Ti amo – für immer!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Nie wieder Liebe, hat Mariana sich nach einer gescheiterten Ehe geschworen. Für die schöne Kunstwissenschaftlerin zählt nur noch ihre TV-Sendung "Verborgene Schätze". Bis der italienische Unternehmer Angelo Beresford sie bittet, die Gemäldesammlung seines Großvaters in dessen Palazzo zu begutachten. Wenn Angelo bloß nicht so unwiderstehlich wäre! Mit seinem Charme schlägt er sie in seinen Bann, und bei ihren gemeinsamen Nachforschungen prickelt es heiß. Kann Mariana im romantischen Florenz ihre größte Angst besiegen - die vor einer neuen Liebe?


  • Erscheinungstag 10.09.2019
  • Bandnummer 192019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712457
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mariana Thackeray.

Angelo Beresford blickte nachdenklich auf den Namen, den ihm Camilla, seine Schwester, gemailt hatte. Mariana war Moderatorin einer Sendung über Kunst. Es ging um Gemälde, die Leute auf dem Speicher gefunden hatten und die nun ein kleines Vermögen wert waren.

Camilla hatte die letzten Monate ihrer Schwangerschaft damit verbracht, jede Woche von Rom nach Florenz zu fahren, um die Aufzeichnungen mit ihrem Großvater anzuschauen. Offenbar hatte Leo Moretti diese Frau dabei ins Herz geschlossen. Er nannte sie das Mädchen am Fenster. Cammie meinte, sie sähe selbst aus, als sei sie einem Gemälde entsprungen.

Im Grunde war es egal, wie diese Mariana Thackeray aussah. Angelo interessierte nur, was sie im Kopf hatte. Las sie von einem Prompter ab, oder hatte sie tatsächlich Ahnung von dem Thema?

Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

Er rief den Namen der Sendung im Internet auf: Verborgene Schätze.

Tatsächlich, sie sah aus wie ein Modell für eines der vielen Gemälde aus dem neunzehnten Jahrhundert, die sein Großvater über die Jahrzehnte gesammelt hatte. Lange, blonde Locken, blaue Augen, hohe Wangenknochen und sinnliche Lippen. Sein Blick blieb daran hängen. Sie war einfach umwerfend.

Schnell fing er sich. Darum ging es doch gar nicht! Er riss den Blick los und suchte nach weiteren Informationen.

Mariana Thackeray, Moderatorin und Kunsthistorikerin, hieß es auf ihrer Seite. Eine solide akademische Basis. Also baute ihre Arbeit auf tatsächlichem Wissen und nicht auf einem fremden Skript auf. Er nickte. Sehr gut.

Wie es aussah, erforschte sie die italienischen Maler des neunzehnten Jahrhunderts sogar als Teil ihrer Doktorarbeit. Ausgerechnet die Leidenschaft seines Großvaters! Es klang, als wäre sie perfekt, um Angelo bei seinen Plänen zu helfen.

Trotzdem sollte er sich besser noch eine ihrer Sendungen ansehen. Er recherchierte weiter. Laut der Fernsehvorschauen im Internet lief gerade keine aktuelle Staffel. Neue Folgen waren erst für Oktober geplant.

Jetzt war es Mai. Also hätte sie wahrscheinlich auch noch Zeit. Perfekt!

Er beschloss, die Episoden, die online verfügbar waren, am Abend anzusehen, und ging noch Zeitungsartikel durch. Sie schien eine schwere Zeit durchgemacht zu haben. Offenbar war ihr früherer Lebensgefährte ein ziemlicher Mistkerl gewesen. Die Artikel zeichneten das Bild eines Tyrannen, der noch nicht einmal davor zurückgescheut war, vor Gericht zu lügen und Mariana das Leben zur Hölle zu machen.

Doch sie hatte es geschafft, sich von ihm zu befreien, und vor Gericht gegen ihn ausgesagt. Sie hatte sogar in Interviews über ihre Erfahrungen erzählt und Tipps gegeben, wo man Hilfe bei psychischem und körperlichem Missbrauch in einer Partnerschaft bekommen konnte.

Sie hatte davon berichtet, wie leicht es passieren konnte, vollkommen das Vertrauen in sich selbst zu verlieren und zu glauben, dass doch alles die eigene Schuld war. Dass man nutzlos, wertlos war und nur noch an die Wirklichkeit glaubte, die der Partner einem eingeredet hatte.

Sie war hatte sogar beschrieben, wie schwierig es war, sich nach so etwas wieder aufzubauen. Dass sie eine Therapie gebraucht hatte, um nach all der Zeit wieder zu sich selbst zu finden. Sie benutzte ihre schmerzvollen Erfahrungen dazu, anderen zu helfen. Sogar die Bezahlung für das Interview ging an ein Frauenhaus.

Angelo nickte beeindruckt. Sie zog keinen persönlichen Profit daraus, sondern half vor allem anderen Betroffenen.

Angelo empfand Hochachtung vor Marianas Mut und bewunderte sie für ihre Stärke, sich ungeachtet der Vergangenheit ein neues Leben aufzubauen.

Er entschied, sich ihre Sendung anzusehen. Danach würde er mehr wissen.

Geplant hatte er, nach Feierabend eine Episode Verborgene Schätze zu schauen. Erst nach drei weiteren schaltete Angelo den Fernseher wieder aus.

Kein Wunder, dass sein Großvater auf sie aufmerksam geworden war. Sie mochte schön sein, ja. Aber wenn sie über Kunst erzählte, strahlte sie förmlich. Sie zog ihre Zuschauer geradezu in ihren Bann, erklärte ihnen alles vom Aufbau eines Gemäldes bis hin zu den analysierten Pigmenten und Pinselstrichen. Und das auf eine Art, die neugierig auf mehr machte. Und sie zeigte die menschliche Seite des Ganzen, mit Auszügen aus dem Leben des Künstlers und Beispielen, was das Gemälde seinem Besitzer bedeutete.

Geld schien sie dabei nicht zu interessieren. Es ging ihr um die Kunst und um die Freude der Besitzer, ihr Fundstück und ihre Geschichte wertgeschätzt zu sehen. Darum, ihnen zu bestätigen, dass sie nicht einer wilden Fantasterei hinterherjagten, sondern ihr Fundstück das einzigartige Werk eines echten Künstlers war. Sie forschte nach, ließ nicht locker, die Herkunft zu erforschen, selbst wenn es keine der üblichen Hinweise gab.

Wissenschaftliche Nachweise. Wertschätzung. Bestätigung.

Das war es, was sein Großvater brauchte – den Beweis, dass das Gemälde, das er seit vielen Jahren so sehr liebte, tatsächlich ein Carulli war. Das Mädchen am Fenster.

Wenn es jemand beweisen konnte, dann Mariana Thackeray. Womöglich wäre es nicht für ihre Sendung interessant, aber egal. Er würde ihr zahlen, was sie verlangte. Wofür wäre alles Geld gut, wenn man damit nicht etwas für einen geliebten Menschen tun könnte?

Angelo öffnete das Mailprogramm seines Computers und begann zu schreiben.

Jetzt war nur noch ein Brief übrig.

Die meiste Korrespondenz an Verborgene Schätze verlief per E-Mail. Mariana hatte sich fast komplett durchgearbeitet und drei vielversprechende Ansätze für weitere Recherchen gefunden. Die restlichen bekamen eine Standardantwort, in der sie den Leuten für ihr Interesse dankte und sich entschuldigte, dass die Angebote nicht zum Programm passten.

Echte Briefe kamen nur selten. Sie sah darauf. Von einem Anwalt? Angelo Beresford.

Stirnrunzelnd holte sie das Schreiben heraus. Er bat sie um einen Anruf wegen eines Gemäldes. Also doch das Übliche.

Doch dann las sie den Namen: Domenico Carulli!

Marianas Herz schlug schneller. Das Bild sollte von dem bedeutendsten Maler der Künstlergruppe stammen, die sie für ihre Doktorarbeit untersuchte!

Sie suchte im Internet nach der Anwaltskanzlei. Die Webseite nannte Angelo Beresford als Spezialisten für Unternehmenszusammenschlüsse. Was hatte so jemand mit Verborgene Schätze zu tun? Ob eine der Firmen glaubte, ein wertvolles Gemälde zu besitzen, und er wollte ihren professionellen Rat dazu?

Normalerweise bot sie das Schätzen von Kunst nicht an. Sie hatte genügend damit zu tun, ihre Zeit zwischen der Doktorarbeit und der Fernsehshow aufzuteilen.

Aber … Domenico Carulli!

Ihr Lieblingsmaler.

Angelo Beresford hatte den Namen des Gemäldes nicht erwähnt, aber die meisten, von denen sie wusste, hingen in Galerien. Ein paar waren auch in Händen von Privatleuten, keines jedoch befand sich im Besitz einer Firma. Was heißen könnte, dass dieses Gemälde tatsächlich für Verborgene Schätze interessant wäre. Ein Gemälde, das über die Jahre unentdeckt geblieben war. Sie musste mehr erfahren.

Mariana griff zu ihrem Handy und gab die Nummer ein. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Mr. Beresfords Sekretärin.

„Ich würde gern mit Mr. Beresford sprechen“, sagte Mariana ungeduldig.

„Tut mir leid, er befindet sich in einem Meeting. Für wen darf ich eine Nachricht notieren?“

„Mariana Thackeray. Er hat mir geschrieben, dass …“

„Aber ja! Er möchte mit Ihnen über ein Gemälde sprechen.“ Die Stimme war schlagartig wärmer geworden. „Wir können direkt einen Termin vereinbaren.“

Mariana zögerte. „Können wir das nicht einfach am Telefon besprechen?“

„Ich glaube, er möchte lieber mit Ihnen persönlich sprechen, Ms. Thackeray.“

Dann hatte er das Gemälde also vielleicht sogar direkt vor Ort in seinem Büro? Mariana atmete aufgeregt ein. „Gut, dann gern.“

„Wie wäre es heute um halb drei?“

Mariana überlegte kurz. Sie würde den Termin mit Nigel, ihrem Produzenten, dafür verschieben müssen, aber wenn sie richtig lag, würde es ihm bestimmt nichts ausmachen. „Einverstanden.“ Sie glich die Adresse mit der Sekretärin ab und verabschiedete sich.

Der nächste Anruf ging an Nigel.

„Hi“, begrüßte der sie geschäftig, noch ehe sie etwas sagen konnte. „Du, ich bin spät dran. Können wir später reden?“

„Deshalb rufe ich an. Ich bin da auf einer interessanten Spur. Können wir unser Meeting verschieben?“

„Du hast dreißig Sekunden, dann muss ich los.“

„Ich bin die Mails durch. Das meiste ist nicht von Interesse. Aber es kam ein Brief …“

„Ja?“

„Möglicherweise ein unbekannter Carulli. Ein Anwalt möchte mich deshalb heute Nachmittag treffen. Könnten wir unseren Termin auf Montagmorgen verschieben?“

Nigel stöhnte. „Montagmorgen. Du weißt, wie ich den hasse.“

„Ich würde dir einen Ingwer-Latte und einen Pekannuss-Aprikosen-Muffin von dem Café an der Ecke mitbringen.“ Sie kannte seine Schwächen.

„Na gut, weil du es bist. Ich muss echt los, sorry. Halt mich auf dem Laufenden.“

„Mach ich, Boss.“

Kurz vor halb drei betrat Mariana die Empfangshalle des eleganten Kanzleihauses, in dem Angelo Beresford arbeitete, und meldete sich an. Während sie wartete, sah sie sich um. Abstrakte Malerei, passend zu dem modernen Gebäude aus Glas und Chrom. Also gehörte der mögliche Carulli wahrscheinlich eher einem Klienten.

„Ms. Thackeray?“ Eine Frau mittleren Alters kam auf sie zu. „Mr. Beresford empfängt Sie nun.“

Mariana hatte über ihn recherchiert. Er war der Staranwalt der Kanzlei und der jüngste Teilhaber, den es in der Firmengeschichte je gegeben hatte. Als sie jetzt sein Büro betrat, begann ihr Herz wild zu pochen. Er hatte dunkles Haar, das in Locken wachsen würde, würde man es einfach mal nicht schneiden. Dunkle Augen, umrahmt von langen Wimpern, und die sinnlichsten Lippen, die sie je gesehen hatte. Dieser Mann sah absolut umwerfend aus. Umso mehr, als er nun lächelnd auf sie zukam.

„Danke, dass Sie es eingerichtet haben, Ms. Thackeray.“ Er reichte ihr die Hand.

Mariana schluckte. Eigentlich sollte sie nicht so reagieren. Es ging hier ums Geschäft. Und sie sollte es doch mittlerweile besser wissen, als sich von Äußerem beeindrucken zu lassen. Sie hatte diesen Fehler schon mal gemacht, mit heftigen Folgen, und schließlich verstanden, dass sie Romanzen besser abhakte. Sie konnte ihrem Urteil zu wenig vertrauen. Aber als sie nun Angelo Beresfords Händedruck erwiderte, fuhr ein Schauer durch sie. Es fiel ihr schwer, ihre Gedanken auf die Begrüßung zu fokussieren.

„Kann ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Tee?“

Mariana fing sich, ohne sich etwas anmerken zu lassen. „Nein, danke.“ Sie nahm in der kleinen Sitzecke Platz. „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Fast wäre Angelo erstarrt. Er hatte ihre Sendung gesehen und gewusst, dass Mariana Thackeray hübsch war. Ihr jetzt jedoch persönlich gegenüberzustehen, verschlug ihm die Sprache. Er hatte erwartet, dass die Maskenbildner ihre Vorzüge im Fernsehen hervorhoben. Sie eben besonders gut aussehen ließen. Von wegen. Die Frau, die da vor ihm stand, ungeschminkt und ohne großes Styling, war noch viel schöner!

Himmel! Er musste sich zusammenreißen. Darum ging es doch gar nicht. Es ging ums Geschäft. Er hatte ohnehin jeden Gedanken an romantische Beziehungen aus seinem Leben verbannt.

„Ich möchte Ihnen etwas anbieten, Ms. Thackeray.“ Was sagte er denn da? Das klang ja schrecklich. Normalerweise hätte er sich nie so ausgedrückt. „Einen Job“, schob er schnell nach, während er sein plötzlich erwachtes Verlangen – oder war es Sehnsucht? – wieder in die dunkle Kammer sperrte, in die es gehörte.

Mariana zog die Brauen zusammen. „In Ihrem Brief stand, dass Sie ein Gemälde begutachtet haben möchten. Von einem Jobangebot war nicht die Rede.“

„Es ist beides.“ Angelo setzte sich zu ihr. „Mein Großvater hat Kunst gesammelt. Er würde seine Sammlung gern in eine Galerie geben.“

„Ich kann Ihnen eine Passende empfehlen, wenn er die Sammlung spenden möchte.“

„Er möchte seine eigene Galerie eröffnen. Dafür müssen die Gemälde katalogisiert und authentifiziert werden. Vor allem ein ganz bestimmtes.“

„Er hat doch sicher die Herkunftszertifikate?“

„Sagen wir, sein Ablagesystem ist ein wenig eigen. Außerdem sind manche der Gemälde nicht signiert.“

„Und deshalb brauchen Sie jemanden, der wissenschaftliche Untersuchungen vornimmt, um zu beweisen, dass die Werke das sind, was Sie glauben.“

Angelo lächelte. Es gefiel ihm, wie direkt sie seinen Gedanken folgen konnte. „Genau. Deshalb wären Sie perfekt dafür. Außerdem hat mein Großvater Sie im Fernsehen gesehen und ohnehin schon auserkoren.“

„Über wie viele Werke sprechen wir hier?“

„Etwa vierzig bis fünfzig gerahmte Werke. Ich weiß leider nicht, wie viele ungerahmte. Er hat über vierzig Jahre gesammelt.“

Sie sah aus, als würde sie es tatsächlich überdenken. Doch dann schüttelte sie den Kopf. „Tut mir leid. Danke für das Angebot, aber ich kann ein so großes Projekt nicht annehmen. Ich habe mein Studium und Verborgene Schätze, daneben bleibt mir nicht die Zeit.“

„Ihr Fachgebiet sind die italienischen Impressionisten. Mein Großvater hat eine Menge Gemälde von Lega, Fattori, Boldini und Carulli.“ Angelo hoffte, dass diese Namen reichen würden, um sie umzustimmen. Es war wirklich genau ihr Fachgebiet.

„Das Gemälde, von dem Sie in Ihrem Brief sprachen, ist also …?“

„Es ist nicht signiert“, musste er zugeben. „Aber mein Großvater ist überzeugt, dass es ein Carulli ist.“

Es war kaum zu sehen, aber der Ausdruck auf ihrem Gesicht änderte sich. Er hatte ihr Interesse geweckt. Angelo atmete innerlich auf.

„Haben Sie es hier?“

„Nein.“ Er hatte die Frage erwartet, und natürlich war ihm auch klar, dass eine Frau wie sie nie auf gut Glück einfach alles stehen und liegen lassen würde, um mit ihm nach Florenz zu kommen. Er nahm eine Mappe hervor und reichte sie ihr. „Ich habe letztes Wochenende ein paar der Gemälde mit dem Handy fotografiert. Ich bin kein Profi darin und habe die Gemälde auch nicht dafür von der Wand genommen. Aber ich habe die Unterschriften noch einmal einzeln aufgenommen. Vielleicht gibt Ihnen das einen Einblick in seine Sammlung?“

Angelo hoffte, dass es reichte, sie zu überzeugen. Dass es reichte, damit er den Traum seines Großvaters erfüllen konnte, bevor Leo Moretti starb.

Mariana öffnete die Mappe und sah sich einige der Fotos genau an. Schließlich wandte sie sich wieder Angelo zu. „Ich kenne diese Werke nicht, aber der Stil sieht durchaus passend aus.“

Er wartete schweigend ab. Schließlich kam sie zum letzten Foto. Dem wichtigsten. Ihre Augen wurden etwas größer. Vielleicht ein gutes Zeichen?

„Das ist das Gemälde, das ich für Sie untersuchen soll“, stellte sie fest. Ihre Stimme verriet, dass es sie berührt hatte.

„Selbstverständlich für eine entsprechende Beratungsgebühr.“

Mariana atmete ein und sah noch einmal auf das Foto. „Ich kann kein Gemälde anhand eines Fotos authentifizieren. Ich muss es untersuchen und die Dokumentation sehen. Zumindest das, was Sie davon haben.“

Was für sie sprach. „Dann kommen Sie mit mir nach Florenz, um sich alles anzuschauen.“

Sie schien wirklich versucht. Es brauchte nur noch ein bisschen, zumindest hoffte er das. Als Leos Verwalter konnte er diese Entscheidung treffen.

„Es ginge nicht nur um die Authentifizierung. Die Familie würde Ihnen exklusiven Zugang zu den Gemälden geben, noch bevor die Galerie eröffnet würde.“

Falls sein Großvater über die Gemälde recht behielt, dann würde das einen großen Unterschied für ihre Doktorarbeit machen.

„Was wissen Sie über das Gemälde?“

„Nur, dass er es in den Sechzigern irgendwo in England gekauft hat. Die Dokumente könnten bei seinen Unterlagen sein.“ Angelo war zu ehrlich, um den Rest zu verschweigen. „Mein Großvater hasst allerdings jegliche Form von Büroarbeit. Entsprechend sind die Unterlagen abgelegt. Um ehrlich zu sein, es herrscht ein einziges Chaos. Ich wüsste nicht, wo ich anfangen sollte zu suchen.“

„Die Aufzeichnung der neuen Folgen wird viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Marianna überlegte. „Ich könnte mit dem Gemälde beginnen, das nicht signiert ist. Wenn meine erste Recherche positiv verläuft, könnten wir es vielleicht in die Show einbauen. Aber dafür brauche ich erst das Okay meines Produzenten. Nach dem Sommer könnte ich mich dann aber um den Rest kümmern.“

Dann würde es zu spät sein. Angelo lehnte sich vor. „Ich muss darauf bestehen, dass Sie direkt alle bearbeiten, Ms. Thackeray.“ Sein Ton war ruhig, ließ aber keine Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit.

„Warum?“

Angelo zögerte. Aus dem Grund, der ihn seit Monaten beschäftigte und ihm förmlich das Herz brach. Seine Stimme klang trotz aller Souveränität belegt, als er antwortete. „Weil mein Großvater sterben wird. Er hat Lungenkrebs. Der Krebs hat bereits gestreut. Sie … können ihn nicht mehr operieren.“

Mariana starrte ihn erschüttert an.

War er zu weit gegangen? Vielleicht hatte er es zu hart ausgesprochen. Aber es war nicht möglich, auf nette Art zu sagen, dass ein geliebter Mensch bald sterben würde. Das Einzige, was ihm blieb, waren kalte, harte Fakten.

„Mein Großvater hat mich gebeten, sein Testamentsvollstrecker zu sein. In seinem Testament verfügt er, dass seine Sammlung authentifiziert und in einer Galerie ausgestellt werden soll. Aber ich will, dass das Gemälde, um das es geht, untersucht wird. Um zu beweisen, dass es wirklich das ist, wofür er es hält. Ich möchte, dass er glücklich sterben kann – in dem Wissen, dass er die ganze Zeit recht hatte. Ich liebe meinen Großvater, Ms. Thackeray, und ich möchte, dass er so glücklich ist, wie es nur irgendwie geht.“ Er wollte, dass sein Großvater an etwas anderes denken konnte als ständig nur an die Krankheit, die ihn mit jedem Atemzug weiter schwächte.

Mariana presste die Lippen zusammen. „Bevor ich die Gemälde nicht eigenhändig untersucht habe, kann ich nichts versprechen. Und ich muss das Okay meines Produzenten haben, das unsignierte Gemälde für die Show verwenden zu dürfen.“

„Aber ich muss Sie wirklich warnen. Es gibt sehr viele Kopien und Fälschungen. Sogar Fälschungen von Fälschungen.“

„Sie meinen, die Gemälde meines Großvaters könnten unecht sein.“ Er sprach mit ruhiger, sachlicher Stimme, spürte aber einen Anflug von Panik in sich aufsteigen. Er wollte auf jeden Fall verhindern, dass sein Großvater enttäuscht wurde.

„Wenn wir die Verkaufsunterlagen finden würden, wäre das eine große Hilfe.“ Mariana blickte ihn an, sanfter. „Warum haben Sie ausgerechnet mich um Hilfe gebeten?“

„Weil mein Großvater und meine Schwester Ihre Show mögen. Nonno sagt, Sie verstehen etwas von Kunst. Er meint, Sie lieben sie.“

„Das tue ich.“

Er atmete durch. „Die Biographie auf der Website Ihrer Sendung sagt, dass sich Ihre Studien um genau die Epoche drehen, die mein Großvater gesammelt hat. Italienische Maler des neunzehnten Jahrhunderts, die Macchiaioli.“

Hatte er nur auf der Webseite von Verborgene Schätze über sie recherchiert oder auch den Rest gelesen, den man im Internet über sie fand?

Die Frage stand ihr wohl ins Gesicht geschrieben, denn nun war es Angelo, der sie sanfter anblickte. „Ich habe Ihr Interview gesehen, ja. Tut mir leid, es stand bei den Suchergebnissen einfach … ziemlich weit oben.“

„Ich weiß.“ Damit wusste er auch alles, das Eric getan hatte. Und was für eine Närrin sie gewesen war. „Sie wollen mich trotzdem für die Untersuchung?“

„Das will ich.“ Angelo sah sie direkt an. „Es erfordert eine Menge Mut, so offen zu sein. Ich bewundere Sie für das, was Sie getan haben, und dafür, dass Sie etwas Gutes aus Ihrem Leben machen.“

Mariana war sich in dem Punkt noch nicht so sicher, aber sie versuchte ihr Bestes. „Ich wollte anderen in meiner Situation helfen. Das Interview schien einfach die beste Möglichkeit.“

„Es tut mir leid, dass Sie etwas so Schreckliches erlebt haben.“

„Es ist vorbei. Ich habe es hinter mir gelassen.“ Was nur bedingt stimmte. Sie hatte ihren Master gemacht und das Doktorat begonnen. Sie war dabei, sich eine Karriere aufzubauen, hatte sich bewiesen, dass sie nicht das traurige Nichts war, das Eric ihr hatte einreden wollen. Aber sie hatte auch niemanden seit ihm mehr getroffen. War nicht ausgegangen. Sie hatte Vertrauen in ihre Kenntnisse in Kunstgeschichte, aber keines, wenn es um Beziehungen ging.

Aber genau darum ging es hier nicht. Ja, Angelo Beresford schien ein netter Mann zu sein. Er war sogar sensibel, was ihre Vergangenheit anging. Und er war attraktiv. Eigentlich wäre er ein großartiges Model für einen Maler. Aber vielleicht war er in einer Beziehung. Selbst wenn nicht, konnte – durfte – nichts zwischen ihnen passieren. Sie vertraute sich selbst nicht. Vertraute sich nicht, den Richtigen zu finden, und vertraute sich nicht, eine Beziehung aufrechterhalten zu können. Das hier musste rein geschäftlich bleiben.

Sie nickte. „Gut. Ich komme mit Ihnen nach Florenz und sehe mir die Bilder an.“

Angelo richtete sich auf. „Schön. Morgen?“

Sie riss die Augen auf. „Morgen?“

„Ich weiß, das klingt etwas plötzlich.“

Aber er machte keine Anstalten, es zurückzunehmen.

„Das ist plötzlich“, erwiderte sie.

Angelo zuckte die Achseln. „Wenn ich etwas nicht habe, dann ist es Zeit.“

Mariana sah ihn an. Sie musste an ihren eigenen Großvater denken und daran, wie sehr sie ihn vermisste. Sie hätte damals alles getan, um ihm in seinen letzten Tagen irgendwie eine Freude zu machen. Angelo Beresford wollte das Gleiche für seinen Großvater.

„Einverstanden.“

Angelo atmete innerlich auf. „Darf ich Ihre Handynummer haben? Meine Sekretärin wird Ihnen den Flug buchen und die Details zusenden.“ Er nahm seine Visitenkarte aus einem Halter auf dem Schreibtisch und notierte etwas darauf. „Hier, meine privaten Kontaktdaten.“ Er reichte sie ihr, sah Mariana dann weiter an. „Wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass die Bilder von Interesse sind, wie geht es dann weiter?“

„Ich würde sie fotografieren, die Vorder- und Rückseiten jeweils. Dann lege ich für jedes Bild eine Datei an und arbeite mich durch die Unterlagen.“

„Wie lange brauchen Sie dafür?“

„Das Fotografieren allein … jeweils eine halbe Stunde etwa. Weniger, wenn ich jemanden habe, der mir hilft, die Gemälde von der Wand zu nehmen und auf eine Staffelei zu stellen. Bei den Recherchen kommt es darauf an … Ich kann einiges online erledigen, muss aber auch alle Papiere durchgehen, die Ihr Großvater hat. Ich würde gern mit ihm über jedes der Gemälde sprechen und ihn bitten, mir wirklich alles, was er darüber weiß, zu erzählen. Sofern es ihm dafür gut genug geht.“

Angelo lächelte. „Nonno geht es immer gut, wenn er über Kunst reden kann.“

Mariana musste sich anstrengen, nicht an Angelos sinnlichen Lippen oder dem warmen Ausdruck in seinen dunklen Augen hängen zu bleiben.

„Nehmen wir also an, die Fotografien brauchen etwa drei Tage. Dann noch ein paar Tage, um über die Gemälde zu sprechen … Dann könnten wir nächsten Freitag zurück nach London fliegen.“

Mariana blinzelte. „Im Ernst? Sie wollen, dass ich ohne Vorplanung eine Woche in Florenz verbringe?“

„Ich will, dass das Projekt so schnell wie möglich erledigt ist. Sie können bei uns im Palazzo wohnen oder in einer Suite im Hotel, wie es Ihnen lieber ist.“

Im Haus eines Fremden zu übernachten, selbst wenn es sich um einen alten Mann handelte, schien ihr doch ein wenig unangebracht. „Ich habe die Bilder noch nicht einmal gesehen. Ich kann nichts versprechen“, wiederholte sie die Warnung.

„Mein Großvater ist von ihrer Einzigartigkeit überzeugt, Ms. Thackeray, und ich vertraue ihm. Geben Sie mir diese eine Woche. Ich lasse ein Hotel für Sie buchen. Wenn Sie morgen mit mir nach Florenz kommen, sich die Gemälde ansehen und der Ansicht sind, dass ich Ihre Zeit verschwende, haben Sie immerhin ein paar Tage Urlaub dort. Andernfalls arbeiten Sie mit Werken, die für Ihre Doktorarbeit sehr interessant sein dürften. So oder so bezahle ich Ihnen Ihre Beratungsgebühr.“

Florenz. Sollten die Gemälde unecht sein, könnte sie noch immer die Galleria d’Arte Moderna im Palazzo Pitti besuchen, ihren liebsten Ort der ganzen Stadt. Ganz davon abgesehen konnte es ja auch die Chance sein, ein paar Gemälde ihrer Lieblingskünstler zu untersuchen, die vielleicht seit Jahrzehnten verloren waren.

Mariana konnte nicht widerstehen. „Einverstanden.“ Sie nahm eine ihrer eigenen Visitenkarten aus der Tasche. „Hier, über diese Nummer und Mailadresse können Sie mich direkt erreichen.“

„Danke. Ich lasse Sie die Flugzeiten wissen und arrangiere ein Taxi zum Flughafen.“ Er steckte die Karte ein und sah Mariana wieder an. „Danke, Ms. Thackeray.“ Es bedeutete ihm wirklich viel. „Wenn Sie meiner Sekretärin noch Ihre Bankdaten nennen, werde ich die Überweisung direkt veranlassen.“

Die Summe, die er nannte, raubte Mariana fast den Atem. Schnell fing sie sich wieder. „Ich brauche meine Kamera, Kameraständer, Ausleuchtung und Staffelei. Außerdem meinen Laptop. Ich würde vorziehen, diese Sachen bei mir in der Kabine zu haben.“

„Kein Problem. Ich kümmere mich darum. Wenn Sie meiner Sekretärin Ihre Ausweisdaten nennen, checkt sie Sie auch direkt ein.“

Autor

Kate Hardy
Kate Hardy wuchs in einem viktorianischen Haus in Norfolk, England, auf und ist bis heute fest davon überzeugt, dass es darin gespukt hat. Vielleicht ist das der Grund, dass sie am liebsten Liebesromane schreibt, in denen es vor Leidenschaft, Dramatik und Gefahr knistert? Bereits vor ihrem ersten Schultag konnte Kate...
Mehr erfahren