Tiffany Pure Lust Band 3

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NACHTS IST ER NICHT MEIN BOSS von JC HARROWAY
Einmal mit einem Fremden Sex haben … Das hat sich Essie Newbold fest vorgenommen, und als sie einen attraktiven amerikanischen Touristen trifft, macht sie ihren Plan wahr! Mit Ash bekommt sie sogar noch mehr, als sie sich gewünscht hat: Einfühlsam zeigt er ihr, was sie ein Leben lang vermisst hat. Alles könnte perfekt sein. Doch Ash Jacob ist nicht der Fremde, für den Essie ihn hält, sondern der älteste Freund ihres Bruders - und außerdem Essies neuer Boss!

GEFAHR FÜR LILYS HERZ von ZARA COX
Atemlos blickt Lily über ihre Schulter - seit Wochen wird sie von einem Stalker verfolgt und bedroht! Das will sich die geniale Hackerin nicht mehr bieten lassen, und so engagiert sie zu ihrem persönlichen Schutz Caleb Steele, seines Zeichens Troubleshooter mit stahlharten Muskeln. Er soll an Lilys Seite sein, und gerne auch nicht nur dort … denn die Lust flammt heftig zwischen den beiden auf. Doch dürfen sie in ihrer neu entdeckten Leidenschaft wirklich so sorglos sein? Schon bald ist Lilys Leben in Gefahr …

Unsere erotischsten CORA-Romane wegen großer Nachfrage jetzt im Doppelpack neu zusammengestellt!


  • Erscheinungstag 22.11.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514934
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

JC Harroway, Zara Cox

TIFFANY PURE LUST BAND 3

1. KAPITEL

Wenn ihm irgendein Ort jetzt Halt geben konnte, dann dieser – weit weg von den Trümmern seines Lebens, die er in New York zurückgelassen hatte. Ash Jacob schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Zwitschern der Vögel und das entfernte Rauschen des Londoner Verkehrs.

„Verdammt!“

Der ungestüme Ausruf riss ihn aus seinen Gedanken. Er schien nicht der Einzige zu sein, der einen schlechten Tag hatte. Er spürte, dass sich die Holzbretter der Bank in seine müden Muskeln drückten – gestern hatte er zwölf Stunden im Flugzeug verbracht, größtenteils zusammengekauert, trotz Erste-Klasse-Ticket.

„Verfluchtes Mistding.“

Er musste grinsen. Seine Stimmung hellte sich auf.

Nicht weit von seinem abgelegenen Plätzchen im St. James’s Park entfernt stand sie. Sie trug ein geblümtes, kurzes Kleid, das ihre schönen, nackten Beine betonte. In ihrem goldfarbenen Haar blitzten rotbraune Strähnen auf, sodass ihr langer Pferdeschwanz im richtigen Licht feuerrot strahlte. Der kleine Jeansrucksack, der über ihrer Schulter hing, ließ sie jünger wirken – ohne hätte er sie auf Mitte zwanzig geschätzt.

War sie Studentin? Eine Touristin?

Sie tippte auf den Bildschirm ihres Smartphones, als könnte sie es durch Hartnäckigkeit wieder zum Laufen bringen.

Ash war fasziniert und spürte in sich Lust erwachen. Ihr eigenartiger englischer Akzent machte ihm bewusst, wie weit New York entfernt war. Zwar hatten die Frauen in seinem exklusiven, wohlhabenden Umfeld einen Glanz und eine Selbstsicherheit, die ihr zu fehlen schienen. Jedoch zeigte die Wirkung ihres aufregenden Dekolletés und ihres zarten Profils auf seine durch den Jetlag verwirrte Libido, dass sein Interesse am anderen Geschlecht in diesem Fall sogar noch größer war.

Seine Jeans wurde im Schritt hauteng. Die Schöne ließ die Hand sinken, in der sie das Smartphone hielt und sah sich im Park um.

Er schloss schnell wieder die Augen. Er war nach London gekommen, um mit seinem ältesten Freund an einem geschäftlichen Projekt zu arbeiten, nicht, um eine englische Lady zu retten, egal wie lang ihre Beine oder wie kurvig ihr Hintern war. Und viel wichtiger, er war hergekommen, um wieder die Kontrolle über sein Leben zurückzuerlangen – so schnell wie irgend möglich.

„Ähm, Entschuldigung …“

Verdammt.

Sie hatte ihren hinreißenden Hintern tatsächlich auf ihn zu bewegt. Sie musste ihn meinen. Ash verlangsamte den Atem. Vielleicht würde sie ihn in Ruhe lassen, wenn sie glaubte, dass er schlief, und jemand anderes wegen ihres Technikproblems ansprechen.

Er hörte ein verlegenes Kichern.

Genau vor ihm.

Ihr leichter, blumiger Duft stieg ihm in die Nase.

Seine Libido nahm noch mehr Fahrt auf. Mann, was würde er dafür geben, diese Kurven im Bikini ausgestreckt auf einer Liege am Pool seines Ferienhauses in den Hamptons zu sehen.

Ihr sanftes Räuspern vernebelte ihm die Sinne. Mit ihrer tollen Figur verkörperte sie genau seinen Typ. Unter anderen Umständen hätte er ohne zu zögern seinen Charme eingesetzt, herausgefunden, ob sie zwanglosem Sex nicht abgeneigt war, und dann den Nachmittag zwischen ihren langen Beinen verbracht.

Doch Frauen standen erst einmal nicht auf seiner Agenda.

Schon einmal hatte eine schöne Frau mit ihm gespielt. Die große Wunde, die sie ihm damals zugefügt hatte, war erst vor Kurzem auf demütigende Weise in aller Öffentlichkeit wieder aufgerissen worden, was der Hauptgrund für seine überstürzte Flucht aus New York gewesen war.

Und außerdem: Wer sprach mitten in einem Park Fremde an? Sein Auftreten heute war ziemlich leger, verglichen mit den maßgeschneiderten Anzügen, die er für gewöhnlich trug. Er hatte nur schnell dem Hotelzimmer entfliehen wollen, das er für die ersten Tage in London gebucht hatte, bis das Jacob-Holdings-Apartment bereit sein würde. Etwas frische Luft schnappen, um seinen Kopf von seinen Schuldgefühlen und dem Selbstekel frei zu kriegen.

Also hatte er ein T-Shirt und seine gemütliche Jeans angezogen und den Dreitagebart stehengelassen. Der Freizeitlook war der sichtbare Beweis dafür, dass sein Umzug nach London für ihn ein außergewöhnlicher Schritt war. Einfach alles würde sich verändern.

„Entschuldigung, ist alles … in Ordnung?“

Seufzend kapitulierte Ash. Vielleicht hatte sie sich verlaufen. Er kannte sich nicht besonders gut aus in London, hatte hier aber in den letzten Jahren genug Zeit verbracht, um sich ausreichend orientieren zu können.

Er öffnete die Augen und zwang sich, sie interessiert anzulächeln, anstatt genervt davon zu sein, dass der Inbegriff weiblicher Verführung vor ihm stand.

„Klar. Ich genieße nur die Sonne.“

Sie erwiderte sein Lächeln. Beim Anblick ihrer vollen Schmolllippen schoss ihm schlagartig das Blut in die Leistengegend. Ihr Blick war offen und freundlich. Waren alle englischen Frauen so naiv? So gutgläubig? Als ein Mann, der niemandem vertraute, war sie ihm ein Rätsel.

„Könnte ich dich vielleicht um einen Gefallen bitten? Mein Handy ist gerade ausgegangen.“

„Okay … Hast du dich verlaufen?“

Erklär ihr den verdammten Weg und sieh dir ihre umwerfenden Beine von hinten an.

Ihr leuchtendes Lächeln wärmte ihm das Herz.

„Nein. Aber könntest du vielleicht ein Foto von mir machen?“ Sie zeigte auf das London Eye in der Ferne. „Mit deinem Handy … und könntest du es mir dann schicken?“

Waren die Briten alle so freundlich? Egal. So konnte er ihren prächtigen Körper noch ein paar Sekunden länger verstohlen begutachten und sie sich nackt unter ihm vorstellen.

Ash veränderte seine Position auf der Bank in der Hoffnung, sich unauffällig in seiner Hose Platz zu schaffen, während er den Blick genüsslich über jeden Zentimeter der Porzellanschönheit schweifen ließ. Sie hatte makellose, seidige Haut, große himmelblaue Augen und einige kupferfarbene Sommersprossen auf der leicht nach oben geschwungenen Nase. Und auf den ersten Blick war sie der Inbegriff eines sonnigen Gemüts.

Und wenn sie ein Foto wollte, war sie anscheinend eine Touristin. Vielleicht war das ihr letzter Tag in London?

Wieder meldete sich seine Libido.

Als hätte sie das gleiche Interesse an ihm, musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. In ihm stieg eine Hitze auf, die der Sommersonne Konkurrenz machen konnte. Flirtete sie etwa mit ihm?

„Klar.“

Warum auch nicht? Er konnte ihr diesen Gefallen sicherlich tun und vielleicht sogar jeden anderen, den sie wollte. Er hob eine Augenbraue, als ihr Blick wieder in sein Gesicht zurückkehrte. Auf ihren hohen Wangenknochen bildeten sich hellrote Flecken. Sie schien das sexuelle Interesse zu teilen. Vielleicht würde sie dafür sorgen, dass er endlich zur Ruhe käme und wieder klar denken könnte.

Er wägte ihr Alter neu ab, vielleicht war sie nicht so unerfahren, wie sie aussah. Sie schnipste ihren Pferdeschwanz weg – und da war es wieder, ihr strahlendes Lächeln.

Er rutschte auf der Bank herum und zog sein Handy aus der Hosentasche. Von seiner Position aus konnte er dank der Sonne praktisch durch ihr Kleid hindurchsehen. Sollte er es ihr sagen? Oder einfach ihre wohlgeformte Silhouette genießen? Und sich vorstellen, wie sie ihn mit diesen langen Beinen umklammerte …

Nein.

Erst kürzlich hatte er herausgefunden, wie lange ihn seine Ex-Verlobte betrogen hatte und welche Ausmaße ihre Lügen angenommen hatten. Das hatte seine Einstellung dem anderen Geschlecht gegenüber nur noch mehr gefestigt. Er war fertig mit Frauen, es sei denn, sie wollten so wie er nur das Eine und kannten die Regeln. Erstens: nach seinen Bedingungen; zweitens: nur für eine Nacht.

Sie setzte sich neben ihn. „Du bist Amerikaner, richtig?“

Er nickte und wich dann ihrem Blick aus. Angesichts seines Outfits konnte diese Frau nicht ahnen, dass seiner Familie halb Manhattan und ziemlich große Teile von London gehörten. Dass er nach London gekommen war, um sich von seinem Ruf als „Immobilienmagnat“ sowie dem hinterlistigen Betrug eines Familienmitglieds zu distanzieren. Zumindest nicht, wenn sie die Klatschseiten der New York Times nicht las.

Wut stieg in ihm auf. Wie konnte sein Vater ihm das antun? Wie konnte er Ashs jahrelange professionelle Loyalität gegenüber dem Familienunternehmen so ausnutzen und ihn bloßstellen?

Die attraktive Fremde drehte sich zu ihm, sodass sie mit ihren unbedeckten Knien gegen seinen Oberschenkel stieß. Ihre Augen leuchteten. „London ist eine tolle Stadt, nicht wahr? Warst du schon am Buckingham-Palast? Er ist direkt da vorne.“ Sie zeigte über ihre Schulter.

„Und kennst du die Seven Noses of Soho? Ich gucke sie mir heute an. Fun Fact.“ Sie zeigte auf den kleinen See in dem Park. „Wusstest du, dass ein russischer Botschafter 1664 King Charles II. die Pelikane geschenkt hat?“

Sie sprach so schnell, dass ihr reizender Akzent das Englisch so sehr verzerrte, dass sie auch Mandarin hätte sprechen können. Nasen? Pelikane? Vielleicht hatte ihm Testosteron seine für gewöhnlich scharfen Sinne vernebelt.

„Also du wolltest ein Foto?“ Er wollte aufstehen. Eine gute Tat und dann könnte er sich wieder damit befassen, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. Auch andere Gründe als geschäftliche Angelegenheiten hatten ihn dazu bewogen, über den Atlantik zu fliehen, wie etwa die Schuld, seine Mutter gezwungen zu haben, sich dem Ehebruch zu stellen, und das demütigende Interesse der Öffentlichkeit nach dem Familienzwist.

„Wie lange bist du schon hier?“ Mit der Zunge fuhr sie sich über die Unterlippe.

„Ein oder zwei Tage.“ Wie konnte er eine derart appetitliche Versuchung ablehnen? Mit Sicherheit hatte er ihre Signale richtig gedeutet. Der perfekte Zeitvertreib saß vor ihm und sah ihn an, als wäre er ein Stück Torte. Was konnte flüchtiger sein als zwei Reisende, die auf einer Wellenlänge waren und ihren letzten Abend in London gemeinsam verbrachten?

Er würde seine wahre Identität – dass er einer von New Yorks Top-Unternehmensanwälten, ein Immobilienmogul und Erbe des Jacobvermächtnisses war – nicht preisgeben. Geschweige denn jetzt jegliche Verbindung zu seinem Schweinehund von Vater publik machen. Ash hatte Hal Jacobs skrupelloser Charakter schon lange Sorgen bereitet. Und doch hatte er die unvermeidbare Katastrophe nicht kommen sehen, hatte die weitreichenden Konsequenzen auf sein Zuhause nicht ahnen können.

Er zwang sich, die dunklen Gedanken beiseitezuschieben und sich auf die attraktive, sonderbare und verführerische Frau vor ihm zu konzentrieren. Sie duftete fantastisch. Ihre quirlige Persönlichkeit war so berauschend wie ein Atemzug frischer und duftender Sommerluft. Wieder wurde seine Hose im Schritt etwas enger, und die Lust pulsierte durch seine Glieder.

Ash überprüfte heimlich, ob sie einen Ehering trug.

Aber seiner Erfahrung nach wollten Frauen mit diesem Aussehen – Pfirsichhaut, drolliger Pferdeschwanz – mehr, als er bereit war zu geben.

Er stand auf, stellte sich in die Mitte des Weges und hob sein Smartphone an, sodass Londons beliebteste Touristenattraktion im Hintergrund zu sehen war. Er erfüllte seinen Auftrag, was aber sein anderes Vorhaben anging, schwankte er noch. Sollte er sich höflich verabschieden oder seine Absichten etwas deutlicher machen? Schließlich wollte er sich nicht in ihr getäuscht haben für den Fall, dass sie seine Philosophie in Sachen zwanglosem Sex doch teilte.

„Hast du Lust, Riesenrad zu fahren? Oder hast du schon eine Runde gedreht?“ Sie tauchte an seiner Seite auf.

„Noch nicht.“ Er hielt ihr sein Smartphone hin, damit sie das Foto begutachten konnte. Als sie sich vorbeugte und die Spitzen ihrer Haarsträhnen über sein Handgelenk strichen, wusste er genau, worauf er wirklich Lust hatte.

Fuck! Es gab in ganz England nicht genug frische Luft, um diesem … Drang zu entkommen. Und außer am Verhandlungstisch war Ash nirgends so sehr Herr der Lage wie im Bett.

Ja, ein kleines Sommerabenteuer würde seine Rastlosigkeit vertreiben und seinen Kopf frei machen. Dann würde er am Morgen rechtzeitig wieder die Ruhe selbst sein für den ersten Tag seines neuen geschäftlichen Vorhabens.

Die bezaubernde Fremde lächelte, und sein Puls beschleunigte sich wieder.

„Vielen Dank. Du hast mir das Leben gerettet.“ Sie rasselte ihre Nummer herunter, er tippte die Zahlen ein und schickte ihr das Bild.

„Ich heiße übrigens Essie.“ Sie hielt ihm die Hand hin – zart, geschmeidig, lilafarben lackierte Nägel.

Er schüttelte sie. „Ash.“

Sie grinste. „Also, Ash, amerikanischer Tourist …“ Sie spielte wieder mit einer Haarsträhne, und in ihren Augen schimmerte ein unmissverständliches Interesse. Nein, sein Bauchgefühl täuschte ihn nicht.

„Also, Essie, englische Fun-Fact-Expertin …“

Wieder lachte sie so, dass sich etwas in seinem Schritt regte. „Lust auf Lunch? Ich kenne diesen Teil von London nicht gut, aber es gibt einen süßen Deli nicht weit von hier, und ich weiß noch jede Menge mehr über diese Stadt …“ Ihre hübschen blauen Augen leuchteten.

Sie machte sich tatsächlich auf subtile, reizende Art an ihn ran, die ihm viel besser gefiel als die offenkundigen Vorstöße der Frauen, mit denen er sich normalerweise einließ. Er wäre auf jeden Fall für Gelegenheitssex mit dieser wunderschönen Fremden zu haben. Und als Tourist würde er nicht das übliche Geschwafel wie „einfach nur Spaß haben“ abspulen müssen, damit die Frau, die er flachlegen wollte, wusste, woran sie war.

Sie würde London verlassen und in irgendeinen entzückenden Teil Englands, der ihre Heimat war, zurückkehren. In dem Glauben, er würde zurück nach Amerika fliegen.

Ash bedeutete ihr vorzugehen. Sie lächelte.

Er war aufgeregt – es war die Art von Aufregung, die man spürte, wenn man jemand Fremdes an einem fremden Ort kennenlernte. Heute konnte jeder sein, wer er wollte. Er würde nicht Ash sein, der Betrogene, der nicht nur hintergangen, sondern auch von den beiden Menschen in seinem Leben, die hinter ihm hätten stehen sollen, belogen worden war. Er war Ash, der amerikanische Tourist, der ein bisschen Zeit mit der interessanten, wunderschönen, erfrischenden Essie verbrachte.

„Also“, er schenkte ihr sein erstes aufrichtiges Lächeln und genoss, wie sich ihre Wangen daraufhin deutlich röteten, „erzähl mir von diesen Noses.“

Essie Newbold lachte und stieß immer wieder leicht gegen die Arme des großen, attraktiven Amerikaners, mit dem sie den Nachmittag und Abend verbracht hatte. Den ganzen Tag schon schoss ein köstliches, leichtes Kribbeln in all ihre erogenen Zonen, jedes Mal, wenn sich ihre Arme berührten, während sie die Seven Noses of Soho betrachteten oder sie in der U-Bahn im Stehen gegeneinander gedrückt wurden. Noch nie war sie so dankbar dafür gewesen, dass Londons U-Bahn überfüllt war.

Anstatt von ihren frechen Schulterstupsern genervt zu sein, legte Ash ihr den Arm um die Schultern und lächelte sie an.

In ihrem Kopf drehte sich alles.

Sie würde es wirklich tun. Sie würde mit dem Traumtypen, den sie an diesem Morgen im Park getroffen hatte, schlafen. Ihr erster One-Night-Stand.

Essie kniff ihm in den durchtrainierten Hintern. Woher kam dieser untypische Mut? Das Verlangen nach mehr als dem Kleckerkram, den sie bei ihrem Nichtsnutz von Ex toleriert hatte?

Sie würde diese Erfahrung machen und sich hoffentlich mit der Art von Orgasmus belohnen, die in ihrer Welt nur als mystischer Irrglaube existierte. Und danach würden sie beide glücklich ihrer Wege gehen. Eine Win-win-Situation.

Sie genoss die Gegenwart des großen, warmen Körpers neben ihr, die ungekannt berauschende Schauer durch ihre Gliedmaßen schickte.

Niemals zuvor hatte sie sich so draufgängerisch gefühlt. Wenn sie ehrlich war, schämte sie sich auch ein bisschen. Es gab kein Gesetz, das vorschrieb, vor dem fünfundzwanzigsten Geburtstag mindestens einen One-Night-Stand gehabt zu haben, doch da sie sich selbst als Beziehungsexpertin anpries, war sie es den Leserinnen ihres Beziehungspsychologie-Blogs schuldig, herauszufinden, ob an dem Wirbel darum etwas dran war.

Ash legte den Arm um ihre Taille, und Essie griff nach seiner Hand. Sie grinsten sich an. Ihr Bauch kribbelte, ihr Puls beschleunigte sich.

Endlich würde sie ihre umfangreiche Theorie mit harten, wissenschaftlichen Fakten belegen können. Was wusste sie praktisch überhaupt über Beziehungen, vor allem über zweckmäßige?

Ihre einzige Beziehung während des Studiums hatte dazu geführt, dass sie dem anderen Geschlecht aus gutem Grund hatte abschwören wollen. Ihr Ex hatte es auf den Punkt gebracht: Sie würde einen Heiratskandidaten nicht mal dann erkennen, wenn er splitterfasernackt vor ihr stehen würde mit den Worten „Nimm mich, ich bin treuer als dein Hund“ auf der Brust.

Ein Charakterzug, den sie wahrscheinlich von ihrer Mutter hatte … Die Frau hatte sich schließlich mit Essies lügendem, betrügendem, sich aus dem Staub machendem Vater fortgepflanzt und viele Jahre die zweite Geige neben seiner eigentlichen Frau, seiner richtigen Familie, gespielt.

Nicht, dass Essie damals davon gewusst hatte. Sie war einfach ein Mädchen gewesen, das ihren geliebten Vater, der immer wieder für lange Zeit in Übersee arbeiten musste, sehr vermisst hatte … Offensichtlich strahlten sie und ihre Mutter aus, dass sie verzweifelt nach Liebe suchten, was Männer dazu veranlasste, die Flucht zu ergreifen.

Ash hatte bisher nicht die Flucht ergriffen.

Und sie war nicht auf der Suche nach einer Beziehung. Nur Sex. Seine subtilen Gesten sagten ihr, dass er so wie sie nur an einer einmaligen Sache interessiert war. Sie konzentrierte sich auf das Musterexemplar männlicher Perfektion neben ihr. Er war exotisch. Ein Gentleman. Witzig, intelligent und interessiert an dem, was sie zu sagen hatte.

Er war ganz anders als ihr Ex. Und sie hatte zwei Jahre an diese unbefriedigende Beziehung verschwendet.

Plötzlich fühlte sie sich eingeengt.

Vielleicht war sie ja zu einer Veränderung bereit. Es war immerhin der Beginn eines brandneuen Kapitels in ihrem Leben. Ab morgen würde sie für ihren Halbbruder arbeiten, den sie bis vor Kurzem noch gar nicht gekannt hatte. Oder ihr komisches Gefühl lag einfach an dem charmanten, weltmännischen Ash mit seinem muskulösen Körper, den dunklen Locken, Lachfältchen und dem scharfen Verstand.

Sie spürte instinktiv, dass er im Bett phänomenal sein würde. Orgasmen mit Schreifaktor garantiert – eine weitere Erfahrung, die in ihrem bemitleidenswerten Repertoire fehlte.

Doch noch konnte sie einen Rückzieher machen. Eine unbedachte Äußerung entfuhr ihr: „Ich habe das noch nie gemacht.“ Sie ignorierte die Hitze, die ihr beinahe die Luft abschnürte, und sah zu ihm auf.

Jetzt würde er sie für ziemlich naiv halten. Doch naiv war sie nicht, sie hatte sich nur viel zu lange mit dem Mittelmaß zufriedengegeben.

Er sah mit seinen funkelnd blauen Augen zu ihr hinab und zog sie näher an sich. „Okay …“

Keine Verurteilung. Nur das Verlangen, das sie die meiste Zeit gesehen hatte.

Aus dem Knistern beim Lunch war ein Flirt am Piccadilly Circus und Trafalgar Square geworden. In einem typisch viktorianischen Pub in Soho hatte Ash dann darauf bestanden, dass sie lauwarmes Real Ale probierten. Es war so stark gewesen, dass Essie danach forscher geworden war. Jetzt befanden sie sich auf dem Gehweg vor seinem Hotel, und sie sehnte sich danach, ihn zu küssen.

Doch immer noch war sie gefangen zwischen Verlangen und Vorsicht.

Obwohl sie sich immer bemüht hatte, die Fehler zu vermeiden, die ihre Eltern gemacht hatten, war sie verletzt worden. Immerhin war es nur eine einzige schlechte Erfahrung gewesen.

Und Ash musste nicht der perfekte Mann sein. Er könnte für diese eine Nacht perfekt sein. Danach würde sie ihn nie wiedersehen.

Seine Augen leuchteten verheißungsvoll. Er lächelte sie mit seinen einladenden Lippen schief an. Sexy.

Essie schüttelte die letzten Bedenken ab und stellte sich auf die Zehenspitzen. Sein Dreitagebart scheuerte an ihrem Kinn. Er öffnete die Lippen etwas, als sie ihm einen federleichten Kuss auf seinen wunderschönen Mund gab. Dann legte er eine Hand auf ihren Rücken, drückte sie fester an sich und dirigierte das Übereinandergleiten ihrer Lippen und Vorstoßen ihrer Zungen. Es war ein aufregendes Konzert, das sie vollkommen aus dem Konzept brachte und ihr weiche Knie bescherte.

Wow. Der entspannte, aufmerksame Gentleman hatte eine fordernde Seite. Sie wollte mehr. Das Knutschen auf offener Straße war so gut, dass ihr Herz wie wild in ihrer Brust schlug.

Ash stöhnte und befreite sich von ihrem Kuss. Seine harte Erektion drückte gegen ihren Bauch. „Nicht, dass es mir etwas ausmacht …“, er strich ihr eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht, „… aber ich bin neugierig. Warum hast du das noch nie gemacht?“

Ihre Unsicherheit kam zurück. Trotz ihres Abschlusses in Psychologie und ihrer Doktorarbeit über zwischenmenschliche Paarbeziehungen beruhte ihr Liebesleben und ein großer Teil ihrer freundschaftlichen Beziehungen überwiegend auf der Theorie, mit der sie sich während ihres Studiums beschäftigt hatte und über die sie auf ihrem geliebten Blog nachgrübelte.

Ash wollte sie. Warum sollte sie die Seifenblase zerplatzen lassen? Ja, normalerweise vermied sie es, attraktive Fremde in Parks aufzureißen. Doch seit er ihr sein erstes echtes Lächeln geschenkt hatte, war Ash total entspannt und einfach ein witziger, cleverer und unterhaltsamer Typ. Sie hatte nicht klargestellt, dass sie in South East London lebte. Sie war einfach auf seine falsche Annahme, nämlich dass sie, so wie er, eine Touristin war, eingestiegen. Dadurch wurde die Sache nur noch geheimnisvoller, und die gewagte Unbekümmertheit pochte jetzt heiß durch ihre Adern und schürte das Feuer ihrer Lust.

Sie würden sich nach dieser Nacht nie wiedersehen. Wer sonst würde sich besser dazu eignen, ihr den Knoten zu lösen, als dieser heiße Fremde, der schon bald in einen Flieger zu einem ganz anderen Kontinent sitzen würde?

Essie zuckte mit den Schultern. „Ich bin mit einem Vater aufgewachsen, der ein unzuverlässiges, lügendes Arschloch war. Seitdem hab ich es nicht mehr so mit Männern.“ Sie hatte Jahre damit verbracht, ihre suboptimale Beziehung zu ihrem Ex in die perfekte Form zu bringen. Doch als sie schlussendlich zugeben musste, dass diese emotional missbräuchliche Beziehung, in die sie all ihre Hoffnung gesetzt hatte, vorbei war, hatte sie aufgegeben, an Happy Ends zu glauben, die Suche nach Liebe zurückgestellt und sich darauf konzentriert, anderen durch ihren Blog bei ihren Beziehungen zu helfen.

„Ich bin ein Mann.“

Und was für einer. Sie konnte sich gerade noch beherrschen, nicht genüsslich die Augen zu verdrehen, als er sein gutes Stück gegen sie drückte. „Das bist du.“

Sie schätzte ihn auf Anfang dreißig. Obwohl er legere Kleidung trug, strahlte er Selbstbewusstsein und Autorität aus, was Essie unglaublich antörnte. Dass er sich für den Grund ihres Zögerns interessierte, anstatt ihr gleich die Zunge in den Hals zu stecken, war ein weiterer Pluspunkt.

Aber je weniger sie über ihn wusste, umso leichter würde es ihr fallen, ihn zu verlassen. Sie würde am Morgen gehen in dem Wissen, dass in der Kürze der Zeit keine Gefühle hatten entstehen können.

Essie nahm all ihren Mut zusammen, packte ihn am Bizeps und zog sich fester an ihn. „Sind wir uns einig?“

Ash presste seine Lippen auf ihren Mund. „Vollkommen.“ Das Wort vibrierte auf ihren prickelnden Lippen und glitt auf seiner Zunge in sie hinein. Sie ließ sich von der in ihr aufwallenden Lust davontragen und schlang mit wiedererwachtem Enthusiasmus die Arme um seinen Hals.

Als sie nach Luft schnappte, wurde ihr wieder bewusst, wo sie waren. Sie standen vor einem ziemlich exklusiven Hotel in St. James.

„Hier übernachtest du?“ War er reich?

Er grinste sie neckisch an.

Ja, Ash hatte beim Lunch angeboten, sie einzuladen, aber nachdem sie darauf bestanden hatte, für sich selbst zu zahlen, hatte er hingenommen, dass es auch den Rest des Tages dabei blieb. Er hatte wirklich nicht mit Geld um sich geworfen – definitiv ein Abtörner für Essie.

„Ich kenne den Besitzer. Ich bin nur eine Nacht hier.“ Er legte ihr den Zeigefinger unter das Kinn, sodass sie den Kopf anhob. „Hast du deine Meinung geändert? Wenn ja, wäre das okay.“

So umsichtig.

Ihr Körper hatte immer noch überhaupt nichts dagegen, die Nacht mit diesem unglaublich gut aussehenden Fremden zu verbringen. Und war es wichtig, dass er reiche Hotelier-Freunde hatte? Sie würden sich nicht gut genug kennenlernen, als dass sie ihm von ihren monetären Engpässen würde beichten müssen.

Einer der Gründe für die Stelle bei ihrem Halbbruder, die sie morgen antreten würde, war, mal ihr eigenes Geld zu verdienen. Endlich würde sie tatsächlich nach fünf Jahren Vollzeitstudium in der Lage sein, sich selbst ohne weitere Studienkredite zu versorgen. Denn sie hätte lieber ihr ganzes Leben lang Schulden, als jemals auch nur einen Cent von ihrem hinterhältigen Vater anzunehmen. Sie hatte keinen einzigen seiner Schecks eingelöst, die er ihr für die Studiengebühren geschickt hatte. Wenn sie es annehmen würde, hätte sie das Gefühl, sie würde ihm vergeben, was er ihr, ihrer Mutter, seiner Frau und Ben angetan hatte.

Ash trat langsam zurück und beendete den anregenden Körperkontakt.

„Ich bringe dich gern nach Hause … oder rufe dir ein Taxi.“ Doch er sah ihr hungrig tief in die Augen.

Lass dir nicht die wahrscheinlich beste Nacht deines Lebens durch deine Komplexe entgehen.

Essie trat näher an ihn heran und zog ihn an sich, wobei das Reiben ihrer Nippel auf seiner Brust ein unübertreffliches Kribbeln in ihr auslöste.

Auf keinen Fall würde sie einen Rückzieher machen.

„Bist du sicher?“

Ja, ja, ja …

Als sie nickte, nahm er ihre Hand, verschränkte die Finger mit ihren und führte sie in das protzige Hotel und durch das elegante Foyer, das sie nicht beachtete, weil sie viel zu erregt war. Als sich die Türen des Aufzugs schlossen, drückte Ash sie gegen die Wand.

Essie gab sich seinen wilden Impulsen hin, die ihr fremd waren, sie aber hungrig nach mehr machten. Als sie sich an ihm hochzog und ihre Lippen die seinen fanden, während sie die Beine um seine Hüften schlang, ließ sie ihren Instinkten freien Lauf.

Jeder Zentimeter seines Körpers war angespannt und steinhart. Sie ließen lange genug voneinander ab, um aus dem Aufzug zu seinem Loft zu eilen, auch wenn Essie so scharf auf ihn war, dass sie glaubte zu zerfließen.

Er zog die Schlüsselkarte durch den Kartenleser und ließ Essie den Vortritt. Ihre ausgehungerte Libido und das Adrenalin in ihrem Blut brachten sie dazu, hemmungslos begierig zu sein. Sie wartete nicht, bis er die Tür ganz geschlossen hatte, bevor sie an ihm hochsprang. Ihr stockte der Atem, als er sie an der Hüfte packte und sie zu seinen unersättlichen Lippen hob.

Die Anziehung zwischen ihnen war so stark, dass Essie glaubte, ihre Körper würden verschmelzen.

Diese Küsse waren anders als alles, was sie kannte, und so leidenschaftlich, dass sie vor Lust wimmerte. Mit schwindelerregender Geschwindigkeit legte Ash sie aufs Bett, riss ihr die Unterwäsche herunter und holte ein Kondom hervor.

Essie keuchte, während er an seinem Hosenstall zerrte und sich das Kondom überstreifte. Das hier war wild, verwegen und aufregend. Dann waren Ashs Lippen wieder auf ihrem Mund. Er streichelte ihre Nippel, bis sie deutlich durch den Stoff zu spüren waren, während er langsam in sie hineinglitt. Essie verlor sich in diesem Moment, in dem sie ganz sicher die weitaus beste sexuelle Erfahrung ihres bisherigen Lebens machte.

Und der Moment dauerte an. Ash löste sich von ihrem Mund, zog sich das T-Shirt über den Kopf und richtete sich auf. Während er sie an den Hüften festhielt und ihr durchdringend in die Augen sah, stieß er wieder und wieder in sie hinein.

Er war ein Gott. Eine Flut weiblicher Hormone riss sie mit. Als er mit der Hand zwischen sie fuhr, direkt an ihre Klitoris, löste sich um sie herum alles auf, und ihr entfuhr ein gebrochener Schrei, als sie kurz vor Ash kam.

Jepp … bester Sex.

2. KAPITEL

Essie trat an der U-Bahn-Haltestelle am Piccadilly Circus in den strahlenden Sonnenschein hinaus und steuerte den nächsten Coffeeshop an. Hätte sie letzte Nacht nicht nur drei Stunden geschlafen, bräuchte sie jetzt natürlich keine zweite Dosis Koffein. Doch sie arbeitete am Morgen immer als Erstes an ihrem Blog. Und dieser Morgen, der Morgen nach dem besten Sex ihres Lebens, war nicht anders gewesen.

Ash hatte sie mit seiner beeindruckenden Ausdauer bis in die frühen Morgenstunden wachgehalten. Nach einer zweiten Runde erstklassigem Sex mit einem lebensverändernden Orgasmus hatte sie sich in den frühen Morgenstunden wie eine sexuell erweckte Cinderella aus dem Hotelzimmer geschlichen, während Prinz Charming geschlafen hatte.

Sie kicherte. Es war wirklich nicht ihr glanzvollster Moment gewesen – ihn zu verlassen, ohne sich zu verabschieden und sich für den Orgasmus zu bedanken –, aber das war doch der unausgesprochene Deal gewesen, nicht wahr? Einer der Vorteile, wenn es um ungezwungenen Sex ging. Kein unangenehmes Nummernaustauschen, kein besessenes Warten auf seinen Anruf und kein Stalken in den sozialen Netzwerken, um seinen Beziehungsstatus zu prüfen.

In der Praxis war sie natürlich keine Expertin. Aber sie hatte recht gehabt. Das, was sie letzte Nacht mit Ash erlebt hatte, war alles andere als gewöhnlich gewesen.

Das Gute war, dass er das Land bald verlassen würde. Sex, der so gut war, barg gewisse Risiken.

Achtung! Die Gefahr, sich in diesen Mann zu verlieben, ist zehn Mal wahrscheinlicher. Der sexuelle Kontakt sollte um jeden Preis gemieden werden. Gefahr! Enttäuschung impliziert!

Und davon hatte sie für den Rest ihres Lebens schon genug gehabt.

Essie nahm ihren Kaffee vom Barista entgegen. Als sie ihr Tempo in Richtung Soho erhöhte, wurde sie nervös. Den neuen Job bei ihrem Bruder nach nur wenigen Stunden Schlaf anzufangen, war nicht gerade eine ihrer glanzvollsten Ideen.

Ausgerechnet heute war sie spät dran! Und dann auch noch bei Ben. Ihr sieben Jahre älterer Halbbruder hatte ihr einen Job in seinem neuen Club mit Cocktailbar angeboten. Während ihres Studiums hatte sie in Bars gearbeitet, doch noch nie als Managerin. Trotzdem hatte sie ihm versichert, dass es kein Problem für sie sein würde. Sie hatte einen Doktortitel, verdammt noch mal – na ja fast, die Titelverleihung würde in ein paar Wochen stattfinden. Und sie war entschlossen, diese Chance zu nutzen.

Die Arbeit für Ben würde hoffentlich dazu führen, dass ihre Beziehung enger würde. Sie gab ihm nicht die Schuld an dem distanzierten Verhältnis. Sie selbst war genauso zurückhaltend gewesen. Ihr Vater hatte ihm, seinem einzigen Sohn, ihre Existenz ebenfalls verschwiegen. Sie hatten viel nachzuholen.

Deshalb hatte Essie die Gelegenheit sofort ergriffen, als der vorige Manager unerwartet schnell gekündigt und Ben sie um Hilfe geben hatte. Der Job sah überwiegend Nachtschichten vor, wodurch tagsüber genug Zeit blieb, ihren geliebten Blog zu schreiben. Es war der ideale Lückenfüller, bis sie wusste, ob sie für eine spießige Stelle an der Universität geeignet war. Außerdem bot Ben sehr gute Bezahlung an.

Als Essie vom Bürgersteig trat, um einem Gemüse- und Obsthändler auszuweichen, wurde sie um ein Haar von einem Lieferwagen erfasst. Durch die Trinköffnung im Plastikdeckel des To-go-Bechers spritzte kochend heißer Kaffee auf ihr Lieblingskleid, das sie extra für ihren ersten Arbeitstag gewählt hatte.

Sie fluchte, während eine Spur Kaffee in ihren Ausschnitt lief und in ihrem BH braun versickerte. Sie tupfte den Fleck ab, zwang sich zu einem Lächeln und ging weiter. Ben würde es nicht wichtig sein, was sie trug. Sondern, dass sie ihm ihre Hilfe anbot und er sich auf sie verlassen könnte. Wenn sie sich beeilte, könnte sie vielleicht noch kurz vor Ben und seinem Geschäftspartner da sein und den Fleck beseitigen.

In diesem Teil von Soho gab es jede Menge angesagter Bars und Restaurants. Wegen der unscheinbar schwarz gestrichenen Fassade hätte Essie The Yard fast verpasst, wenn nicht ein Handwerker auf einer Leiter, der an dem glänzenden neuen Clubschild arbeitete, ihr den Weg versperrt hätte.

Sie folgte der Wegbeschreibung des Handwerkers zum Hintereingang von The Yard und öffnete die Tür.

Im Barbereich wimmelte es vor Elektrikern, die in jedem Winkel Neonlichter anbrachten. Ben lief in der Nähe des Haupteingangs mit dem Handy am Ohr auf und ab. Als er Essie entdeckte, fiel sichtlich Spannung von ihm ab, und er beendete schnell das Telefonat.

„Ich bin so froh, dich zu sehen.“ Er küsste sie auf die Wange.

Auch wenn sie bereits seit einigen Jahren voneinander wussten, hatte ihre Geschwisterbeziehung einen neuen und zerbrechlichen Charakter. Wenn sie an das erste Mal dachte, als Ben sie kontaktiert hatte, bekam Essie noch immer Atemnot.

Vor zwölf Monaten war er nach London gekommen, was den Ausschlag dafür gegeben hatte, dass sie den Schritt von seltsamen Videotelefonaten zu einem tatsächlichen Treffen gemacht hatten. Von diesem Augenblick an hatte Essie eine heimliche Neugierde gepackt. Alles, was sie bisher teilten, waren die Gene ihres hinterhältigen und skrupellosen Vaters, ein paar zurückhaltende E-Mails und kurze, gekünstelte Gespräche beim Kaffee. Nun war die Gelegenheit gekommen, sich besser kennenzulernen.

Sie zückte einen Block und einen Stift, eine Haltung, um Coolness, Aufmerksamkeit und Kompetenz auszustrahlen. Ungeachtet des Kaffeeflecks. „Sag mir, was ich tun soll. Du siehst gestresst aus.“ Und zu sehr wie ihr Vater, ein Mann, dessen Gesicht sie schon lange nicht mehr sehen konnte.

„In einem meiner Clubs in New York ist die Kacke am Dampfen …“

Ben renovierte nicht nur das The Yard in Soho, sondern besaß und managte noch eine ganze Reihe von Clubs in New York, wo er aufgewachsen war.

„Ich werde dir hier ein paar Dinge überlassen müssen. Ich muss heute Abend noch in die Staaten fliegen und mich um den Scheiß kümmern.“

Bei dem Gedanken, dass er ihr seine brandneue Cocktailbar und den Nachtclub anvertraute, verspürte Essie leichte Beklemmungen.

„Natürlich.“ Sie schluckte. „Deshalb bin ich hier.“ In den Jahren, in denen sie in der Uni-Bar gearbeitet hatte, hatte sie gelernt, Bier zu zapfen, den Rest würde sie hier lernen. Ihr war es eigentlich mehr darum gegangen, eine Beziehung zu ihrem Bruder aufzubauen und nicht ihr Talent als Managerin unter Beweis zu stellen. Doch wenn sie die Falten auf Bens Stirn betrachtete, wusste sie, dass hier ihre volle Unterstützung gefragt war – auch wenn das bedeutete, sich nicht Vollzeit ihrem Beziehungsblog zu widmen – was sie eigentlich vorhatte, seit sie ihre Doktorarbeit fertiggestellt hatte.

„Sicher, dass du dafür Zeit hast? Solltest du nicht auf Jobsuche gehen oder dich mit Professoren unterhalten?“

Essie hatte über eine Assistenzstelle nachgedacht, aber tatsächlich war sie viel zu schüchtern, um zu glauben, dass es etwas gäbe, das sie andere lehren könnte. Am liebsten hätte sie sich ganz und gar ihrem Blog gewidmet, um eine breitere Leserschaft zu erreichen, doch ein Teil von ihr hinderte sie daran, all ihre Energie darauf zu fokussieren. Es war das „verlorene kleine Mädchen“ in ihr, das ihren Dad vermisste und nicht verstand, warum er so wenig für sie da gewesen war. Was wusste sie denn schon über gesunde menschliche Beziehungen?

„Ich werde das schon schaffen, bis du jemanden gefunden hast, der besser qualifiziert ist als ich.“ Ihr Bruder brauchte sie jetzt.

Er lächelte sie breit an. „Super.“

Sie würde die verdammt beste Barmanagerin sein, die er jemals gesehen hatte. Er würde ihrer Geschwisterloyalität nicht widerstehen können.

„Also, um unsere letzte Unterhaltung zusammenzufassen … Mein Vorgänger hat bereits Servicepersonal eingestellt, einen Großauftrag für Getränke aufgegeben und eine Reinigungscrew organisiert …“

Ben nickte. „Du musst einfach nur hier sein und die Dinge beaufsichtigen.“ Er tätschelte ihren Arm. „Du bist toll.“

Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus, doch sie tat sein Lob mit einer wedelnden Handbewegung ab.

„Die Innenarchitektin wird in dreißig Minuten hier sein. Kannst du dafür sorgen, dass im VIP-Bereich die Ledersessel aufgebaut werden? Und erinnere sie bitte daran, dass wir uns auf die schwarzen Vorhänge für die Separees geeinigt haben.“

Essie nickte und machte sich schnell Notizen, während sie losliefen.

„Oh, und könntest du die Elektriker daran erinnern, die Lichterkette in dem Garten auf dem Dach zu installieren, bevor sie gehen?“ Er seufzte. „Tut mir leid. Das ist viel.“

Essie schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht. Ich habe mir eine Liste gemacht.“ Sie grinste ihn beruhigend an.

Er nickte leicht. „Hast du … Hattest du Kontakt zu … Frank?“ Ein Anflug von Schuldgefühl lag in seinem Blick. Er fühlte sich für die Taten seines Vaters irgendwie verantwortlich. Doch sie beide waren Opfer seiner Lügen geworden.

Essie schüttelte den Kopf. Das Letzte, worüber sie reden wollte, war ihr Vater und wie er ihre grenzenlose kindliche Liebe für ihn durch feige Ausflüchte und Täuschung zerstört hatte. Durch die viele Zeit, die er in London verbracht hatte, hatte Essie gelernt, dass sie ziemlich weit unten auf der Prioritätenliste ihres Vaters stand. Doch an ihrem fünfzehnten Geburtstag zu erfahren, dass ihre ganze Existenz eine Lüge war, dass sie nicht wichtig genug gewesen war, dass sie einen Halbbruder hatte …

Ben führte sie zu einer Tür neben der Bar. „Komm, ich stelle dir meinen Buddy vor.“

Sie lächelte wohlwollend. Ben war zwar in Manhattan, der Heimatstadt seiner Mutter, aufgewachsen, lebte aber seit einem Jahr in London. Sein Akzent schwankte ziemlich stark zwischen beiden Extremen, was Essie ganz hinreißend fand.

Wie konnte dieser tolle Mann mit Frank verwandt sein? Sie war natürlich nicht die beste Menschenkennerin. Als sie klein war, hatte sie ihren Vater angehimmelt, doch er hatte seine ständigen Geschäftsreisen dazu genutzt, um sich ein Doppelleben auf zwei Kontinenten aufzubauen und zwei Familien voreinander zu verbergen.

Essie schlüpfte durch die Tür, die Ben ihr auffhielt.

„Obwohl er nur ein stiller Gesellschafter ist, halte ich ihn bei allem auf dem Laufenden. Also solltet ihr zwei alles auf die Reihe kriegen. Ich bin in ein paar Tagen zurück – dann bleibt uns noch genug Zeit, um der Eröffnungsfeier den letzten Schliff zu verleihen.“

An diesem Abenteuer ihres Bruders teilhaben zu dürfen, erfüllte sie mit Stolz und neuer Hoffnung auf Zugehörigkeit. Das war etwas, das sie sich wünschte, solange sie denken konnte.

Als sich die Tür zur Bar hinter ihnen schloss, sank der Geräuschpegel, als hätten sie ein Vakuum betreten. Ben grinste Essie an, die ziemlich beeindruckt aussah.

„Modernster Schallschutz. Kostet ein verdammtes Vermögen.“ Er bog links ab. „Die Küche ist hier und der Pausenraum dort. Personaltoiletten rechts.“ Wieder bog er links ab. „Du kannst in diesem Büro arbeiten.“ Er blieb vor einem Raum stehen, in dem die Möbel noch in schützende Luftpolsterfolie gehüllt waren, und warf ihr sein wunderschönes, schiefes Lächeln zu.

Sie erreichten die letzte Türe. Ben klopfte leise.

„Herein“, sagte eine Stimme.

Und dann stand sie Ash gegenüber.

Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde zu einer starren Grimasse. Sie betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Doch er war es definitiv. Das versetzte ihr einen Schlag in die Magengrube.

„Essie, das ist Ash Jacob, mein ältester Freund und jetzt Geschäftspartner. Ash, meine kleine Schwester, Essie Newbold.“

Essie wäre am liebsten bei Bens Beschreibung von ihr vor Freude in die Luft gesprungen, doch sie nickte nur leicht in Ashs Richtung.

Der selbstsichere, souveräne Ash stand auf und strich über seine silbergraue Krawatte, als er um den Tisch herumkam und mit ausgestreckter Hand in ihren persönlichen Bereich eindrang, als machte ihm die Situation überhaupt nichts aus. Ihr schwirrte der Kopf beim Versuch, alles zu begreifen.

Sein wunderschönes Gesicht war jetzt rasiert, sodass ein ausgeprägtes Kinn und sündhafte Grübchen sichtbar waren. Auf seinen vollen Lippen spielte ein höfliches Lächeln, als begrüßte er eine vollkommen Fremde und nicht die Frau, in der er letzte Nacht mit jenem Schrei gekommen war.

Die Erinnerung daran, wie er mit seinem jetzt verschwundenen Dreitagebart über ihre Nippel gefahren war, löste in ihr eine heftige Sehnsucht aus, Ash wieder so entspannt und neckisch zu sehen wie letzte Nacht. Den Touristen Ash. Nicht diese professionelle Version mit distanziertem, anklagendem Blick. Hätte sie in seinen Augen nicht die Glut bemerkt, hätte sie beinahe den absolut heißen One-Night-Stand von letzter Nacht für ein Produkt ihrer Fantasie gehalten.

„Schön, dich kennenzulernen.“ Wie konnte er so ein Pokerface aufsetzen? Warum war er nicht genauso fassungslos wie sie? Und warum hatte sie sich den besten Freund und Geschäftspartner ihres Halbbruders für ihren ersten One-Night-Stand aussuchen müssen?

Ashs warme Hand umschloss ihre und erinnerte sie an die Berührungen von letzter Nacht. Berührungen, die intimer nicht hätten sein können, jedoch bei diesem einfachen Handschütteln verblassten, denn jetzt war die Heuchelei enthüllt.

Ash Jacob war der Co-Investor von The Yard.

Bens stiller Gesellschafter.

Bens Milliardärsfreund von der Uni. Ein Mann, von dem sie fälschlicherweise angenommen hatte, er wäre ein Tourist. Ein Mann, dessen Bett sie erst vor wenigen Stunden verlassen hatte. Ein Mann, dem sie von ihrer begrenzten sexuellen Erfahrung erzählt hatte, weil sie gedacht hatte, ihn nie wiederzusehen.

Hitze stieg in ihr auf. Sie schluckte sie zusammen mit dem bitteren Gefühl, selbst schuld zu sein, runter. Sie richtete ihren besten eisigen Blick auf ihn und erwiderte sein Handschütteln übermäßig fest, während sie ignorierte, wie seine raue Handfläche verführerisch über ihre glitt.

Austausch höflicher Umgangsformen erledigt. Sie zog ihre Hand zurück, als könnte sie sich an ihm verbrennen.

Er hatte sie angelogen.

Sie betrogen.

Ihr alle Details zu den peinlichen Komplexen wegen ihrer Scheiß-Vaterfigur entlockt.

Warum hatte sie ihm etwas derart Intimes erzählt? Sie hatte den Hype um Sex ohne Verpflichtungen erfahren wollen, denn sie musste ihren Beziehungstipps, die sie auf ihrem Blog anpries, dringend mehr Authentizität und Kompetenz verleihen. Umso mehr, weil sie trotz ihrer Qualifikation, jahrelanger wissenschaftlicher Forschung und ihrer Langzeitbeziehung befürchtete, dass sie eine Blenderin war.

Dass sie nach der Beziehung durstig war nach welterschütternden Orgasmen und dass Ash … verdammt nett anzusehen war, hatte diese Nacht begünstigt …

Sie musterte noch einmal heimlich seinen grandiosen Körper. Heute trug er ein strahlend weißes Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte, und eine stilvoll maßgeschneiderte Hose.

Wunderschön. Herrlich. Ein heuchlerischer Mistkerl …

So heiß er auch in Jeans und T-Shirt ausgesehen hatte, lag dieses geschmackvolle, professionelle Outfit wie eine zweite Haut an ihm und suggerierte große Macht und Souveränität. Ihr stockte der Atem, und sie hätte sich dafür ohrfeigen können. Ein weiteres Puzzlestück fügte sich: Bens neuer Geschäftspartner war ein erstklassiger New Yorker Anwalt … so wie die Figur in dieser Fernsehsendung, nur hundert Mal heißer und tausend Mal unberührbarer.

Doch sie hatte ihn berührt.

Die Sekunden wurden länger. Unbehagliche Sekunden. Essie sagte das Erste, was ihr in den Sinn kam: „Also du bist Bens Geschäftspartner?“

Ash nickte. Langsam. Gelassen. Als ob er ihr ansah, warum sie kaum ein Wort herausbrachte. Und keine Spur von Bedauern oder Verlegenheit in seinem Blick. Anders als sie, die praktisch vor Peinlichkeit im Boden versank.

„Schuldig im Sinne der Anklage“, sagte er. „Ben hat den ganzen Morgen von dir gesprochen. Natürlich hat er vor einiger Zeit erzählt, dass er seine Halbschwester kennengelernt hat, doch war mir dein sehr schöner Name entfallen.“ Sein Blick wanderte zu ihrem Kleid hinab. Zum Kaffeefleck …

Essie wehrte sich gegen den Drang, die Arme vor der Brust zu verschränken. Hatte Ash Ben von letzter Nacht erzählt? Davon, wie sie sich an ihn rangeschmissen hatte? Wie sie ihre Unerfahrenheit ausgeplaudert und ihn dann hungrig bestiegen hatte? Und warum war er überhaupt sauer? Sie war diejenige, die getäuscht und betrogen worden war. Geblendet von seinem charmanten Selbstbewusstsein und dem Versprechen auf eine unvergessliche, unkomplizierte Nacht.

Und wie viel wusste er von ihrer Vergangenheit? Hatte Ben ihm ihre ganze erbärmliche Geschichte erzählt? Hatte Ash vielleicht sogar die Frau, die ihm ihren Vaterkomplex anvertraut hatte, mit Bens Schwester in Verbindung gebracht, noch bevor sie aus seinem Bett geflüchtet war?

Als ob er ihre Gedanken gehört hatte, sagte Ash: „Stell dir vor, wie überrascht ich war, als ich gehört habe, dass Bens Schwester unsere neue Barmanagerin wird.“

Sicher würde Ben etwas sagen, wenn er Bescheid wüsste. Essie spannte ihre Muskeln am ganzen Körper an, um ruhig zu bleiben. Es brachte gar nichts, wenn sie vor einem Mann wie Ash Schwäche zeigte.

Ben schnaubte und grinste Ash freundlich, jedoch verwirrt an.

„Lass es gut sein, Jacob. Essie rettet mir gerade das Leben.“ Er ging um den Tisch und setzte sich auf Ashs Stuhl. Jetzt befanden sich Essie und Ash allein auf der anderen Seite des riesigen Schreibtischs.

Sie kniff die Augen zusammen. „Erzähl mal, bist du schon lange in London? Hast du dir schon ein paar Sehenswürdigkeiten angeschaut?“

Ash ging zu einer Sitzgruppe in einer Ecke des Büros. Er streckte den Arm aus, um ihr einen Platz anzubieten, als sie aber ablehnte, ließ er sich in das Leder sinken und starrte sie währenddessen argwöhnisch an.

„Ich habe mir die eher … aufregenden Highlights, die die Stadt zu bieten hat, angesehen.“ Er lehnte sich zurück und stellte die Beine weit geöffnet auf. Das war selbstbewusst und männlich und schrie geradezu: Sieh auf meinen Schwanz! Oh, warte, du hast ihn ja schon gesehen!

Eine heiße Woge stieg schlagartig in ihr auf und pulsierte zwischen ihren Beinen, rief die schmerzhafte Erinnerung daran, wie er letzte Nacht in ihr gewesen war, in jeder Einzelheit wach: seine Hüften, die gegen ihre schlugen, seine raue Stimme, mit der er ihr Lust befahl.

Ihre Wangen wurden heiß. Sie zwang sich, den Blick von seinem Schritt abzuwenden, und presste die Lippen zusammen, damit sie sich nicht darüber lecken konnte. Noch heute Morgen war ihr eine Nacht ausreichend erschienen.

Aber jetzt, da er sie ansah, als wollte er eine Wiederholung, bebte ihr Körper vor Verlangen.

Eine Nacht war nicht genug gewesen.

„Und du hast also Erfahrung im Bereich Management? Im Bereich Gastronomie?“ Ash betrachtete sie von Kopf bis Fuß, als wären sie allein. Sein Tonfall sorgte dafür, dass aus ihrer aufwallenden Lust Verärgerung wurde. Es war die Art, wie er sie fragte – als wüsste er die Antwort bereits und habe ihre Defizite aufgedeckt.

Essie hatte es sich anders überlegt. Sie setzte sich in den Sessel gegenüber von ihm, sah ihn geradewegs an und zwang sich eine entspannte Haltung wie er einzunehmen. Sie war schließlich Expertin für Körpersprache.

„Ich habe einen Hochschulabschluss, gerade meine Doktorarbeit eingereicht und jede Menge Erfahrung in der Gastronomie.“ Sie konnte kassieren und Tische abwischen. „Möchtest du meinen Lebenslauf sehen?“ Sie lächelte ihn gekünstelt an.

„Was soll das Verhör?“ Ben setzte sich zu ihnen. Er warf Ash einen neugierigen Blick zu, dann sah er zu Essie. „Nimm es meinem Freund nicht übel. Er ist erst vor Kurzem aus New York hierhergekommen. Er kennt die britischen Gepflogenheiten noch nicht.“

Ash war vollkommen gelassen.

Ben fuhr fort: „Hört mal, es ist ziemlicher Mist, dass ich heute weg muss, aber ich erwarte von dir, dass du auf meine kleine Schwester aufpasst, Jacob. Wie wäre es, wenn du ein wenig von deinem Charme zeigst, mit dem du jede rumkriegst? Aber lass die Finger von meiner Schwester.“

Essie entfuhr ein hysterisches Kichern, während ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg. Sie hob das Kinn, ihr Blick ruhte auf Ash. Sie musste ihre törichte Libido im Zaum halten.

„Ich kann schon mit dem umgehen, was dein Freund auftischt. Keine Sorge.“

Auch wenn ihr mit Sicherheit die Erfahrenheit der New Yorker Frauen, die Ash für gewöhnlich flachlegte, fehlte, würde Essie kein leichtes Opfer sein. Außerdem ging es bei diesem Job um sie und Ben. Nicht um sie und Ash. Ja, sie hatte letzte Nacht ein wenig aus ihrem Päckchen, das sie zu tragen hatte, ausgepackt und ihre bisherige Bilanz offengelegt. Und wenn schon – das endete jetzt und hier. Der arrogante Ash hatte genug von der offenherzigen, lockeren Essie gesehen.

Sie erwiderte Ashs durchdringenden Blick; es stand unentschieden.

„Gut“, sagte Ben. „Denn unser Ash hat einen gewissen Ruf bei den Ladys … wenn du verstehst, was ich meine.“ Er zwinkerte Essie zu.

„Keine Sorge.“ Ash verzog einen Mundwinkel. „Kleine Schwestern sind nicht mein Typ.“

Sie verbarg mit einem nervösen Lachen, dass sie im Innern empört nach Luft schnappte. Forderte er sie etwa heraus? Stachelte er sie dazu an, sie beide vor dem ahnungslosen Ben zu outen? Glühendes Feuer floss jetzt durch ihre Adern – vor weniger als zwölf Stunden war sie genau sein Typ gewesen, als er es nicht für nötig gehalten hatte, sich oder Essie ganz auszuziehen, bevor er mit seinem vorzüglichen Schwanz in sie eingedrungen war.

Nein.

Nicht vorzüglich. Falsch. Verboten. Und wahrscheinlich genauso hinterhältig wie der Rest von ihm.

Sie erschauerte, ihr durch Schlafmangel geschwächter Körper wollte in der einen Sekunde Ash Jacob das Grinsen aus seinem hübschen Gesicht küssen und in der nächsten Ben gegenüber reinen Tisch machen.

Ihr erster Arbeitstag, und sie war bereits mit dem Miteigentümer aneinandergeraten.

Von nun an würde sie sich vollkommen professionell verhalten. Sie könnte Ash bei der Arbeit ignorieren, so tun, als hätte sie ihn nie getroffen, versuchen zu vergessen, dass er ihr meisterhaft nicht nur einen, sondern zwei der besten Orgasmen ihres Lebens beschert hatte. Sie könnte so tun, als würden sie sein bloßer Anblick und sein überbordendes Selbstbewusstsein nicht verdammt anturnen.

Bens Smartphone zwitscherte, und er zog es seufzend aus seiner Hosentasche.

„Mein Wagen ist hier. Ich muss gehen.“ Er stand auf. Essie und Ash erhoben sich ebenfalls. 

Ben schüttelte Ash die Hand. „Sei brav.“

Ash zuckte mit den Schultern, sein Gesichtsausdruck lässig und arrogant.

Ben drehte sich wieder zu Essie. „Wenn du mich brauchst, schreib mir eine E-Mail.“

Sie nickte und war mehr als versucht, sich vor die Füße ihres Bruders zu werfen und ihn anzuflehen, zu bleiben. Damit er zwischen ihr und Ash vermitteln konnte. Damit er Essie davon abhalten konnte, eine Wiederholung von letzter Nacht anzuzetteln.

Doch stattdessen stand sie nur da und sah zu, wie er ging, während ihr das Herz in die Hose rutschte.

Reiß dich zusammen. Du bist eine erwachsene Frau, verdammt. Kein Häufchen Elend, das von seinen Hormonen gesteuert wird.

Sie wollte Ben aus dem Raum folgen, in dem, seit sie und Ash allein darin waren, die Luft immer dünner wurde.

Autor

JC Harroway
JC Harroway beschreibt sich selbst als "liebesromansüchtig". Für ihre Autorinnenkarierre gab sie sogar ihren Job im medizinischen Bereich auf. Und sie hat es nie bereut. Sie ist geradezu besessen von Happy Ends und dem Endorphinrausch, den sie verursachen. Die Autorin lebt und schreibt in Neuseeland.
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Zara Cox

Zara Cox schreibt zeitgenössische und erotische Romane. Sie lebt im Garten Englands -- also Kent --, zusammen mit ihrem Mann und zwei Kindern. Sie liebt es zu lesen und zu reisen. Im Jahr 2017 schaffte sie es, ihr Nummer-Eins-Ziel auf ihrer Liste zu bereisen: Hawaii. Jetzt bettelt sie ihren...

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