Texas Cattleman's Club: Zwischen Liebe und Intrige (8-teilige Serie)

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NUR EINE NACHT IST NICHT GENUG
Was für ein Körper - was für ein Mann! Kaum steht Mellie ihrem neuen Boss gegenüber, gehen die erotischen Phantasien mit ihr durch. Wie würden sich zarte Küsse von Case Baxter wohl auf ihrer nackten Haut anfühlen? Doch Mellie ruft sich zur Ordnung: Der reiche Rancher ist bekannt dafür, dass er sich nicht langfristig an eine Frau binden will. Und für eine Affäre mit ihm - so heiß sie auch sein mag - ist sich Mellie eindeutig zu schade!

HEIßE NÄCHTE - KALTER VERRAT?
Nolan Dane scheint genau der Richtige zu sein, um Raina nach einer furchtbaren Trennung den Glauben an die Männer zurückzugeben: Sein tiefes Lachen erregt sie, die zärtlichen Berührungen seiner Hände jagen ein wohliges Kribbeln über ihre Haut. Und bei jedem seiner verheißungsvollen Blicke flattern Hunderte von Schmetterlingen in ihrem Bauch. Endlich beginnt die Antiquitätenhändlerin wieder Vertrauen zu fassen.

EIN KUSS IM SCHNEE, EIN JA FÜR IMMER
Schon als Teenager hat Hadley für den aufregend attraktiven Rodeo-Star Liam Wade geschwärmt. Nun braucht er sie als Nanny für seine Nichte. Hadley ist hin- und hergerissen zwischen unwiderstehlicher Anziehung und Misstrauen, denn sie kennt Liams zweifelhaften Ruf als Playboy. Ganz bestimmt wird sie nicht die nächste seiner zahllosen Geliebten sein!

EINE WETTE AUS LIEBE?
Ein toller Körper, eine charmante Art und außerdem ein begabter Kinderarzt - Dr. Parker Reese ist wirklich ein Mann zum Dahinschmelzen! Doch nach einer demütigenden Erfahrung hat Krankenschwester Clare Connelly sich eins geschworen: Affären im Job sind für sie tabu. Kein Wunder, dass sie den hemmungslos flirtenden Parker meidet. Erst als sie gemeinsam das Leben eines Kindes retten, fängt sie an ihm zu vertrauen.

VERBOTENES VERLANGEN NACH DIR
Als Grace nach Jahren ihre Jugendliebe Kyle wiedersieht, sind alle Gefühle sofort zurück: Heiße Wut - und brennendes Verlangen nach seinen leidenschaftlichen Küssen. Aber sie sollte ihm besser aus dem Weg gehen, wenn sie sich nicht erneut das Herz brechen lassen will. Nur leider ist sie als Sozialarbeiterin für seine kleinen Zwillingstöchter zuständig. Und als sein Babysitter ausfällt, muss Grace den sexy Singledad auch noch zu Hause unterstützen.

DIE LEIDENSCHAFTLICHE RACHE DES SCHEICHS
Nur ein hemmungsloser One-Night-Stand im Hotel? Scheich Rafiq kann die geheimnisvolle Fremde einfach nicht vergessen. Mit ihr hatte er den besten Sex seines Lebens! Dabei ist er nach Texas gekommen, um sich an seinem Erzfeind Mac zu rächen. Unter einem Vorwand sucht er diesen auf und trifft überraschend auch die Fremde wieder: Sie ist ausgerechnet Macs Schwester Violet!

AM ENDE TRIUMPHIERT DIE LIEBE
Nasira muss ihren Ehemann verlassen. So liebevoll Sebastian in der Nacht ist, so kühl und abweisend gibt er sich am Tag. Dieses Leben hält sie nicht mehr aus! Nasira flieht vor der Kälte in ihrer Ehe. Sie rechnet nicht damit, dass Sebastian ihr folgt und dass die körperliche Anziehung zwischen ihnen ungebrochen ist. Wenn er sie nur berührt, jagen ihr Schauder der Lust über den Körper.

EIN HÖCHST EROTISCHES ANGEBOT
"Ich möchte endlich mein eigenes Leben führen!" Seit sechs Jahren ist Andrea die Assistentin von Tycoon David "Mac" McCallum. Und genauso lange träumt sie schon von seinen Lippen auf ihrer Haut. Aber ihr Boss ist viel zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt, um sie als Frau wahrzunehmen. Andrea muss kündigen, damit sie endlich von ihm loskommt und einen Mann finden kann, der ihre Liebe erwidert.


  • Erscheinungstag 06.08.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719203
  • Seitenanzahl 1040
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Janice Maynard, Yvonne Lindsay, Cat Schield, Michelle Celmer, Kat Cantrell, Sarah M. Anderson, Kristi Gold, Maureen Child

Texas Cattleman's Club: Zwischen Liebe und Intrige (8-teilige Serie)

IMPRESSUM

Nur eine Nacht ist nicht genug erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2015 by Harlequin Books S. A.
Originaltitel: „Courting the Cowboy Boss“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA
Band 2005 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Roswitha Enright

Umschlagsmotive: 9783733716813_GettyImages_Ukrtime, Vasyl Dolmatov

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733716813

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

„Auf unseren neuen Präsidenten!“

Drei der vier Männer hoben ihre Gläser und grinsten Case Baxter an, der lachend abwehrte. „Danke, Jungs. Nett von euch.“

Mac McCallum schob sich das letzte Stück Steak in den Mund und wischte sich die Lippen ab. „Ehrlich, Mann. Was hast du dir nur dabei gedacht? Genau wie wir steckst du doch bis zum Hals in Arbeit. Und der Job als Präsident des Texas Cattleman’s Club lässt sich nicht so nebenbei erledigen.“

Mac war Inhaber und Geschäftsführer von McCallum Energy und wusste wie jeder andere hier am Tisch, dass Erfolg auch seine Schattenseiten hatte. Allerdings wirkte er mit seinem herzhaften Lachen immer so, als könne ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Obwohl das Restaurant in dem ehrwürdigen Clubhaus elegant eingerichtet war, waren die meisten Gäste bodenständige Männer wie Mac und Case. Durch harte, auch körperliche Arbeit waren sie zu Reichtum gekommen, und sie gaben sich selbstbewusst und durch nichts zu erschüttern.

„Ich weiß, was du damit sagen willst“, meinte Case. „Und du hast vollkommen recht. Aber als mich das Wahlkomitee fragte, ob ich mich nicht aufstellen lassen will, musste ich an meinen Urgroßvater denken. Er würde sich freuen. Und es ist ja auch eine Ehre.“

„Keine Frage.“ Jeff Hartley schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zurück. „Aber falls du nicht auf irgendeine magische Weise den Vierunddreißig-Stunden-Tag erfinden kannst, weiß ich nicht, wie du das schaffen willst.“

Jeff gehörte die Hartley Cattle Ranch, und er wusste genau, wovon er sprach. Früh aufstehen und spät zu Bett gehen war für ihn normal.

Case hatte das unbehagliche Gefühl, dass seine Freunde nicht übertrieben. Doch seine Familie lebte schon seit Generationen in Royal, dieser kleinen texanischen Stadt. Und ihr Motto war immer gewesen, dem Gemeinwesen zu dienen und die eigenen Wünsche hintenanzustellen. Deshalb hatte er einfach nicht Nein sagen können, als das Komitee ihn aufforderte. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, tatsächlich gewählt zu werden. Denn die anderen beiden Kandidaten waren älter als er und seiner Meinung nach viel besser geeignet.

Zu spät. Er kam aus der Sache nicht mehr heraus. „Ich rechne stark damit, dass ihr mich bei dem Job unterstützt.“ Lächelnd sah er seine Freunde der Reihe nach an.

Parker Reese schüttelte den Kopf. „Auf mich brauchst du nicht zu zählen. Ich bin Arzt und kein Rancher. Ich kann deinem Baby bei einer Kolik helfen. Aber von Vieh verstehe ich nicht mehr, als dass man einem Stier nicht mit einem roten Tuch vor der Nase herumwedeln darf.“

Alle lachten, und Case musste daran denken, wie viel sich in den letzten Jahren geändert hatte. Erst seit Kurzem wurden auch Frauen als Vollmitglieder in den ehrwürdigen TCC aufgenommen. Tja, andere Zeiten …

Er sah Mac fragend an. „Ich dachte, dass Liam auch zum Lunch kommt.“

Liam Wade war Macs bester Freund und sein wichtigster Investor.

„Letzte Woche hat er drei Pferde gekauft. Sie sollen heute ankommen.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Ihr wisst ja, wie er ist.“

Alle nickten. Pferde und Frauen, das waren Liams Lieblingsbeschäftigungen.

Doch Mac war nicht so schnell von dem alten Thema abzubringen. „Hey, Case, du hast uns noch nicht verraten, wie du in Zukunft mit all der zusätzlichen Arbeit fertigwerden willst.“

„Wieso? Gil Anderson hat schließlich Frau und Sohn und war trotzdem ein sehr guter Präsident. Ich bin glücklicherweise Single.“

Mac grinste. „Ja, Gil … unser Supermann. Da musst du noch ganz schön zulegen, Case.“

„Danke für dein Vertrauen.“

„Na, na.“ Parker hob besänftigend die Hand. „Wir wissen doch, dass du Herausforderungen liebst, Case. Lass dich nicht irremachen. Du schaffst das, da bin ich ganz sicher.“

„Danke.“ Case hatte großen Respekt vor dem Kinderarzt Dr. Parker Reese. Ganz Royal war froh, einen solchen Experten am städtischen Krankenhaus zu haben.

Doch auch Jeff machte es Spaß, Case ein bisschen zu reizen. „Leider habe ich nicht so viel Vertrauen in deine Fähigkeiten wie Parker.“ Er schmunzelte. „Schließlich war ich schon mal bei dir zu Hause. Ein einziges Chaos! Man konnte kaum die Fernbedienung für den Fernseher finden. Wenn wir nicht gerade eine Dürreperiode hätten, würde ich sagen, man sollte das Haus niederbrennen.“

Case wurde rot. Er war kein Organisationstalent, das stimmte. „Ich weiß, dass da etwas geschehen muss. Und ich habe auch schon einen Plan.“

„Los! Erzähl!“ Alle sahen ihn gespannt an.

„Ich werde eine Haushälterin einstellen.“

Die drei Männer starrten ihn an. Mac fasste sich als Erster. „Aber dir ist klar, dass sie dazu ins Haus kommen muss.“

„Sehr witzig!“ Case richtete sich auf. „Ich muss jetzt den TCC leiten und deshalb bereit sein, Kompromisse zu machen.“

„Aha.“ Jeff schüttelte verblüfft den Kopf. „Aber was wird dann aus deiner eisernen Lebensregel, keine Frau in deine Männerhöhle zu lassen?“

„Mit Ausnahme einer Verwandten“, fügte Parker hinzu. „Bist du mit der Haushälterin verwandt?“

Über die Reaktion seiner Freunde durfte Case sich nicht wundern. Er war dafür bekannt, dass er keine Frauen, auch nicht die, mit denen er eine Affäre hatte, in sein Haus ließ.

„Wieso? Ich mache die Regeln, also kann ich sie auch ändern. Die Frau wird meine Angestellte sein. Sie kann, muss aber nicht mit mir verwandt sein. Schließlich suche ich keine Ehefrau, sondern eine Haushälterin.“ Er sah seine Freunde drohend an. „Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, das könnt ihr mir glauben.“

Alle wussten von seiner unglücklichen Ehe. Er hatte sich in die Buchhalterin der Familienfirma verliebt und sie geheiratet. Nur um nach kurzer Zeit herauszufinden, dass sie sein Geld mit vollen Händen ausgab.

„Wir glauben dir ja auch“, meinte Jeff begütigend. „Und du musst selbst wissen, was du tust. Außerdem war der Präsidentenjob nur nach dem Tornado im letzten Jahr so aufreibend. Jetzt ist alles wieder einfacher. Du machst das bestimmt gut.“

Der Tornado … ja, der hatte Royal und Umgebung sehr mitgenommen. Und ohne die Hilfsbereitschaft der Mitglieder des TCC wäre die Stadt nicht so schnell wieder auf die Beine gekommen. Allerdings war noch einiges zu tun, da machte sich Case als neuer Präsident nichts vor.

„Okay“, meldete Jeff sich erneut zu Wort. „Wenn wir Case jetzt genügend eingeheizt haben, können wir uns ja auch mal einem anderen Thema zuwenden. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich bin ehrlich beunruhigt, dass so viele Rancher in der letzten Zeit ihr Land verkauft haben. Und was mich misstrauisch macht: alle an ein und denselben Käufer. Findet ihr das nicht seltsam?“

„Eigentlich nicht.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Viele Rancher hatten nach dem Tornado nicht das Geld, ihre Häuser wieder aufzubauen. Für ihr Land sollen sie einen guten Preis bekommen haben. Und jetzt haben sie die Chance, woanders neu anzufangen.“

Parker runzelte die Stirn. „Davon habe ich noch gar nichts gehört.“

Case nickte. „Ich schon. Diesen Nolan Dane kennt ihr doch noch von früher, oder? Er ist wieder in der Stadt und kauft das Land im Auftrag der Samson Oil auf. Das verstehe ich allerdings nicht. Warum ist eine Ölgesellschaft an Farmland interessiert? Zumal es sich um Land handelt, das schon vor vielen Jahren auf mögliche Ölvorkommen überprüft worden ist. Ohne Erfolg.“

„Aber jetzt gibt es doch ganz neue Techniken, Öl zu fördern, wie Fracking und so. Vielleicht verspricht man sich davon mehr“, warf Mac ein.

„Das glaube ich nicht. Da steckt etwas anderes dahinter.“ Jeff schüttelte den Kopf. „Nolan ist vielleicht ganz in Ordnung, aber Rechtsanwälten gegenüber bin ich generell misstrauisch.“

„Auf keinen Fall sollten wir ihn vorverurteilen“, meinte Parker. „Zumindest nicht, solange ordentliche Preise bezahlt werden. Case hat in seiner neuen Position jetzt die Möglichkeit, die Sache im Auge zu behalten.“

„Das werde ich.“ Case blickte auf seine Armbanduhr. „Apropos meine neue Position. In einer Dreiviertelstunde treffe ich mich mit meiner neuen Haushälterin.“

„Na, da bin ich mal gespannt.“ Parker schmunzelte. „Vor allem, ob Case letzten Endes in seinem Haus weiterhin das Sagen hat. Er will sich doch bestimmt sein sorgfältig arrangiertes Chaos erhalten.“

Mac grinste breit. „Das wird ihm nicht gelingen. Egal wie alt, Frauen sind nie zufrieden, bevor sie nicht alles nach ihrem Geschmack umgestaltet haben.“

Case stand auf. „Ich bin Präsident einer Organisation, deren Mitglieder seit Generationen die Stadt geführt haben. Da werde ich doch wohl noch mit einer Haushälterin fertigwerden.“

Auch die anderen erhoben sich. Mac schüttelte Case die Hand. „Klar. Auf meine Unterstützung kannst du immer zählen.“

Parker legte zackig die Hand an die Schläfe. „Melde mich zum Dienst, Sir!“

Jeff verneigte sich. „Mi casa es su casa – falls du mal irgendwo unterschlüpfen willst.“

Case lachte. „Ich danke euch, Freunde.“

Er winkte zum Abschied, und als er über den Parkplatz zu seinem Auto ging, dachte er daran, wie viel Glück er im Leben hatte. Er besaß Land, das er liebte, hatte viele Freunde und die Unterstützung der wichtigsten Clubmitglieder. Wenn es jetzt auch noch mit der Haushälterin klappte, dann hatte er sein Leben gut im Griff.

Während der Fahrt in Richtung Ranchhaus sah Mellie Winslow sich neugierig um. Felder, Weiden und Zäune der B Hive Ranch waren in fabelhaftem Zustand. So weit sie sehen konnte, graste gut genährtes Vieh auf den grünen Hängen. Case Baxters Ranch war offenbar perfekt in Schuss und finanziell erfolgreich.

Auch Mellies kleine Reinigungsfirma Keep N Clean lief gut. Aber verglichen mit diesem riesigen landwirtschaftlichen Unternehmen waren ihre Umsätze natürlich nur Peanuts. Case Baxter musste viel zu tun haben. Kein Wunder, dass er eine Haushälterin suchte. Und wenn sie den Job bekam, wäre das eine fantastische Werbung für ihre Firma.

Als sie schließlich vor dem alten Ranchhaus hielt, das schon mehrere Generationen Baxters beherbergt hatte, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf: Es machte den Eindruck, als würde Vieh und Land mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Haus. Es sah zwar nicht gerade heruntergekommen aus, aber der weiße zweistöckige Bau mit den blauen Fensterläden wirkte doch ein wenig vernachlässigt. Die Veranda rund ums Haus war beeindruckend, aber es fehlten die Farben. Es gab keine leuchtend bunten Kissen auf den Sitzschaukeln, keine Blumenrabatten rund um das Haus.

Sicher, jeder in Royal wusste, dass Case’ Eltern jung gestorben waren. Er war das einzige Kind. Und unwillkürlich ging Mellie durch den Kopf, wie traurig es wäre, wenn der Besitz in fremde Hände käme. Das war durchaus eine Möglichkeit, denn nach seiner traumatischen ersten Ehe hatte Case bisher keine Anstalten gemacht, eine Familie zu gründen.

Mellie atmete ein paarmal tief durch. Kein Grund, nervös zu sein, versuchte sie sich zu beruhigen. In den sieben Jahren des Bestehens ihrer Firma hatte sie mit manch reichem Rancher und anderen einflussreichen Persönlichkeiten zu tun gehabt. Bisher hatte sie Case Baxter nur hin und wieder im Vorbeigehen gesehen. Das würde sich jetzt wohl ändern …

Sie hängte sich ihre Tasche über die Schulter und griff nach der grünblauen Informationsmappe, die sie jedem Interessenten in die Hand drückte. Mit wenigen Schritten stand sie vor der Haustür. Zu ihrer Überraschung öffnete der Hausherr auf ihr Klopfen hin selbst die Tür.

Case Baxter, groß und schlank, blaue Augen, dunkelbraunes Haar.

Er begrüßte sie lächelnd, blieb aber in der Tür stehen. „Ich bin Case Baxter. Und Sie kommen sicher wegen der Stelle als Haushälterin?“

Mellie nickte und ergriff die dargebotene Hand. Seine warmen Finger drückten leicht zu. Wow! Er sah ja noch besser aus als auf dem Foto in der Zeitung. Der kurze akkurate Haarschnitt stand im Gegensatz zu dem leicht unrasierten Kinn. Der dunkle Bartschatten gab ihm etwas Verwegenes, aber das war heutzutage nichts Besonderes.

Und doch klopfte ihr Herz schneller.

Er sah so aus, wie man sich einen typischen Texaner vorstellte – braun gebrannt, enge ausgeblichene Jeans, abgeschabte, aber teure Lederstiefel. Dazu trug er ein kariertes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine große moderne Armbanduhr.

„Ich bin Mellie Winslow, die Inhaberin von Keep N Clean.“

Zu ihrer Überraschung runzelte Case die Stirn. Immer noch bat er sie nicht herein.

„Ich dachte, meine neue Haushälterin wollte sich heute vorstellen.“

„So ist es. Tatsache ist, dass mein Unternehmen so gut läuft, dass alle meine Angestellten beschäftigt sind. Und als dann Ihre Anfrage kam, entschloss ich mich, den Job selbst zu übernehmen.“

„Warum?“

Eine verständliche Frage. Ehrlichkeit währt am längsten, dachte Mellie. „Darf ich hereinkommen? Damit wir darüber sprechen können?“

„Warum nicht.“ Er führte sie in das angrenzende Esszimmer. Der große Tisch war fast gänzlich mit Papierstapeln bedeckt, und auf den freien Flächen lag Staub.

„Setzen Sie sich. Sie sehen selbst, dass hier dringend Ordnung geschaffen werden muss.“

Mellie setzte sich und schob Case die Mappe über den Tisch zu. „Darin sind Dienste und Kosten aufgelistet. Sie fragten, warum ich den Auftrag selbst übernehmen möchte. Wie ich schon sagte, meine Mitarbeiter sind ausgebucht. Aber um ehrlich zu sein möchte ich mir die Chance, den Präsidenten des Texas Cattleman’s Club als Kunden zu gewinnen, nicht entgehen lassen. Das ist einfach eine unbezahlbare Werbung für mein Unternehmen.“

„Vorausgesetzt, Sie sind so gut, wie Sie behaupten.“ Er öffnete die Mappe und überflog die Preisliste und die Danksagungen zufriedener Kunden.

Mellie schluckte ihre Empörung herunter. „Ich arbeite hart und sorgfältig. Außerdem muss man mir nicht ständig sagen, was zu tun ist. Einmal genügt. Sobald ich Bescheid weiß, bin ich Ihnen nicht mehr im Weg.“

Case lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Mellie schweigend an.

Das kann ich auch. Wenn er glaubte, sie dadurch zu verunsichern, hatte er sich geschnitten.

Doch schließlich zuckte er nur kurz mit den Schultern und lächelte. „Ihr Stundenlohn scheint mir gerechtfertigt. Aber wie wollen Sie Ihre Firma managen und gleichzeitig mein Haus in Ordnung bringen?“

„Wieso? So ähnlich wie Sie Ihre Ranch managen und gleichzeitig dafür sorgen, dass im TCC Ordnung herrscht.“

Mist! Das war vielleicht etwas zu forsch gewesen. Warum konnte sie auch ihren Mund nicht halten? Ganz sicher war das nicht der richtige Weg, wichtige Kunden zu gewinnen.

Glücklicherweise hatte Case Baxter Humor. Er lachte, und seine blauen Augen leuchteten.

„Gut gekontert!“ Doch dann beugte er sich vor und trommelte mit den Fingern leicht auf die Tischplatte, als läge ihm noch etwas auf der Seele.

Mellie sah ihn fragend an. „Haben Sie vielleicht mit irgendeinem anderen Reinigungsdienst schlechte Erfahrungen gemacht? Dann sagen Sie es mir, damit wir die Fehler vermeiden können.“

„Nein, das ist es nicht.“ Kurz biss er die Zähne zusammen, als quälte ihn irgendeine unangenehme Erinnerung. „Ich mag eigentlich keine Fremden in meinem Haus. Ich liebe meine Privatsphäre.“

„Das kann ich gut verstehen. Wenn Sie möchten, kann ich immer dann kommen, wenn Sie außer Haus sind. Aber vielleicht wollen Sie gerade das nicht. Dann arbeite ich, wenn Sie daheim sind. Wie Sie wünschen. Wie wäre es, wenn wir es einen Monat ausprobieren? Wenn Sie dann mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind oder einfach genervt, dass eine Fremde regelmäßig ins Haus kommt, lösen wir den Vertrag.“

„So, so. Mir ist klar, warum Ihre Firma gut läuft“, meinte er schmunzelnd. „Es ist schwer, Ihnen etwas abzuschlagen.“

Mellie wurde rot. „Ich weiß, ich bin ehrgeizig. Aber jemand wie Sie hat dafür bestimmt Verständnis. Ich bin sicher, Sie werden es nicht bereuen, Mr. Baxter, sondern sich fragen, warum Sie Keep N Clean nicht schon eher engagiert haben.“

„Möglich. Aber ich will offen zu Ihnen sein. Mit Aufräumen und Putzen ist es nicht getan. Ich brauche jemanden, der mein häusliches Leben organisiert.“

Das hörte Mellie nicht zum ersten Mal. Und sie liebte es, einen ganzen Haushalt auf Vordermann zu bringen und dafür zu sorgen, dass ihren Arbeitgebern mehr Zeit für die Familie und das Privatleben blieb. Aber würde gerade Case Baxter so etwas wollen?

Als sie zögerte, kniff er leicht die Augen zusammen. „Ist das zu viel verlangt?“

„Nein, nein … überhaupt nicht. Aber Sie erwähnten, dass Ihnen Ihre Privatsphäre sehr wichtig sei. Da muss ich ganz genau wissen, wo Sie die Grenzen ziehen.“

„Zum Beispiel?“

Sein amüsiertes Lächeln brachte sie kurz aus der Fassung. Plötzlich musste sie an zerwühlte Bettlaken denken und überlegte sich, ob Case Baxter knappe Slips oder Boxershorts trug … Doch dann hatte sie sich wieder gefangen. „Ich meine, es gibt viele Möglichkeiten, einen Haushalt zu organisieren. Von einer wohlgeordneten Sockenschublade bis hin zu einer makellosen Küche, in der sogar die Gewürze nach Alphabet sortiert sind.“

Wieder dieses sexy Lachen. „Ich denke, da werden wir schon irgendeinen Mittelweg finden.“

„Heißt das, dass Sie es mit mir versuchen wollen?“ Ihr Herz schlug schneller. Bisher hatte sie nie Schwierigkeiten gehabt, Arbeit und Vergnügen auseinanderzuhalten. Aber bei diesem Mann musste sie auf der Hut sein. Er hatte ihr zwar keine Veranlassung gegeben zu glauben, dass er an ihr als Frau interessiert sein könnte, aber dennoch …

Er nickte. „Ja. Wir werden sehen, wie wir miteinander auskommen. Und falls einer Ihrer Mitarbeiter später Zeit hat zu übernehmen, dann hätte ich dafür volles Verständnis.“

„Soll das heißen, dass Sie mich nicht wollen?“

Du liebe Güte! Mellie wurde rot. Wieso habe ich das nur gesagt?

2. KAPITEL

Case zuckte zusammen, heiße Erregung durchlief seinen Körper. Obwohl er fast sicher war, dass Mellie Winslow mit ihrer Frage nichts hatte andeuten wollen, reagierte er ganz automatisch. Wie auch nicht, wenn sexuelle Spannung die Luft beinahe zum Knistern brachte und ihm eine schöne junge Frau gegenübersaß.

Überrascht von seiner eigenen Reaktion war Case kurz davor, alles wieder abzublasen. Vielleicht sollte er lieber keine Haushälterin einstellen, vor allem keine, die aussah wie Mellie. Denn er hatte eine Vorliebe für Rothaarige mit grünen Augen und einem hellen Teint, ganz genau wie Mellies zarte Haut …

Obwohl sie bestimmt hart körperlich arbeitete, war sie schlank, aber nicht knochig. Die roten Locken hatte sie hochgebunden. Ihre Haare schimmerten verführerisch im hellen Sonnenlicht, das durch die großen Fenster fiel. Er sollte sie loswerden, und zwar sofort …

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie nicht will? Mache ich Sie nervös, Miss Winslow?“

Sie rümpfte die kleine gerade Nase. „Vielleicht ein bisschen. Aber das gibt sich.“

„Gut. Ich werde es mir merken.“ Er tippte auf einen Stapel Umschläge. „Die Probezeit gilt für beide Seiten. Vielleicht sind Sie entsetzt, wie unordentlich ich bin, und rennen nach dem ersten Tag schreiend davon.“

Mellie schüttelte lächelnd den Kopf. „Auf keinen Fall. Da bin ich anderes gewohnt, das können Sie mir glauben.“

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sich die sexuelle Spannung nicht einbildete. Vielleicht merkte Mellie nichts, er dagegen umso mehr. Mit seinen sechsunddreißig Jahren hatte er eben mehr Erfahrung in solchen Dingen als diese junge Frau, die bestimmt noch gut unter dreißig war.

„Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“ Er blickte auf seine Uhr. „Tut mir leid, wir müssen zum Ende kommen. Ich habe noch eine Verabredung in der Stadt. Wie wäre es, wenn Sie Donnerstagmorgen anfangen? Ich schreibe auf, was Sie als Erstes in Angriff nehmen sollten. Einverstanden?“

Mellie stand auf. „Vollkommen. Danke, Mr. Baxter. Bis bald.“

„Sagen Sie Case zu mir.“

„Und ich bin für Sie Mellie.“

Case stand am Fenster und beobachtete, wie seine neue Haushälterin wegfuhr. Obwohl ihm klar war, dass mit seinem häuslichen Chaos dringend etwas geschehen musste, hatte er das Gefühl, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen.

Er fand Mellie Winslow ausgesprochen attraktiv, und das hätte ihn sofort warnen sollen. Schließlich hatte er sich schon einmal in eine Angestellte verliebt, was eine teure Scheidung und ein ziemlich geschrumpftes Bankkonto zur Folge gehabt hatte. Seitdem hatte er keine längere Beziehung mehr geführt.

Ob es damit zusammenhing, dass er so gut wie ohne Frauen aufgewachsen war? Seine Mutter war früh gestorben, er hatte keine Schwestern. Die einzigen weiblichen Verwandten waren zwei Cousinen, die in Kalifornien lebten und die er, wenn überhaupt, höchstens einmal in zehn Jahren sah. Sex mit Frauen war toll. Vielleicht war sogar eine normale Freundschaft zwischen Männern und Frauen möglich. Aber Frauen einzuschätzen, fiel ihm schwer.

Als Case auf den Parkplatz des Royal Diner einbog, fiel ihm gleich der große SUV des Sheriffs auf. Also war Nathan Battle bereits da.

Case trat ein und sah sich im Raum um. Nathan saß an einem Tisch in der Ecke, trank Kaffee und flirtete mit seiner Frau Amanda, der das Lokal gehörte.

Case nahm den Stetson ab und klemmte ihn sich unter den Arm. „Hallo, Amanda, hallo, Sheriff.“ Er schüttelte Nathan die Hand und setzte sich ihm gegenüber.

Amanda trat lächelnd auf ihn zu. „Herzlichen Glückwunsch! Ich habe gerade gehört, dass du der neue Präsident des TCC bist.“

„Danke.“ Case sah zu ihr hoch. Amanda und Nathan kannten sich schon von der Schule her, hatten sich getrennt und später wiedergefunden. Case beneidete sie um ihre selbstverständliche und liebevolle Nähe, die in jedem Blick spürbar war.

Amanda küsste Nathan auf die Wange. „Viel Spaß. Ich muss mich leider um eine verloren gegangene Sendung kümmern. Helen wird eure Bestellungen aufnehmen. Bis nachher.“

Helen kam und eilte dann mit ihren Wünschen in die Küche. Case lehnte sich leise seufzend zurück. Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich. Für ihn war es selbstverständlich, genauso hart zu arbeiten wie seine Leute.

Nathan trank aus und bestellte sich gleich noch einen Kaffee. Dann blickte er Case aufmerksam an. „Was gibt’s denn? Am Telefon hörtest du dich so geheimnisvoll an.“

„Ja? Das war keine Absicht. Ich wollte dich nur bitten, dir die Katastrophenpläne und Sicherheitsanweisungen anzusehen, die der TCC erarbeitet hat. Der Tornado vom letzten Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, auf alles vorbereitet zu sein.“

„Mach ich gern. Sag mir, wann es dir passt.“

„Danke. Ich maile dir den Termin.“

Sie sprachen über dies und das, und erst nach einer halben Stunde kam Case mit dem heraus, was er Nathan eigentlich hatte fragen wollen. „Kennst du Keep N Clean?“

„Du meinst, die Firma von Mellie Winslow?“

„Ja.“

„Darüber habe ich nur Gutes gehört. Hin und wieder hat Amanda sie hier im Diner eingesetzt. Und ich kenne eine Reihe von Leuten, die mit der Firma sehr zufrieden sind. Warum fragst du?“

„Meine ehemalige Haushälterin ist vor acht Monaten in Rente gegangen und nach Florida umgezogen. Ich brauche dringend Ersatz, vor allem seit durch den TCC noch mehr Arbeit auf mich zukommt. Aber ich bin auch viel auf der Ranch unterwegs. Die Vorstellung, jemand Fremden im Haus zu haben, behagt mir gar nicht.“

„Ich bin sicher, dass Mellies Mitarbeiter wissen, wie sie sich darauf einstellen müssen. Zumindest habe ich noch von keinen Beschwerden gehört.“

„Und wie ist es mit Mellie selbst? Da ihre Leute voll ausgelastet sind, bot sie an, den Job selbst zu übernehmen.“

Nathan zog überrascht die Augenbrauen hoch. Er wusste natürlich über Case’ kurze, spektakulär gescheiterte Ehe Bescheid. Es war kein Geheimnis, aber es war Case peinlich. Heute war ihm klar, dass er damals nur mit gewissen Körperpartien, aber nicht mit dem Kopf gedacht hatte. Das Ergebnis war ihm eine Lehre gewesen.

„Fragst du mich das als Boss oder als Mann?“, wollte Nathan wissen.

„Was meinst du damit?“

„Na ja, Mellie Winslow ist nicht nur eine gute Geschäftsfrau, sie sieht außerdem fantastisch aus. Sie ist ungebunden, intelligent und hat Humor. Jeder Mann würde sich nach ihr die Finger ablecken.“

„Verdammt noch mal, Nathan!“ Case nahm einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast an dem heißen Gebräu. „Warum glauben meine verheirateten Freunde nur immer, sie müssten mich unbedingt verkuppeln?“

Nathan grinste. „Wie oft hattest du im letzten Monat Sex?“

Case blickte in seinen Kaffeebecher. „Nicht jeder hat so viel Glück mit seiner Ehe“, murmelte er vor sich hin. „Amanda ist ja auch ein Schatz.“

„Genauso wie Mellie. Vorurteile solltest du nicht haben. Und um es deutlich zu sagen, ich spreche hier von der Geschäftsfrau Mellie. Du kannst ihr vertrauen, wenn es das ist, was du wissen wolltest. Ganz sicher klaut sie nicht dein Silber oder verschwindet mit einem Picasso.“

Case’ Eltern hatten Kunst gesammelt. Wenn auch nicht gerade ein Picasso darunter war, so hatten sie es doch zu einer ausgesuchten Gemäldegalerie gebracht.

„Gut zu wissen. Sie machte einen ehrlichen Eindruck, aber es ist immer besser, noch eine andere Meinung zu hören. Gibt’s noch was?“ Als Nathan kurz die Stirn runzelte, hakte Case nach: „Was ist es? Spuck’s aus!“

„Ich dachte gerade an Mellies Vater. Vor dem musst du dich in Acht nehmen. Er ist ein Säufer und ein ziemlich übler Kerl. Mellie gezeugt zu haben, ist das einzig Positive, das man ihm nachsagen kann. Mehrmals im Jahr muss ich ihn wegen öffentlicher Ruhestörung verhaften.“

„Und Mellie unterstützt ihn?“

„Nein. Er lebt von den Pachteinnahmen diverser Grundstücke, die seit Generationen im Besitz der Winslows sind. Dazu gehört übrigens auch das Land, auf dem unser Clubhaus steht. Früher hat Mellie in der Verwaltung von Winslow Properties mitgearbeitet. Aber dann hat sie ihr eigenes Unternehmen gegründet, um möglichst wenig mit ihrem Vater zu tun zu haben.“

„Und was ist mit der Mutter?“

„Die ist schon vor vielen Jahren gestorben. Sie hat Mellie wohl ein kleines Erbteil hinterlassen, sodass sie ihre eigene Firma aufmachen konnte. Ursprünglich gehörten die Winslows zu den reichen Familien des Ortes. Aber der Vater hat schon so gut wie alles durchgebracht. Mit Alkohol und Glücksspiel.“

„Ich bin froh, dass du mir das erzählt hast. Noch etwas ganz anderes: Was weißt du über Samson Oil und deren Verbindung zu Nolan Dane? Man hat mir gesagt, dass er für die Ölfirma Land aufkauft.“

Nathan nickte. „Das habe ich auch gehört. Dane ist eigentlich ein ordentlicher Mann. Und er stammt aus Royal. Also gehe ich davon aus, dass man ihm vertrauen kann. Samson Oil dagegen ist ziemlich unbekannt. Kaum einer weiß etwas über dieses Unternehmen.“

„Meinst du, du kannst ein Auge auf Nolan und seine Verbindung zu Samson Oil haben?“ Case sah seinen Freund fragend an. „Irgendetwas an der Sache kommt mir komisch vor.“

Donnerstagmorgen ging Case ruhelos in der großen Diele auf und ab. Immer wieder war er kurz davor gewesen, Mellie anzurufen und die ganze Sache abzublasen. Dann hatte er es aber doch sein gelassen. Denn ihm fiel kein einziger vernünftiger Grund ein. Sie hätte ihn für verrückt erklärt.

Dass ihm seine Privatsphäre heilig war, war eine Sache. Wenn er jedoch allen Frauen für immer den Zugang zu seinem Haus verwehrte, würde er irgendwann als verbitterter alter Mann enden, der zwar viel Geld auf der Bank hatte, aber ein freudloses einsames Leben führte. Leider waren Gewohnheiten schwer abzulegen …

Fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit klopfte Mellie an die Tür.

Okay, pünktlich war sie. Case öffnete die Tür und trat wie geblendet einen Schritt zurück.

Vielleicht lag es an der hellen Morgensonne, aber sehr viel wahrscheinlicher war es eine Reaktion auf Mellies Anblick. Sie lächelte ihn freundlich an und sah in ihrer Arbeitskleidung zum Anbeißen aus. Zu knielangen dunkelblauen Shorts trug sie ein gleichfarbenes Polohemd mit hellgrünen Paspeln sowie dunkelblaue Segeltuchschuhe mit hellgrünen Schnürsenkeln. Auf der Brusttasche des Polohemds war der Name ihrer Firma eingestickt.

Nicht dass er ihr auf die Brust geschaut hätte …

Schnell löste er den Blick von ihr und räusperte sich. „Äh … guten Morgen. Bitte kommen Sie herein. Ich habe einen Eistee im Kühlschrank.“

„Danke.“

Mellie trat ein, stellte ihre Tasche mit Putzmitteln im Flur ab und folgte ihm in die Küche. Sie setzte sich an den Küchentisch und schlug die langen Beine übereinander. Case trat der Schweiß auf die Stirn. Schnell wandte er sich um, nahm die Karaffe mit dem Tee aus dem Kühlschrank und setzte sich Mellie gegenüber.

Er schenkte ihr ein und reichte ihr dann ein Blatt Papier. „Auf diese Punkte kommt es mir besonders an. Aber ich bin sicher, Ihnen fällt noch so einiges auf, was erledigt werden muss.“

Sie überflog die Liste. Was für lange Wimpern sie hat, dachte Case. Dann hob sie den Blick.

„Das sieht gut aus. Wenn es Ihnen recht ist, arbeite ich in den nächsten zwei Wochen ganztags, um einmal alles gründlich zu reinigen und eine gewisse Ordnung hineinzubringen. Danach können wir uns darüber unterhalten, wie häufig ich kommen soll.“

Erst nach ein paar Sekunden wurde Case klar, dass sie auf eine Antwort wartete. Er hatte leider an etwas völlig anderes gedacht, was allerdings durchaus mit Mellie zu tun hatte. Vielleicht hatte Nathan recht, und er musste unbedingt mal wieder Sex haben.

„Ja … äh, einverstanden. Ich habe übrigens neulich Nathan im Diner getroffen. Der Sheriff hat Sie und Ihre Firma sehr gelobt. Er meinte, dass man Ihnen unbedingt vertrauen kann.“

Sie runzelte die Stirn. „Sie haben Informationen über mich eingeholt?“

„Nein, nicht so“, sagte er hastig. „Wir kamen im Gespräch darauf. Sie können es mir ja nicht vorwerfen, dass ich ihn fragte, ob er Ihre Firma kennt.“

Abrupt stand sie auf und sah ihn kalt an. „In der Mappe, die ich Ihnen da gelassen hatte, finden Sie mindestens sechs Referenzen. Jede einzelne hätte Ihnen gesagt, wie zufrieden man mit mir war. Dazu hätten Sie nun wirklich nicht den Sheriff bemühen müssen, Mr. Baxter.“

Verblüfft sah er sie an. „Habe ich Sie beleidigt?“

Sie warf ihm die Liste wieder zu. „Wenn Sie mich ständig überwachen wollen, um sicher zu sein, dass ich Ihren Safe nicht ausräume oder ein kostbares Gemälde mitgehen lasse, dann kann es mit uns nicht klappen. Auf Wiedersehen, Mr. Baxter.“ Damit drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten in Richtung Tür.

„Warten Sie!“ Hastig sprang er auf und lief hinter ihr her. „So warten Sie doch, Mellie!“ Er erreichte sie, als sie sich im Flur die Tasche mit den Putzmitteln umhängte. „Bitte bleiben Sie. Wir haben doch eine Probezeit verabredet.“

„Die ist vorbei!“, fuhr sie ihn an und wollte sich umdrehen.

Doch er hielt sie am Arm fest. „Nein, tut mir leid.“ Er lächelte, um ihr zu zeigen, dass er einen Scherz machte: „Wenn Sie jetzt gehen, werden Sie vertragsbrüchig. Das ist Ihnen doch wohl klar.“

Aber Mellie Winslow war offensichtlich nicht nach Scherzen zumute. Wütend entzog sie ihm den Arm.

„Ich bin stolz auf mein kleines Unternehmen. Nie gab es auch nur die geringsten Beschwerden, alle waren mit unserer Arbeit sehr glücklich. Es gab keinen Grund, die Polizei einzuschalten.“

Case hätte sich ohrfeigen können. Da war er wirklich heftig ins Fettnäpfchen getreten. „Bitte verzeihen Sie mir. Ich hätte dem Sheriff gegenüber meinen Mund halten sollen. Geben Sie mir noch eine Chance.“

Sie musterte ihn schweigend. „Unter einer Bedingung“, sagte sie dann. „Es gibt keine Probezeit.“

Donnerwetter, die geht ja forsch ran.

Case war beeindruckt. Und mehr noch, er fand ihr Selbstvertrauen irgendwie erregend … Die ganze Frau gefiel ihm ausgesprochen gut. Unter anderen Umständen hätte er jetzt heftig mit ihr geflirtet.

Aber Mellie Winslow war hier, um sein Haus in Ordnung zu bringen, nicht um sein Bett zu wärmen. „Okay, Miss Winslow, ich bin einverstanden.“

Er streckte die Hand aus, aber das war ein großer Fehler. Denn als ihre Hände sich berührten, überlief es ihn heiß, und er hielt sie ein paar Sekunden länger fest, als nötig gewesen wäre.

Als er sie losließ, trat Mellie einen Schritt zurück. Zum ersten Mal wirkte sie leicht verunsichert.

„Ich habe wohl etwas überreagiert“, sagte sie leise. „Entschuldigen Sie, aber manchmal geht mein Temperament mit mir durch.“

„Also sind Sie eine typische Rothaarige?“

„Ich fürchte, ja. Ich sollte nicht so empfindlich sein.“

Sie standen da und sahen sich nur an. Beide spürten sie die Spannung, die in der Luft lag.

Case fasste sich als Erster. „Ich sollte jetzt gehen, damit Sie anfangen können.“

„Gut. Kann ich Ihnen eine SMS schicken, falls ich Fragen habe?“

„Selbstverständlich.“

Sie lächelte leicht. „Ich werde mich bemühen, Sie nicht in Ihrem Privatleben zu stören.“

Zu spät. Case griff nach den Schlüsseln, die auf einem Tischchen neben der Tür lagen.

„Auf Wiedersehen, Mellie Winslow. Hoffentlich finden Sie sich in meinem Haus zurecht.“

3. KAPITEL

Mit gemischten Gefühlen blickte Mellie ihrem neuen Arbeitgeber hinterher. Einerseits war es viel einfacher, sich mit einem neuen Haus vertraut zu machen, wenn der Besitzer nicht da war und einem im Weg stand. Andererseits hätte sie nichts dagegen gehabt, wenn er noch geblieben wäre.

Der Mann interessierte sie, obwohl er der typische Macho war, der alles besser wusste. Aber diese Mischung aus bodenständigem Rancher und hochkarätigem Geschäftsmann erregte ihre Neugier. Case Baxter war millionenschwer, das war ein offenes Geheimnis.

Er war nicht nur ein sehr erfolgreicher Rancher, er hatte auch mit Gewinn investiert. Und nach dem Tornado hatte er vielen kleineren Firmen Geld geliehen, als die örtlichen Banken bereits am Ende ihrer Kapazitäten angekommen waren. Denn Case wollte die lokale Wirtschaft unterstützen und vertraute dem Unternehmergeist der Einwohner von Royal.

Auch deshalb war er in Royal beliebt und geachtet. Kein Wunder, dass man ihn zum Präsidenten des TCC gewählt hatte. Nach der Wahl hatte die Zeitung einen langen Artikel über ihn gebracht, den Mellie natürlich gelesen hatte. So wusste sie, dass er sechsunddreißig war, also sieben Jahre älter als sie.

Sieben Jahre, das war nicht besonders viel. Nur dass Mellie immer noch das Gefühl hatte, erst am Anfang zu stehen, was ihre Firma und ihr Leben an sich betraf. Case dagegen hatte schon alles erreicht und war ein Mann im besten Alter – in jeder Beziehung …

Doch statt über diesen sexy Cowboy nachzudenken, sollte sie sich jetzt lieber auf ihre Arbeit konzentrieren. Case Baxters Haus war ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man die Vergangenheit bewahren und sie mit modernen Elementen kombinieren konnte. Leider war die Schönheit des Hauses kaum zu erkennen, da ein fürchterliches Durcheinander herrschte.

Kopfschüttelnd betrat Mellie die Küche. Offenbar aß Case meist außer Haus. Im Kühlschrank fand sie Orangensaft und Milch, im Eisfach Pizza und einige Steaks. Bis auf ein paar Schachteln Trockenmüsli und Cornflakes waren die Vorratsschränke leer.

Irgendwie tat Case Baxter ihr leid, wenn sie sich vorstellte, wie er hier allein in dem alten großen Haus herumwirtschaftete. Dabei hätte er sich den besten Koch leisten können. Aber nur wenige Männer hatten die Gabe, sich ein gemütliches Heim zu schaffen – und typische Texaner wie Case Baxter schon gar nicht. Blumen arrangieren und Kekse backen, das war bei ihm wohl nicht drin. Bei der Vorstellung musste sie lachen.

Aber jetzt ran an die Arbeit, Mellie! Sie fing mit dem Esszimmer an. Den mit Papieren überhäuften Tisch kannte sie schon. Den ganzen Werbemüll sollte sie in die Recyclingtonne werfen und nur Briefe und Papiere aufheben, die irgendwie wichtig aussahen. So stand es auf der Liste.

Damit war sie ziemlich schnell fertig. Letzten Endes war nur ein gutes Dutzend Briefe übrig geblieben, die sie Case auf den Schreibtisch legte, einen wunderschönen antiken Rollsekretär. Erstaunlicherweise war das Büro geradezu klinisch aufgeräumt. Nichts stand herum, keine Fotos, keine Erinnerungsstücke.

Auch hier befiel sie wieder dieses merkwürdige Gefühl, wie immer, wenn sie das Haus eines Fremden aufräumte. Irgendwie drang sie doch sehr in die Intimsphäre ihrer Arbeitgeber ein. Deshalb konnte sie durchaus verstehen, dass Case zuerst gezögert hatte, ihr den Auftrag zu erteilen. Vom Zustand des Büros her zu urteilen, war er ein vorsichtiger Mann, der sich nicht so leicht in die Karten blicken ließ.

Als sie schließlich in seiner Schlafzimmertür stand, war ihre Arbeitszeit bereits vorbei. Bisher hatte sie lediglich drei Räume aufgeräumt, aber das Esszimmer und das Wohnzimmer waren auch in einem desolaten Zustand gewesen. Das Schlafzimmer würde sie sich morgen vornehmen. Immerhin konnte sie schon mal die herumliegenden Kleidungsstücke zusammensammeln und in den Raum hinter der Küche bringen, wo Waschmaschine und Trockner standen. Morgen war als Erstes die Wäsche dran.

Mit dem Wäschebündel in den Armen sah sie sich noch einmal im Schlafzimmer um. So ein Riesenbett wie dieses mit den vier geschnitzten Bettpfosten und dem Baldachin hatte sie noch nie gesehen. Die Bettlaken bestanden aus feinster Baumwolle, die milchkaffeefarbene Überdecke wirkte edel und männlich zugleich. Die Bettdecke lag halb auf dem dunklen Holzfußboden, und das Laken war zerwühlt, als hätte Case eine unruhige Nacht gehabt. Ein Pyjama war nirgendwo zu sehen. Schlief der Mann etwa nackt?

Bei dem Gedanken wurde Mellie rot, ließ das Wäschebündel fallen und machte schnell noch das Bett. Das Bild des großen, nackten muskulösen Mannes auf den feinen Laken ließ sie dabei jedoch nicht los. Ganz im Gegenteil, es erregte sie.

Das war schlecht, sehr schlecht sogar. Erstens, weil sie für irgendeine Art von Beziehung – oder auch nur Sex – sowieso keine Zeit hatte. Außerdem war Case einer von Royals begehrtesten Junggesellen. Er würde sich bestimmt nicht mit seiner Putzfrau abgeben!

Mellies Familie war schon lange in Royal ansässig, wahrscheinlich schon so lange wie die Baxters. Aber sie hatte kein Interesse daran, in eine der ersten Familien einzuheiraten. Sie wollte irgendwann einen netten normalen Mann finden, der wie sie Kinder haben wollte und Zeit für seine Familie hatte.

Mellie wusste, dass Case es einmal mit der Ehe versucht hatte, was schiefgegangen war. Ganz sicher würde er nicht so schnell wieder heiraten wollen, wenn überhaupt. Und da sie nicht der Typ für unverbindlichen Sex war, sollte sie Case Baxter als das betrachten, was er für sie war: Er zahlte gut, und sein Name machte sich prächtig in ihrer Kundenkartei.

Leise seufzend hob sie das Wäschebündel wieder auf, ließ es wenig später vor der Waschmaschine fallen und griff nach ihrer Handtasche. Die Putzmittel konnte sie hierlassen, dagegen hatte Case bestimmt nichts. Auf dem Weg nach Hause machte sie noch einen halbstündigen Stopp in ihrem Büro, um E-Mails und Telefonnachrichten durchzusehen. Sie freute sich auf einen ruhigen Abend mit ihrer Lieblings-TV-Show und den Spaghetti von gestern.

Doch leider kam alles anders. Ihr Vater saß auf den Treppenstufen vor ihrer Haustür und das wohl schon eine ganze Zeit, denn zwei leere Bierdosen standen neben ihm. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen und schwankte, als er aufstand und Mellie entgegenkam.

„Du siehst ja ganz anders aus“, sagte er verblüfft.

Er selbst war klein und untersetzt mit von Grau durchsetzten schwarzen Haaren und einer wettergegerbten Haut. Früher war er ein guter Geschäftsmann gewesen, aber als seine geliebte Frau starb, hatte er Trost im Alkohol gesucht.

Mellie umarmte ihn kurz und schob ihn dann von sich. „Ich bin erwachsen, Daddy. Und außerdem liebe ich mein Privatleben. Aber das scheinst du nicht zu begreifen.“

Sie hatte sich sehr bemüht, sich von ihm abzunabeln, aber das war einfacher gesagt als getan. Denn sie konnte seinen Schmerz nur zu gut nachfühlen. Ila Winslow war der Mittelpunkt ihrer kleinen Familie gewesen. Als sie ihrem Krebsleiden erlag, war Mellie sechzehn gewesen, und Vater und Tochter hatten sich zunächst ganz in ihrem Schmerz vergraben. Harold hatte sich dann dem Alkohol ergeben, und Mellie war nichts anderes übrig geblieben, als sehr schnell erwachsen zu werden.

Er folgte ihr ins Haus. „Hast du etwas zu essen für deinen armen alten Vater?“

Sie presste die Lippen zusammen, um ihm keine patzige Antwort zu geben. „Wir können uns eine Pizza bestellen“, sagte sie dann betont ruhig. „Eigentlich wollte ich Reste essen.“

„Pizza ist okay. Hast du Geld? Ich habe mein Portemonnaie zu Hause vergessen.“

Wie immer … Dabei könnte Harold bequem von den Miet- und Pachteinkünften leben. Aber Geld glitt ihm einfach durch die Finger. Und immer, wenn er blank war, kam er zu Mellie und klopfte an ihre Tür. Manchmal im übertragenen Sinn, aber immer häufiger auch persönlich, so wie heute.

Und sie hatte sich auf einen ruhigen Abend gefreut! Leise seufzend wandte sie sich ab. „Dann bestell du schon mal die Pizza. Ich ziehe mich um.“

Als sie wenig später ins Wohnzimmer zurückkam, hatte ihr Vater es sich in einem Sessel bequem gemacht und spielte mit der Fernbedienung. Zögernd lächelte er Mellie an, konnte aber seine Verzweiflung nicht verbergen. Sie wusste, er sah keinen Sinn mehr in seinem Leben. Wie oft hatte sie schon versucht, ihn davon zu überzeugen, dass sein Leben noch nicht vorbei war, aber ohne Erfolg. Immer musste sie die Starke sein, und dabei hätte sie in ihm auch gern einmal eine Stütze gehabt.

Die Pizza wurde geliefert. Schweigend aßen sie, der Fernseher plärrte vor sich hin. Mellie wusste, sie musste mit ihrem Vater ein ernstes Wort reden. Das war längst mal wieder fällig. Aber sie musste es geschickt anfangen.

„Ich habe heute einen neuen Job angefangen, Daddy. Bei Case Baxter.“

„Dem neuen Präsidenten des Texas Cattleman’s Club?“

„Ja. Ich glaube, das ist eine gute Werbung für mein Unternehmen.“

„Bestimmt. Ich bin stolz auf dich, mein Kind.“

Meinte er das ehrlich? Vielleicht. „Danke. Meine kleine Firma läuft ganz gut. Ich bin zufrieden.“

„Freut mich für dich.“

Sie schwiegen eine Weile.

„Daddy, wir müssen über letzte Woche sprechen“, fing Mellie wieder an.

Harold runzelte die Stirn und blickte störrisch vor sich hin. „Alles okay“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Mach dir keine Sorgen. Ich trinke längst nicht so viel, wie du glaubst.“

„Sheriff Battle hat dich auf der Straße gefunden. Du hattest einen totalen Blackout.“ Sie sah ihn eindringlich an. „Du weißt, dass ich dir jederzeit eine Entziehungskur bezahle. Mach es, bevor es zu spät ist.“

„Ich hatte nicht gefrühstückt. Deshalb war mein Blutzucker niedrig, und ich bin ohnmächtig geworden.“

„Aber Daddy, mach dir doch nichts vor. Ich weiß, dir fehlt Mom. Mir auch. Auf keinen Fall will ich dich auch noch verlieren. Aber das wird passieren, wenn du so weitermachst.“

Einigermaßen mühsam kam Harold aus dem Sessel hoch und stand schwankend vor Mellie. „Mit mir ist alles in Ordnung. Ein Mann kann doch wohl ein paar Bier trinken, ohne dass er sich gleich eine Strafpredigt anhören muss.“

Wenn es nur Bier wäre …

Der Alkohol hatte ihn schnell altern lassen. Er sah erschreckend aus.

„Denk doch wenigstens mal darüber nach“, bat sie ihn. „Es ist wirklich nicht so schlimm. Auch in Texas gibt es gute Einrichtungen. Ich möchte doch nur, dass du gesund und kräftig bist, damit du später noch mit deinen Enkeln spielen kannst.“

Harold verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. „Enkel? Du hast ja noch nicht einmal einen Freund. Deine Firma hält dich nachts nicht warm. Vielleicht solltest du dir weniger Gedanken um mich machen und dir lieber einen Mann suchen.“

Auch das hatte sie schon hundertmal gehört. So reagierte er immer, wenn sie ihn auf das Thema Alkohol ansprach. „Dazu habe ich noch reichlich Zeit.“

„Wirklich?“ Sein Blick war schmerzerfüllt. „Wir glauben immer, wir haben noch so viel Zeit. Und dann ist plötzlich alles vorbei. Liebe wird einem nicht auf ewig geschenkt. Sie zu verlieren, schmerzt. Ich glaube, deshalb lässt du niemanden an dich heran. Ich mache dir einen Vorschlag, Kind. Sobald du ein erfülltes Privatleben hast, darfst du dich mit meinem beschäftigen.“ Er wandte sich zur Tür.

„Gute Nacht, Daddy.“ Nachdenklich blickte Mellie ihm hinterher, als er halbwegs aufrecht die Straße hinunterging. Den Führerschein hatte man ihm schon lange abgenommen. Glücklicherweise konnte er zu Fuß nach Hause gehen. Immer noch wohnte er in dem Haus, in dem sie aufgewachsen war.

Später im Badezimmer dachte sie über das nach, was ihr Vater gesagt hatte. Es stimmte, sie ging so gut wie nie aus. Weil sie ihre ganze Kraft in den Aufbau ihres Unternehmens stecken musste. Auf Kosten ihres Privatlebens?

Ihr Vater hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. In ihrem Bemühen, ihn dazu zu bringen, Hilfe anzunehmen, hatte sie die eigene Reaktion auf den Tod ihrer Mutter verdrängt. Ging sie deshalb der Liebe aus dem Weg? Allerdings hatten die wenigen Männer, mit denen sie in den letzten Jahren ausgegangen war, sie nicht besonders interessiert. Sie hatte sich lieber auf ihr Geschäft konzentriert.

Normalerweise schlief sie nach einem anstrengenden Tag sofort ein. Aber heute Nacht ging ihr zu viel durch den Kopf. Ihr Vater schien keine Kontrolle mehr über sein Leben zu haben, und sie konnte ihm nicht helfen. Andererseits war er ein erwachsener Mann und für sich selbst verantwortlich.

Um sich abzulenken, dachte sie an den morgigen Tag. Sie freute sich, ihn wieder in Case Baxters schönem Haus verbringen zu können. Eine sehr lohnende und interessante Aufgabe, das Haus wieder in seinem alten Glanz erstrahlen zu lassen. Und vielleicht würde sie sogar ihren Auftraggeber wiedersehen …

Da sie Schlüssel zu dem Haus hatte, konnte sie kommen und gehen, wann sie wollte. Das sei besser so, er sei viel unterwegs, hatte Case gesagt. Wollte er ihr möglichst aus dem Weg gehen? Schade. Er war genau der Typ von Mann, den sie anziehend fand.

Als sie endlich kurz vorm Einschlafen war, gab ihr Handy einen kurzen Piepston von sich. Jemand schickte ihr eine SMS.

Stöhnend nahm sie das Handy vom Nachttisch.

Mellie, ich hoffe, ich störe Sie nicht. Es ist spät, ich weiß. Aber ich wollte Ihnen unbedingt danken. Sie haben Wunder vollbracht. Ich dachte schon, ich hätte mich im Haus geirrt, so schön sah alles aus. Danke, Keep N Clean …

Case Baxter. Von ihm hatte sie nun wirklich keine SMS erwartet. Sollte sie darauf antworten? Oder ihn in dem Glauben lassen, sie habe schon geschlafen?

Ja, vielleicht. Aber nett von ihm, dass er ihre Arbeit anerkannte. Lächelnd kuschelte sie sich wieder ins Bett. Vielleicht würde sie ihn ja morgen sehen. Oder wenigstens heute Nacht von ihm träumen …

4. KAPITEL

Case drückte sich den Stetson tief in die Stirn, schlug den Jackenkragen hoch und zog den Kopf zwischen die Schultern. Endlich regnete es, aber es war leider nicht der ersehnte sanfte Landregen, den die trockene Erde brauchte. Stattdessen kam die Nässe in eiskalten harten Tropfen.

Seit heute Morgen um sieben war Case mit seinem Vormann unterwegs, um die Zäune zu überprüfen. In den letzten Wochen waren ihnen zwei Dutzend Rinder abhandengekommen. Ein Loch im Zaun? Oder das Werk von Viehdieben? Bevor Case die Polizei einschaltete, wollte er sich erst einmal selbst vergewissern.

Auf dem Heimritt war Case froh, dass mit dem Zaun alles in Ordnung war. Allerdings würde er jetzt zum ersten Mal bedauern, dass er Mellie eingestellt hatte. Normalerweise zog er sich nach einem Ritt wie diesem, verdreckt, wie er war, vor der Waschmaschine aus. Dann lief er nackt durchs Haus auf die überdachte Terrasse, um sich im Whirlpool aufzuwärmen. Das ging ja nun nicht.

Mist. Mürrisch stieg er vom Pferd und übergab es einem seiner Stallburschen. Er war schlecht gelaunt, nass und hungrig und ärgerte sich, dass er sein Haus nicht für sich hatte. Doch als er Mellie Winslow in seinem Schlafzimmer fand, wie sie sich hochreckte, um die Bettpfosten abzustauben, änderte sich schlagartig seine Laune.

Was für ein Anblick. Dieser kleine feste Po in der eng anliegenden Hose! Sein Herz schlug schneller, und ein eindeutiges Verlangen machte sich bemerkbar, sodass er schnell ein paar Schritte zurücktrat.

Sie hatte ihn gehört und drehte sich verlegen lächelnd um. „Oh, Mr. Baxter, entschuldigen Sie. Ich wusste nicht, dass Sie heute so früh nach Hause kommen. Ich werde in einem anderen Raum weitermachen.“

„Kein Problem. Ich will nur duschen. Das dauert nicht lange.“

Leider nicht, weil du nicht mitkommst …

„Im Bad sind frische Handtücher, wahrscheinlich noch warm vom Trockner.“ Sie sah ihn fragend an. „Haben Sie schon zu Mittag gegessen?“

„Nein. Ich mache mir nachher eine Kleinigkeit.“

„Wie wäre es mit einer heißen Suppe und einem Sandwich?“

Seine Finger waren eisig, die Haut feucht und kalt. Aber im Innern war ihm kochend heiß. Warum hatte er bloß keine ältere Person mit Dutt und Großmutterlächeln eingestellt? Stattdessen stand diese verführerische junge Frau vor ihm. Dazu noch in seinem Schlafzimmer. „Also, das wäre sehr nett. Danke.“

„Okay.“ Mellie nickte und ging.

Case lehnte sich kraftlos an die Wand, sein Puls raste. Viel zu viel ging momentan in seinem Leben vor, als dass er sich diese Ablenkung leisten konnte. Außerdem war er kein Teenager mehr, sondern ein erwachsener Mann. Er würde doch wohl noch sein Verlangen zügeln können.

In der Dusche ließ er das Wasser so heiß wie es ging auf sich herunterprasseln. Aber seine heftige Erregung ließ sich davon nicht beeinflussen. Verdammt, was war denn an dem Mädchen dran, dass er an nichts anderes denken konnte als daran, sie auszuziehen und sie nackt in sein Bett zu zerren?

Sie war sehr hübsch, auf eine natürliche Weise. Doch Royal war voll von hübschen Mädchen, und bisher hatte ihn das selten beeindruckt. Vielleicht lag der Unterschied darin, dass sie hier in seinem Haus war. Und das war allein sein Fehler.

Er stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich an. Die verdreckten Sachen ließ er auf dem Badezimmerboden liegen. Darum würde sich wohl seine Haushälterin kümmern.

Aber wollte er das? Wenn er ehrlich war, nein.

Dass sie hinter ihm herräumte, war ihm irgendwie peinlich. Vielleicht war er in dem Punkt etwas extrem, aber eine Beziehung zu einer Frau konnte er sich nur auf einer gleichberechtigten Basis vorstellen. Allerdings machte Mellie bei ihm nur das, wofür sie bezahlt wurde, und zwar sehr gut. Was war daran verkehrt? Warum fühlte er sich unwohl dabei?

Sie war in der Küche. Auf dem Tisch direkt am Fenster war für eine Person gedeckt.

„Sie können sich schon setzen.“ Mellie wies auf das Gedeck. „Ist alles fertig.“

Case blieb in der Tür stehen. „Wollen Sie nicht auch etwas essen?“

Sie wurde rot. „Ich … äh … Ich frühstücke immer ziemlich üppig und arbeite dann die Mittagszeit durch.“

„Aber Sie können doch wenigstens eine Tasse Kaffee mit mir trinken.“ Er lächelte freundlich, um sie zu beruhigen, denn sie wirkte irgendwie nervös.

„Na gut.“

Als sie die Tomatensuppe und den Teller mit dem warmen Käsesandwich auf den Tisch gestellt hatte, setzte er sich. „Hm, das sieht ja gut aus. Danke.“

„Kaffee?“

„Ja, gern. Schwarz, bitte.“

Sie goss ihnen ein und tat Milch und Zucker in ihren Becher. Dann setzte sie sich ihm gegenüber und sah zu, wie er mit großem Appetit Suppe und Sandwich aß. Er hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig er gewesen war.

Zufrieden lächelnd schob er schließlich den Teller von sich und lehnte sich zurück. „Danke, das war sehr gut. Und, Mellie, welche Zukunftspläne haben Sie eigentlich in Bezug auf Keep N Clean?“

„Wenn ich meiner Fantasie freien Lauf lasse, dann stelle ich mir vor, in den mittelgroßen Städten von Texas Filialen aufzubauen“, entgegnete sie. „Quasi als Gegengewicht zu den großen Reinigungsunternehmen, die die Firmen betreuen.“

„Donnerwetter!“ Er sah sie überrascht an. „Haben Sie Betriebswirtschaft studiert?“

„Ja, ein paar Semester. Aber das meiste habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe den Markt genau beobachtet, um herauszufinden, was gebraucht wird. Keep N Clean ist ein Serviceunternehmen und wird nur Erfolg haben, wenn die Dienste, die wir anbieten, auf den Kunden maßgeschneidert sind.“

„Sehr richtig.“ Case stand auf, um sich noch einen Kaffee einzuschenken. „Auch noch einen?“

„Nein, danke. Ich sollte jetzt lieber weitermachen.“

„Nicht so hastig.“ Auch er hatte viel zu tun, aber er wollte Mellie noch nicht gehen lassen. „Erzählen Sie mir doch ein bisschen von sich.“

Sie runzelte die Stirn. „Muss das sein?“

„Bitte. Tun Sie es mir zuliebe.“

„Wenn Sie darauf bestehen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin in Royal aufgewachsen. Meine Mutter starb an Krebs, als ich sechzehn war. Mein Vater konnte mit dem Verlust nicht gut umgehen, und so habe ich für uns beide gesorgt. Als ich mich selbstständig machen wollte, habe ich mich in der Stadt umgesehen und überlegt, was hier gebraucht wird. Ich fand heraus, dass es zwar große industriell geführte Reinigungsunternehmen gab und Einzelpersonen, die in Haushalten putzten, aber nichts dazwischen.“

„Das also war Ihre Nische. Interessant.“

Sie krauste die Nase und lachte leise. „Und jetzt arbeite ich für den Präsidenten des TCC.“

„Sehen alle Ihre Mitarbeiter in ihrer Arbeitskleidung so attraktiv aus wie Sie?“ Als sie ihn entgeistert anstarrte, setzte er schnell hinzu: „Tut mir leid. Das war wohl unpassend.“

„Eher unerwartet.“ Sie musterte ihn aufmerksam, als wollte sie herausfinden, was in ihm vorging. „Ich habe gehört, dass Sie Frauen gegenüber sehr verschlossen sind und sie zum Beispiel nie in Ihr Haus lassen.“

Dieser Klatsch … „Das stimmt so nicht. Ich lege nur großen Wert auf meine Privatsphäre. Aber da ich weder Zeit noch Lust habe, die Wollmäuse unter dem Bett hervorzufegen oder den Kühlschrank sauber zu machen, muss ich kompromissbereit sein.“

„Aha.“

„Was soll das bedeuten?“

„Nur, dass Sie mich wirklich überraschen. Normalerweise nehmen reiche Leute ihre dienstbaren Geister gar nicht wahr. Wir sind sozusagen unsichtbar für sie.“

Leicht verärgert zog er die Brauen zusammen. „Ich kann nicht für alle gut situierten Menschen in dieser Stadt sprechen, aber meine Freunde sind nicht so.“

„Wenn Sie meinen. Außerdem, dass Sie sich nur als gut situiert bezeichnen, trifft wohl nicht ganz zu.“

„Ist Ihnen mein Lebensstil ein Dorn im Auge, Mellie?“, fragte er leise.

Sie lehnte sich zurück und strich sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. „Also, mir fällt schon auf, dass ich leider keinen einzigen Modigliani im Flur hängen habe.“

„Meine Eltern haben Kunst gesammelt, überall auf der Welt. Aber glauben Sie mir, ich würde die komplette Sammlung hergeben, wenn sie wieder bei mir sein könnten, und sei es nur für einen Tag.“

Oh nein …

Mellie wurde knallrot. Da war sie wohl etwas zu weit gegangen. „Entschuldigen Sie, Case, das war nicht sehr taktvoll. Natürlich sind menschliche Bindungen wichtiger als Dinge. Glück kann man nicht kaufen.“

Er grinste ironisch. „Das nicht, aber Geld ist gut für vieles.“

„Für was denn zum Beispiel?“

Er lehnte sich weiter vom Tisch zurück und kippelte auf zwei Stuhlbeinen. „Man kann für ein Wochenende nach Paris fliegen. Sich eine Jacht kaufen. Sich teure Football-Tickets leisten. Wohltätigkeitsvereine unterstützen. Eine Frau verwöhnen.“

Er sah sie an und wartete offensichtlich auf eine Reaktion von ihr.

Und die kam auch prompt. Nicht dass sie ihm verraten hätte, was er in ihr ausgelöst hatte. Mellie räusperte sich. „Eine Frau zu verwöhnen, mag ja ganz nett sein. Aber die meisten Frauen, die ich kenne, möchten lieber unabhängig sein.“

„Sieht ganz so aus, als würden Sie die falschen reichen Leute kennen und ich die falschen Frauen.“

„Kann schon sein.“ Mellie stand auf. Der Mann wurde ihr leider immer sympathischer. „Es ist noch Suppe da, falls Sie möchten. Ich muss jetzt wirklich weitermachen.“

Auch Case erhob sich und trat neben sie, als sie das Geschirr in die Spülmaschine einräumte. „Ist Ihr Chef denn ein solcher Sklaventreiber?“, fragte er leise.

Sie kam hoch und stand jetzt direkt vor ihm. „Ich bin mein eigener Chef, Case. Und ich brauche keinen Mann, der mich verwöhnt. Wenn ich nach Paris fliegen will, kann ich mir selbst ein Ticket kaufen.“

Er blickte ihr auf den Mund, und sekundenlang glaubte sie, er wolle sie küssen.

„Seien Sie doch nicht so empfindlich, Mellie“, sagte er rau. „Was ist denn schon dabei, wenn ein Mann eine Frau verwöhnen will.“

Oh Gott, diese Stimme. Doch sie nahm sich zusammen und blickte ihm in die Augen. „Wollen Sie mit mir flirten, Case Baxter?“

Lächelnd hob er die Augenbrauen. „Und wenn?“

Dieser Mund … Wenn sie Case doch nur sagen könnte, was sie am liebsten mit ihm machen würde, wonach sie sich sehnte. Nämlich nach heißem scharfem Sex in seinem frisch gemachten Bett … Aber leider war sie dafür viel zu vernünftig und verantwortungsbewusst.

„Ich fürchte, dann müsste ich Ihnen einen Vortrag über sexuelle Belästigung einer abhängig Beschäftigten halten.“

„Aber Sie haben mir doch gerade gesagt, dass ich nicht Ihr Chef bin, Mellie. Wir sind also gleichberechtigt. Das bedeutet, wir sollten einfach abwarten, was geschieht.“ Und bevor sie etwas sagen konnte, beugte er sich vor, küsste sie kurz auf die Stirn und verließ die Küche.

Mellie blieb wie erstarrt stehen. Sie fühlte sich wie ein Teenager, der gerade von seinem Idol geküsst worden ist. Dabei hatte er ihre Lippen gar nicht berührt.

Vorsichtig trat sie ans Fenster und sah, wie Case auf die Scheune zuging. Offenbar arbeitete er tatsächlich auf seiner Ranch. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hätte allerdings wissen müssen, dass er nicht zu der Sorte hochnäsiger blasierter Reicher gehörte. Denn dann hätte man ihn nicht zum Präsidenten des TCC gewählt. Dessen Mitglieder hatten einen guten Ruf. Obwohl sie reich waren.

Dennoch, der Mann war tabu für sie, das durfte sie nie vergessen.

An die Arbeit. Für Schlafzimmer und Bad brauchte sie fast den ganzen Tag. Beide Räume waren riesig. Erst gegen drei Uhr war sie fertig, aber sie hatte sich auch jede Einzelheit vorgenommen, die Fugen zwischen den Fliesen und Kacheln ebenso wie die hölzernen Fensterläden. Außer einer prächtigen großen Kommode besaß das Schlafzimmer natürlich noch einen mächtigen begehbaren Schrank, in dem allerdings das Chaos herrschte. So gern sie sich die Sachen auch ansehen würde, heute war die Zeit zu knapp, darum würde sie sich den Schrank morgen vornehmen.

Sie machte etwas früher Schluss als am Tag zuvor. Im Büro war noch allerlei aufzuarbeiten, das redete sie sich zumindest ein. Aber vielleicht hatte sie nur Angst, Case noch einmal zu begegnen?

Doch auch im Büro konnte sie sich gedanklich nicht von ihm lösen. Wollte er wirklich etwas mit ihr anfangen? Wenn das der Fall war, musste sie schwer auf der Hut sein. Es wäre absolut verrückt, wenn sie sich von einem Multimillionär verführen lassen würde, das sah ihr auch gar nicht ähnlich.

Normalerweise war sie vorsichtig, eher misstrauisch und auf ihre Unabhängigkeit bedacht. Sie arbeitete hart, war ehrgeizig, allerdings auch großzügig. Was sie nicht gut konnte, war ihr allerdings gerade wieder bewusst geworden: nämlich die Motive der Männer einschätzen.

Als ihre Mutter nicht mehr lebte, hatte ihr Vater versucht, sie aufzuklären. Männer wollen nur das eine, hatte er sie immer gewarnt, nämlich Sex. Und es war die Aufgabe der Mädchen zu entscheiden, wie weit sie gehen wollten.

Leicht gesagt. Aber was sollte sie tun mit fast dreißig Jahren, als relativ erfolgreiche Unternehmerin, als pflichtbewusste Tochter, die bisher auf alles verzichtet hatte, was andere Frauen glücklich machte? Auf Liebe, eine Familie und auf einen Mann, der in ihr Gefühle weckte, wie sie sie noch nie gehabt hatte …

Case war vielleicht nicht der ideale Kandidat, wenn sie einen künftigen Familienvater wünschte. Aber vielleicht war er genau der Mann, den sie jetzt brauchte und nach dem sie sich sehnte …

5. KAPITEL

Gegen halb vier kam Case nach Hause und freute sich schon auf ein weiteres Wortgefecht mit der entzückend kratzbürstigen Mellie. Aber ihr Auto war nicht mehr da. Wollte sie ihm aus dem Weg gehen? Und wusste sie nicht, dass das Männer nur noch neugieriger machte?

Am Abend war er mit Nathan Battle zum Essen verabredet. Amanda war bei ihrem Buchclub, und die beiden Männer freuten sich auf saftige Steaks, Billard und die Sportübertragungen auf Nathans neuem großen Flachbildschirm.

Nathan hatte sich bereit erklärt zu kochen. Case hatte Bier mitgebracht, außerdem noch einen frischen Apfelkuchen von seinem Lieblingsbäcker. Da der Regen vor Stunden aufgehört hatte, saßen die beiden Männer draußen auf der Terrasse und genossen die klare würzige Luft.

Es duftete nach gegrilltem Fleisch, und Case musste an den Mittagsimbiss denken, den Mellie für ihn zubereitet hatte. Und an Mellie natürlich …

Er fuhr zusammen, als Nathan mit dem Fuß gegen sein Stuhlbein stieß.

„Hey, was ist denn los mit dir? Hast du mir gar nichts aus der Welt der Reichen und Schönen zu erzählen?“

„Nein.“ Case sank ein wenig in seinem Korbsessel zusammen. „Ich bin nicht reich und schön.“

„Aber Case, so kenne ich dich ja gar nicht.“ Nathan schüttelte lachend den Kopf. „Da kann ich mich ja im Leichenschauhaus besser unterhalten. Belastet dich dein neues Amt?“

„Nein. Offiziell ist der alte Präsident ja noch zehn Tage im Amt.“

„Was ist es denn dann?“

„Nichts.“ Case stürzte sein Bier hinunter und machte eine zweite Dose auf.

Stirnrunzelnd stand Nathan auf, drehte die Steaks um und setzte sich wieder. „Dann muss es die neue Haushälterin sein. Musst du jetzt deine Schuhe draußen ausziehen? Und darfst du beim Fernsehen kein Popcorn mehr essen?“

„Sehr witzig. Es ist mein Haus, in dem ich tun und lassen kann, was ich will. Mellie hat mir gar nichts zu sagen.“

„Mellie? Dann seid ihr schon beim Vornamen?“

„Ich wollte nicht, dass sie Mr. Baxter zu mir sagt.“

„Kann ich verstehen.“ Nathan schwieg kurz. Dann: „Etwas noch, Case. Ich muss dich warnen.“

„Warnen? Wovor?“

„Letzten Endes vor Amanda. Und auch vor mir. Denn in diesem Fall bin ich auf ihrer Seite.“

Case grinste. „Muss ich jetzt Angst haben?“

„Nein, aber es ist auch kein Scherz. Wenn du mit Mellie etwas anfängst und sie ausnutzt, in welcher Form auch immer, oder wenn du sie unglücklich machst, dann kriegst du es mit Amanda zu tun.“

„Was meinst du damit?“

„Mellie hat kein einfaches Leben gehabt, und du bist ihr in jeder Hinsicht weit überlegen.“

„Wie kommst du denn darauf?“ Case war empört. „Mellie ist …“

„Ich sage nichts gegen Mellie“, unterbrach ihn Nathan. „Sie ist eine tolle Frau. Aber du bist älter als sie, hast mehr Erfahrung und bist finanziell um Längen besser dran. Ich will damit nur sagen, dass du nichts tun solltest, was du später bereust. Ich kenne dich, Case, du bist an einer ernsthaften Beziehung nicht interessiert. Das musst du zugeben.“

Case lehnte sich zurück und blickte in den dunklen Nachthimmel. „Stimmt. Aber du weißt doch selbst, wie man sich fühlt, wenn man eine miese Beziehung hinter sich hat.“

„Ja.“ Auch Nathan hatte etliche Enttäuschungen erlebt, bevor er seine Jugendliebe Amanda wiedergefunden hatte. „Du traust deinem eigenen Urteil nicht mehr. Aber jetzt lass uns erst mal essen. Die Steaks sind fertig.“

Case war froh, dass sein Freund das Thema fallen ließ. Er wusste, auch Nathan sprach nicht gern darüber. So verlief der Rest des Abends angenehm. Aber als Case später nach Hause fuhr, war er doch irgendwie enttäuscht. Ihm war klar, dass der Sheriff in Bezug auf Mellie recht hatte.

Sie gehörte nicht zu den Frauen, die an unverbindlichem Sex interessiert waren. Und etwas anderes kam für Case leider nicht infrage.

Mellie saß an ihrem Schreibtisch und legte leise fluchend den Hörer wieder auf. Zwei ihrer Mitarbeiterinnen hatten angerufen. Ihre Kinder hatten die Grippe. Also musste sie versuchen, die Stunden irgendwie umzuschichten. Glücklicherweise gab es einige Kunden, für die keine festen Zeiten vorgesehen waren. Und so hatte sie nach einer halben Stunde alle so einigermaßen zufriedengestellt. Bis ihr einfiel, dass sie Case für die nächsten Tage überhaupt nicht eingeplant hatte.

Aber wahrscheinlich war das kein Problem. So weit sie wusste, hatte er nichts Besonderes vor, keine Feste, die auf seiner Ranch stattfinden sollten. Er wollte lediglich, dass sie in seinem Haus, das monatelang vernachlässigt worden war, gründlich für Ordnung sorgte. Da kam es bestimmt nicht auf zwei, drei Tage an.

Aber wenn er nun dachte, sie wolle ihm aus dem Weg gehen? Dieser Gedanke ärgerte sie. Sie war schließlich nicht ganz ohne Erfahrung, was Männer betraf. Immerhin hatte sie zwei längere Beziehungen hinter sich. In beiden Fällen hatte sie anfangs an eine gemeinsame Zukunft geglaubt. Aber beide Male hatte es nicht gehalten. Bei der ersten Beziehung war sie zu jung gewesen. Und beim zweiten Mal war der Mann zu alt gewesen, fünfzehn Jahre älter als sie. Als ihr klar wurde, dass sie in ihm eher einen Vaterersatz als den Ehemann suchte, hatte sie die Verbindung abgebrochen. Das war jetzt vier Jahre her.

Etwas Neues hatte sich bisher nicht ergeben. Zwar merkte sie durchaus, wenn ein Mann sie begehrte. Aber sie hatte auch genügend Selbstbewusstsein, Männer ohne Erklärung abblitzen zu lassen. Sie selbst entschied, ob sie Sex haben wollte. Und sie wusste, dass wahre Liebe äußerst selten war. Trotzdem würde sie nicht mit dem ersten Besten ins Bett gehen.

Doch Case Baxter war eine Versuchung. Dass sie so scharf auf ihn war, machte ihr Angst. Dabei war er ihr sehr sympathisch, und er beeindruckte sie. Na ja, welche Frau unter achtzig wäre von einem Mann nicht hingerissen, der wusste, was er wollte, und hart, aber auch kompromissbereit sein konnte. Er hatte Klasse, jede Frau musste sich in seinem Schutz wohlfühlen. Reich, intelligent und sexy, wie er war, konnte er Frauen sicher in jeder Hinsicht verwöhnen …

Mist. In seiner Gegenwart fühlte sie sich irgendwie unsicher, wie ausgeliefert, was erregend, aber auch ärgerlich war. Und da sie nicht zu den Frauen gehörte, die Unangenehmes gern auf die lange Bank schieben, zog sie ihr Smartphone aus der Tasche und schickte ihm eine SMS:

Case, da zwei meiner Mitarbeiterinnen heute ausfallen, muss ich für sie einspringen. In wenigen Tagen mache ich bei Ihnen weiter, ich sage Ihnen aber vorher noch Bescheid. Bis dann, Mellie Winslow

Bevor sie die SMS abschickte, überlas sie noch einmal den Text. Das hörte sich doch eigentlich sehr geschäftsmäßig an. Oder würde er denken, dass sie sich rarmachen wollte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen?

Unsinn, was bildete sie sich da ein? Dem Mann war seine Putzfrau wahrscheinlich total gleichgültig. Er flirtete ganz automatisch mit jeder einigermaßen gut aussehenden Frau.

Sie machte wirklich aus einer Mücke einen Elefanten.

Die nächsten drei Tage kamen Mellie sehr lang und sehr anstrengend vor. Sie hatte immer hart gearbeitet, aber manches fiel ihr jetzt schwerer als früher.

Sollte sie mehr Mitarbeiter einstellen, um nicht immer wieder in eine solche Zwangslage zu geraten? Es konnte immer mal jemand krank werden. Außerdem musste sie in der Lage sein, unvorhergesehene Aufträge wie den von Case Baxter anzunehmen. Vor allem, wenn sie daran dachte, zu expandieren.

Was sie schwer beunruhigte, war Baxters knappe Antwort. Sie hatte eigentlich erwartet, dass er witzig-ironisch reagieren würde. Stattdessen kam nur ein kurzes „Kein Problem“. Und auf ihre E-Mail, sie könne heute wieder bei ihm anfangen, hatte er nichts von sich hören lassen.

War er sauer, dass sie andere vorgezogen hatte? Obgleich ein Mann in seiner Position doch bevorzugt behandelt werden sollte?

Kurz vor neun erreichte sie die Ranch. Draußen auf dem Land und auch um die Scheune herum wurde gearbeitet, das fiel ihr auf. Das Haus allerdings sah verlassen aus wie immer. Wahrscheinlich war Case schon früh aufgestanden und zählte seine Rinder …

Es war albern, aber leider schlug ihr Herz schneller, als sie die Stufen zur Haustür hinaufstieg. Ein Wetterumschwung war angekündigt worden, die Luft war schwer und kalt und erinnerte Mellie daran, dass Thanksgiving vor der Tür stand.

Bevor sie den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte, zögerte sie kurz. Auf ihre letzte E-Mail hatte Case nicht geantwortet, was er bestimmt getan hätte, wenn sie nicht hätte kommen sollen. Vielleicht hatte er ihre Nachricht nicht gelesen und lag noch mit einer Frau im Bett?

Wenn sie ihn dabei überraschte, nicht auszudenken! Aber hieß es nicht allgemein, dass er nie Frauen bei sich übernachten ließ?

Vielleicht sollte sie erst einmal klopfen. Als sie daraufhin nichts hörte, fasste sie sich ein Herz und schloss auf. Stille. Offenbar war keiner da. Umso besser. Heute wollte sie sich die Küche vornehmen. Je eher sie damit anfing, desto eher konnte sie nach Hause fahren und würde Case vielleicht gar nicht begegnen müssen.

Im Haus war es kalt, aber sie stellte die Heizung nicht an. Nach einer Stunde war ihr warm genug. Als Erstes hatte sie die Fenster geputzt, die normalerweise den hellen Sonnenschein hereinließen und die Küche zum freundlichen Mittelpunkt des Hauses machten. Heute allerdings war der Himmel grau. Der häufige Wetterwechsel war typisch für diese Gegend.

Als Nächstes nahm Mellie sich die Küchenschränke vor. Das bedeutete, dass sie alles herausräumen und erst einmal auf dem Tresen aus goldbraunem Granit abstellen musste.

Mit einer kleinen Trittleiter konnte sie auch die oberen Borde erreichen. Nachdem sie die Schränke von außen abgewischt hatte, öffnete sie die erste Tür – und prallte fast zurück. Teller, Schüsseln, Tassen und Becher, alles stand wild durcheinander. Seufzend fing sie an, alles auszuräumen. Erstaunlich, was da zusammenkam. Das feine Porzellan mit dem Goldrand stammte sicher noch von den Baxter-Vorfahren. Dazwischen stapelten sich schwarz-weiße Teller und Tassen in ultramodernem Design, die eher in ein Loft in Manhattan gepasst hätten.

Nachdem sie drei der großen Küchenschränke ausgeräumt hatte, tat ihr der Rücken weh. Vielleicht sollte sie lieber eine Schmerztablette nehmen, damit sie weitermachen konnte. So konnte sie die Küche nicht zurücklassen. Mellie durchsuchte ihre Handtasche, nichts. Da fiel ihr ein, dass sie in Case’ Badezimmerschrank Tabletten gesehen hatte.

Als sie den Flur entlang in Richtung Bad ging, hörte sie plötzlich ein leises Stöhnen. Alte Häuser machten zwar die merkwürdigsten Geräusche, aber dieses hörte sich menschlich an …

„Mr. Baxter? Case?“

Wieder dieses leise Stöhnen.

Als sie vor der offenen Tür zu seinem Schlafzimmer stand, war sie fest davon überzeugt, dass er von einem Einbrecher niedergeschlagen worden war und halb bewusstlos auf dem Boden lag. Sie trat ein – und machte gleich wieder einen Schritt zurück.

Nein, er lag keineswegs bewusstlos auf dem Boden, sondern bäuchlings auf seinem Bett, in einem offenen weißen Hemd und grauen Boxershorts.

Was war mit ihm? War er betrunken? An einem Wochentag und dazu noch am Vormittag? Das konnte nicht sein. So vorsichtig, wie sich ein Tierpfleger einem schlafenden Löwen nähert, machte Mellie ein paar Schritte auf ihn zu.

„Case“, flüsterte sie. Dann erst sah sie, dass sein Gesicht unnatürlich rot war. Er atmete mühsam durch die leicht geöffneten Lippen. Zögernd legte sie ihm die Hand auf die Stirn. Heiß, sehr heiß sogar. Der Mann hatte hohes Fieber. Wahrscheinlich die Grippe oder eine andere ernsthafte Krankheit.

Stöhnend und ohne die Augen zu öffnen, drehte er sich zu ihr um. Unwillkürlich strich sie ihm die feuchten Haare aus der Stirn, wie eine Mutter, die ihr Kind trösten will. Aber Case war kein Kind. Sein muskulöser Körper zitterte, die nackte Brust glänzte jedoch vor Schweiß.

Mellies Herz schlug wieder schneller. Selbst schlafend hatte Case Baxter eine sehr eindeutige Wirkung auf sie.

Rasch deckte sie ihn zu und setzte sich neben ihn. „Case“, flüsterte sie. „Case, können Sie mich hören?“

Er murmelte etwas und warf sich hin und her.

„Case!“ Sie rüttelte leicht an seiner Schulter.

Seine Augenlider flatterten. „Was ist?“, stieß er mit schwerer Zunge hervor.

Seit wann es ihm wohl so schlecht ging? „Sie brauchen einen Arzt. Wer ist Ihr Arzt?“

„Mein Kopf!“, stöhnte er.

„Ja, ich weiß“, sagte sie leise. Er tat ihr unendlich leid. „Ich hole gleich ein Schmerzmittel. Aber erst muss ich den Arzt anrufen.“

„Parker … Ruf Parker an …“

Er meinte Parker Reese, das war Mellie gleich klar. Die beiden Männer waren befreundet, aber Dr. Reese war ein Kinderarzt. „Haben Sie keinen Hausarzt?“

„Parker …“

Na gut. Sie nahm sein Telefon vom Nachttisch, fand in dem Adressbuch Parkers Nummer und wählte. Zu ihrer Überraschung nahm Dr. Reese selbst ab.

„Hallo, Case. Ich muss gleich in den OP. Was gibt’s denn so Wichtiges?“

„Dr. Reese, hier ist Mellie Winslow. Ich bin zum Saubermachen bei Case Baxter und habe ihn gerade halb bewusstlos in seinem Bett gefunden. Er scheint hohes Fieber zu haben, wahrscheinlich ist es die Grippe. Ich habe keine Ahnung, wie lange es ihm schon so schlecht geht.“

„Ich habe gestern noch mit ihm Poker gespielt. Er ist allerdings früher gegangen, hat sich vielleicht nicht gut gefühlt. Tagsüber habe ich heute einen Termin nach dem anderen. Aber ich komme abends vorbei.“

„Und was soll ich in der Zwischenzeit mit ihm machen?“

„Versuchen Sie, ihm möglichst viel Flüssigkeit einzuflößen. Und geben Sie ihm alle zwei Stunden abwechselnd Ibuprofen und Paracetamol. Klare Hühnerbrühe wäre auch gut.“

„Ich glaube kaum, dass er in der nächsten Zeit etwas essen will, aber ich werde es versuchen.“

„Soll ich eine Schwester schicken?“

„Ich … äh, nein, das ist nicht nötig. Ich kann hier weiterarbeiten und von Zeit zu Zeit nach ihm sehen. Ein fremdes Gesicht würde ihn vielleicht eher irritieren.“

„Das ist möglich.“

„Entschuldigen Sie, dass ich Sie angerufen habe. Aber ich wusste nicht, wen sonst.“

„Ist schon okay. Ich melde mich später noch mal.“

„Danke.“ Mellie legte das Telefon zurück und blickte den Mann im Bett nachdenklich an. Nun war sie also auch noch seine Krankenschwester. Was er wohl dazu sagen würde?

6. KAPITEL

Mellie fand beide Medikamente im Badezimmerschränkchen und holte Orangensaft aus dem Kühlschrank. Sie stellte alles auf den Nachttisch, dazu noch einen kleinen Notizblock, um aufzuschreiben, wann sie ihm die Pillen gab.

Sie war froh, dass Case erst seit Kurzem in diesem Zustand war. Aber das bedeutete auch, dass er noch längst nicht über den Berg war. In diesem Jahr waren die ersten Grippefälle früher als sonst aufgetreten, und viele Menschen hatten sich noch nicht impfen lassen. Mellie allerdings schon, sie erledigte das immer gleich zu Beginn der Saison.

Jetzt war ihr auch klar, weshalb Case nicht auf ihre E-Mail von heute Morgen reagiert hatte. Er hatte es gestern Nacht gerade noch nach Hause geschafft und war dann in den fiebrigen Schlaf gesunken. Armer Mann, ja, arm, trotz der Millionen, die er besaß. Die konnten ihm jetzt auch nicht helfen.

Da sie nicht wusste, ob sie ihn dazu bringen konnte, sich aufzusetzen, steckte sie einen Strohhalm in den Orangensaft. „Case“, sagte sie laut.

Er bewegte sich, öffnete aber nicht die Augen.

„Case!“ Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. Während sie in der Küche war, hatte er die Bettdecke zurückgeworfen und lag nun mit offenem Hemd und nacktem Oberkörper da. Seine Haut fühlte sich heiß an, sehr heiß. Wieder rief sie ihn und rüttelte dabei leicht an seiner Schulter.

Diesmal hob er ein Augenlid halb an. „Lass mich in Ruhe …“

Mürrisch war besser als halb bewusstlos. „Dr. Reese, ich meine, Parker, hat gesagt, Sie müssen etwas trinken und auch etwas gegen das Fieber einnehmen.“

Case drehte sich zur Seite. Wieder überlief ihn ein Fieberschauer. „Parker kann mich mal …“

„Sie haben doch gesagt, ich soll ihn anrufen.“

„Hab ich nicht.“

„Himmeldonnerwetter!“ Allmählich verlor Mellie die Geduld. Sie wechselte auf die andere Bettseite hinüber, hockte sich vor ihn hin und schob ihm den Strohhalm zwischen die Lippen. „Trinken Sie, verdammt noch mal!“

Zu ihrer Überraschung fing er tatsächlich an, am Strohhalm zu saugen.

„Tut das gut“, stöhnte er.

„Klar tut das gut. Nun machen Sie den Mund noch mal auf. Sie müssen diese Tabletten nehmen.“

Er tat es und schluckte gehorsam die Pillen. Hinterher blickte er Mellie aus glasigen Augen an. „Du willst mich wohl vergiften.“

„Führen Sie mich nicht in Versuchung.“ Sie blickte auf die Uhr. Hoffentlich setzte die Wirkung bald ein. Vorsorglich deckte sie ihn mit einer leichten Decke zu. „Besser so?“

„Ja. Danke.“

„Ich sehe in Kürze wieder nach Ihnen. Nun schlafen Sie, Case. Schlaf ist jetzt das Beste für Sie.“

Doch er richtete sich halb auf. „Muss noch ins Bad.“ Und ehe sie reagieren konnte, hatte er die Beine aus dem Bett geschoben, versuchte aufzustehen und fiel prompt hin. Da, wo er mit dem Kopf an der Nachttischecke vorbeigeschrammt war, war Blut zu sehen.

Auch das noch. Sie kniete sich schnell neben ihn. „Alles okay?“

Er rollte sich auf den Rücken, sein Gesicht war grau. „Bin nie krank …“, stammelte er.

Das hätte beinahe komisch sein können, aber Mellie war nicht zum Lachen zumute. Wie, um Himmels willen, sollte sie diesen starken Mann wieder ins Bett wuchten? „Können Sie sich hinknien? Dann helfe ich Ihnen hoch.“

„Klar.“ Fünf Sekunden vergingen. Zehn Sekunden. Case lag immer noch bewegungslos auf dem Boden und starrte nach oben. „Sind das Schlangen, die da an meiner Zimmerdecke entlangkriechen?“, fragte er schließlich in leichter Panik.

„Nein, das sind Linien, die die Farbe hinterlassen hat.“

„Gott sei Dank!“ Er schloss die Augen und atmete schwer.

Mellie stieß ihn an. „Sie müssen doch auf die Toilette. Na los, kommen Sie schon!“ So leid er ihr auch tat, sie durfte jetzt nicht nachgeben. Wieder versuchte sie, ihn in die richtige Richtung zu schieben. Schließlich schaffte er es, sich umzudrehen, und kam hustend und keuchend auf die Knie.

„Sehr gut.“ Sie legte ihm den Arm um den Rücken, kam selbst hoch und versuchte, ihn mit sich zu ziehen. Autsch, ihr Rücken! Den hatte sie bei all der Aufregung vollkommen vergessen. Doch es half alles nichts: Sie zerrte und zerrte an ihm, und schließlich schaffte es Case mit ihrer Hilfe, sich hinzustellen, wackelig zwar, aber immerhin. Vorsichtig dirigierte sie ihn in Richtung Bad, dann durch die Tür.

„Ich sehe ja schrecklich aus“, stieß Case entsetzt hervor, als er sich im Spiegel sah.

„Kann man so sagen.“ Sie schob ihn zur Toilette.

Plötzlich machte er sich stocksteif. „Ich kann das allein.“

„Wenn Sie hier auf die Fliesen fallen, wird das böse ausgehen.“

„Ich halte mich am Waschtisch fest.“

„Okay.“ Mellie verließ das Bad, schloss die Tür und wartete auf einen dumpfen Fall. Aber nichts geschah. Schließlich hörte sie die Spülung, dann lief Wasser ins Waschbecken. Und dann, zu ihrer großen Überraschung, eine etwas klägliche Stimme.

„Mellie, können Sie mir helfen?“

Sie öffnete die Tür. Case saß auf der kleinen Bank unter dem Fenster, sein Gesicht war kalkweiß. Er sah elend aus, und die Tatsache, dass er um Hilfe gebeten hatte, sprach Bände.

Schnell beugte sie sich vor und legte ihm die Arme um den Rücken. „Okay?“

Er nickte. Und nach „Eins, zwei, drei …“, schafften sie es, ihn mit vereinten Kräften wieder auf die Beine zu stellen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und sank dann mit einem erleichterten Seufzer auf die Bettkante. Mellie drückte ihn aufs Laken, deckte ihn gut zu und legte ihm die Hand auf die Stirn. Etwas kühler fühlte er sich vielleicht schon an …

Case hatte deutlich Mühe, die Augen offen zu halten. „Sie sollten jetzt nach Hause fahren.“

„Ich hatte diesen Tag für Sie reserviert und will heute mit der Küche fertigwerden. Da kann ich leicht hin und wieder mal nach Ihnen sehen.“

Hatte er sie überhaupt gehört? Auf alle Fälle zeigte er keine Reaktion. Er hatte die Augen wieder geschlossen, sein Atem kam schwer. Da Mellie momentan nicht mehr für ihn tun konnte, ging sie wieder in die Küche, nahm vorher allerdings noch eine Tablette gegen ihren schmerzenden Rücken.

Der Rest des Tages verging schleppend. Case weigerte sich, etwas zu essen, war aber immerhin bereit, hin und wieder zu trinken und die Medikamente zu nehmen. Als die alte Standuhr fünf schlug, war Mellies Arbeitszeit offiziell beendet. Die Küche blinkte und blitzte, für den nächsten Raum war morgen noch Zeit. Andererseits zögerte sie, den Kranken allein zu lassen. Schließlich warteten weder Mann noch Kind zu Hause auf sie.

Im Grunde kannten Case Baxter und sie sich kaum. Sicher, sie fühlten sich anscheinend zueinander hingezogen, und Anfang der Woche hätte er sie fast geküsst. Aber jetzt ging es nicht um einen Flirt, sondern darum, dass er krank war und sie ihm helfen konnte, wie sie jedem anderen menschlichen Wesen auch geholfen hätte. Also würde sie noch warten, bis Dr. Reese kam.

Die Uhr schlug sieben, dann acht, dann neun, und Dr. Reese war immer noch nicht da. Die Sonne war schon lange untergegangen, draußen sah es kalt und grau aus. Im Haus war es vollkommen still. Mellie saß da und wartete. Weshalb machte sie sich eigentlich Gedanken um Case? Weil er allein lebte? Das war doch sein eigener Wunsch. Auch sie lebte allein, und zwar gern. Case liebte seine Freiheit und seine Privatsphäre genauso wie sie. Warum tat er ihr jetzt leid? Weil er krank war?

Um halb zehn klingelte Case’ Handy. Es war Dr. Reese.

„Hallo? Hier ist Mellie Winslow.“

„Es tut mir so leid, Miss Winslow.“ Parker klang abgehetzt. „Aber ich kann nicht kommen. Zwei Frauen mit vorzeitigen Wehen wurden eingeliefert, beide haben Komplikationen. Wie geht es Case?“

„Momentan schläft er. Das Fieber ist etwas heruntergegangen, aber immer noch ziemlich hoch.“

„Das ist normal. Machen Sie weiter so wie bisher, und rufen Sie mich an, wenn sich sein Zustand verschlechtert.“

„Aber ich wollte eigentlich …“

Parker, der etwas zu jemandem im Hintergrund gesagt hatte, unterbrach sie: „Ich muss jetzt los. Halten Sie mich auf dem Laufenden.“

Klick.

Verdutzt starrte Mellie auf das Telefon. Also ging Parker davon aus, dass sie blieb? Leise ging sie den Flur hinunter und blieb in der offenen Schlafzimmertür stehen. Case schlief.

Heute war Freitag. Fürs Wochenende hatte sie nichts Besonderes vor. Wäsche waschen, Rechnungen bezahlen, und am Sonntag wollte sie mit einer Freundin ins Kino. All das konnte sie auch verschieben. Aber wie würde Case reagieren, wenn sie blieb? Vielleicht wäre er wütend, weil er doch keine Frauen über Nacht in seinem Haus duldete.

Andererseits würde sie sich ewig Vorwürfe machen, wenn sie nach Hause fuhr und ihm dann etwas zustieß. Es ging ihm schlecht, und er war ganz sicher nicht in der Lage, sich etwas zu essen zu machen oder, schlimmer noch, die Medikamente rechtzeitig einzunehmen. Solange sein Fieber so hoch war, bestand durchaus die Möglichkeit, dass er wieder ohnmächtig wurde.

Eigentlich hatte sie gar keine Wahl. Nur ein sehr kaltherziger Mensch würde ihn in diesem Zustand allein lassen. Auch wenn er nicht so unverschämt sexy wäre, könnte sie nicht einfach verschwinden. Krank zu sein war immer schrecklich, besonders für jemanden, der allein lebte. Sie war nun mal hier und würde die Krankenschwester spielen, bis er wieder auf den Beinen war. Wenn er sie dann hochkant aus dem Haus warf, hatte sie wenigstens ein gutes Gewissen.

Leise seufzend wandte sie sich um und ging den Flur hinunter in Richtung Gästezimmer. Alle Knochen taten ihr weh. Jetzt eine heiße Dusche! Glücklicherweise hatte sie immer Ersatzkleidung dabei, falls sie von der Arbeitsuniform in etwas Bequemeres wechseln wollte. Im Gästebad fand sie sogar einen Föhn und eine neue Zahnbürste. Wunderbar. In weniger als zwanzig Minuten hatte sie geduscht und sich die Haare gewaschen. In ihrer bequemen Yogahose und dem geliebten alten T-Shirt fühlte sie sich wie ein anderer Mensch.

Aber wo sollte sie schlafen? Im Gästezimmer? Oder vielleicht lieber in Case’ Riesenbett? Er würde davon sowieso nichts merken, und für sie wäre es einfacher. Sie bräuchte dann nicht immer hin- und herzupendeln, um zu sehen, ob alles in Ordnung war.

Das hörte sich sehr vernünftig an – bis zu dem Moment, als sie vor seinem Bett stand. Denn er hatte wieder die Bettdecke von sich geworfen. Und obgleich er krank war und elend aussah, brauchte sie ihn nur anzusehen, und ihr Puls raste.

Egal, ermahnte sie sich. Sein Fieber war noch so hoch, dass er unter ständiger Kontrolle bleiben sollte. Im Halbschlaf nahm er die nächste Dosis Medikamente ein, trank ein paar Schlucke Wasser und fiel zurück aufs Kissen. Mellie machte das Nachtlicht im Bad an, ließ die Tür einen Spaltbreit offen und blickte auf den Kranken. Wenn er wieder gesund war, würde er sehr schnell zu seinem leicht überheblichen Selbst zurückfinden. Doch momentan war er hilflos wie ein Baby.

Auf Zehenspitzen ging sie auf die andere Seite des Betts und setzte sich vorsichtig. Aus dem Gästezimmer hatte sie sich eine leichte Decke mitgebracht, denn auf keinen Fall wollte sie unter seine kriechen. Sie legte sich hin, zog die Decke über sich und löschte das Licht.

Case zog gequält die Brauen zusammen. Wilde Träume verfolgten ihn, richtige Albträume. Sein Kopf dröhnte, und sämtliche Glieder schmerzten. Sein Mund war trocken. Sehr verschwommen erinnerte er sich daran, dass jemand etwas zu ihm gesagt hatte, aber was? Plötzlich überfiel ihn ein Fieberschauer, und er zitterte. Seine Zähne schlugen aufeinander.

Über sich hörte er eine leise Stimme. War das ein Engel? Er versuchte zu verstehen, was der Engel sagte.

„Oh, Mist, ich habe das Weckerklingeln verpasst. Case, sind Sie wach? Hören Sie mich?“

„Ja“, murmelte er. „Schon okay.“ Dann spürte er, wie ihm etwas zwischen die Lippen geschoben wurde.

„Gar nichts ist okay“, sagte die leise Stimme. „Trinken Sie!“

Der Engel war verärgert. Und das war seine Schuld. „Mir ist so kalt. Steht das Fenster offen?“

Die Stimme antwortete nicht. Schade. Wahrscheinlich würde er sterben, ohne zu erfahren, wie der Engel aussah. Engel waren doch immer weiblich, oder? Hübsch und rosa, mit weichen Flügeln, roten Lippen und einer super Figur …

Aber was war das? Wenn das ein Traum war, wollte er nie wieder aufwachen. Ein eindeutig weiblicher Körper mit weichen Brüsten drückte sich gegen seinen Rücken. Diese Wärme! Er stöhnte wohlig auf, als sich ein schlanker Arm um seine Taille legte und eine Stimme sagte: „Morgen früh werden Sie sich besser fühlen, Case.“

Wenn der Engel es sagte, musste es ja stimmen. Plötzlich spürte er seine Schmerzen nicht mehr. Sanft berührte eine warme Hand seine Stirn.

Vielleicht musste er doch nicht sterben.

7. KAPITEL

Case öffnete ein Auge und schloss es gleich wieder, stöhnend, weil das helle Sonnenlicht ihn blendete. Wenn das ein Kater war, würde er nie wieder etwas trinken. Und falls er in der Hölle gelandet war, würde er wen auch immer anflehen, sein Leben noch einmal leben zu dürfen, um dann alles besser zu machen.

Unruhig warf er sich hin und her. Alles tat ihm weh, selbst die Kopfhaut. Seine Lungen hatten Mühe, sich mit Luft zu füllen. Aber sein Kopf war klar, und so riskierte er es, beide Augen auf einmal aufzumachen. Sein Blick fiel auf Parker Reese, der in einem Sessel an seinem Bett saß. Allerdings checkte sein Freund gerade seine E-Mails auf dem Smartphone und merkte deshalb nicht, dass er wach war.

Case räusperte sich. „Bin ich in der Hölle, und du bist beauftragt, mir meine Fehler vorzuhalten?“

Parker war zusammengefahren und sah ihn jetzt prüfend an. „Nein, ganz so weit sind wir noch nicht. Du wirst vollkommen gesund werden.“

Wieder musste Case sich räuspern. Seine Kehle fühlte sich wie Sandpapier an. „Ich wusste gar nicht, dass du auch Hausbesuche machst“, sagte er krächzend.

„Mach ich auch nicht. Hier, trink etwas.“ Parker nahm das Glas mit Eiswasser vom Nachttisch und schob Case den Strohhalm zwischen die Lippen.

Case trank und ließ sich dann aufatmend zurückfallen. „Im Ernst, warum bist du hier?“

Ungläubig schüttelte Parker den Kopf. „Das weißt du nicht? Weil du eine Grippe hast und halb tot warst.“

„Nur halb?“ Case grinste, aber der Scherz kam nicht besonders gut an.

Mit ernster Miene nahm Parker sein Stethoskop aus der Tasche und horchte ihn ab. „Wir müssen aufpassen, dass nicht noch eine Infektion dazukommt, wie etwa eine Lungenentzündung.“

„Woher wusstest du denn, dass ich krank bin? Sah ich so schlecht aus, als ich gestern Nacht das Pokerspiel abgebrochen habe?“

Parker lehnte sich zurück und hob lächelnd die Augenbrauen. „Heute ist Samstag, mein Lieber. Poker haben wir am Donnerstag gespielt.“

Fassungslos sah Case ihn an. „Und was war am Freitag?“

„Keine Ahnung. Ich bin erst seit zwanzig Minuten hier.“

Case runzelte die Stirn und versuchte, sich an die letzten vierundzwanzig Stunden zu erinnern. Irgendjemand war bei ihm im Bett gewesen, aber ganz bestimmt kein Mann. Hatte er eine Frau mit nach Hause gebracht? Auf keinen Fall, dazu hatte er sich viel zu schlecht gefühlt. Es konnte also nur ein Traum gewesen sein …

Vorsichtig befeuchtete er die aufgesprungenen Lippen. „Mal ehrlich, Parker. Habe ich wirklich einen ganzen Tag verloren? Du hast doch sicher nicht die ganze Zeit an meinem Bett gesessen. Du bist zwar ein guter Freund, aber das glaube ich einfach nicht.“

Parker lachte. „Ich werde mich bessern. Ja, du hast einen ganzen Tag verloren, genauer gesagt sechsunddreißig Stunden. Und ich konnte leider nicht hier sein, denn wir hatten zwei Notfälle in der Klinik. Ich bin danach vom Krankenhaus gleich hergekommen, obwohl ich ins Bett gehöre. Aber ich musste sehen, wie es dir geht.“

„Ja, aber wer hat dann …“

„Mellie Winslow. Sie kam gestern Morgen zur Arbeit und hat dich hoch fiebernd im Bett gefunden. Du warst halb bewusstlos. Sie ist dann bei dir geblieben, nicht nur tagsüber, sondern auch nachts, weil sie dich nicht allein lassen wollte. Wenn sie nicht gewesen wäre, wärst du jetzt wahrscheinlich im Krankenhaus am Tropf. Es hatte dich nämlich ordentlich erwischt.“

Mellie Winslow? Ausgerechnet …

Er erinnerte sich dunkel, dass ihm jemand aus dem Bett und ins Bad geholfen hatte. Wie peinlich. „Wo ist sie jetzt?“

„Ich habe sie nach Hause geschickt, damit sie sich umziehen und ein bisschen ausruhen kann.“

„Kommt sie wieder?“

„Das hängt von dir ab. Mellie weiß, wie wichtig dir deine Privatsphäre ist.“

Case biss sich auf die Lippen. „Ja, das habe ich ihr gegenüber oft genug betont.“ Er sah Parker fragend an. „Aber ich weiß wirklich nicht, warum sie hiergeblieben ist. Ich war nicht gerade sehr freundlich zu ihr.“

Parker zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer. Ich kann bis mittags bleiben. Bis dahin weißt du vielleicht, was du willst.“

Bis mittags hatte Case es immerhin geschafft, sich mit Parkers Hilfe zu duschen und auch etwas zu essen. Ihm war klar, dass er allen Grund hatte, dankbar zu sein. Vielleicht sollte er dem Krankenhaus mal wieder einen großen Betrag spenden, darüber würde Parker sich sicher sehr freuen. Aber wie sollte er sich bei Mellie bedanken?

Parker war schon fast aus der Tür, als sein Telefon klingelte. Er sah erst auf das Display und dann Case an. „Es ist Mellie. Sie will wissen, ob sie kommen soll. Was soll ich ihr antworten?“

„Ich weiß auch nicht“, wich Case aus. „Ich kenne sie ja kaum. Auf keinen Fall soll sie sich verpflichtet fühlen, sich um mich zu kümmern.“

„Sie ist eine sehr nette junge Frau. Du könntest es schlechter treffen.“

„Ich weiß. Aber Nathan hat mir gesagt, dass ich es mit Amanda zu tun bekomme, wenn ich mit Mellie etwas anfange.“

„Hast du das denn vor?“

„Weiß ich nicht. Vielleicht. Sie hat mich in einem miesen Zustand gesehen.“

„Ist das gut oder schlecht?“ Parker sah ihn forschend an.

Case zuckte die Achseln. „Ich muss wohl wieder ins Bett.“

„Das glaube ich auch. Du siehst furchtbar aus.“

„Sag ihr, ich rufe sie später an.“

„Hast du das wirklich vor?“

Case nickte. „Ja, vielleicht hatte ich bis dahin eine Erleuchtung.“ Er streckte die Hand aus. „Danke.“

„Gern geschehen. Bin froh, dass ich helfen konnte. Wenn du dich wieder schlechter fühlst, ruf mich an. Männer sind schreckliche Patienten. In deiner Situation hat es keinen Sinn, den Helden zu spielen.“

„Werde ich mir merken. Wiedersehen, Parker.“

Mit weichen Knien ging Case zurück in sein Schlafzimmer und fiel bäuchlings aufs Bett. Er hatte versprochen, regelmäßig die Tabletten zu nehmen. Aber erst einmal musste er schlafen.

Nervös ging Mellie in ihrem kleinen Wohnzimmer hin und her. Dr. Reese hatte gesagt, Case würde sie anrufen. Aber das war mittags gewesen, und jetzt war es beinahe fünf Uhr nachmittags.

Sie hatte eine Lasagne vorbereitet und sogar ein paar Kekse gebacken. Aber es sah ja eher so aus, als müsste sie heute Abend allein essen.

Wahrscheinlich war es Case peinlich, dass sie ihn in einem so jämmerlichen Zustand gesehen hatte. Dankbarkeit konnte sie nicht erwarten, das war ihr schon klar. Vielleicht konnte er sich auch gar nicht daran erinnern, dass sie da gewesen war.

Sie dafür um so deutlicher. Und ob. Als er schließlich mitten in der Nacht aufgehört hatte zu zittern, hatte auch sie etwas schlafen können. Immer noch hielt sie ihn umschlungen, und wann immer sie aus ihrem leichten Schlaf erwachte, war sie über diese beinahe intime Haltung erschrocken. Doch sie hatte es nicht gewagt, sich zu rühren, aus Angst ihn aufzuwecken.

Außerdem war ihr in diesen langen Nachtstunden etwas klar geworden. So sehr sie sich auch bemühte, klare professionelle Grenzen zu ziehen, ihr Bild von Case hatte sich grundlegend geändert.

Und wenn schon. Dass er sich heute Nachmittag nicht mit ihr in Verbindung gesetzt hatte, machte deutlich, dass er mit ihr nichts mehr zu tun haben wollte. Das tat weh, auch wenn sie seine Gründe verstehen konnte. Es war wohl besser, die Arbeit bei Case von jemand anderem aus ihrer Truppe fortsetzen zu lassen.

Seufzend holte sie einen Teller aus dem Schrank und öffnete den Backofen, wo sie die Lasagne warmhielt. Sie wollte sich gerade einen Löffel voll auftun, als ihr Telefon eine SMS meldete.

Störe ich Sie gerade?

Es war Case.

Nein. Haben Sie Hunger?

Und ob.

Ich habe eine Lasagne gemacht. Soll ich sie vorbeibringen?

Ich möchte Ihnen keine Mühe machen.

Ist keine Mühe. Bis gleich.

Schnell nahm sie die Lasagne aus dem Ofen und wickelte die Auflaufform in Handtücher, um sie warmzuhalten. Das Brot vom Bäcker konnte sie in Case’ Mikrowelle aufbacken. Dr. Reese hatte ihm sicher etwas zu Mittag gemacht, aber das war schon ein paar Stunden her.

Auf dem Weg zur Ranch redete sie sich gut zu.

Bleib gelassen. Lass dich nicht provozieren. Behandle ihn wie einen Bruder.

Letzteres würde ihr schwerfallen. Zum einen hatte sie keinen Bruder. Und zum anderen war das, was sie für Case empfand, alles andere als schwesterliche Liebe. Er verwirrte sie, forderte sie heraus und ließ Wünsche in ihr wach werden, die sie erschreckten. Leider war der Weg zu kurz, als dass sie sich wirklich eine Strategie hätte zurechtlegen können. Viel zu schnell war sie da, holte die Lasagne aus dem Auto und stand vor seiner Tür. Sie klingelte.

Erst nach einer endlosen Minute öffnete er.

„Bitte kommen Sie herein.“ Er nahm ihr die Auflaufform ab und trug sie in die Küche.

Mellie folgte ihm und starrte fasziniert auf seine Jogginghose, die ihm sehr tief auf den Hüften hing. Oh Gott …

Weil sie die Fenster geputzt hatte, war es im Esszimmer jetzt sehr hell, sodass ihr auffiel, wie sein weißes T-Shirt seine muskulöse Brust betonte.

Als sie ihm ins Gesicht sah, bemerkte sie sofort, dass er noch sehr angeschlagen war. Die dunklen Augenringe, die blasse Haut … Aber er lächelte.

„Das riecht sehr gut, Mellie.“

„Hoffentlich mögen Sie italienisches Essen. Ich hätte Sie vorher fragen sollen.“

„Keine Sorge. Ich bin nicht wählerisch, wenn es ums Essen geht.“ Er stellte die Glasform auf den Tisch. „Möchten Sie ein Glas Wein?“

Als sie sah, dass er schwankte und sich an der Tischkante festhalten musste, packte sie ihn schnell bei den Oberarmen. „Später vielleicht. Jetzt setzen Sie sich erst einmal. Sie sehen ja aus, als ob Sie jeden Augenblick zusammenbrechen.“

Widerstrebend ließ er sich zu einem Stuhl führen und setzte sich. „Ich will nicht, dass Sie mich bedienen“, wehrte er ab, aber sie schüttelte nur den Kopf.

„Es geht Ihnen nicht gut. Sie sind schwach. Also bleiben Sie sitzen. Ich hole Teller und Besteck.“

Er widersprach nicht, sondern folgte ihr nur stirnrunzelnd mit den Blicken. „Ich muss mich noch bei Ihnen entschuldigen“, stieß er schließlich verlegen hervor. „Für letzte Nacht.“

„Wieso denn?“

„Ich kann mich an kaum etwas erinnern.“ Wurde er tatsächlich rot? „Aber es war sicher nicht einfach für Sie.“

Unwillkürlich musste sie lächeln und wandte sich schnell ab. Es tat ihr irgendwie gut, diesen selbstbewussten Cowboy so hilflos zu sehen. „Da gibt es nicht viel zu erinnern.“ Sie tat ihm ein Stück Lasagne auf den Teller und stellte ihn vor ihn hin. „Hier, essen Sie, bevor es kalt wird.“

Bevor sie die Hand zurückziehen konnte, hielt er sie am Handgelenk fest. „Ich habe ein paar unpassende Bemerkungen gemacht. Und ich habe Sie geküsst. Dafür möchte ich mich entschuldigen.“

„Seien Sie nicht albern. Sie haben mir ein Kompliment gemacht, und darüber habe ich mich gefreut. Sie sind nicht mein Chef, der sich einer Angestellten gegenüber unpassend benimmt. Wir sind gleichberechtigt. Ein Mann und eine Frau.“

„Und was ist mit der letzten Nacht?“

Da hatte sie ihn umarmt und sich an ihn gedrückt, um ihn zu wärmen …

„Da war gar nichts. Sie waren krank, und ich konnte Sie nicht allein lassen.“

Mellie setzte sich und nahm sich von der Lasagne. Als sie sich den ersten Bissen in den Mund schob und dabei den Blick hob, hätte sie sich fast verschluckt. Case sah sie mit einer solchen Intensität an, als erinnerte er sich an jede Minute der letzten Nacht. Aber das konnte nicht sein. Er war doch krank gewesen und hatte hohes Fieber gehabt.

Schließlich griff er nach der Gabel, ließ sie aber dabei nicht aus den Augen. „Parker hat mir erzählt, dass ich vierundzwanzig Stunden lang quasi einen Blackout hatte. Und er hat gemeint, man hätte mich ins Krankenhaus einliefern müssen, wenn Sie sich nicht um mich gekümmert hätten.“

„Ach was, Ihr Freund übertreibt. Das war keine große Sache.“

„Aber für mich war es das.“ Case beugte sich vor und bedeckte ihre Hand mit seiner. „Ich danke Ihnen, Mellie. Für alles.“

8. KAPITEL

Mellie zuckte zusammen und entzog ihm schnell die Hand. Case wunderte sich selbst über seine Geste. Normalerweise war er nicht der romantische Typ.

Mellies Hand hatte sich beinahe zerbrechlich unter seiner angefühlt, was so gar nicht zu dem Bild passte, das er von ihr hatte. Sie war eine starke unabhängige Frau, die keinen Mann brauchte, der sich um sie kümmerte. Aber genau dieser Wunsch stieg in ihm auf.

„Entschuldigung“, murmelte er. „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“

„Das tun Sie auch nicht.“ Sie hatte sich wieder gefangen. „Ich werde nur nicht schlau aus Ihnen.“

„Nein? Ich bin doch leicht zu durchschauen.“ Er nahm ein Stück Lasagne auf die Gabel, aß und merkte erst jetzt, wie hungrig er war.

Sie lachte kurz auf. „Von wegen!“

„Wieso denn nicht?“ Wenn sie ihn so lächelnd ansah wie jetzt, stieg unbestreitbar Verlangen in ihm auf …

„Ich weiß nur, dass Sie reich und ungebunden sind, sich aber nicht ernsthaft um eine Frau bemühen. Zumindest nicht hier in Royal.“

„Woher wollen Sie das wissen?“

„Ich habe so meine Quellen.“

„Und weiter?“

„Sie wollen sich von niemandem in die Karten gucken lassen, aber Sie kennen jeden in der Stadt. Sie sind beliebt, sonst hätte man Sie nicht zum Präsidenten des TCC gewählt.“

Er beugte sich lächelnd vor. „Dann haben Sie sich also sehr intensiv mit mir beschäftigt. Wie schmeichelhaft.“

„Um Himmels willen, das wollte ich nicht!“ Sie hob lachend die Hände. „Sie sind schon selbstbewusst genug.“

„Ist das schlimm?“ Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er mit Mellie flirtete. Sie schien allerdings nicht darauf zu reagieren. „Selbstbewusstsein ist nie nur gut oder schlecht“, fuhr er darum fort. „Es kommt auf den Grad an.“

„Und wie schätzen Sie sich ein? Wahrscheinlich ist es bei Ihnen reichlich ausgeprägt, oder?“

Leicht verärgert lehnte er sich zurück. „Wenn Sie sich nur nicht täuschen.“ Er stand auf und goss sich noch ein Glas Wein ein. Seine Knie zitterten, aber das hatte nichts mit dem Alkohol zu tun. Diese verfluchte Grippe. Wie lange würde diese Schwäche noch andauern? Langsam ging er zum Tisch zurück und ließ sich schwer auf den Stuhl fallen.

Mellie sah ihn besorgt an. „Sie gehören ins Bett.“

„Nur wenn Sie mitkommen.“ Er erschrak – das hatte er nicht laut sagen wollen.

Mellie riss die Augen auf. Sie war knallrot geworden. „Was ist bloß mit euch Männern los?“, stieß sie leise hervor.

Immerhin habe ich sie verlegen gemacht, dachte er befriedigt. Also konnte er sie mit der unzensierten Wahrheit aus der Fassung bringen. „Was meinen Sie damit?“, fragte er ebenso leise.

„Sie können sich kaum auf den Beinen halten, und trotzdem denken Sie an Sex.“

„Das ist nun mal so bei Männern. Es liegt in den Genen. Dafür können wir nichts. Besonders, wenn uns eine bildhübsche Frau etwas zu essen bringt und Krankenschwester spielt.“

„Ich habe nicht gespielt. Sie waren krank.“

„Zu schade, dass ich das nicht genießen konnte.“

„Case!“

Nun musste ihr klar sein, dass er sie begehrte. Und er war ziemlich sicher, dass sie ähnlich empfand. Aber das musste er genau wissen, bevor er einen Schritt weiterging. Wenn eine Frau sich nicht für ihn interessierte, ließ er sie in Ruhe.

„Zwischen uns hat es ziemlich gefunkt“, erklärte er. „Zumindest ich spüre es. Wenn es bei Ihnen anders ist, brauchen Sie es nur zu sagen. Dann halte ich mich zurück. Also, irre ich mich?“

Sie senkte den Blick, zögerte. Dann: „Nein …“

Es war nur ein Wort, doch sofort durchzuckte Erregung seinen Körper. Er starrte Mellie an und wusste nichts zu sagen. Heute trug sie nicht ihre Arbeitskleidung, sondern eine enge Jeans, die ihre langen Beine und die schmale Taille betonte, dazu einen flauschigen hellgrünen V-Pulli. Unter anderen Umständen hätte er sie sofort in die Arme gezogen, wie wahnsinnig geküsst und dann gleich hier auf dem Tisch genommen. Aber obwohl sein Körper Ja schrie, fühlte er sich dazu zu schwach.

„Zu dumm, dass ich heute darauf nicht angemessen reagieren kann“, sagte er lächelnd.

„Warum sollten Sie?“ Mellie wirkte erstaunlich ruhig, nur ihre Stimme zitterte leicht.

„Weil wir es beide wollen.“ Eine Frau, die ganz sicher nichts für unverbindlichen Sex übrig hatte, und ein Mann, der momentan zu nichts anderem bereit war.

Mellie stand auf. „Ich komme morgen und bringe wieder etwas zu essen mit.“

„Hab keine Angst vor mir, Mellie.“ Er meinte, was er sagte. Die Vorstellung, sie könne ihn für verantwortungslos halten, war schrecklich. Sicher, er begehrte sie, aber andererseits war er auch von ihrer Persönlichkeit beeindruckt. Er wollte mit ihr schlafen, aber er wollte sie auch vor Männern wie ihm selbst beschützen.

Das alles ergab überhaupt keinen Sinn …

„Ich habe keine Angst vor Ihnen.“ Mellie sah ihn ernst an. „Auch nicht vor dem, was zwischen uns geschehen könnte. Aber ich habe noch nie ein Verhältnis mit einem Mann angefangen, das von vornherein keine Zukunft hatte.“

Das konnte er sogar verstehen. Aber ihr Zögern steigerte leider nur seine Erregung. „Muss man denn schon von Anfang an wissen, wie etwas ausgeht?“

„Nun tun Sie doch nicht so, Case.“ Ihre Augen funkelten zornig. „Wir wissen doch beide, dass Sex zwischen uns eine rein körperliche Sache wäre. Keine Blumen, keine romantischen Dinners und keine Schwüre von unsterblicher Liebe.“

„Ganz schön zynisch.“

„Aber wahr.“

Er wollte etwas dagegen sagen, aber ihm fiel nichts ein. Irgendwie hatte sie ja recht. „Das ist also ein Nein?“ So etwas war ihm noch nie passiert. Die meisten Frauen würden ihm jetzt zu Füßen liegen. Aber Mellie Winslow war eben nicht wie die meisten Frauen. Das lernte er schneller, als ihm lieb war.

Sie zuckte mit den Schultern. „Abwarten. Noch haben Sie mit der Grippe zu tun. Und damit die Gelegenheit, über alles noch einmal in Ruhe nachzudenken.“

„Geh nicht“, flüsterte er. Er wollte, dass sie blieb, hier in seinem Haus. „Ich kann dich sowieso nicht verführen. Ich kann mich ja kaum auf den Beinen halten.“

Mellie überlief es heiß. Wieder versuchte Case, sie zurückzuhalten. Wieder tat er so, als sei er nicht der große böse Wolf, der das kleine unsichere Rotkäppchen vernaschen wollte.

„Ich kann nicht über Nacht bleiben.“ Das war gelogen. Sie konnte durchaus. Aber sie würde es nicht tun.

„Dann wollen wir wenigstens einen Film zusammen ansehen. Es ist so öde, nur im Bett zu liegen.“

Er tat ihr plötzlich wieder leid. Er sah elend aus, bleich und unglücklich. „Na gut, ich bleibe noch ein bisschen.“

Als er aufstand, legte sie ihm schnell den Arm um die Hüften. „Nicht, dass ich Sie wieder vom Boden hochwuchten muss.“

Er lachte leise. „Habe ich daher die Beule am Kopf?“

„Na ja, Sie waren nicht gerade ein Musterpatient letzte Nacht.“

Er küsste sie auf den Scheitel. „So jemanden wie Sie verdiene ich gar nicht.“

„Sehr richtig.“ Mellie wusste, dieses lockere Geplänkel war die einzige Möglichkeit, ihr Verlangen zu unterdrücken, mit diesem in jeder Hinsicht attraktiven Mann ins Bett zu gehen.

Im Wohnzimmer ließ Case sich auf das Ledersofa fallen und wies auf den Platz neben sich. „Kommen Sie, Mellie.“

„Ich habe es hier sehr bequem.“ Sie setzte sich in einen gemütlichen Sessel ihm gegenüber. Case ließ sie nicht aus den Augen. „Haben Sie Ihre Tabletten genommen?“, fragte sie.

Unwillig zog er die dunklen Brauen zusammen. „Sie können wohl über nichts anderes reden.“

„Okay, ich hole sie.“ Wahrscheinlich war es ihm unangenehm, so abhängig von ihr zu sein. Als sie zurückkam, hatte er den Fernseher eingeschaltet und spielte mit der Fernbedienung herum. Sie legte ihm die Hand auf die Stirn. Heiß. Dass er Fieber hatte, verwunderte sie nicht.

„Hier, nehmen Sie.“ Auf der ausgestreckten Hand hielt sie ihm ein paar Tabletten hin und reichte ihm ein Glas Wasser.

Er schüttelte den Kopf. „Mir geht’s gut.“

Er war frustriert, das merkte sie. Nicht nur sexuell, sondern auch, weil er sich körperlich so hilflos fühlte. Was er wollte und was er konnte, passte im Moment einfach nicht zusammen.

„Seien Sie vernünftig“, sagte sie sanft. „Wenn Sie Ihre Pillen nehmen, setze ich mich neben Sie, und Sie können den Kopf in meinen Schoß legen.“

Dass er darauf nicht sofort mit einer sexuellen Anspielung reagierte, beunruhigte sie. Er musste sich schlechter fühlen, als sie gedacht hatte. Gehorsam nahm er die Medikamente und streckte sich dann leise stöhnend auf dem Sofa aus, nachdem sie sich gesetzt hatte. Er legte ihr tatsächlich den Kopf in den Schoß, und sie strich ihm das feuchte Haar aus der Stirn.

„Möchten Sie wirklich einen Film sehen?“

„Nein.“ Er hielt die Augen geschlossen. „Ich fühle mich ziemlich mies.“

„Kann ich mir vorstellen.“

Nach wenigen Sekunden atmete er tiefer, und sie wusste, er war eingeschlafen. Das alte Haus knackte, und die Kaminuhr tickte leise. Mehr war nicht zu hören.

Was für eine unwirkliche Situation. Seltsam, wie schnell sie die sozialen Barrieren überwunden hatten. Sie war von ihm engagiert worden, um sein Haus in Ordnung zu bringen. Er war der reiche Rancher und dazu noch Präsident des angesehenen TCC. Er hatte eine schlechte Ehe hinter sich. Und sie hatte es aus Verlustangst nie gewagt, eine Ehe einzugehen.

Nun saßen sie hier zusammen. So intim, als hätten sie sich bereits geliebt. Ohne weiter darüber nachzudenken, strich sie ihm mit dem Zeigefinger über die Ohrmuschel. Wie er wohl im Bett war? Sicher leidenschaftlich und fordernd.

Unwillkürlich presste sie die Knie zusammen, als sie einen prickelnden Schauer der Erregung spürte. Sie begehrte ihn, da brauchte sie sich nichts vorzumachen. Wie sollte das erst werden, wenn er wieder gesund war? Momentan war er hilflos und von ihr abhängig. Fühlte sie sich deshalb so zu ihm hingezogen? Verführte er sie, ohne dass es ihm bewusst war?

Wie würde der Abend weitergehen? Ob sie doch bei ihm im Bett landete?

Und warum auch nicht? Vielleicht wäre es das Beste, was ihr passieren konnte. Das könnte durchaus sein, wenn sie an die Männer in Royal dachte, die noch zu haben waren. Davon interessierte sie kein Einziger. Vielleicht war es ihr Schicksal, allein zu bleiben, sich auf ihren Beruf zu konzentrieren, für ihren Vater zu sorgen und eine verlässliche Freundin zu sein.

Der Gedanke, allein zu leben, beunruhigte sie nicht. In dem Punkt konnte sie Case verstehen. Er liebte seine Privatsphäre, sie ihre Unabhängigkeit. Da passten sie doch eigentlich gut zusammen. Zumindest vorübergehend. Es könnte sehr aufregend und für beide Seiten befriedigend werden. Aber heute leider nicht.

Um neun Uhr abends stand sie vorsichtig auf und schob Case ein Kissen unter den Kopf. Er schlief fest. Sein Bartschatten war dunkler geworden, und trotz der entspannten Züge wirkte der Mann verwegen.

Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen, ihn allein zu lassen. Doch er war ein erwachsener Mann, und es war nicht ihre Pflicht, für ihn zu sorgen. Außerdem würde Parker Reese noch nach ihm sehen. Also räumte sie nur die Küche auf, nahm ihre Sachen und schlich auf Zehenspitzen aus dem Haus.

Nur um zu Hause wieder auf ihren Vater zu stoßen, der vor ihrer Tür saß.

9. KAPITEL

Mellies Lächeln fiel etwas sparsam aus. „Es ist schon spät, Dad. Was willst du?“

Er dachte gar nicht daran, ihr ihre Sachen abzunehmen und sie ins Haus zu tragen. Was leider typisch war. Harold Winslow kümmerte sich nur um Harold Winslow.

„Ich muss mir von dir fünfzig Dollar leihen, mein Kind. Nur bis Montag. Dann kriegst du sie bestimmt wieder.“

Sie hatte schon längst aufgegeben, Buch zu führen. Es waren immer kleinere Summen, mal fünfzig, mal hundert Dollar. Aber wenn sie ihn vorsichtig daran erinnerte, dass er ihr noch Geld schuldete, vertröstete er sie lächelnd. Das Geld sah sie nie wieder.

Das war natürlich ihr eigener Fehler. Warum hatte sie nie Nein gesagt? Dann hätte er begriffen, dass es ihr ernst war. Aber er war ihr Vater. Er hatte sie mit aufgezogen und war ihr einziger Halt gewesen, als ihre Mutter starb.

„Wozu brauchst du denn das Geld?“ Sie ließ alles auf den Küchentisch fallen und drehte sich zu ihrem Vater um.

Verunsichert sah er sie an. Sie hatte ihn bisher nie gefragt, was er mit dem Geld machen wollte. „Ich … ich hatte viele Ausgaben in diesem Monat“, stammelte er.

„Und deshalb hast du kein Geld mehr, um dich heute und morgen zu betrinken?“

„Dein Ton gefällt mir ganz und gar nicht!“

So streng war sie bisher noch nie mit ihm gewesen. Aber das war ihr ganz egal, müde und frustriert, wie sie war. „Kann sein. Aber ich kann mir mein Geld auch nicht drucken. Ich habe selbst viele Ausgaben und muss sehen, dass ich meine Firma am Laufen halte.“

„Wo warst du eigentlich heute Abend?“

Der Themenwechsel machte sie sprachlos. Was ging ihn das an? Aber sie hatte nichts zu verbergen. „Ich habe Case Baxter etwas zu essen gebracht. Er hat Grippe.“

„Sieh an, sieh an …“

Harolds vielsagendes Grinsen ärgerte sie. „Es ist spät, und ich bin müde, Daddy. Geh nach Hause, und trink eine Cola-Rum … ohne Rum.“

Sein Gesicht wurde rot vor Wut. „Was ist denn in dich gefahren, Mädchen? Wenn du glaubst, dass du etwas Besonderes bist, nur weil du so einem superreichen Rancher Gesellschaft leistest, dann hast du dich geirrt. Solche Typen heiraten keine Frauen, die ihre Klos putzen!“

Diese Grobheit ließ sie zusammenzucken. Waren sie so weit gekommen? Sie widersprach ihm ein einziges Mal, und schon beleidigte er sie? Traurig griff sie nach ihrer Handtasche, nahm das Portemonnaie heraus und hielt ihm ein paar Scheine hin. Er riss sie ihr hastig aus der Hand, als hätte er Angst, sie könnte es sich anders überlegen.

Dann lächelte er. „Du bist so gut zu deinem alten Dad. Das werde ich dir nie vergessen.“ Er stopfte die Scheine in seine Hemdtasche.

Mellie presste die Lippen zusammen, um nicht loszuheulen. „Ich kann nicht mehr, Dad“, sagte sie dann leise. „Dies ist das letzte Mal. Du brauchst Hilfe.“

„Wieso denn? Mir geht es gut. Und ich weiß nicht, warum du dich so anstellst wegen der paar Dollars.“

„Ich habe mir deine Pacht- und Mieteinnahmen angesehen. Du könntest leben wie ein König.“ Immer noch half sie hin und wieder in der Verwaltung des Winslow-Besitzes aus. Und so wusste sie, dass genug Geld hereinkam. Was tat er bloß damit? Für Renovierungen gab er es zumindest nicht aus.

„Hast du etwa Angst um dein Erbe?“

Die Beleidigung konnte sie nicht mehr treffen. Sie wusste, dass sie froh sein konnte, wenn ihr Vater später nicht von Essensmarken leben musste. „Ich habe Angst um dich“, sagte sie ruhig. „Und auch wenn du es mir nicht glaubst, von mir kriegst du keinen Cent mehr. Damit ist jetzt Schluss.“

Diesmal zuckte er zusammen. Langsam ging er rückwärts zur Tür. „Vielleicht verkaufe ich den Courtyard“, sagte er zögernd. „Die Samson Oil ist interessiert.“

Der Courtyard war eine alte, aber sorgfältig restaurierte Ranch einige Meilen westlich der Stadt, die zu einer Art Kunst- und Kulturzentrum geworden war. In der großen Scheune und den angrenzenden Gebäuden wurden Ausstellungen veranstaltet und hatten Galerien aufgemacht. Viele Künstler waren dorthin gezogen, und der Wert des ganzen Komplexes war um Etliches gestiegen.

„Aber Daddy, du weißt doch selbst, dass es ein großer Fehler wäre, zu verkaufen.“ Mellie war klar, dass er sie unter Druck setzen, sie manipulieren wollte, typisch für Alkoholiker. Und leider schaffte er es immer wieder.

Doch Harold zuckte nur mit den Schultern. „Das ist deine Meinung. Aber ich muss jetzt los. Bis später mal wieder.“

Bevor sie etwas sagen konnte, war er verschwunden. Die Haustür fiel ins Schloss. Mellie sank auf einen Küchenstuhl und stützte den Kopf in die Hände. Wäre sie bloß bei Case geblieben, dann hätte sie diese Auseinandersetzung vermeiden können.

Als es fünf Minuten später klingelte, erhob sie sich mühsam. Mist. Wenn das wieder ihr Vater war, musste sie sich wohl auf einiges gefasst machen. Sie griff nach einem Taschentuch und wischte sich die Tränen von den Wangen. Normalerweise ließ sie sich von Harold nicht provozieren. Er war oft gemein, wenn er betrunken war. Aber heute war er besonders bösartig gewesen.

Sie putzte sich die Nase und öffnete dann die Tür. Gott sei Dank war es nicht ihr Vater, sondern Amanda Battle.

„Komm rein.“

„Danke.“ Amanda rieb sich fröstelnd die Unterarme. „Es ist schon spät, ich weiß. Ich kann auch nicht lange bleiben. Es ist ja schrecklich kalt auf einmal. War doch gerade noch Sommer.“

Unwillkürlich musste Mellie lächeln. „Na, nicht ganz. Es geht schließlich auf Weihnachten zu. Was gibt es? Du bist doch sicher nicht gekommen, um mit mir über das Wetter zu reden.“

„Nein, natürlich nicht. Bei uns spielen sie heute Poker, und ich musste unbedingt mal raus aus dem Haus. Außerdem wollte ich Genaueres über Case wissen. Nathan hat ihn zwar angerufen, aber du weißt ja, wie Männer sind. Case hat nur gesagt, alles sei in Ordnung.“

„Und du glaubst ihm nicht?“

„Nein. Parker hat uns erzählt, Case geht es schlecht. Wenn du nicht gekommen wärst, hätte man ihn bestimmt ins Krankenhaus einliefern müssen.“

„Vielleicht“, gab Mellie zu. „Es war jedenfalls gut, dass ich da war. Heute Abend habe ich ihm etwas zu essen gebracht. Er war zwar nicht gerade strahlender Laune, aber alles in allem schien es ihm etwas besser zu gehen.“ Zumindest so gut, dass er schon wieder flirten konnte … Aber das brauchte Amanda nicht zu wissen.

„Wie schön, dass du ihm helfen konntest. Wir haben uns inzwischen überlegt, dass wir als seine Freunde etwas für ihn tun können. Abwechselnd für ihn kochen und ihm Essen bringen, meine ich. Und Parker wird sich darum kümmern, dass Case seine Medizin nimmt.“

„Das ist prima, danke.“ Obwohl Mellie wusste, dass Amanda es nicht so meinte, fühlte sie sich ausgeschlossen. Als hätte sie ihre Schuldigkeit getan. Ab jetzt würden sich seine Freunde um den Kranken kümmern, und zu diesen Freunden gehörte sie nicht. Das tat weh. Normalerweise hätte sie nicht so empfunden, aber nach der Auseinandersetzung mit ihrem Vater lagen ihre Nerven blank.

Nach einem Blick auf die Uhr seufzte Amanda leise. „Ich muss gehen. Ich habe Nathan versprochen, ihm und den Jungs ein paar Snacks zu machen.“

„So spät noch?“

Amanda lachte. „Ja, leider. Wenn er mit seinen Freunden zusammenkommt, vergisst er immer, dass er keine achtzehn mehr ist.“

„Aber deshalb liebst du ihn ja auch, oder?“

„Ja, wahrscheinlich. Außerdem macht es mir Spaß, die Jungs zu verwöhnen. Sie arbeiten alle viel, und ich gönne ihnen von Herzen, dass sie sich mal ein paar Stunden entspannen können.“

„Nathan kann von Glück sagen, dass er dich hat.“

Amanda grinste. „Allerdings.“

Mellie brachte ihre Freundin zur Tür und blieb nachdenklich zurück. Was für ein ganz anderes Leben! Wie es wohl war, wenn man sich geliebt fühlte, wenn man hundertprozentig sicher sein konnte, sich auf den anderen verlassen zu können und nie enttäuscht zu werden?

Dieses Gefühl hatte Mellie nur gekannt, solange ihre Mutter lebte. Nach Ila Winslows Tod hatte sie erfahren müssen, dass echte Liebe äußerst selten war.

Der nächste Tag war strahlend und sonnig und entsprach so gar nicht Mellies Laune. Sie hätte es lieber grau und regnerisch gehabt, eine gute Erklärung für ihren Gemütszustand. Aber so musste sie sich eingestehen, dass sie niedergeschlagen war, weil sie Case Baxter heute nicht sehen würde.

Nach dem sonntäglichen Gottesdienst hatte sie sich zum Brunch mit einer Freundin verabredet. Danach fuhr sie zum Yoga, wie immer sonntags. Als sie nach dem Kurs geduscht, die Haare gewaschen und sich umgezogen hatte, fühlte sie sich schon viel besser. So wichtig war Case nun auch wieder nicht. Kein Grund, sich wegen eines Mannes verrückt zu machen.

Erst im Auto warf sie wieder einen Blick auf ihr Handy und war erstaunt, mehrere SMS vorzufinden.

Hilfe, meine Haushälterin ist verloren gegangen.

Zwanzig Minuten später kam:

Am Sonntag zahle ich doppelt. Wie wär’s?

Und die dritte SMS:

Wollen Sie mir nicht Gesellschaft leisten? Ihr Ruf ist doch sowieso ruiniert.

Mellie musste lächeln. Irgendwie hatte er ja recht. Warum sollte sie nicht nach ihm sehen? Gespannt, wie er auf eine sehr nüchterne Antwort reagieren würde, antwortete sie:

Am Sonntag arbeite ich nicht. Hoffe, dass es Ihnen besser geht. Sobald Sie wieder gesund sind, mache ich weiter.

Sie legte das Handy auf den Beifahrersitz und ignorierte die einkommenden Nachrichten. Während der Fahrt nahm sie das Telefon grundsätzlich nicht in die Hand. Erst als sie das Auto in der Garage geparkt hatte, griff sie nach dem Handy.

Ob mein Haus sauber und aufgeräumt ist, interessiert mich überhaupt nicht.

Ich langweile mich zu Tode.

Sie können mich doch nicht im Stich lassen.

Ihre Hand zitterte vor Erregung, obwohl ihr klar war, was dahintersteckte. Case langweilte sich und ging davon aus, dass sie nichts Besseres zu tun hatte, als ihn aufzumuntern. Sollte sie darauf antworten? Aber wie? Schließlich schrieb sie:

Haben Sie schlechte Laune?

Klar habe ich schlechte Laune. Ich bin einsam und ans Haus gefesselt …

Wahrscheinlich haben Sie es nicht anders verdient.

Hm, das war vielleicht etwas zu hart gewesen. Zwei Minuten war Ruhe. Aber dann:

Bitte kommen Sie, Mellie. Ich werde mich gut benehmen, das verspreche ich. Sie brauchen auch nicht für mich zu kochen. Ich habe reichlich zu essen hier, könnte eine ganze Armee verpflegen.

Sollte sie oder sollte sie nicht? Wie konnte sie Nein zu etwas sagen, das sie doch von ganzem Herzen wollte?

Okay, ich komme in einer Stunde. Soll ich irgendetwas mitbringen?

Nur Mellie Winslow.

Normalerweise war Mellie nicht so eitel. Aber heute wusste sie einfach nicht, was sie anziehen sollte. Schließlich entschied sie sich für eine schmal geschnittene schwarze Hose, einen hellgrauen Kaschmirpullover und darüber eine kurze grau-weiß-gestreifte Jacke. Dazu passten die feinen silbernen Ohrringe. Na ja, vielleicht war das ein bisschen zu elegant. Aber sie konnte ja immer behaupten, sie hätte sich nach dem Gottesdienst nicht umgezogen.

Plötzlich fiel ihr ihre Mutter ein.

Bleib immer du selbst, Mellie, hatte sie oft gesagt.

Sei aufrichtig, und sag die Wahrheit, auch wenn es schmerzt.

Mellie betrachtete sich prüfend im Spiegel. Was sollte sie nur mit ihrem Haar machen? Außer zur Arbeit trug sie es normalerweise offen. Aber vielleicht war das zu auffällig? Case könnte sie missverstehen … Nach einigem Hin und Her band sie ihre roten Haare schließlich mit einer einfachen Schleife im Nacken zusammen.

Wieder betrachtete sie sich nachdenklich im Spiegel. Okay, das ging. Jetzt sah sie wie eine junge Frau aus, die zwar ausgehen wollte, aber nicht unbedingt zu einem Date mit einem Mann.

Oder?

„Quatsch!“ Wütend auf sich selbst griff sie nach Tasche und Schlüsseln und war aus der Tür, bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte. Im Wagen zog sie sich die Schleife aus den Haaren und ließ sie offen auf die Schultern fallen. Das war nun auch egal.

Es dämmerte schon, als sie in die lange Auffahrt einbog. Außerdem war es neblig, und so tauchte das schöne alte Haus sehr plötzlich am Ende der Auffahrt auf. Wieder war Mellie begeistert vom Charme des Gebäudes. Ein Außenlicht brannte und gab ihr das gute Gefühl, willkommen zu sein.

Ihr Herz schlug schneller, als sie die Stufen zur offenen Veranda emporstieg.

Case empfing sie oben an der Treppe.

„Endlich!“, sagte er lächelnd. „Das wurde aber auch Zeit.“

„Hallo, Case. Was machen Sie hier draußen in der Kälte? Das ist nicht gut für jemanden, der Grippe hat.“

Er legte ihr den Arm um die Schultern und schob sie ins Haus. „Ich musste unbedingt mal frische Luft schnappen. Im Haus ist es wie im Grab.“

„Im Grab?“ Sie lächelte, als er ihr den Mantel abnahm. „Ein sehr komfortables Grab, muss ich sagen.“

Verlegen zuckte er mit den Schultern. „Ich fürchte, ich habe noch Fieber. Da dürfen Sie nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.“

Ja, genau das ist das Problem …

„Haben Sie wirklich Fieber?“

Case blieb stehen und beugte sich vor, nahm ihre Hand und legte sie sich auf die Stirn. „Ich fürchte, ja.“

Stimmt, die Stirn fühlte sich heiß an. „Wann haben Sie denn die letzten Tabletten genommen?“

„Weiß nicht genau. Vor vier oder fünf Stunden? Wahrscheinlich wäre es wieder so weit.“

„Aber Case …“

„Nicht schimpfen. Dann rege ich mich auf, und das ist sicher nicht gut für mich.“ Er zog sie durch den Flur in das Fernsehzimmer. Im Kamin loderte ein Feuer und verbreitete eine gemütliche Atmosphäre. Auf dem Couchtisch stand ein silbernes Tablett, und Mellie machte große Augen, als sie sah, was darauf lag. In Schokolade getauchte Erdbeeren, kandierte Früchte, Pralinen … Aus einem Sektkühler ragte eine Flasche Champagner.

Verblüfft starrte sie Case an. „Wo kommt denn das her? Ihre Freunde haben sich ja selbst übertroffen.“

Er ließ sich auf das Sofa fallen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie blass er war.

„Meine Freunde haben mir Brathuhn und grüne Bohnen gebracht. Das andere habe ich online bestellt. Da gibt es so einen Spezialladen in der Stadt.“

„Aha.“ Seltsam, dass ein Mann an solchen Luxus dachte, der noch heftig unter Grippesymptomen litt. Allerdings hatte sie keine Erfahrung damit, wie sich reiche Männer auf Frauenbesuch vorbereiteten. Vielleicht war dies hier für Case so normal wie für andere Popcorn und Chips.

„Setzen Sie sich.“ Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Mir geht es gleich wieder besser.“

„Haben Sie denn wenigstens etwas von dem Huhn gegessen?“, fragte Mellie besorgt.

„Noch nicht. Ich musste erst duschen.“

Wahrscheinlich hatte ihn das so angestrengt, dass er keine Kraft mehr gehabt hatte, sich das Essen aus dem Kühlschrank zu holen. Armer Mann. „Ruhen Sie sich ein bisschen aus. Ich hole Ihnen die Tabletten und dann etwas zu essen.“

„Danke.“

Mellie sah ihn mitleidig an. So sehr er sich auch bemühte, robust zu erscheinen, die Grippe war stärker. Selbst ein breitschultriger muskulöser Macho wie Case Baxter musste sich geschlagen geben.

Nachdem sie die Tabletten aus dem Schlafzimmer geholt hatte, ging sie in die Küche. Ein paar schmutzige Teller stapelten sich im Spülbecken. Auf der Arbeitsplatte stand eine Auflaufform mit einer ordentlichen Portion gebratenem Hähnchen, offenbar nicht von einem der Schnellrestaurants in der Stadt, sondern selbst zubereitet.

Mellie lief das Wasser im Mund zusammen. Seit dem Brunch waren schon ein paar Stunden vergangen, und so machte sie zwei Teller zurecht, wärmte sie kurz in der Mikrowelle auf und stellte sie auf ein Tablett. Was würde Case trinken wollen? Egal, am besten Wasser, und zwar viel.

Sie nahm zwei Flaschen aus dem Kühlschrank, stellte sie auf das Tablett und trug alles ins Fernsehzimmer. Case schien tief zu schlafen.

Sie betrachtete ihn lange. Wie friedlich er aussah. Unwillkürlich kamen ihr die Tränen, und sie spürte ein Sehnen in sich aufsteigen, das ihr fremd war und sie beunruhigte. Jahrelang hatte sie sich gewünscht, einem Mann zu begegnen, der wie für sie gemacht war. Vergeblich. Kein Mann hatte sie bisher besonders beeindruckt.

Und nun war sie ausgerechnet hier auf jemanden gestoßen, der in ihr Gefühle hervorrief, wie sie sie nie gehabt hatte. Den sie begehrte und dem sie so nah sein wollte, wie es nur irgend ging.

Und der ihr doch das Herz brechen würde.

10. KAPITEL

Ganz plötzlich war Case wach, kam hoch und sah sich verwirrt um.

Mellie … War das ein Traum gewesen? Nein, sie war hier, saß ihm gegenüber und sah zum Anbeißen aus. Jung, sexy und gleichzeitig sehr sittsam mit den zusammengepressten Knien und den Händen im Schoß.

„Entschuldigen Sie“, sagte er mit einem verlegenen Lächeln. „Das passiert mir leider immer wieder.“

„Macht doch nichts. Das ist nur gut für Sie. Viel Schlaf und viel Flüssigkeit.“

Er strich sich das Haar zurück. Sein Kopf tat höllisch weh. „Wie lange habe ich denn geschlafen?“

„Ungefähr eine Dreiviertelstunde.“

Was? So lange? „Und Sie sind inzwischen wahrscheinlich halb verhungert.“

Sie lachte. „Nein, nein. Wenn, dann hätte ich auch allein angefangen. Ich stelle die Teller nur noch kurz in die Mikrowelle, dann können wir essen.“

„Nicht nötig.“ Wenn sie jetzt hinausging, würde er wahrscheinlich sofort wieder einschlafen. „Es schmeckt sicher auch kalt. Ich bin da nicht so empfindlich.“

„Wenn Sie meinen …“

„Ja.“ Hoffentlich konnte er sich so lange aufrecht halten. Schnell nahm Case die Tabletten, die Mellie ihm hinhielt, und machte sich dann über das Essen her. Er hatte einen Bärenhunger, aber nach der Hälfte der Mahlzeit überfiel ihn wieder diese lähmende Schwäche. Er legte die Gabel ab, lehnte sich zurück und schloss erschöpft die Augen.

„Essen Sie noch ein bisschen“, forderte Mellie ihn auf. „Sie brauchen die Kalorien.“

„Ich hatte schon eine Mutter“, brummte er. „Kein Bedarf für eine zweite.“

„Verstehe.“ Mellie ließ die Gabel fallen und stand auf. „Ich komme lieber wieder, wenn Sie besserer Laune sind.“

Er riss die Augen auf und sah sie erschrocken an. „Nein, bitte gehen Sie nicht.“

„Was wollen Sie von mir?“ Sie sah ihn ernst an. „Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Er wusste selbst nicht, was er wollte. Einerseits sehnte er sich danach, allein zu sein, um sich ganz seinem Elend hingeben zu können. Andererseits reizte Mellie Winslow ihn, und er genoss ihre selbstverständliche Hilfe.

Wie ihr Haar glänzte. Unter ihrem weichen Pullover zeichneten sich die runden Brüste ab. So sexy und gleichzeitig so fürsorglich … „Bitte setzen Sie sich wieder. Ich möchte nämlich etwas mit Ihnen besprechen.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn misstrauisch an. „Also, ich weiß nicht …“

„Verdammt noch mal, Mellie. Ich kann kaum lange genug wach bleiben, um aufzuessen. Wie sollte ich Sie da in mein Bett zerren können?“

„Das meine ich auch nicht …“ Sie sah ihn nicht an, als sie sich auf das Sofa fallen ließ.

Was denn dann? Aber er wusste, sie würde es ihm nicht verraten. Hoffentlich konnte das, was er ihr vorschlagen wollte, ihr Misstrauen zerstreuen. „Ich möchte gern als stiller Teilhaber in Ihr Geschäft einsteigen. Dann haben Sie schon jetzt die Möglichkeit zu expandieren und können Ihren Vorsprung nutzen.“

Ruckartig wandte sie sich ihm zu und starrte ihn an. „Nein, danke.“

Was? Verblüfft schüttelte er den Kopf. „Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich möchte mich mit fünfzigtausend Dollar an Ihrem Geschäft beteiligen.“ Er grinste. „Auch um mich für Ihre Dienste als Krankenschwester zu revanchieren.“

Doch sein Scherz kam nicht gut an.

„Es gibt Dinge, die nicht käuflich sind, Mr. Baxter. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zum Beispiel.“ Ihre Augen sprühten vor Zorn. „Die kriegt man immer noch umsonst.“

„Nun seien Sie doch nicht so empfindlich, Mellie! Sie tun ja gerade so, als hätte ich Ihnen ein unsittliches Angebot gemacht.“ Allmählich wurde auch er wütend.

„Darum geht es nicht.“ Ihr Blick war kalt wie Eis. „Sie haben mich engagiert, um Ihr Haus in Ordnung zu bringen, eine ganz normale Geschäftsbeziehung. Von Investitionen war nie die Rede. Ich brauche Ihr Geld nicht, und ich will es nicht.“

Immer noch kopfschüttelnd rückte Case etwas näher heran und legte seinen Arm hinter Mellie auf die Rückenlehne. Schon diese Bewegung strengte ihn an, und sein Kopf schmerzte wie verrückt. Aber er gab nicht auf. „Vielleicht sollten Sie sich das Ganze noch mal überlegen, Mellie“, sagte er leise. „Möglicherweise ist Ihnen nicht klar, dass es ein normales Geschäft für mich ist. Ich investiere in örtliche Kleinunternehmen, und zwar nicht aus Großherzigkeit, sondern weil ich mir etwas davon verspreche.“

„Sie wollen es wohl einfach nicht begreifen.“

Dieser zarte Hals und die helle Haut, unter der er die Adern pulsieren sah …

„Dann erklären Sie es mir.“ Wie gern hätte er sie geküsst. Stattdessen musste er sich auf das konzentrieren, was sie zu sagen hatte, was ihm schon schwer genug fiel. Vor allem, wenn sie wie jetzt den Kopf senkte und er ihr klares Profil betrachten konnte. Wie eine Madonna sah sie aus, aber die Gefühle, die sie in ihm weckte, waren leider alles andere als keusch.

Sie atmete tief durch und warf ihm dann einen Blick von der Seite her zu. „Keep N Clean gehört mir. Ich habe die Firma gegründet, sie von Grund auf aufgebaut, habe geschuftet und Rückschläge erlitten, aber schließlich Erfolg gehabt. Ich hätte es sehr viel einfacher haben können, wenn ich in unsere Familienfirma eingestiegen wäre und mit meinem Vater zusammengearbeitet hätte. Aber ich wollte etwas Eigenes, etwas, das mein Vater nicht zerstören kann.“

„Das klingt ziemlich hart.“

„Sie kennen ihn nicht.“ Sie sah ihn ausdruckslos an. „Er ist Alkoholiker und nicht daran interessiert, die Sucht zu überwinden. Die ganze Stadt lacht über ihn. Der Sheriff hat für ihn schon so etwas wie eine Privatzelle reserviert, zur Ausnüchterung. Damit will ich nichts zu tun haben, aber …“ Sie stockte und biss sich auf die Unterlippe.

„Aber was?“ Zärtlich strich Case ihr eine rote Haarsträhne hinter das Ohr. Was für eine zarte Haut sie hatte.

„Ich kann es nicht ertragen, ihn in diesem Zustand zu sehen. Also gebe ich ihm immer mal wieder etwas Geld. Was idiotisch ist, denn von den Pachteinnahmen könnte er fabelhaft leben.“ Sie senkte den Kopf, und eine Träne lief ihr über die blasse Wange.

Nicht weinen. Case’ Herz krampfte sich zusammen. Was in ihm vorging, verwirrte ihn. So etwas hatte er noch nie einer attraktiven Frau gegenüber empfunden. Und es machte ihm Angst. Doch er konnte nicht anders. Er legte ihr den Arm um die Schultern, strich ihr sanft über die Wange und das weiche Haar. „Manchmal ist es schwierig, das Richtige zu tun“, murmelte er besänftigend.

„Woher wollen Sie denn das wissen?“ Sie schniefte.

Er küsste sie auf den Scheitel. „Auf dem College wohnte ich mit einem Studenten zusammen, der drogenabhängig war, es aber fast ein Jahr vor mir verbarg. Ich habe immer wieder Entschuldigungen für ihn gefunden und ihn aus dem Gefängnis ausgelöst. Bis ich eines Abends nach Hause kam und Toby auf dem Fußboden fand. Tot. Er hatte eine Überdosis genommen.“ Wieder spürte er diesen Schmerz in seinem Herzen, eine Wunde, die nie verheilt war.

Mellie richtete sich auf und sah ihn traurig an. „Wie schrecklich.“ Sie strich ihm zärtlich über die Wange. „Das muss entsetzlich für Sie gewesen sein.“

Dass sie mit ihm fühlte und verstand, was er durchgemacht hatte, brachte die Mauer, mit der er seit der Scheidung sein Herz schützte, ins Wanken. Aber er wollte sich nicht mit den Gefühlen auseinandersetzen, die jetzt in ihm aufstiegen. Es war viel einfacher, in Mellie Winslow nur eine mögliche Sexpartnerin zu sehen. Er wollte nicht wissen, was in ihr vorging, wollte für sie keine Schwäche entwickeln. Das würde ihn nur wieder verletzlich machen.

Doch er konnte nichts dagegen tun. „Ich möchte dich küssen“, stieß er leise hervor. „Aber ich kann nicht, ich bin zu schwach.“

„Dann küsse ich dich“, flüsterte sie.

Noch nie hatte er der Frau die Initiative überlassen. Obwohl er nichts gegen Leidenschaft im Bett hatte, wollte er bestimmen, was geschah. Doch in dieser Situation empfand er es als ausgesprochen erregend, sich Mellies Berührungen zu überlassen.

Mit beiden Händen umfing sie sein Gesicht und liebkoste sein stoppeliges Kinn mit ihren Lippen und ihrer Zunge. Dabei seufzte sie leise auf, und Case hatte das Gefühl, als würde all sein Blut schlagartig in ein gewisses Körperteil schießen.

Er war hart wie Stein.

„Mellie …“

Sie hörte ihn nicht, sondern schmiegte sich in seine Arme, während sie ihn leicht aufs Ohr küsste und mit ihrer schnellen, heißen Zunge seine Ohrmuschel kitzelte. Als sie ihm mit den Lippen über den Mund strich, presste er ein „Nein“ hervor, während er sie gleichzeitig an sich drückte. „Ich will dein Mitleid nicht …“

„Mitleid?“ Sie lachte leise. „Ich dachte, du wolltest mich küssen?“

Und ob … Sein Körper verlangte nach ihr, und wie …

Warum sollte er nicht nehmen, was sie ihm anbot?

„Natürlich will ich dich küssen“, sagte er rau. Welcher Mann, der bei Verstand war, würde das nicht wollen? Langsam schob er ihr eine Hand unter den Pullover, strich über ihren flachen Bauch und blickte ihr dabei die ganze Zeit in die Augen. Als ihr der Atem stockte, sie aber keine Anstalten machte, ihn zurückzustoßen, wagte er sich weiter vor.

Er umfasste eine ihrer vollen runden Brüste … Sein Mund wurde trocken, das Blut dröhnte ihm in den Ohren, und ganz langsam ließ er sich mit Mellie in den Armen zurück aufs Polster sinken, sodass er über ihr lag.

Sie sah zu ihm hoch. „Wir können doch nicht …“

Wortlos öffnete er den Knopf ihrer Hose und zog den Reißverschluss auf.

„Warte.“ Sie hielt seine Hand fest. „Ich dachte, du wolltest mich erst mit Erdbeeren und Champagner in Stimmung bringen?“

„Hast du das nötig?“ Er lächelte, obgleich er am ganzen Körper bebte. War es Fieber? Oder Verlangen? Wahrscheinlich beides. „Das heben wir uns für den Nachtisch auf.“

Er schob die Hand in ihr Höschen, und als sie leise aufstöhnte, hielt er inne. Das Ganze war Wahnsinn. Er war wahnsinnig. Obwohl er sich kaum zurückhalten konnte, fragte er flüsternd: „Soll ich aufhören?“

Sie hielt sein Handgelenk noch einen Moment fest, dann ließ sie los. „Auf keinen Fall!“, brachte sie leise keuchend heraus.

Sofort schob er die Hand weiter vor, streichelte Mellie, fand ihre empfindlichste Stelle und rieb sie in einem stetigen Rhythmus. Mellie stöhnte laut auf. Er drang erst mit einem, dann mit zwei Fingern in sie ein und rieb sie dabei weiter.

Mellie bog sich ihm entgegen. „Case, ich …“ Sie warf den Kopf zurück.

Ihm war schwindelig wie bei einem Kater nach einer durchzechten Nacht. Dabei war die Champagnerflasche noch zugekorkt. „Schließ die Augen, Mellie …“, raunte er.

Ihr Atem kam schnell, er sah, wie sich ihre Brüste hoben und senkten. Warum hatte er ihr den Pullover nicht schon ausgezogen? Jetzt war es zu spät. Er konnte jetzt nicht aufhören … „Ich muss dich nackt sehen“, sagte er.

„Mach weiter, bitte …“ Dann schrie sie laut auf, drückte sich fest gegen seine Hand und sank keuchend zurück.

Case betrachtete sie lächelnd. Zu sehen und zu fühlen, wie sie gekommen war, wie sie nun völlig entspannt vor ihm lag, erregte ihn in einem Maße, wie er es noch nie erlebt hatte. Er strich ihr kurz mit den Lippen über den Mund. „Ich will dich.“

Sie schlug die Augen auf, ihr Blick war verschleiert. „Du warst schwer krank“, sagte sie schließlich. Und nach einem Moment: „Vielleicht bist du noch nicht kräftig genug für Sex.“

Sollte das ein Scherz sein? „Mit mir ist alles in Ordnung“, gab er schnell zurück.

Während sie ihm die Arme um den Hals legte, lächelte sie ihn an. „Selbst als Kranker bist du unglaublich sexy. Das ist irgendwie unfair. Übrigens war ich noch nie mit einem Cowboy im Bett.“

„Dann wird es Zeit.“ Plötzlich überfiel ihn wieder ein Fieberschauer, und er ließ sich gegen die Sofalehne sinken. Er fühlte sich auf einmal miserabel.

Sie sah ihn besorgt an. „Vielleicht ein andermal. Vorfreude ist sowieso die schönste Freude, oder?“

„Das würde ich gern sofort herausfinden“, stieß er kläglich hervor.

„Wenn du wieder gesund bist, ganz bestimmt. Dann trinken wir Champagner und …“

„Du hast gut reden. Du hattest schließlich …“

Lächelnd legte sie ihm die Hand auf den Mund. „Sei nicht sauer, du wirst dich bald besser fühlen. Wenn du allerdings meinst, jetzt schon dazu in der Lage zu sein, hätte ich nichts dagegen. Ich bin hier.“ Sie setzte sich auf und drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen.

Er dachte darüber nach, aber nicht lange. Sehr bald war ihm klar, dass er sich einfach zu elend fühlte. „Nein.“ Er seufzte leise und lächelte dann schwach. „Wenn, will ich dich mit meiner männlichen Potenz beeindrucken.“

„Oha …“ Mellie lachte. „Ich kann es kaum erwarten.“

„Aber ein bisschen Zeit musst du mir noch lassen.“

Wieder ließ er den Kopf nach hinten gegen die Lehne fallen. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn.

„Du gehörst ins Bett“, sagte Mellie energisch. „Und zwar allein.“

Erst wollte er widersprechen, doch dann sah er ein, dass sie recht hatte. „Aber ich will nicht, dass du schon gehst. Bitte, bleib. Ich fühle mich so viel besser, wenn du bei mir bist.“

„Das ist lieb.“ Sie setzte sich neben ihn und nahm seine Hand. „Ich glaube, es ist das Beste, wenn ich mit dem Haus erst weitermache, wenn du wieder gesund bist, vielleicht in einer Woche. Du brauchst jetzt Ruhe. Wenn du dich Ende der Woche besser fühlst, können wir besprechen, wie es in der nächsten Woche weitergehen soll.“

„Aber ich muss am Wochenende wieder gesund sein“, sagte er nachdrücklich.

„Warum?“

„Der TCC veranstaltet meinetwegen eine große Party. Zu Ehren des neuen Präsidenten sozusagen.“

„Ach so.“

„Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“

„Wieso?“ Sie sah ihn fragend an. „Was erwartest du von mir?“

„Na ja, du könntest ein bisschen mehr Interesse zeigen.“

„Was meinst du?“

„Aber, Mellie. Das weißt du doch genau. Ich möchte, dass du mit mir kommst.“

Abrupt erhob sie sich. „Das werde ich ganz sicher nicht tun. Wir kennen uns doch kaum.“

„So?“ Case schüttelte lächelnd den Kopf. „Hast du vergessen, was ich eben mit dir gemacht habe?“

Sie wurde rot. „Natürlich nicht. Aber das war nicht mehr als ein Austesten, ob wir zusammen gut im Bett sind. Das bedeutet nicht, dass wir offiziell befreundet sind.“

„Na und? Deshalb kannst du doch mit mir zu dieser Party gehen. Es ist lediglich ein gesellschaftliches Ereignis, wahrscheinlich wird es sogar ziemlich steif. Wenn ich dich mitbringe, bedeutet das doch nicht, dass wir eine ernsthafte Beziehung haben.“

Mellies Reaktion konnte Case überhaupt nicht verstehen. Die meisten jungen Frauen der Stadt würden sich geehrt fühlen, ihn zu der Party zu begleiten. Mellie tat ja so, als wolle er sie zu einem Begräbnis mitnehmen.

Ernst sah sie auf ihn herunter. „Ich liebe mein Leben, so wie es ist, Case. Von den unerfreulichen Begegnungen mit meinem Vater abgesehen, bin ich sehr zufrieden, wie alles läuft. Ich habe mein eigenes kleines Unternehmen und viele gute Freunde. Und ich sehne mich nicht nach einem Mann, der für mich sorgt.“

Allmählich stieg Wut in ihm auf. „Es geht hier nur um eine Party, Miss Winslow, und keine Verlobungsfeier. Du bist mein Date für den Abend, das ist alles. Keine Sorge, ich bin auch nicht an einer festen Beziehung interessiert, die du offenbar von ganzem Herzen ablehnst.“

„Gut. Aber wenn man uns an dem Abend zusammen sieht, wird man voreilige Schlüsse ziehen. Und wenn wir uns dann wieder trennen, nachdem wir Sex hatten, wird man sich wundern.“

„Wieder trennen, nachdem wir Sex hatten …“

Wenn es ihm nicht so schlecht gegangen wäre, hätte er vielleicht darüber nachgedacht, was ihn an dieser Aussage so störte. Doch seine Kopfschmerzen brachten ihn fast um. „Okay, wenn du meinst“, brummte Case und stand auf. „Ich werde dich nicht noch einmal fragen. Wenn du was von mir willst, ruf mich an.“

11. KAPITEL

„Wenn du was von mir willst …“

In den folgenden vier Tagen musste Mellie immer wieder an diese Worte denken. Dass sie am Sonntagabend Case’ Haus voller Zorn verlassen hatte, verfolgte sie bis in ihre Träume. Er war aus dem Zimmer gestürzt, ohne sich zu verabschieden, und sie war wie betäubt zu ihrem Auto gegangen.

Warum hatte sie nur so albern auf seine Einladung reagiert? Die Antwort konnte sie sich selbst geben: Case Baxter verunsicherte sie und warf das, was sie für ihre Lebensplanung hielt, einfach über den Haufen. Etwa, dass für sie eine intime Beziehung zu einem Mann nicht infrage kam, weil sie dazu gar keine Zeit hatte.

Es stimmte, sie arbeitete hart und hatte auch sonst viel um die Ohren, sodass ihr eigentlich nichts fehlte. Zumindest dachte sie selten darüber nach. Hin und wieder ging sie mit einem Mann aus, aber nur selten fühlte sie den Wunsch, mit dem Mann ins Bett zu gehen. Nur um Sex zu haben? Nein, danke.

Allerdings kamen ihr nachts, allein in ihrem Schlafzimmer, manchmal Gedanken, die sie tagsüber zur Seite schieben konnte. Die Liebhaber, die sie sich dann in ihrer Fantasie ausmalte, waren sanft und gingen auf sie ein – das pure Gegenteil von Case Baxter.

Sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Was erwartete er von ihr?

Als sie am Donnerstagmittag ihr Büro zuschloss, um zum Lunch nach Hause zu fahren, hatte sie viel geschafft. Sie hatte Abrechnungen gemacht, Verträge mit drei neuen Kunden unterzeichnet und verschickt, doch sie war dabei leider nicht ruhiger geworden. Im Gegenteil, ihre Unsicherheit war schlimmer geworden, wenn sie an Case dachte. Ja, im Grunde war sie ein nervliches Wrack.

Also fuhr sie nicht nach Hause, sondern zum Royal Diner, der Amanda gehörte. Sie musste unbedingt mit jemandem reden, und da war ihre Freundin genau die Richtige.

Glücklicherweise war Amanda da, sie lachte und scherzte mit ihren Gästen. Mellie hatte absichtlich bis fast zwei Uhr gewartet. Da sollte der größte Mittagsansturm vorbei sein und Amanda ein bisschen Zeit für sie haben. Mellie setzte sich hinten in eine Nische, denn was sie mit ihrer Freundin zu besprechen hatte, brauchte kein anderer zu hören.

Als Amanda in ihre Richtung kam, winkte Mellie ihr zu und zeigte auf den Platz neben sich. „Hast du einen Augenblick Zeit? Ich muss dich etwas fragen.“

Amanda nickte, sagte etwas zu ihrer Angestellten und ließ sich mit einem Seufzer auf den Platz neben Mellie fallen. „Du liebe Zeit, es ist einfach zu viel los. Der Erfolg bringt mich noch um“, sagte sie lachend und strahlte voll Stolz.

„Schöner Tod“, meinte Mellie schmunzelnd.

„Hast recht. Also, was gibt es? Sieht dir gar nicht ähnlich, mittags hier aufzukreuzen.“

Nervös spielte Mellie mit dem Salzstreuer. Irgendwie war das alles fürchterlich peinlich. „Ich habe etwas ganz Dummes getan“, begann sie leise.

Amanda legte ihr den Arm um die Schultern. „Wie dumm? Hast du dir Schuhe für fünfhundert Dollar gekauft oder nur vergessen, das Huhn zum Dinner aufzutauen?“

„Schlimmer. Und persönlicher.“

„Oh, mein Gott, du hast Sex gehabt!“

„Nein. Na ja, irgendwie schon, aber nicht richtig. Darum geht es auch gar nicht.“

Amanda hob überrascht die Augenbrauen. „Was heißt das, nicht richtig? Du kennst doch die Sache mit den Bienen? War einer von euch nackt? Oder gar beide? Hautkontakt? In deinem Alter solltest du wissen, was du tust.“

Mellie blickte sich vorsichtig um. „Nicht so laut“, zischte sie. „Ich will mich nicht in den Abendnachrichten wiederfinden.“

„Entschuldige.“ Auch Amanda sah sich kurz um. Dann wandte sie sich ihr wieder zu. „Wer ist es? Der neue Besitzer der Hartley Ranch? Oder der Zahnarzt? Ja, sicher war es der Zahnarzt. Er hat sich doch schon x-mal um dich bemüht. Und nun bist du doch schwach geworden.“

„Nein, nicht der Zahnarzt.“ Unwillkürlich musste Mellie lächeln. „Er wollte mir nur unbedingt ein neues Programm zum Zähnebleichen aufschwatzen.“

„Aber wer war es dann?“

„Noch einmal, ich hatte keinen Sex, zumindest nicht richtig. Es war mehr wie bei Teenagern im Auto.“

„Was?“ Amanda starrte sie an. „Ausgerechnet du? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“

Vielleicht hätte ich lieber nichts sagen sollen.

Plötzlich war Mellie unsicher. Andererseits musste sie wissen, was ihre beste Freundin ihr raten würde. Vielleicht sollte sie das Ganze anders anfangen. „Man hat mich zu der Party des TCC am kommenden Samstag eingeladen.“

„Aha. Und was ist daran so dumm?“

„Ich habe abgelehnt.“

„Und jetzt hast du es dir anders überlegt.“

„So ungefähr. Aber wenn er nun schon jemand anderen gefragt hat?“

„Ist das wahrscheinlich?“

„Das weiß ich eben nicht. Er war sauer, als ich ihn hab abblitzen lassen, und hat klar gemacht, dass er mich nicht noch einmal fragen würde. Ich müsste schon auf ihn zukommen, falls ich meine Meinung ändere.“

„Ich weiß immer noch nicht, um wen es hier geht.“

„Das ist auch nicht wichtig. Soll ich nun zusagen oder nicht? Und falls ja, gibt es noch ein Problem: Ich habe kein passendes Kleid.“

„Dem ist leicht abzuhelfen.“ Amanda lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von dem Eistee, den sie mitgebracht hatte. „Als Nathan und ich im letzten Jahr zu einem Ball beim Gouverneur eingeladen waren, hatte ich mir ein Kleid gekauft, das ich dann doch nicht getragen habe. Irgendwie stand mir die Farbe nicht, und der Rock war zu lang. Aber da das Kleid herabgesetzt war, konnte ich es nicht zurückgeben.“

Sie musterte Mellie von oben bis unten. „Wir haben etwa die gleiche Kleidergröße. Du bist allerdings größer als ich, also wird das Kleid für dich die richtige Länge haben. Wenn du willst, kann ich es dir heute Abend vorbeibringen.“

„Das wäre gut …“ Das klang eher halbherzig, denn damit fiel schon mal ein Grund weg, nicht zu der Party zu gehen.

Amanda sah kurz auf die Uhr. „Tut mir leid, ich muss wieder. Ich schicke dir eine SMS, bevor ich heute Abend losfahre, okay?“

„Ja.“

„Gut.“ Amanda stand auf, beugte sich aber noch einmal vor und sah sie eindringlich an. „Du kannst den Namen nicht auf ewig verheimlichen. Wenn dir das Kleid passt, musst du mir sagen, wer es ist.“

„Warum machst du eine so große Sache daraus? Falls ich zur Party gehe, erfährst du sowieso, wer es ist. Ihr kommt doch auch, Nathan und du?“

„Ja. Aber ich hasse Überraschungen. Also kannst du es mir auch schon heute Abend sagen.“

Um sechs Uhr abends siegte ihre Feigheit, wenn sie an die Party dachte. Und so schickte Mellie eine SMS an Amanda:

Werde nicht gehen und brauche das Kleid nicht. Trotzdem vielen Dank.

Doch Amanda war nicht so leicht zu entmutigen. Eine halbe Stunde später stand sie vor Mellies Tür, einen Kleidersack über dem Arm.

Als Mellie öffnete, fuhr Amanda sie an: „Ich hätte nie gedacht, dass du feige bist!“

Mellie trat zur Seite und ließ ihre Freundin eintreten. „Ich bin nicht feige. Aber die ganze Sache ist zu kompliziert.“

„Ich weiß, ich weiß. Das hast du mir bereits mehr als einmal gesagt.“ Amanda legte den Kleidersack auf den Couchtisch und setzte sich aufs Sofa.

Mellie zog sich einen Stuhl heran. „Ich habe zu lange gewartet. Jetzt kann ich nicht mehr sagen, ich hätte meine Meinung geändert. Tut mir leid, dass du umsonst gekommen bist.“

„Wer ist es?“

„Case.“ Mellie brauchte nur den Namen laut auszusprechen, und schon zitterte sie vor Furcht und Erregung.

„Was für ein Case? Etwa der Mann, der dich engagiert hat, sein Haus in Ordnung zu bringen?“ Amanda runzelte ungläubig die Stirn.

Auch du bist fassungslos, dass Case Baxter seine – wie hatte Daddy gesagt?– Putzfrau zu dem wichtigsten Ereignis des Jahres eingeladen hat, dachte Mellie. „Ja.“

Amanda riss die Augen auf. „Case Baxter hat dich zu der Party eingeladen, die ihm zu Ehren veranstaltet wird, und du hast abgelehnt?“

Mellie blickte zu Boden. „Ja“, sagte sie leise.

Ein paar Sekunden lang war Amanda sprachlos. Dann beugte sie sich vor und sah sie streng an. „Du hast ihn doch gar nicht gekannt, bevor du das erste Mal in sein Haus kamst? Oder?“

„Nein.“ Vorsichtig hob Mellie den Kopf. „Aber dann wurde er krank, und ich habe ein bisschen für ihn gesorgt. Na ja, und dann haben wir eben …“

„Dann habt ihr euch fürchterlich ineinander verknallt?“

War Amanda nun empört oder entzückt? Mellie konnte es einfach nicht einschätzen. „Irgendwie schon. Dabei mochte ich ihn anfangs gar nicht. Er ist arrogant und selbstherrlich, ein richtiger Macho.“

„Also ein typischer Texaner.“ Amanda lachte. „Sie können nichts dafür, Mellie. Es steckt in ihren Genen.“

„Kann sein.“

„Aber später hat er dir besser gefallen?“

„Na ja, als er krank war, habe ich ihn auch von einer anderen Seite kennengelernt. Von einer menschlicheren Seite. Da war er plötzlich hilflos und verletzlich.“

„Ach, du Schreck.“

„Was denn?“

„Du hast dich in ihn verliebt.“

„Quatsch. Er sieht gut aus, und wenn man ihn besser kennt, ist er auch ganz passabel. Aber nichts auf Dauer.“

„Warum hast du dann seine Einladung abgelehnt?“

Gute Frage. „Er ist der Ehrengast und steht im Mittelpunkt des Interesses. Und ich hasse es, wenn alle Augen auf mich gerichtet sind.“

„Tatsächlich?“

„Ja. Aber warum erzähle ich dir das? Ich gehe nicht und damit basta.“

„Dann probier wenigstens das Kleid an, wo es schon mal hier ist. Keine Widerrede.“ Amanda blieb hartnäckig.

„Okay. Aber nur, weil ich dich sonst nicht loswerde.“ Mellie nahm den Kleidersack und verschwand damit in Richtung Schlafzimmer, schon um Amandas ironischem Lächeln zu entgehen. Sie warf den Plastiksack aufs Bett und zog den Reißverschluss auf.

Ihr stockte der Atem. Das Kleid war hinreißend. Das eng anliegende Oberteil hatte Spaghettiträger und leuchtete in einem hellen Seegrün. Ab der Taille schwang der Rock aus, und die Farbe wurde dunkler und dunkler, bis sie schließlich am Rocksaum in ein Schwarzgrün auslief. Mellie musste es einfach anprobieren, keine Frau hätte dem widerstehen können.

Sie zog Jeans und T-Shirt aus und streifte sich das Kleid über, das glücklicherweise an der Seite zu schließen war, sodass sie selbst den Reißverschluss zuziehen konnte. Dazu passten silberfarbene Sandaletten. Ein Blick in den Spiegel und Mellie wusste, dass das Kleid wie für sie gemacht war.

„Nun komm schon“, rief Amanda ungeduldig. „Ich will sehen, wie es dir steht.“

„Sekunde!“ Immer noch starrte Mellie ihr Spiegelbild an. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie Case sie betrachten würde. Sie hielt nichts von falscher Bescheidenheit und wusste, dass sie eine gute, wenn auch durchschnittliche Figur hatte. Aber in diesem Kleid sah sie wie eine Märchenprinzessin aus.

Als sie schließlich ins Wohnzimmer trat, stand Amanda spontan auf und klatschte Beifall. „Mellie, du siehst einfach atemberaubend aus. Ich wusste es. Und die Länge ist absolut perfekt.“

„Aber ich kann keinen BH tragen, die Träger sind zu dünn.“

„Das macht doch nichts. Geht sehr gut ohne. Du musst unbedingt zu dieser Party gehen.“

„Aber ich habe Case nicht angerufen. Wahrscheinlich hat er sich längst mit einer seiner alten Freundinnen verabredet.“

Amanda lachte leise. „Das lässt sich leicht herausfinden.“

„Wann? Jetzt?“

„Ja, natürlich. Die Party beginnt in weniger als achtundvierzig Stunden. Da ist keine Zeit zu verlieren.“

„Nein, ich schicke ihm lieber nachher eine SMS. Ich zieh mich nur schnell um, und dann gehen wir irgendwo etwas essen. Hast du nicht gesagt, dass Nathan heute Abend Dienst hat?“

„Ja. Aber ich kann durchaus noch ein paar Minuten warten. So hungrig bin ich nicht. Und nun mach schon. Ruf ihn an.“

„Nein. Begreifst du nicht, dass es übel ausgehen kann, wenn ich mit Case auf der Party erscheine? Die Leute werden sich das Maul zerreißen, bald weiß die ganze Stadt davon.“

„Aber, Mellie.“ Amanda nahm sie in die Arme. „Wenn er gern mit dir zusammen ist und du mit ihm, dann genießt den Abend. Ich frage mich nur, ob du stark genug bist, es auszuhalten, falls daraus nichts weiter wird.“

„Keine Sorge. Es wird sowieso nicht lange dauern. Case ist nicht an einer ernsten Beziehung interessiert.“

„Umso mehr solltet ihr diesen Abend genießen. Du arbeitest viel zu viel, Mellie, und solltest dir einen unbeschwerten Abend mit einem der begehrtesten Junggesellen der Stadt gönnen.“

„Hört sich an wie eine TV-Show.“

„Nein, im Ernst. Cinderella für eine Nacht, und Montag geht alles normal weiter. Warum nicht?“

„Wenn das nur so einfach wäre …“

„Es ist einfach.“ Amanda nahm Mellies Smartphone vom Tisch und reichte es ihr. „Hier. Ruf ihn an, bevor du es dir wieder anders überlegst.“

Mellie krauste die Stirn. Dann tippte sie hastig und ohne weiter darüber nachzudenken eine SMS an Case:

Falls die Einladung noch steht, würde ich gern mit dir am Samstag zu der Party gehen.

Danach war ihr kreuzelend zumute. Wie wahnsinnig peinlich, wenn er nun schon jemand anderen eingeladen hatte. Am liebsten hätte sie sich in ein Mauseloch verkrochen.

Mit jeder Sekunde, die verging, wurde auch Amanda unsicherer. Warum meldete er sich nicht? Doch dann erklang der erlösende Signalton.

Ich hole dich um halb sieben ab. Freue mich, dass du deine Meinung geändert hast.

Mit klopfendem Herzen antwortete Mellie:

Nur in Bezug auf die Party.

Feigling.

Nein. Ich bin nur realistisch. Wie fühlst du dich?

Ausgezeichnet. Auf alle Fälle gut genug, um deine Welt aus den Angeln zu heben …

Mellie kicherte, und Amanda sah sie überrascht an.

„Warum lachst du?“

„Nur so.“ Mellie ließ sich aufs Sofa fallen. In den Knien spürte sie plötzlich eine süße Schwäche. „Er sagt, er freut sich, dass ich meine Meinung geändert habe.“

„Siehst du. Du hast dir ganz umsonst Sorgen gemacht.“

Vielleicht. Vielleicht fingen die Probleme aber auch erst an …

12. KAPITEL

Der Freitag war im Nu vorbei. Mellie hatte eine ihrer Angestellten vertreten müssen. Außerdem hatte sie den Arbeitsplan für die nächsten drei Wochen aufgestellt und war danach noch in ihrem Lieblingsnagelstudio gewesen. An diesem Abend ging sie früh schlafen, glücklicherweise zu erschöpft, um sich über die Party am nächsten Tag Gedanken zu machen.

Am nächsten Vormittag traf sie sich mit Amanda beim Friseur. Amanda wollte sich eine lockere Hochsteckfrisur machen lassen mit lockigen Strähnchen, die ihr Gesicht umrahmten. Sicher würde sie super aussehen.

Auch Mellie dachte daran, sich die Haare hochstecken zu lassen, doch die Chefin und Amanda waren anderer Meinung.

„Nein, du musst das Haar offen tragen, in großen Wellen bis auf die Schultern“, meinte Amanda. „Deine roten Haare zum Seegrün des Kleides – das wird jeden umhauen.“

„Aber ich will niemanden umhauen.“

Darauf gingen die beiden nicht ein, und Mellie ergab sich in ihr Schicksal.

Eine Stunde später war sie fertig. Auf ihren Wunsch hin war das Haar ein wenig gekürzt worden, fiel ihr aber immer noch bis auf die Schultern und umrahmte weich ihr Gesicht. Nicht schlecht. Sie stand auf und wartete auf Amanda.

Die machte große Augen, als sie sie sah. „Du siehst fantastisch aus, Mellie.“

„Du aber auch.“

Auch andere Frauen aus Royal ließen sich im Salon für den heutigen Abend zurechtmachen. Etwas beklommen sah Mellie sich um. Alle würden sie heute Abend mit Case zusammen sehen … Und wahrscheinlich sofort die Köpfe zusammenstecken, um zu lästern. Ihr wurde schon jetzt ganz elend.

Draußen auf dem Bürgersteig hakte sie Amanda unter. „Versprich mir, mich zu retten, wenn irgendetwas schiefläuft auf der Party.“

Amanda lachte und tätschelte ihr die Hand. „Was soll denn schiefgehen? Aber keine Sorge, Nathan und ich lassen dich nicht aus den Augen.“

Zu Hause ließ Mellie sich entnervt in einen Sessel fallen. Wieder und wieder fragte sie sich, ob es vernünftig gewesen war, Case’ Einladung anzunehmen. Es war zum Verrücktwerden! Warum konnte sie nicht einfach zu der Entscheidung stehen, die sie gefällt hatte?

Pünktlich um halb sieben klingelte es. Mit bebenden Knien ging Mellie zur Tür und öffnete sie. Sein Anblick verschlug ihr buchstäblich den Atem. Case lehnte lächelnd in der Tür, groß und schlank und unverschämt attraktiv in seinem maßgeschneiderten Smoking. Offenbar hatte er sich beim Rasieren geschnitten, der kleine Kratzer gab ihm etwas Verwegenes.

Er verschlang sie förmlich mit seinen Blicken und nickte dann anerkennend. „Hallo, Mellie, du siehst hinreißend aus.“

Sie wurde rot und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. „Du auch. Ich … ich bin auch fertig, muss nur noch meine Stola holen.“

Obwohl Case die Grippe überwunden hatte, fühlte er sich noch etwas unsicher auf den Beinen. Wahrscheinlich, weil er fast die ganze letzte Woche im Bett gelegen hatte.

Dass Mellie seine Einladung letztlich doch angenommen hatte, freute ihn. Er hoffte sehr, dass der Abend auch so endete, wie er es sich wünschte. Da er jetzt wieder gesund war, würde er sie kein zweites Mal einfach gehen lassen. Die ganze Woche über hatte er an sie denken müssen, an ihre Küsse, die weiche warme Haut, die großen grünen Augen. Er sehnte sich nach ihr, wollte sie nackt sehen, sie spüren, ihre Brüste liebkosen und dann endlich in ihr sein …

Aber erst einmal mussten sie diese Party überstehen. Er hätte gut darauf verzichten können, auch wenn sie ihm zu Ehren veranstaltet wurde. Er machte sich nicht viel aus solchen Events, aber er verstand, dass so etwas zu seinen neuen Pflichten gehörte. Und mit Mellie an seiner Seite würde er es schon schaffen. Sie scheute solche Auftritte, das wusste er. Aber er war stolz, sich mit ihr zeigen zu dürfen. Und später dann …

Als sie ihm durch den Flur entgegenkam, stockte ihm der Atem, und sein Herz schlug schneller. Ihr Gang, das schimmernde Kleid mit dem weit schwingenden Rock, der tiefe Ausschnitt, der den Brustansatz sehen ließ, das volle rote Haar, das sanfte Lächeln …

Mellie Winslow war eine wunderschöne Frau, dabei intelligent und humorvoll. Und heute Nacht würde sie ihm gehören.

Als er neben ihr in seinem sportlichen Zweisitzer Platz genommen hatte, bedauerte er, nicht mit dem Mercedes gekommen zu sein. Denn sie saßen so dicht nebeneinander, dass er sich nur zur Seite zu lehnen brauchte, um sie zu küssen. Und da schon ihr Anblick und der Duft ihres leichten Parfüms ihn fast verrückt machte vor Verlangen, konnte das durchaus zu einem Problem werden.

Allerdings wirkte Mellie ausgesprochen nervös. Sie war blass und blickte angestrengt geradeaus.

„Entspann dich“, meinte er lächelnd. „Wir gehen zu einer Party und wollen uns amüsieren.“

Mellie drehte sich zu ihm. In ihren grünen Augen stand Unsicherheit. „Warum habe ich mich bloß von dir überreden lassen mitzukommen“, stieß sie leise hervor. „Noch nie habe ich mich so unwohl gefühlt.“

Ohne weiter darauf einzugehen, schob er die Hand unter ihre rotgoldene Haarflut und umfasste sanft ihren Nacken. Dabei wurde ihm klar, dass er bereits viel tiefer in der Sache drinsteckte, als er sich bisher eingestanden hatte. Er musste sie küssen, jetzt sofort, auch wenn das bedeutete, dass sie zu spät kamen. „Ich kann nicht mehr den ganzen Abend warten.“

Er küsste sie zärtlich, obwohl er sich nach heißer Leidenschaft sehnte, und sie reagierte sofort. Sie kam näher, erwiderte seinen Kuss leise aufstöhnend, öffnete sich ihm und schloss die Augen, als sie seine Zunge spürte. Wie weich und warm ihre Haut war, wie verführerisch dieser langsame und doch lustvolle Kuss.

Verdammt.

Dann stimmte all das, woran er sich erinnerte, was er aber seinem Fieberwahn zugeschrieben hatte. Denn er empfand wieder die gleiche quälende Begierde – auch gesund und stocknüchtern.

Er hob den Kopf und strich Mellie zärtlich mit dem Daumen über die bebenden Lippen. „Sag was“, flüsterte er.

Sie rückte ein Stückchen von ihm ab und hüllte sich in ihre Stola. „Was denn?“, gab sie ebenso leise zurück.

Immerhin hatte sie die nackten Schultern bedeckt. Vielleicht brachte er ja jetzt so etwas wie ein halbwegs vernünftiges Gespräch zustande. „Am liebsten würde ich dich nackt ausziehen und dich auf dem Rücksitz nehmen …“

Von wegen vernünftiges Gespräch …

Mellie lächelte etwas verkrampft. „Wir könnten ja hierbleiben, aber ich fürchte, das kann sich der neue Präsident des Texas Cattleman’s Club nicht leisten.“

Die Lippen zusammengepresst umfasste er das Lenkrad mit beiden Händen. Sie hatte ja recht, und trotzdem … „Aber später. Heute Nacht. Ich möchte bei dir bleiben.“

Sie schwiegen. Dann blickte Mellie ihn unschlüssig an. „Ich weiß nicht, ob wir das tun sollten. Meine Nachbarn sind schrecklich neugierig und beobachten genau, wer ein und aus geht.“

Auch das noch. „Sei ehrlich, Mellie. Ist das wirklich der Grund oder eine Ausrede, und du willst eigentlich nicht?“

Sie überlegte eine Weile. „Nein, das ist wirklich der Grund“, sagte sie dann und sah ihn ernst an. „Mir wäre es lieber, wenn es anders wäre. Aber ich kann mich nicht selbst belügen. Ich will dich, Case, ich begehre dich. Aber offenbar stecken wir in einer Sackgasse, denn ich weiß, dass du keine Frauen über Nacht auf deiner Ranch haben willst.“

Erleichtert lächelte er sie an. „Für dich mache ich eine Ausnahme.“ Das sollte spielerisch klingen, hörte sich aber mehr wie ein ernster Schwur an.

Immer noch hielt sie die ernsten Augen auf ihn gerichtet. Sie lächelte nicht. „Gut. Wir können ja später kurz hier vorbeifahren, damit ich ein paar Sachen zusammenpacken kann.“ Pause. „Wenn du sicher bist, dass du das wirklich willst.“

Sicher? Er war überhaupt nicht sicher, was das hier sollte, wohin es führte. Er wusste nur, dass er sie begehrte wie noch keine Frau in seinem Leben. Und dass er heute Nacht sein Verlangen befriedigen würde.

Mellie kannte sich selbst nicht mehr. Was war mit ihr los? Wieso war ihr Liebesleben plötzlich so viel wichtiger als ihre Firma, ihre Karriere? Wie lange war es her, dass sie sich mit einem Mann für die Nacht verabredet hatte? Seit über zwei Jahren hatte sie keinen Sex mehr gehabt. Vielleicht sollte sie Case warnen und ihm sagen, dass er nicht zu viel von ihr erwarten durfte. Aber wahrscheinlich glich seine reichliche Erfahrung das aus …

Kaum dass sie auf den Parkplatz vor dem imposanten Clubhaus eingebogen waren, kam ein junger Mann auf sie zu, der den Wagen parken wollte. Sie stiegen aus, und Case gab ihm den Autoschlüssel. Dann bot er Mellie den Arm.

„Wollen wir?“

Sie nickte und legte die Hand in seine Armbeuge. Ihr Herz hämmerte. Draußen auf der Ranch war Case krank und hilflos gewesen, und sie hatte ihn versorgt. Aber jetzt war er alles andere als krank und hilflos. Besonders hier unter seinesgleichen ließ sich nicht übersehen, was er für den TCC und die Stadt bedeutete.

Sie traten in das Foyer, und Blitzlichter flammten auf. Reporter umringten sie und feuerten Fragen auf Case ab. Doch der lächelte nur freundlich, legte Mellie schützend den Arm um die Schultern und ging mit ihr zur Garderobe. Dort gab sie die Stola ab, und kurz danach öffnete Case die Tür zum Ballsaal.

Das Stimmengewirr schwoll an, Freunde und andere Clubmitglieder kamen auf ihn zu und beglückwünschten ihn. Mellie hielt sich im Hintergrund und winkte Case kurz zu, als er sich nach ihr umsah.

„Bis später“, sagte sie leise und bewegte die Lippen dabei überdeutlich. Offenbar hatte er sie verstanden, denn er nickte ihr zu und wandte sich wieder zu seinen Freunden um.

Neugierig betrachtete Mellie den prächtigen Saal. Erst zweimal war sie im Clubhaus gewesen, und das letzte Mal war schon lange her. Wieder beeindruckte sie die Atmosphäre im Gebäude, das schon über hundert Jahre alt war. Die Liebe zur Tradition war überall spürbar, obgleich die Räume in den letzten Jahrzehnten sehr luxuriös ausgestattet worden waren. Heute Abend hatten sich die Gäste in Schale geworfen, und Mellie war froh, dass sie in Amandas Kleid mithalten konnte.

Sie strich sich den Rock glatt, setzte ein Lächeln auf, um ihre Unsicherheit zu überspielen, und wollte sich gerade eine ruhige Ecke suchen, als eine starke Hand ihren Arm umschloss.

„So leicht wirst du mich nicht los.“

„Case!“ Überrascht sah sie ihn an. Wo waren die Freunde, mit denen er gerade noch zusammengestanden hatte?

„Ich möchte dir Mac McCallum vorstellen“, sagte er. „Und seine Schwester Violet. Mac weiß alles über Energiegewinnung, und Violet kümmert sich um die Familienranch.“

Mellie gab den beiden gut aussehenden Geschwistern die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“

„Ich fürchte, dafür ist im Augenblick nicht viel Zeit.“ Violet schmunzelte. „Sieht so aus, als warte man darauf, dass Sie beide mit einem Tanz den Ball eröffnen.“

„Dann wollen wir mal.“ Case seufzte leise und bot Mellie den Arm.

Sie sah ihn ängstlich an, als sie auf die Tanzfläche zugingen. „Kannst du tanzen? Ich bin leider nicht besonders gut.“

„Meine Großmutter und meine Mutter waren von der alten Schule. Sie meinten, ein Gentleman müsse tanzen können. Also verlass dich ganz auf mich.“

„Oh, gut …“

Das Orchester spielte eine sanfte Melodie, und Case zog Mellie enger an sich. Zwar war ihr sehr wohl bewusst, dass sie und Case allein auf der Tanzfläche waren. Über ihr funkelten die Lichter am großen Kronleuchter, und um sie herum stand die Menge und starrte sie an. Aber in Case’ Armen vergaß sie ihre Scheu. Alle Nervosität fiel von ihr ab, und sie schmiegte sich an ihn, als er sie für den langsamen Walzer fest umfasste.

„Ich kann dir gar nicht genug danken, dass du heute Abend mit mir gekommen bist“, flüsterte er lächelnd, und seine weißen Zähne leuchteten in dem gebräunten Gesicht. „Es macht so viel mehr Spaß mit dir.“

„Eigentlich hättest du auch allein kommen können. Es sind so viele hübsche Frauen hier, die wahnsinnig gern mit dir tanzen würden.“

„Kann sein.“ Er küsste sie auf den Scheitel. „Aber ich habe keine Lust dazu. Ich möchte nur mit dir tanzen.“

Nach dem Walzer war die Tanzfläche frei für alle anderen Paare. Case nahm Mellie bei der Hand. „Komm, wir wollen sehen, was es zu essen gibt.“

Sie nickte. Glücklicherweise war es dort, wo das Büfett aufgebaut war, kühler und beinahe noch menschenleer.

„Das sieht ja fantastisch aus!“ Mellie konnte sich nur schwer entscheiden, womit sie ihren Teller füllen sollte. Schließlich nahm sie sich von den Shrimps, von den unglaublich appetitlich aussehenden Kanapees und jeweils ein wenig von den verschiedenen kalten Vorspeisen. Sie musste lächeln, als sie sah, wie voll Case sich seinen Teller lud. Na ja, er war ja auch groß und kräftig und brauchte mehr Kalorien als sie.

Er fand sogar einen Zweiertisch, und Mellie setzte sich erleichtert. Bei all der Aufregung hatte sie vergessen, zu Hause etwas zu Mittag zu essen.

„Beeil dich“, sagte er und zwinkerte ihr zu. „Alle meine Freunde wollen dich kennenlernen.“

„Wirklich?“ Die Aussicht stimmte sie nicht gerade fröhlich. Also blieb ihr nur wenig Zeit mit ihm allein. Und schon waren ihre Ängste wieder da. Was würden seine Freunde davon halten, dass er seine Putzfrau zu diesem großen Ball eingeladen hatte? Plötzlich hatte sie das Gefühl, von missbilligenden Blicken durchbohrt zu werden.

„Du scheinst sehr beliebt zu sein“, sagte sie leise. „Kein Wunder, dass sie dich zum Präsidenten gemacht haben.“

„Man kann es auch anders sehen“, sagte er und lachte. „Weil ich der neue Präsident bin, bin ich plötzlich so beliebt und von sogenannten Freunden umgeben. Sie hoffen, mich für ihre Zwecke einspannen zu können.“

„Ganz schön zynisch.“

„Aber wahr. Ich habe schon früh lernen müssen, nicht zu viel auf diese Bekanntschaften zu geben. Wer Geld und Einfluss hat, zieht die Menschen an wie Nektar die Bienen. Dabei bin ich nur ein schlichter texanischer Cowboy.“

„Wenn du meinst.“ Vielleicht war er so bescheiden und glaubte wirklich an das, was er sagte. Aber da war er auf dem Holzweg. Denn Case Baxter war alles andere als schlicht und besaß eine Ausstrahlung, der auch sie sich nicht entziehen konnte. Sie sehnte sich nach ihm, wollte mit ihm zusammen sein und das nicht nur eine Nacht lang …

Dass man sie anstarrte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Vielleicht wartete man nur darauf, dass sie Wein verschüttete oder sich verschluckte oder sonst wie in eine peinliche Situation geriet. Immerhin fühlte sie sich nicht ganz so unwohl, wie sie befürchtet hatte. Und natürlich verschüttete sie keinen Wein und verschluckte sich nicht …

Nach dem Essen stellte Case sie vielen seiner Bekannten vor, darunter auch Jeff Hartley, einem benachbarten Rancher, der ohne Begleitung gekommen war, und Drew und Beth Farrell. Einige wie Dr. Reese kannte Mellie bereits, andere nur vom Sehen. Royal war nicht sehr groß. Und die Familien waren überwiegend sehr sesshaft und besaßen ihr Land schon seit Generationen. Drew und Beth erzählten lachend, dass sie sich als Nachbarn jahrelang spinnefeind gewesen waren. Bis ausgerechnet der letzte zerstörerische Tornado sie zusammengebracht hatte.

Interessante Freunde hatte Case. Und dennoch wusste Mellie genau, was in ihm vorging, während er lächelnd Konversation machte. Weil es ihr genauso ging. Sie dachten beide an heute Nacht. Und Sex, leidenschaftlichen, hemmungslosen Sex. Zwei Menschen, die außer dieser wilden Sehnsucht nacheinander nicht viel an Gemeinsamkeiten hatten.

Als Case von ein paar Leuten in ein eher geschäftliches Gespräch gezogen wurde, schlenderte Mellie weiter, nickte den Umstehenden lächelnd zu und trat dann neben Amanda und Nathan. Leider wollten die beiden bereits gehen.

Amanda umarmte Mellie zum Abschied. „Wir würden gern noch bleiben, aber Nathan musste heute schon um fünf Uhr morgens raus.“

„Wie schade. Vielen Dank noch mal für das Kleid, Amanda. Ich habe den Eindruck, Case mag es.“

Nathan lachte kurz und trocken auf. „Nicht nur er. Jeder hier im Saal findet es super. Du siehst einfach umwerfend aus, Mellie Winslow.“

„Hey!“ Amanda stieß ihn in die Seite. „Hast du vergessen, wer neben dir steht?“

Lachend hob Nathan seine Frau hoch und drückte ihr einen herzhaften Kuss auf den Mund. „Mellie weiß, dass ich nur Augen für dich habe, Liebste, nicht, Mellie?“

„Und ob! Aber jetzt ab nach Hause, ihr zwei, sonst werdet ihr noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet.“

Mellie sah den beiden nachdenklich hinterher. Amanda und Nathan kannten sich schon ewig. Sie hatten sich zwar für ein paar Jahre aus den Augen verloren, dann aber wiedergefunden. Ihre Beziehung war fest und sicher. Und man hatte den Eindruck, sie waren noch genauso verliebt wie früher. Es musste wunderbar sein, diese Sicherheit zu haben und dieses tiefe Vertrauen in den Partner. So etwas kannte Mellie nicht, und sie fragte sich, ob sie es wohl jemals kennenlernen würde.

In Gedanken versunken schreckte sie hoch, als ein junger Mann sie um einen Tanz bat. Er war höchstens einundzwanzig oder zweiundzwanzig, und im Vergleich zu ihm fühlte Mellie sich uralt. Sie stimmte zu und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche ziehen.

Während sie schweigend tanzten, blickte der junge Mann immer wieder nervös in Case’ Richtung.

„Mr. Baxter mag es wohl nicht, dass Sie mit mir tanzen. Er sieht mich so böse an.“

„Und wenn schon. Lassen Sie ihn nur. Warum sollten wir nicht zusammen tanzen? Dagegen kann er nichts haben.“

„Ihr Vater ist doch Harold Winslow, oder?“, sagte der junge Mann schließlich.

Aha. Deshalb hat er mich aufgefordert.

„Ja. Weshalb fragen Sie?“

„Weil …“ Er räusperte sich. „Weil eine meiner Cousinen im Courtyard, diesem Kunst- und Kulturzentrum, einen Laden hat. In dieser Woche ist das Gerücht aufgekommen, dass Mr. Winslow alles verkaufen will. Das wäre das Ende des Courtyards und macht die Leute dort verständlicherweise nervös. Als ich Sie heute Abend hier sah, wollte ich die Gelegenheit nutzen und Sie fragen. Sie wissen doch sicher Näheres.“

„Nicht viel. Mein Vater neigt dazu, viel zu reden und Menschen vor den Kopf zu stoßen. Aber da ich Miteigner von Winslow Properties bin, müsste ich es wissen, wenn es ernsthafte Pläne gäbe, den Courtyard zu verkaufen. Vorläufig kann davon keine Rede sein. Wie heißt denn Ihre Cousine?“

„Raina Patterson. Ihr gehört der Antikladen Priceless.“

„Raina? Ja, ich kenne sie. Bitte sagen Sie ihr, dass ich in den nächsten zwei Wochen mal rauskomme und die Gerüchte hoffentlich aus dem Weg räumen kann. Und dass sie einen sehr netten Cousin hat.“

Der junge Mann wurde knallrot. „Äh … vielen Dank, Ma’am. Sehr freundlich. Und danke für den Tanz.“

Mellie hatte sich noch kaum ein Glas Punsch geholt, als Case schon an ihrer Seite auftauchte. Erstaunlich, wie schnell und lautlos sich ein so großer Mann bewegen konnte, wenn er es darauf anlegte. Sie sah ihn lächelnd an. „Muss ich nun salutieren oder mich vor dir verbeugen? Ich meine, wo du doch nun ganz offiziell der Präsident dieses ehrwürdigen Hauses bist.“

Er nahm ihr das Glas aus der Hand und trank einen Schluck. „Ich habe gesehen, wie dieser Grünschnabel in mein Territorium eingedrungen ist. Sollte man nicht die kleinen Fische ins Wasser zurückwerfen?“

Sie lachte. „Schon möglich. Ein entzückender Junge.“

„Kann ich mir vorstellen. Und außerdem sehr mutig. Er hat etwas getan, von dem wahrscheinlich jeder Mann hier im Saal träumt, der solo ist. Und sich nicht traut.“

„Sehr schmeichelhaft. Du weißt wirklich, wie man Frauen um den kleinen Finger wickelt.“ Aber seine Worte hatten ihr gutgetan.

„Danke.“ Doch dann zog er eine Augenbraue hoch, als ein großer Mann mit zerzausten braunen Haaren und grünen Augen auf sie zukam.

Der Fremde musterte Mellie anerkennend. „Ich weiß zwar nicht, wie Sie ausgerechnet an Case Baxter gekommen sind, schöne Frau. Aber ich würde gern mit Ihnen tanzen, wenn Sie nichts dagegen haben.“

„Also, ich …“ Mellie sah unsicher zwischen dem Mann und Case hin und her.

„Der nächste Tanz ist schon vergeben“, sagte Case und warf dem Fremden einen strengen Blick zu. „Mellie, dies ist mein alter Kumpel Liam Wade. Er ist ein Fan von Pferden und Frauen – nicht unbedingt in der Reihenfolge.“

Lächelnd streckte Mellie die Hand aus. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Liam.“

Liam schüttelte ihr kräftig die Hand. „Achten Sie nicht auf ihn. Ich bin total harmlos. Case ist derjenige von uns, der hinter den Frauen her ist und umgekehrt. Außerdem bin ich nicht prinzipiell gegen die Ehe wie er.“

Diese Bemerkung passte Case überhaupt nicht, das sah man ihm an. Die Brauen zusammengezogen blickte er auf seine Uhr. „Länger muss ich wohl nicht bleiben. Wir gehen, Mellie. Das geht hier sicher noch ein paar Stunden.“

Mit übertriebener Geste küsste Liam ihr zum Abschied die Hand. „Rufen Sie mich an, wenn Sie diesen Charmeur satthaben.“

13. KAPITEL

Seit der Begegnung mit Liam war Case’ gute Laune wie weggeblasen. Ob Mellie in Versuchung kommen könnte, Liams Angebot anzunehmen? Das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen. Obwohl Liam gut bei Frauen ankam, weil er immer gut gelaunt und unkompliziert war.

Als sie bei Rot an einer Ampel halten mussten, warf er ihr einen Blick zu. „Woran denkst du?“ Doch hoffentlich nicht an Liam und seine Flirtversuche. Case wusste, dass Liam das nur gesagt hatte, um ihn zu ärgern.

Langsam drehte sie ihm das Gesicht zu und sah ihn ernst an. Wollte sie nicht antworten? Doch dann gab sie sich sichtlich einen Ruck und atmete einmal durch, wie um sich Mut zu machen.

„Ich möchte gern mehr über deine Frau erfahren.“

Wie kam sie denn jetzt darauf?

„Ist das eine Bedingung für heute Nacht?“, stieß er unwirsch hervor.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht verärgern.“

„Hast du auch nicht.“ Er packte das Lenkrad fester. „Aber das ist alles lange her und nicht mehr interessant.“

„Ich möchte es trotzdem wissen. Bitte, Case …“

„Wenn du unbedingt willst.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich war jung und dumm. Leslie arbeitete für meinen Vater, und ich war eine leichte Beute für sie. Mein Dad hat mich zwar immer gewarnt, mir auch dringend zu einem Ehevertrag geraten. Aber ich wusste ja alles besser. In dem halben Jahr, das wir verheiratet waren, schaffte es Leslie, einige meiner Konten abzuräumen. Danach verschwand sie auf Nimmerwiedersehen.“

„Das tut mir leid. Du warst sicher am Boden zerstört.“

„In gewissem Sinne ja. Sie hat mir zwar nicht das Herz gebrochen, aber meinem Selbstbewusstsein einen ordentlichen Schlag versetzt.“

„Weil du dich so hast täuschen lassen?“

„Ja, und weil ich mich für unwiderstehlich hielt.“ Er lachte kurz und bitter auf.

„Du bist unwiderstehlich“, sagte Mellie leise. „Zumindest was mich betrifft. Denn normalerweise schlafe ich nicht einfach so mit jemandem, den ich nicht besonders gut kenne.“

„Ich eigentlich auch nicht, Mellie.“ Das war nicht ganz korrekt, aber er empfand die gleiche Unsicherheit wie sie. Das war eigentlich erstaunlich, denn bisher hatte er diese Skrupel nicht gekannt. Aber mit Mellie war alles anders, er fühlte sich beinahe wie vor dem ersten Mal.

Er hielt vor ihrem Haus, drehte sich zu ihr und zwinkerte ihr zu. „Immerhin habe ich dir angeboten, fünfzigtausend Dollar in dein Geschäft zu stecken. Und da du abgelehnt hast, muss es wohl mein Charme und nicht mein Geld sein, das dich beeindruckt.“

Sein Scherz verpuffte, Mellie blieb ernst. „Vielleicht war das ein Trick von mir, damit du mir vertraust“, sagte sie leise.

Er ging nicht darauf ein. „Geh und hol deine Zahnbürste“, drängte er. „Ich kann nicht länger warten.“

Schweigend sah sie ihn mit ihren großen grünen Augen an, während sie nervös den Rockstoff glatt strich, wieder und wieder. Wie eine Seejungfrau kam sie ihm vor, die versucht, den Mann in ihr nasses Bett zu ziehen.

„Ist das hier eine einmalige Sache, Case?“, fragte sie schließlich.

„Bisher ist es noch gar nichts.“ Er seufzte leise. „Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dich nach einer Nacht gehen zu lassen.“

„Aber du bist auch der Meinung, dass es keine Zukunft hat?“

„Verdammt, Mellie!“ Seine Selbstbeherrschung bekam Risse. Er wollte nicht mehr warten. „Willst du nun, oder willst du nicht?“

Wieder schwieg sie und betrachtete ihn beinahe traurig. Dann straffte sie die Schultern, als hätte sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen.

„Warte hier“, flüsterte sie. „Bin gleich wieder da.“

Nach einer knappen Viertelstunde öffnete sich die Tür, und Mellie kam heraus. Sofort war Case neben ihr, nahm ihr die Tasche ab und warf sie in den Kofferraum. Dann hielt er Mellie die Beifahrertür auf. Glücklicherweise trug sie immer noch das Kleid, in dem sie wie eine Seejungfrau aussah. In seiner Fantasie hatte er sich nur allzu deutlich ausgemalt, wie er sie langsam von dem seidigen Stoff befreite, bis sie nackt vor ihm lag …

Er schloss die Tür, schob sich hinter das Lenkrad und startete den Wagen.

Die Fahrt zur Ranch verlief schweigend. Sie hingen beide ihren Gedanken nach. Case verstand sich selbst nicht mehr. Noch nie war er vor dem Sex so verunsichert gewesen. Er verspürte Erregung und eine heftige Begierde, und er konnte es kaum erwarten, mit Mellie zusammen zu sein. Gleichzeitig erfüllte ihn eine unbestimmte Angst.

Erst als er die Einfahrt hochfuhr und dann vor dem Haus den Motor abstellte, fiel ihm auf, dass er vergessen hatte, das Licht neben dem Eingang einzuschalten. Er stieg aus und blickte in den dunklen Himmel, an dem Millionen Sterne funkelten. Auch das liebte er an Texas, diese Weite des Firmaments.

Er öffnete die Beifahrertür und reichte Mellie die Hand. Am liebsten hätte er sie die Stufen hinaufgetragen und sofort in sein Bett gebracht. Gleichzeitig aber hatte er irgendwie das Bedürfnis, es bei ihr anders zu machen. Er wollte, dass sie sich mit ihm wohlfühlte, dass sie Vertrauen zu ihm hatte, bevor er mit ihr schlief.

„Kannst du in den Schuhen laufen?“ Er wies auf ihre High Heels.

„Ja. Vielleicht nicht gerade einen Marathon …“

„Gut. Ich möchte dir nämlich etwas zeigen.“

Er nahm sie bei der Hand und führte sie um das Haus herum zu einer kleinen Koppel. Ein einzelnes Pferd begrüßte sie mit leisem Wiehern. „Das ist Misty“, sagte Case. „Ich habe sie erst kürzlich gekauft. Vielleicht können wir irgendwann mal zusammen ausreiten, du und ich.“

Die zierliche Stute kam sofort auf sie zu, und Mellie steckte die Hand zwischen den Zaunbalken durch und strich ihr über die weichen Nüstern. „Was für ein schönes Pferd.“ Lächelnd sah sie ihn an. „Aber ich kann leider nicht reiten.“

„Was?“ Er hob überrascht die Augenbrauen. „Eine Texanerin, die nicht reiten kann? Das darf doch nicht wahr sein.“ Lachend hob er sie hoch und setzte sie auf den obersten Querbalken. Der seidige Stoff kitzelte ihn an den Armen. „Das will ich dir gern beibringen, wenn es dir recht ist.“

Sie blickte ernst auf ihn herunter. „Ich vermute, dass du mir eine ganze Menge beibringen kannst …“

„Schon möglich.“ Er konnte nicht anders, er musste sie küssen. Schnell trat er zwischen ihre Knie, legte ihr die Hand um den Hinterkopf und zog sie zu sich herunter. Sein Kuss war tief und hart, und Mellie erwiderte ihn voll Leidenschaft und Verlangen.

„Oh, Case …“, keuchte sie, als sie sich wieder aufrichtete.

Er sah sie an, und sein Herz klopfte wie verrückt. Wie sie da im Mondschein saß! Wie eine Fee, die ihn verzauberte … Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte. In dem blassen Licht wirkte ihr rotes Haar golden, und ihre Haut schimmerte hell wie Perlmutt.

„Wollen wir nicht reingehen?“, stieß er hastig hervor. „Ich meine, ins Bett?“

Sie lachte leise. „Endlich. Ich dachte schon, du fragst nie.“

Er hob sie vom Zaun herunter, doch anstatt sie auf die Füße zu stellen, trug er sie zur Eingangstreppe. Mellie legte ihm einen Arm um den Nacken und schmiegte sich an ihn. Was für eine Nacht, dachte er. Geheimnisvoll und magisch. Dabei hatte er sich nie für besonders romantisch gehalten. Aber mit Mellie war alles anders.

„Hoppla!“ Beinahe wäre er gefallen, als er sie die Stufen hinauftrug. „Entschuldige.“ Glücklicherweise fing er sich noch und ließ sie oben vor der Tür vorsichtig zu Boden gleiten.

„Macht doch nichts.“ Sie lehnte sich an ihn. „Sofern du mich auch über die Schwelle trägst …“

„Mit dem größten Vergnügen.“ Verdammt, wo war jetzt der Hausschlüssel? In seiner Hast suchte er in den falschen Taschen. Endlich hatte er ihn gefunden, schloss auf und nahm Mellie wieder auf die Arme. Drei Schritte, und sie waren im Haus. Mit dem Fuß schlug er die Tür zu, ließ Mellie dann herunter, umfasste aber ihre Handgelenke.

„Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.“ Er machte einen Schritt vor, sodass sie mit dem Rücken zur Tür dastand, und drückte ihre Hände über ihrem Kopf gegen das Holz. „Ich will alles auf einmal. Seit einer Woche träume ich von dir. Und endlich bist du hier.“

„Hoffentlich bist du nicht enttäuscht. Es ist schon lange her, dass ich … Ich meine, ich war schon lange nicht mehr mit einem Mann zusammen.“

„Keine Sorge, Darling.“ Er unterdrückte ein Lächeln. „Ich habe mir sagen lassen, so etwas verlernt man nicht. Genauso wenig wie Radfahren.“

„Oder Reiten?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Noch etwas, das du mir beibringen musst.“

„Wir haben die ganze Nacht Zeit. Ich möchte, dass wir es langsam angehen.“

In gespielter Enttäuschung schob sie die Unterlippe vor. „Langsam? Ich dachte, du bist verrückt nach …“

„Bin ich auch. Jetzt halt den Mund, und küss mich.“ Würde sie darauf eingehen? Wenn sie wollte, konnte sie sich ohne Mühe aus seinen Armen befreien. Zu seiner Erleichterung kam sie nicht auf die Idee, im Gegenteil. Sie schloss die Augen und hob ihm das Gesicht entgegen.

Sofort ließ er ihre Handgelenke los und zog sie eng an sich. Sie sollte endlich spüren, wie sehr er sie begehrte. Und dann küsste er sie, wild und ungehemmt, kitzelte sie mit der Zunge am Ohr und flüsterte: „Was hast du mir in der letzten Woche ins Essen getan? Irgendeine Droge, die bewirkt, dass ich nur noch an dich denken kann und in ständiger Erregung lebe?“

Sie küsste ihn aufs Kinn und ließ ihn dann leicht ihre scharfen Zähne spüren.

„Ich bin doch keine Hexe“, gab sie genauso leise zurück. „Vielleicht hast du zu lange enthaltsam gelebt. Vielleicht willst du mich nur, weil ich nun einmal hier bin. Vielleicht bist du auch dankbar, dass ich dich nicht allein gelassen habe, als du krank warst.“

„Vielleicht von allem etwas.“ Er umfasste ihre Brüste. Sie trug keinen BH! Die festen Rundungen schmiegten sich in seine Handflächen, wie für ihn gemacht. Ihre Brustwarzen wurden hart und drückten sich gegen den seidigen Stoff, als er sie mit den Daumen streichelte. „Aber das ist mir auch egal. Ich weiß nur, dass ich dich wahnsinnig begehre und unbedingt mit dir schlafen will.“

Er hob sie hoch und trug sie durch das dunkle Haus in sein Schlafzimmer. Dort blieb er vor dem Bett stehen. Mellie hatte kein einziges Wort gesagt. War das Schüchternheit, oder hatte sie sich die ganze Sache anders überlegt?

„Sag etwas“, bat er. „Sag mir, wie du es möchtest.“

Sie schwieg. Da die Vorhänge nicht zugezogen waren, fiel das helle Mondlicht in den Raum. Und so konnte er sehen, dass sie ihn anlächelte. Also hatte sie keine Vorbehalte, sondern wollte das Gleiche wie er! Vorsichtig ließ er sie auf die Füße gleiten und liebkoste ihre Schultern, die Arme, ihre Brüste. Dann zog er langsam den Reißverschluss ihres Seejungfrauenkleids auf und schob das Oberteil nach unten, sodass es ihr auf den Hüften hing. Er trat hinter sie.

Der Raum schien vor Spannung zu vibrieren. Ihnen gegenüber stand ein großer Spiegel. Mit angehaltenem Atem beobachteten sie beide, wie er sie von hinten umarmte, wie er sie an sich zog. Als er von hinten ihre Brüste umfasste, stöhnten sie beide laut auf. Zwar empfand er es wie eine Folter, ihre Brüste liebkosen zu können, Mellie aber nicht ganz nackt zu sehen. Doch irgendwie war es eine sehr sinnliche Folter und überaus verführerisch für sie beide, sich im Spiegel zu beobachten.

Schließlich konnte er nicht länger warten. Er drehte Mellie zu sich herum, sodass sie ihn ansah, und streifte ihr das Kleid ganz über die Hüften. Sanft fiel es ihr auf die Füße, und sie schob es vorsichtig zur Seite.

„Jetzt bist du dran“, wisperte sie.

Doch als er sich an den Hals griff, um die Fliege aufzuziehen, hielt sie seine Hand fest und schüttelte den Kopf. „Meine Sache.“ Sie warf die Fliege beiseite, knöpfte ihm dann das Hemd auf, zog ihm das Smokingjackett aus und ließ das Hemd folgen.

Als sie einen Schritt zurücktrat und ihn anerkennend musterte, hielt er es nicht mehr aus. Wie sollte er auch, wenn sie nackt bis auf die High Heels und den winzigen Seidenslip vor ihm stand. Hastig schlüpfte er aus den Schuhen, zog die Socken aus und hatte sich im Nu von Hose und Boxershorts befreit.

Mellie musterte ihn von oben bis unten. Es war für sie nicht zu übersehen, wie sehr er sie wollte, und Case brauchte alle Selbstkontrolle, um nicht auf der Stelle zu kommen. „Lass die Schuhe an“, stieß er heiser vor Erregung hervor.

„Was auch immer du willst, Cowboy“, sagte sie lächelnd, die Stimme weich und warm und leicht zitternd vor Verlangen.

Er zog sie an sich. Sie musste ihn nun hart und heiß an ihrer Haut spüren, und das steigerte nur noch seine Erregung.

Er legte die Hände auf ihren festen Po und drückte sie an sich. „Das erste Mal geht es vielleicht ein bisschen schnell, aber uns gehört die ganze Nacht.“ Damit wollte er sich selbst Mut machen, geduldig zu sein. Aber konnte das klappen?

Egal, er musste sie haben, jetzt sofort. Wieder hob er sie hoch, trat vor das Bett und ließ sie sanft darauf nieder. Auf dem Nachttisch stand eine Kerze, in der Schublade lag eine Streichholzschachtel. Schnell zündete er die Kerze an und ließ sich dann neben Mellie auf das Bett sinken. Zärtlich strich er ihr über den Bauch.

„Ich habe Kondome hier“, sagte er leise. „Ich würde dich nie einem Risiko aussetzen.“

Sie sollte Vertrauen zu ihm haben, das war ihm wichtig.

Mellie war nicht schüchtern, zumindest jetzt nicht mehr. Sie umfasste seine Erektion und strich mit der Hand langsam auf und ab.

Case sog scharf die Luft ein und hielt ihre Hand fest. „Später, Darling … Im Augenblick bin ich zu kurz davor …“

Fast bedauernd ließ sie ihn los. „Wenn du meinst.“

Noch trug sie den Slip, der einzige Grund, weshalb Case sich noch so gerade eben zurückhalten konnte. Doch nun wollte er sie endlich nackt sehen, ganz nackt. Hastig streifte er ihr den Slip ab, leider zu hastig, denn er blieb an dem scharfkantigen Absatz der High Heels hängen und zerriss. „Entschuldige, das war dumm von mir. Aber ich kauf dir neue, gleich zehn Stück in allen Regenbogenfarben.“

Sie lachte nur und drehte sich auf den Bauch. „Du kannst mir den Rücken massieren. Das Stehen und Tanzen auf hohen Absätzen geht ziemlich auf den Rücken.“ Dabei winkelte sie die Beine an und kreuzte die Füße.

Case wurde der Mund trocken. Ob ihr bewusst war, wie wahnsinnig sexy sie aussah? Oder war das für sie einfach eine bequeme Haltung? Wie auch immer, er würde ihr zeigen, dass er sich durchaus beherrschen konnte. Sie wollte massiert werden? Dann würde er sie eben massieren.

Er kniete sich rittlings über sie und fing an, sie mit seinen kräftigen warmen Händen durchzukneten. Mellie presste die Fäuste in das Laken.

„Oh, ist das gut … Noch besser als Sex.“

„Nie!“ Er massierte weiter. „Auch nicht annähernd so gut.“

Als ihr Körper rosig durchblutet und vollkommen entspannt vor ihm lag, gab er ihr einen kleinen Klaps auf den Po. Dann holte er sich aus der Schublade ein Kondom und streifte es sich über, bevor er Mellie wieder auf den Rücken drehte.

Sie stützte sich auf den Ellbogen auf und betrachtete ihn mit einem sinnlichen Blick.

„Du bist ein unglaublich attraktiver Mann“, sagte sie langsam, ließ sich wieder nach hinten sinken und spreizte leicht die Beine.

Wie hätte er da widerstehen sollen? Case beugte sich über sie, küsste sie auf die Brust, dann drang er mit einem einzigen Stoß in sie ein. Ah … endlich! Er schloss die Augen, um sich ganz auf das Gefühl konzentrieren zu können.

Vielleicht hätte er für das erste Mal eine fantasievollere Stellung wählen sollen, schoss ihm kurz durch den Kopf. Aber erregt, wie er war, war er unfähig zu planen. Er war kurz davor zu kommen und musste seine ganze Selbstkontrolle aufwenden, um den Höhepunkt noch hinauszuzögern.

Er wollte, dass sie genauso erregt war wie er. Dass auch sie sich kaum noch zurückhalten konnte. Wie hell ihre Haut gegen seine dunkel gebräunten Arme wirkte. Dass sie zu ihm gekommen war, in sein Haus, in sein Bett, erfüllte ihn mit Genugtuung. Obwohl er doch eigentlich etwas dagegen gehabt hatte …

Vielleicht würde er sich später wieder an seinen Schwur halten, keine Frau über Nacht bei sich im Haus zu haben. Warum hatte er ausgerechnet bei Mellie, die er doch kaum kannte, eine Ausnahme gemacht? Aber im Augenblick spielte das keine Rolle.

Im Augenblick war sie genau das, was er wollte und wonach er sich sehnte.

Vorsichtig fing er an, sich in ihr zu bewegen. Sie keuchte und kam ihm entgegen, wieder und wieder und in dem sich steigernden Rhythmus, den er vorgab.

„Das … ist erst … der Anfang …“, stieß er hervor.

Sie lachte leise und atemlos. „Immer diese Versprechungen …“

Da konnte er nicht anders, er musste loslassen. Ein, zweimal drang er noch tief ein, und als Mellie aufschrie, wusste er, sie war so weit. Ein letztes Mal, dann hielt er sie ganz fest und spürte, wie sie mit ihm den Höhepunkt erreichte.

Es war Wahnsinn.

14. KAPITEL

Mellie hatte Mühe, wieder zu Atem zu kommen. Entweder war sie nicht gut in Form und erschöpft von dem wilden Orgasmus. Oder aber es hatte damit zu tun, dass ein großer schwerer Mann bewegungslos auf ihr lag.

Kurz lächelte sie zufrieden. Für jemanden, der schon lange nicht mehr mit einem Mann geschlafen hatte, war sie gar nicht mal schlecht gewesen …

Sicher, im Wesentlichen war das Case’ Verdienst. Diese Alphamänner, überheblich, stur und von sich überzeugt, wie sie waren, hatten in bestimmten Situationen durchaus ihre Vorteile. Beim Sex zum Beispiel war es angenehm, einen selbstsicheren Partner zu haben. Einer, der genau wusste, wie er einer Frau den höchsten Genuss verschaffen konnte.

Mist. Eigentlich musste sie dringend ins Bad, aber sie wollte sich nicht bewegen. Um sich abzulenken, sah sie sich in dem Raum um. Dies war Case’ Schlafzimmer, sein Bett … Und er lag in ihren Armen. Sie lächelte glücklich.

So vieles ging ihr durch den Kopf. Die verschiedensten Gefühle erfüllten sie. Entspannung, Freude, Erstaunen, besonders über sich selbst. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie alle Vorsicht vergessen und sich ganz ihren Gefühlen überlassen. Normalerweise steckte sie in einem engen Zeitkorsett. Nur zum Essen und Schlafen kam sie nach Hause, ansonsten waren ihre Tage mit Arbeit und noch mehr Arbeit ausgefüllt. Seit sie als Teenager ihre Mutter verloren hatte, war ihr Bedürfnis nach Sicherheit besonders groß. Ihr Vater war ihr keine Hilfe, im Gegenteil. Er belastete sie zusätzlich.

So war sie gezwungen gewesen, sehr schnell erwachsen zu werden. Über die Stränge zu schlagen kam für sie nie infrage. Vielleicht holte sie das jetzt nach? Mit Case Baxter, der sie dazu brachte, sich spontan und risikofreudig wie ein Teenager zu verhalten? Andererseits war er ihr Kunde, und mit einem Kunden zu schlafen war nicht besonders clever und verantwortungsbewusst …

Plötzlich stöhnte dieser Kunde laut auf, rollte sich von ihr herunter und blieb auf dem Rücken liegen. Nachdem ihr seine langen gleichmäßigen Atemzüge verrieten, dass er wieder fest schlief, stand sie leise auf und ging nackt und auf Zehenspitzen ins Bad. Endlich …

Danach entdeckte sie einen dicken dunkelblauen Bademantel, der innen an der Badezimmertür hing. Natürlich war er ihr viel zu groß, und sie musste die Ärmel aufkrempeln. Aber so fühlte sie sich wohler, als nackt durchs Haus zu gehen.

Ein Blick in den Spiegel und sie erschrak. Entsetzlich sah sie aus, das Haar zerzaust, die Wimperntusche verschmiert und Knutschflecken am Hals. Dennoch errötete sie, als sie sich erinnerte, wie es dazu gekommen war. Case, wie er sie küsste, wie er mit den Lippen über ihren Hals strich, saugte und leckte …

Im Nachhinein wäre es vielleicht schlau gewesen, ihre kleine Reisetasche mit ins Haus zu nehmen und sie nicht draußen im Wagen zu lassen. Offenbar hatte das Mondlicht sie so verzaubert, dass sie nicht an so etwas Praktisches wie Zahnbürste und Nachthemd gedacht hatte.

Als sie das Licht im Bad ausknipste und wieder ins Bett schlüpfen wollte, grummelte ihr Magen laut. Vor lauter Nervosität hatte sie auf der Party wenig gegessen. Also ab in die Küche, in der sie sich glücklicherweise auskannte. Von dem reichlichen Essen, das Case’ Freunde gebracht hatten, musste doch noch etwas da sein.

Als sie den Kühlschrank öffnete, um den Plastikbehälter mit dem kalten Huhn herauszunehmen, legten sich zwei kräftige Hände um ihre Taille.

Mellie schrie auf und fuhr herum. „Case!“

„Allerdings.“ In gespielter Empörung zog er die Brauen zusammen. „Als ich aufwachte, warst du nicht mehr da!“ Dann stutzte er. „Ist das etwa mein Bademantel?“

Sie wurde rot. Case hatte nur seine dünne Pyjamahose an, die ihm tief auf den Hüften hing. Was für schöne Füße er hatte, richtig sexy.

Oh Gott, jetzt törnten sie schon seine Füße an. Wie sollte das bloß werden … „Ja. Meine Tasche ist noch im Auto.“

Er zog sie an sich. „Steht dir sehr gut.“ Lächelnd senkte er den Kopf und küsste sie, lange und sanft und sehr erregend, was sie bis in die Zehenspitzen spürte. Plötzlich nahm sie die Kälte des Fliesenbodens nicht mehr wahr.

Leise aufseufzend legte sie ihm die Arme um den Hals. Ohne Schuhe kam sie sich klein und zerbrechlich vor, wie sie so vor ihm stand. Normalerweise war sie stolz auf ihre Kraft und darauf, nicht auf männliche Unterstützung angewiesen zu sein. Aber hin und wieder war es durchaus angenehm, sich der männlichen Stärke zu überlassen.

Sie drückte die Stirn gegen seine nackte Schulter. Er roch so gut. Nach Seife, warmer Haut und Sex … „Ich wollte mich gerade über die Essensreste hermachen.“

Leise lachend küsste er sie auf den Scheitel. „Aber eigentlich willst du doch etwas ganz anderes als kaltes Huhn, oder?“

Das war wohl weniger eine Frage als eine Feststellung. Spielerisch strich sie ihm mit dem Fingernagel über die flachen Brustwarzen. „Was hast du denn sonst anzubieten?“

Bei der Berührung war er zusammengezuckt. „Vieles. Wenn ich uns Popcorn mache, würdest du dann wieder zurück ins Bett kommen?“

„Vielleicht, wenn du mich darum bittest.“

Er hob sie hoch und setzte sie auf den Küchentresen. Wenige Minuten später piepste die Mikrowelle, und es duftete nach gebuttertem Popcorn. Schnell schenkte er jedem ein Glas Wein ein, reichte Mellie eine Schüssel Popcorn und setzte sich neben sie.

„Du bist wirklich leicht zufriedenzustellen“, sagte er schmunzelnd.

„Möglich. Wir haben eben alle unsere Schwächen. Aber ich glaube, ich bin ziemlich realistisch. Und ich bin fest davon überzeugt, dass man die wichtigsten Dinge im Leben nicht mit Geld kaufen kann.“

Darauf sagte Case nichts. Er blickte in sein Glas und schwieg.

Was ihm wohl durch den Kopf ging? Ganz allein wohnte er hier in diesem wunderschönen alten Haus. Er sollte Frau und Kinder haben. Andererseits hatten manche Männer nichts für Familie übrig. Wahrscheinlich war er einer dieser Männer.

„Darf ich dich etwas fragen?“

Er hob den Kopf und stellte sein Glas zur Seite. „Sicher, nur zu.“

Autor

Cat Schield

Cat Schield lebt gemeinsam mit ihrer Tochter, zwei Birma-Katzen und einem Dobermann in Minnesota, USA und ist die Gewinnerin des Romance Writers of America 2010 Golden Heart ® für romantische Serienromane. Wenn sie nicht gerade neue romantisch-heiße Geschichten schreibt, trifft sie sie sich mit ihren Freunden um auf dem St....

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