheich Adel von ihr verlangt: Sie soll ihn in sein Königreich begleiten. Als seine Braut!


  • Erscheinungstag 01.06.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522564
  • Seitenanzahl 499
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Geküsst von einem Scheich erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Lynn Raye Harris
Originaltitel: „Strangers in the Desert“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA , Band 339
Übersetzung: Bettina Röhricht

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., Roman Kulinskiy / GettyImages, dwph / shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2022

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751513951

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

„… besteht die Möglichkeit, dass sie noch lebt.“

Adan blickte von den Papieren auf, die man ihm zum Unterzeichnen vorgelegt hatte. Er hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Denn seit dem Tod seines Onkels vor einer Woche war im Hinblick auf Adans Krönung derart viel zu tun, dass er häufig so viele Dinge wie möglich gleichzeitig erledigte.

„Sagen Sie das noch mal.“ Plötzlich schien sein ganzer Körper in Alarmbereitschaft zu sein.

Der Mann zitterte leicht, als Adan ihn durchdringend ansah. Dann senkte er den Kopf und antwortete: „Verzeihen Sie mir, Hoheit. Ich sagte, dass wir zur Vorbereitung auf Ihre anstehende Vermählung mit Jasmin Shadi alle Berichte prüfen müssen, die uns in Bezug auf Ihre verstorbene Ehegattin erreichen. Denn ihre Leiche wurde ja nie gefunden.“

„Weil sie in die Wüste gegangen ist, Hakim“, erwiderte Adan nachsichtig, insgeheim jedoch leicht verärgert. „Isabella liegt tief unter dem Wüstensand begraben.“

Mit Isabella war zwar seine Ehefrau verschwunden, doch ihre Ehe war eine arrangierte Vernunftehe gewesen. Und so schmerzte Adan vor allem der Gedanke an seinen Sohn Rafik, der seine Mutter verloren hatte.

Isabella Maro war wunderschön gewesen, in jeder anderen Hinsicht aber nicht sonderlich bemerkenswert. Eine stille, liebe Frau, die die ihr auferlegten Pflichten tadellos erfüllt hatte und sicher eine sehr gute Königin geworden wäre – wenn auch, wie gesagt, eine unscheinbare. Isabella war zwar halb Amerikanerin gewesen, aber nach jahfarischen Traditionen und Werten aufgezogen werden. Als Adan sie kurz vor der Hochzeit kennengelernt und gefragt hatte, was sie sich im Leben am meisten wünsche, hatte ihre Antwort gelautet: „Was immer du dir wünschst.“

„Uns ist berichtet worden, dass sie gesehen wurde, Hoheit.“

Adan verkrampfte die Finger um den Federhalter, mit dem er die Papiere unterzeichnet hatte. Die andere Hand presste er flach auf den Tisch. Er hatte das Gefühl, sich an etwas Stabilem festhalten zu müssen. Denn um die Thronfolge anzutreten, brauchte er eine Ehefrau – und das würde Jasmin Shadi sein, die er in zwei Wochen heiraten sollte. Für ein Phantom war jetzt wirklich kein Platz in seinem Leben.

„Sie wurde gesehen?

Hakim schluckte. Seine Haut glänzte leicht, obwohl die Klimaanlage im Palast ausgezeichnet funktionierte.

„Sharif Al Omar, ein geschäftlicher Konkurrent von Hassan Maro, ist kürzlich von einer Reise auf die Insel Maui zurückgekehrt und berichtete von einer Sängerin, die er dort in einer Bar gesehen hat. Sie hieß Bella Tyler und ähnelte Ihrer verstorbenen Frau, Hoheit.“

„Eine Sängerin in einer Bar ?“ Adan sah Hakim ungläubig an, dann lachte er schallend. Isabella war also in die Wüste hinein- und dann wieder hinausspaziert und sang jetzt in einer Bar auf einer hawaiianischen Insel? Das war einfach absurd! Der Wüste von Jahfar war noch niemand lebend entkommen, der sich nicht gut auf sie vorbereitet hatte. Und Isabella war einfach so hineingegangen, mitten in der Nacht. Ein Sandsturm am folgenden Tag hatte jegliche Spuren verwischt, und so hatten sie mehrere Wochen vergeblich nach ihr gesucht.

„Mr. Al Omar sollte dringend einen Arzt aufsuchen“, erwiderte Adan deshalb. „Offenbar brennt die Sonne auf Hawaii noch unbarmherziger als in Jahfar.“

„Er hat ein Foto gemacht, Sir.“ Hakim reichte dem Sekretär Mahmud eine Mappe, die dieser Adan vorlegte.

Adan zögerte einen Moment, dann schlug er die Mappe auf – und betrachtete das Foto so lang, bis es vor seinen Augen zu verschwimmen schien. Die Frau auf dem Bild konnte nicht Isabella sein, und doch …

„Sagen Sie meine sämtlichen Termine der nächsten drei Tage ab“, brachte er schließlich heraus. „Und geben Sie am Flughafen Bescheid, dass mein Flugzeug startklar gemacht werden soll.“

An diesem Abend war in der Bar ziemlich viel los. Touristen und Einheimische drängten sich im Innern und hinaus auf den Strand. Als Isabella auf die Bühne trat, begann die Sonne gerade unterzugehen und verlieh dem Himmel einen intensiven Goldton. Schon kurze Zeit später war sie im Meer versunken, der Himmel glühte rosa, und hoch oben über dem Wasser sah man einige lila angehauchte Wolken.

Es war ein wunderschöner Anblick, der Isabellas Herz wie immer schmerzlich berührte. Sie hatte sich an diese Melancholie gewöhnt, deren Ursprung sie nicht kannte. Oft war es, als würde ein Teil von ihr fehlen – doch welcher Teil das war, konnte sie nicht sagen. Diese Leere konnte sie, zumindest vorübergehend, mit Singen füllen.

Isabella ließ den Blick über die wachsende Anzahl Menschen schweifen, die ihretwegen hier waren. Sie schloss die Augen, begann zu singen und gab sich ganz der Musik hin. Auf der Bühne war sie Bella Tyler, die selbst über sich und ihr Leben bestimmte. Im Gegensatz zu Isabella Maro.

Während sie von einem Lied zum nächsten glitt, schmiegte sich ihre Stimme liebevoll an die gesungenen Worte. Unter dem Scheinwerferlicht wurde ihr heiß, doch Isabella war Hitze gewöhnt. Sie trug einen Bikini und darüber einen Sarong. Ihre Augenlider fühlten sich unter der Schicht Make-up, das sie wegen der grellen Scheinwerfer immer dick auftrug, schwer an. Um den Hals hatte Isabella sich eine Kette aus weißen Puka-Muscheln gelegt, dazu trug sie ein passendes Fußkettchen.

Ihr Haar war länger geworden, von der Sonne gebleicht und wirkte durch Wind und Salzwasser wilder und ungebändigter. Isabellas Vater wäre entsetzt, und auch ihr freizügiges Outfit fände er absolut inakzeptabel. Bei diesem Gedanken musste Isabella lächeln. Ein Mann, der nahe bei der Bühne stand, deutete dies falsch und erwiderte das Lächeln. Ihr machte das nichts aus – so etwas gehörte zu der Figur Bella Tyler.

Doch Bella würde nicht mit diesem Mann nach Hause gehen und auch mit keinem anderen. Aus irgendeinem Grund kam ihr das falsch vor, seit sie in den USA angekommen war. Sie war jetzt zwar frei von den Erwartungen und dem Pflichtbewusstsein, die Teil der Erziehung durch ihren Vater gewesen waren. Dennoch konnte Isabella den Gedanken nicht abschütteln, dass sie sich für jemanden bewahren musste.

Ladys and Gentleman , Bella Tyler!“, verkündete der Gitarrist nach dem letzten Lied, und sofort brachen die Anwesenden in Applaus aus.

Mahalo “, sagte Isabella und schob sich eine feuchte Strähne hinters Ohr. „Wir machen jetzt eine kleine Pause. In einer Viertelstunde geht es weiter.“

Beim Verlassen der Bühne nahm sie das Glas Wasser, das Grant ihr reichte, der Manager der Bar. Eine richtige Garderobe hatte sie nicht, doch immerhin konnte sie sich in dem kleinen Zimmer, in dem sie ihre Sachen aufbewahrte und sich abends schminkte, eine Weile ausruhen. Isabella sank auf einen Stuhl und legte die Füße auf eine Rattantruhe, die als Couchtisch diente.

Vom Strand drangen durch die dünnen Wände Stimmen und Gelächter zu ihr. Bald würden auch die anderen aus der Band zu ihr stoßen, falls sie nicht lieber draußen eine Zigarette rauchten.

Isabella schloss die Augen, legte den Kopf zurück und berührte mit dem eiskalten Glas die erhitzte Haut an ihrem Schlüsselbein, was sie erschauern ließ, aber auch eine willkommene Abkühlung darstellte.

Eine Weile später hörte sie, wie jemand den Raum betrat. Weil hier ein ständiges Kommen und Gehen herrschte, öffnete sie jedoch nicht die Augen, um zu sehen, wer da gekommen war. Aber als der Neuankömmling nichts sagte und sich nicht rührte, wurde ihr klar, dass es sich weder um ein Bandmitglied noch um eine Kellnerin handeln konnte.

Isabella machte die Augen auf. Im Türrahmen stand ein großer, imposant wirkender Mann, der eine dunkle, machtvolle Ausstrahlung hatte. Als sie ihn genauer betrachtete, stellte sie fest, dass er aus Jahfar stammen musste: dunkles Haar, durchdringend blickende dunkle Augen und ein Teint, den die unbarmherzige Wüstensonne gebrannt hatte. Ein Schauder lief ihr über den Rücken.

Der Mann trug zwar ein dunkelblaues Hemd und eine Kakihose statt der traditionellen Dischdascha , doch er strahlte die Aura der Wüste aus, die Intensität eines Menschen, der am Rande der Zivilisation lebte. Isabella wurde von einer unerklärlichen Angst erfüllt, die sie lähmte, sodass sie sich nicht von der Stelle rühren konnte.

„Du wirst mir jetzt sagen, warum “, befahl der Mann.

Warum? “, wiederholte Isabella verwirrt. Irgendwie gelang es ihr aufzustehen. Der Fremde war so groß, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Als sie merkte, wie wütend er war, begann ihr Herz heftig zu schlagen.

Er ließ den Blick über sie gleiten und sagte dann angewidert: „Du siehst ja wie eine Prostituierte aus!“

In die kalte Angst, die Isabella erfüllte, mischte sich Wut. Das Verhalten des Fremden war einfach typisch für die Männer aus Jahfar: Er glaubte, sie kritisieren zu dürfen, nur weil sie eine Frau war und er ihre Entscheidungen nicht verstand.

Isabella richtete sich gerade auf, hob das Kinn und stützte die Hände in die Hüften. Dann ließ sie ebenso abschätzig den Blick über ihn wandern, wie er es bei ihr getan hatte.

„Keine Ahnung, für wen Sie sich halten, aber von mir aus können Sie gerne aus meiner Garderobe verschwinden – mitsamt Ihrer Meinung über mich!“

Der Mann musterte sie kalt. „Treib keine Spielchen mit mir, Isabella.“

Mit heftig schlagendem Herzen wich Isabella einen Schritt zurück. Er wusste, wie sie hieß! Wahrscheinlich kennt er einfach meinen Vater, versuchte sie sich zu beruhigen. Vielleicht bin ich ihm mal bei einem geschäftlichen Essen meines Vaters begegnet .

Sie erkannte ihn nicht wieder. Und ganz sicher hätte sie einen Mann wie ihn niemals vergessen. Dafür war seine Erscheinung zu imposant und er selbst zu sehr von sich eingenommen.

„Warum sollte ich Spielchen mit Ihnen treiben?“, fragte sie. „Ich kenne Sie ja nicht einmal!“

Der Fremde kniff die Augen zusammen. „Du sagst mir jetzt sofort, wie du hergekommen bist.“

Sein Ton machte Isabella noch wütender. „Sie sind doch ein intelligenter Mann“, entgegnete sie. „Bestimmt werden Sie das selbst herausfinden.“

Als er einen Schritt in den kleinen Raum hinein machte, schien er das ganze Zimmer auszufüllen. Isabella wäre gern ausgewichen, doch sie wusste nicht, wohin. Und auf gar keinen Fall würde sie sich angstvoll vor dem unverschämten Fremden ducken.

„Du hast das sicher nicht allein geschafft. Wer hat dir geholfen?“

Isabella schluckte. „Ich …“

„Ist alles in Ordnung, Bella?“

Plötzlich stand Grant im Türrahmen, die Hände zu Fäusten geballt. Durchdringend sah er den Fremden an, offenbar mit der Absicht, ihn zu verunsichern. Dieser erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Isabella hoffte inständig, es werde nicht zu einer Auseinandersetzung kommen. Denn mit Sicherheit würde Grant sie verteidigen, und mit noch größerer Sicherheit würde er bei einem Kampf dem Fremden unterliegen. Dieser strahlte etwas sehr Kaltes, Unnachgiebiges aus, etwas Wildes, Ungezähmtes.

„Ja, alles in Ordnung, Grant“, versicherte sie deshalb. „Mr. … ähm, der Gentleman wollte gerade gehen.“

„Nein, das wollte ich nicht“, widersprach der Fremde im geschliffenen Englisch der vornehmen Familien, die ihre Kinder auf britische Internate schickten.

„Sie sollten jetzt besser gehen“, sagte Grant. „Bella muss sich ausruhen, bevor sie weitersingt.“

„Mag sein.“ Als der Mann sich zu ihr umwandte, schien sein kalter Blick bis in ihr Herz vorzudringen. „Aber auf die Bühne geht sie nicht mehr zurück. Isabella wird nämlich mit mir kommen.“

„Ich werde nicht …“, begann sie aufgebracht, doch da umfasste er ihren Arm mit eisernem Griff.

Die Berührung ließ Isabella erschauern – doch sie fühlte sich weder abgestoßen, noch war sie verängstigt. Nein, es war Vertrautheit, die sie erbeben ließ, Wärme und Sehnsucht. Und darunter verborgen eine so tiefe Traurigkeit, dass Isabella fast aufgeschluchzt hätte. Aber warum? Isabella war verwirrt.

„Lassen Sie Bella los!“, protestierte Grant.

Sie sah den Fremden an und fragte: „Wer sind Sie?“

Ein Schatten schien über sein Gesicht zu gleiten. „Willst du mir wirklich weismachen, das wüsstest du nicht?“

Isabella wurde von Wut und Verzweiflung erfüllt. Der Fremde hasste sie, und sie hatte keine Ahnung, warum. Irgendwie brachte sie genug Kraft auf, um sich von ihm zu lösen. Denn sie konnte den Ärger und die Traurigkeit, die sie durchströmten, keinen Moment länger ertragen – und auch nicht die innere Hitze und die Verwirrung.

Grant war verschwunden, vermutlich um einen der Türsteher zu holen. Er würde jeden Moment wiederkommen und diesen arroganten Kerl hinausbefördern. Isabella freute sich schon darauf. „Natürlich weiß ich es nicht!“, fuhr sie ihn jetzt an.

„Mitnichten. Du kennst mich sogar sehr gut“, widersprach der Mann leise, und seine dunklen Augen funkelten bedrohlich. „Du bist schließlich meine Frau.“

2. KAPITEL

Sie sah ihn so fassungslos an, dass Adan fast geglaubt hätte, sie sei tatsächlich erschüttert. Wer hätte gedacht, dass die kleine Isabella Maro eine so begnadete Schauspielerin war? Ganz offensichtlich hat sie uns alle hinters Licht geführt, dachte er. Und ich werde herausfinden, warum sie das getan hat.

Ganz sicher hatte sie die Sache nicht allein eingefädelt. Hatte ihr vielleicht ein Liebhaber dabei geholfen? Bei diesem Gedanken hatte Adan das Gefühl, ein eiskalter Dolch würde ihn durchbohren.

Isabella war grausam und gefühllos. Denn wie sonst hätte sie ihren kleinen Sohn einfach zurücklassen können, der damals noch ein Baby gewesen war? Rafik schien ihr nicht wichtig zu sein. Das erfüllte Adan mit kalter Wut.

Wieder ließ er den Blick über ihren fast nackten Körper gleiten. Isabella trug einen roten Bikini und hatte sich einen bedruckten Sarong um die Hüften geschlungen. Ihre Brustwarzen zeichneten sich unter dem dünnen Stoff so deutlich ab, dass er gegen seinen Willen daran denken musste, wie wunderschön ihre Brüste ausgesehen hatten, mit der zarten Haut und den rosigen Knospen in der Mitte.

Als Isabella und er sich das erste Mal geliebt hatten, war sie sehr zurückhaltend gewesen, hatte ihre Scheu jedoch schnell abgelegt, sich auf ihn eingestellt und ihn einen leidenschaftlichen Monat lang jede Nacht in ihrem Bett willkommen geheißen. Dann war sie schwanger geworden und so krank, dass Adan nicht mehr bei ihr geschlafen hatte.

„Ich soll Ihre Frau sein?“ Energisch schüttelte sie den Kopf. „Da irren Sie sich.“

Adan hörte Schritte hinter sich. Dann war der Mann wieder da, den sie mit „Grant“ angesprochen hatte. Und er wurde von einem kräftigen Samoaner begleitet.

„Ich fordere Sie nochmals auf zu gehen“, sagte Grant. „Makuna wird Sie hinausbegleiten.“

Adan sah ihn durchdringend an. Draußen wartete ein sechsköpfiges Sicherheitsteam auf ihn. Nicht weil er mit Ärger gerechnet hatte, sondern weil er nun einmal das Staatsoberhaupt war. Auf sein Zeichen hin würden sie die Bar mit gezogenen Pistolen stürmen. Das wollte Adan zwar nicht unbedingt, aber andererseits würde er die Bar auf keinen Fall ohne Isabella verlassen, seine Frau.

„Ist schon in Ordnung, Grant“, hörte er sie jetzt sagen. „Ich werde noch ein paar Minuten mit ihm sprechen.“

Grant wirkte verwirrt, doch dann nickte er und ging mit Makuna hinaus, sodass Adan wieder mit Isabella allein war.

„Kluge Entscheidung“, stellte er fest.

Sie sank wieder auf den Stuhl, auf dem sie anfangs gesessen hatte. Mit zitternden Händen schob sie sich die dunkelblonde, golden glänzende Mähne aus dem Gesicht und sah ihn mit ihren stark geschminkten Augen verwirrt an.

„Warum behaupten Sie, ich sei Ihre Frau? Ich bin nie verheiratet gewesen!“

Adan spürte, wie ihn erneut kalte Wut erfüllte. „Du kannst es ruhig abstreiten, aber das ändert nichts an den Tatsachen.“

Sie zog die Augenbrauen zusammen und blickte ihn starr an. „Ich bin Ihnen nie begegnet und weiß nicht einmal, wie Sie heißen.“

Er glaubte ihr kein Wort, hatte jedoch keine Lust, sich lange herumzustreiten. „Adan“, erwiderte er deshalb.

„Adan“, wiederholte sie. „Ich bin vor langer Zeit aus Jahfar weggegangen, aber an einen Ehemann würde ich mich sicher erinnern.“

„Meinst du wirklich, ich würde glauben, dass du dich nicht erinnern kannst? Für wie dumm hältst du mich?“

Sie runzelte die Stirn. „Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie für dumm halte. Ich glaube eher, dass Sie mich mit jemandem verwechseln. Außerdem ist es in dieser Branche nicht ungewöhnlich, dass Männer versuchen, sich mir zu nähern. Sie glauben, ich sei leicht zu haben. Das bin ich aber nicht. Alles klar?“

Am liebsten hätte Adan sie geschüttelt. „Du bist Isabella Maro, die Tochter von Hassan Maro und einer Amerikanerin, Beth Tyler. Wir haben vor fast drei Jahren geheiratet. Ein Jahr später bist du allein in die Wüste gegangen und wurdest nie wieder gesehen.“ Er brachte es nicht über sich, Rafik zu erwähnen.

Sie blinzelte, dann wurde ihr Gesicht ausdruckslos, und sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich …“

„Was?“, fragte Adan nach, als sie verstummte.

Sie schluckte. „Ich hatte einen Unfall, das stimmt. Aber ich habe mich wieder erholt.“ Als sie sich kurz die Finger auf den Mund presste, stellte er fest, dass diese zitterten.

„Einige Erinnerungen sind ein wenig verschwommen, aber …“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Nein, irgendjemand hätte mir doch davon erzählt.“

Adan war wie vor den Kopf geschlagen. „Irgendjemand? Wer hätte es dir erzählen sollen, Isabella? Wer weiß, dass du hier bist?“

Sie sah ihm in die Augen. „Meine Eltern natürlich. Mein Vater hat mich zur Genesung zu meiner Mutter geschickt, weil der Arzt gesagt hatte, in Jahfar sei es zu heiß und zu anstrengend für mich.“

Aufgebracht und ungläubig blickte Adan sie an. Ihre Eltern wussten, dass sie noch am Leben war? Das konnte nicht sein!

Andererseits hatte er Hassan Maro seit Isabellas Verschwinden kaum gesehen. Der Mann war noch häufiger außer Landes als er selbst. Adan hatte immer geglaubt, das hätte mit seinen Geschäften und der Trauer um seine einzige Tochter zu tun, aber vielleicht hatte Maro ja einfach etwas zu verbergen gehabt. Doch ob der Mann wirklich seiner Tochter zur Flucht verhelfen würde, nachdem er von der Heirat doch so begeistert gewesen war?

Adan schüttelte den Kopf. Isabella log und stritt die Wahrheit ab. „Von selektivem Gedächtnisverlust habe ich noch nie etwas gehört, Isabella“, sagte er kalt. „Wie kommt es, dass du dich an deine Eltern und an Jahfar erinnerst, aber nicht an mich?“

„Ich habe überhaupt nicht von Gedächtnisverlust gesprochen!“, rief sie. „Das waren Sie!“

„Als was würdest du es denn bezeichnen? Du weißt, wer du bist und woher du kommst, aber an den Ehemann, den du verlassen hast, kannst du dich nicht erinnern!“

„Wir sind nicht verheiratet“, beharrte sie, doch ihre Unterlippe zitterte leicht – ein erster feiner Sprung in ihrem Schutzpanzer, als sei ihr klar, dass man sie ertappt hatte.

Adan war entschlossener als je zuvor, sie nicht davonkommen zu lassen, bis er mit ihr fertig wäre. Als Isabella die Hände vor ihrem Oberkörper ineinander verkrampfte, wurden ihre Brüste zusammengeschoben und ihre weiblichen Rundungen betont. Er spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.

Nein, ermahnte er sich streng und unterdrückte mit aller Macht das erwachende Verlangen. War er wirklich so oberflächlich, dass ihn der Anblick einer halb nackten Frau erregen konnte, die so verlogen war? Eigentlich sollte er sie verachten.

Isabella biss sich kurz auf die Unterlippe. „Nehmen wir an, Sie hätten recht und wir wären tatsächlich verheiratet – warum sind Sie dann nicht eher hergekommen, um mich zu holen?“

„Weil ich geglaubt habe, du wärst tot, wie du sehr wohl weißt“, erwiderte Adan mühsam beherrscht.

„Tot?“ Unter der Sonnenbräune wurde sie aschfahl.

Adan hatte genug von dieser Farce. Er hatte auf der Reise hierher mehrere Zeitzonen durchquert und kaum geschlafen, so sehr war er mit der Frage beschäftigt gewesen, ob die Frau auf dem Foto, die hinter dem Mikrofon in die Kamera lächelte, als würde sie ihren Liebhaber ansehen, tatsächlich seine vermisste Ehefrau war. Immer wieder hatte er sich gesagt, das sei unmöglich. Sie konnte nicht überlebt haben. Doch dann hatte er die Bar betreten und sie gesehen: So vertraut und fremd zugleich.

„Du bist allein in die Wüste gegangen, Isabella“, stellte Adan fest. „Über das, was du danach getan hast, kann ich nur spekulieren. Auf jeden Fall bist du aber nicht mehr herausgekommen. Wir haben nämlich wochenlang nach dir gesucht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Das ist doch absolut verrückt!“

„Tatsächlich?“ Adan umfasste ihren Ellenbogen und zog sie von ihrem Stuhl hoch, wobei er bewusst das Gefühl ignorierte, das ihn bei der Berührung ihrer nackten Haut überkam.

Als sie zu ihm aufblickte, spiegelten sich aufgewühlte Gefühle in ihren dunklen Augen. „Ich erinnere mich nicht.“

Adan wollte sich nicht davon berühren lassen. „Pack deine Sachen zusammen“, befahl er. „Wir gehen.“

Verheiratet .

Isabella schüttelte den Kopf. Nein, das war unmöglich. Dennoch verspürte sie kalte Angst, denn bei manchen Dingen waren ihre Erinnerungen verschwommen. Konnte dieser Mann wirklich Teil ihrer Vergangenheit sein? Hätte sie einen so charismatischen, imposanten Ehemann vergessen können? Das war unvorstellbar. Warum hätten ihre Eltern diesen Umstand vor ihr geheim halten sollen? Es gab nur eine Möglichkeit, dies aufzuklären. Isabella griff nach ihrer Handtasche.

„Was tust du da?“, wollte Adan wissen.

Sie zog ihr Handy heraus und hielt es triumphierend hoch. Dass ihr das lange Haar zerzaust ins Gesicht hing und sie wild aussehen musste, störte sie nicht, denn so fühlte sie sich auch: wild und lebendig.

Der Fremde hatte gesagt, in Jahfar würde man sie für tot halten. Doch Isabellas Vater wusste, dass sie am Leben war. Wie konnte das also sein?

Als sie ihn nach den genauen Umständen ihres Unfalls gefragt hatte, war seine Antwort gewesen, es sei besser, ihr die Details zu ersparen. Isabella war ins Koma gefallen, hatte Schmerzmittel und andere Medikamente nehmen müssen, die ihr Erinnerungsvermögen beeinträchtigt hatten.

Ihre Mutter hatte natürlich keine Ahnung davon gehabt, wie Isabellas Leben in Jahfar ausgesehen hatte. Beth Tyler hatte das Land bereits zehn Jahre zuvor verlassen und sich zwar darüber gefreut, dass ihre Tochter zu ihr gekommen war, doch im Grunde waren beide erleichtert gewesen, als Isabella sie wieder verlassen hatte.

Und jetzt blickte Isabella in das attraktive, verschlossene Gesicht eines unbekannten Mannes. Hätten ihre Eltern sie angelogen?

„Ich rufe jetzt meinen Vater an“, erklärte sie. „Er wird wissen, wie die Wahrheit lautet.“

Adan war plötzlich sehr angespannt. „Soll das heißen, dein Vater weiß, dass du hier bist?“

„Das habe ich doch schon gesagt“, antwortete Isabella stirnrunzelnd.

Er fluchte auf Arabisch – so heftig, dass sie zusammenzuckte. Isabella war nun schon ein Jahr – oder vielleicht schon eher zwei Jahre? – in den USA und hatte in dieser Zeit ziemlich viele Kraftausdrücke gehört. Doch sie war es nicht gewohnt, jemanden auf Arabisch fluchen zu hören. In Jahfar hatte man sie beschützt und verhätschelt: eine junge Dame, die dazu erzogen worden war, irgendwann einmal einen mächtigen Scheich zu heiraten.

Adan riss ihr das Handy aus der Hand. „Du wirst deinen Vater nicht anrufen.“

Isabella verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn aufgebracht an. „Weil mein Vater sofort bestätigen würde, dass wir gar nicht verheiratet sind und Sie gelogen haben?“

„Wenn dir der Gedanke gefällt, dann glaub das ruhig.“

Als Adan sich ihr Handy in die Brusttasche seines Hemdes schob, unterdrückte sie mit aller Macht den Drang, den Blick zu den festen Muskeln wandern zu lassen, die im Ausschnitt seines am Hals offenen Hemdes zu sehen waren. Hätte sie ihn am Strand gesehen, wäre sie zweifellos von ihm beeindruckt gewesen. Aber einen so harten, kalten Mann durfte sie nicht attraktiv finden. Außerdem log er.

„Wenn Sie das nicht befürchten, warum soll ich meinen Vater dann nicht anrufen?“, fragte sie.

„Weil ich mich selbst mit ihm befassen werde, wenn wir nach Jahfar zurückgekehrt sind.“

Aus irgendeinem unerklärlichen Grund wurde Isabella bei diesen Worten eiskalt. Jahfar. Die Wüste. Die schroffe, unbarmherzige Landschaft des Herkunftslandes ihres Vaters, das auch Teil ihrer Geschichte war. Bei der Vorstellung, nach Jahfar zurückzukehren, krampfte sich ihr der Magen zusammen.

„Ich werde nicht mitkommen“, sagte sie.

Adan musterte sie von oben bis unten. „Und wie meinst du, mich davon abhalten zu können?“

„Indem ich ganz laut schreie“, erwiderte sie, und ihr Herz schlug wie verrückt.

„Ach ja?“ Er wirkte so gelassen und kühl, dass sich ihr erneut vor Angst der Magen zusammenkrampfte. Adan war groß und stark genug, um sie sich einfach über die Schulter zu werfen und sie mitzunehmen.

„Meine Freunde werden mir zu Hilfe kommen.“

Adan lachte. „Das können sie gern versuchen. Allerdings müssten sie sich mit meinem Sicherheitspersonal auseinandersetzen. Sobald jemand Hand an mich legt, werden meine Angestellten das als Mordversuch werten und entsprechend reagieren.“

Eine eiskalte Hand schien nach Isabellas Herz zu greifen. „Kein Wunder, dass ich mich nicht an Sie erinnere“, sagte sie bitter. „Sie sind ein Tyrann. Sie als Ehemann zu haben muss die Hölle sein. Da würde wohl jede Frau lieber in die Wüste gehen, um zu sterben.“

Um seinen Mund zuckte es leicht. „Tja, hättest du das tatsächlich getan, müsste ich mich jetzt nicht mit dir befassen!“

Isabella wurde das Herz schwer, ohne dass sie den Grund dafür hätte nennen können. Der Mann bedeutete ihr doch nichts, sie mochte ihn ja nicht einmal!

„Wenn wir wirklich verheiratet sind, warum ersparen Sie uns beiden dann nicht eine Menge Ärger, indem Sie sich einfach von mir scheiden lassen? Als jahfarischer Mann ist das doch kein Problem“, sagte sie, so kühl sie konnte.

Hättest du das tatsächlich getan, müsste ich mich jetzt nicht mit dir befassen. Seine brutalen Worte hallten in Isabellas Kopf wider. Sie bedeutete ihm nichts, sie war für ihn lediglich ein Problem, eine Peinlichkeit.

Isabella fühlte sich an ihre Kindheit erinnert, als ihre Eltern sich nach der Scheidung um sie wie um einen Gegenstand gestritten hatten. Ein Problem, das nie gelöst werden sollte. Sie hatte so sehr versucht, es beiden recht zu machen, doch es war ihr nicht gelungen. Energisch schluckte sie Tränen der Wut hinunter. Die Zeiten, in denen sie versucht hatte, es anderen recht zu machen, waren vorbei.

„Wenn das nur so einfach wäre“, entgegnete Adan kalt. „Aber die Umstände haben sich geändert, und wir müssen beide nach Jahfar zurückkehren.“

„Sie können nicht erwarten, dass ich einfach mit Ihnen gehe“, wandte Isabella ein. „Für mich sind Sie ein Fremder. Ich habe nicht den geringsten Beweis dafür, dass wir verheiratet sind. Und deswegen werde ich auch nicht mitkommen.“

Seine Augen wurden kalt. „Was für einen Beweis soll ich dir denn liefern? Ich könnte dir erzählen, dass wir uns erst eine Woche vor der Hochzeit kennengelernt haben und du sehr verängstigt und sanftmütig warst. Vielleicht möchtest du ja auch hören, dass die Hochzeit drei Tage dauerte und mehr als eine halbe Million Dollar gekostet hat – oder dass dein Vater sehr erfreut darüber war, dich mit einem Prinzen verheiratet zu haben.“

Ihr wurde schwindelig. „Sie sind ein Prinz?“

„Ich war ein Prinz.“

Isabella verstand seine Antwort nicht, fragte jedoch nicht nach. Sie wischte sich die feuchten Handflächen am Sarong trocken. Es konnte einfach nicht wahr sein. In Jahfar zählte der gesellschaftliche Status mehr als alles andere. Wenn es ihrem Vater gelungen war, sie an die königliche Familie zu verheiraten, wäre er unendlich stolz darauf gewesen. Auf keinen Fall hätte er ihr sie diesbezüglich angelogen.

Doch langsam kamen ihr Zweifel. „Erzählen Sie mir etwas, das sonst niemand wissen kann“, sagte sie.

„Du warst Jungfrau.“

Isabella spürte, wie sie errötete. Sie war Jungfrau gewesen? „Das wäre doch sicher kein Geheimnis gewesen. Erzählen Sie mir etwas Persönliches, das ich Ihnen anvertraut habe.“

Adan machte eine ungeduldige Geste. „Du warst nicht gerade gesprächig. Wenn ich mich recht erinnere, hast du einmal gesagt, dein einziges Ziel im Leben sei es, mir zu gefallen und mich glücklich zu machen.“

„Das ist doch absurd“, erwiderte Isabella, brachte jedoch nur ein Flüstern zustande. Denn genau darauf war ihre Erziehung ausgerichtet gewesen: einem Mann zu gefallen und ihm die vollkommene Ehefrau zu sein. Doch hatte sie so etwas wirklich gesagt, und das zu diesem Mann?

„Schluss jetzt.“ Adan zog ein Handy aus der Hosentasche. „Wir gehen.“

„Moment mal!“, rief Isabella, ging zu ihm und umfasste sein Handgelenk, bevor er wählen konnte. Sie würde sich nicht einfach fügen!

Als sie ihn berührte, durchzuckte sie so etwas wie ein Stromschlag. Adan blickte zu ihr hinunter. Seine Augen funkelten, und seine sinnlichen Lippen waren zusammengepresst. Wie er wohl aussah, wenn er lächelte? Auf seinen markanten Wangen war ein Bartschatten zu sehen. Am liebsten hätte sie ihm die Hand auf die Wange gelegt, um diese an der Haut zu spüren.

Ihr Blick wanderte zu seinem Mund, und plötzlich tauchte vor ihrem Auge ein Bild von ihnen beiden auf, wie sie einander küssten. Isabella war erschüttert und konnte nicht sagen, ob es Verlangen oder eine Erinnerung war.

Doch in ihrem Körper regte sich eine sehr reale Sehnsucht. Der Moment schien sich in die Länge zu ziehen, bis Isabella das Gefühl hatte, sie würden nun schon seit mehreren Stunden so dastehen.

Adan fluchte leise auf Arabisch, dann befreite er sich aus ihrem Griff und schob ihr beide Hände ins Haar. Etwas fiel zu Boden, und Isabellas Herz schlug wie verrückt. Als Adan ihr plötzlich viel zu nahe war, wollte sie ihm ausweichen, konnte sich aber nicht von der Stelle rühren. Sie mochte keine Männer, die über sie bestimmen wollten. Und dennoch …

Adan schob sanft ihren Kopf nach hinten und entblößte so ihren zarten Hals. Eigentlich hätte sie Angst haben müssen, doch das war nicht der Fall.

„Mal sehen, ob du dich an das erinnerst“, sagte Adan rau.

Als er den Kopf neigte, schloss Isabella die Augen. Er würde sie küssen. Und, wie sie erschüttert feststellte, sie sehnte sich danach – und wusste, dass sie sich später wegen ihrer Schwäche verachten würde.

Doch Adan presste den Mund nicht auf ihren. Stattdessen spürte sie seine festen, sinnlichen Lippen an ihrem Hals. Intensive Empfindungen regten sich tief in ihrem Innern.

Dann ließ Adan ihr die Zunge übers Dekolleté gleiten und schob ihren Kopf noch weiter nach hinten, sodass sie sich gegen ihn bog und ihre Brüste gegen seinen Oberkörper gepresst wurden. Isabella spürte, wie sich ihre Brustwarzen schmerzhaft am Stoff des Bikinis rieben, was auch Adan sicher nicht entging.

Sie krallte die Hände in sein seidenes Hemd, als er den Mund an ihrem Hals nach oben gleiten ließ und ihr Verlangen immer mehr anfachte. Dann presste er die Lippen auf ihre. Isabella verspürte eine Sehnsucht, die neu und doch nicht neu war. Rigoros verdrängte sie jeglichen Gedanken an eine Vergangenheit, an die sie sich vielleicht nicht mehr erinnerte.

Stattdessen wollte sie sich auf die Gegenwart konzentrieren: darauf, wie Adan sie küsste, als sei sie die einzige Frau auf der Welt. Plötzlich war ihr sehr heiß. Am liebsten hätte sie die Kleidungsstücke heruntergerissen, um die aufflammende Leidenschaft auf die einzige mögliche Art zu stillen: indem sie sich ihm öffnete und mit ihm vereinigte.

Wenn Adan die Wahrheit gesagt hatte, wie oft hatten sie sich dann nach einem leidenschaftlichen Kuss schon aneinandergeschmiegt? Isabella konnte sich nicht an diesen Mann erinnern, doch ihr Körper schien ihn zu kennen.

Adan zog eine Hand aus ihrem Haar und nahm ihre Brustwarze zwischen zwei Finger. Isabella stöhnte leise auf, als tiefes Verlangen sie erschauern ließ. Die Hitze, die sich tief in ihrem Innern ausbreitete, war neu und vertraut zugleich.

Eng an Adan gepresst, bemerkte sie plötzlich seine heftige Erregung. Das hier ist bestimmt keine gute Idee, dachte sie atemlos. Sie durfte sich ihm nicht hingeben, sie waren schon viel zu weit gegangen.

Ich hätte ihn nie berühren dürfen, dachte Isabella. Doch es war, als wäre ein Strohfeuer entbrannt. Sie glaubte zu spüren, dass auch Adan verwirrt war angesichts dessen, was zwischen ihnen geschah. Bevor sie ihn wegschieben konnte, löste er sich von ihr.

Seine Lippen nicht mehr auf ihren zu spüren tat fast weh. Am liebsten hätte Isabella ihn wieder an sich gezogen, doch das durfte sie auf keinen Fall.

Er schien vollkommen ungerührt zu sein, als er sein Handy vom Boden aufhob.

„Warum hast du das getan?“, brachte sie mühsam heraus und merkte gar nicht, dass sie zur persönlichen Anrede übergegangen war.

Als er sie ansah, glänzten seine wunderschönen Augen noch immer golden vor Verlangen. Wie viele Frauen wohl unter diesem machtvollen Blick schon dahingeschmolzen waren? Wie viele hatten Adan nur kurz angesehen und vor Verlangen gebrannt? Hunderte, Tausende, vermutete Isabella. Und auch sie gehörte dazu.

„Weil du es wolltest.“

Isabella wollte es abstreiten, doch es stimmte: Sie hatte ihn tatsächlich küssen wollen. Doch jetzt wusste sie, wie es sich anfühlte, und würde nie wieder schwach werden. „Ich möchte, dass du jetzt gehst“, sagte sie nachdrücklich.

„Das werde ich nicht tun.“

„Du kannst mich nicht zwingen, nach Jahfar zurückzugehen“, entgegnete sie. „Immerhin bin ich amerikanische Staatsbürgerin.“

„Hör auf, so egoistisch zu sein“, fuhr Adan sie an. „Tu es für Rafik.“

Isabella schlang die Arme um ihren Körper. Sie fühlte sich unendlich erschöpft und wünschte, diese Farce wäre endlich vorbei. „Du magst mich für egoistisch halten, aber ich sage die Wahrheit. Ich kenne dich nicht, und ich weiß auch nicht, wer Rafik ist.“

Adans Augen wirkten eiskalt, als er Isabella mit unverhohlener Verachtung ansah. Offenbar war er noch wütender als je zuvor. Als er antwortete, traf jedes seiner Worte ihr Unterbewusstsein mit der Macht eines Sandsturms, der durch den lilafarbenen Himmel von Jahfar toste.

„Rafik ist unser Sohn.“

3. KAPITEL

Adans Privatjet war äußerst luxuriös ausgestattet, doch das bemerkte Isabella kaum. Seit sie wusste, dass sie ein Kind hatte, war sie völlig benommen. Es war, als hätte man ihr ein Messer ins Herz gestoßen. Wie konnte es sein, dass sie sich nicht daran erinnerte, ein Kind zur Welt gebracht zu haben? Das war unvorstellbar.

Doch sosehr sie sich einredete, das alles könne nicht wahr sein – ahnte sie doch, dass vor zwei Jahren weit mehr passiert war als ein schwerer Autounfall.

Also war sie mit Adan in ihr winziges Apartment gefahren, hatte gepackt und ihrem Vermieter mitgeteilt, sie werde für einige Wochen verreisen. Adan hatte gewirkt, als sei er entsetzt, wie sie wohnte. Natürlich war er als jahfarischer Prinz ein anderes Leben gewohnt.

Sie waren schweigend zum Flughafen gefahren und befanden sich nun irgendwo über dem Pazifik. Isabella saß in einem Ledersessel und blickte starr nach draußen. Vor ihr auf dem Tisch stand ein unberührtes Glas Papayasaft. Sie zitterte, obwohl sie Jeans, T-Shirt und eine leichte Jacke trug.

Eine Stewardess brachte ihr eine Decke. Dankbar hüllte Isabella sich in den edlen flauschigen Stoff, der mit den Decken normaler Fluglinien überhaupt nicht zu vergleichen war.

Adan, der nach dem Abflug in seinem Arbeitszimmer verschwunden war, nahm ihr gegenüber Platz. Seine Gegenwart verunsicherte Isabella. Doch sie wusste nicht, ob das am Kuss lag oder daran, dass sich jedes Mal, wenn er sie ansah, in ihrem Innern etwas zusammenzog.

„Ich dachte mir, du würdest dir das hier gerne ansehen“, sagte er und reichte ihr einige Papiere.

Es widerstrebte Isabella, doch sie musste sich die Unterlagen anschauen – um ihres inneren Friedens willen. Mit klopfendem Herzen betrachtete sie die erste Seite. Es war ein Artikel aus der Zeitung Al-Arab Jahfar mit dem Titel: „Prinz heiratet Tochter eines bekannten Geschäftsmannes.“

Darunter war ein Foto von ihr und Adan, der ein traditionelles Gewand mit dem bei derartigen Anlässen üblichen Dolch trug. Er wirkte ernst, als würde er eine Pflicht erfüllen. Und so war es wohl auch gewesen, denn sie hatten sich ja erst eine Woche vor der Hochzeit kennengelernt.

Isabella selbst lächelte zwar auf dem Foto, wirkte aber nicht glücklich in ihrer perlenbestickten Abaya aus Seide. Dazu trug sie einen wunderschönen transparenten Hidschab, dessen feiner Stoff sich um ihr Haar schmiegte.

Isabella blickte auf und bemerkte, dass Adan sie beobachtete. Er stützte sich leger auf eine Armlehne und strich sich gedankenabwesend mit dem Zeigefinger über die Unterlippe. Seine Miene war völlig undurchdringlich.

Als sie das nächste Blatt zur Hand nahm, begann ihr Herz wie wild zu schlagen. Es war die Geburtsanzeige ihres Sohnes Rafik ibn Adan Al Dhakir, der am vierten April geboren worden war.

Fast wäre Isabella in Schluchzen ausgebrochen. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht in Tränen auszubrechen. Dann holte sie tief Luft und zwang sich, die Unterlagen weiter durchzusehen.

Alles, was sie gewusst und geglaubt hatte – über sich selbst und ihre Eltern –, lag in Trümmern zu ihren Füßen. Sie war nicht der Mensch, für den sie sich gehalten hatte – sondern die Prinzessin Isabella Al Dhakir, verheiratet und Mutter eines Kindes, die eigentlich ein perfektes Leben haben sollte, doch allein und am Boden zerstört war. Mit zitternden Fingern griff sie nach dem nächsten Artikel.

Dieser handelte davon, dass sie aus dem Haus ihres Vaters verschwunden war, den sie nach der Geburt ihres Kindes besucht hatte. Alles deutete darauf hin, dass sie in die Wüste gegangen war. Durch einen Sandsturm war die Suche nach ihr drei Tage lang unmöglich gewesen. Danach hatte man keine Spur mehr von ihr gefunden. Unwillkürlich dachte Isabella an das luxuriöse Haus ihres Vaters, genau am Rand der Wüste, in die sie gegangen sein sollte.

Als Isabella die vierte Seite ansah, wurde ihr kalt. Die Worte hoben sich ungewöhnlich stark vom weißen Hintergrund ab. Tot …

Schnell blätterte sie weiter. Als Nächstes kam ein Ehevertrag, der alle Details enthielt, auf die ihr Vater und Adan sich geeinigt hatten.

Isabella schloss die Augen, ließ die Blätter auf den Tisch sinken und verschränkte die Finger ineinander, damit Adan nicht sah, wie ihre Hände zitterten. Es stimmte also: Sie war seine Frau, die Mutter seines Kindes.

Und an nichts davon konnte sie sich erinnern, nicht einmal daran, ihr Baby im Arm gehalten zu haben. Wie konnte das sein? Als ihr erneut die Tränen kamen, zwang Isabella sich, diese zurückzuhalten. Auf keinen Fall wollte sie vor Adan weinen.

„Willst du die Wahrheit noch immer leugnen?“

Sie schüttelte schweigend den Kopf, ohne etwas zu sagen, denn sie hatte Angst, sonst die Beherrschung zu verlieren.

„Warum hast du deinen kleinen Sohn zurückgelassen, Isabella? Hast du überhaupt nicht an ihn gedacht?“

Es dauerte eine Weile, bis sie antworten konnte. „Ich kann mich an nichts erinnern“, brachte sie dann mühsam flüsternd heraus.

Sie rechnete damit, dass Adan ihr kein Wort glauben würde. Doch er atmete hörbar aus, wandte kurz den Blick ab und sah sie dann wieder durchdringend an, um zu erwidern: „Dann erzähl mir doch, woran du dich noch erinnerst. Zum Beispiel, wie du nach Hawaii gekommen bist.“

Isabella war zu durcheinander, um sich zu weigern. Sie zog die Decke enger um sich und begann: „Ich war in Jahfar, und dann war ich bei meiner Mutter in South Carolina. Wie ich dorthin gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Mein Vater sagt, das läge an meinem Unfall. Ich hatte eine Kopfverletzung und habe fünf Wochen im Koma gelegen. Auch an den Unfall erinnere ich mich nicht, doch laut Aussage der Ärzte ist das normal. Nachdem ich mich bei meiner Mutter erholt hatte, bin ich zu ihrer Erleichterung in ein eigenes Apartment gezogen.“

„Nach Jahfar wolltest du nicht zurück?“

„Nein. Ich habe gelegentlich daran gedacht, aber mein Vater sagte mir, ich solle in den USA bleiben.“

„Hawaii ist ziemlich weit weg von den USA entfernt“, stellte Adan fest.

Das stimmte, und doch hatte das Heimweh Isabella dorthin getrieben. „Mir haben das Meer und die Palmen gefehlt“, erklärte sie. „Eigentlich wollte ich nur Urlaub machen, aber dann bin ich geblieben.“

„Und warum hast du deinen Namen geändert?“

„Das habe ich nicht, Bella Tyler ist mein Künstlername.“ In Wirklichkeit steckte jedoch auch ihr Wunsch dahinter, jemand anders zu sein – selbstbewusster und nicht so allein.

„Und warum singst du? Brauchst du Geld?“, fragte Adan.

„Nein, mein Vater schickt mir genug Geld. Sängerin bin ich zufällig geworden, nachdem ich einmal bei einem Karaokeabend war.“

„Sängerin in einer Bar “, stellte Adan missbilligend fest.

„Ich singe eben gerne“, verteidigte Isabella sich. „Und ich kann es gut“, fügte sie stolz hinzu.

„Ich habe dich vor heute Abend nie singen hören.“

„Vermutlich deshalb, weil ich befürchtet habe, du würdest etwas dagegen haben.“

„Vielleicht hätte ich das gar nicht gehabt“, sagte Adan sanft.

„Ich muss es wohl geglaubt haben.“

„Möglich“, erwiderte er ungerührt.

Isabella verkrampfte die Hand in der Decke. Was für ein merkwürdiges Gespräch! Dieser völlig Fremde war ihr Ehemann . „Wir haben wohl nicht viel Zeit miteinander verbracht“, mutmaßte sie.

„Genug“, entgegnete Adan und sah sie mit funkelnden Augen an.

Isabella senkte den Kopf und hoffte, sie würde nicht erröten. Sie war natürlich keine Jungfrau mehr, konnte sich jedoch nicht an ihre erste und auch sonst an keine Liebesnacht mit Adan erinnern. „Wie lange waren wir verheiratet, als das Baby …?“

„Du bist gleich im ersten Monat schwanger geworden und einen Monat nach Rafiks Geburt verschwunden.“

Isabella konnte nur schwer glauben, dass sie schwanger gewesen war. „Dann waren wir also nicht einmal ein Jahr zusammen.“

„Stimmt.“

Fieberhaft dachte sie nach. Wenn Adan die Wahrheit sagte – und alles wies darauf hin –, dann mussten ihre Eltern gelogen haben. Sicher hatte sich ihr Vater diese ganze Geschichte ausgedacht. Aber warum? Hatte Adan sie misshandelt? Das glaubte Isabella nicht. Adan war zwar sehr wütend auf sie, doch bedroht hatte er sie nicht ein einziges Mal. Sonst wäre sie auch nicht hier. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart befangen, aber mit Angst hatte das nichts zu tun. Sie presste sich die Finger an die Schläfe und versuchte, all die unglaublichen Neuigkeiten zu verarbeiten.

„Tut dir der Kopf weh?“, fragte Adan.

„Ja“, sagte Isabella überrascht, denn sie merkte erst jetzt, dass es hinter ihrer Schläfe zu pochen begann. Bald würde sich der Schmerz auf die andere Seite ausbreiten. Und sie hatte ihre Migränetabletten im Apartment liegen lassen …

Adan ließ ihr ein Glas Wasser und Schmerztabletten bringen, die Isabella einnahm, ohne sich jedoch viel davon zu erhoffen.

„Vielleicht solltest du dich hinlegen“, schlug Adan vor. „Hinten im Flugzeug sind ein Schlaf- und ein Badezimmer.“

Er hatte recht, doch Isabella konnte jetzt nicht schlafen. „Hast du ein Foto von ihm?“, fragte sie leise.

Adan presste den Mund zusammen. Dann zog er sein Handy heraus und rief ein Foto auf. Ihr stockte der Atem.

Der entzückende kleine Junge, der in die Kamera blickte, hatte Adans schwarzes Haar und seine dunklen Augen. Doch das Kinn hatte er eindeutig von ihr.

Eine Träne rann Isabella über die Wange. „Er ist jetzt zwei, oder?“

Adan nickte und steckte das Handy wieder ein, obwohl sie den kleinen Jungen gern noch länger betrachtet hätte. Ihr war so viel entgangen: Sein erstes Wort, seine ersten Schritte … Isabella tat das Herz weh. Dann krampfte sich ihr der Magen zusammen, und sie wusste nicht, ob das an dem großen Verlust oder an ihrer Migräne lag.

Als sie aufsprang, erhob sich auch Adan mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze und fragte: „Was ist denn los?“

„Ich … Badezimmer“, brachte Isabella nur heraus und rannte ins Badezimmer, wo sie sich heftig übergab. Ich sehe furchtbar aus, dachte sie, als sie danach in den Spiegel blickte. Mit warmem Wasser und Seife wusch sie sich das Make-up vom Gesicht. Dabei ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Wegen des laufenden Wassers würde Adan ihr Schluchzen sicher nicht hören.

Doch als er sie bei ihrer Rückkehr ansah, wusste Isabella, dass ihm ihre geröteten Augen nicht entgingen.

„Bist du krank?“

„Es ist nur die Migräne“, erwiderte sie schulterzuckend. „Wenn ich mein Medikament nehme, wird es meist nicht so schlimm, aber ich habe es vergessen.“

„Sag mir, wie das Medikament heißt“, forderte Adan sie auf. „Dann werden wir es bei der Landung vorfinden.“

Isabella tat es und nahm wieder Platz.

„Du solltest dich hinlegen.“

„Ich möchte jetzt lieber nicht weit gehen“, erklärte sie.

Bevor sie protestieren konnte, hatte Adan sie hochgehoben. Mit seinen starken Armen hielt er sie eng an seiner Brust, und zum ersten Mal seit Jahren fühlte sich Isabella geborgen und sicher.

Doch das war eine Illusion. Mehr als je zuvor musste sie auf der Hut sein, denn sie war emotional sehr verletzlich. Und jetzt empfand sie so viel, viel zu viel.

Isabella fühlte Adans Herz unter ihrer Hand schlagen, die sie ihm auf die Brust gelegt hatte, und sie atmete seinen markanten maskulinen Duft ein. Adan trug sie in den hinteren Bereich des Jets und ließ sie vorsichtig auf das große Doppelbett sinken. Er streifte ihr die Schuhe ab und deckte Isabella zu. „Schlaf gut“, sagte er leise.

Als er schon an der Tür war, erwiderte sie: „Ich … es tut mir leid, Adan.“

Er neigte nur kurz den Kopf und zog die Tür hinter sich zu.

Adan warf sich unruhig im Bett hin und her. Immer wieder stellte er sich vor, wie Isabella nebenan schlummerte.

Er musste zugeben, dass er auf ihren erschütterten Gesichtsausdruck nicht vorbereitet gewesen war. Als sie aus dem Badezimmer gekommen war, hatte sie verweint und geradezu gequält ausgesehen. Angesichts der Zeitungsartikel über ihre Hochzeit, über Rafiks Geburt und über ihren angeblichen Tod war sie wie vor den Kopf gestoßen gewesen.

Adan schüttelte den Kopf. Für Mitgefühl war kein Platz, er musste tun, weswegen er nach Hawaii geflogen war. Das war von großer Wichtigkeit für sein Land und auch für seinen Sohn. Er würde Rafiks Glück um nichts in der Welt aufs Spiel setzen. Isabella war zwar seine Mutter, doch sie hatte ihren Sohn einfach zurückgelassen, auch wenn sie sich vielleicht tatsächlich daran nicht erinnerte. Und was auch immer geschehen war, ihr Vater hatte ihr dabei geholfen. Mit Hassan Maro würde Adan sich noch befassen, jetzt befasste er sich erst einmal mit Isabella.

Er schlug die Decke zurück und stand auf. Da er ohnehin nicht schlafen konnte, würde er die Zeit zum Arbeiten nutzen. Nachdem er geduscht und sich rasiert hatte, zog er eine weiße Dischdascha und die traditionelle dunkelrot jahfarische Kufiyas an.

Die Vorbereitungen fürs Frühstück liefen bereits auf Hochtouren. Als Adan hinzukam, hielt das gesamte Personal inne und verneigte sich tief. Trotz der Ehrerbietung, die er als Prinz bereits erfahren hatte, musste Adan sich an seinen neuen Status als König noch gewöhnen. Er war ungeduldig und kam am liebsten immer gleich zur Sache, doch er wusste, dass den Menschen die äußere Form noch immer sehr wichtig war. In Jahfar wurden die alten Traditionen von vielen noch sehr geschätzt.

Adan ließ sich Kaffee in sein Arbeitszimmer bringen, wo er sich an den großen Schreibtisch aus edlem Holz setzte. Nach längerer Internetrecherche stellte er fest, dass ein Gedächtnisverlust, bei dem man einen bestimmten Menschen und die mit ihm zusammenhängenden Ereignisse vergaß, zwar selten war, aber durchaus vorkam. Er beschloss, Isabella ärztlich untersuchen zu lassen.

Adan rief seinen Assistenten in Jahfar an und wies ihn an, Hassan Maro für den nächsten Tag in den Palast zu bestellen und einen qualifizierten Psychologen zu finden. Nachdem er aufgelegt hatte, kam eine E-Mail von Jasmin, in der sie ausführlich vom Anprobieren des Brautkleides berichtete. Schuldbewusst dachte Adan daran, dass er ihr bei seiner Abreise nicht erzählt hatte, wohin er fliegen würde.

Jasmin und er kannten sich schon seit ihrer Kindheit. Geknistert hatte es nie zwischen ihnen, doch sie mochten einander. Die liebevolle, freundliche Jasmin würde Rafik und den noch kommenden Kindern eine gute Mutter sein. Sie war eine sichere Wahl, die richtige Wahl.

Adan arbeitete noch eine Weile und frühstückte dabei. Als er aufstand und in den Aufenthaltsbereich ging, sah er dort Isabella auf demselben Sessel sitzen wie am Abend zuvor. Sie hatte die nackten Beine ausgestreckt und betrachtete erneut die Zeitungsartikel.

Als er sich näherte, blickte sie auf, ohne zu lächeln, was sie früher immer getan hatte. Nichts erinnerte mehr an die sanftmütige, fügsame und unschuldige Frau von damals. Plötzlich wurde Adan bewusst, dass sie so leicht zu vergessen gewesen war wie ein Möbelstück, das man als selbstverständlich hinnahm.

Die Frau, die da vor ihm saß, war dagegen sinnlich, geheimnisvoll und alles andere als fügsam. In ihr brannte ein Feuer, das er bisher nie bemerkt hatte. Und er konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken.

Ohne das Make-up, das sie auf der Bühne trug, war Isabellas Gesicht so rein wie das eines Engels. Ihr Haar mit den goldenen Strähnen, die nicht vom Friseur stammten, war ebenso wild wie am Vortag. Bisher hatte er sie immer nur mit geglättetem Haar gesehen, das sie für gewöhnlich in einem lockeren Knoten getragen hatte. Ihr unkonventioneller Look war ihm fremd. Heute trug sie ein blaues Baumwollkleid, das für seinen Geschmack zu viel von ihr preisgab, dazu Sandalen.

„Hast du gut geschlafen?“, fragte er.

Ausgeruht wirkte Isabella nicht, und ihre grünen Augen hatten noch immer einen schmerzlichen Ausdruck. „So gut, wie man es erwarten kann.“

„In etwa drei Stunden sind wir in Jahfar.“

„Und was passiert dann?“

„Einiges, nehme ich an“, antwortete Adan bewusst mehrdeutig.

„Und wann … wann kann ich Rafik sehen?“

Sie schluckte, bevor sie den Namen sagte – den Namen seines Sohnes, wie Adan sich innerlich sagte. Denn ihr Sohn war er schon seit zwei Jahren nicht mehr.

„Ich fürchte, du wirst ihn gar nicht sehen können.“

4. KAPITEL

Fassungslos blickte Isabella ihn an. Sie hatte das Gefühl, man würde ihr das Herz herausreißen. Doch sie hatte schon genug geweint: Gestern im Badezimmer, nachts im Bett … Und so hielt sie mit aller Macht die Tränen zurück. Aber sie würde sich auch nicht einfach Adans Anordnungen fügen.

„Ich hatte das eigentlich nicht als Frage gemeint“, sagte sie.

In seiner Dischdascha und mit der Kopfbedeckung sah Adan unnachgiebig und sehr attraktiv aus. Seine dunklen Augen funkelten in seinem markanten Gesicht, und sein Mund war auch dann unglaublich sinnlich, wenn er die Lippen missbilligend zusammenpresste.

„Du wirst ihn nicht sehen können“, wiederholte er. „Das würde ihn nur durcheinanderbringen.“

„Er ist doch erst zwei“, entgegnete Isabella aufgebracht. „Wie sollte ihn das durcheinanderbringen?“

Adan atmete hörbar aus. „Du weißt doch überhaupt nichts über Rafik. Ich werde mir nicht von dir sagen lassen, was gut für meinen Sohn ist.“

„Für unseren Sohn!“ Sie stand auf und fügte hinzu: „Ich bin schließlich seine Mutter!“

„Du hast ihn zur Welt gebracht“, erwiderte Adan kühl. „Das allein macht noch keine Mutter aus dir.“

Isabella ballte die Hände zu Fäusten. Ihr Herz schlug wie verrückt, und die fast abgeklungene Migräne ließ es hinter ihren Schläfen pochen.

„Das ist mir klar.“

„Ach wirklich?“, fragte Adan aufgebracht. „Und seit wann, wenn ich fragen darf? Hast du daran gedacht, als du dein Baby allein im Haus deines Vaters zurückgelassen hast?“

Jedes seiner Worte traf sie wie ein Schlag ins Gesicht, doch sie musste Adan die Stirn bieten und sich nicht von seiner Wut und seiner Verachtung niederringen lassen. „Ich habe ihn allein gelassen?“, fragte sie. Warum, um alles in der Welt, hatte sie das getan? „Und du willst Rafik auch künftig seine Mutter vorenthalten, obwohl du mich wiedergefunden hast?“

„Er braucht dich nicht.“

Seine Worte versetzten Isabellas Herz einen schmerzhaften Stich. Doch sie ließ sich von seiner Wut nicht einschüchtern, sondern kam einen Schritt näher und sah Adan mit funkelnden Augen an. „Und was, verdammt noch mal, willst du dann von mir?“

„Das weißt du. Du hast es ja selbst gesagt.“

Plötzlich wurde ihr schwindelig, und vor ihren Augen schienen schwarze Punkte zu tanzen...

Autor

Melissa James
Melissa, in Sydney geboren und aufgewachsen, lebt heute zusammen mit ihrem Ehemann, drei sportverrückten Kindern, einem Dingo und einem Kaninchen an der Küste in einem ländlichen Vorort, nur eine Stunde nördlich der Sydney Harbor Bridge.
Die ehemalige Krankenschwester, Kellnerin, Parfüm/Schokolade-Verkäuferin (hmmm!) und Geschichtsstudentin ist an allem interessiert, was mit Historischem...
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